Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich möchte zu Beginn einige einleitende Gedanken zu dem Brief äußern. Es wird nicht sehr lang, und danach möchte ich gemeinsam mit Ihnen in den Text einsteigen.
Einleitung zum ersten Johannesbrief: Hintergrund und Entstehung
Erster Johannesbrief
Zunächst ist der Erste Johannesbrief ein ungewöhnlicher Brief, da er nicht wie ein typischer Brief aufgebaut ist. Das ist euch vielleicht aufgefallen: Es steht nicht am Anfang „Ich, der hier schreibe, grüße euch“ oder Ähnliches. Solche Formulierungen fehlen komplett. Stattdessen steigt der Text direkt in die Gedanken des Autors ein. Das ist eher ungewöhnlich und hängt vermutlich damit zusammen, dass der Brief weniger ein direkter Brief an eine einzelne Gemeinde war. Vielmehr handelte es sich wahrscheinlich um ein Rundschreiben, wie wir es heute bezeichnen würden.
Was wir aus dem Wenigen, was wir über diesen Brief wissen, rekonstruieren können, ist Folgendes: Der Brief wurde vom Apostel Johannes verfasst. Deshalb heißt er auch „Erster Johannesbrief“. Johannes wirkte und lebte in Ephesus. Um diese Stadt herum gab es mehrere Gemeinden. Man kann annehmen, dass in diesen Gemeinden Probleme entstanden sind. Probleme, denen Johannes als Apostel mit seinem Ersten Johannesbrief begegnen wollte.
Wenn das stimmt – was nicht direkt im Text steht, sondern nur aus dem Hintergrund erschlossen werden kann – dann liegt folgendes Problem vor: In den Gemeinden tauchen Personen auf, die Dinge behaupten, die einfach falsch sind. So etwas passiert immer wieder. Auch heute, zum Beispiel in Deutschland, gibt es immer wieder unschöne Wellen von Irrlehren, die durch Gemeinden gehen. Gerade jetzt sieht man das wieder: Es gibt merkwürdige prophetische Lehren, die gerade im Trend sind, oder auch die sogenannte „Alterssöhnung“ erlebt gerade ein Comeback.
Solche Irrlehrer treten immer wieder auf. Sie stellen sich hin und sagen: „Das ist die Wahrheit.“ Das Problem an Irrlehrern ist, dass man sie oft gar nicht sofort erkennt. Sie machen nicht vorne ein Schild hin mit der Aufschrift „Irrlehrer, alles falsch, was ich sage“. Stattdessen wirken sie authentisch, charismatisch und überzeugend.
Das Problem ist, dass sie die Geschwister verwirren, den Glauben durcheinanderbringen und alles durcheinanderwirbeln. Genau das bekommt Johannes mit. In den Gemeinden tauchen Leute auf, die Dinge behaupten, die grundlegend falsch sind. So falsch, dass die Gläubigen am Ende nicht mehr genau wissen, woran sie eigentlich glauben sollen. Sie wissen auch nicht mehr, ob das, was sie haben, wirklich Glaube ist.
Die Zielsetzung des ersten Johannesbriefs: Gewissheit des Glaubens
Der erste Johannesbrief hat eine klare Schreibabsicht, die sich in 1. Johannes 5,13 ausdrückt. Diesen Vers wollen wir zu Beginn gemeinsam lesen: 1. Johannes 5,13. Ich hoffe, dass das mit "Remember me" bei euch allen geklappt hat. Gestern habe ich eine Frau kennengelernt, die über 50 Jahre alt ist und es geschafft hat, sich daran zu erinnern. Von daher kann eigentlich niemand mehr sagen, er habe es nicht geschafft.
1. Johannes 5,13 lautet: "Dies habe ich euch geschrieben, damit ihr wisst, dass ihr ewiges Leben habt, die ihr an den Namen des Sohnes Gottes glaubt."
Warum ist dieser Vers wichtig? Weil er uns die Gewissheit gibt, dass wir ewiges Leben haben können. Für viele, die aus einem eher kirchlichen Hintergrund kommen, ist das eine echte Überraschung. Als ich selbst zum Glauben kam – oder besser gesagt, bevor ich zum Glauben kam – dachte ich immer, ein Christ sei jemand, der einfach ein Stückchen besser lebt als andere.
Ich stellte mir das so vor: Am Ende steht das Gericht wie eine Waage, auf der einen Seite meine guten Werke, auf der anderen Seite meine schlechten Werke. Wenn ich als Christ mehr gute als schlechte Werke habe, komme ich nicht in die Hölle. So hatte ich das im Konfirmationsunterricht gelernt, und das blieb bei mir hängen. Ein Christ ist also jemand, der einfach ein bisschen besser lebt als die anderen und deshalb den Himmel schafft.
Wäre ich damals gefragt worden, ob ich weiß, ob ich in den Himmel komme oder ewiges Leben habe, hätte ich gesagt: Das kann keiner wissen. Man muss bis zum Ende durchhalten, und im Gericht wird man es dann erfahren. Innerlich hoffte ich natürlich, dass es schon reichen würde, so wie ich lebte.
Jetzt kommt dieser Vers daher und sagt etwas anderes. Deshalb darf man ihn ruhig auswendig lernen. Er sagt, man kann wissen, ob man ewiges Leben hat. Und das hat nichts damit zu tun, wie gut ich lebe. Ich kann mir den Himmel nicht erarbeiten oder mit guten Werken erkaufen. Ewiges Leben hängt nur an einer einzigen Sache: Ob ich den Sohn habe, ob ich in einer lebendigen, leidenschaftlichen, authentischen und tiefen täglichen Beziehung mit Jesus Christus lebe.
Wo jemand den Sohn hat, da hat er auch ewiges Leben. Das bekommt er nicht irgendwann, sondern es ist heute schon Realität. Es spiegelt sich praktisch und erfahrbar in seinem Leben wider.
Worum es dann genau geht, darum dreht sich der erste Johannesbrief. Er ist ein Brief an verunsicherte Gläubige, die nicht mehr genau wissen, woran sie glauben sollen. Er will ihnen die Zuversicht vermitteln, mit der wir als Gläubige durchs Leben gehen dürfen.
Eine Zuversicht, die sich daran festmacht, dass man, wenn man gefragt wird: "Sag mal, wenn du heute stirbst, wo bist du dann morgen?", ganz einfach antworten kann: "Ich bin bei Gott, ich bin in der Ewigkeit, ich bin da, wo ich immer hinwollte."
Und warum glaubt man das? Die Antwort ist ganz einfach: Weil man jemanden an seiner Seite hat. Schon gestern war das Thema: Ich habe jemanden, der mit mir geht, der hundertprozentig zu mir steht. Ich habe jemanden, der für mich bezahlt hat. Ich habe einen Herrn in meinem Leben gefunden, Jesus, und er garantiert mir das.
Alles, was ich zu bringen habe, alles, was ich bin, ist einfach Makulatur. Es ist vielleicht am Rande wichtig, aber eigentlich nicht entscheidend. Entscheidend ist das, was Jesus getan hat.
Darum geht es: dass wir das verstehen. Der erste Johannesbrief ist eigentlich ein relativ einfaches Stück Literatur. Er ist nicht kompliziert. Zwischendrin gibt es zwei, drei Themen, die man erst einmal verdauen und länger darüber nachdenken muss, aber das schaffen wir gemeinsam. Ihr müsst euch keine Sorgen machen.
Wichtig ist: Er wurde geschrieben mit dem Ziel, dass Menschen am Ende sagen können: "Ja, ich bin gläubig. Schön, gut, so machen wir weiter." Das ist die Idee.
Wenn du am Ende aber sagst, du bist dir nicht mehr ganz sicher, ob du gläubig bist, ist das auch gut. Denn ich glaube, es gibt nichts Besseres im Leben, als ab und an den eigenen Glauben zu hinterfragen und sich zu fragen: "Ist das alles noch echt? Ist das wirklich so? Oder bilde ich mir das nur ein?" Das ist nicht böse.
Der Apostel Paulus hat das auch gesagt, auch wenn es jetzt nicht um ihn geht. In 2. Korinther 13,5 heißt es: "Prüft euch, ob ihr im Glauben seid."
Es ist also nicht schlecht, ab und zu zu schauen, ob man noch im Glauben steht. Wer schon einmal ein altes Auto zum TÜV gebracht hat, weiß, dass man dort auch mal kontrolliert, ob unter dem Lack noch Metall ist.
