Einführung: Fußballweisheiten als Einstieg
Ich weiß nicht, ob es bei euch Fußballfans gibt. Ich weiß auch nicht, ob Österreicher überhaupt Fußballfans sein können. Es gibt so verschiedene typische Fußballsprüche und Fußballweisheiten.
Der schon historische deutsche Fußballtrainer Sepp Herberger soll einmal gesagt haben: „Der Ball ist rund und das nächste Spiel ist immer das schwerste.“ Das ist ein sehr intelligenter Spruch. Die meisten Fußballsprüche sind hochintelligent.
Ich möchte heute aber mit zwei Fußballweisheiten beginnen, die außerhalb der Fanszenen wahrscheinlich nicht so bekannt sind – oder allgemeiner gesagt, Sportweisheiten. Ich glaube, die zweite ist nicht einmal typisch Fußball.
Die erste Weisheit lautet: Es ist besser, sieben Spiele mit 1:0 zu gewinnen als ein Spiel mit 7:0. Wenn ihr darüber nachdenkt, werdet ihr sehen, dass das eine Logik hat. Du kannst nicht in einem Spiel in Euphorie reinspielen, 7:0 gewinnen und dann in deiner Euphorie und Feierlaune so untergehen, dass du die nächsten sechs Spiele verlierst. Das ist einfach schlecht für die Tabelle. Dann nützt dir das 7:0 fast gar nichts.
Ein typischer Sportspruch, der eher aus der amerikanischen Sportszene stammt, lautet: „Die Offensive gewinnt Spiele, aber die Defensive gewinnt Meisterschaften.“ Das ist eigentlich sehr ähnlich. Du kannst eine super Offensive haben und viele Spiele gewinnen, zum Beispiel 4:3 oder 5:3. Aber wenn du eine schlechte Defensive hast, wirst du nicht die nötige Stabilität besitzen.
Du wirst dann auch mal Spiele 3:1 oder 4:1 verlieren, wenn deine Defensive nicht steht. Mit der Taktik, nur auf Offensive zu setzen, wirst du keine Meisterschaft gewinnen. Du wirst Spiele gewinnen und die Zuschauer in diesen Spielen in Euphorie versetzen. Aber am Ende der Saison wirst du nicht erfolgreich sein.
Die Offensive gewinnt Spiele, aber die Defensive gewinnt Meisterschaften.
Übertragung der Fußballweisheiten auf das Gemeindeleben
Warum sage ich das? In den letzten Generationen, übertragen auf das Gemeindeleben, betonen wir, dass Evangelisation total wichtig ist. Das möchte ich gar nicht abstreiten oder abschwächen. Es ist wirklich wichtig, dass Menschen in unserer Umgebung das Evangelium hören, dass sie durch das Evangelium erreicht werden, zum Glauben kommen und in die Gemeinde aufgenommen werden.
Aber was ich sagen möchte, ist Folgendes: Wenn ihr das Neue Testament lest, vor allem die Briefe, dann wird immer wieder deutlich, dass es nur sehr wenige Aufforderungen zur Evangelisation gibt. Man kann sagen: Jesus hat dazu aufgefordert, und das reicht für immer. Es gibt viele Stellen, die sich damit beschäftigen, das, was da ist, zu verteidigen – Christen vor Irrlehren und schlechten Einflüssen zu schützen.
Das ist wichtig, denn wenn du voll auf Evangelisation setzt – und das ist super – und im Jahr kommen fünf neue Leute in die Gemeinde, aber im gleichen Zeitraum verlassen zehn Leute die Gemeinde und wenden sich der Welt oder extremen religiösen Gruppen zu, dann hat die Gemeinde langfristig ein Problem. Wenn du jedes Jahr fünf Leute durch das Evangelium gewinnst, aber zehn Leute verlierst, entsteht auf Dauer ein Problem.
Darum lautet das Thema heute, passend zum ersten Vortrag, auch ein Fußballspruch: Die Null muss stehen. Es geht nicht nur darum, Menschen zu gewinnen, sondern auch darum, dass Menschen stabil bleiben. Dass sie nicht von jedem Wind der Lehre weggeweht werden und dass sie nicht nach und nach aus der Gemeinde herausfallen und verschwinden.
Rückblick auf die ersten Kapitel des Philipperbriefs
Wir haben die ersten beiden Kapitel des Philipperbriefs betrachtet. Dabei ging es vor allem um die Gläubigen in Philippi. Paulus ist begeistert von dieser Gemeinde. Er sagt: „Bitte für euch alle mit Freude.“ Es ist wirklich eine Freude, an euch zu denken. Es bereitet Freude, an die Gelegenheiten zu denken, bei denen er sie gesehen hat, aber auch an vieles, was er von ihnen gehört hat. Er hat sie alle im Herzen.
Gleichzeitig haben wir gesehen, dass es in den ersten beiden Kapiteln sehr stark darum ging, dass Paulus Bauchschmerzen hatte. Er hatte den Eindruck, dass viele in der Gemeinde so auf ihre eigenen Interessen bedacht sind, dass das Miteinander dadurch schwierig wird. Viele schauen auf ihr eigenes Image, auf das Ansehen, das sie haben. Sie wollen gerne im Vordergrund stehen, geliebt oder bewundert werden – was auch immer.
