Dank und Eröffnung des Morgens
Herr Jesus, danke für diesen Morgen. Danke, dass es gut tut, dir zu Ehren zu singen und dass du jetzt hier bist. Ich möchte dich bitten, Hans Peter zu inspirieren, dass du deinen Geist durch ihn sprechen lässt. Mach uns zu guten Zuhörern, bei denen das Gehörte nicht nur ins eine Ohr hinein- und aus dem anderen wieder herausgeht.
Lass deine Worte, die zu uns gesprochen werden, sich tief in unserem Herzen verankern und etwas mit uns machen. Öffne unsere Herzen und Ohren, sprich uns an und hilf uns, das Gehörte auch zu behalten. Amen!
So, guten Morgen zusammen! Jetzt haben wir den Vormittag zweimal für jeweils eine halbe Stunde. Zwischendrin gibt es Zeit zum Reflektieren, entweder in Gruppen oder alleine.
Heute mache ich etwas, was ich ganz selten tue: Ich habe kein richtiges Manuskript. Normalerweise habe ich immer ein genaues Manuskript. Das liegt daran, dass ich angefangen habe, auf Englisch zu predigen, und mein Englisch damals nicht so gut war.
Deshalb habe ich jedes Wort, das ich predige, aufgeschrieben, sonst hätte ich es auf Englisch nicht machen können. Das habe ich dann so weitergeführt und mache es bis heute. Oft brauche ich das Manuskript dann gar nicht, weil ich ja jedes Wort schon aufgeschrieben habe und so genau weiß, was ich sagen will.
Die Vorbereitungsgruppe hat sich große Mühe gegeben und mir ziemlich genau gesagt, was ich sagen soll. Ich möchte diesem Auftrag so gut ich kann treu bleiben und das abdecken, was von mir erwartet wird.
Wachheit und Wahrnehmung der Gegenwart Gottes
Bevor ich dies tue, habe ich eine Frage an euch: Bist du heute wach? Wach im Sinne von: Wisst ihr, was einen wachen Menschen ausmacht?
Ein wacher Mensch nimmt seine Umgebung wahr. Ein Mensch, der nicht wach ist, nimmt seine Umgebung nicht wahr. Ein englischer Soziologe hat einmal gesagt, wie der Europäer, er habe seine Augen nach innen gedreht. Und ich glaube, das ist ein großes Problem: Wir haben unsere Augen nach innen gedreht.
Man wird morgens schon munter und fragt: Wie geht es mir heute? Tut mir etwas weh? Geht es mir gut? Ist mir schlecht? Bin ich gesund? Und so geht es weiter: Schmeckt mir das Frühstück? Sind die richtigen Neuigkeiten da? Ich schaue immer nach innen.
Der Psalmist sagt uns in Psalm 121: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen.“ Etwas, das ich immer wieder lernen will, ist, meine Augen nach außen zu drehen. Das ist etwas ganz Wesentliches. Lerne, dich daran zu erinnern, deine Augen aufzuheben.
Nimm wahr: Da gibt es noch andere um dich herum. Es gibt Blumen, es gibt Bäume. Menschen zum Beispiel, die mit Depressionen oder Schwermut kämpfen, zeigen oft ein Zeichen: Sie schauen nur noch nach innen. Das ist aber nicht die ganze Realität. Man muss die Realität wahrnehmen und nach außen schauen.
Wenn ich euch frage – und das werde ich euch dieses Wochenende öfter fragen – bist du wach? Dann meine ich: Nimmst du wahr, dass Gott gegenwärtig ist?
In Apostelgeschichte 17,28 lesen wir: „Denn in ihm, in Christus, leben und weben und sind wir.“ Christus ist der, in dem wir leben, weben und sind. Das heißt, er ist gerade jetzt da. Nimmst du das wahr? Bist du wach? Oder denkst du dir: Ich bin sowieso alleine, armer Schwein?
Wach sein, die Gegenwart Gottes wahrnehmen – das ist, worum es geht.
Einmal sagt Jesaja, und später greift es Jesus auf: „Ihr hört, aber ihr nehmt nichts wahr.“ Wir können an diesem Wochenende unheimlich viel hören. Aber wie viel nehmen wir wirklich wahr?
Das ist die Frage: Bist du wach? Erkennst du die Realität, dass Christus gegenwärtig ist in deinem Leben?
