So, ah ja, sehr gut. Alle sind gut versorgt.
Einleitung: Persönliche Erfahrung und Einführung in den Predigttext
Liebe Gemeinde,
es war in der zehnten Klasse, im Werkunterricht. Wir sollten in diesem Rahmen jeder eine Art Maschine bauen. Meine handwerklichen Fähigkeiten waren von jeher etwas eingeschränkt. Am Ende habe ich natürlich viel zu kurz vor Schluss noch versucht, irgendetwas hinzubekommen.
Die Kunstlehrerin schaute sich das etwas skeptisch an, ein paar Kollegen standen drumherum, so wie das immer war. Dann sagte sie sehr gedehnt: „Ah ja, vier, da sagt ein Freund, der mir etwas Gutes wollte, Plus.“ Daraufhin fragte sie zurück: „Wo ist denn hier das Plus?“ und gab mir eine Fünf. Das war eine sehr schonungslose Zustandsbeschreibung.
In unserer Predigtreihe über den Epheserbrief kommen wir heute an eine Stelle, an der der Apostel Paulus eine ausgesprochen schonungslose Zustandsbeschreibung vornimmt. Der Predigttext, den wir heute Morgen beginnen, ist einer der Schlüsseltexte, die man kennen muss, wenn man die täglichen Nachrichten verstehen will, wenn man die Regungen im eigenen Inneren verstehen will – Hass, Gemeinheit.
Auch wenn man viele andere Stellen innerhalb der Bibel verstehen will, geht das kaum ohne diesen Text zu verstehen, mit dem wir heute beginnen. Besonders brisant ist, dass hier nicht nur etwas bewertet wird, was wir getan haben, sondern dass wir selbst als Person bewertet werden, wir selbst.
Es geht hier also nicht nur um die Sache, sondern auch um die Person. Und mehr noch: Hier äußert nicht nur irgendjemand seine subjektive Meinung über uns, sondern der Anspruch dieses Wortes Gottes ist der, dass hier der einzige, der uns wirklich durchschaut – nämlich der lebendige Gott – uns zeigt, wie es in Wahrheit um uns Menschen steht.
Hier lässt Paulus uns in einen Abgrund schauen.
Die Frage nach dem Menschen: Verschiedene Perspektiven und deren Bedeutung
Oft wundern wir uns, wozu Menschen alles fähig sind und wozu auch wir selbst fähig sein könnten. Diese Frage wird klarer, wenn wir den Text verstehen: Was ist der Mensch?
Viele haben sich daran versucht, die Situation des Menschen zu deuten und zu erklären. Philosophen, Pädagogen, Eltern mit ihrem gesunden Menschenverstand und Psychologen haben unterschiedliche Antworten gegeben.
Friedrich Nietzsche beispielsweise sagte, die Menschheit sei eine kleine, überspannte Tierart, die ihre Zeit hat. Jacques bezeichnete uns als Zigeuner am Rande des Universums, das blind ist für unsere Träume.
Manche haben Teilwahrheiten über den Menschen herausgefunden, wie die Chemiker. Sie sagen, der Mensch bestehe aus 68 Prozent Wasser, 20 Prozent Kohlenstoff, 6 Prozent Sauerstoff, 2 Prozent Stickstoff und 4 Prozent Aschenbestandteilen. Das ist auch eine Definition des Menschen.
Andere wollten den Menschen ganz grundsätzlich erklären, sein Geheimnis verstehen und sein Wesen erfassen. Darwin und Marx etwa haben gesagt, dass der Mensch letztlich ein höher entwickeltes Tier sei.
Freud hat dann eine andere Kränkung gewissermaßen hinzugefügt, indem er davon ausging, dass wir vor allem von unseren Trieben gesteuert und getrieben würden. Diese Triebe machten viel mehr in unserem Leben aus, als wir uns allgemein zubestehen.
Sehr viel schmeichelhafter hat der Humanismus den Menschen gesehen, wenn man etwa an Lessing denkt in seinem Buch „Erziehung des Menschengeschlechts“. Dort wird immer davon ausgegangen, dass wir eigentlich einen guten Kern haben. Dieser gute Kern müsse nur entsprechend erzogen und entwickelt werden, und dann käme man mit dem Menschen schon voran.
Viele der östlichen Religionen lehren ja, dass der Mensch in seinem Kern nicht nur gut, sondern sogar göttlich sei. Er müsse versuchen, an diesen göttlichen Kern heranzukommen, wenn er mit seinen Problemen fertig werden wolle.
Nun, das alles sind nicht nur gedankliche Sandkastenspiele. Davon, wie wir diese Fragen für uns entscheiden, hängt ganz entscheidend ab, wie wir mit uns selbst und mit anderen Menschen umgehen. Wie wir bestimmte Entscheidungen treffen, etwa in unserer Erziehung, welchen Rat oder auch Nicht-Rat wir anderen Menschen geben.
Es hängt sehr stark davon ab, was wir antworten auf diese Grundfrage: Was ist der Mensch?