In Kapitel drei wird es noch einmal um ein ähnliches Thema gehen, allerdings etwas verschoben. Es geht um Menschen, die sehr stark auf diese Erde, auf das Irdische und auf das, was man Schönes auf dieser Erde haben kann, fixiert sind. Das ist ein verwandtes Thema: Man schaut auf die eigenen Interessen und darauf, was man von diesem Leben irgendwie mitnehmen kann.
Am Anfang von Kapitel drei gibt es jedoch so etwas wie einen Schnitt im Brief. Man kann sagen, dass das erste große Thema, um das es in den ersten beiden Kapiteln ging, vorübergehend abgeschlossen ist. Paulus kommt darauf zurück, und man merkt, dass es eigentlich sein zentrales Thema in diesem Brief ist. In Kapitel drei geht er jedoch noch eine Ebene tiefer und beginnt damit das zweite große Thema im Philipperbrief.
Die Herausforderung durch falsche Lehren in der Gemeinde
Ein Thema, das zu dieser Zeit immer wieder auftauchte, waren Menschen, die mit eigenen Lehren, eigenen theologischen Vorstellungen und einer eigenen Mission unterwegs waren. Heute gibt es in der Christenheit ebenfalls verschiedene Strömungen. Die meisten Menschen sind heute nicht zu Fuß oder mit dem Auto unterwegs, sondern im Internet. Auch im ersten Jahrhundert gab es eine Art „Internet“, das zwar anders funktionierte, aber im Grunde ähnlich war. Es gab Missionsbewegungen, Menschen, die Anhänger gewinnen wollten.
Heute gibt es viele verschiedene Themen. Man kann sich eine verrückte Lehre ausdenken, die man selbst völlig abwegig findet, und diese auf zwei Bibelstellen aufbauen, die man falsch versteht. Wenn man lange genug im Internet sucht, findet man garantiert jemanden, der diese Lehre ernsthaft vertritt. Das ist einfach so: Man findet alles. Jeder kann sich die Lehre aussuchen, die ihm gefällt, es gibt eine große Vielfalt.
Im ersten Jahrhundert war das etwas eingeschränkter. Natürlich gab es auch damals verrückte Lehren – im Kolosserbrief werden solche Beispiele erwähnt – aber insgesamt war die Vielfalt begrenzter. Die Menschen, die unterwegs waren, behaupteten oft, dass das mosaische Gesetz, das alttestamentliche Gesetz, das Gott auf dem Sinai seinem Volk gegeben hat und das in den fünf Büchern Mose niedergeschrieben ist, nicht nur das sei, was rettet, sondern auch das, was das Leben der Gläubigen prägen sollte.
Man kann es auf zwei große Themen reduzieren. Das erste Thema war Reinheit. Gott hat moralische Ansprüche, die in vielen Gesetzen und Regeln festgelegt sind. Für Christen, die denselben Gott wie die Juden anbeten, ist es wichtig, rein zu sein. Das würden wir alle unterschreiben: Moralische Reinheit ist für Gott wichtig. Aber damals wurde das auf viele Regeln des Alten Testaments ausgeweitet. Es ging um Reinheit in dem, was man ist.
So hieß es zum Beispiel, man dürfe nicht plötzlich Langusten oder Schweinefleisch essen, weil das im Alten Testament verboten sei. Man sollte nicht einfach irgendein Fleisch auf dem Markt kaufen, ohne zu wissen, woher es kommt und was vorher damit passiert ist. Reinheit war auch wichtig in Bezug auf das, was man zu sich nimmt, denn das wird Teil des Körpers und der Substanz. Man sollte nicht alles essen.
Außerdem sollte man nicht mit Menschen zusammen sein, die vielleicht am Tag zuvor im Bordell waren, weil das unrein mache. Man musste darauf achten, mit wem man Zeit verbringt. Reinheit war ein zentrales Thema.
Das zweite große Thema, abgeleitet vom mosaischen Gesetz, war Zugehörigkeit. Es wäre doch toll, wenn alle, die diesen Gott verehren – denselben Gott, den die Juden schon immer verehren – eine Einheit bilden würden. Die Juden zeigen ihre Zugehörigkeit zu Gott durch die Beschneidung der Männer. Bei den Judenchristen war das ebenfalls üblich.
Wäre es nicht richtig und cool, wenn auch die Christen aus heidnischem Hintergrund sich beschneiden ließen? Dann wären alle, die zu diesem einen Gott gehören, eine Einheit. Das wäre die perfekte Ökumene, so dachte man damals.
Diese Themen prägten die damalige Zeit. Paulus schrieb den Philipperbrief vermutlich zu einer Zeit, als diese Fragen in Philippi noch nicht so brennend waren. Für ihn persönlich waren sie es jedoch, weil er sah, dass solche Leute unterwegs waren. Im Kolosserbrief wird deutlich, dass solche Lehren dort Probleme verursachten.
Paulus war verärgert darüber, dass Gemeinden, die er oder seine Mitarbeiter als Werkzeuge Gottes, Jesu und des Heiligen Geistes gegründet hatten, durch diese Lehren zerstört wurden. Gläubigen wurden Regeln auferlegt, die ihr Leben eng und freudlos machten. Das ließ ihn nicht kalt.