Das biblische Menschenbild: Ausgangspunkt Gott
Für heute Morgen ist mein Thema ungefähr: Was ist der Mensch überhaupt? Was ist der Mensch? Dabei will ich mich auf das biblische Menschenbild beschränken.
Man könnte auch andere Menschenbilder zum Vergleich heranziehen, zum Beispiel die atheistische Evolutionstheorie. Dort wird der Mensch als Produkt von Mutation, Selektion und so weiter betrachtet. Aber das ist nicht das Thema heute. Auch nicht der Humanismus, bei dem der Mensch im Mittelpunkt steht, oder der Existenzialismus, der untersucht, wie sich der Mensch verhält. Dort gilt: Wenn sich der Mensch so verhält, dann ist er das.
Wir machen es andersherum. Wir schauen zuerst, was das Wesen des Menschen ist, denn aus seinem Wesen resultiert sein Verhalten. Der Existenzialismus sagt es andersherum: So wie der Mensch sich verhält, das ist dann sein Wesen. Die Bibel sagt das Gegenteil: Studiere zuerst das Wesen, und dann verhältst du dich dementsprechend.
Alles beginnt mit Gott. Im Humanismus beginnt man mit dem Menschen. Der Mensch steht im Mittelpunkt, und man schaut sich den Menschen an, um daraus zu schließen, wie der Mensch ist.
Mir gefällt der erste Vers in der Bibel, Genesis 1,1: „Im Anfang schuf Gott“. Keine Erklärung, kein „Entschuldige, ich bin auch hier, ich will euch erklären warum“. Nein, Gott sagt einfach: „Im Anfang schuf Gott“. Ich bin einfach. Das heißt, wir beginnen bei Gott und versuchen von Gott her, den Menschen zu erklären – nicht umgekehrt.
Wir sagen nicht: Ja, wir sind halt Menschen und haben irgendwie eine Sehnsucht nach Gott, also müssen wir jetzt schauen, vielleicht gibt es Gott auch noch. Nein. Am Anfang schuf Gott. Gott war zuerst, und von ihm wollen wir lernen, wer der Mensch ist.
Die Bibel sagt uns ganz am Anfang, im ersten Kapitel, dass Gott den Menschen schuf in seinem Bilde – zum Gegenüber von sich selbst. Der Mensch wurde geschaffen als Gegenüber Gottes.
Übrigens: Der Mensch war immer Mensch. Gott hatte Menschen nicht als kleine Götter geschaffen. Du warst immer nur Mensch, und ich, Adam, war nur ein Mensch. Er war nie Gott.
Wenn in der Bibel steht, der Mensch sei zum Ebenbild geschaffen, heißt das nicht, dass er ein kleiner Gott ist. Sondern: Gott ist Gott, und der Mensch ist Mensch, und er bleibt Mensch. Aber als Mensch ist er geschaffen als Gegenüber von Gott – nicht als kleiner Gott.
Wir sollten nur das, was Gott ist, reflektieren, aber als Menschen, nicht als kleine Götter.
Gottes Wesen als Grundlage des Menschenbildes
Und darum: Wenn wir als Gegenüber Gottes geschaffen sind, in seinem Bilde – so steht es im ersten Buch Mose, Kapitel 1 – dann lasst uns einmal schauen, wie Gott ist. Denn wir sind als Gegenüber in seinem Bilde geschaffen.
Darum müssen wir beim Wesen beginnen. Zum Beispiel: Warum sagen wir als Christen, du sollst nicht morden, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht lügen, du sollst nicht neidisch sein? Es gibt einen ganz einfachen Grund dafür.
Wir sollen nicht nur deshalb nicht morden, weil in der Bibel steht, du sollst nicht töten oder morden. Wisst ihr, warum wir nicht morden sollen? Ganz einfach: Weil Gott kein Mörder ist und wir in seinem Ebenbild geschaffen sind.
Warum stehlen wir nicht oder warum sollten wir nicht stehlen? Nicht nur, weil die Bibel sagt, es sei nicht nett, sondern weil Gott kein Dieb ist. Das ist sein Wesen. Und wenn wir ihm gegenüber in seinem Bild geschaffen sind, warum stehlen wir dann nicht? Weil das Wesen Gottes nicht so ist.
Warum sollten wir nicht lügen? Ganz einfach, weil Gott die Wahrheit ist. Wenn wir erkennen, wie Gott ist, dann wissen wir, wie der Mensch sein soll.
