Wir freuen uns sehr über diese gemeinsame Zeit. Gleich zu Beginn eine Frage: Dieses Seminar wird auf der Tonspur aufgenommen. Hat hier jemand etwas dagegen? Wunderbar. Im Zeitalter der Datenschutzverordnung muss man da ja immer sicher gehen.
Also, wir würden es aufnehmen und danach auch sichten, um zu prüfen, ob wir es online für andere zur Verfügung stellen können.
Es freut uns sehr, dass so viele da sind. Wir sind auch nicht entmutigt, dass ihr nur hier seid, weil ihr nicht genug Englisch könnt, um bei Warn dabei zu sein. Das ist kein Problem für uns. Wir sind dem Christus sicher genug, dass uns das nicht aus der Bahn wirft. Der einzige Band, der so gut Englisch kann und trotzdem da ist.
Wir freuen uns sehr. Das zeigt, dass wir eine Lerngemeinschaft in diesem Thema sind, und das ist unser Anliegen.
Wir wollen uns ganz zu Beginn kurz vorstellen. Wir heißen Anna und Alex Reindl. Wir sind seit acht Jahren verheiratet und haben zwei Kinder, die noch recht klein sind. Alena ist drei Jahre alt, Naim ist ein Jahr. Wir kommen aus Österreich, wie man vielleicht am Akzent hört, und wohnen zwischen Innsbruck und Italien in einem Tal. Dort arbeiten wir hoffentlich in den nächsten Jahren daran, eine Gemeinde zu gründen.
Wir sehen uns selbst nicht als Experten, sondern als Mitlernende. Wir lieben Jesus und wollen, dass noch viele Menschen in unserem Umfeld und in unseren Familien ihn kennen- und lieben lernen.
Für das Seminar jetzt konkret wünschen wir uns, dass die Freude an Gott und seine Vision für unser Leben geweckt wird. Wir sind überzeugt – und dürfen es immer wieder erleben –, wie herrlich dieser Lebensstil ist: in andere zu investieren mit dem Ziel, dass sie Jesus kennenlernen oder besser kennenlernen. Genau.
Was uns, die wir das Evangelium lieben, trotzdem viel zu schnell passiert, ist, dass wir vergessen, dass Jesus die Hoffnung ist. Alle, die Jesus nicht kennen, sind absolut hoffnungslos.
Das ist etwas, das wir bei Joachim vielleicht seit der Kinderstunde hören, aber dennoch oft vergessen: Menschen ohne Jesus haben keine Hoffnung. Und wir, die ihn kennen, haben so viel Grund, von dieser Hoffnung zu sprechen.
Das ist das, was über allem anderen steht. So formuliert es auch Petrus, der uns in seinem ersten Brief, Kapitel 3, ermutigt, allzeit bereit zu sein, Zeugnis von dieser Hoffnung abzulegen. Es gibt ein Zeugnis der Hoffnung, eine Bestätigung, dass wir Grund haben zu hoffen.
Es gibt so viele Menschen um uns herum, die hoffnungslos sind. Was für ein Volk, was für ein Schatz, den wir haben, um von dieser Hoffnung zu reden! Das soll Mut machen – Mut und Freude.
Uns geht es oft so, dass wir im Kontext von Evangelisation, wenn wir darüber reden, erleben, dass Menschen entmutigt sind und fast eine Last verspüren. Es wird als etwas Schweres empfunden: "Ich muss!" Und da ist etwas dran, denn unser geistliches Leben ist auch ein Kampf, wenn etwas Schweres ist.
Aber wir wollen heute über die Freude sprechen, wenn wir glauben, dass es gut und vielleicht sogar besser ist, damit zu beginnen.
Ein paar Vorbemerkungen zur Evangelisation
Es gibt verschiedene Formen der Evangelisation, die man grob in zwei Bereiche einteilen kann.
Zum einen gibt es die öffentlich organisierte, apologetische und spontane Evangelisation. Diese Formen haben immer einen formellen Charakter. Zum Beispiel könnte deine Gemeinde eine Veranstaltung organisieren, bei der ein Apologet zu einem bestimmten Thema spricht. Oder du hast in einem typischen Liftgespräch genau dreißig Sekunden Zeit, weil du gefragt wirst, warum du Christ bist, und nutzt diese Zeit, um kurz darüber zu sprechen. All das ist Evangelisation: mit dem Evangelium und einem konkreten Ziel zu reden, damit das Gegenüber von Jesus hört.
Zu diesen Formen gibt es viel zu sagen. Der Bereich der Apologetik bietet viele Werkzeuge und gutes Material. Darauf werden wir uns heute jedoch nicht konzentrieren. Wir werden keine Werkzeuge oder Zurüstung geben, um das Evangelium besser erklären zu können. Das ist alles wichtig, aber heute wollen wir uns auf einen anderen Bereich der Evangelisation konzentrieren.
Dieser zweite Bereich ist die beziehungsorientierte Evangelisation. Sie ist meistens auf eine längere Zeit ausgelegt, weil Beziehungen in der Regel über einen längeren Zeitraum gelebt werden. Ich behaupte, dass dies eher unser Alltag ist. Wenn du ein Vollberufler, ein vollzeitbezahlter Evangelist und Apologet bist, mag das vielleicht nicht dein Alltag sein, aber auch du wirst das kennen.
Wir sprechen heute also nicht über Technik, Fähigkeiten oder Argumente. Das ist zwar wichtig und es gibt dazu gutes Material, aber uns geht es heute um den sehr persönlichen Teil. Es geht um unser Herz und die Frage, wofür wir leben und wofür wir uns investieren. Wir glauben, dass dieses Selbstverständnis allem zugrunde liegt, was wir tun. Darüber wollen wir reden.
Was erwartet uns in den nächsten Minuten?
Zuerst wollen wir ganz kurz eine theologische Grundlage legen. Wir werden eine Behauptung aufstellen und diese dann theologisch und biblisch begründen.
Im zweiten Teil sprechen wir über einige Erfahrungen, die wir im Alltag machen. Diese sollen hoffentlich ermutigen und inspirieren.
Im dritten Teil möchten wir auch von euch hören. Es wird ein interaktiver Austausch sein, bei dem ihr Ergänzungen und Rückfragen einbringen könnt. Wenn die Zeit es erlaubt, wollen wir am Ende noch miteinander beten – ganz konkret in kleinen Gruppen für einzelne Personen, die Gott uns aufs Herz gelegt hat.
Ich beginne mit der theologischen Grundlage. Die These für heute, für das Seminar, lautet: Gott wird geehrt, wenn du absichtsvoll in Beziehungen mit Ungläubigen investierst.
Gott wird geehrt. Gott möchte, dass du absichtsvoll in Beziehungen mit Ungläubigen investierst.
Vielleicht klingt das für dich nach „no nah“, vielleicht klingt es für dich schräg. Egal, wie es für dich klingt – ich möchte diese Aussage begründen.
Dazu schlagen wir einige Meilensteine und Pflöcke entlang der biblischen Geschichte ein. Wir schauen uns kurz an, ob diese Behauptung wirklich haltbar ist: dass Gott will, dass wir uns in Beziehungen mit Ungläubigen investieren, dass Gott das möchte.
Ich beginne mit dem ersten Punkt, und zwar mit dem dreieinigen, ewigen Gott. Der dreieinige, ewige Gott lebte schon vor allem, noch bevor irgendetwas geschaffen wurde, in vollkommener Beziehung als Gottvater, Gottsohn und Heiliger Geist. Diese untrennbare und ewige Liebesbeziehung charakterisiert Gott, noch bevor es irgendetwas Geschaffenes oder irgendwen gab.
Das ist entscheidend: Gott als einen Beziehungsgott zu erkennen, also als einen dreieinigen Gott, der nicht singulär und nicht allein existiert. Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt betrifft das Geschöpf, das im Ebenbild Gottes geschaffen wurde. Gott schuf den Menschen, uns, ihm ähnlich. Diese Beziehungsfähigkeit unterscheidet uns von anderen Geschöpfen, die Gott gemacht hat. Wir sind Gott ähnlich, weil er beziehungsorientiert ist.
Zum einen zeigt sich das in der vertikalen Ebene, also in der Beziehung zum Schöpfer. Der Mensch sollte in harmonischer und guter Beziehung zum Schöpfer leben. Diese Beziehung war durch völlige Abhängigkeit von ihm definiert.
Zum anderen betrifft es die horizontale Ebene, also die Beziehung zu den Mitmenschen. Der Mensch sollte nicht allein sein, sondern in Gemeinschaft mit anderen leben.
Gott hat seine Schöpfung durch die Schaffung des zweiten Menschen vollkommen gemacht. Wie in 1. Mose 2,18 steht: "Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei." Das gilt nicht nur für die Ehe, sondern für alle Aspekte des Lebens.
Darum ist es so herrlich, dass wir, wenn wir jemandem begegnen, ein Abbild des ewigen, dreieinigen und in Beziehung lebenden Gottes vor uns haben. Das ist unglaublich schön, und doch vergessen wir das oft.
Die vielleicht willkürlichste Person, der du heute Morgen auf dem Weg in dieser Gemeinde begegnet bist, ist ein Abbild dieser ewigen, dreieinigen Beziehung zwischen Gottvater, Gottsohn und dem Heiligen Geist. Das verleiht diesem Menschen Würde und weckt auch in dir den Wunsch, diesem Menschen zu begegnen.
Das ist die Lehre, die uns die biblische Geschichte vermittelt.
Was ist aber passiert? Die Sünde hat Beziehungen zerstört. Auch das wissen wir. Diese Abbilder Gottes, die zu Beziehungen geschaffen waren, haben sich für die Unabhängigkeit entschieden.
Diese Ablehnung führte, wie wir wissen, zum Tod – physisch, aber auch geistlich. In der vertikalen Ebene sind sie geistlich beziehungsunfähig von sich selbst zu Gott. Diese Beziehung, auf die das Geschöpf angelegt ist, war zerstört.
Der Mensch, wie es zum Beispiel im Epheserbrief Kapitel 2 heißt, ist geistlich tot. Er kann von sich aus nicht zu Gott kommen, diese Beziehung nicht initiieren und nicht aus sich selbst leben. Aber auch die Beziehung zum Mitmenschen ist gestört und teilweise zerstört. Die Menschen leben nicht mehr so, wie der gute Gott es gedacht hat: liebend, vertrauensvoll und den anderen höher achtend als sich selbst.
Jeder sucht seinen eigenen Vorteil. Die Ichliebe ist das Motto der neuen Beziehung, nicht die Nächstenliebe. Darum ist die Beziehung zum Mitmenschen, die Gott widerspiegeln sollte, auch durch die Sünde zerstört und sehr stark beeinträchtigt. Dies prägt unseren Umgang miteinander und treibt uns an.
Gott ermöglicht durch seine große Rettungsaktion die Wiederherstellung von Beziehungen. Er ist der, der Hoffnung schenkt. Seine Mission war es, durch Jesus diese Beziehungen wiederherzustellen – zuerst die Beziehung Mensch zu Gott und als Konsequenz daraus auch die Beziehung zwischen den Menschen, also zu meinem Nächsten.