Im Philipperbrief klingt das manchmal aggressiv, und das hatte einen Grund. Es war für Paulus ein echtes Problem. Seit Beginn seiner Missionsarbeit, besonders in Galatien, hatte er sich mit solchen Themen auseinandersetzen müssen. Im Galaterbrief geht es genau um diese Probleme: Leute kamen nach Paulus‘ Weggang und brachten solche Lehren in die Gemeinden.
Auch in Antiochien, wo Paulus mit Barnabas seine erste Lehrtätigkeit hatte und eine Gemeinde aufbaute, tauchten diese Themen auf. In seinen späteren Briefen, wie dem Ersten Timotheus- oder Titusbrief, merkt man, dass diese Themen ihn sein Leben lang begleiteten.
Diese Menschen, die junge christliche Gemeinden ansprachen, gehörten zu ihrem Beuteschema. Sie versuchten, Menschen zu fangen, die sich zum Christentum wandten. Paulus warnte davor und rief die Verantwortlichen in den Gemeinden dazu auf, wachsam zu sein.
Schon im ersten oder zweiten Satz seiner Briefe bindet er die Gemeindeleitung mit ein. Er fordert sie auf, darauf zu achten, was im Umfeld der Gemeinde passiert, für die sie verantwortlich sind. Gleichzeitig möchte er alle Geschwister sensibilisieren für das, was geschieht.
Warnung vor falschen Lehrern und deren Methoden (Philipper 3,2-3)
Und ich fange jetzt mal an nach dieser langen Vorrede, und wir lesen mal Philipper 3,2-3.
„Seht auf die Hunde, seht auf die bösen Arbeiter, seht auf die Zerschneidung!“ Das sind keine freundlichen Ausdrücke für diese Leute, die um die Gemeinde herum sind und solche Lehren verbreiten. Übrigens beginnen alle drei Ausdrücke, die Paulus verwendet, im Griechischen mit dem Buchstaben K – nur eine kleine Nebenbemerkung.
Paulus nennt sie Hunde. Und Hunde waren damals keine Haustiere. Wenn du heute in den Orient reist, sind Hunde meist keine Haustiere. Vielleicht gibt es einige Hunde im Zusammenhang mit dem Hirtenwesen, aber die meisten sind verwildert und leben außerhalb der Städte. Wenn sie sich zu Rudeln zusammenschließen, kann das unangenehm werden.
Im jüdischen Sprachgebrauch waren Hunde ein typischer Ausdruck für unreine Tiere. Auch Heiden wurden als Hunde bezeichnet. Das waren die, die außerhalb der jüdischen Gemeinschaft standen – so wie die Hunde außerhalb der Dörfer und Städte lebten und als unrein galten. Man sollte möglichst keinen direkten Kontakt zu ihnen haben.
Paulus sagt, diese Leute wollen euch anlocken. Sie möchten euch einreden, dass ihr gerade außerhalb der jüdischen Gemeinschaft steht, außerhalb der Gemeinschaft dieses Gottes, den die Juden schon immer verehren. Sie wollen euch glauben machen, dass sie drin sind und rein, weil sie alle Gesetze befolgen. Ihr aber seid unrein, weil ihr das nicht tut.
Paulus sagt es genau umgekehrt: Sie sind unrein in ihren Motiven. Sie wollen Menschen stehlen, so wie diese Hunde, die sich zu Rudeln zusammengeschlossen haben und versuchen, etwas aus dem Dorf zu stehlen. Sie sind die Unreinen, sie sind draußen. Lasst euch nicht einreden, dass es andersherum ist. Sie sind die Hunde. Ihr seid in der Gemeinde und müsst darauf achten, dass diese Gemeinde ein Ort der Geborgenheit bleibt. Passt vor ihnen auf!
Der zweite Ausdruck lautet: „Seht auf die bösen Arbeiter.“ „Arbeiter“ ist ein Synonym, das wir auch heute noch verwenden, zum Beispiel „Arbeiter im Werk des Herrn“. Damals war „Arbeiter“ ein Ausdruck für Missionare, ein Fachbegriff, den man zur Verkürzung manchmal benutzte.
Paulus sagt, diese Leute benehmen sich wie christliche Missionare, wie Menschen, die andere gewinnen wollen. Sie sind Arbeiter. Sie setzen Energie in ihre Arbeit. Aber es sind keine guten Arbeiten, sondern böse Arbeiten, sagt Paulus. Warum? Sie bauen etwas auf, das nicht gut ist. Sie versuchen, euch etwas attraktiv zu machen, das eigentlich falsch ist.
Dabei versuchen sie nicht, Menschen zu gewinnen, die noch nicht gläubig sind. Stattdessen zerstören sie bestehende Bauwerke. Es ist, als ob jemand ein Haus baut, der Rohbau fast fertig ist, und ein anderer kommt und nimmt Steine weg, die schon verbaut wurden. Das sind böse Arbeiter. Paulus sagt, genau das passiert hier.
Sie versuchen, Steine aus dem Bau der Gemeinde herauszunehmen, um ihr eigenes Ding zu machen. Wie eine wilde Hunderotte versuchen sie, die Schwachen und Kranken, deren Glaube nicht stabil ist, aus der Herde, aus dem Dorf zu stehlen und herauszureißen. Passt auf, was in eurer Umgebung geschieht. Das kann eure Gemeinde schädigen und vor allem die Schwachen in der Gemeinde gefährden.