Warum sollten wir nicht neidisch sein? Nicht nur, weil es sich nicht gehört, sondern weil Gott immer großzügig ist.
Das heißt: Man muss immer mit dem Wesen beginnen, und daraus schließe ich auf das Verhalten eines Menschen.
Gott als persönliches und beziehungsfähiges Wesen
Nun, wenn es so ist, dass wir im Bilde Gottes geschaffen sind und uns selbst erst dann erkennen, wenn wir wissen, wie das Wesen Gottes ist, müssen wir bei Gott beginnen.
Dabei gibt es etwas Einzigartiges: Im Gott, der sich in Christus in der Bibel offenbart, ist der Gott, an den wir glauben, ein absolut persönliches Wesen und ein absolutes Beziehungswesen. Unser Gott ist ein persönlicher Gott und ein Beziehungsgott.
Bitte nehmt das nicht als selbstverständlich. Denn das gibt es in keiner anderen Religion. Im Hinduismus findest du nie einen persönlichen Gott. Einen solchen gibt es dort nicht. Allah redet niemals von einer persönlichen, liebenden, beziehungsmäßigen Art und Weise des Umgangs – nie. Im Buddhismus handelt es sich eigentlich um eine Philosophie. Dort wirst du nie von einem liebenden, persönlichen Gott hören.
Nehmt das bitte nicht als selbstverständlich. Das ist das Einzigartige an Jesus Christus und an dem Gott, der sich in ihm offenbart hat – im dreieinigen Gott.
Und darum: Weil Gott ein persönliches Wesen und ein Beziehungswesen ist, muss Gott eine Dreieinigkeit sein. Die Dreieinigkeit gibt ja viel Anlass zur Debatte, zum Kopfzerbrechen und zum Bücherschreiben. Aber ich möchte jetzt gar nicht darauf eingehen, denn darüber gibt es viel zu sagen.
Ich möchte nur so viel sagen: Gott muss dreieinig sein. Wenn Gott kein dreieiniger Gott wäre, dann wäre er bankrott.
Die Notwendigkeit der Dreieinigkeit für die Liebe Gottes
Es ist wichtig, das zu verstehen. Ich erkläre es oft so: Wir glauben in der Bibel, dass Gott Liebe ist. Stimmt ihr da überein? Die Bibel sagt es zumindest zweimal im Johannesbrief: „Gott ist Liebe“. Außerdem wird die Liebe in vielen anderen Teilen der Bibel beschrieben. Darüber braucht man eigentlich kaum zu diskutieren. Wenn man die Bibel ernst nimmt, muss man sagen: Ja, Gott ist Liebe.
Das Zweite, was wir auch glauben, ist, dass Gott in sich selbst vollkommen ist. Stimmst du zu, dass Gott in sich selbst vollkommen ist? Die Bibel lehrt das ebenfalls.
Jetzt ist es so: Wenn Gott Liebe ist und wenn Gott in sich selbst vollkommen ist, dann muss er dreieinig sein. Warum? Weil ein Gott, der eine Monade wäre, also ein alleinstehender, einzelner Gott, nicht Liebe praktizieren könnte.
Ich will es so vereinfachen: Wenn ich als Mann oder du als Mädchen dastehst und sagst, ich bin so verliebt, was ist die offensichtliche Frage? Ja, in wen? Du kannst nicht einfach sagen: „Keine Ahnung, aber ich bin so verliebt.“ Das gibt es nicht.
Um Liebe auszuleben, um Liebe zu praktizieren, braucht es drei Dinge: Es braucht einen Liebhaber, es braucht eine Geliebte und es braucht den verbindenden Geist der Liebe. Denn seht ihr, zwei Menschen – auch wenn sie heterosexuell sind, also ein Männchen und ein Weibchen in einem Raum – heißt noch nicht, dass die beiden sich lieben. Sie können sich auch hassen.
Du brauchst also einen Liebhaber, einen Geliebten und einen verbindenden Geist der Liebe. Diese drei Dinge sind Voraussetzung dafür, dass Liebe praktiziert werden kann.
Warum muss Gott dreieinig sein, wenn er Liebe ist und vollkommen? Weil er Liebe und vollkommen ist.