Die biblische Zustandsbeschreibung: Schonungslos und universell
Es gibt Erklärungen über den Menschen, die ihm schmeicheln, und solche, die ihn beleidigen. Doch keine Erklärung deckt den Zustand des Menschen so schonungslos auf wie die Heilige Schrift.
Ich kenne keinen anderen Text auf der Welt, der das in dieser Weise tut. Oft wird uns ja vor Verallgemeinerungen gewarnt. Man sagt, man könne nicht so grundsätzlich urteilen, jeder Fall müsse für sich betrachtet werden. Das gilt bei der Beurteilung von Menschen natürlich erst recht. Man kann nicht alles über einen Kamm scheren.
Gerade in der Erziehung ist es wichtig, jedem Kind gerecht zu werden – entsprechend seiner Begabung. Wenn zum Beispiel ein Kind, das völlig unmusikalisch ist, auf der Flöte plötzlich eine Tonleiter hinkriegt, dann zählt das ganz anders, als wenn ein hochbegabtes Kind diese Leistung gerade so schafft. Umgekehrt ist das Kind vielleicht im Boxen besser und muss dort entsprechend gefördert werden, während es an anderer Stelle zurückgehalten wird.
Wir müssen also versuchen, jedem gerecht zu werden. Als meine Werklehrerin damals meinen Automaten mit der Note fünf bewertete, hätte sie vielleicht meine handwerkliche Minderbegabung stärker berücksichtigen sollen.
Das Aufregende an dieser Zustandsbeschreibung hier liegt jedoch darin, dass sie für alle Menschen in gleicher Weise gilt. Hier wird nicht differenziert, hier wird nicht relativiert. In dem, was Paulus im Auftrag Gottes schreibt, kommen wir wirklich alle gleich gut oder eben auch gleich schlecht weg.
Kontext des Epheserbriefs: Vom Reichtum des Christseins zur Rückblende
Paulus schreibt an die Christen in Kleinasien. Im ersten Kapitel hat er, wie wir über mehrere Wochen hinweg gesehen haben, den Reichtum des Christseins aufgezeigt. Er sagt: „Leute, seht her, was ihr alles dadurch geschenkt bekommen habt, dass ihr den Weg zu Jesus Christus gefunden habt.“ Freut euch darüber und lobt Gott dafür.
Dann folgt eine große Zäsur, und das zweite Kapitel beginnt. Hier verwendet Paulus gewissermaßen die Technik der Rückblende, wie wir sie aus manchen Filmen kennen. Plötzlich zieht sich ein Schleier, und die Handlung wird in die Vergangenheit zurückversetzt. Genau das macht Paulus hier.
In diesem zweiten Kapitel blickt er zurück in die Vergangenheit der Christen. Er sagt, wie froh ihr darüber sein könnt, jetzt Christen zu sein. Dies könnt ihr noch viel besser einschätzen, wenn ihr den Zustand vergleicht, in dem ihr euch vorher befunden habt. Dann werdet ihr noch dankbarer und erstaunter darüber sein, dass ihr jetzt Christen seid und Gottes Kinder nennen dürft.
Dieses „Vorher“ beschreibt Paulus in den Versen, die Sie vor sich haben. Er zeigt, wie es um den Menschen bestellt ist, bevor er Christ wird. Die Christen sollen das nicht vergessen. Wir werden noch sehen, warum das wichtig ist.
Die universelle Todeserfahrung des Menschen
Und dann folgt eine Zustandsbeschreibung, die für alle gilt.
Schauen Sie in Vers 1: Paulus sagt dort: „Auch ihr wart tot durch eure Übertretungen und Sünden.“ Damit meint er die Heidenchristen, also die Menschen, die ursprünglich Heiden waren und dann zum Glauben fanden.
In Vers 3 sagt er: „Unter ihnen haben auch wir alle ...“ Wenn Paulus „wir“ sagt, meint er im Epheserbrief in der Regel die Judenchristen. Das sind diejenigen, die bereits aus dem auserwählten Volk Gottes kamen, aber ebenfalls den Weg zu Jesus Christus finden mussten.
Er spricht also von „ihr alle“, den Heidenchristen, und von „wir alle“, den Judenchristen. In der letzten Zeile weitet er das noch weiter aus, indem er sagt: „wie auch die anderen“, also alle Menschen.
Was Paulus hier deutlich macht, ist, dass diese Aussage wirklich für alle gilt, ohne Ausnahme.
Die Beschreibung, die Paulus hier gibt, ist eine allgemeine Regel ohne Ausnahmen. Es handelt sich nicht um einige besonders schwierige Exemplare der Menschheit, sondern um die Situation des ganz normalen Menschen – Ihre und meine.
So waren Sie, Paulus und ich, bevor wir Christen wurden. Und wenn Sie noch kein Christ sind, gilt diese Zustandsbeschreibung für Sie zurzeit immer noch.