Dazu finden wir in Römer 5,10 einen Vers, der sagt: „Als wir Feinde waren, wurden wir versöhnt.“ Oder in Kolosser 1,21 heißt es: „Wir waren einst Feinde nach der Gesinnung, und er hat uns versöhnt.“ Diese Abhängigkeitsbeziehung kann also wiederhergestellt werden, weil die Heilung von Gott allein geschenkt wird.
Auch zu Menschen werden wir in den neutestamentlichen Briefen aufgefordert, in Beziehungen zu investieren, Versöhnung zu suchen und das Gute an anderen zu suchen – zu Geschwistern des Glaubens, aber auch zu allen Menschen, wie in Galater 6,10 steht.
Gott, der diesen Bruch sieht und gesehen hat, hat gerettet und Hoffnung gegeben, wo Hoffnungslosigkeit war. Die Frage ist: Wozu hat er denn gerettet? Wozu hat er wiederhergestellt?
Hier zeigt sich ein herrlicher Höhepunkt der biblischen Geschichte. Gott sagt, dass er wiederhergestellt hat, um Jünger zu machen. Um diese alles entscheidende Beziehung zwischen Gott Vater, Gott Sohn und dem Heiligen Geist zu leben, die rettend für die verlorenen Menschen in die ganze Welt ausstrahlt.
Wir sind also gerettet und wiederhergestellt. Wer gerettet ist, ist gerettet, um Jünger zu machen – ein ganz klares, absichtsvolles und herrliches Ziel. Das tun wir, indem wir in Beziehungen, so wie Gott uns schuf – nicht allein, sondern mit anderen – Menschen in die Nachfolge hineinrufen, ihnen helfen, Jesus mehr zu lieben und ihm ähnlicher zu werden.
Und das tun wir natürlich auch in Beziehungen, weil wir so geschaffen sind und so leben.
Denkt dabei nur an Jesus, wie er es uns selbst vorgemacht hat – unser allergrößtes Vorbild. Jesus war drei Jahre in einem, wie wir es nennen, öffentlichen Dienst. Während dieser Zeit war er täglich in Gemeinschaft mit Menschen.
Er hat zwölf Menschen ausgewählt, um eng an ihm dran zu sein, und intensiv in sie investiert. Lies die Evangelien mit dem Blick und der Frage im Kopf: Wie investiert sich Jesus in Menschen? Wo nimmt er sich Zeit für sie? Er geht auf ihre individuelle Situation ein, stellt Fragen, die nur er beantworten kann. Dabei verfolgt er stets ein Ziel: dass sie von dort, wo sie gerade stehen, einen Schritt näher zu Gott kommen. Einen Schritt näher in die Abhängigkeit zu Gott und ihre Unabhängigkeit von ihm aufgeben.
In den Evangelien, wenn du eine Studie anstellst – ich habe es selbst nicht gemacht, nur von dem Ergebnis gelesen – gibt es 132 dokumentierte Situationen, in denen Jesus Menschen begegnet. Natürlich sind es viel mehr. In sechs dieser 132 Begegnungen trifft Jesus Menschen im Tempel und viermal in der Synagoge. Das sind also zehn von 130 Begegnungen an einem religiös heiligen Ort.
In 120 von 130 Situationen sucht Jesus den Kontakt mit den Menschen in ihrem natürlichen Umfeld – dort, wo sie leben, essen, arbeiten und sich aufhalten.
Wenn du die Evangelien aufmerksam liest, wirst du immer wieder auf provokant gemeinte Beschreibungen von Jesus stoßen. Zum Beispiel Matthäus 11,19, wo es heißt: Eine Anklage, siehe, sagen die Pharisäer, ein Fresser und Weinsäufer, ein Freund von Zöllnern und Sündern. Warum war Jesus genau dafür bekannt? Weil er gesoffen und gefressen hat? Nein, das konnten sie nicht einordnen.
Er war dafür bekannt, weil sein natürlicher Umgang genau davon geprägt war: dort zu sein, wo die Menschen sind. Das lässt mein Herz das Verlangen spüren, das lässt mein Herz höher schlagen.
Indem Jesus das selbst vorgelebt hat – ein Leben lang, solange er hier war – verlässt er uns in Matthäus 28 vor der Himmelfahrt mit diesem herrlichen Missionsbefehl. Bevor er geht, sagt er: Was bleibt? Was bleibt zu sagen?
Ich fasse es zusammen mit dem Satz: Jünger machen als Lebensstil. Jünger machen als Lebensstil geschieht per Definition in Beziehung, taufend hineinrufend in diese neue Gottesbeziehung und lehrend im Alltag. In jeder Lebenssituation wird erklärt und geholfen, was es bedeutet, dass Jesus der Herr und Retter ist.
Darum ermutigen wir zu diesem Lebensstil, weil er herrlich ist. Ich bin überzeugt, auf der Basis der Bibel, dass egal, ob du das heute so empfindest oder nicht, Gott dich genau für diesen Lebensstil gemacht hat. Er hat dich gerettet, um das zu leben – und zwar mit einem Herzen, das am meisten Freude an ihm hat und nicht gedrückt ist von der Schwere dieses Auftrags, vielleicht.
Ein kurzes Fazit aus diesem Text:
Wenn wir also in diesem Sinne Freunde sind und in Beziehungen investieren, wird Gott geehrt. Denn das entspricht seiner großen Geschichte und zeigt, wie Gott selbst ist.
Wir müssen, so behaupte ich, den Herzschlag des Evangeliums in all dem erkennen. Nur dann wird auch mein Herz davon bewegt. Fünf Tipps und dreimal dem Johann auf die Schulter klopfen reichen nicht aus, um mein und dein Herz in Bewegung zu setzen.
Nicht wir geben dem Momentum, sondern das Momentum kommt von Gott.
Ich hoffe, dass dieser Blick auf Gottes Geschichte mit uns dein und mein Herz stimuliert und anregt, sich in diesen herrlichen Lebensstil einzuklinken. Dieser Lebensstil soll große Freude bereiten und dein Leben auszeichnen.
Im zweiten Teil wollen wir über einige Kennzeichen sprechen und ganz konkrete Möglichkeiten aufzeigen, wie man in diesem Lebensstil wachsen kann.
Diese Erfahrungen sind sehr subjektiv und stammen aus unserem eigenen Erleben. Wir hoffen, dass sie hilfreich sind, aber es ist wichtig, dass jeder sie für sich selbst prüft und abwägt.
Gleichzeitig möchten wir euch bewusst einen Einblick in unser Leben geben und vertrauen darauf, dass ihr damit verantwortungsvoll umgeht.
Es handelt sich hierbei nicht um allgemeingültige Schlüssel oder Tipps, um erfolgreich zu sein, wie Alex bereits erwähnt hat. Vielmehr sollen diese Erfahrungen aus unserem Alltag euch Mut machen. Und...
Wodurch können solche Beziehungen entstehen und wachsen?
Der erste Punkt ist das Gebet. Es ist eine Sache, an die wir uns immer wieder erinnern müssen. Nur Gott allein kann das Herz eines Menschen bewegen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir beten und uns selbst sowie einander immer wieder an das Gebet erinnern. Denn es ist Gott, der handelt, verändert und im Menschen wirkt.
Das Gebet treibt uns zur Nähe zu Gott hin. Es zeigt uns, wie abhängig wir von ihm sind und wie er in unseren Freunden und in unserer Familie wirkt. Gott ist heute noch gnädig und öffnet heute noch Herzen. Deshalb wollen wir nicht müde werden, für Familienangehörige, Freunde, Nachbarn und Bekannte zu beten, die Jesus nicht kennen.
Wir wünschen Ihnen von Herzen, dass Sie diese Hoffnung in Jesus kennenlernen – also das Gebet als Antrieb und als unsere Erinnerung, dass wir es brauchen und auch unsere Mitmenschen brauchen, dass wir für sie beten.
Wir stellen das Gebet an den Anfang, weil wir die Erfahrung gemacht haben und behaupten, dass es an den Anfang gehört. Das gilt nicht nur theologisch, sondern auch praktisch, damit wir nicht in Gefahr geraten, zu viel über Methodik zu reden. Das Gebet ist das Kennzeichen, an dem uns am deutlichsten wird, wie wir diese Sache verstehen.
Gebet ist letztlich ein Ausdruck deiner Abhängigkeit von Gott. Wenn du dich für deinen Nachbarn oder Freund einsetzt – selbst im besten Anliegen –, aber es nicht aus der Gebetskammer herauskommt, dann bleibt es genau bei dieser Methodik, bei einem menschlich-religiösen Bemühen, irgendetwas zu tun.
Darum ist es für uns eine Erinnerung, die wir immer wieder brauchen: Das ist letztlich das, was dieses ganze Bemühen ausmacht – maximal eine Abhängigkeit von Gott. Und das tut uns so gut. Denn wenn das, was wir vorher gesagt haben, stimmt, nämlich dass es sein Anliegen ist, dann werden wir, wenn wir in Abhängigkeit zu ihm leben, in diesem Anliegen wachsen und er wird uns darin antreiben.
Eine zweite Sache, die wir gelernt haben, ist, dass das Interesse am Gegenüber einen großen Unterschied macht. Das Interesse am Gegenüber – vielleicht denkst du jetzt: Ja, danke, ich möchte eine Geschichte erzählen.
Ich habe einen Arbeitskollegen, der in unserem Unternehmen arbeitet. Ich versuche, meine Mittagspausen, die auch mit der Zeitplanung zu tun haben, immer zum Laufen zu nutzen. Denn ich möchte nicht am Abend oder früh morgens noch mehr Zeit von der Familie wegnehmen. Mit diesem Kollegen bin ich irgendwann angefangen zu laufen. Er ist ein sehr, sehr guter Sportler und ein erfolgreicher Abteilungsleiter in unserem Unternehmen.
Bei einem dieser Läufe, bei denen wir meistens in einer größeren Gruppe unterwegs sind, waren wir einmal allein. Da habe ich ihn einfach mal gefragt – wir waren schon in der Umkleide: „Heike, wie geht’s dir? Was beschäftigt dich gerade?“ Im ersten Moment kam die Standardantwort, wie man sie in Österreich oft hört: „Passt schon.“ Das ist sozusagen die übliche Antwort, die immer passt.
Ich habe dann nochmal nachgehakt: „Nein, ich meine, wie es dir wirklich geht.“ Er war kurz davor, in Tränen auszubrechen, weil es ihm in dem Moment nicht gut ging. Danach hat er mir gesagt, dass er diese Frage noch nie so gehört hat: „Wie geht es dir wirklich?“
Das ist kein „Oh, das schreibe ich mir jetzt auf und probiere es mal aus“, sondern es ist dein Antrieb, es ist mein Antrieb, wirklich zu wissen, wie es ihm geht, wie ich für ihn beten kann und wie ich ihn ermutigen kann.
Aus dieser Begegnung ist etwas entstanden, das ich nicht für möglich gehalten hätte: eine echte Freundschaft. Er hat sich geöffnet und innerhalb weniger Wochen angerufen. Er war der Grund, warum er in so einer schwierigen Phase war – weil seine Frau ihn verlassen wollte. Gerade in dieser Zeit. Sie sind mittlerweile geschieden.
