Einführung in die Ewigkeit Gottes
Wir haben als Predigttext Offenbarung 4 gewählt und blicken heute am Totensonntag in die Ewigkeit Gottes.
Danach sah ich, und siehe, eine Tür war im Himmel aufgetan. Die erste Stimme, die ich gehört hatte und die mit mir redete wie eine Posaune, sagte: „Steig herauf! Ich will dir zeigen, was nach diesem geschehen soll.“
Alsbald kam der Geist über mich, und siehe, ein Thron war im Himmel gesetzt. Auf dem Thron saß einer, der anzusehen war wie der Stein Jaspis und Sarder. Ein Regenbogen war um den Thron, anzusehen wie ein Smaragd.
Um den Thron waren vierundzwanzig Throne, und auf ihnen saßen vierundzwanzig Älteste. Sie waren mit weißen Kleidern angetan und trugen goldene Kronen auf ihren Häuptern.
Von dem Thron gingen Blitze, Stimmen und Donner aus. Vor dem Thron brannten sieben Fackeln mit Feuer, welche die sieben Geister Gottes sind.
Vor dem Thron war es wie ein gläsernes Meer, gleich Kristall. Mitten am Thron und um den Thron waren vier himmlische Gestalten, voll Augen, vorne und hinten.
Die erste Gestalt war gleich einem Löwen – das sind die Schöpfungskräfte Gottes. Die zweite Gestalt war gleich einem Stier. Die dritte hatte ein Angesicht wie ein Mensch, und die vierte Gestalt war gleich einem fliegenden Adler.
Jede der vier Gestalten hatte sechs Flügel. Sie waren außen herum und innen voll Augen und hatten keine Ruhe. Tag und Nacht riefen sie: „Heilig, heilig, heilig ist Gott, der Herr, der Allmächtige, der da war und der da ist und der da kommt.“
Wenn die Gestalten Preis, Ehre und Dank gaben dem, der auf dem Thron saß und von Ewigkeit zu Ewigkeit lebt, fielen die vierundzwanzig Ältesten nieder vor dem, der auf dem Thron sitzt. Sie beteten ihn an, der von Ewigkeit zu Ewigkeit lebt, legten ihre Kronen vor dem Thron nieder und sprachen:
„Herr, du bist würdig, Preis und Ehre und Kraft zu nehmen, denn du hast alle Dinge geschaffen. Durch deinen Willen haben sie das Wesen und den Sinn erhalten.“
Herr, gib uns jetzt diesen Blick in deine Ewigkeit! Amen!
Die Sehnsucht nach Freiheit und die Macht des Todes
Liebe Gemeinde,
heute gibt es viele Freiheitsbewegungen in der Welt. Hunderte Millionen Menschen fragen sich, wie sie sich Freiheit vom tyrannischen Joch verschaffen können. Wir wissen es als Deutsche nur zu gut. Wie furchtbar eine Willkürherrschaft, eine Diktatur und eine Entrechtung die Würde eines Menschen in den Schmutz ziehen kann.
Darum können wir mitfühlen, wenn heute Menschen sagen: Wir müssen diese Fesseln, die uns binden, zerbrechen. In unseren Tagen gibt es alle Formen von Freiheitskämpfen. Es gibt den stillen Protest Einzelner. Es gibt den gewaltlosen Protest, so wie heute Morgen in Nordirland, als die Glocken der Kirchen zum Frieden gerufen haben. Es gibt aber auch den gewaltsamen Protest, bei dem Menschen sagen, ihnen bleibt nichts anderes mehr, als zur Waffe zu greifen.
Gerade wir, die wir in Freiheit leben, wissen: Selbst wenn man äußerlich völlige Freiheit hat, kann man dennoch unter dem Joch von Tyrannen stehen. Dann merkt man plötzlich: Das war nur ein Teil der Freiheit. Die andere Unfreiheit wird jetzt noch viel deutlicher sichtbar.
Heute sehen wir ganz klar, wer diese Welt terrorisiert. Wo der Tyrann wütet, der unsere Welt knechtet und knebelt, da ist der Tod. Man hat immer wieder versucht, in Kunstbildern darzustellen, was der Tod ist. Dabei konnte man immer nur einen schwachen Teil einfangen: die grausame Knochenhand des Gerippes, die hineingreift, dort, wo plötzlich fröhliche Kinder im Reigen tanzen, und eines herausgreift.