Die dramatische Aussage: Der Mensch ist geistlich tot
Was ist der Mensch? Die erste Eigenschaft, die Paulus hier über den Menschen festhält, könnte dramatischer kaum sein. Wir lesen im Text: „Auch ihr wart tot durch eure Übertretung und Sünden.“ Man kann es auch so übersetzen: „in euren Übertretungen und Sünden, indem ihr früher gelebt habt nach der Art dieser Welt, unter dem Mächtigen, der in der Luft herrscht, nämlich dem Geist, der zu dieser Zeit am Werk ist, in den Kindern des Ungehorsams.“
Unter ihnen haben auch wir alle einst unser Leben geführt, in den Begierden unseres Fleisches und den Taten, dem Willen des Fleisches und der Sinne. Man kann es auch übersetzen mit „und den Gedanken“ und waren Kinder des Zorns von Natur aus, wie die anderen auch. So weit.
Das Erste, was Paulus hier sagt, ist: Der normale Mensch ist tot. „Auch ihr wart tot in euren Übertretungen und Sünden.“ Was ist damit gemeint? Was sagt die Bibel dazu? Das kann man sehr schön an dem Gleichnis vom verlorenen Sohn sehen, das Jesus einmal erzählt hat.
Dieser Sohn, der sich von zu Hause losreißt, der meint, er hätte den Vater, in diesem Sinne Gott, nicht nötig. Er verprasst in der Ferne sein ganzes Geld und fährt sein Leben im gewissen Sinne an die Wand. Er ist völlig hilflos. Dann, als er im Dreck steckt, sagt er: „Ich will wieder nach Hause. Ich will umkehren, ich will zurück zu meinem Vater,“ also zurück zu dem lebendigen Gott.
Als er dann heimkehrt aus seiner verlorenen, kaputten Situation, da sagt der Vater: „Dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden worden.“ Verstehen Sie? Der Sohn hat noch geatmet, er hat noch gegessen, aber er war getrennt von seinem Vater, und darum war er tot – das heißt verloren.
Damit will Jesus sagen: Tod ist der Mensch, der getrennt ist von dem lebendigen Gott. Tod ist der, der ohne eine versöhnte, harmonische Beziehung mit seinem Schöpfer lebt. Tod ist der Mensch, der dem heiligen Gott die Liebe und die Nachfolge verweigert. Tod heißt getrennt von Gott.
Und genau das ist die Situation des normalen Menschen. Das meint Paulus hier, wenn er sagt: „Ihr wart tot.“ Ihr wart abgeschnitten von der Quelle des Lebens, ihr wart unversöhnt mit dem, der euch gemacht hat, und ihr habt ihm frech ins Gesicht gelebt, der euch doch mit tiefster Liebe sucht. Das heißt tot.
Man kann tot sein und trotzdem sehr lebendig aussehen. Denken Sie an manche Mumien in Ägypten. Wenn die so richtig schön hergerichtet sind, sehen sie ausgesprochen lebendig aus. Vielleicht war jemand von Ihnen schon mal im Londoner Wachsfigurenkabinett bei Madame Tussauds. Dort schauen Sie sich Figuren an, zum Beispiel Franz Beckenbauer oder Lady Diana, und denken fast, Sie hätten sie lebendig vor sich.
Sie müssen schon sehr genau rangehen und sehr genau hingucken, um zu erkennen, dass es nur Wachsfiguren sind. So kann es auch uns Menschen gehen: Wir sehen sehr lebendig aus, wie die Figuren bei Madame Tussauds, doch sind wir tot – getrennt von Gott.
Das hatte Gott schon am Anfang gesagt, als die ersten Menschen sich von ihm losgerissen hatten. Da hatte er ihnen angekündigt: „Die Konsequenz wird sein, du wirst des Todes sterben.“ Die Menschen hatten gesagt, wir brauchen Gott nicht, wir können unsere Angelegenheiten alleine klären. Wir müssen uns nicht an Gottes Richtlinien orientieren.
Sie haben sich aufgelehnt gegen ihn, haben ihm die Gefolgschaft verweigert, den Glauben, das Vertrauen und die Liebe verweigert. Die Folge davon war, dass Gott sagte: „Ihr wollt sein wie ich, und ihr habt euer Leben damit zerstört.“ Die direkte Folge davon war, wie wir schon bei den ersten Menschen gesehen haben, das Ende der Gemeinschaft mit Gott.
Später kam dann die Folge des körperlichen Todes dazu, die Krankheit. Ohne den Sündenfall macht die Bibel deutlich, hätte es auch keine Krankheit und keinen Tod gegeben. Die letzte und dramatischste Folge des Todes ist die Aussage der Bibel, dass der Mensch auf ewig getrennt von Gott bleiben muss.
Das ist es, was Jesus „Verdammnis“ genannt hat oder „Hölle“ – ewig getrennt von Gott. Das ist Tod. Der Tod beginnt quasi hier mitten im Leben und hört niemals auf.
Paulus hat es an anderer Stelle gesagt: Der Tod ist der Lohn der Sünde, der Tod ist der Lohn der unversöhnten Haltung gegenüber dem lebendigen Gott.
Die Ursache und Wirkung von Sünde und Tod
Paulus sagt nun: Blickt zurück in eure Vergangenheit. Das, was jetzt die Realität eures Lebens ist, war nicht immer so. Ihr wart tot in euren Sünden und Übertretungen, hoffnungslos.