Als Drittes nennt Paulus sie „die Zerschneidung“. Das ist schon Ironie oder Zynismus, denn es waren Leute, die die Beschneidung lehrten. Sie behaupteten, sie würden die Einheit des ganzen Volkes Gottes herstellen. Ökumene ist immer ein sehr verlockendes Konstrukt im ersten Moment, aber Paulus sagt: In Wirklichkeit ist es Zerschneidung. Sie zerschneiden die Einheit des wahren Volkes Gottes.
Mit dem Argument, eine höhere Einheit herstellen zu wollen, zerstören sie die Einheit in den Gemeinden. Und da Gott die Beschneidung für Heidenchristen gar nicht wollte, ist das sogar eine Art Verstümmelung, die sie lehren. Nichts gegen Beschneidung, wenn sie aus medizinischen Gründen notwendig ist, aber als religiöser Ausdruck ist sie nicht das, was Gott von Heidenchristen möchte.
Die wahre Bedeutung der Beschneidung im Glauben
Paulus fährt fort, nachdem er zuvor recht scharfe Worte über das Geschehen um die Gemeinden herum gefunden hat und darauf hinweist, worauf man achten muss, wenn man sich irgendwie verantwortlich fühlt. Heute sind die Themen oft andere, dennoch ist es bemerkenswert, wie deutlich Paulus auf Menschen reagiert, die letztlich die Gemeinde Gottes durch ihr Lernen und Handeln zerstören.
In Vers 3 sagt er: „Denn wir sind die Beschneidung, die wir durch den Geist Gottes dienen und uns Christi Jesu rühmen und nicht auf Fleisch vertrauen.“ Obwohl wir uns körperlich nicht beschneiden lassen, sind wir in Wirklichkeit die Beschneidung. Paulus selbst war körperlich beschnitten, er war Jude. Doch den Menschen, die sich aus dem Heidentum durch Ehe bekehrt hatten, lehrte er keine Beschneidung, und sie ließen sich auch nicht beschneiden.
Was meint Paulus also mit „Wir sind die Beschneidung“? Um das zu verstehen, müssen wir uns kurz vor Augen führen, woher diese Beschneidung ursprünglich stammt. Diese religiöse Tradition, die Gott Israel vorgeschrieben hatte, geht auf eine Zeit zurück, in der Israel als Volk noch gar nicht existierte. Sie stammt aus dem Leben des Erzvaters Abraham, dem Gott einen Sohn verheißen hatte – als Nachkommen, auf den der Segen Gottes übergehen sollte. Aus dieser Nachkommenschaft sollte irgendwann das Volk Gottes entstehen.
Abraham und seine Frau Sarah wurden von Gott ein Sohn verheißen. Das Problem war nur, dass sie schon alt waren und immer älter wurden. Es schien kaum noch vorstellbar, dass sie in hohem Alter noch Kinder bekommen würden. Irgendwann verlor Abraham die Geduld und sagte, er bekäme einfach keine Kinder. Mit Sarahs Einverständnis – es klingt sogar so, als wäre es ein Stück weit ihre Idee gewesen, obwohl sie später nicht mehr dazu stand – zeugte er mit einer Magd, einer Sklavin, ein Kind. Doch das war nicht Gottes Weg.
Gott hatte eine Verheißung gegeben, und Abraham suchte einen Weg, diese Verheißung zu erfüllen – auch wenn dieser Weg gegen alle biologischen Regeln verstieß. Doch Gott sagte: „Nein, das ist nicht mein Weg.“ Das war eine menschliche Idee. Einige Jahre später schloss Gott einen neuen Bund mit Abraham. Abraham und Sarah bekamen tatsächlich den versprochenen Sohn.
Als Zeichen dieses Bundes ließ Gott Abraham und seine männlichen Nachkommen sowie die männlichen Angehörigen seines Hauses beschneiden. Dabei wurde an ihrem männlichen Geschlechtsorgan ein Stück Haut entfernt, das nicht unbedingt notwendig war. Dieses Zeichen sollte sie jedes Mal daran erinnern, dass Gottes Wege nicht durch menschliche Möglichkeiten verwirklicht werden, sondern durch seine Verheißung.
Die Beschneidung war also ein Zeichen, das daran erinnern sollte, dass menschliche Wege – das „Ich finde schon einen Weg, ich mache es einfach“ – nicht Gottes Weg sind. Stattdessen soll ein Gläubiger auf Gott und seine Möglichkeiten vertrauen.
Zurück zur Ausgangsfrage: Warum schreibt Paulus „Wir sind die Beschneidung“? Wenn man darüber nachdenkt, kommt man auf die Idee, warum er das schreibt. Er sagt, wir verwirklichen in unserem Glauben und in dem, was uns überzeugt, die ursprüngliche Idee der Beschneidung.
Wir vertrauen nicht auf das, was wir menschlich haben oder leisten können. Wir vertrauen nicht auf unsere Abstammung – etwa darauf, Israeliten zu sein und dadurch auf der richtigen Seite zu stehen. Wir vertrauen nicht auf äußere Handlungen wie Reinheitsgebote, das Fernhalten von bestimmten Leuten oder die körperliche Beschneidung. Wir sagen nicht, dass uns das zu Gott bringt.