Der Schlüssel für diese Beziehung war die Frage: „Wie geht es dir?“ Und wenn es stimmt, was wir vorher gesagt haben, dass Gott Interesse an den Menschen hat, dann haben wir einen guten Grund, zu fragen: „Wie geht es dir?“
Versteht mich oder uns dabei nicht falsch: Das ist keine Methodik, sondern es kommt aus unserem Herzen. Es ist ein Antrieb, der von Gott getrieben ist. Er stellt uns souverän Menschen an die Seite, denen es ohne Jesus in vielen Bereichen ihres Lebens nicht gut geht.
Darum ermutigen wir zu diesem Aspekt: das echte Bewusstwerden des Interesses am Gegenüber – als Ebenbild Gottes, das Nöte hat und das nicht zufällig an unserer Seite ist.
Der nächste Punkt hängt stark damit zusammen, nämlich wie ich Ehrlichkeit zeige und bereit bin, Einblick in mein Leben zu geben.
Ich denke, es ist wichtig und gut, auch mit Ungläubigen über meine Kämpfe im Leben zu sprechen. Das können Herausforderungen in der Kindererziehung sein, das eigene Versagen oder Sorgen, die manchmal erdrückend wirken. Oft kann es hilfreich sein, darüber zu sprechen und authentisch Einblick in mein Leben zu geben. Dabei kann ich Hoffnung vermitteln oder Zeugnis von der Hoffnung ablegen, die wir in Christus haben.
Die Herausforderungen werden mit Jesus nicht weniger. Dennoch habe ich oft erlebt, dass es gut ist, ehrlich zu sein, meine Probleme und Schwächen zuzugeben und darüber zu sprechen. Ich habe erfahren, dass Gott das oft gebrauchen kann, um etwas Gutes daraus zu machen – sowohl in meinem Verhältnis zu Ihm als auch in Freundschaften.
Was ich ebenfalls bemerkt habe: Diese Freundinnen öffnen sich mir oft leichter und sind mir gegenüber sehr offen mit ihren Problemen und Sorgen. Das liegt daran, dass sie von mir auch etwas gehört haben. Meine Hoffnung ist dabei immer, dass sie sehen, welchen Unterschied Christus macht und wie ich mit meinen Problemen, Sorgen und Nöten umgehe. Ich bete stets darum, dass sie durch das, was sie sehen, Hoffnung bekommen und erkennen, dass es einen Unterschied macht.
Ich muss dazu sagen, dass es mir persönlich oft nicht leichtfällt, mich zu öffnen. Man macht sich dadurch verletzlich und gibt Dinge zu, die einen nicht so schön dastehen lassen, wie man gerne möchte. Trotzdem habe ich erlebt, dass Gott das gebraucht und mir Gnade schenkt.
Mittlerweile habe ich mit einer Freundin, die noch nicht gläubig ist, eine besondere Verbindung. Wir sehen uns nicht oft, aber immer wenn wir uns treffen, spüre ich eine Verbundenheit, weil wir Dinge voneinander wissen. Ich weiß allein, dass das Gottes Gnade ist. Für sie bete ich und wir hoffen wirklich, dass sie die Hoffnung, die Christus schenkt, erleben darf.
Eine Sache, die uns als Kennzeichen oder als etwas, das wir gelernt haben, begleitet, ist diese Grundhaltung: Gott ist souverän, und bei ihm gibt es keine Zufälle. Diese Wahrheit predigen wir uns immer wieder zu. Sie ist nicht neu, wird aber im Alltag sehr leicht ignoriert und auch vergessen.
Ich habe das mit einem anderen Arbeitskollegen so erlebt. Wir waren in einer gemeinsamen Schulung. In unserem großen Unternehmen ist es so, dass man pro Jahr immer ein paar Tage Schulung belegen muss. Manchmal fühlt es sich selten wie ein Dürfen an, sondern eher wie ein Müssen. Das liegt einfach daran, dass diese Schulungen meistens nicht die beste investierte Zeit sind.
Es war auf einer Schulung, am ersten Tag haben wir schon versucht, gerade wenn es um Managementfragen geht, wird sehr schnell meditiert, und dann muss ich irgendwo irgendwann etwas finden usw. Die Frequenz, an diesem Tag der Schulung auf die Toilette zu gehen, wurde immer höher. Dazu kamen noch Telefonate, die ich führen musste, und so weiter.
Es war so eine Schulung mit diesem Kollegen, und interessanterweise ging es ihm sehr ähnlich. Er war nicht gläubig, und wir haben uns beide am Ende dieses Tages geschworen, dass wir am nächsten Tag nicht mehr kommen würden. Wir wollten die Zeit anders nutzen, anstatt irgendwelche Fantasiereisen zu machen und uns selbst zu finden.
Beide haben wir dann am zweiten Tag festgestellt: Wir haben rational am Abend darüber nachgedacht, und das kostet ja auch einiges an Geld. Es ist schwierig, meinem Chef zu erklären, dass ich das jetzt nicht brauche. Also sind wir doch wieder hingegangen.
An diesem zweiten Tag, in der ersten Kaffeepause, ergab sich mit ihm ein Gespräch. Innerhalb von wenigen Sekunden sprachen wir über das Evangelium. Am Ende fragte er nur: „Du hast in deiner Vorstellrunde gesagt, dass du Theologe bist, unter anderem. Was heißt das?“ Wir haben dann minutenlang darüber gesprochen.
Wichtig ist, dies nicht als Schlüssel oder als Anleitung zu verstehen, also nicht zu denken: „Ah, das mache ich jetzt auch so.“ Aber was dort entstand, war Folgendes: Wir trafen uns innerhalb weniger Tage wieder. Wir sind öfter zusammen Mittagessen gegangen. Innerhalb von ein, zwei Wochen fasste er den Entschluss, mit mir die Bibel zu lesen.
Wir trafen uns dann zwei Jahre lang und lasen gemeinsam das Markus-Evangelium. Was diese Geschichte für mich illustriert und uns erstaunen ließ, ist Folgendes: Ich war so fokussiert auf diese schlechte Schulung und ging mit null Erwartung auf Gottes Handeln hinein. Gott erinnerte mich daran, dass er souverän ist und auch in der schlechtesten Schulung wirkt.
Das hat uns unglaublich ermutigt. Bis heute ist er ein guter Freund. Irgendwann hörten wir auf, die Bibel zu lesen. Bitte versteht das nicht als romantische Sozialgeschichte. Es war nicht so, dass er am dritten Wochenende eine Bekehrung erlebte. Er ist bis heute, glaube ich, nicht gläubig. Aber Gott hat mich ungemein ermutigt, dass er handelt und souverän ist.
Die willkürlichste Person, die dir im Büro, in der Schule oder in der Nachbarschaft begegnet, begegnet dir in diesem Moment nicht, weil du gerade zwei Minuten länger beim Zähneputzen gebraucht hast, sondern weil Gott souverän ist und lenkt.
Das ist eine Grundhaltung, die das Herz stimuliert, und der ich mir selbst viel bewusster sein möchte. Ich habe mir angewöhnt, meine morgendliche Zeit mit Gott mit dem Gebet zu beenden: „Herr, mach mich sensibel für dein souveränes Handeln in der nächsten Minute. Öffne meine Augen für deine Wirksamkeit und dafür, dass ich sensibel bin für die Menschen um mich herum.“
Das nächste ist...
Im Leid zu sprechen ist Silber, Schweigen ist Gold. Ganz konkret war das bei mir so: Ich habe als Grundschullehrerin vor den Kindern gearbeitet und dabei meine neue Arbeitskollegin kennengelernt.
Sie hat mir ganz schnell offenbart, dass sie seit wenigen Monaten allein ist, weil ihr Ehemann ganz plötzlich verstorben ist. Er war auch der Vater ihrer zwei jungen Kinder.
Deshalb musste sie sehr schnell wieder arbeiten anfangen, obwohl es ihr nicht gut ging. Immer wieder konnten wir einzelne Gespräche führen.
Was mir dabei einfach bewusst wurde: Das Beste – oder in diesem Fall besser – war es, einfach nur zuzuhören und zu trösten, sie zu umarmen. Da fehlen einem wirklich die Worte.
Manchmal ist es wirklich gut, vielleicht sogar besser, wenig zu sagen und einfach zuzuhören.
Eine andere Sache, zu der wir ermutigen wollen, ist ein ganz konkretes Kennzeichen, eine Möglichkeit: Mut, Zutrauen und Vertrauen in die Bibel zu haben. Mut, Zutrauen und Vertrauen in die Bibel.
Wir hören auf Konferenzen wie dieser, und hoffentlich Sonntag für Sonntag, dass der Glaube aus der Verkündigung und Erklärung des Wortes Gottes kommt. Gott verwendet Menschen und unterschiedliche Umstände, um auf sich aufmerksam zu machen. Aber es ist sein Wort, das unsere Herzen trifft und heilsam wirkt.
Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber manchmal erlebe ich mich selbst und uns als Christen, als Gemeinden, als träge und mutlos in Bezug auf die ganz praktische Vertrauenswürdigkeit der Bibel. Ich weiß nicht, ob du das nachvollziehen kannst. Unausgesprochen – wenn ich ehrlich bin – kenne ich diese Gedanken. Bis vor einigen Jahren hatten wir beide so einen Moment, in dem uns Gott deutlich gemacht hat, unausgesprochen haben wir oft so gedacht: Da gibt es diese Personen in unserem Umfeld, für die wir ein Anliegen haben. Und jetzt braucht es meine apologetisch vielleicht gut durchdachten Argumente, mein glamouröses Vorbild, meine Liebe, meine Initiative und was es auch immer sein mag. Vielleicht auch ein Argument, um etwas zu entkräften, um jemanden schwach sein zu lassen, schwach empfinden zu lassen. Meine guten Erklärungen und Bücher – die dann wozu führen? Zu dieser wundersamen Bekehrung. Plötzlich liegt die Person vor mir auf den Knien und sagt: „Ich möchte Christus.“
Manchmal passiert das auch so, das möchte ich gar nicht leugnen. Aber ich möchte ermutigen, dem lebendigen Wort Gottes auch evangelistisch etwas zuzutrauen.
Wir haben vor einigen Jahren ganz neu diesen Mut fassen dürfen, diesem heiligen, lebendigen Buch zu vertrauen – auch ganz praktisch. Und wir haben ganz ehrlich, ganz einfach und unspektakulär, so wie das Jahrzehnte und Jahrhunderte lang Generationen vor uns gemacht haben, unser Haus geöffnet und Menschen eingeladen, die Bibel zu lesen.
Dann gibt es natürlich immer die Frage: „Wie kommt man jetzt da hin?“ Da gibt es dann auch Apologetik, keine Frage. Wenn jemand fragt: „Warum sollte ich das Buch überhaupt lesen?“ wäre es schon gut, wenn du eine Antwort hast – nicht einfach nur: „War es wegen mir.“
Am Ende habe ich es mit einem Kollegen zum Beispiel so erlebt: Er hatte unglaubliche Angst durch die drohende Islamisierung. Da gibt es ja Bücher und nach und nach – und die nehmen uns ja alles weg und so. Also nicht meine Überzeugung, aber da war Angst. Also ein ganz typischer ländlicher, bäuerlich geprägter Typ, ah, die Angst vor dem Fremden. Und dann hat er mal mit so einem Moslem geredet und gemerkt, der kennt seinen Koran. Und er ist ja Christ, so keine Ahnung, was das heißt, aber er kennt ja seine Bibel nicht.