Manchmal braucht man das im geistlichen Leben auch, dass man sozusagen mal ein bisschen "klopft" und prüft, ob der Glaube noch da ist.
Und genau das ist der erste Johannesbrief auch.
Aufbau und Stil des ersten Johannesbriefs: Thematische Impulse statt strikte Struktur
Der erste Johannesbrief ist, im Gegensatz zu dem, was man vielleicht von Paulusbriefen gewohnt ist, nicht unbedingt ein Brief mit einer durchgehenden Argumentationskette. Zumindest habe ich eine solche bisher nicht gefunden. Ich habe zwar eine Struktur erkannt und kann sie auch weitergeben, aber als echter Strukturfetischist, der ich bin – ich liebe Strukturen in biblischen Büchern –, finde ich, dass Johannes nicht unbedingt ein Strukturmensch war.
Wenn ich nicht einschlafen kann, denke ich oft über die Struktur biblischer Bücher nach. Nicht, weil das einschläfernd wäre, sondern weil es einfach viel Spaß macht, lange darüber nachzudenken. Beim ersten Johannesbrief habe ich den Eindruck, dass er eher wie ein Stück funktioniert. Kennt ihr diese Holzbalken mit Nägeln drauf auf Jahrmärkten, in die man mit drei Schlägen einen Nagel einschlagen muss? So ähnlich funktioniert der erste Johannesbrief.
Er hat einige wichtige Themen, die er immer wieder aufgreift. Bam, ein Thema, dann ein Schlag, und dann noch ein anderes Thema, bam. Manchmal denkt man, das hatten wir doch schon, aber dann kommt noch ein Schlag oben drauf. Am Ende möchte Johannes, dass die wesentlichen wichtigen Themen in uns verankert sind.
Deshalb halte ich die Struktur eher zurück. Wenn jetzt jemand sagt: „Jürgen, ich möchte unbedingt deine Struktur wissen“, dann kein Problem, ich gebe sie gerne weiter. Aber viel, viel wichtiger ist, dass ihr aus dem Brief die Idee mitnehmt: Ich kann wissen, dass ich gerettet bin. Ich kann wissen, dass ich echt bin.
Das ist nicht nur ein emotionales Gefühl, etwas Subjektives oder Flüchtiges. Nein, ich kann das auf eine objektive, klare und greifbare Weise erfahren. Du kannst wirklich wissen – nicht nur hoffen oder glauben –, dass du ewiges Leben hast. Es gibt etwas in unserem Sein als Christen, das nachweisbar ist, das ein Stück weit beweist, dass wir wirklich echt sind. Darum geht es im ersten Johannesbrief.
Damit mag es fürs Erste genug sein. Wir fangen jetzt mit dem Text an. Ich brauche zumindest mehr Photonen, mehr Licht. Ich glaube, andere brauchen das auch, es schadet nicht. Das ist echt überschaubar.
Na gut, dann probieren wir es. Es wird besser, das stimmt. Ich unterschätze immer noch diese modernen Lampen, die erst nach ein paar Minuten, wenn man auf der Toilette fertig ist, richtig hell werden. Also gut.
Vom Wort des Lebens: Johannes’ Zeugnis als Augenzeuge
Erster Johannesbrief Kapitel 1, Verse 1 bis 4: Das ist eine Art Vorwort, überschrieben mit „Vom Wort des Lebens“. Johannes, der Apostel, stellt sich als Augenzeuge vor. Er sagt, was von Anfang an war, was wir gehört haben, was wir mit unseren Augen gesehen, was wir angeschaut und mit unseren Händen betastet haben – vom Wort des Lebens.
Johannes möchte von Anfang an eine Sache klar machen: Das, was er weitergibt, das, was im Zentrum unseres Glaubens steht, ist keine Theorie, keine Philosophie und keine bloße Lehre. Im Zentrum unseres Glaubens steht eine Person. Wenn er vom „Wort des Lebens“ spricht, kann man diesen Begriff auf zweierlei Weise verstehen.
Zum einen steht „Wort des Lebens“ für die Botschaft vom ewigen Leben. Gleichzeitig ist es das Wort, das Leben gibt. Man merkt, dieser Begriff kann zwei Bedeutungen haben: die Botschaft und die Person, die diese Botschaft predigt. Das kommt im Griechischen öfter vor, dass es so eine Doppeldeutigkeit gibt. Die Frage ist: Geht es um die Predigt oder um den Prediger? Beides kann hier gemeint sein, und beides ist gleich wichtig.
Das Besondere am christlichen Glauben ist, dass im Zentrum unseres Glaubens eine Person steht. Die Botschaft ist der Botschafter. Während es in allen anderen Religionen Religionsstifter gibt, die gestorben sind und ihren Nachfolgern vielleicht ein Buch hinterlassen haben, um sich darüber zu informieren, was dieser Religionsstifter damals gedacht hat, ist das im Christentum anders.
Wir haben zwar ein Buch, aber wir haben dieses Buch nicht als Ersatz für den Herrn Jesus. Der Herr Jesus ist gestorben, auferstanden und will als Auferstandener, als Lebendiger, sein Leben durch uns hindurch leben. Das ist ein ganz wichtiger Gedanke. Wir dürfen nicht denken, Jesus sei wie alle anderen Religionsstifter einer, der kam, wieder ging und uns seine Regeln hinterließ. Jetzt müssten wir diesen Regeln folgen, und je treuer wir das tun, desto besser seien wir Christen. Das ist falsch.
Ich habe nichts gegen Regeln – das habt ihr schon mitbekommen. Ich bin sogar dafür, Bibelverse auswendig zu lernen. Aber ich bin dagegen, dass wir Christsein auf die Stufe einer Religion stellen, in der es nur um Regeln geht. Denn im Zentrum unseres Lebens steht kein Buch, sondern eine Person, die ihr Leben durch uns hindurch leben will. Das ist ein großer Unterschied.
Dieses Buch hier sollst du studieren, bis du es gut kennst – ja, ich bin voll dafür. Aber dann verstehe, dass dieses Buch ein Kommunikationsmittel ist, um einer Person zu begegnen, die ihr Leben durch dich hindurch leben will. Das ist entscheidend.
Johannes bringt das so zum Ausdruck: Er sagt, was von Anfang an war – also vom Anfang seiner Begegnung mit dem Herrn Jesus. Das ist nicht derselbe Anfang wie am Anfang des Johannesevangeliums („Am Anfang war das Wort“), wo ganz zurück an den Anfang der Zeit gegangen wird. Hier geht es um den Anfang, um die erste Begegnung, um den Anfang der Verkündigung des Evangeliums. Dort begegnet Johannes diesem Jesus, der ihn fasziniert.
Er sagt: „Was wir gehört haben, was wir mit unseren Augen gesehen, was wir angeschaut und unsere Hände betastet haben.“ Hier stoßen wir an die Grenzen der Übersetzungsmöglichkeiten. Ihr müsst euch vorstellen, dass das Altgriechische ideal geeignet ist, theologische Wahrheiten zu transportieren. Eine Fähigkeit des Griechischen besteht darin, Verben nicht nur mit einer Zeit zu versehen, also wann etwas getan wurde, sondern auch mit einer Art und Weise, wie etwas getan wurde.
Ist das nicht schön? Man kann nicht nur sagen, ob etwas Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft ist, sondern auch, wie etwas geschieht. Wenn wir hier lesen „was wir gehört haben“ und „was wir mit unseren Augen gesehen haben“, wird eine Zeitform verwendet, die mehr ausdrücken möchte, als nur, dass wir damals gehört haben, was Jesus predigte, oder gesehen haben, was er tat.
Leider lässt sich das nicht sauber ins Deutsche übersetzen – vergebt den Übersetzern, das geht nicht, außer man würde viel dazuschreiben. Es soll zum Ausdruck bringen: Ich habe etwas gesehen und es steht mir noch vor Augen. Ich habe etwas gehört und höre es förmlich immer noch. Es ist nichts, was in der Vergangenheit verschwunden ist, nicht „anno xy“, sondern es ist heute präsent. Ich gehe heute mit diesem Bild vor Augen durch die Welt, mit diesen Worten in meinen Ohren, die immer noch da sind.