Wir denken an zwei liebende Menschen, und die Knochenhand greift zu und reißt eines heraus – mitten aus der Arbeit, mitten aus der Schönheit dieser Welt. Es gibt keinen einsichtigen Grund, weshalb man überhaupt die brutale Unterdrückung dieses Tyrannen verstehen könnte. So willkürlich und gemein herrscht er. Es gibt nicht einmal einen Vergleich mit irgendeinem menschlichen, blutrünstigen Tyrannen.
Der Tod hat Freude am Zerschlagen. Er hat Freude daran, dort einzugreifen, wo das blühendste, fröhlichste Leben herrscht. Und es gibt keinen Sinn, keine Regel, keine Einsicht in seine Auswahl und in sein Wirken.
Der Widerstand gegen den Tod und die Hoffnung im Glauben
Ich bin in den letzten Jahren mit vielen von Ihnen am Grab gestanden. Aber wenn Sie nur eines begriffen haben: Ich wollte nie meinen Segen dazugeben zu dem, was der Tod tut. Ich will mich mit Ihnen auflehnen, und ich mache nicht mit denen mit, die dann sagen: „Nun ja, wir wollen uns dem beugen.“ Ich will mich nicht beugen.
Wenn Sie es so ausdrücken wollen, dann stehen wir in einer Befreiungsbewegung, die es wert ist, diesen Namen zu tragen. Wir wollen das Joch des Todes zerbrochen haben. Wir wollen heute leben und uns von diesem Tyrannen nicht knebeln lassen.
Wir wollen auch am Grab und in der Trauer sagen: „Du kriegst uns nicht!“ In meiner Todesstunde wünsche ich mir Brüder an meiner Seite, die dann dem Tod, wenn er kommt, entgegenschreien: „Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg? Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gegeben hat!“
Du kannst hier nichts mehr holen, deine Macht. Du bist geschlagen und du bist besiegt in Jesus.
Nur so verstehen Sie jetzt richtig, ob wir wirklich glaubende Christen sind, die eine lebendige Hoffnung haben, ob wir den Tod zerbrechen oder ob das alles nur ein paar billige Vokabeln sind, die wir hier aussprechen.
Durchblick durch die Macht des Todes
Das Erste, was ich Ihnen heute zeigen möchte, ist: Wir können durch die Macht des Todes hindurchschauen.
Mir wirft jemand immer wieder Ausschnitte aus der Bild-Zeitung in den Briefkasten. Dafür bin ich sehr dankbar, denn so bleibe ich auf dem Laufenden, was dort alles an christlichen Themen steht. Das war neulich besonders interessant, als es eine Unruhe um einen Hamburger Pastor gab, dem das Amt entzogen werden musste. Es war ja ein bisschen merkwürdig, was er von der Kanzel erzählt hatte: dass es keinen Gott gibt.
Nun haben offenbar Hamburger Bürger in ihrem Herzen gegenüber der Bild-Zeitung Luft gemacht und gesagt, sie hätten doch einen Glauben. Sie meinten, der Pastor könne mit seinem Unglauben und seiner Gottlosigkeit nicht ganz Recht haben.
Eine Frau trat mit großen Enthüllungen hervor. Sie berichtete, sie sei einmal im OP gelegen, halb tot gewesen. Dort im Krankenhaus habe sie merkwürdige Träume gehabt und Gott ganz genau gesehen. Das wurde in der Bild-Zeitung wunderbar aufgemacht.
Aber, liebe Freunde, von Träumen wollen wir nichts hören. Träume interessieren uns nicht vor dem Tod und seiner brutalen Macht. Es geht nicht um unsere Träume oder um das, was uns irgendeiner erzählt, der sagt: „Ich habe eine Vision gehabt und eine wunderbare, merkwürdige Geschichte erlebt.“ Das interessiert mich nicht.
Mir gefallen mehr die hartgesottenen Gottesleugner. Man trifft sie zwar sehr selten, aber immerhin kann man sie noch treffen. Wenn man mit ihnen redet, sagen sie: „Ach, wissen Sie, erzählen Sie mir gar nichts.“ Manche haben mir sogar gesagt: „Ich glaube erst, wenn jemand einmal vom Friedhof im Leichenhemd herunterkommt, die Heilbronner Straße runter vom Pragfriedhof, und mir erzählt, wie es drüben aussieht, dann glaube ich.“
Dann habe ich immer gesagt: „Das ist geschehen, das ist geschehen, wo denn? In Jerusalem.“ Und wenn sie dann gemerkt haben, was ich meine, sagen sie: „Ja, ja, das gilt natürlich nicht, das ist etwas ganz Besonderes gewesen.“
Wenn wir vom Tod sprechen, dann meinen wir genau das. Es hat nur einer überhaupt das Recht, uns ein Wort zu sagen am Grabe, in der Traurigkeit: Jesus. Der tot war, drei Tage tot war und lebt. Der die Schlüssel der Hölle und des Todes hat, der hat ein Wort.