Interessant ist die Formulierung, die Paulus verwendet: „Tod in euren Übertretungen und Sünden, in denen ihr früher gelebt habt.“ Das bedeutet, der Geruch des Todes hat euren Lebensstil gekennzeichnet.
Ebenso bemerkenswert ist die Verbindung zwischen Übertretung und Sünde. Paulus meint damit nicht, dass ihr von Gott getrennt wurdet, weil ihr bestimmte Sünden begangen habt oder gegen Gebote verstoßen habt. Vielmehr ist es umgekehrt: Weil ihr von Gott getrennt wart, ist euer Leben von diesen Dingen geprägt.
Man darf hier Ursache und Wirkung nicht verwechseln. Das Hauptproblem ist unser Herz, das fern ist vom lebendigen Gott. Daraus folgen die Symptome: die Ungehorsamsakte gegenüber den einzelnen Geboten Gottes. Diese sind gewissermaßen das Erkennungszeichen des Todes.
Schauen Sie: Wie der Verwesungsgeruch einen Toten kennzeichnet, so kennzeichnen die Sünden unser Leben. Der Tote stirbt nicht daran, dass er vom Verwesungsgeruch geplagt ist. Sondern weil er tot ist, strömt er den Verwesungsgeruch aus.
Genauso verhält es sich mit den einzelnen Sünden. Die Sünden trennen uns nicht von Gott. Sondern weil wir von Gott getrennt sind, kennzeichnen die einzelnen Sünden und Verstöße gegen Gottes Gebot unseren Lebensstil.
Das ist unser Problem.
Die zwei Arten von Schuld und ihre Bedeutung
Paulus verwendet hier zwei Begriffe. Er spricht von Übertretungen und Sünden. In diesem Fall kann man sagen, Übertretungen sind die bösen Taten, die aktiv falschen Schritte, die ich gehe. Man kann sie als Tatsünden bezeichnen, wenn Sie so wollen.
Das andere ist die grundsätzliche Verfehlung unseres Lebensziels. Dabei geht es darum, dass ich hinter Gottes Standard zurückbleibe und ihm so viel Liebe und Treue schuldig bleibe.
Man kann also sagen, das eine ist die aktive Schuld durch das, was ich falsch tue. Das andere ist die passive Schuld durch das, was ich tun sollte, aber unterlasse, und was ich Gott schuldig bleibe.
Beide zusammen sind die Kennzeichen des Todes, gewissermaßen der geistliche Verwesungsgeruch.
Geistlicher Tod und seine Kennzeichen
Und das ist nun interessant: Den Toten unterscheidet eben von dem Lebenden, dass er bestimmte Dinge nicht hat, die der Lebende hat. Er hat zum Beispiel keinen Herzschlag.
Das unterscheidet den Toten vom Lebenden: Er hat bestimmte Dinge nicht, die der Lebende hat. Umgekehrt hat der Tote bestimmte Dinge, die der Lebende nicht hat, nämlich den Verwesungsgeruch.
Genauso ist es mit den geistlich Toten. Sie haben bestimmte Dinge nicht, die der geistlich Lebendige hat. Ihnen fehlt der Herzschlag einer persönlichen Beziehung zu dem lebendigen Gott. Ihnen fehlt die Vergebung ihrer Schuld.
Zudem haben sie bestimmte Dinge, die der andere nicht hat: einen Haufen unvergebener Schuld, Gleichgültigkeit gegenüber dem lebendigen Gott, völlige Unkenntnis oder falsche Vorstellungen von dem lebendigen Gott.
„Tot, ihr wart tot“, sagt Paulus.
Leben und Tod aus biblischer Sicht
Und was die Bibel unter Tod versteht, wird noch viel klarer, wenn man das Gegenteil betrachtet: das Leben. Was versteht die Bibel unter Leben?
Jesus hat das selbst einmal gesagt, und zwar in Johannes 17,3. Dort sagt er: „Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich, den wahren Gott, erkennen und den du gesandt hast, Jesus Christus.“ Das ist das ewige Leben. Den wahren, lebendigen Gott als Gott zu erkennen, durch seinen Sohn Jesus Christus, und an ihn zu glauben – das ist Leben.
Das Gegenteil davon ist tot. Paulus beschreibt das ebenfalls im zweiten Kapitel, zu dem wir in ein paar Wochen kommen werden. In Vers 12 heißt es: „Ohne Christus damals hattet ihr keine Hoffnung und ihr wart ohne Gott in der Welt.“ Das bedeutet: tot sein heißt, ohne Gott in der Welt zu sein. Es bedeutet, keine lebendige, persönliche Beziehung zu dem lebendigen Gott zu haben.
Paulus sagt den Menschen, dass dies das Erste ist, was sie ausmacht: Sie sind tot.
Zeigen Sie mir ein Buch auf der Welt, das eine so schonungslose Zustandsbeschreibung des Menschen liefert wie die Bibel.