Wenn er dann das Gleiche noch einmal sagt – „was wir angeschaut und unsere Hände betastet haben“ –, verwendet er eine andere Zeitform. Diese greift tatsächlich zurück in die Vergangenheit und betont: Es gab diesen Punkt, und ich war wirklich dabei. Ich habe etwas gehört, gesehen, angeschaut, betastet, und es steht mir heute noch so präsent vor Augen und Ohren wie damals.
Versteht ihr, was Johannes sagen möchte? Er ist jemandem begegnet, der ihn so berührt und fasziniert hat, dass er ihn nicht mehr loslässt. Vielleicht ist es ein bisschen wie der Moment, in dem man das erste Mal seinen Ehepartner trifft und sich verliebt. Das funktioniert nur bei Leuten, die an Liebe auf den ersten Blick glauben. Aber wenn du so jemand bist, kannst du das nachempfinden.
Ich selbst bin so jemand. Ich weiß noch, es war Silvester 1900, ich saß auf einer Couch und schaute zur Tür, wer alles reinkam. Da stand sie. Bis heute ist das noch so präsent. Ich habe viel vergessen in meinem Leben, aber dieser Moment ist wie mit einem Brenneisen einmal in die Seele gebrannt.
Das beschreibt Johannes hier: Ich bin jemandem begegnet, der mich fasziniert hat und der mich nicht mehr loslässt. Warum? Vers 2: „Und das Leben ist geoffenbart worden.“ Das ist der Grund. Das ist nicht irgendein Mensch, sondern jemand, der Leben geoffenbart hat. Gott ist Mensch geworden, um Leben zu bringen.
Da ist jemand Mensch geworden, der zu den Toten gegangen ist, damit die Toten lebendig werden. Das Leben ist geoffenbart worden, und wir haben es gesehen, bezeugen es und verkündigen euch das ewige Leben.
Drei Reaktionen auf das Evangelium beschreibt Johannes hier: Wenn das Evangelium kommt, muss ich ihm begegnen. Ich muss das Evangelium an mich heranlassen. In dem Moment werde ich Zeuge sein, möchte verkünden und anderen von diesem Wort weitergeben.
Das Evangelium, das in mein Leben hineinkommt, berührt mich und macht mich zu jemandem, der es weitergibt. „Wir haben es gesehen, ich habe es erlebt, wir bezeugen es, es hat in uns etwas verändert, und wir verkündigen es euch.“ Wir wünschen uns, dass ihr das auch annehmt.
Der ganze erste Johannesbrief dreht sich letztlich ums Evangelium und die verändernde Kraft des Evangeliums. Was verkündet der Apostel? Er verkündet euch das ewige Leben.
Der Begriff „ewiges Leben“ ist ein Qualitätsbegriff. Zunächst verstehen wir ihn vielleicht als Quantität, als Länge – ewig ist unendlich. Doch das ist hier nicht vordergründig gemeint.
Beim ewigen Leben geht es darum, dass man ein Leben hat, das Gott entspricht, ein Leben, das von Gott herkommt, ein Leben, das Gott begonnen hat und in alle Ewigkeit pflegen wird.
Lasst uns zusammen Johannes Kapitel 17 aufschlagen, wo eine Art Definition für den Begriff „ewiges Leben“ steht. Johannes 17,3 lautet: „Dies aber ist das ewige Leben, dass sie dich, den alleinwahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen.“
Das ist, denke ich, einer der Top-50 Verse. Er gehört früh dazu, weil er einen Begriff beschreibt, den man einfach kennen muss. Wenn jemand fragt: „Was ist ewiges Leben?“, dann muss Johannes 17,3 genannt werden.
Ewiges Leben besteht darin, dass ich etwas erkenne – und zwar nicht oberflächlich, sondern im tiefen Sinne. Ich habe zutiefst verstanden, wer Gott ist und wer Jesus Christus ist. Das ist ewiges Leben.
„Erkennen“ meint hier nicht nur theoretisches Wissen. Du bist Mensch, es geht nicht nur darum, Jesus so zu erkennen, wie man vielleicht irgendwann die binomische Formel gelernt hat, die man nie wieder angewandt und schnell vergessen hat. Wir alle haben sie irgendwann gelernt, aber nur wenige können sie noch aufsagen. Das ist hier nicht gemeint.
Es geht nicht darum, etwas flüchtig kennengelernt zu haben. Es geht darum, jemanden zu erkennen, wie Adam Eva erkannte – und nach neun Monaten waren sie plötzlich zu dritt. Das ist ein sehr tiefes, intimes Kennenlernen, bei dem man eins miteinander wird.
Der andere kommt einem so nahe, wie es nur möglich ist. Im Leben sagt man: Ich bin eins mit Gott. Paulus würde sagen: Ich bin ein Geist mit Gott geworden. Gott ist in mein Leben als König, Hirte und Lehrer eingetreten.
Entschuldigt, wenn ich das sage, aber auch das ist biblisch. Der Albtraum meines Lebens, vor dem ich mich wirklich fürchte, ist der Punkt, an dem Gott diese verschiedenen Aspekte des Lebens für mich ausfüllt. Ich sage: Ich will mit diesem Gott leben. Dort findet ewiges Leben statt.
Das ist der Qualitätsbegriff, dem natürlich auch eine Quantität zugrunde liegt. Gott wird uns in alle Ewigkeit dieses ewige Leben schenken.
Zurück zu Vers 2: „Und verkündigen euch das ewige Leben, und jetzt kommt’s, das war beim Vater und ist uns geoffenbart worden.“ Ewiges Leben ist die Verheißung Gottes an uns. Ewiges Leben kommt vom Vater, es war beim Vater und wurde uns geoffenbart.
Wir reden die ganze Zeit über Jesus – das ist euch bitte klar. Wir reden über das Wort des Lebens. Hier steht, dass das ewige Leben beim Vater war. Das heißt, es gibt eine Zeit, in der Jesus noch nicht auf der Erde war. Diese Zeit nennt man die präexistente Zeit des Christus, bevor Jesus Mensch wurde.
Oder jetzt etwas johannisch: Bevor das Wort Gottes Fleisch wurde, war das Wort Gottes, Gott, das Wort, schon immer existent. Johannes schreibt hier, dass beim Vater das ewige Leben in Person eines präexistenten Jesus Christus war, der immer schon Gott war und dann uns geoffenbart wurde.
Das Wort Gottes wird Fleisch und kommt in Gestalt eines Menschen, Jesus von Nazareth, auf diese Erde. Damit wird das ewige Leben, das Wort, uns plötzlich zugänglich. Weil es uns zugänglich wird, haben wir die Möglichkeit, es zu erleben und anderen zu verkündigen.
Die Bedeutung des ewigen Lebens und der Glaube daran
Was bedeutet es, ewiges Leben zu haben? Ich habe aus dem Johannesevangelium und dem ersten Johannesbrief einige Punkte zusammengestellt.
Ewiges Leben bedeutet, dass wir vom Tod ins Leben übergegangen sind. Geistlich tote Menschen, die eigentlich nur darauf warten, im Gericht mit ihrer Schuld konfrontiert zu werden und verurteilt zu werden, werden lebendig. Wer kein ewiges Leben hat, so sagt Johannes, der geht verloren, bleibt unter dem Zorn Gottes und kommt ins Gericht. Er wird eine Auferstehung zum Gericht erfahren. Das ist das Negative.
Was bedeutet es nun, ewiges Leben zu haben? Zuerst einmal heißt es, dass ein Hunger und Durst nach Leben gestillt ist. Ich weiß, warum ich lebe, wofür ich lebe und wie Leben im tiefsten Inneren funktioniert und gelingt. Wer dieses ewige Leben hat, wird am letzten Tag auferweckt werden und lebt in Ewigkeit.
Weil ich dieses Leben in mir trage, verändert es die Art und Weise, wie ich lebe. Wir kommen noch auf die Begriffe Licht und Finsternis zurück, doch schon jetzt kann ich sagen: Wer ewiges Leben hat, lebt nicht mehr in der Finsternis, sondern im Licht. Ewiges Leben ist Leben im Überfluss.
Ewiges Leben heißt, ich kenne Gott, ich kenne Jesus Christus. Ewiges Leben heißt, ich lebe, obwohl ich sterben werde. Der Tod verliert für mich das ängstliche Element, weil ich weiß, dass dahinter die Auferstehung und die Begegnung mit Jesus warten.
Wie bekommt man dieses ewige Leben? Wie kommt man dorthin? Es gibt eine menschliche Seite. Was muss der Mensch tun, um gerettet zu werden? Der Kerkermeister fragt das. Die Antwort ist: Glaube.