Und er redet ganz anders als Lazarus nach seiner Auferweckung oder der junge Mann, der in Nain auferweckt wurde. Jesus weiß um die ewige Welt, und er hat den Thron dort bei Gott.
Die geöffnete Tür zum Himmel und die unsichtbare Wirklichkeit
Dort, in diesem Blick, den Johannes tun darf, wird gesagt: Ihm wird eine Tür aufgetan, und plötzlich kann er hindurchblicken.
Ich merke das bei allen Begegnungen mit Trauernden. Es ist wie eine Tür. Man kann an der Tür rütteln, man will hindurch, man will trösten, man will den Menschen Hoffnung geben. Man drückt an der Tür und drückt – doch die Tür öffnet sich nicht. Man klopft an die Tür und sagt: „Die muss doch aufgehen, da muss doch irgendetwas kommen!“ Aber sie geht nicht auf.
Allein der Herr Jesus selbst kann diese Tür öffnen. So hilflos sind wir in all unserem Trostamt, das wir haben. Wir können nur beten: „Herr, mach du jetzt diese Tür auf und lass hier einen glaubenden Menschen hindurchblicken. Du kannst uns große Dinge sehen lassen von deiner neuen Welt, tu dieses Wunder!“
Es ist genauso wie beim Glauben. Wir können immer nur vom Glauben reden. Dann können wir nur sagen: „Aber der Heilige Geist muss uns ein Licht aufstecken.“ Trösten kann man gar nicht – mit bestem Willen nicht. Stattdessen muss Gott selbst an uns handeln. Dieses Wunder muss geschehen, wenn wir traurig und verzagt sind, wenn wir nicht mehr weiterblicken können.
Dann müssen wir rufen: „Herr, gib uns jetzt deinen Geist, dass wir durchsehen durch diese grausame Todeswelt.“
Gottes verborgene Gegenwart und die Offenbarung seiner Herrschaft
Warum verhüllt sich denn Gott? Das ist sein Schutz. Er verbirgt sich vor dem aufrührerischen, mündigen Menschen, der alles unter seine Macht nehmen will und alles mit seiner kritischen Denkweise hinterfragt.
Dann zieht sich Gott zurück in die unsichtbare Welt. Er ist mitten unter uns, aber unsichtbar. Dennoch schenkt er denen, die ihn darum bitten, dass sie verstehen können: Ja, heute ist der auferstandene Herr Jesus hier bei mir. Oder am Grab darf ich wissen, dass ich den Toten nicht nur hier in dieses kalte Erdreich zur Verwesung lege, sondern in die Hand des auferstandenen Herrn zum ewigen Leben.
Jetzt, im Augenblick, darf er hinübergehen und schauen, was er geglaubt hat. Da ruft der Herr den Johannes: „Komm her, steig herauf, ich will dir zeigen, was geschehen soll.“ Gott will uns zeigen, was in seiner ewigen Welt gegenwärtig geschieht und was augenblicklich in der unsichtbaren Wirklichkeit passiert.
Er will nicht, dass wir blind sind und nur auf dieses dunkle Loch starren, wo es ganz finster wird. Es ist etwas Großes, wenn wir uns auflehnen und sagen: Wir wollen diesem Tod sein Recht über uns bestreiten. Wir lassen ihn nicht dauernd über unser Leben wüten, sondern wollen unser Leben heute Gott zur Ehre leben.
Weil wir Sehende sind, weil wir hindurchblicken, weil wir wissen, was Bestand hat. Dabei geschieht etwas Merkwürdiges: Wir sagen, dass das Sichtbare gar nicht das ist, was Bedeutung hat. Das, was wir in die Hand nehmen können und so fassbar ist, ist vergänglich. Das Unsichtbare aber ist ewig.
Wenn man nur beten kann: König, gib uns gesunde Augen, die etwas taugen! Rühre unsere Herzen an, denn das ist die größte Plage, wenn man am Tage das Licht nicht sehen kann.