Ich sagte: „Ja, das ist ja eigentlich cool, ich lese die Bibel total gerne. Willst du sie mit mir lesen?“ Das war ein Einstieg, mit ihm über die Bibel zu reden und dann die Bibel zu lesen.
Je länger wir das gemacht haben, desto mehr Mut fassten wir, es zu tun – wiederum nicht als Schlüssel, nicht als Methode, sondern als Selbstverständnis. Ich habe begonnen, mit ein paar Männern sogenannte Bibel-und-Wein-Gruppen zu starten.
Was machen wir da? Ich lade Männer ein, über die Lebensfragen nachzudenken – auf der Basis der Bibel – und ein gutes Glas Wein zu trinken. Das hilft Männern, wenn es nicht nur „Bibel und nichts“ heißt, sondern „Bibel und Wein“.
Wir öffnen unser Haus. Alles, was wir machen, ist die Tür aufzumachen, sie einzuladen und den Tisch herzurichten. Mittlerweile gibt es dazu gutes Käse und Trauben. Wir haben uns auch entwickelt. Am Anfang waren es Salzstangen und Wein, heute ist es mehr.
Ich habe bereits die dritte Bibel-und-Wein-Gruppe in den letzten fünf bis sechs Jahren erleben dürfen. Eine hat das dann mit Bibel und Schokolade und anderen Dingen gemacht.
Noch einmal: Ich hoffe, du siehst das – das ist nicht Methodik, nicht Programm, nicht sonst irgendwas, sondern die ganz einfache Ermutigung. Die Lebensfragen dieser Menschen sind da. Die grundlegenden Lebensfragen hat sich jeder gestellt und wird sie irgendwie beantworten: Woher kommst du? Warum bist du da? Wohin gehst du? Und was gibt dir in all den Fragen Hoffnung?
Diese Fragen sind da. Du merkst es am meisten in unserer Kultur, in der Unternehmenswelt, die wahnsinnig beschäftigt ist. Wir beschäftigen uns am liebsten mit uns selbst und dem nächsten Karrieresprung, dem Superprojekt und dem Topkunden mit dem nächstgrößeren Umsatz. Es dreht sich alles um uns. Und wir tun so, als gäbe es da keine Fragen.
Dann erlebst du, wie sich auf einmal einer deiner Kollegen, die so beschäftigt, so selbstzentriert, so sicher sind, völlig verändert. Und was ist meistens der Grund? Existenzielles Leid.
Auf einmal ist eine Diagnose da – Krebs. Auf einmal ist die Frage da: Wie geht es hier weiter? Meine Mutter ist gestorben. Kannst du das Fenster ein bisschen aufmachen, weil mir die Felsen kratzen?
Und auf einmal gibt es für die Person kaum etwas Wichtigeres als diese existenziellen Fragen. Hast du das erlebt?
Was wir dann auch erleben, ist, dass wir Meister darin sind, kulturell diese Fragen binnen weniger Tage wieder wegzuschieben. Und das ist genau das, was die Bibel sagt, zum Beispiel in Römer 1. Da ist etwas Erkanntes von Gott, das wir mit Kraft niederhalten. Aber Gott und das Nachdenken über ihn lässt sich nicht niederhalten. Diese Fragen kommen.
Ich habe erlebt, wie Gott es gesegnet hat, diese Fragen zu stellen und sehr einfach auch zu sagen: Ich weiß, dass diese Fragen da sind, ich habe sie auch.
Wir sind ja rationale Westler, wir müssen ja auch immer Argumente bringen. Wie blöd ist es denn, auf den Moment der Krise zu warten, um über diese Fragen nachzudenken? Wäre es nicht besser, wenn du schon mal vorher darüber nachgedacht hast, welche Antworten du auf diese Lebensfragen geben kannst?
Die meisten Westeuropäer haben mir dann geantwortet: Stimmt, es macht eigentlich Sinn, nicht erst in der Krise, wenn ich vor lauter Emotionen eh nichts mehr sehe, darüber nachzudenken.
An diesem Punkt zu sagen: Weißt du was? Ich habe diese Antworten gefunden, ich habe jemanden gefunden, der Antworten gibt. Ich lade dich ein, mit mir auf der Basis dieses Buchs über diese Lebensfragen nachzudenken. Eine ganz offene Einladung: Wenn du mir nach dem ersten Abend sagst, alles im Irrenhaus, bin ich nicht mehr dabei. Ich zeige dir die Tür. Keine Verpflichtung, kein Druck.
Ich liebe dieses Buch, ich liebe den, der es geschrieben hat, ich liebe die Antworten, die es gibt, und ich bin überzeugt, dass es dir etwas zu sagen hat. Dieser Mut und das Vertrauen in die Bibel, dass es wirkt.
Wir haben Bekehrungen in diesen Gruppen erlebt. Wir haben erlebt, dass Menschen den lebendigen Gott finden in seinem Wort. Und der Schlüssel war nicht eine tolle Frage, der Schlüssel war nicht sonst irgendwas.
Aber wir ermutigen zu dem Mut, der Bibel ganz praktisch zu vertrauen.
Ein weiterer Punkt ist, Mahlzeiten als natürliche Plattform zu nutzen. Das ist sehr einfach, bietet aber viel Potenzial. Wir alle essen ungefähr einundzwanzig Mal pro Woche. Die meisten kochen oder bereiten etwas zu. Das ist eine hervorragende Gelegenheit, sich vorzunehmen, ein- bis zweimal pro Woche bewusst Leute einzuladen, gemeinsam essen zu gehen oder die Mittagspause bei der Arbeit gezielt mit dem Ziel zu verbringen, Beziehungen aufzubauen.
Ich habe festgestellt, dass dies besonders für Single-Studenten, Geschiedene und Witwen eine tolle Möglichkeit ist. Es zeigt ihnen, dass man sie wertschätzt. Gleichzeitig bietet es eine Chance, in der Beziehung zu wachsen und Zeit miteinander zu verbringen. Dabei nimmt man keine zusätzliche Zeit in Anspruch, die man ohnehin nicht hat. Denn jeder setzt sich hin, isst und braucht etwas.
Diese alltägliche Handlung mit anderen zu verbinden, ist eine gute Möglichkeit, Beziehungen zu vertiefen. Wir sind davon überzeugt und möchten das selbst umsetzen. Wir sehen darin eine große Chance.
Eines, was wir alle in diesem Bereich gelernt haben, ist, dass es Geduld braucht. Die wenigsten von uns erleben im Alltag, dass Menschen, wenn sie mit Jesus konfrontiert werden, sich schnell von ihrem Selbstvertrauen abwenden und ihm vertrauen.
Wir erleben das bei vielen Menschen. Ein konkretes Beispiel ist ein Arbeitskollege, der drei Jahre lang mit mir in einer Bienen- und Wein-Gruppe war. Jetzt, nach etwa sechs Jahren, sind wir immer noch miteinander unterwegs, kennen uns gut und reden immer wieder. Doch scheinbar hat sich kaum etwas verändert. Er stellt Fragen, kommt immer wieder, dringt zu bestimmten Themen vor, aber es gibt keinen geistlichen Durchbruch, keine Beziehung zu Jesus.
Ich habe viel mit ihm gesprochen, besonders bevor seine Mutter gestorben ist. Fast bei jeder Kaffee- und Rauchpause musste ich als Nichtraucher manchmal mit ihm rauchen gehen, nur um mit ihm reden zu können. Immer wieder die gleichen Geschichten, die gleichen Sorgen, immer seine Mutter, die alles schwer macht. Es braucht sehr viel Geduld.
Später, beim interaktiven Teil, werden wir natürlich auch darauf eingehen, dass unsere Möglichkeiten begrenzt sind. Wir müssen entscheiden, in wen wir uns investieren. Bei ihm ist es konkret so, dass ich einfach nicht aufhören kann, in ihn zu investieren und an ihm dran zu bleiben. Ich habe ihn sehr gern, und doch scheint so wenig passiert zu sein.
Wir können uns an unserem Vorbild orientieren: Gott selbst und Jesus selbst zeigen uns, wie viel Geduld sie mit uns haben. Wir sollten nicht überrascht sein, dass es viel Geduld braucht, um Veränderungen zu erleben und an Personen dran zu bleiben.
Hoffentlich ist das ermutigend: Es zeigt, dass man Geduld braucht und dass Gott in seiner Geduld großartig ist. Das ist gut zu wissen und kann uns helfen, dranzubleiben.
Kinder sind oft natürliche Brücken für Beziehungen. Vielleicht haben einige von euch selbst die Erfahrung gemacht – sei es auf dem Spielplatz, im Kindergarten, in der Schule oder auf Geburtstagen. Ich habe stark bemerkt, dass Kinder mir helfen, Beziehungen zu Menschen aufzubauen, zu denen ich auf natürliche Weise vielleicht gar keinen Zugang hätte.
Es hat mich ermutigt zu sehen, wie schnell man oft ins Gespräch kommt – ganz unterschiedlich mit Mamas, Papas, Omas und Opas. Durch die Kinder kann man oft schneller über Gott und die Welt reden. Es ist schon häufig vorgekommen, dass wir spazieren gegangen sind und jemand stehen geblieben ist, weil er die Kinder gesehen hat. Dann kommen wir ins Gespräch, und so sind Beziehungen entstanden. Ganz konkret nutze ich auch Eltern-Kind-Kurse, um Beziehungen zu knüpfen und mich mit Freundinnen weiterzutreffen.
Es ist gut, dass auch die Kinder meistens jemanden zum Spielen haben. Dadurch entstehen mehr Gespräche zwischen den Mamas, Papas, Omas und Opas. Das hat mich persönlich sehr ermutigt, und ich hoffe, dass ihr das auch erleben könnt – wie oft Kinder eine große Hilfe sind, um Beziehungen zu bauen und zu stärken. Nicht nur als Mittel zum Zweck, das könnte man missverstehen, sondern als etwas, das wir unseren Kindern vital mitgeben wollen. Gott hat uns füreinander geschaffen, und wir wollen investieren. Ihr helft uns dabei. Vielen Dank!
Ich weiß nicht, wie gut das in Städten funktioniert. Für alle, die auf dem Land leben: Das ist, glaube ich, eine sehr große Ermutigung. Sport oder auch Vereine allgemein bieten Möglichkeiten, sich zu vernetzen und Beziehungen zu knüpfen. Ich weiß nicht genau, wie das in Städten funktioniert, aber auf dem Land – auch in unserer Region Westösterreich, Alpen, Vorland – gibt es für alles einen Verein. Wirklich für alles.
Es gibt einen Verein fürs Schachspielen, einen Verein für Krippenfiguren, einen Bauverein, einen Verein für das Aufstellen der Krippenfiguren, einen Verein fürs Rasenmähen, einen Verein fürs Nägelschneiden, sogar Vereine für Vereinsverhinderer – es gibt wirklich Vereine für alles. Wir sind in eine kleine Stadt mit vier- bis fünftausend Einwohnern gezogen. Das erste, was wir vom Gemeindeamt bekommen haben, war eine Liste mit allen Vereinen. Wir kamen mit dem Durchblättern gar nicht mehr nach, für was man alles Vereine gründen kann.