Was heißt glauben? Glauben heißt, dass ich alle meine eigenen Anstrengungen und mein eigenes Bemühen, es im Leben mit meinem Gutsein zu etwas zu bringen, als Humbug erkenne. Glauben heißt, ich sehe Jesus am Kreuz und weiß, dass er alles für mich getan hat. Das Einzige, was ich tun muss, ist, vor diesem Kreuz auf die Knie zu gehen, ihn als meinen Gott anzurufen und zu sagen: Ich möchte, dass du Gott in meinem Leben bist. Komm als König, Herr und Regent in mein Leben und zeig mir, wo es langgeht.
Ich zerbreche vor Gott und lasse ihn in mein Leben eintreten. Ich lasse ihn mit meinem Leben machen, was ihm gefällt. Denn das ist es, was Gott tut.
Wenn ich vor Gott zerbreche und glaube, wird Gott mich neu zeugen, mir eine Wiedergeburt schenken. Er wird in mir etwas Neues hervorbringen. Er schenkt mir genau das, wonach ich mich immer ein Stück weit gesehnt habe: ein neues Herz, das Gott von ganzem Herzen folgen möchte.
Dieses neue Herz in mir, dieses neue Leben, das Gott mir schenkt, wenn ich glaube, wird sich in meinem Leben zeigen. Das ist die Idee hinter dem ersten Johannesbrief.
Wie weiß ich, ob jemand gläubig ist? Weil ich es in seinem Leben sehe. Was sehe ich da? Ich sehe die Kraft des Evangeliums.
Worin besteht die Kraft des Evangeliums? Sie besteht darin, dass Gott eine Verheißung gegeben hat: Wenn du glaubst, werde ich dich neu machen. Du wirst eine neue Schöpfung sein, ein neues Herz tragen und auf eine ganz andere Art leben wollen.
Ein neues Herz steht hier für den Willen. Woher weiß ich, dass ich gerettet bin? Die Frage, die ich zurückstelle, lautet: Willst du Gott gefallen? Wenn du sagst: Ja, aber ich schaffe es nicht immer, ist das kein Problem. Willst du Gott gefallen? Dann ist das ein starkes Indiz dafür, dass du ein neues Herz hast.
Denn das ist das neue Herz in uns: dass wir Gott gefallen wollen. Das konnten wir vor unserer Bekehrung nicht. Da wirkten ganz andere Kräfte in uns. Vielleicht hatten wir eine Sehnsucht nach Gott, aber das Innere, in dem ein neues Herz schlägt und sagt: Ich will, das drängt sich mit jedem Herzschlag mehr nach außen und verdrängt das Böse, Falsche und die Sünde aus unserem Leben. Das ist urchristlich.
Das geht nur, wenn du wirklich von neuem geboren bist, wenn Gott sein Leben in dich eingehaucht hat. Dann merkst du: Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir.
Wo erfahren Menschen dieses ewige Leben? Im ersten Johannesbrief heißt es in Vers 3: Was wir gesehen und gehört haben, verkündigen wir auch euch. Das behält man nicht für sich.
Wenn ich verstanden habe, dass mir meine Schuld vergeben ist und ich auf einem anderen Niveau lebe, dann lebe ich nicht mehr für die nächste Serie, das nächste iPhone, den nächsten Karriereschritt oder den nächsten Urlaub. Ich habe eine ganz andere Dimension von Leben entdeckt. Dann möchte ich, dass andere das verstehen.
Der Apostel Johannes schreibt an Geschwister, die sich ihrer Errettung nicht mehr sicher sind. Er sagt: Wir verkündigen euch neu das Evangelium. Was wir gesehen und gehört haben, verkündigen wir auch euch.
Warum macht er das? Erstens, damit auch ihr mit uns Gemeinschaft habt. Es ist spannend, wie er das formuliert. Ich habe beim ersten Lesen gedacht: Da schreibt jemand einen Brief und sagt: Müsst ihr hier nicht stehen, damit auch ihr mit Gott Gemeinschaft habt! Doch das steht nicht im Vordergrund.
Diese Leute driften völlig vom Glauben ab. Sie haben kein vernünftiges Verhältnis mehr zur Sünde. Johannes schreibt: Damit auch ihr mit uns Gemeinschaft habt. Nicht mit Gott, sondern mit uns.
Johannes wünscht sich Gemeinschaft mit ihnen. Aber im Moment ist das schwer möglich, weil sie vom Glauben abdriften.
Das Wort Gemeinschaft hier ist mehr als eine persönliche Beziehung. Es beschreibt eine Arbeits- oder Verkündigungsgemeinschaft. Im Neuen Testament sind Christen weniger ein Club guter Freunde, sondern eher eine Kampfeinheit für das Evangelium, die Seite an Seite kämpft.
Das ist, was Johannes meint. Er wünscht sich, dass sie wieder Teilhaber am gemeinsamen Auftrag werden. Diese Teilhaberschaft funktioniert aber nur, wenn das Wort des Lebens bei ihnen bewirkt, was es bewirken soll.
Wir verkündigen euch das Wort des Lebens, weil wir mit euch Gemeinschaft haben wollen. Unsere Gemeinschaft ist nicht auf Christen beschränkt, sondern bezieht sich auf Vater und Sohn.
Gelebte Gemeinschaft mit der Wahrheit des Evangeliums ist immer eine Gemeinschaft mit dem Sohn und mit dem Vater.
Johannes schreibt: Was wir gesehen und gehört haben, verkündigen wir auch euch, damit auch wir und ihr mit uns Gemeinschaft habt. Unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit dem Sohn Jesus Christus.
Das ist, wohin er sie ziehen möchte. Doch sie sind irgendwie weg.
Er schreibt weiter, dass damit unsere Freude vollkommen sei. Das ist der Anfang.
Johannes stellt sich hin und sagt: Ich habe etwas erlebt, das ist die Grundlage, auf der ich stehe. Ich möchte euch das weitergeben.
Eine kurze Frage: Wo steht ihr? Wenn es um die Begeisterung geht, die Johannes beschreibt, wo steht ihr? Würde sich diese Begeisterung in einem Brief von dir wiederfinden?
Ich frage das, weil ich mir große Sorgen um Geschwister mache. Das macht jeder, der im Ältestendienst ist.
Was ich mir für meine Geschwister wünsche, ist, dass sie in einer tiefen Begeisterung für Jesus leben. Wir sind keine Augenzeugen, wir waren damals nicht dabei, aber wir haben Erfahrungen mit dem Wort des Lebens gemacht.
Was ich mir von Herzen wünsche, ist, dass meine Geschwister sagen: Das, was Johannes beschreibt, kenne ich. Ich bin zutiefst begeistert von Jesus.
Wenn ich mir die Frage stelle, was dieser Begeisterung heute den größten Abbruch tut, ist die Antwort relativ simpel: Wir haben wahrscheinlich zu wenig Zeit alleine mit Jesus.
Wer mich kennt, weiß, dass ich Vorträge zum Hohelied gehalten habe. Bärbel und ich machen auch manchmal Ehevorträge. Wenn wir merken, dass es in einer Beziehung nicht mehr stimmt, empfehlen wir Eheabende oder ein romantisches Wochenende.
Letztlich empfehlen wir Paaren, Zeit miteinander zu verbringen. Denn, ob uns das lieb ist oder nicht: Die Qualität einer Beziehung ist eine Funktion der Zeit, die wir investieren.
Es hat auch mit der Qualität der Zeit zu tun. Nebeneinander vor der Glotze sitzen ist wahrscheinlich nicht so beziehungsfördernd wie ein langer Spaziergang, bei dem man miteinander betet.
Wenn du beides nicht tust, wird keine Beziehung entstehen.
Meine Angst ist, dass wir in einer Zeit leben, in der wir so viel zu tun haben, dass am Ende nicht genug Zeit für Jesus bleibt.
Die Folge ist, dass wir eine Form von Christsein leben, die man nur noch als geistliches Nebeneinanderherleben beschreiben kann.
Ihr kennt solche Beziehungen, Ehen, die so funktionieren, oder? Man hat jemanden, bei dem man denkt: So möchte ich nicht leben.
Ich kenne viele Beziehungen, bei denen ich sage: Wenn meine Ehe jemals auf dieses Niveau sinkt, möchte ich keine Ehe mehr leben.