Die Ambivalenz des Menschen: Herrlichkeit und Bruch
Aber natürlich wird dann der Einwand erhoben: Gibt es nicht auch die andere Seite? Wenn wir zum Beispiel Psalm 8 lesen: "Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst? Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, du hast ihn ausgestattet mit Ehre und Herrlichkeit."
Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst? Gibt es das nicht auch in der Bibel? Oh ja!
Auch die zerstörte Schöpfung Gottes ist noch Schöpfung. Auch der Gottlose ist aus Gottes Hand hervorgegangen, und er merkt das an seinem Leben, dass die Fingerabdrücke Gottes daran noch haften. Es gibt noch Restbestände dieser Herrlichkeit an jedem Menschen, und sei er noch so zerrissen.
Fingerabdrücke Gottes, an denen man immer noch ablesen kann, dass es sich hier um Gottes Geschöpfe handelt, zeigen sich zum Beispiel, wenn ein Mensch plötzlich in Liebe sich einem anderen zuwendet, von dem man gar keine Gegenleistung erhoffen kann. Da blitzt so etwas auf.
Oder wenn ein Wissenschaftler eine großartige Entdeckung macht, wenn ein Künstler ein Meisterwerk hervorbringt, dann ist das das Ergebnis der Begabungen, die der Schöpfer ihnen mitgegeben hat – ob sie nun gläubig sind oder nicht. Das ist der Fingerabdruck des Schöpfers.
Oder denken Sie nur daran: Wir Menschen sind daran beteiligt, neues Leben zu zeugen. Wir sind daran beteiligt, dass neues Leben entsteht, neue Menschen geboren werden. Und wir Menschen können uns oft in Liebe auch für andere aufopfern.
Das sind alles Hinweise darauf, dass wir aus der Hand eines Höheren kommen und eigentlich zu Größerem bestimmt waren.
Einschränkungen trotz der Herrlichkeit des Menschen
Aber dabei muss man zwei Einschränkungen machen.
Bei aller Herrlichkeit, die den Menschen immer noch kennzeichnet, gibt es zwei wichtige Einschränkungen. Die erste Einschränkung betrifft alle Begabungen, die wir haben. Diese sind in sich gebrochen und können auch zu schlechten Zwecken genutzt werden. Zum Beispiel kann ein Wissenschaftler seine Fähigkeiten einsetzen, um in das Erdmaterial einzugreifen. Es wird irgendwann möglich sein, neue Menschen zu klonen – trotz aller ethischen Fragwürdigkeiten, die damit verbunden sind. Er kann seine Fähigkeiten auch dazu verwenden, tödliches Giftgas herzustellen.
Oder der Künstler: Er kann seine Begabung dazu nutzen, eine atheistische Weltanschauung zu propagieren und den Menschen dadurch zu vermitteln, dass alles sinnlos sei. Auch dazu kann er seine Kunst einsetzen. Derselbe Mensch, der Leben zeugen kann, lässt Leben abtreiben.
Verstehen Sie, das ist das erste Problem: Alle unsere Begabungen und Möglichkeiten sind gebrochen und können genauso gut für das Böse verwendet werden.
Die zweite Einschränkung betrifft die entscheidende Stelle, an der alles wirklich zählt – nämlich die Verbindung zu Gott. An dieser Stelle sind alle Menschen tot. Das gilt für den strahlenden Wissenschaftler genauso wie für den selbstlosen Entwicklungshelfer. Es gilt für die hingebungsvolle Mutter ebenso wie für den Mafiaboss, den Menschenhändler oder die Prostituierte. An dieser entscheidenden Stelle ist unser Leben kaputt, egal wie viel Herrlichkeit des Schöpfers noch an uns erkennbar sein mag.
Das macht Paulus hier deutlich: Auch ihr, egal aus welchem gesellschaftlichen Kontext ihr kommt und egal, wie euer Leben vorher aussah, ihr wart tot in Übertretungen und Sünden, in denen ihr früher gelebt habt.
Unterschiede im Verhalten und ihre Grenzen
Man könnte das Verhalten des Menschen und unsere Ethik vielleicht folgendermaßen darstellen: Es gibt große Unterschiede zwischen den Menschen, ein breites Spektrum – vom brutalen Mörder bis zur opferbereiten Lebensretterin.
Man kann sich vorstellen, dass wir Menschen vor einem breiten Fluss stehen, der hundert Meter breit ist, und versuchen, darüber hinwegzuspringen. Unterschiedliche Menschen kommen, um zu springen: kleine Kinder, die ins Wasser hopsen, Ältere, Jugendliche und Erwachsene. Dann gibt es professionelle Weitspringer, die vielleicht acht Meter fünfzig schaffen. Alle versuchen, den Fluss zu überwinden.
Die Unterschiede untereinander sind beträchtlich. Ob jemand drei Meter weit springt oder neun Meter, das macht einen großen Unterschied. Aber keiner schafft es, ans Ziel zu kommen – keiner kommt über diesen großen Graben hinweg, egal wie groß die Unterschiede auch sind.