Das hat auch mit unserer Gesellschaft zu tun und mit einem sozialdemokratischen Verständnis. Es ist toll, aber ich möchte einfach sagen: Das sind tolle Strukturen, um Menschen kennenzulernen. Vielleicht bist du jemand, der sich vor lauter Beziehungen und Beziehungsnetzwerken kaum retten kann. Dann wäre es vielleicht gut, aus dem einen oder anderen Verein auszusteigen, um sich zu konzentrieren.
Aber vielleicht bist du jemand, der sagt: Ich möchte gern Beziehungen knüpfen. Ich begleite selbst Freunde von Pastoren oder Menschen im vollzeitlichen Dienst, die damit sehr ringen. Manchmal sind das auch eher zurückhaltende Typen, die das Leben suchen und sich schwer tun, Beziehungen zu knüpfen. Vereine sind eine tolle Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen.
Du musst keinen christlichen Gartenbauverein gründen, sondern kannst in den Gartenbauverein deines Dorfes gehen und dort Leute kennenlernen. Vielleicht auch ganz strategisch mit einem anderen Bruder oder einer Schwester. Bitte nicht falsch verstehen – nicht als geistlichen Territorienkampf, einen Verein zu übernehmen, sondern mit ein, zwei Geschwistern bewusst in einen Verein zu gehen. Es sollte schon etwas sein, das dir Freude macht. Nur aus taktischen Gründen einem Krippenbauverein beizutreten, obwohl du Krippen gar nicht magst, wäre schwierig.
Es gibt in deinem Leben Interessen, und es gibt andere mit ähnlichen Interessen. Strategisch zu sagen: Wir gehen jetzt dort hin, um Leute kennenzulernen, um mit ihnen Beziehungen zu bauen und Zeit zu verbringen – daraus können Beziehungen entstehen.
Ich selbst bin ein bisschen umgezogen und habe mich gleich für den lokalen Laufclub angemeldet. Persönliche Erfahrung: Laufclubs sind nicht immer ideal, weil Läufer oft sehr individualistisch sind, gern alleine laufen und in ihrem eigenen Tempo. Manche wollen gar nicht reden. Trotzdem sind aus diesem Verein zwei, drei Beziehungen entstanden. Heute Abend kommen zum Beispiel zwei dieser Leute zu uns, um das Champions-League-Finale zu schauen. Für alle, die in Österreich wohnen: Herzliche Einladung, bei uns vorbeizuschauen.
Diese Beziehungen hätte ich ohne den Laufclub nicht gehabt. Nutzt diese Strukturen in eurer Region, um einen natürlichen Rahmen zu haben, in dem man Leute kennenlernen kann.
Ein weiteres Kennzeichen ist die Familie mit offener Tür. Wir wollen ermutigen und herausfordern, als Familie ein Stück Familie für andere zu werden. Auch die eigenen Kinder können durch diese Kultur geprägt werden.
Ganz konkret ist es uns mit den Nachbarn so gegangen: Wir sind beide gleichzeitig eingezogen und haben uns kennengelernt. Wir dachten, unterschiedlicher könnten wir als Paare kaum sein. Wir waren uns nicht sicher, ob viele Treffen zustande kommen würden. Es gab einige mühsame Treffen, aber wir haben uns immer besser kennengelernt.
Wir haben ihnen ein Stück unseres Hauses geöffnet und Einblick in unsere Familie gegeben. Jetzt ist es schön zu sehen, wie wir uns kennen. Es sind auch Aussagen gefallen wie: „Wenn wir Kinder haben, wollen wir sie auch so erziehen“ oder „Ja, dann wollen wir sie sehen“. Sie konnten das vielleicht noch nicht benennen, aber es ist schön und ermutigend, dass ihnen etwas auffällt.
Wir wollen dranbleiben. Leider sind sie nicht mehr unsere direkten Nachbarn, aber noch im gleichen Dorf. Es ist uns wichtig, in Kontakt zu bleiben und für sie zu beten, dass Gott ihr Herz bewegt.
Das Einzige, was wir in dieser Situation gemacht haben, war, unser Haus zu öffnen und uns zu treffen – zum Beispiel zu Spieleabenden.
Ein weiterer Punkt, der damit zusammenhängt, ist, was wir persönlich gern tun und was immer Freude bereitet: Tage oder Abende der offenen Tür, bei denen wir Leute aus unterschiedlichen Beziehungsnetzwerken einladen – ob gläubig oder ungläubig, Familie oder Nichtfamilie. So können sie sich untereinander besser kennenlernen. Unsere ungläubigen Freunde können auch andere Gläubige treffen und gemeinsam Zeit verbringen.
Es herrscht eine lockere Atmosphäre mit ein paar Snacks und Getränken. Man braucht keine große Vorbereitung. Die Leute haben die Möglichkeit, Beziehungen zu knüpfen. Das ermutigt uns sehr, wenn wir sehen, wie ein Bruder mit unseren Nachbarn redet oder ich selbst. Es ist sehr schön und ermutigend.
Es ist gut, wenn man strategisch ein paar Leute dabei hat, die gern reden. Das klappt nicht immer sofort. Man soll nicht den Eindruck erwecken, dass wir vorher genau überlegen, wer wohin gesetzt wird – so steril ist das nicht. Aber wir können uns gegenseitig sehr helfen.
Wir sind Gastgeber für so ein Treffen, und es ist eine tolle und einfache Möglichkeit. Auch deine Kinder werden von dieser Kultur des offenen Hauses und der Möglichkeit, Familie für andere zu sein, sehr geprägt. Dort hat Not Platz, und Hoffnung wird sichtbar.
Wie jemand sagte: Manchmal kann man es nicht benennen, aber wir können einfach und mutig sein.
Das waren unsere Kennzeichen und Möglichkeiten. Es gäbe noch viel mehr zu sagen.
Wahrscheinlich laufen bei dir auch viele Gedanken, und du denkst: Das ist sehr gut, das hat mich ermutigt. Darum wollen wir zum Abschluss noch eines sagen:
Vielleicht bist du hier, weil du nicht genau wusstest, was dir dieses Seminar bringen soll. Vielleicht denkst du: Boah, das ist echt anstrengend. Um ehrlich zu sein, mache ich das selbst nicht so oft. Vielleicht mache ich es zu wenig, weniger als ich möchte.
Vielleicht denkst du sogar: Ich bin gar kein Beziehungstyp. Ich bin zurückhaltend, es fällt mir schwer, auf andere zuzugehen.
Wir wollen dich ermutigen, nicht entmutigen. Für diesen Lebensstil musst du kein Beziehungsmonster sein. Du musst nicht derjenige sein, der ständig neue Leute kennenlernen will. Das musst du überhaupt nicht.
Vielleicht sind nur ganz wenige der Dinge, die wir gesagt haben, konkret etwas, das dich anspricht. Vielleicht findest du etwas gut, das dich ermutigt und das du nachahmen möchtest oder davon inspiriert bist, etwas anderes zu tun.
Aber wir beten und hoffen, dass dein Herz – egal, wie du dich in Beziehungen fühlst – neu begeistert ist von Jesus, der diese Beziehungen will und dich gebrauchen möchte. Er will dich ermutigen, in Beziehungen mit anderen zu wachsen, im Vertrauen darauf, dass er Kraft schenkt und Frucht zu seiner Zeit.
Lass dich ermutigen, kleine Schritte zu gehen, um in Abhängigkeit von ihm in andere zu investieren und darin zu wachsen. Geschwister sind ein Geschenk, um einander zu helfen, ganz konkrete Schritte zu gehen.
Vielleicht bist du jemand, der sagt: Eigentlich sollte ich das Seminar halten und mehr sagen. Hoffentlich. Sei ermutigt, anderen zu helfen, denn es gibt Geschwister, die das wollen, aber entmutigt sind – aus verschiedenen Gründen, weil sie sich nicht zugerüstet, nicht fähig oder nicht wert genug fühlen. Ermutige sie und gehe Schritte mit ihnen.
Ich denke an das Bild der Ernte, das Jesus uns vor Augen stellt. Wir Christen haben oft eine verzerrte Wahrnehmung. Wir träumen vielleicht davon, als christliche Reiter auf weißen Pferden durch die Erntefelder zu reiten, mit hochautomatisierten Erntezügen links und rechts.
Das ist nicht das biblische Bild. Das biblische Bild zeigt vielmehr, wie du Hand in Hand mit einer Schwester und einem Bruder links und rechts von dir durch die Erntefelder gehst und die Ernte erntest, die Gott schenkt. Das heißt, du brauchst die Gemeinschaft links und rechts von dir.
Wenn du dich entmutigt fühlst, geh auf eine Schwester oder einen Bruder in der Gemeinde zu und sag: „Ich möchte darin wachsen.“ Du weißt, dass sie das auch wollen. Beten wir füreinander, gehen wir gemeinsam Schritte, veranstalten wir mal so einen „komischen“ Abend zusammen, gehen wir gemeinsam in den Gartenbauverein und setzen ganz konkrete Schritte miteinander.
Ich hoffe, du hörst, was wir sagen: Wir wollen ermutigen, nicht entmutigen. Diese Möglichkeiten, wie wir leben, mögen für dich kaum etwas sein, aber wir wollen dich zu diesem Lebensstil ermutigen.
Zum Schluss wollen wir uns Zeit nehmen für Rückfragen, aber nicht nur für Rückfragen, weil wir so viel zu sagen haben, sondern auch für eure Beiträge, andere Merkmale und Kennzeichen, die ihr gelernt habt und die für uns alle hilfreich sein könnten. Vielleicht auch ganz konkrete Rückfragen und Schwierigkeiten, die wir gemeinsam besprechen. Zeit füreinander und miteinander zu reden. Bitte eure Beiträge.
Ich kann direkt mit einem Beispiel beginnen, aber erst mal eine Frage: Wie geht man mit Menschen um, die vielleicht schon angedeutet haben, dass sie nicht „gläubig“ werden? Ich glaube, man muss diese Beziehung grundsätzlich weiterführen, auch wenn klar ist, dass die Person sich nie bekehren wird.
Der Mensch muss das Gefühl haben, kein Missionsobjekt zu sein. Er muss wissen, dass er angenommen ist – vielleicht sogar wenn er sagt: „Mit Jesus will ich nichts zu tun haben, lass mich in Ruhe.“ Die Beziehung sollte trotzdem weitergehen.
Wenn ich versuche, die Beziehung zu trennen und einfach „tschüss“ zu sagen, ist das nicht gut.
Ich erwarte von der Gemeinde, dass sie Wandergruppen anbietet. Die Resonanz war unterschiedlich, mal besser, mal schlechter. Wir versuchen unterwegs, eine Andacht anzubieten – mal besser, mal schlechter. Auch evangelistisch oder als Wandergruppe mit Ungläubigen. Erst mit Gemeindeleuten, wenn ein paar Nichtgläubige dabei waren, war das gut. Dann als offenes Angebot.
Man darf mal besser, mal schlechter machen. Zum Beispiel, wenn jemand keine Wanderschuhe hat. Auch das habe ich schon erlebt.