Da ist man zwar freundlich zueinander, tut sich vielleicht auch nicht weh, aber ein herzliches Miteinander gibt es nicht mehr. Es gibt keine Verbundenheit mehr.
Deshalb die Frage: Hast du genug Zeit alleine mit dem Herrn Jesus? Genießt du Zweisamkeit, hörst du auf ihn, beschäftigst dich mit seinem Wort, so dass er zu dir reden kann? Betest du mit ihm?
Wenn mir eines auffällt in unserer Zeit, betrifft das die Jüngeren wahrscheinlich noch mehr als die Älteren: Es wird jedes Jahr noch mehr verlangt, was man machen, können oder wissen soll.
Ich glaube, wir müssen uns knallhart entscheiden: Entweder eine tiefe Beziehung zu Jesus oder eine tiefe Beziehung zur Welt. Beides geht nicht.
Wir sind aufgerufen, eine Gegenkultur zu schaffen, bewusst eine Antikultur zu leben. Wir müssen Dinge aus unserem Leben entfernen, die nicht nützlich sind, und das hineinholen, was wichtig ist.
Ich möchte euch ermutigen, eure Freizeit zu nutzen, um zu überlegen: Wo habe ich Hobbys, die ich eigentlich nicht brauche? Die mir nicht nützen, die nicht Teil meiner Erholung sind, sondern nur Zeit und Geld kosten?
Wo habe ich schlechte Gewohnheiten? Abends noch eine Serie schauen, Computerspiele, was auch immer.
Frage dich: Ist das nützlich? Hilft es mir, dass meine Beziehung zu Gott tiefer wird? Ehre ich Gott damit? Wahrscheinlich ist es reine Zeitverschwendung.
Ich möchte euch Mut machen, euer Leben zu prüfen.
Wenn eure Kinder Läuse haben – und wenn ihr das noch nie hattet, seid froh! Falls doch, braucht ihr zwei Dinge: Ein Mittel, das die Läuse tötet, und einen feinen Läusekamm.
Was ich euch wünsche, ist, dass ihr euch irgendwann mal eine Stunde Zeit nehmt, vielleicht im Wald, und Gott fragt: Herr, wenn ich einen geistlichen Läusekamm durch mein Leben ziehe, was fällt da raus? Was brauche ich nicht? Wo kann ich Freiräume schaffen für das, was wirklich wichtig ist?
Diese Freiräume können Zeit mit meinen Kindern, mit meinem Ehepartner und vor allem mit Gott sein.
Noch einmal: Die Begeisterung für Gott ist eine Funktion der Zeit, die wir mit ihm verbringen, der guten Zeit.
Wenn du zu wenig Zeit mit Gott hast, wird es auf Dauer nur ein Nebeneinanderherleben sein. Das wird dir irgendwann keine Freude mehr machen.
Du bist vielleicht noch dabei, weil du in einer Gemeinde bist. Die Gemeinde gibt deinem Glauben eine gewisse Stütze und Regelmäßigkeit, aber mehr wird es nicht sein.
Das war die erste Frage. Jetzt gehen wir weiter.
Leben im Licht: Gottes Charakter und unser Wandel
1. Johannes Kapitel 1, Verse 5-29 kann man sehr schön überschreiben mit „Das Leben im Licht“. Diese Überschrift passt gut über den Abschnitt, auch wenn es keine klare, vernünftige Struktur gibt. Es ist wenigstens eine Art Überschrift: Leben im Licht.
Der Text beginnt mit dem Fundament, das wir als Gläubige haben, nämlich Gott, der Licht ist. Das steht in 1. Johannes 1, Verse 5-7. Dort heißt es: „Dies ist die Botschaft, die wir von ihm, von Jesus, gehört haben und euch verkündigen.“ Welche Botschaft hat Jesus gebracht? Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis.
Johannes beschreibt hier mit „Gott ist Licht“ den Charakter Gottes. Achtung: Gott wird dadurch nicht umfassend beschrieben. Er ist nicht nur Licht. An anderer Stelle heißt es, dass Gott Liebe ist, Gott Geist ist, Gott ein verzehrendes Feuer ist. Man kann noch mehr über Gott sagen. Aber wenn man sich Johannes anschaut und den Schwerpunkt, den er im ersten Johannesbrief setzen will, dann ist ihm wichtig: Gott ist Licht.
Licht ist ein Bild, gerade im Alten Testament, für Wahrheit, für das Gute, für Rettung und für Gerechtigkeit. Zum Beispiel Psalm 27, Vers 1: „Der Herr ist mein Licht und mein Heil.“ Dort steht: „Der Herr ist mein Licht und mein Heil.“ Das zeigt, dass Licht für Rettung steht.
Oder Psalm 36, Vers 10: „Denn bei dir ist die Quelle des Lebens, in deinem Licht sehen wir das Licht.“ Das heißt, in deiner Wahrheit sehen wir die Wahrheit.
Oder Jesaja 5, Vers 20: „Wehe denen, die das Böse gut nennen und das Gute böse, die Finsternis zu Licht machen und Licht zu Finsternis.“ Dort wird deutlich, dass Finsternis das Böse ist und Licht das Gute.
So wird der Begriff Licht verwendet: bildhaft für Wahrheit, für das Gute, für Rettung und Gerechtigkeit. Entsprechend ist Finsternis ein Bild für Irrtum, für das Böse, für Verlorenheit und Ungerechtigkeit.
Wenn Jesus auf die Welt kommt, verkündet er: Gott ist Licht. Bei Gott finden wir Wahrheit, das Gute, Rettung und Gerechtigkeit. Und in ihm ist keine Finsternis.
Kennt ihr Yin und Yang? Das ist ein asiatisches Konzept, bei dem Gott gleichzeitig gut und böse ist. Man versucht damit zu erklären, warum es auf der Welt Gutes und Böses gibt. Man könnte denken: Wenn es beides gibt und Gott die Welt gemacht hat, muss er wohl beides sein, Yin und Yang.
Jetzt kommt Johannes und sagt: Kein Yin, kein Yang, nur Yin. Er ist nur gut, und keinerlei Finsternis ist in ihm. Damit wird die Frage, woher das Böse kommt und wie das mit dem Leid funktioniert, nicht leichter, das gebe ich zu, aber auch nicht unlösbar.
Gott kennt in sich keinerlei Finsternis. Wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben, dann ist das nichts anderes, als wenn wir uns hinstellen und sagen: Wir sind Christen. Das ist das, was einen Christen ausmacht: Ich habe Gemeinschaft mit Gott.
Wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben und wandeln in der Finsternis – ihr versteht die Begriffe jetzt schon: Wandeln heißt, ich gehe, wandeln ist ein Bild dafür, wie ich mein Leben gestalte – wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben, Christen sind, und wandeln in der Finsternis, das heißt, ich tue Ungerechtigkeit, ich tue das Böse, ich lebe Unwahrheit. Was dann?
Dann hast du zwei Probleme. Punkt eins: Dann lügen wir. Warum lügen sie? Na ja, wenn du permanent Böses tust und sagst, du bist Christ, dann stimmt das einfach nicht. Du streichst mit deinem Leben durch, was du bekennst. Du stellst dich hin und sagst, ich bin Christ, aber jeden Tag widerlegst du das mit deinem Leben.
Wenn Gott Licht ist und keine Finsternis in ihm, und du lebst die ganze Zeit finster, aber du sagst, ich gehöre zum Licht, dann entsteht eine Spannung. Das ist einfach nicht wahr.
Jemand, der zu Gott gehört, lebt im Licht. Wir werden sehen, dass das nichts mit sündloser Perfektion zu tun hat. Aber du lebst im Licht, dein Leben ist geprägt von Licht.
Wenn dein Leben von Finsternis, von Sünde, von Boshaftigkeit geprägt ist und du dich aber hinstellst und sagst: Ich bin Christ, dann sagt Johannes: Du lügst! Du lügst nicht nur, sondern du tust nicht die Wahrheit. Die Wahrheit tun heißt, Gutes tun.
Im Johannesevangelium, Johannes 3, lese ich euch gerade mal die Verse 20 und 21 vor. Dort taucht diese Formulierung „Wahrheit tun“ auf. Wir formulieren das so nicht, aber wir müssen uns an Johannes gewöhnen.
Dort heißt es in Johannes 3, Vers 20: „Denn jeder, der Arges tut, also jeder, der Böses tut, hasst das Licht und kommt nicht zu dem Licht.“ Wer aber die Wahrheit tut – merkt ihr? Böses tun, Wahrheit tun –, wir merken, dass Wahrheit tun das Gegenteil von Arges oder Schlechtes oder Böses tun bedeutet.