Vergleich mit anderen Religionen und die Offenbarung Gottes in der Dreieinigkeit
Zidia, vielleicht hast du Freunde, die Moslems sind. Ich hoffe, du hast solche Freunde, die an Allah glauben. Dann kannst du deinen Freund einmal fragen: Ist Allah in sich selbst vollkommen? Er wird sicher sagen, selbstverständlich ist Allah vollkommen.
Du kannst ihn auch fragen: Ist Allah barmherzig? Ist er Liebe? Er wird mit Ja antworten. Dann kannst du ihn fragen: Wen hat Allah geliebt, bevor er den Menschen schuf? Hier wird er dir keine Antwort geben können, denn Allah ist eine Monade, ein einziger Gott, allein.
Wenn er dann sagt, ja, darum musste er den Menschen schaffen, um lieben zu können, dann hast du ein anderes Problem. Dann ist er nicht vollkommen in sich selbst. Wenn Gott in sich selbst vollkommen ist und wenn er Liebe ist, dann muss er in sich selbst lieben können.
Genau dieses Zeugnis haben wir über den Gott, der sich in der Bibel offenbart, in Christus. Nämlich dass der Vater den Sohn seit jeher geliebt hat und der Sohn den Vater geliebt hat durch den Heiligen Geist, den Geist der Liebe.
Das heißt, Gott musste keinen Menschen schaffen, um lieben zu können. Gott hat immer geliebt. Und Gott ist nicht Liebe wegen Johannes 3,16: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab.“ Deswegen ist Gott nicht Liebe.
Gott ist Liebe wegen Johannes 17,26, wo Jesus sagt: „Mein Vater hat mich geliebt vor der Grundlegung der Welt.“ Gott hat immer geliebt. Der Vater hat seinen Sohn geliebt, der Sohn den Vater.
Das heißt, Gott in sich selbst ist ein Beziehungswesen und ein persönliches Wesen.
Gottes Offenbarung durch Beziehungsnamen
Und darum, weil Gott so ist, offenbart er sich in der Bibel sehr oft durch Beziehungsnamen. Wir brauchen dazu gar keine Stellen aufzuschlagen, denn in der Bibel lernen wir, dass Gott sich uns gegenüber als Vater offenbart – als himmlischer Vater. Ein Vater ist ein Beziehungswesen, so zeigt sich Gott.
Zweitens lernen wir, dass Gott uns tröstet wie eine Mutter. Das kannst du in Jesaja 49,15 und Jesaja 66,13 nachlesen. Er tröstet uns wie eine Mutter.
Drittens offenbart sich Jesus uns als unser Bräutigam. Er ist der Bräutigam, wir sind die Braut – eine Beziehung zwischen Bräutigam und Braut.
Jesus sagt einmal im Hebräer 2,11-12: „Ihr seid meine Brüder.“ Das zeigt eine brüderliche Beziehung, wie zwischen Bruder und Schwester.
In Johannes 15 sagt Jesus außerdem: „Ihr seid meine Freunde.“ Das sind alles Beziehungsnamen, die beschreiben, dass Gott Beziehung will.
Dazu sind wir geschaffen. Übrigens dienen all diese Beziehungsbegriffe nur dazu, uns zu zeigen, dass wir Beziehungswesen sind.
Gottes Geschlechtslosigkeit und vielfältige Beziehungsrollen
Gott, bitte merkt euch das, falls ihr es noch nicht wisst: Gott ist nicht geschlechtlich. Gott ist weder Mann noch Frau. Gott ist Geist und weder weiblich noch männlich.
Doch Gott als Geist offenbart sich uns auf verschiedene Weise: als Vater, als tröstende Mutter, als leidenschaftlicher Verlobter, als hingegebener Freund und als treuer Bruder.
Ist euch aufgefallen, dass man nicht gleichzeitig Vater und Bräutigam sein kann? Ist euch das bewusst? Ebenso kann man nicht gleichzeitig Mutter und Bruder sein. Das funktioniert nicht.
Warum gebraucht Gott all diese Namen? Nur um zu zeigen, dass er Beziehung ist und mit uns in Beziehung treten will. Das ist der ganze Punkt.
Wenn man das verstanden hat, und das ist wesentlich und grundlegend für das Verständnis des Evangeliums, beginnt man zu verstehen, wer der Mensch ist.
Die Dreieinigkeit Gottes im Alten Testament
Übrigens ist die Dreieinigkeit Gottes, also dass Gott dreieinig ist, nicht nur eine beiläufige Tatsache in der Bibel, wie es manchmal angenommen wird. Sie ist bereits von Anfang an verankert.