Zu deiner Rückfrage und Anmerkung: Es ist sehr wichtig, Interesse am Gegenüber zu haben. Darum haben wir versucht, mit der theologischen, biblischen Geschichte zu beginnen.
Die theologische biblische Geschichte ist nicht, dass das Gegenüber ein Missionsprojekt oder Objekt ist, sondern dass das Gegenüber ein Ebenbild des lebendigen, dreieinigen, ewigen Gottes ist. Unabhängig von seiner Antwort auf mein Bemühen, ihm Jesus großzumachen, ist es wert, ihn kennenzulernen.
Das ist der Grundantrieb. Ich mache weiter, auch wenn er in dem Moment knallhart ablehnt. Ich versuche, die Beziehung gut zu halten, auch wenn ich dann manchmal sage: „Ich treffe mich mit ihm nur, wenn er über allgemeine Probleme redet.“
Das hat natürlich auch Grenzen. Da müssen wir klar sein. Wenn wir jede Person, der wir begegnen, als jemanden sehen, in den wir unser Leben investieren wollen, sind wir schnell überfordert.
Wenn ich merke, die Person dreht den Spieß um und versucht, mich herunterzuziehen, gibt es Grenzen. Es braucht Weisheit.
Aber von deiner Seite, von deinem Herzen aus, und von unserem Herzen aus ist es die Leidenschaft, sich zu investieren – unabhängig von der Antwort. So wie Christus auf uns zuging und uns liebte, als wir noch Feinde waren.
Johann: Das dachte ich mir, dass dir das gefällt. An wen ist dieser Kreis gerichtet? An Männer? Ja, an Männer. Es sind keine Fressens- oder sonstigen Treffen.
Ich habe immer versucht, es mit einem zweiten Bruder zu starten. Ich glaube, dass dieses Prinzip „Hand in Hand durch die Erntefelder“ ein gutes Prinzip ist, bei dem man sich gegenseitig ermutigen und füreinander beten kann, um besser zu investieren.
Die Leute waren meist nicht gläubig.
Ist das ein Angebot nur für Österreich? Nein, das kann man überall machen. Die Bayern sollten das vielleicht mit Bier machen.
Wir haben einzelne Abschnitte gelesen, manchmal mehr, manchmal weniger. Die Leiter haben das vorbereitet, aber es ist kein Bibelstudium mit Handout und 25 Folien. Wir lesen den Abschnitt und stellen immer die gleichen Fragen: Was steht da? Wir trainieren das Bibellesen – nicht zuerst: „Was fühle ich dabei?“ oder „Mein persönlicher Eindruck ist…“, sondern: „Was steht da? Was könnte das bedeuten?“
Das ist eine Frage, die ich mit Leuten hatte, die nicht mal wussten, wie sie die Bibel aufschlagen sollen. Das habe ich in den Anfängen unterstützt. Es ist toll.
Was bedeutet das? Da kann man gut helfen, aber sich auch zurücknehmen, weil man möchte, dass es eine Begegnung mit dem Gott der Bibel gibt, nicht mit der eigenen Erklärung.
Dann fragen wir auch: Was bedeutet das in der Anwendung? Da kommt in so einem Kontext manchmal mehr von einem selbst, weil die Anwendungsdynamik vom Wort Gottes her nicht bekannt ist, aber sehr einfach.
Ich bereite mich ehrlich gesagt nicht stundenlang vor, sondern lese den Abschnitt. Ich habe das Markus-Evangelium schon x Mal mit solchen Gruppen gemacht. Es wird nicht schwerer in der Vorbereitung.
Ja, wir stellen ein paar Fragen. Es gibt gutes Material dazu, sehr gute, einfache Bücher und Hefte.
Wie oft trifft ihr euch? Alle zwei Wochen.
Und wie lange? Zwei Stunden, je nachdem, wie gut der Wein schmeckt.
Schaut ihr immer Fußball oder nur heute Abend? Nur heute Abend. Wir wollen das Champions-League-Finale Liverpool schauen.
Zu deiner Frage, Wittin: Bei mir gab es eine konkrete Situation mit einer Freundin. Wir hatten eine bestimmte Zeit, weil sie ins Ausland ging. Wir sagten: Dieses halbe Jahr nehmen wir uns Zeit und schauen, wie weit wir kommen. Dann war klar, dass es aufhört.
Manchmal ist es auch gut, ein Ende zu haben und nicht jahrelang zu treffen. Sie wollte nur die Bibel lesen und schauen, ob das für ihr Leben relevant ist.
Es hat aufgehört, aber es war für diese Zeit sehr gut und ermutigend.
Wie sehen das deine Vorgesetzten oder die Unternehmensleitung? Und kommst du in Konflikt mit christlichen Maßstäben, wenn du offen sagst, dass du Christ bist?
Das sind sehr gute Fragen. Ich beginne mit der zweiten: Wenn wir uns in Sündern und Zöllnern sehen, sind wir nicht befreit vom Heiligungsgebot.
Ich habe schon spannende Unternehmungen gesehen, bei denen Christen versuchen zu rechtfertigen, ins Bordell zu gehen, um Leute zu erreichen. Das ist kein Scherz.
Natürlich wollen wir von Gott her verstehen, was er von uns möchte. Wir sind in der Welt, aber nicht von der Welt. Wir stehen im Dreck, wollen Menschen erreichen, sind aber Auserwählte, berufen zur Heiligkeit.
Es braucht klare Grenzen und Bewusstsein. Darum glaube ich, dass „Hand in Hand durch die Ernte“ gut ist. Wenn du der Einzige bist, der in einem Bereich dein Leben lang etwas macht, ist Rechenschaft schwierig.
Nicht jeder Verein ist geeignet. Es gibt Vereine, die sich nur zum Saufen treffen. Ob es eine gute Wahl ist, so einen Verein zu wählen, sollte man hinterfragen. Aber es gibt viele Möglichkeiten.
Das erlebe ich im beruflichen Kontext und im bewussten Investieren im privaten Leben.
Es gibt keine einfache Antwort. Das ist der Alltag des Christen. Wir wollen für Heiligkeit und Reinheit einstehen, selbst rein und heilig leben und doch Gemeinschaft mit Sündern haben, wie wir selbst Sünder sind.
Das ist ein Spannungsfeld, in dem ich immer wieder versage und Vergebung brauche. So sieht mein Alltag als Christ aus.
Zum zweiten Punkt: Ich werde nicht von meinem Unternehmen bezahlt, um zu missionieren. Ich nutze nicht meine Arbeitszeit, um über Jesus zu reden.
Natürlich ergeben sich Gespräche ganz natürlich in der Kaffeepause. Ich gehe nicht extra in eine Pause, um ein Jesus-Gespräch zu führen.
Ich finde es wichtig, eine gesunde, evangeliumszentrierte Arbeitsethik zu haben. Das Unternehmen bietet tolle Möglichkeiten, Menschen kennenzulernen, aber meine Arbeitszeit hat einen bestimmten Zweck.
Mein Arbeitsvertrag ist umfangreich. Da habe ich genug zu tun.
Es braucht ein klares, selbstkritisches Verständnis: Es ist nicht unser Auftrag, die Arbeit als Mittel zum Zweck zur Evangelisation zu nutzen.
Alles in unserem Leben dient dazu, Gott zu ehren und Menschen zur Nachfolge zu rufen, hoffentlich Jünger zu machen. Aber nicht so, dass ich meine Arbeitszeit missbrauche und meine Arbeit vernachlässige.
Sehr gute Frage.
Ob man langfristige Beziehungen manchmal nur so führt, dass der andere seine Probleme erzählt und man einfach zuhört?
Ja, manchmal ist es gut, über einen längeren Zeitraum zuzuhören. Vielleicht öffnet Gott so eine Möglichkeit, Fragen zu stellen und Zeugnis zu geben.
Es bleibt ein Spannungsfeld. Du weißt, dass das Evangelium für die Person heilsam wird, wenn sie es hört (Römer 10). Wie sollen sie glauben, wenn sie nicht hören? Wie sollen sie hören, wenn niemand hingeht?
Daran halten wir fest.
In Beziehungen gibt es unterschiedliche Phasen. Die Beziehung zu meiner Frau sieht nicht in jeder Minute gleich aus. Manchmal redet sie, manchmal ich, manchmal schweigen wir.
Eine Beziehung ist nicht dann eine Beziehung, wenn du auf Knopfdruck über Jesus redest und der andere begeistert zuhört.
Es wäre zu schnell, sich damit zufrieden zu geben, nur zuzuhören, weil das Evangelium gesagt werden muss.
Manchmal hast du wenig Gelegenheit, vielleicht nur einen Satz zu sagen. Wie du darauf reagierst, hoffentlich nachfragend oder provozierend, ist wichtig.
Manchmal dauert es Jahre, bis man einen Punkt erreicht, an dem man über Jesus reden kann.
In der eigenen Familie gibt es oft Momente, in denen man nichts mehr hören will: „Lass mich in Ruhe mit deinem Jesus.“
Sollen wir diese Beziehungen aufgeben? Nein!
Geduldig für solche Möglichkeiten beten, Familie sein, lieben, dort, wo Lieblosigkeit ist, im Evangelium antworten und hoffen, dass Gott durch uns oder andere heilbringendes Evangelium schenkt.
Oft ist eine lange Zeit des Zuhörens, des Daseins, des Interesses am Gegenüber nötig. Annahme, die nicht abhängig ist von einem Ergebnis.
Genau.
Vielleicht der letzte Beitrag, dann beten wir noch kurz.
Ich habe eine Frage, aber auch eine Feststellung: Arbeitskollegen haben sicher schon mal über Glauben gesprochen. Aber oft fühle ich mich nicht verstanden, wenn wir über bestimmte Themen reden.
Ich wollte fragen, wie du das siehst. Wahrscheinlich muss ich an mir arbeiten, um ein besseres Zeugnis zu geben.
Am Ende oder am Anfang möchtest du Jesus ähnlicher werden. Das heißt, dass du in manchen Bereichen, in denen du ihm noch nicht ähnlich bist, eines Tages ihm ähnlicher sein wirst.
Das werden Arbeitskollegen feststellen.
Das ist ein gutes Schlusswort.
Deine Hoffnung für deinen Arbeitskollegen ist nicht dein Zeugnis, sondern das vollkommene Leben von Jesus Christus, dem du nachfolgst. Du bist ein Zeuge von ihm, kein Nachahmer, dessen Nachahmung heilsam ist.
Was für deinen Arbeitskollegen heilsam ist, ist Jesus selbst.
Du kannst ehrlich sein, du bist kein vollkommenes Zeugnis, sondern ein Zeuge dessen, der vollkommen ist. Das macht Mut.
Ich habe immer wieder Möglichkeiten im Beruf, wo ich zu Kollegen oder meinem Chef gehe und sage: „Es tut mir leid, das war nicht gut von mir.“
Einmal habe ich zu meinem Chef gesagt, er war ein ganz eigener Vogel, aber ich sagte: „Es tut mir leid, ich habe in den letzten Tagen schlecht über dich gedacht.“
Er war so überfordert mit dieser Aussage, und ich habe es danach hoffentlich weniger gemacht.