Wir vertrauen auch nicht auf die genaue Einhaltung von Regeln oder unser persönliches Engagement für die Rettung. Das war ursprünglich genau die Idee der Beschneidung: Wir vertrauen nicht auf unsere Möglichkeiten.
Paulus sagt deshalb, dass wir eigentlich die Beschneidung repräsentieren – gerade weil wir uns nicht körperlich beschneiden lassen. Das, was damals als Beschneidung praktiziert wurde, ist heute, so Paulus, vor allem außerhalb des ursprünglichen Judentums das Zeichen für das Vertrauen auf menschliche Möglichkeiten. Man lässt sich ein Stück Haut abschneiden, um zu Gott zu gehören, zum Volk Gottes zu gehören oder in die Rettung zu kommen.
Paulus sagt, wir repräsentieren die Idee der Beschneidung, während diejenigen, die sich körperlich beschneiden lassen, diese Idee gerade nicht vertreten. Im Gegenteil: Sie setzen wieder auf ein menschliches Ritual, um zu Gott zu kommen. Sie vertrauen auf das Fleisch.
In Vers 4 sagt Paulus: „Ich vertraue nicht auf Fleisch.“ Am Ende von Vers 3 heißt es: „Wir vertrauen nicht auf Fleisch.“ Wir vertrauen also gerade nicht auf menschliche Möglichkeiten oder Anstrengungen. Wir wissen, dass wir Gott nichts bringen können. Wir wissen, dass wir Gnade, Rettung und Hilfe von Gott brauchen.
Wir vertrauen nicht auf Fleisch. In Vers 3 heißt es weiter: „Wir rühmen uns Christi.“ Wir rühmen uns nicht unserer eigenen Leistung. Wir sind nicht stolz darauf, was wir vollbracht haben, wie wir zu Gott gekommen sind oder wie wir es schaffen, Gott zu gefallen. Wir sind nicht stolz darauf, dass Gott kaum eine andere Wahl hat, als uns anzunehmen, so gut wie wir inzwischen sind.
Stattdessen rühmen wir uns Christi, sagt Paulus. Wir sind stolz auf unseren Retter – in einer guten Weise. Das ist es, was uns kennzeichnet.
Der erste Punkt in Vers 3 lautet: „Die wir durch den Geist Gottes dienen.“ Wir denken nicht, dass wir Gottes Gedanken erfüllen oder ihm nahekommen können, indem wir irgendwelche religiösen Rituale ausführen. So wie es diese Leute versuchen, die euch weismachen wollen, dass das wichtig ist.
Wir dienen Gott nicht in erster Linie durch festgelegte Rituale, sondern durch seinen Geist, der uns führt und immer wieder zeigt, was Gott gerade möchte, wie Gott wirklich „tickt“ und wie man ihm wirklich gefallen kann.
Paulus sagt, diese Leute, die versuchen, Menschen aus den Gemeinden wegzuholen, verkündigen das Gegenteil von dem, was uns prägt. Sie vertrauen auf das Fleisch, rühmen sich ihrer eigenen Handlungen und dienen Gott durch Rituale.
Wir dagegen dienen Gott durch den Geist. Wir sind nicht stolz auf uns, sondern auf Christus. Wir vertrauen nicht auf unsere Möglichkeiten, sondern auf Gottes Rettung und Hilfe.
Deshalb repräsentieren wir letzten Endes die Idee, die ursprünglich in der Beschneidung stand. Lasst euch nichts anderes einreden.
Paulus’ eigene Biografie als Beispiel (Philipper 3,4-6)
In Vers 4 und 5 schreibt Paulus zunächst kurz über sich selbst und dann ausführlicher in diesem Kapitel. Es geht darum, dass Verdacht aufkommt. Diese Christen sind nur gegen diesen Weg – gegen diesen Weg, der davon ausgeht, von wem man abstammt, was man tut und wie engagiert man ist. Sie sind skeptisch, weil sie selbst nichts Vergleichbares vorweisen können.
Es ist oft so: Wenn jemand sagt, „Das habe ich geleistet und das habe ich geleistet“, und wir dem nichts entgegensetzen können, weil wir denken, wir seien die Verlierer, dann sagen wir schnell, dass dieser Weg eigentlich schlecht, blöd oder sinnlos sei. In Wirklichkeit ist es nur die Erkenntnis, dass wir selbst die Verlierer sind. Das kann passieren.
Paulus fragt sich, ob er deshalb so kritisch gegenüber diesen Leuten ist, weil sie „cool“ sind und er selbst ein Verlierer. Ist das nur Neid? Dann schaut er sich selbst an: „Wie ist es bei mir?“ Er sagt, er habe auch Grund, auf das Fleisch zu vertrauen – vielleicht sogar mehr als jeder andere. Wenn jemand meint, auf seine Abstammung, sein Engagement oder seine Leistung vertrauen zu können, dann solle man ihn mit Paulus vergleichen. Paulus glaubt, dass er mehr Gründe dafür hat.
Er ist beschnitten am achten Tag, genau nach der ältesten Menschenvorschrift. Er ist nicht gegen die Beschneidung, weil er Angst davor hätte, sondern er ist beschnitten. Er gehört zum Geschlecht Israels, dem Stamm Benjamin. Seine Abstammung kann er genau herleiten. Es ist nicht vage, sondern er kann sagen, über welche Stationen er ein Israelit ist.