Der, der in der Finsternis lebt und sich hinstellt und sagt, ich bin Christ, der lügt nicht nur, weil er sagt, ich gehöre dazu, obwohl er nicht dazugehört, sondern er tut einfach auch weiterhin immer das Böse.
Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist – und jetzt kommt dieser Gedanke, den ich vorhin angedeutet habe, noch einmal mit Schärfe –, wenn wir im Licht wandeln, also wenn wir das Gute tun, wie Gott das Gute tut, dann…
Ich würde ja so gerne Johannes hier an dieser Stelle anders formuliert haben, weil es mir eigentlich noch nicht reicht. Johannes ist mir ein Stück weit zu sehr Johannes. Aber es ist okay, Johannes ist toll.
Ich meine nur, Johannes formuliert hier aus einer Perspektive heraus, die sehr stark den einzelnen Gläubigen mit seiner Verantwortung für sein Leben in den Mittelpunkt stellt. Wenn man Johannes zu viel liest, kann man den Eindruck gewinnen, als wäre da einer mit einer Knute hinter einem, der ständig sagt: Go, go, go, go, go!
Da muss man ein bisschen vorsichtig sein. Eigentlich ist es ja so: Wenn wir im Licht wandeln, dann tun wir das nur, weil Gott in uns lebt. Also eigentlich lebe gar nicht ich im Licht, sondern Jesus lebt im Licht durch mich. Versteht ihr den Unterschied?
Aber irgendwie muss ich doch leben. Diese Symbiose zwischen Gott auf der einen Seite, der durch seinen Geist in mir lebt und sein Leben leben will, und mich mit einem neuen Herzen versorgt, mit Kraft versorgt, mit Leidenschaft versorgt, und meinem eigenen Willen, der immer wieder zu Gottes Werben Ja sagen muss – das ist Christsein.
Johannes löst das im ersten Johannesbrief ganz stark dahingehend auf, dass er unsere Seite, die menschliche Seite, dieses „Lass dich ein darauf, das zu leben, was als Option, als Chance in dir drinsteckt“, sehr betont. So dass die andere Seite, dass Gott in mir alles wollen und wirken zu seinem Wohlgefallen schafft, ein bisschen hinten runterfällt.
Habt aber bitte die ganze Zeit das im Blick. Sonst könnte man, wenn man nur den ersten Johannesbrief liest, schnell glauben, es geht beim Christsein immer nur ums Tun, tun, tun, tun, tun, tun – ja, streng dich an, ja, noch eine Schippe oben drauf.
Das ist nur die halbe Wahrheit. Aber es ist eine halbe Wahrheit, und diese halbe Wahrheit dürfen wir uns anschauen.
Also: Wenn wir im Licht wandeln, wie er im Licht ist, haben wir Gemeinschaft. Und jetzt kommt es wieder: miteinander. Irre! Wieder würden wir denken, es muss doch heißen: Gemeinschaft mit Gott.
Wenn ich nicht sündige, habe ich Gemeinschaft mit Gott. Ja, maybe, aber das ist nicht das, worum es ihm geht. Ihm geht es darum, dass Heiligung uns verbindet.
Wenn du heilig lebst und ich heilig lebe, weißt du, was wir dann haben? Dann sind wir ein Team, dann können wir gemeinsam etwas reißen. Darum geht es.
Es geht darum, dass, wenn Christen sündigen, ja, ihre Beziehung zu Gott geht verloren. Aber es geht noch etwas viel Schlimmeres verloren: Das Miteinander, das Gott geschaffen haben wollte, damit wir auf dieser Welt das Evangelium verkündigen.
Gemeinschaft, Dienstgemeinschaft, Auftragsgemeinschaft geht verloren. Und deswegen, wenn wir anfangen, geistlich zu leben, Sünde zu hassen und zu lassen, an der Stelle haben wir wieder Gemeinschaft miteinander.
Und es passiert etwas Wunderwunderbares: Das Blut Jesu, seines Sohnes, reinigt uns von jeder Sünde.
Also das eine ist: Wenn wir im Licht wandeln, finden wir zurück in die Gemeinschaft. Das zweite: Da gibt es etwas, nämlich das Blut Jesu. Der Begriff „Blut Jesu“ steht für seinen Tod am Kreuz.
So wie das Weiße Haus für die amerikanische Regierung steht, steht das Blut Jesu, das am Kreuz geflossen ist, für das Gesamtpaket.
Das Blut Jesu, seines Sohnes, reinigt von jeder Sünde. Das ist, was Gott tut, wenn wir im Licht wandeln.
Jetzt muss ich euch, ich glaube, ich habe euch das schon mal erzählt, aber ich finde die Geschichte so toll: Was heißt im Licht wandeln, wenn es nicht heißt, keine Sünde tun?
Ganz einfach: Stellt euch vor, ihr macht Urlaub im Süden und wollt nachts, sagen wir um zwei Uhr, noch mal schnell etwas trinken gehen.
Was macht man? Man geht in die Küche. Was macht man in der Küche? Licht an.
Was passiert, wenn man das Licht anmacht? Der Fußboden bewegt sich, da gibt es so kleine Tierchen, die heißen im Englischen lustigerweise Rollipolli, wir nennen sie Kakerlaken, und die kommen raus, wenn es dunkel wird.
Wenn du das Licht anmachst, flitzen die in die nächste Ritze, weil sie kein Licht mögen.
Und jetzt musst du eines verstehen: Im Licht wandeln bedeutet nicht, dass du keine Sünde machst. Du tust Dinge, die falsch sind.
Im Licht wandeln heißt, dass wenn Gott Licht anmacht in deinem Leben, also du liest einen Bibelvers, bei dem du denkst: Ups, dann reagierst du so, dass du nicht in die nächste Finsternisecke flitzt.
Du fängst nicht an, deine Sünde irgendwie wegzuerklären: „Das war ja gar nicht so.“ Du schiebst die Sünde nicht anderen in die Schuhe: „Der ist schuld, ich habe damit gar nichts zu tun, der hat mich nur provoziert.“
Im Licht wandeln heißt, wenn Gott mir Licht gibt über etwas in meinem Leben, was nicht in Ordnung ist, dass ich stehenbleibe, es aushalte, ein Stück erschüttert werde von dem, was Gott sagt, es an mich heranlasse und innerlich unter dem, was Gott mir dazu mutet, auch zerbreche und sage: Ja, Gott, du hast Recht, ich muss Buße tun.
Und das ist jetzt, sage ich mal, für diejenigen, die schon zwanzig, dreißig Jahre gläubig sind, von größter Bedeutung.
Man kann zwanzig, dreißig Jahre lang gläubig sein und schon lange nicht mehr tief erschüttert worden sein von der eigenen Sündhaftigkeit.
Man kann sich sogar mit dem Gedanken anfreunden: In meinem Leben gibt es eigentlich gar keine Sünde mehr.
Man merkt das daran, dass wir, obwohl im Vaterunser steht, dass wir jeden Tag beten sollen: „Vergib uns unsere Schuld“, vielleicht gestern gebetet haben, ohne eine einzige Sünde zu bekennen.
Was bringen wir damit zum Ausdruck? Da ist nichts, oder das, was ist, ist mir egal.
Jetzt kommt Johannes und sagt: Das darf nicht sein! Sünde muss in irgendeiner Weise unter das Blut Jesu gebracht werden.
Frage: Wie? Kommt gleich. Aber das ist wichtig.
Wenn wir im Licht wandeln, dann heißt das, dass wir zueinander finden in dieser Gemeinschaft der Gläubigen.
Aber es heißt auch, dass wir zur Reinigung unserer Sünden finden.
Deswegen 1. Johannes 1, Verse 8 bis 2,2: Eine erste Bedingung für den Wandel im Licht.
Diese erste Bedingung ist relativ simpel: Sie heißt, gib die Sünde auf.
Wenn du wissen willst, ob du echt bist, dann stell dir einfach die Frage: Wie stehe ich zur Sünde? Was mache ich, wenn Gott in mein Leben hineinscheint mit seiner Wahrheit?
Da kommt irgendein dusseliger Prediger aus Berlin und sagt irgendwas Hässliches wie: „Du musst mehr Zeit im Gebet verbringen“, sowas.