Diese Vorstellung kann man übertragen und sagen: Natürlich gibt es gravierende ethische Unterschiede zwischen uns Menschen. Ob jemand treu für seine Kinder sorgt oder seine Frau verprügelt, ob jemand ein ehrlicher, aufrichtiger Mitarbeiter ist oder nur nach seinem eigenen Vorteil sucht. Ob jemand Leben rettet oder Leben zerstört und riskiert. Das sind deutliche Unterschiede.
Aber ans Ziel kommt keiner – Tod in Sünden und Übertretungen.
Die Unmöglichkeit der Selbstrettung
Und wissen Sie, das Ganze hat eine dramatische Folge: Alle Wiederbelebungsversuche sind zum Scheitern verurteilt.
Ein Pastor bekommt tagsüber Besuch von einem Jungen, der sagt: „Sind Sie der Pastor? Kommen Sie schnell, kommen Sie schnell, folgen Sie mir!“ Der Pastor rennt dem Jungen hinterher zu einem Häuserblock in der Nähe. Dort betreten sie eine Wohnung in der Nähe von Los Angeles. Eine junge Frau weint verzweifelt und sagt: „Mein Baby ist tot, mein Baby ist tot!“
Sie versucht alles: Sie streichelt das Kind, küsst es und ruft es, doch es gibt keine Reaktion. Schließlich kommt das medizinische Rettungsteam und versucht, das Kind wiederzubeleben – jedoch ohne Erfolg! Es war kein Leben mehr in diesem Körper, das reagieren konnte, kein Leben mehr, nicht einmal auf die machtvolle Liebe der Mutter.
Genau so ist es mit dem Tod, von dem Paulus hier spricht. Der Mensch ist geistlich tot. Das heißt, er hat kein Leben in sich, mit dem er noch auf geistliche Impulse reagieren könnte. Man kann noch so sehr daran rütteln und sagen: „Nun sieh doch mal, wie vernünftig es ist, an Gott zu glauben, und bedenke doch mal, wie die Welt aussehen könnte, wenn alle Menschen dem Wort Gottes folgen würden.“
Es ist kein geistliches Leben da, und wer tot ist, kann nicht wiederbelebt werden. Genau das ist die Aussage von Paulus hier: „Ihr wart tot in euren Übertretungen und Sünden, in denen ihr früher gelebt habt.“ Man kann nur sagen, das ist starker Tobak. Das ist wirklich sehr starker Tobak.
Theologische Versuche der Abschwächung und die Realität des geistlichen Todes
Und so haben Theologen immer wieder versucht, die scharfen Kanten dieser Aussage abzuschleifen. Sie sagten, der Mensch sei nicht tot, sondern nur schwer krank und geschwächt. Es sei noch ein Rest Leben in ihm geblieben. Wenn man ihm dann gut zurede, ihm die nötigen Krücken und Unterstützung gibt – vielleicht auch durch die Kirche – dann könne er es doch irgendwie schaffen, mit Gott zusammenzuarbeiten und gewissermaßen wieder zum Leben zu kommen.
Doch die Bibel sagt Nein: Der Mensch ist tot, und tot ist tot. Es ist auch nicht so, dass der Mensch, wenn man ihm das Evangelium nur gut genug erklärt, von selbst darauf kommen müsste, umzukehren. Dass das doch eigentlich ganz logisch wäre. Paulus sagt etwas anderes: Haben Sie schon einmal einen Toten gesehen, der noch einen freien Willen hatte? Tod ist tot.
Die Theologen haben dafür eine interessante Formel gefunden: Non posse non peccare. Das heißt, der Mensch kann nicht anders, als zu sündigen. Er muss sündigen. Denken Sie an den Lazarus, von dem das Neue Testament berichtet, der in seiner Grabhöhle lag. Es half nichts, an dieser Leiche ein bisschen herumzusezieren, um sie schrittweise wieder zum Leben zu bringen. Das Einzige, was Lazarus half, war das Machtwort, mit dem Jesus ihn aus der Grabhöhle herausrief. Das war das Einzige, was ihn zum neuen Leben erwecken konnte.
Genau das meinten die Reformatoren, wenn sie vom unfreien Willen sprachen. Sie meinten damit, dass der Mensch in sich selbst tot ist. Es ist kein Anknüpfungspunkt mehr vorhanden, den man geschickt genug ansprechen könnte, sodass der Mensch gewissermaßen wieder anspringt – wie ein Auto, das zu lange kaltgestanden hat und nun den richtigen Kick bekommt. Dann könnte es sich schrittweise von selbst wieder in Bewegung setzen und in die richtige Richtung gehen.
Als Martin Luther das sagte, widersprach ihm der Humanist Erasmus von Rotterdam heftig. Er war entsetzt und sagte: Ja, der Mensch ist schwer beschädigt, das stimmt, aber du darfst ihn nicht so brutal und hilflos darstellen. Das sei pädagogisch schädlich und nicht gut. Erasmus hätte wohl gesagt: „Mindestens vier plus.“ Luther antwortete ihm darauf: „Sie wissen schon, wo hier das Plus ist?“
Die praktische Bedeutung des geistlichen Todes
Im ethischen Bereich kann auch der verlorene Mensch eine ganze Menge Gutes tun. Das haben wir bereits gesagt. Doch Gott gegenüber hat er keine Chance. Tot ist tot.