Paulus beschreibt sich als „Hebräer von Hebräern“. Er stammt aus einer Familie, die viel Wert auf jüdische Traditionen gelegt hat – wahrscheinlich sogar mehr als viele, die in Israel selbst aufgewachsen sind. Seine Familie war in Tarsus in der Diaspora groß geworden, in einer jüdischen Kolonie. Ihr kennt das: Deutsche im Ausland sind oft „deutscher“ als viele in Deutschland selbst. So ähnlich war es auch bei Paulus’ Familie. Sie hielt jüdische Traditionen hoch, die Paulus übernommen hat.
Was das Gesetz betrifft, gehörte Paulus zu den Pharisäern. Diese Gruppe im Judentum legte großen Wert darauf, das Gesetz ernst zu nehmen. Sie wollten möglichst viele Menschen zum ursprünglichen Judentum zurückbringen, so wie es ursprünglich gemeint war. Paulus schloss sich ihnen an, weil er dasselbe Anliegen hatte: das ursprüngliche biblische Judentum wieder aufzurichten und zu leben. Viele der heutigen Gegner hätten sich wohl nicht so ernsthaft für das Gesetz einsetzen können.
Paulus sagt, das sei noch nicht alles. In Vers 6 berichtet er vom Eifer, mit dem er die Versammlung verfolgt hat. Er nennt sich einen „Zeloten“. Politisch gesehen waren Zeloten Leute, die Guerillakrieg gegen die römische Besatzung führten. Paulus sagt, seine Waffe sei nicht das Schwert gewesen, aber geistig war er mindestens ebenso eifrig. Sein Gegner waren nicht die Römer, sondern die Christen, von denen er glaubte, dass sie den jüdischen Glauben und die Tradition zerstörten.
Er war so eifrig, dass er Christen verfolgte. Wenn man nachliest, was er alles getan hat, sieht man, dass er Menschen mit Waffengewalt gezwungen hat, den christlichen Glauben zu verleugnen. Er sorgte dafür, dass Christen ins Gefängnis kamen. Wenn jemand deswegen zum Tode verurteilt wurde, hat er dafür gestimmt. Paulus sagt, er war so eifrig für den jüdischen Glauben, dass sich niemand mit ihm vergleichen konnte – auch nicht mit dem Missions-Eifer der Christen.
Dann spricht Paulus über die Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz kommt. Er wurde für untadelig befunden. Niemand konnte ihm nachweisen, dass er ein Gesetz übertrat oder nicht hielt. Das betrifft sein äußeres Verhalten, nicht seine Gedanken oder Motive, die niemand prüfen konnte. Aber äußerlich konnte ihm niemand etwas vorwerfen.
Paulus fragt: Wer von den Leuten, die euch gerade zum Judentum zurückbringen wollen, kann das von sich sagen? Es ist also nicht so, dass Paulus neidisch ist, weil sie etwas haben, was er nicht hat. Das ist nicht der Grund seiner Kritik. Wenn er sich ihnen anschließen würde, wäre er im Top-Rang, ganz oben in der Bewegung. Er tut es nur nicht.
Paulus’ Umkehr und neue Perspektive (Philipper 3,7-11)
Und dann kommt das Sieben. Er erzählt hier nicht die ganzen Details seiner Biografie, wie er sich bekehrt hat. In Vers 7 sagt er einen total coolen Satz. Er sagt, dass er in der Vergangenheit stolz war auf all diese Dinge, die er gerade aufgezählt hat.
Dann folgt dieser Satz: Wörtlich steht hier „Aber was irgend mir Gewinne waren“. Hier steht eigentlich Plural, also Mehrzahl: Gewinne. Wahrscheinlich ist das in eurer Übersetzung nicht so, in meiner auch nicht, aber im Griechischen steht hier tatsächlich die Mehrzahl. Das heißt, er hat verschiedene Dinge aufgezählt, und man kann sagen, das waren alles Dinge, die er buchhalterisch auf seiner Gewinnseite verbucht hatte – lauter Gewinne.
Als er Christus entdeckt hat, dass dieser wirklich lebt und wer er ist, hat er dieser ganzen Gewinne einen dicken roten Strich durchgemacht. Er hat sie alle in ein Paket gepackt und gesagt: Das war alles Verlust. Alles, was für ihn Gewinne waren, hat er in ein Bündel geschnürt und als Verlust gebucht. Alles, in das er bisher sein Leben investiert hatte, war für ihn ein einziger großer Verlust.
In Vers 9 sagt er: „Indem ich nicht meine Gerechtigkeit habe, die es im Gesetz ist, sondern die durch den Glauben an Christus ist, die Gerechtigkeit aus Gott durch den Glauben.“ Paulus sagt, er hatte sich so viel erarbeitet, doch dann hat er erkannt, dass das alles nichts bringt. Es macht ihn nicht gerecht vor Gott.
Jetzt glaubt er, dass er nicht mehr seine eigene Gerechtigkeit hat, die er sich aus dem Gesetz und den jüdischen Regeln erarbeitet hat. Stattdessen hat er eine Gerechtigkeit, die ihm durch den Glauben von Gott geschenkt wird.