Und du merkst, eigentlich hat er Recht.
Und was ist dein nächster Gedanke? Aber.
Und alles, was nach diesem Aber kommt, ist Wandeln in der Finsternis.
Ja, weil es der Versuch ist, Gott gleich wieder wegzustoßen, gleich wieder: Ah, bloß nicht!
Was ich euch für diese Freizeit wünsche, ist, dass ein bisschen Raum da ist, wo du Dinge an dich heranlässt.
Hey, wir leben aus Gnade!
Versteht ihr? Wir sind so unglaublich privilegiert.
Wir sind die einzigen Menschen im Universum, die ehrlich zugeben dürfen, dass sie die letzten Säcke sind.
Wir haben nichts zu verlieren, weil wir einem Gott gegenüberstehen, der das eh weiß.
Für den Fall, dass du dich blöd fühlst: Gott weiß, dass du nur die Hälfte von dem fühlst, was wahr ist, vielleicht nur ein Drittel.
Du bist viel schlechter, dümmer, unbrauchbarer, als du dir vorstellen kannst.
Und trotzdem hat Gott Ja zu dir gesagt.
Das ist Leben aus Gnade.
Deswegen darf ich mit jedem kleinen Fehler, der mir deutlich wird an meinem Leben, zu Gott kommen und sagen: Herr, ich komme vor den Thron der Gnade, weil ich Barmherzigkeit brauche, ich brauche dich jetzt, ich brauche dich.
Wir dürfen das.
Darum geht es jetzt: so ein Stück diese Spannung zu leben.
Also Leute, die Sünder sind, die Sünde tun, im Licht wandeln und dafür sorgen, dass das, was als Option im Raum steht, dass das Blut Jesu uns reinigt.
Das muss wirklich passieren.
Hört euch das an: Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, also dass wir keine Sünder sind – und das musst du nicht sagen, du kannst das einfach auch leben, indem du nie Sünde bekennst, indem du dir nie Gedanken über Sünde in deinem Leben machst –, aber wenn wir das tun, betrügen wir uns selbst.
Du betrügst dich, weil es nicht stimmt. Du bist Sünder.
Lass Gott auf dein Leben schauen, und er wird etwas finden. Und das ist gut so.
Die Wahrheit ist nicht in uns, wenn wir so leben.
Jetzt kommt die Frage: Wie werde ich meine Sünden los, wenn ich nicht wie eine Kakerlake bei jedem Mal, wenn mich etwas trifft, in die Ecke renne und mich vor Gott verstecken will, sondern im Licht stehen bleibe?
Was muss ich tun?
Wenn wir unsere Sünden bekennen – das ist der Punkt.
Sünde bekennen.
Gott macht es dir ganz leicht.
Er ist am Kreuz für dich gestorben.
Er hat dich in seine Familie adoptiert.
Aber er möchte eine Sache: Er möchte, dass, wenn du etwas falsch machst, du hingehst und sagst, ich habe falsch gehandelt.
Bekennen, griechisch homologäen, dasselbe sagen, bedeutet einfach nur, ich nenne die Sache so, wie Gott sie nennt.
Wenn ich gelogen habe, dann sage ich nicht: „Es war eine Notlüge, es ist mir halt so rausgerutscht.“
Nein, dann sage ich: „Es ist eine Lüge. Bitte Gott, vergib, ich habe gelogen.“
Und wenn ich geklaut habe, sage ich: „Ich habe geklaut.“
Und wenn ich unzüchtig war, dann war ich unzüchtig.
Ich nenne die Dinge beim Namen.
In dem Moment, wo ich das tue, zu Gott gehe und mit einer inneren Haltung, auch mit dem Wunsch, es nicht wieder zu tun, sage: Boah, das war falsch, es tut mir leid.
Oft genug gehen wir zu Gott und sagen: Herr, es tut mir heute leid, und ich weiß schon, ich werde es wieder tun, weil wir so sind.
Falls du das nicht kennst: Lass uns reden.
Ich kenne das, dass ich zu Gott gehe, Sünden bekenne und weiß, es wird mir wieder passieren.
Ich bin da noch nicht durch, das ist noch zu tief in mir drin.
Das ist aber egal.
Hier geht es darum, für jede einzelne Sünde, die passiert ist, zu Gott zu gehen und zu sagen: Herr, ich komme zum siebenundneunzigsten Mal in der Sache, ich werde sie wieder bekennen und mich von dir reinigen lassen.
Denn du bist treu, ich war es nicht, aber du bist es.
Du bist gerecht, das heißt, du lässt nur einmal jemanden am Kreuz für meine Sünde bezahlen.
Deswegen darf ich jetzt kommen, und du tilgst die Schuld meiner Sünde.
Du bist treu und gerecht, dass du uns die Sünden vergibst und uns reinigst von jeder Ungerechtigkeit.
Solltest du in deinem Kopf den Gedanken haben, es gibt irgendwas, wovon Gott dich nicht reinigen kann, dann lerne den Vers auswendig: „Jede Ungerechtigkeit.“
Was auch immer du angestellt hast, Gott kann dich davon reinigen. Es gibt nichts, absolut nichts.
Vielleicht gibt es eine Sache, die du schon seit Jahren versteckst.
Da traust du dich nicht zu Gott.
Bring jede Ungerechtigkeit vor Gott.
Vielleicht ist die Freizeit gut dazu geeignet, diese Gespräche mit Gott zu suchen, wo wir ehrlich werden, wo wir aufs letzte Jahr zurückblicken und ein bisschen heulen, weil wir es einfach verschludert haben, weil wir uns Dinge vorgenommen haben, die nicht geworden sind, weil wir versagt haben.
Hey, dann mach das mit Gott klar, tritt ins Licht.
Gott wird dich reinigen.
Wenn wir sagen, dass wir nicht gesündigt haben, also wenn wir das Gegenteil tun, wenn wir vielleicht sagen: Solche Leute können euch begegnen, es gibt solche Christen, ich habe nach meiner Bekehrung nicht mehr gesündigt.
Da bin ich immer kurz vor einem Lachkrampf, wenn das jemand sagt.
Dann machen wir Gott zum Lügner, weil Gott sagt: Du sündigst.
Gott schafft ein Mittel, nämlich das Bekennen, damit wir von Sünde gereinigt werden.
Nicht deshalb, weil kein Christ nach seiner Bekehrung mehr sündigt.
Es gibt dieses Mittel, gereinigt zu werden von seinen Sünden, genau deshalb, damit wir zu ihm gehen und väterliche Vergebung erfahren, die wir brauchen.
Es geht bei dieser Vergebung nicht um eine richterliche Vergebung.
Es geht nicht darum, dass wir ewiges Leben bekommen – das haben wir schon.
Es geht darum, dass wir den Genuss der Beziehung mit Gott wiederherstellen.
Jeder, der in einer Beziehung lebt, ob das ein guter Freund ist oder ein Ehepartner, ist völlig egal, kennt das.
Man muss sich aussprechen, damit es wieder funktioniert.
Das ist das, worum Gott uns bittet und wo Gott sagt: Ich bin da, ich bin treu, ich stehe an deiner Seite, ich stehe zu dir, egal was du getan hast.
Ich will dich, ich will dich mit mehr Leidenschaft, als du dir vorstellen kannst.
Ich weiß nicht, was euer Lieblingsgottesname im Alten Testament ist.
Meiner steht in 2. Mose 34: „Der Herr, Gott, sagt: Mein Name ist eifersüchtig.“
Wie heißt dein Gott? Eifersüchtig.
Er will mich mit niemandem teilen.
Gut, dass du das weißt.
Das zeigt sich hier.
Gott sagt: Ich will.
Und dein Prediger hat es so ausgedrückt: Gott hasst Sünde, weil Sünde dich hasst.
Schöner Vers, oder?
Gott hasst Sünde, weil Sünde dich hasst.
Wo das, was in deinem Leben an Sünden passiert, da will Gott dazukommen und sagen: Hey, das machen wir wieder gut.
Das ist unsere Chance als Kinder Gottes, und das müssen wir einfach wagen.
Wir machen Gott zum Lügner, wenn wir uns hinstellen, dass wir das nicht brauchen.
Sein Wort ist nicht in uns.
Klar, wir leben nicht nach dem, was die Bibel sagt.
Jetzt könnte jemand sagen: Jürgen, ist das nicht so einfach? Gibst du damit nicht einen Freibrief fürs Sündigen, wenn du einfach sagst: Egal, was du angestellt hast, geh einfach zu Gott, bekenne das, und alles ist wieder gut?