Wenn du eine Bibel zur Hand hast, kannst du gerne 1. Mose 1,26 aufschlagen. Dort heißt es: „Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen in unserem Bild.“
Die Frage stellt sich: Wer ist „uns“? Wer ist „unser Bild“? Wenn Gott nur einer wäre, hätte es heißen müssen: „Ich mache Menschen nach meinem Bild.“ Aber es steht ausdrücklich: „Lasst uns Menschen machen nach unserem Bild.“
Ein weiteres Beispiel finden wir in 1. Mose 11,7, beim Turmbau zu Babel. Dort heißt es: „Wohl an, lasst uns herabfahren und dort ihre Sprache verwirren.“
Auch hier stellt sich die Frage: Wer ist „uns“? Wer fährt hinab? Es heißt nicht „Ich fahre hinab“, sondern „wir“.
Das hebräische Wort „Echad“ und seine Bedeutung
Und jetzt für die Theologen unter euch: Es kommt ja darauf an, denn wir sind alle verschieden gestrickt. Manche denken theologisch, manche philosophisch. Manche sagen: Wenn es in der Bibel steht, dann ist es so – auch gut.
Aber zum Beispiel wird oft gesagt, dass die Juden, die Israeliten, die gläubigen Israeliten an einen Gott glauben. Wer von euch war schon in Jerusalem? Ich sehe, einige von euch. Dann wart ihr wahrscheinlich bei der Klagemauer.
Dort haben viele Rabbiner der gläubigen Juden entweder ein Lederband mit einer kleinen Schachtel oder ein Stirnband mit einer kleinen Schachtel getragen. In dieser Schachtel befindet sich eine kleine Rolle mit einem Vers. Auf dieser Rolle stehen verschiedene Dinge, aber ein Vers steht immer darauf, nämlich 5. Mose 6,4. Schlagt ihn mal auf: 5. Mose 6,4.
Darauf gründen sie unter anderem, dass Gott ein einziger ist. 5. Mose 6,4 lautet: „Höre, Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr allein.“ Das ist das Schma Israel: Adonai Eloheinu, Adonai Echad. Höre, Israel, der Herr ist euer Gott, der Herr allein.
Und dieses Wort „allein“ sagen sie, zeigt, dass es ein Gott ist, der allein ist. Aber es ist faszinierend: Das hebräische Wort für „allein“ ist das Wort „Echad“. Dieses Wort wird an verschiedenen Stellen im Alten Testament verwendet. Ich zeige euch eine Stelle, es gibt viele, aber nur damit ihr es versteht: Zum Beispiel 1. Mose 2,24. Schlagt es mal auf.
Dasselbe Wort „Echad“ findet sich dort. Für Theologen, die theologisch denken, ist das extrem spannend. 1. Mose 2,24 lautet: „Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und sie werden ein Fleisch sein.“ Dieses Wort „ein Fleisch“ ist das Wort „Echad“ – genau dasselbe.
Es wird auch anders verwendet, wenn zwei zusammen eins werden oder mehrere zusammen eins werden. So wird dieses Wort verwendet. Das Wort „Echad“ bedeutet also eher „vereint“. Gott ist vereint.
Es gibt nämlich ein perfektes hebräisches Wort, wenn du beschreiben willst, dass jemand nur ein Einziger, ein Einzelner ist. Das lesen wir zum Beispiel in 1. Mose 22,2. Schlagt es noch mal auf. Das ist das Wort „Yachid“, nicht „Echad“, sondern „Yachid“.
1. Mose 22,2 lautet: „Und er sprach: Nimm deinen Sohn, deinen Einzigen.“ Das ist ein anderes Wort, „Yachid“. Hätte Gott sagen wollen, dass er nur ein Einzelner, ein Einziger ist, hätte er dieses Wort verwendet und nicht „Echad“.
Also nur um zu sagen: Die Dreieinigkeit, dass Gott ein vereinter Gott ist – Vater, Sohn, Heiliger Geist – lernen wir nicht erst aus dem Neuen Testament, sondern sie ist bereits im Alten Testament verankert.
Der Mensch als persönliches und beziehungsfähiges Wesen
Nachdem wir nun diesen Ausflug unternommen haben, um zu entdecken, wer Gott ist, wenden wir uns der Frage zu: Wer ist der Mensch?