Die feste Gründung der Gottes Herrschaft
Das war mein erster Punkt: Man kann hindurchschauen – durch diese Macht des Todes.
Der zweite Punkt ist die Gottesherrschaft, die fest gegründet steht. Ich habe Respekt vor all den Menschen, die dem Tod gefasst entgegensehen, auch wenn sie keine Hoffnung auf das ewige Leben haben. Wir begegnen sehr vielen Menschen, die uns diesen Respekt lehren können, die heroisch und heldenhaft in den Tod gehen. Aber ich muss offen gestehen: Ich kann das nicht. Ich habe Achtung vor diesen Menschen, doch ich selbst kann das nicht.
Mir geht es wie Paulus, der sagt: Wenn Jesus nicht wirklich auferstanden ist, dann sind wir Christen die Betrogensten von allen Leuten auf der Welt. Daran hängt alles – ob diese unsichtbare Welt jetzt da ist, ob Jesus uns aus dem Tod erlöst, ob ich eine gewisse Hoffnung habe.
Paulus genügen keine Ideale, an die er sich klammern kann, und er sagt auch nicht einfach: Nun, man lebt eben wenigstens für das Menschliche. Paulus sagt: Ich muss wissen, was kommt. Und das ist die entscheidende Frage für uns. Diese Frage dürfen wir ganz offen immer wieder stellen. Hier dürfen wir auch miteinander lange reden: Ist das wirklich wahr? Dürfen wir solch eine Hoffnung haben, dass uns eine neue Welt offensteht, auf die wir zugehen?
Man kann den Gedanken, den Paulus in 1. Korinther 15 von der Auferstehung weiterführt, noch weiterdenken: Wenn Jesus nicht auferstanden ist, dann ist im Grunde jedes Gebet heute sinnlos. Denn wenn er jetzt nicht hört, wenn er nicht da ist, was soll das Reden dann? Dann ist jede Vergebung der Schuld nur eine grobe Täuschung. Dann ist jede Predigt eine Irreführung von Menschen, eine Lüge. Denn darum geht es wirklich: Ist Jesus auferstanden? Wie ist das jetzt?
Hier sieht Johannes diese Tür aufgetan und hat den Blick durch diese sichtbare Welt hindurch. Er sieht den Thron Gottes, fest gegründet – fest gegründet. Heute steht Gottes Herrschaft felsenfest. Das ist ja gerade immer das Wackelige in unserem Glauben: Ist es wirklich so, dass Gott die Welt in der Hand hat? Ist Gott wirklich der Beständige, der Bleibende und der Mächtige?
Ja, ja, sagt Johannes, ihr müsst das wissen, das ist alles klar. Keiner kann an diesem Thron rütteln oder irgendetwas verschieben. Im Gegenteil: Die Mächtigen der Welt mit ihren Thronen wackeln.
Johannes hat ja mit den Gemeinden damals furchtbar gelitten unter der beginnenden Christenverfolgung der Römer. Als diese Heere der Legionäre durchs Land zogen, marschierten und die Christen verfolgten, wurde ihm gezeigt: Weißt du eigentlich, Gottes Thron steht fest, und er hat alles in seiner Hand.
Die Bedeutung der Symbole um den Thron Gottes
Ich hätte Ihnen gern die einzelnen Ausdrücke hier erklärt, aber ich mache immer einen Unterschied zwischen Bibelstunde und Predigt. Das würde ich in der Bibelstunde erklären, was es mit den Edelsteinen und dem Jaspis auf sich hat.
Wissen Sie, jedes Wort der Bibel hat eine ganz tiefe Bedeutung. Ich kann es hier nicht ausführlich erklären, nur so viel: Der köstlichste Edelstein ist nur ein schwaches Bild für die vollkommene Reinheit Gottes, die wir heute schon ahnen dürfen – von fern und von diesem Thron Gottes aus. Dort gehen Blitze und Donner hervor. Wir würden erschrecken und am liebsten weglaufen. Aber Johannes verkriecht sich nicht. Er weiß, dass Gott seine Mittel auch für die Seinen einsetzt.
Denjenigen, die Gott lieben, müssen alle Dinge zum Besten dienen, egal ob es Blitze oder Donner sind. Ich kann ja von seiner Liebe wissen. Dann sieht Johannes um diesen Thron Gottes einen Regenbogen. Einst sah Noah ihn zum ersten Mal, als er aus der Arche stieg und ihm der Verwesungsgeruch dieser Welt entgegenwehte. Er ging in diese Welt hinein, und über ihr stand der Regenbogen Gottes.