Das bedeutet, dass der Mensch im Normalfall auf Gott wenig ansprechbar ist. Jemand hat vielleicht viele Kassetten mit Predigten über Jahre hinweg gehört. Er hatte einen wohlmeinenden Nachbarn oder Freund, der ihn endlich mal dafür gewinnen wollte, sich dem Evangelium zu öffnen. Er hat eine Predigt gehört, dann noch eine und noch eine. Weil er höflich war, hat er die Kassetten immer wieder gehört.
Doch das, was er gehört hat, rinnt an ihm ab. Es perlt ab wie Regentropfen an einem Ostfriesener Zelt. Sie wissen schon, diese gelben Umhänge.
Dann gibt es natürlich die drastischere Variante: Erich Ribbeck, der frühere Teamchef des DFB, soll in einem Interview sinngemäß gesagt haben: „Ich glaube nicht an Gott. Als Atheist will ich mich nicht bezeichnen, das klingt fast so wie asozial, aber nach dem Tod kommt sowieso nichts mehr.“
Paulus würde sagen: Leute, was wundert ihr euch über solche Sätze? Was wundert ihr euch darüber? Ihr wart selber tot.
Vielleicht habt ihr das Religiöse etwas besser getarnt. Vielleicht habt ihr an einen Herrgott geglaubt, an einen Herrgott, den ihr meintet, durch euer einigermaßen moralisches Leben beeindrucken zu können. Vielleicht wart ihr irgendwie interessiert.
Aber ihr habt nie den Bruch eures Lebens vor Gott zugegeben. Ihr habt euch nie wirklich vor ihm gebeugt. Ihr habt nie zugegeben, dass ihr einen Retter braucht und dass Jesus dieser Retter ist.
Ihr seid tot, sagt Paulus, und...
Ausblick auf die weitere Entwicklung im Epheserbrief
In den nächsten Versen, die wir am kommenden Sonntag behandeln werden, beschreibt Paulus weiter. Ich deute nur kurz an, wie sich dieser Tod äußert und welche Mächte den Menschen versklaven. Paulus wird dabei noch deutlicher sprechen. Er wird vom Teufel sprechen und auch vom Zeitgeist, der den Menschen umklammert und sein Denken manipuliert.
Er macht klar, dass dies zu einer drastischen, dramatischen Konsequenz führt: Der Mensch steht, so wie er ist, unter dem Zorn des lebendigen Gottes. Dies werden wir im Einzelnen am nächsten Sonntag sehen.
Paulus geht dabei vor wie ein guter Wissenschaftler. Er entwickelt seinen Fall Schritt für Schritt. Er hört nicht einfach auf. Wenn der Text schon mit Vers 3 enden würde, wäre das ganz grausam.
Sie können aber schon einmal einen Blick werfen, wenn Sie zu Hause Ihre Bibel zur Hand nehmen. Dann werden Sie sehen, was in Vers 4 steht, wenn Sie den Text weiterverfolgen. Vers 4 beginnt mit dem Ausruf „Aber Gott“. Das ist das Großartige.
Die biblische Diagnose und die Hoffnung durch Gott
Es wird ohne irgendetwas zu beschönigen, zu verschleiern, zu ummänteln oder zu verbrämen dargestellt: Erst dann wird unsere ganze Misere wirklich aufgedeckt. Paulus macht das nicht nur an dieser Stelle, sondern sagt es an vielen anderen Stellen genauso.
Das ist nicht nur die Spezialität von Paulus, sondern auch Jesus selbst hat es so gesagt. Sie haben das in der Lesung von Herrn Dinekamp gehört. Jesus spricht in Matthäus 15 vom menschlichen Herzen, das in sich verdorben ist. Was den Menschen verunreinigt, kommt nicht von außen in ihn herein, sondern von innen heraus: der Hass, die Gemeinheit, der Ehebruch, die Niederträchtigkeit. All das – das Menschenherz ist böse von Jugend an, sagt die Bibel.
Das ist die Situation. Das ist keine Spezialität von Paulus, sondern das zusammengefasste Urteil des lebendigen Gottes über ihr Leben und mein Leben.
Nachdem Paulus das alles dargestellt hat, ist es, als ob er einmal tief durchatmet. Dann beginnt er in Vers 4 mit dem Ausruf „Aber Gott!“.
Dann beschreibt er, wie Gott sein Programm anlaufen lässt, um in diese unsere Verlorenheit hineinzugreifen – ja, mehr noch, hineinzukommen – durch seinen eigenen Sohn Jesus Christus. Jesus nimmt die Strafe, die wir für all dieses verdient hätten, auf sich. Er, der Sündlose und Perfekte, stirbt am Kreuz für uns.
Da ist plötzlich die Tür offen. Es gibt ein Aufatmen und einen Ausweg, den der heilige Gott uns aus dieser Misere schenkt.