Die Rolle des Beistands und die Gemeinschaft im Kampf gegen Sünde
Kapitel 2, Vers 1
Meine Kinder – und in dem Begriff „Kinder“ steckt etwas sehr Persönliches. Man merkt, dass Johannes als Autor die Empfänger der Briefe doch irgendwie kennt. Ich vermute, dass manche von ihnen auch durch ihn zum Glauben gekommen sind.
Meine Kinder, ich schreibe euch dies, damit ihr nicht sündigt. Die Möglichkeit, Sünde zu bekennen, ist kein Freibrief dafür, möglichst viel zu sündigen. Auf der anderen Seite: Wenn jemand sündigt – und das wird passieren, denn Sünde wird in deinem Leben vorkommen –, dann haben wir einen Beistand bei dem Vater: Jesus Christus, den Gerechten.
Ich habe im Himmel einen, der für mich dort ist. Ich habe einen Beistand im Himmel. Ich habe auch einen Beistand hier auf der Erde, das ist der Heilige Geist. Aber ich habe einen Beistand im Himmel, Jesus Christus, und dieser Beistand steht mir bei.
Wenn ich mit meiner Sünde nicht mehr weiterweiß – wenn du sagst: „Jürgen, das ist ja schön und gut, was du hier predigst, aber es gibt Sünde in meinem Leben, an der knabbere ich schon Jahrzehnte herum und ich werde sie nicht los. Eigentlich habe ich schon einen heimlichen Frieden mit ihr geschlossen, weil ich nicht mehr weiß, wie ich mit dir umgehen soll“ – dann hast du einen Beistand im Himmel. Und du hast die Chance, Sünde zu bekennen.
Ich möchte dir hinter dem Wort „Bekennen“ noch eine Idee schildern: Das Wort „Bekennen“ von Sünde taucht an vier Stellen im Neuen Testament auf. Einmal hier in 1. Johannes 1,9 und dann noch an drei anderen Stellen. Jedes Mal geht es an den anderen Stellen nicht darum, Gott die Sünde zu bekennen, sondern Gott vor anderen Menschen zu bekennen. Also geht es in den anderen Stellen darum, dass man seine Sünde Menschen bekennt.
Ich möchte dir einen Tipp geben: Wenn du wirklich sagst, ich hänge in einer Sünde fest, aus der ich einfach nicht herauskomme, dann schnapp dir Menschen, die an deine Seite treten. Wir sind eine Gemeinschaft, und wir kämpfen auch gemeinsam gegen Sünde. Schnapp dir Menschen, bekenne ihnen deine Sünde und weine mit ihnen.
Ich habe solche Brüder an meiner Seite. Wenn ich nicht mehr weiterweiß, wie ich mit Sünde umgehen soll, gehe ich zu ihnen, bekenne es ihnen und genieße es, dass sie ihren Arm um meine Schulter legen, mit mir weinen, wenn Dinge schiefgelaufen sind, und mir das nochmal zusprechen. Dann weiß ich: Da ist jemand.
Traut euch, Gemeinschaft als das zu sehen, was sie ist: eine Chance, gemeinschaftlich gegen Sünde zu kämpfen. Traut euch raus aus eurer dunklen Ritze, tretet ins Licht – auch ins Licht der Gemeinschaft. Bekennt Sünde und lasst uns gemeinsam dagegen kämpfen.
Wir haben einen Beistand. Du musst keine Angst haben. Im Himmel ist einer, der dich kennt, der dich liebt und der dich will. Dieser Jesus Christus ist die Sühnung für unsere Sünden. Er hat die Schuld getragen und Versöhnung erwirkt. Das ist eine Realität.
Das, was du an Sünde bekennst, macht dich nicht gerecht vor Gott. Du trittst als gerechtfertigtes, geheiligtes und geliebtes Kind vor Gott. Aber die Sühnung, die Jesus erwirkt hat, wird in deinem Leben dadurch praktisch erfahrbar – auch emotional erfahrbar –, indem du Sünde bekennst, gerade vor anderen Menschen, und sagst: „Ich will das loswerden, und ich werde dagegen kämpfen.“
Der Abschnitt endet damit, dass diese Sühnung für unsere Sünden gilt – nicht allein für die unseren, sondern auch für die ganze Welt. Das, was Jesus am Kreuz getan hat, und das wir uns auf sehr subjektiv persönliche Weise dadurch in unser Leben holen, dass wir Sünde bekennen, steht allen Menschen als Option offen.
Das ist das Phantastische: Nicht allein für die Unseren, sondern für die ganze Welt. Jeder, der will, kann gerettet werden. Die Sühnung ist da, sie ist geschehen. Und wir leben in dieser Sühnung. Versteht ihr? Wir leben in einer Beziehung, in der diese Sühnung auf allen Ebenen praktisch die ganze Zeit wirksam ist.
Du bist Kind Gottes, du bist geliebt, du bist gewollt, und du bist neu gemacht. In deinem Leben möchte Jesus sichtbar werden. Wenn du sagst: „Ja, das will ich, aber manchmal schaffe ich es nicht“, dann sagt Gott nicht: „Das habe ich mir anders vorgestellt, mit so jemandem wie dir kann ich nichts machen.“ Sondern Gott sagt: „Hey, ich weiß das. Und ich habe Vorkehrungen getroffen, damit dein Wandel im Licht gelingt.“
Bleibt nur die Frage, wie es um unser Leben steht. Und das ist die Abschlussfrage für euch jetzt: Wie sieht es wirklich aus, wenn du dir die letzte, die vorletzte und die vorvorletzte Woche anschaust? Ganz Hand aufs Herz: Was sind die Dinge, bei denen du sagst: „Boah, die sind echt schiefgelaufen“?
Schreib das auf. Falls du das noch nicht getan hast, beginne heute damit, eine Sündenliste zu schreiben. Du brauchst sie für deine Fürbitte, in der du für dich selbst bittest. Wenn du sie hast: Wie lange ist das schon in deinem Leben? Warum gehen Dinge nicht weg? Vielleicht, weil du dich schämst, sie anderen zu bekennen? Oder weil du es wirklich nicht anpacken willst? Weil du innerlich schon aufgegeben hast und denkst, da kann mir eh keiner mehr helfen?
Vielleicht hast du schon gedacht: „Schön, dass in der Bibel steht, das Evangelium ist eine Kraft, die uns selig macht – aber ich spüre von dieser Kraft nichts.“ Wo stehst du wirklich? Nicht, wo du schöne christliche Lieder singst, sondern wo stehst du, wenn du allein mit Gott bist und auf den gestrigen Tag zurückblickst? Gibt es da in deinem Leben Sünde, die gestern passiert ist? Wenn ja, wo? Hast du sie bekannt? Oder brauchst du Hilfe, zum Beispiel von deinen Geschwistern?
Bitte trau dich daran. Woher weiß ich, dass ich gläubig bin? Antwort eins: Ich will im Licht wandeln. Aber nicht nur das: Ich wandle im Licht. In dem Moment, in dem ich eine Sünde in meinem Leben erkenne, versuche ich, sie mit aller Macht herauszuwerfen.
Und selbst wenn es mir nicht gelingt – und ich glaube, es gibt Sünde im Leben von Christen, die wir nicht sofort loswerden können, weil wir entweder noch nicht wissen, wie oder weil es noch nicht dran ist, oder aus anderen Gründen –, glaube ich, dass Gott uns manchmal auch in schwierigen Situationen und Versuchungen lässt, um uns zu prüfen und zu sehen, wie es wirklich um uns steht.
Aber eine Sache dürfen wir nie tun: Wir dürfen nie aufgeben. Die Frage ist: Hast du an irgendeiner Stelle aufgegeben? Und die andere Frage: Hast du vielleicht eine Sünde in deinem Leben, die dir völlig klar ist, bei der du sagst: „Die müsste ich eigentlich schon lange losgeworden sein, aber eigentlich will ich da nicht ran. Die gefällt mir sogar, ich finde sie ganz toll“?
Genau, traut euch daran! Wir werden noch mehr zu dem Thema hören. Johannes wird da nicht aufhören. Ja, das war nur der erste „Bamm“, es kommt noch mehr. Ihr werdet sehen, es geht schon heute Abend weiter mit dem Thema.
Gut, bis dahin: Was jetzt? Mittagessen, oder?