Johannes sieht diesen heiligen, majestätischen Gott mit dem Bund seiner Liebe. „Ich habe meinen Bogen in die Wolken gesetzt, damit du weißt, dass ich dich lieb habe, dass ich dich erlösen will und dass ich dich tragen will.“
Dann steht da: „Und da saß einer auf dem Thron.“ Da saß einer, nicht eine Idee Gottes, nicht ein nebuloses Gottesbild oder ein bloßer Gedanke, sondern da saß eine Person. Gott ist Person, sagt Johannes, und wir wissen es. Er ist König, Richter, Vater. So klar und deutlich redet die Bibel von Gott. Wer diese Basis in seinem Denken verlässt, die das Wort Gottes bildet, hat von Gott nur noch eine blasse Idee. Er entfernt sich völlig von jeder Wirklichkeit, die uns hier geschildert wird.
Dann sieht er diese Fackeln. Ich muss das noch ein wenig ausleuchten: Sieben Fackeln. Das bedeutet, die Vollkommenheit ist damit angedeutet. Die Fackeln sind das Symbol für den Geist Gottes. Gott will seinen Heiligen Geist in diese Welt hineintragen und damit jeden Gedanken der Menschen erleuchten – so wie er es am Pfingstfest getan hat. Diese Fackeln brennen vor dem Thron Gottes.
Die göttlichen Pläne und das Ausharren der Gemeinde
Und Gott sagt: Ich will dir zeigen, alles, was geschehen soll. Ich will dir alles erklären und dir Einsicht geben in die Weltpläne.
Dann fragen wir jetzt aber: Herr, uns interessiert nur eine Sache: Warum lässt du eigentlich den Tod noch wüten? Wenn du ihn schon besiegt hast, dann musst du ihn doch abschaffen. Warum lässt du die Kriege noch zu und die Krankheiten? Warum, Herr?
Er sagt hier, was noch geschehen soll. Die Dinge dieser Welt laufen nach einer inneren Notwendigkeit ab. Sie müssen geschehen.
Warum müssen sie das? Sie müssen ausreifen wie das Korn auf dem Feld. Denn unsere Weltgeschichte läuft ihre Zeit noch ab, die Gott ihr gegeben hat. Die Bosheit der Menschen muss ausreifen, auch die Gemeinde muss ausreifen zum reinen Glauben.
Johannes zeigt ja dann noch viel, wie die Gemeinde ins Martyrium geführt wird und wie die Katastrophen zunehmen. Er beschreibt, wie die Staatsmacht heranreift zum Antichristen, zum Gegenchristus, und die Gemeinde verfolgt. Auf der anderen Seite bleibt die Gemeinde immer einfacher und einfältiger an Jesus, dem Gekreuzigten, als ihrem Herrn.
Zu dieser Reife müssen die Gemeinde und die Welt ausreifen. Und warum versteht Johannes, warum das nebeneinanderhergehen kann, dass wir unter dem Tod noch leben und doch die Todesmacht schon gebrochen ist? Alles, was noch geschehen soll.
Aber der Thron Gottes steht fest, und die Pläne Gottes kommen zum Ziel. Er, der Allmächtige – so wie dann die anbetende Gemeinde vor dem Thron Gottes singt – bringt seine Pläne zu Ende.
Der Lobgesang der überwundenen Gemeinde
Noch ein letzter Gedanke: Heute wird schon Gottes Lob gesungen. Immer wieder gibt uns Johannes in dieser Offenbarung einen Einblick – zum Beispiel in Kapitel sieben und dann wieder am Ende –, wie die Gemeinde bereits vor dem Thron Gottes steht. Diese Gemeinde hat das irdische Leben hinter sich gelassen und überwunden. Es ist die Gemeinde, die im Glauben und im Dienst für Jesus treu geblieben ist.