Wenn wir im Ebenbild Gottes geschaffen sind und Gott ein persönliches sowie ein Beziehungswesen ist, dann wissen wir jetzt, wer der Mensch ist. Der Mensch ist ebenfalls ein persönliches Wesen und ein Beziehungswesen.
Übrigens wird dir mit zunehmendem Alter immer deutlicher, dass der Mensch auf Beziehung angelegt ist. Das Einzige, was im Leben wirklich bleibt, sind deine Beziehungen. Erfolg zu haben kann durchaus spannend sein, das steht außer Frage. Doch letztlich wird dir Erfolg nicht das Leben schenken.
Geld zu verdienen ist eine schöne Sache, und dagegen ist auch nichts einzuwenden. Aber darin wirst du nicht den letzten Sinn oder die endgültige Erfüllung des Lebens finden. Es wird immer eine Leere bleiben.
Das, was dich wirklich ausmacht, sind deine Beziehungen. Deshalb möchte ich dir gleich zu Beginn sagen: Wenn du weise bist, dann lerne, in Beziehungen zu investieren – mehr als in alle anderen Dinge des Lebens. Denn Beziehung ist Leben.
Hans Joachim Eckstein, der in den letzten Jahren oft zitiert wurde, sagt diesen Satz: Der Mensch hat nicht Beziehungen neben anderen Dingen im Leben, sondern der Mensch ist Beziehung.
Das muss man erst einmal in seiner Tiefe verstehen. Aber es wird klar, wenn ich verstehe, wer Gott ist. Gott ist Beziehung, und Gott ist persönlich – und genau das ist es, was ich als Mensch bin.
Vertikale und horizontale Beziehungsebenen
Ich sage immer, es gibt zwei verschiedene Beziehungsebenen: die vertikale Beziehung zu Gott und die horizontalen Beziehungen untereinander. Das sind die zwei Beziehungsebenen, die übrigens ein Kreuz ergeben, in denen wir stehen und leben.
Leben an sich bedeutet Beziehung. Wenn eine Beziehung endet, nennt die Bibel das den Tod. Das ist wichtig zu verstehen. Was bedeutet Tod? Tod bedeutet in der Bibel in erster Linie der Zerbruch einer Beziehung. Das ist der Tod. Warum? Weil Beziehung Leben bedeutet. Der Bruch einer Beziehung bedeutet dann den Tod.
Darum verweist es auch auf Genesis 2, Vers 17. Im 1. Mose 2, Vers 16 und 17 lesen wir: „Und Gott, der Herr, gebot dem Menschen und sprach: Von jedem Baum des Gartens darfst du essen, aber vom Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen darfst du nicht essen; denn an dem Tag, da du davon isst, musst du sterben.“
Ist euch aufgefallen, dass Adam und Eva nicht sofort gestorben sind, nachdem sie von diesem Baum gegessen hatten? Es lagen keine zwei Leichen unter dem Baum. Sie haben weitergelebt – vielleicht nicht so fröhlich, aber sie haben weitergelebt.
Warum hat Gott dann gesagt, dass sie sterben würden? Weil an dem Tag, an dem sie von der Frucht aßen, ihre Beziehung zu Gott zerbrochen war. Und der Zerbruch einer Beziehung ist biblisch gesehen der Tod.
Das heißt: Leben hast du nur in Beziehungen. Das ist das Wesen des Menschen.
Identität durch Beziehungen
Was dich ausmacht, ist, wenn du sagst: „Ich bin das Kind von diesem Mann, von dieser Frau. Das ist meine Mutter, mein Vater, das bin ich.“
Ich bin der Freund von diesem Menschen da drüben. Das ist mein Freund, mit dem teile ich auch meine Gefühle, mein Leben. Ich bin Vater zu diesem kleinen Kind. Das ist meine Beziehung. Das ist, was du bist: ein Beziehungswesen.
Das Problem in unserer Gesellschaft ist, dass wir glauben, wir sind das, was wir leisten. Das merkt man oft bei der Vorstellungsrunde. Am Dauernhof ist es ja ähnlich wie hier, aber wir sind ein bisschen kleiner. Wir können nur 85 Gäste aufnehmen. Das geht sich gerade noch so von der Größe her aus, dass jeder sich kurz vorstellt.