Ist es nicht peinlich, sein ganzes Leben quasi in den Müll treten zu müssen? All das Engagement, das man bisher hatte, als Verlust buchen zu müssen und sich etwas schenken zu lassen, anstatt es sich zu erarbeiten? Ich meine, Österreicher sind, glaube ich, nicht so wie Deutsche, aber für Deutsche gilt: Sie wollen sich alles, was sie haben, erarbeiten. Sie wollen es sich verdienen.
Versuch mal, einem Deutschen etwas zu schenken! Du kannst auf deinen Kalender schauen, es dauert keine drei Tage, bis du ein gleichwertiges Geschenk zurückbekommst. Aus der Volksseele heraus sind wir nicht in der Lage, uns etwas schenken zu lassen. Etwas geschenkt zu bekommen, ohne es in irgendeiner Weise zurückzugeben oder zurückzuzahlen, ist peinlich.
Wir wollen uns das erarbeiten, was wir haben. Wir wollen unser Haus bauen und das Geld dafür verdient haben. Selbst wenn wir in den Ruhestand gehen, muss es der wohlverdiente Ruhestand sein!
Paulus sagt: Nein, ich habe eingesehen, dass ich mir bei Gott nichts erarbeiten kann. Alles, was ich versucht habe, mir zu erarbeiten, habe ich als Verlust gebucht. Es hat mich nur von Christus ferngehalten.
Zu Christus gekommen bin ich erst, als ich mir Gerechtigkeit habe schenken lassen, weil ich einfach auf Gott vertraut habe, auf dieses Angebot Gottes. Als ich mir etwas habe schenken lassen.
Lasst euch das nicht wieder wegnehmen durch Leute, die euch einreden, dass sie Regeln oder Lehren haben, die euch zu Gott bringen. Wo ihr euch wieder etwas erarbeiten müsst.
Es ist so attraktiv, sich etwas erarbeiten zu können. Was sind die größten Bewegungen, die wir so kennen, die viele Leute anziehen? Hier in Österreich ist es immer noch die katholische Kirche. Warum? Weil man sich etwas erarbeiten kann.
Die Zeugen Jehovas – warum ist das eine wachsende Bewegung weltweit? Weil man sich etwas erarbeiten kann. Das tut den Menschen gut.
Der Islam – du kannst hier auch etwas erarbeiten. Na ja, ich weiß nicht, wie Gott darauf reagiert, weil es eh Kismet ist, aber letzten Endes kannst du Regeln erfüllen und ein gutes Gefühl haben.
Das ist so attraktiv für Menschen.
Paulus sagt, er hat all das für Verlust gehalten.
Vers 8 habe ich weggelassen.
Jetzt geht er einen Schritt weiter. Passt gut auf, jetzt wird es eng.
Er sagt: Ja, wirklich, ich achte auch alles für Verlust. Nicht nur mein altes Leben, nicht nur meine religiösen Bemühungen, sondern ich achte alles für Verlust wegen der Vortrefflichkeit, wegen des so viel Besseren.
Wörtlich steht hier „der Erkenntnis Christi Jesu meines Herrn“. Das ist das einzige Mal, dass dieser Ausdruck im Neuen Testament steht. Er sagt manchmal „mein Gott“, aber das einzige Mal steht hier „die Erkenntnis Christi Jesu meines Herrn“.
An dieser Stelle wird es persönlich. Hier merkt man, was er liebt und wen er liebt. Er sagt: Das ist mein Herr, den möchte ich erkennen.
Und alles, was da im Weg steht, mit ihm eine engere Gemeinschaft zu haben, mit ihm ein Team zu sein, alles, was da im Weg steht – nicht nur sein altes Leben –, alles, was da im Weg steht, hat er mit dem Stempel Verlust versehen und auf der Verlustseite gebucht.
Und dessen Willen er alles eingebüßt hat und es für Müll hält, damit er Christus gewinnt.
Er hat nicht nur Dinge aus seinem alten Leben eingebüßt, sondern auch seine Träume. Das, was er wahrscheinlich an Lebenszielen hatte, ist hier unter „alles“ zusammengefasst.
Was hätte er werden können? Er war auf dem besten Weg, ein angesehener jüdischer Gelehrter zu werden, wahrscheinlich Teil des Sanhedrins, anerkannt von vielen.
Er sagt, ein super Lebensziel – Müll.
Er hat wahrscheinlich von einer gesicherten Existenz geträumt. Schau dir sein Leben an, das er nach seiner Bekehrung geführt hat: Da ist nichts mehr gesichert.
Wahrscheinlich hat er wie viele von einem Zuhause, von einer Familie, von einer gewissen Sicherheit, von Vertrautheit, vom Nachhausekommen, von gesundheitlicher Unversehrtheit geträumt.
Schau dir sein Leben an: kein Zuhause, nichts, was er Heimat nennen konnte, keine Familie, keine gesundheitliche Unversehrtheit. Er wurde einmal gesteinigt, ein paarmal ausgepeitscht, überfallen, hat Schiffbruch erlitten und war einmal 24 Stunden auf offener See getrieben, bevor er aus irgendeinem Grund gerettet wurde.
Nichts mit körperlicher Unversehrtheit und Sicherheit.