Man kann verloren gehen, davon ist in der Offenbarung viel die Rede. Aber man kann auch siegen und überwinden, wenn man bis zum Ende festbleibt. Und so stehen sie nun da, singen ihre Lieder und beten diesen Gott an. Dabei denke ich an das Lied von Paul Gerhard, der sagt: „Ach wäre ich da, ach stünde ich schon, o großer Gott, vor deinem Thron und trüge meine Palmen, so wollte ich nach der Engelweise Höhen deines Namenspreis mit tausend schönen Psalmen.“
Was ist die Zeit unseres Lebens, die wir heute noch haben? Unsere jungen Leute haben vielleicht noch etwas mehr Zeit, wenn sie gesund bleiben, als wir, die wir schon ein Stück unseres Lebens gelebt haben. Manche von ihnen denken: „Mir bleibt gar nicht mehr viel Zeit.“ Doch sehen sie das als Vorspiel auf den großen Lobgesang, den wir dann einsingen werden? Trainieren sie diesen Lobgesang heute schon? Dafür gibt uns Gott noch Zeit – damit wir uns einüben, heute im Angesicht des Todes, unsere Lieder zu singen. Lieder von dem Gott, dem allein Lob und Ehre gesungen werden kann.
Wir können so viele Lieder singen vom Erbarmen dieses Herrn, der uns nicht loslässt, sondern sich tief zu uns herunterbeugt. Von diesem Herrn, der uns mit seinen blutigen Nägelmalen trägt. Welch ein Herr, welch ein Herr!
Die Ältesten um den Thron haben Kronen auf dem Haupt. Sie werfen diese Kronen nieder – man möchte sagen in den Staub –, doch in der Ewigkeit gibt es keinen Staub mehr. Sie legen ihre Kronen vor Gott nieder, weil sie sagen: „Ich kann vor diesem Herrn keine Krone tragen.“ Er allein ist würdig, Preis und Ehre, Lob und Dank und Anbetung zu empfangen.
Was wir in dieser Welt an Ehre und Einfluss bekommen, ist nur geliehen von diesem Herrn. Er allein hat Macht.
Heute fallen die Würfel. Heute, am Totensonntag, fällt die Entscheidung, ob unser Glaube etwas sieht von dieser unsichtbaren Wirklichkeit, ob wir hindurchsehen. Das entscheidet über alles. Es entscheidet morgen früh, wie wir unsere Tagesarbeit angehen.
Von dort her hat unser irdisches Leben Sinn, nur von dort her. Nur vom Ziel her verstehe ich heute meine Aufgaben. Und ob wir dann über die Nöte, Ängste und Traurigkeiten hinweg schon heute mit dieser lobenden Gemeinde verbunden sind und diesem Herrn unsere Siegeslieder singen.
Wenn nur der Herr es gibt, dass wir Sehende werden. Wenn nur der Geist Gottes unsere Augen anrührt, damit wir nicht nur Redende sind vom Glauben, sondern solche, die ihn sehen. Amen.
Schlussgebet und Segen
Herr Jesus Christus, du weißt, welche Traurigkeiten uns jetzt bestimmen und wie wir vor uns all das Vergängliche sehen – auch das, was uns in Jahren und Jahrzehnten aus den Händen gerissen wurde. Und dann bleibt uns nichts, auch über den Tod hinaus bleibt uns nichts als allein du.
Du, der du den Tod zerbrochen hast und deinen Sieg vor uns sichtbar machst, stelle alles heute schon in deinen Sieg. Alles, was wir leben, alles, was wir beginnen, alles, was wir anfangen – breite deine Herrschaft so über uns aus, dass in allem deine Auferstehungskraft in uns wirken kann.
Wir wollen dich auch bitten für die vielen traurigen Menschen um uns herum, vor denen wir oft hilflos stehen, weil wir ihnen die Tür nicht öffnen können. Herr, du musst das wirken – auch durch das Zeugnis unseres Glaubens, das wir tun –, damit wir sie aufrichten und ihnen deine ewige Welt zeigen können.
Aber Herr, wir bitten dich auch für alle Menschen, die uns anvertraut sind, für alle unsere Familienmitglieder und Freunde. Wir haben Angst um sie, dass einer von ihnen verloren gehen könnte oder einen Ruf überhört. Herr, gib uns Wachsamkeit und Klarheit im Denken, gerade über der Macht des Todes, damit wir den Menschen deinen Frieden anbieten können, solange es Tag ist.
Gib du auch in unserer Gemeinde, ja in unserer Stadt, in unserem Volk und in der ganzen Welt einen Aufbruch, damit viele Menschen erweckt werden zu lebendigem Glauben an dich.
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Und nun geht unter dem Segen des Herrn:
Herr segne uns und behüte uns.
Herr lasse dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Herr erhebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.