Er sagte: „Kein Problem. Du kannst ja schlecht über mich denken, aber nicht schlecht über mich reden.“
Nein, das will ich nicht. Ich will ihn als Chef ehren, und ich habe das nicht gemacht. Es tut mir leid.
Sei ehrlich. Du bist kein vollkommenes Zeugnis, sondern ein Zeuge dessen, der vollkommen ist. Das macht Mut.
Jetzt würde ich sagen: Wir müssen hier nicht raus. Johann, alles gut. Wir haben noch fünf, zehn Minuten zum Essen.
Ich bitte, dass drei oder vier Leute kurz mit uns beten. Leider nicht mehr für Einzelne, aber das könnt ihr zuhause tun. Betet für uns, dass Gott uns segnet und Freude schenkt.
Ein weiterer Punkt, der damit zusammenhängt, ist, was wir persönlich gern tun und was immer Freude bereitet: Tage oder Abende der offenen Tür zu veranstalten. Dabei laden wir Leute aus unterschiedlichen Beziehungsnetzwerken ein – ob gläubig oder ungläubig, Familie oder Nichtfamilie – einfach, um sich untereinander besser kennenzulernen. So haben unsere ungläubigen Freunde auch die Möglichkeit, andere Gläubige kennenzulernen und gemeinsam einen entspannten Abend zu verbringen.
Es herrscht eine ganz lockere Atmosphäre mit ein paar Snacks und Getränken. Die Veranstaltung ist also leicht aufgestellt und erfordert keine große Vorbereitung. Die Gäste haben einfach die Möglichkeit, Beziehungen zueinander aufzubauen. Das ermutigt uns sehr, wenn wir sehen, wie zum Beispiel ein Bruder mit unseren Nachbarn ins Gespräch kommt oder ich selbst. Es ist sehr schön und gibt uns persönlich viel Kraft.
Es ist auch hilfreich, wenn man strategisch ein paar Leute dabei hat, die gerne reden. Diese gezielte Einladung gelingt nicht immer auf Anhieb. Dabei soll aber nicht der Eindruck entstehen, dass wir uns vorher genau überlegen, wer wo sitzt – so steril ist das nicht. Dennoch können wir uns gegenseitig sehr unterstützen.
Wir sind die Gastgeber für so ein Treffen, und es ist eine tolle und einfache Möglichkeit, Gemeinschaft zu fördern. Auch deine Kinder werden von dieser Kultur des offenen Hauses und der Möglichkeit, Familie für andere zu sein, stark geprägt. Ein Ort, an dem Not Platz hat und Hoffnung sichtbar wird.
Wie jemand einmal sagte: Manchmal kann man es nicht genau benennen, aber wir können einfach und mutig in dieser Haltung sein. Das waren unsere Kennzeichen und unsere Möglichkeiten.
Es gibt noch viel mehr zu sagen. Wahrscheinlich laufen bei dir auch die Gedanken, und du denkst: „Das ist ja sehr gut, das hat mich ermutigt.“ Darum wollen wir zum Abschluss wirklich noch eines sagen.
Vielleicht bist du jetzt auch hier, weil du nicht genau wusstest, was dir dieses Seminar bringen soll. Vielleicht denkst du dir auch: Boah, das ist echt anstrengend. Und um ehrlich zu sein, mache ich das eigentlich nicht so oft. Ich mache das vielleicht auch zu wenig – weniger, als ich eigentlich möchte.
Vielleicht denkst du dir sogar: Ich bin nicht einmal ein Beziehungstyp. Ich bin zurückhaltend, es fällt mir schwer, auf andere zuzugehen. Aber wir wollen ermutigen, nicht entmutigen. Für diesen Lebensstil musst du kein Beziehungsmonster sein. Du musst auch nicht jemand sein, der gar nicht mehr den Nächsten erwartet, den er kennenlernen kann. Das musst du überhaupt nicht sein.
Vielleicht und wahrscheinlich sind nur ganz wenige der Dinge, die wir jetzt gesagt haben, ganz konkret etwas, wo du sagst: Hey, das finde ich gut, das ermutigt mich, das möchte ich vielleicht nachahmen oder inspiriert mich, etwas anderes zu tun. Aber wir beten und hoffen, dass dein Herz – egal, zu was für einem Beziehungsmonster du dich fühlst – neu begeistert ist von diesem Jesus, der diese Beziehungen will und der dich verwenden will. Er möchte dich ermutigen in Beziehungen mit anderen. Im Vertrauen darauf, dass er Kraft schenkt und auch die Frucht zu seiner Zeit.
Lass dich ermutigen, nicht entmutigen. Gehe kleine Schritte, um in der Abhängigkeit zu ihm in andere zu investieren und daran zu wachsen. Geschwister sind ein Geschenk für dich und für mich, um einander zu helfen, ganz konkrete Schritte zu gehen.
Vielleicht bist du jemand, der sagt: Eigentlich sollte ich das Seminar halten, mehr sagen, hoffentlich. Aber dann sei ermutigt, anderen zu helfen, denn es gibt Geschwister, die das wollen. Und die entmutigt sind, aus unterschiedlichen Gründen – weil sie sich nicht zugerüstet fühlen, nicht fähig oder nicht wert genug. Ermutige sie und gehe Schritte mit ihnen.
Ich denke an das Bild der Ernte, das Jesus uns vor Augen stellt, als ein Bild, das wir Christen manchmal sehr verschoben wahrnehmen. Vielleicht träumen wir davon, christliche Reiter auf weißen Pferden zu sein, die durch Erntefelder reiten, während heute links und rechts hoch automatisierte Erntezüge hinter uns herfahren.
Das ist nicht das Bild der Bibel. Das Bild der Bibel ist vielmehr, dass du Hand in Hand mit einer Schwester und einem Bruder links und rechts von dir durch die Erntefelder gehst und Ernte ernten darfst, die Gott schenkt. Das heißt, du brauchst die Menschen links und rechts von dir.
Wenn du dich entmutigt fühlst, dann geh auf eine Schwester oder einen Bruder in der Gemeinde zu und sag: Ich möchte in dem wachsen. Du auch, das weiß ich. Beten wir füreinander, gehen wir gemeinsam Schritte, veranstalten wir mal so einen komischen Abend zusammen, gehen wir gemeinsam in den Gartenbauverein und setzen ganz konkrete Schritte miteinander.
Also, ich hoffe, du hörst, was wir sagen: Wir wollen ermutigen, nicht entmutigen. Vielleicht ist kaum etwas davon für dich direkt eine Möglichkeit, aber wir wollen dich ermutigen zu diesem Lebensstil.
Zum Schluss möchten wir uns Zeit nehmen und Raum geben – nicht nur für Rückfragen, denn wir haben viel zu sagen, sondern auch für eure Beiträge. Vielleicht habt ihr andere Merkmale oder Kennzeichen gelernt, die für uns alle hilfreich sein könnten. Außerdem können ganz konkrete Rückfragen oder Schwierigkeiten angesprochen werden, die wir dabei haben. Es ist Zeit, füreinander da zu sein und miteinander zu reden. Bitte teilt eure Beiträge mit uns.
Ich kann direkt mit einem Beispiel anfangen, aber zunächst eine Frage: Wie gehen wir mit Menschen um, die, wie schon angedeutet, einfach nicht „gläubig“ werden? Ich glaube, man muss diese Beziehung grundsätzlich immer weiterführen, auch wenn klar ist, dass sich der Mensch wahrscheinlich nie bekehren wird. Der Mensch muss das Gefühl haben, kein Missionsobjekt zu sein. Er muss wissen, dass er angenommen ist – vielleicht sogar dann angenommen, wenn er sagt: „Mit Jesus will ich nichts zu tun haben, lass mich damit in Ruhe.“ Die Beziehung sollte trotzdem weiterbestehen.
Ich versuche, das nicht zu trennen und dann zu sagen: „Tschüss.“ Ein Beispiel: Ich erwarte von der Gemeinde, dass sie Wandergruppen anbietet. Die Resonanz darauf war unterschiedlich – mal besser, mal schlechter. Unterwegs versuchen wir, eine Andacht anzubieten – mal auf dem Fahrrad, mal zu Fuß. Mal klappt es besser, mal schlechter. Auch evangelistische Wandergruppen gibt es – erst mit Gemeindemitgliedern, dann, wenn ein paar Nichtgläubige dabei sind, als offenes Angebot. Aber es gibt immer Herausforderungen, zum Beispiel, wenn jemand keine Wanderschuhe hat. Das habe ich auch schon erlebt.
Zu deiner Rückfrage und Anmerkung: Es ist sehr wichtig, Interesse am Gegenüber zu haben. Das hat Anne oder jemand von uns gesagt. Deshalb versuchen wir, mit der theologischen, biblischen Geschichte zu beginnen. Die theologische, biblische Geschichte betrachtet das Gegenüber nicht als Missionsprojekt oder Objekt, sondern als Ebenbild des lebendigen, dreieinigen, ewigen Gottes. Unabhängig von der Antwort auf mein Bemühen, Jesus großzumachen, ist es wert, diese Person kennenzulernen. Das ist der Grundantrieb.
Ich mache weiter, auch wenn jemand im Moment knallhart ablehnt. Ich versuche, die Beziehung gut zu halten, auch wenn es heißt, ich treffe mich erst einmal nur, wenn er über allgemeine Probleme redet. Das hat natürlich auch Grenzen, da müssen wir ehrlich sein. Wenn wir jede Person, der wir begegnen, als jemanden ansehen, in den wir unser Leben investieren wollen, sind wir schnell überfordert. Wenn ich merke, die Person versucht, mich herunterzuziehen, dann braucht es Weisheit, wo man die Grenze zieht. Aber von unserer Seite, von unserem Herzen aus, ist die Leidenschaft da, sich zu investieren – unabhängig von der Antwort. So wie Christus den Schritt auf uns zuging und uns liebte, als wir noch Feinde waren.
Johann, ich dachte mir schon, dass dir das gefällt. An wen ist dieser Kreis gerichtet? An Männer, oder? Ja, an Männer. Das sind keine Fressgruppen oder so. Ich habe immer versucht, mit einem zweiten Bruder zu starten. Ich glaube, dass dieses Prinzip „Hand in Hand durch die Erntefelder“ ein gutes Prinzip ist. Dort kann man sich gegenseitig ermutigen, für die Leute beten und besser investieren. Ansonsten waren das immer Leute, die nicht gläubig waren.
Ist das Angebot nur für Österreich? Nein, das kann man auch anderswo machen. Nur in Österreich machen wir das so. Die Bayern könnten das vielleicht mit Bier machen.
Wir haben ganz einfach einzelne Abschnitte gelesen, manchmal mehr, manchmal weniger. Die Leitung bereitet das vor, aber es ist kein Bibelstudium mit Handout und 25 Folien. Wir lesen den Abschnitt und stellen immer die gleichen Fragen: Was steht da? Wir trainieren das Bibellesen, also zuerst: Was steht da? Nicht zuerst: „Ich fühle dabei das“ oder „Mein persönlicher Eindruck ist“, sondern: Was steht da? Was könnte das bedeuten?
Das ist eine Herausforderung, vor allem bei Leuten, die nicht wissen, in welcher Richtung sie die Bibel aufschlagen sollen. Das habe ich in den Anfangsphasen erlebt, aber es ist toll. Was bedeutet das? Da kann man gut helfen, sich aber auch in gesundem Maß zurücknehmen, weil es eine Begegnung mit dem Gott der Bibel geben soll, nicht mit der eigenen Erklärung.