Er sagt: Alle meine Lebensträume, alles, was ich mir von einem schönen bürgerlichen Leben vorgestellt habe, habe ich verloren. Ich bereue es nicht, sagt er.
Denn ich habe es verloren, um Christus zu gewinnen. Nicht einfach um gerettet zu werden – was haben die ganzen Sachen mit Rettung zu tun? –, sondern um Christus zu gewinnen, um möglichst eng mit ihm zusammen zu sein.
Dieses unvergleichlich viel bessere Christus zu gewinnen, der sagt: Alles andere, alles, was ihm im Weg steht, alles, was ihm hätte im Weg stehen können in meinem Leben – das hat für mich genau noch den Wert von Müll.
Und das ist krass.
Das ist letzten Endes das Thema des zweiten Vortrags, von dem, was jetzt in diesem Brief kommt.
Ermutigung zur Freude in Christus (Philipper 3,1)
Entschuldigung, ich muss noch über einen Vers sprechen, den ich weggelassen habe: Vers 1. Dieser Vers wird so oft aus dem Zusammenhang gerissen, dass ich ihn gerne in den Zusammenhang stellen möchte.
Übrigens, Brüder – ja, bei uns im Deutschen ist das so –, ich habe noch einen Nebengedanken. Im neunten Moment ist das meist nicht so. Da kommen oft noch „übrigens“ und Hauptgedanken hinzu. Übrigens, da war noch etwas Wesentliches, das ich sagen wollte, okay?
Übrigens, Geschwister, freut euch in dem Herrn. Wenn ihr jetzt den Zusammenhang, über den wir gerade gesprochen haben, vor Augen habt, merkt ihr, dass die Betonung nicht auf „freut euch“ liegt, sondern auf „in dem Herrn“. Über was freut ihr euch, fragt Paulus?
Für mich bedeutet Jesus und eine möglichst enge Gemeinschaft mit ihm alles in meinem Leben. Er hat geschrieben: „Christus ist für mich das Leben“ (Philipper 1,21). Wenn ihr die Verse wirklich vor Augen habt, besonders Vers 8, wisst ihr, was er meint. Er sagt, alles andere sei für ihn Müll, was er hätte erreichen können. Christus ist für ihn das Leben, er ist sein Herr.
Und er sagt: „Freut euch in dem Herrn.“ Ihr könnt euch in der Sonne freuen, ihr könnt euch an dem super Essen erfreuen, das es hier gibt, an der tollen Landschaft. Ihr könnt euch an euren Familien, Freunden und Häusern freuen. Aber er sagt: Wisst ihr, das Essentielle, wogegen all das Müll ist, ist, dass ihr euch an dem Herrn freut. Das ist die Betonung in diesem Vers.
Paulus schreibt, euch immer wieder dasselbe zu sagen, also eigentlich steht hier quasi, dass er euch immer wieder dasselbe schreibt. Dieser Satz ist ihm nicht lästig. Die Gemeinde hat schon gelächelt, weil er immer das Gleiche gesagt hat. Und er wird es in diesem Brief nochmals sagen. Er verspricht, dass er es auch in Zukunft immer wieder sagen wird.
Und er sagt: Auch wenn ihr lächelt, ist es ihm nicht lästig. „Freut euch in dem Herrn“ – lasst das wirklich der Grund eurer Freude auf dieser Erde sein. Es ist ihm nicht lästig, weil er sagt: Für euch ist es sicher. Das ist das, was euch bewahrt vor den Einflüssen, die auf die Gemeinde zukommen, vor den Leuten, die um die Gemeinde herumstreunen und Menschen rauspflücken wollen.
Das ist das, was euch Sicherheit gibt gegen all diese Versprechungen, wenn ihr auf den Herrn fixiert seid. Wenn ihr sagen könnt: Mein Herr, den ich liebe, der für mich alles bedeutet, den ich mehr erkennen und verstehen will, mit dem ich mehr Gemeinschaft, innere Gemeinschaft haben will.
Er sagt: Wenn ihr das lebt, wenn ihr euch mit Christus beschäftigt, wenn ihr euch an ihm freut, dann seid ihr sicher vor all diesen Versprechungen und vor all den Leuten, die unterwegs sind – persönlich und als Gemeinde. Ihr müsst Christus in den Mittelpunkt stellen und euch an ihm freuen.
Vielleicht würde uns das mehr geistliche Stabilität geben in unserem Leben und in unseren Gemeinden. Ihr habt die gute Gewohnheit, jede Woche dieses Mahl zu feiern und euch zumindest einmal in der Woche auf Christus auszurichten. Ihr beschäftigt euch neu mit seinen Eigenschaften.
Das ist das, was wir tun müssen, auch in unserem persönlichen Leben. Vielleicht, wenn wir anderen Stabilität geben wollen, sollten wir weniger über ihre Probleme reden und mehr über Christus.
Ausblick auf den weiteren Verlauf des Briefes
Aber der Text geht weiter, wie gesagt. Paulus hat alles aufgegeben: seine Vergangenheit, seine Lebensziele und sogar seine körperliche Unversehrtheit, um eine tiefe Gemeinschaft mit Christus zu haben – eine möglichst tiefe.
Dieses Vorbild ist eine extrem große Herausforderung für mich.
Okay, aber das ist jetzt endgültig das Thema des nächsten Vortrags. Amen.