Da stellen sich die Leute vor: „Ja, ich bin so und so aus Hamburg und ich bin Sekretär.“ Okay, gut. Der Nächste steht auf: „Ja, ich bin aus Bremen und ich bin Busfahrer.“ Okay, schön, dass du da bist. „Ja, und ich bin aus Stuttgart und ich bin Doktor der Medizin.“
Versteht ihr, was ich meine? Da ist immer beruflich irgendetwas, das irgendwie anerkannter ist, oder was studierter erscheint, mehr Einkommen bringt oder mehr Prestige. Und da werden wir dann Menschen. Dementsprechend verhalten wir uns gegenüber diesen Menschen: dem mit ein bisschen mehr Respekt, dem mit ein bisschen weniger.
Nur das ist völlig falsch. Das ist nicht das biblische Menschenbild. Das ist das Menschenbild unserer Gesellschaft, aber nicht das von der Bibel. Darum ist es so wesentlich, uns auf die Wahrheit zu besinnen. Wir glauben, Gott ist Wahrheit. So entdecken wir, wer ich bin, und dass ich entdecke, wer der andere ist.
Identität durch die Liebe Jesu
Ein Satz von Johannes, einem der Jünger Jesu, ist besonders schön. Er bezeichnet sich selbst als den Jünger, den Gott lieb hat. Das finde ich großartig.
Johannes sagt: „Ich bin einer der Jünger, die immer im engeren Kreis mit Jesus waren.“ Oft waren wir zu dritt oder zu viert mit ihm, weil wir etwas Besonderes waren. Er sagt aber nur: „Willst du wissen, wer ich bin? Ich bin der, den Jesus lieb hat.“ Das ist das Größte, was man sagen kann.
Das gibt dir Sicherheit und Wert. Seht ihr das so? Wenn du versuchst, durch Leistung etwas zu sein, musst du immer Leistung bringen. Wenn du sie nicht mehr erbringst, wirst du zum Fußvolk. Das erzeugt Druck.
Wenn ich aber verstanden habe, dass ich nicht wertvoll bin, weil ich etwas leiste, sondern – wie Johannes sagt – weil Jesus mich liebt, dann bin ich wertvoll. Johannes sagt: „Ich bin der, den er lieb hat.“ Darum bist du wertvoll.
Dann bist du endlich frei. Du musst nicht dauernd herumlaufen, um etwas zu beweisen. Du kannst entspannt sein und sagen: „Ich bin wertvoll.“ Und das ist der Mensch nach dem biblischen Bild.
Ermutigung zur Wachheit und Abschlussgebet
Und was ist das für eine Auszeit jetzt? Du sagst das an, und bevor wir diese Zeit beginnen, möchte ich euch einfach ermutigen: Frage dich in dieser Zeit, bin ich wach? Atme tief ein, das hilft oft. Erkenne: So wie ich jetzt einatme, so ist Gott gegenwärtig. Bist du wach?
Hebe deine Augen auf, dreh sie nicht nach innen, sondern nach außen. Erkenne die Realität, in der du lebst, nicht nur dein beschränktes Ich, wenn du nach innen schaust. Erkenne dich als den, den Jesus liebt, denn das ist, was der Mensch ist: ein Beziehungswesen zu Gott, geschaffen, um Gott zu lieben und von ihm geliebt zu werden.
Ich möchte noch beten: Lieber Vater, ich danke dir so sehr dafür, dass du ein persönlicher Gott bist. Du bist nicht nur eine Kraft oder eine Weisheit oder eine Größe irgendwo im Universum, sondern du bist ein persönlicher Gott. Das hast du bewiesen, indem du Mensch geworden bist, ganz persönlich. Du hast dich in unserem Menschsein eingelebt. Du verstehst, wo wir sind, wo wir stehen, in unseren Freuden und in unseren Tränen.
Und Herr, ich danke dir, dass du ein Beziehungswesen bist, der bereits in sich selbst in Beziehung lebt als der dreieinige Gott. Der Vater hat den Sohn immer geliebt und umgekehrt. So dürfen auch wir in Beziehung zu dir stehen. Darum bitte ich, dass wir erkennen, dass du in jedem Moment da bist und mit uns in Beziehung treten möchtest.
Ich bitte, dass wir dieses Geheimnis deiner Gegenwart entdecken. Herr, segne unsere Zeit alleine. Lass uns ehrlich sein, wir möchten ehrlich sein vor dir, im Wissen, dass du uns willst, uns erwartest und dich über uns freust. Amen.