Dann fragen wir auch: Was bedeutet das in der Anwendung? Hier kommt manchmal mehr von einem selbst, weil die Anwendungsdynamik des Wortes Gottes nicht bekannt ist, aber sehr einfach sein kann. Ich bereite mich ehrlich gesagt nicht stundenlang vor, sondern lese den Abschnitt. Ich habe das Markus-Evangelium schon viele Male mit solchen Gruppen gemacht, das Vorbereiten wird dadurch nicht schwerer. Wir stellen einige Fragen und es gibt gutes Begleitmaterial, einfache Bücher und Hefte, wenn man sich dafür interessiert.
Wie oft treffen sich die Gruppen? Alle zwei Wochen. Wie lange dauert das? Wir lesen das Evangelium komplett durch. Das hat in einer Gruppe zwei Jahre gedauert. Dort sind immer Leute ein- und ausgestiegen. Das ist auch etwas Tolles an so einer Gruppe.
Wir beginnen immer mit der Frage: „Was ist der rote Faden? Wo stehen wir gerade?“ Je nachdem, wer das erklärt, dauert es länger oder kürzer. Wie lange sind die Treffen? Etwa zwei Stunden. Das variiert, je nachdem, wie gut der Wein schmeckt.
Schaut ihr immer Fußball oder Ritterspiele? Nur heute Abend. Wir wollen, dass Liverpool Champions-League-Sieger wird.
Zu deiner Frage, Wittin: Bei mir gab es eine konkrete Situation mit Freundinnen. Wir hatten eine bestimmte Zeit, weil eine ins Ausland ging. Wir sagten: „Okay, dieses halbe Jahr nehmen wir uns Zeit und schauen, wie weit wir kommen.“ Wir wussten, dass es danach aufhört. Manchmal ist es eben so. Bei dieser Freundin hat es ihr geholfen, ein Ende zu haben und nicht jahrelang zu wissen: „Wir treffen uns und lesen die Bibel.“ Sie wollte nur anfangen, die Bibel zu lesen und schauen, ob das für ihr Leben relevant ist. Es hat aufgehört, aber es war eine gute und ermutigende Zeit.
Wie sehen das deine Vorgesetzten oder die Unternehmensleitung? Kommst du in Konflikt mit christlichen Maßstäben, wenn du merkst, dass es in der Arbeitswelt schwierig ist, dein Christsein offen zu zeigen?
Das sind sehr gute Fragen. Ich beginne mit der zweiten: Wenn wir uns als Sünder und Zöllner sehen, investieren wir uns nach diesem biblischen Bild, aber sind nicht befreit vom Heiligungsgebot. Ich habe schon erlebt, wie Christen versuchen, zu rechtfertigen, dass sie ins Bordell gehen müssen, um dort Leute zu erreichen. Das ist kein Scherz, so etwas gibt es.
Natürlich wollen wir von Gott her verstehen, was er von uns möchte. Wir sind in der Welt, aber nicht von der Welt. Wir stehen im gleichen Dreck, wollen Menschen erreichen, sind aber Auserwählte, die zur Heiligkeit berufen sind. Dafür braucht es klare Grenzen und ein klares Bewusstsein.
Deshalb glaube ich, dass „Hand in Hand durch die Ernte“ etwas Gutes ist. Wenn du in deinem Bereich der einzige bist, der sein Leben lang etwas macht, ist Rechenschaft schwierig. Nicht jeder Verein ist geeignet. Bei uns im Dorf gibt es genug Vereine, die im Titel etwas anderes versprechen, aber in Wirklichkeit treffen sie sich nur zum Saufen. Ob es eine gute Wahl ist, so einen Verein zu wählen, sollte man hinterfragen. Es gibt aber viele Möglichkeiten.
Das erlebe ich auch im beruflichen Kontext und im bewussten Investieren im privaten Leben und in der Freizeit. Es gibt keine einfache Antwort darauf, dass es dir dann besser geht. Das ist der Alltagskampf eines Christen. Wir wollen für Heiligkeit und Reinheit einstehen, selbst rein und heilig leben und doch Gemeinschaft mit Sündern haben, weil wir selbst Sünder sind. Das ist ein Spannungsfeld, in dem ich immer wieder versage und Vergebung brauche. So sieht mein Christenalltag aus.
Zum Ersten: Ich werde nicht von meinem Unternehmen bezahlt, um zu missionieren, und lebe das auch so. Ich nutze nicht meine Arbeitszeit, um über Jesus zu reden. Natürlich ergeben sich Gespräche in der Kaffeepause – da stempel ich nicht aus und kündige ein „Jesus-Gespräch“ an. Das ergibt sich ganz natürlich.
Ich finde es sehr wichtig, eine gesunde, evangeliumszentrierte Arbeitsethik zu haben. Ich habe durch das Unternehmen tolle Möglichkeiten, Menschen kennenzulernen, aber meine Arbeitszeit hat einen bestimmten Zweck. Das steht im Arbeitsvertrag, und ich habe genug zu tun, um dem nachzukommen.
Deshalb braucht es ein klares, gesundes, selbstkritisches Verständnis: Es ist nicht unser Auftrag, die Arbeit als Mittel zum Zweck zu nutzen, um zu evangelisieren. Alles in unserem Leben soll Gott ehren und Menschen in die Nachfolge rufen, hoffentlich Jünger machen. Aber es darf nicht so sein, dass ich meine Arbeitszeit, die für etwas anderes da ist, nutze, um meiner Arbeit nicht nachzugehen.
Eine sehr gute Frage ist auch, ob langfristige Beziehungen manchmal nur so „Höhrer“ sind – also dass der andere einfach nur seine Probleme erzählt und vielleicht nur einen Zuhörer braucht. Man hat dann den Wunsch, ihm zuzuhören, und hofft, dass Gott dadurch eine Möglichkeit öffnet, Fragen zu stellen und Zeugnis zu geben.
Manchmal kann es wirklich gut sein, über einen längeren Zeitraum zuzuhören. Es bleibt ein Spannungsfeld. Einerseits weiß man, dass das Evangelium für die Person heilsam wird, wenn sie es hört (Römer 10). „Wie sollen sie glauben, wenn sie nicht hören? Wie sollen sie hören, wenn niemand hingeht und es sagt?“ Daran halten wir fest.
Dennoch gibt es in Beziehungen unterschiedliche Phasen. Die Beziehung zu meiner Frau sieht auch nicht in jeder Minute gleich aus: Manchmal reden wir, manchmal schweigen wir. Manchmal redet sie, manchmal ich. Manchmal tun wir etwas gemeinsam, manchmal nicht.
Eine Beziehung ist nicht dann eine Beziehung, wenn ich auf einen Knopf drücke, über Jesus rede und der andere mit großen Ohren zuhört und „Amen“ sagt. Aber es wäre manchmal zu schnell, sich damit zufrieden zu geben, nur zuzuhören, weil das Evangelium gesagt und verkündet werden muss.
Manchmal hat man wenig Möglichkeit, mehr als einen Satz zu sagen. Man reagiert hoffentlich nachfragend oder provozierend, aber man möchte das heilsame Evangelium weitergeben.
Manchmal dauert es jahrelang, bis man zu so einem Punkt kommt. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber oft gibt es in der eigenen Familie einen Punkt, an dem man hört: „Ich will nichts mehr hören, lass mich in Ruhe mit deinem Jesus.“
Sollen wir solche Beziehungen aufgeben? Nein! Geduldig für diese Möglichkeiten beten, Familie sein, lieben, dort, wo Lieblosigkeit herrscht, im Evangelium antworten und hoffen und beten, dass Gott diese Möglichkeiten schenkt – durch uns oder andere –, das heilbringende Evangelium zu hören.
Oft ist eine lange Zeit des Zuhörens, Freundseins und Daseins nötig. Interesse am Gegenüber zu haben, ohne Ergebnisdruck. Eine bedingungslose Annahme, die nicht davon abhängt, ob jemand das Evangelium annimmt oder nicht.
Genau, super. Vielleicht noch ein letzter Beitrag, dann beten wir kurz.
Ich habe eine Frage, die auch eine Feststellung ist: Arbeitskollegen haben bestimmt schon mit mir über Glauben gesprochen, aber oft fühle ich mich nicht gut verstanden. Wenn wir über bestimmte Dinge reden, merke ich, dass ich da an mir arbeiten muss, um ein besseres Zeugnis zu geben.
Am Ende oder besser gesagt zuerst möchtest du Jesus ähnlicher werden. Das heißt, dass du in manchen Bereichen, in denen du ihm jetzt noch nicht ähnlich bist, eines Tages ihm ähnlicher sein wirst. Wahrscheinlich erkennen das Arbeitskollegen auch.
Das ist vielleicht ein gutes Schlusswort: Deine Hoffnung für deine Arbeitskollegen ist nicht dein Zeugnis, sondern das vollkommene Leben von Jesus Christus, dem du nachfolgst. Du bist ein Zeuge von ihm, kein Nachahmer, dessen Nachahmung heilsam sein muss.
Was heilsam ist für deine Arbeitskollegen, ist das Evangelium, auch wenn du dich oft schwach fühlst. Ich kenne das nur zu gut – die Frage, warum die Leute nicht die Tür einrennen und sagen: „Du erinnerst mich an Jesus.“ Das ist nicht unsere Alltagserfahrung. Es liegt daran, dass wir Sünder sind.
Meine Hoffnung ist nicht mein Zeugnis, sondern das Evangelium. Ich kann sagen: Ich kenne den, der vollkommen gelebt hat, unverdient gestorben und herrlich auferstanden ist. Den kenne ich, liebe ich und folge ich nach. Das ist die Hoffnung.
Das soll dich ermutigen. Du hast Baustellen und willst darin wachsen. Das ist keine Hoffnung auf Veränderung, sondern eine Bestätigung. Du kannst ehrlich sein.
Ich durfte in meinem beruflichen Kontext immer wieder die Möglichkeit wahrnehmen, zu Arbeitskollegen oder meinem Chef zu gehen und zu sagen: „Es tut mir leid, das war nicht gut von mir.“ Einmal sagte ich zu meinem Chef, der ein ganz eigener Vogel war: „Es tut mir leid, ich habe in den letzten Tagen schlecht über dich gedacht.“ Er war so überfordert mit dieser Aussage, dass er sagte: „Kein Problem, du kannst schlecht über mich denken, aber du redest nicht schlecht über mich.“ Ich will dich ehren als Chef. Ich habe das nicht gemacht, es tut mir leid.
Kannst du ehrlich sein? Du bist kein vollkommenes Zeugnis, sondern ein Zeuge dessen, der vollkommen ist. Das macht Mut.
Jetzt würde ich sagen: Wir müssen hier nicht raus, Johann, alles gut. Wir haben nur noch fünf bis zehn Minuten bis zum Essen. Ich würde bitten, dass drei oder vier Leute kurz mit uns beten. Leider nicht mehr für Einzelne, aber das könnt ihr zuhause tun. Betet für uns in unserem Anliegen, dass Gott uns dabei segnet und Freude schenkt.