Aber verstehen Sie, wie großartig dieser „Aber Gott!“ ist und wie schwer das wiegt? Das lässt sich nur ermessen, wenn man die Zustandsbeschreibung, die Paulus in diesen Versen vornimmt, vorher ertragen hat.
Man kann nur erahnen, was es bedeutet, dass Gott uns begnadigt, wenn man zuvor den Mut hatte, in den Abgrund hineinzuschauen, den Gott uns in diesen Versen zeigt.
Die Bedeutung der Kenntnis des früheren Zustands für Christen
Zum Schluss möchte ich noch festhalten: Es ist wichtig, auch für Christen, diese Information über unseren früheren Zustand zu kennen, zu studieren und zu bedenken. Warum?
Nur wenn wir das, was hier steht, kennen und ernst nehmen, gewinnen wir ein realistisches Verständnis für die Situation der Nichtchristen. Wir wissen, dass wir selbst einmal so waren. Und nur wenn wir das, was Paulus hier schreibt, ernst nehmen, können wir nachvollziehen, warum es in dieser Welt so schlimm aussieht, warum Menschen anderen so viel Leid, Not und Schmerz zufügen können. Wir verstehen erst dann, was der tiefste Grund dafür ist.
Außerdem begreifen wir so auch die religiöse und geistliche Situation des Menschen. Bekehrung ist keine leichte Sache. Es ist ein absoluter Irrtum zu sagen: „Ach, das Evangelium ist doch so schön, und wer einigermaßen den gesunden Menschenverstand hat, der müsste doch, wenn er zwei Minuten darüber nachdenkt, Christ werden.“ Nein, das ist nicht so. Paulus sagt: Wir waren tot.
Wir konnten nicht einfach eine halbe Kehrtwende machen und schon waren wir wieder lebendig. Ein Toter kann nicht durch medizinische Mittel wiederbelebt werden. Eine radikale Krankheit braucht eine radikale Therapie, und hier hilft überhaupt keine Therapie mehr. Ein Toter kann nur durch Auferweckung ins Leben zurückkommen.
Und der Einzige, der Menschen vom Tod auferwecken kann, ist Jesus Christus. Jesus Christus hat gesagt, dass wir seine Boten sein sollen und seine Wahrheit, sein Evangelium zu den Menschen bringen sollen. Wir sollen sie nicht bedrängen, wir sollen sie nicht ideologisch manipulieren, sondern wir sollen ihnen das ausrichten, was Jesus gesagt hat.
Wir sollen ihnen diese Zustandsbeschreibung übermitteln und ihnen sagen, was Gott getan hat, um diese Not zu wenden. Jesus ist der Einzige, der die Macht hat, Menschen Herzen zu öffnen. Er kann Menschen wirklich von ihrer Situation überzeugen, so dass sie das zugeben, einsehen und sagen: „Jawohl, es ist meine Situation, die Paulus hier beschreibt. Ich akzeptiere Gottes Urteil und bin bereit, mich darunter zu beugen.“
Dann greifen sie nach diesem einzigen Rettungsseil, das Gott in unsere verlorene Welt hineingeschickt hat: nach Jesus Christus selbst, nach seiner Vergebung und nach seinem Heil. Unsere Aufgabe ist es, die Wahrheit weiterzusagen.
Aber Jesus Christus hat versprochen, dass er diese Wahrheit dazu gebrauchen wird, um Menschenherzen zu öffnen, um Menschen von ihrer Schuld zu überführen und sie dazu zu bewegen, gern umzukehren, nach Hause zu Gott, und sich auf ewig retten zu lassen.
Das ist der eine Grund, warum es für uns wichtig ist, diese Situation zu kennen und zu verstehen.
Die Größe von Gottes Gnade und die Einladung zur Umkehr
Es gibt einen zweiten Grund, warum das für uns so wichtig ist. Nur so können wir einschätzen, wie groß Gottes Macht war, mit der er in unser Leben eingreifen musste, damit wir überhaupt Christen werden durften.
Nur wenn wir das ernst nehmen, was hier steht, können wir annähernd ermessen, wie groß der Einsatz des lebendigen Gottes gewesen ist. Er hat sie und mich aus dieser drastisch verlorenen Situation herausgerissen. Er hat uns das ewige Leben geschenkt durch seinen Sohn Jesus Christus, sodass wir jetzt nicht mehr unter dem Zorn Gottes stehen.
Wir sind weiterhin Sünder, das sagt die Bibel genauso klar. Wir vergehen uns noch häufig an den Geboten Gottes, weil wir nicht perfekt sind in dieser Welt. Deshalb brauchen wir auch täglich die Vergebung durch Jesus Christus. Doch unsere grundsätzliche Situation hat sich fundamental gewandelt.
So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab. „Damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben“, sagt Jesus. Wer zu ihm gehört, der hat das ewige Leben schon jetzt – trotz aller Schuld, die uns noch anhaften mag, trotz aller Schwächen und Gemeinheiten, mit denen wir in uns selbst noch zu kämpfen haben.
Paulus sagt an einer anderen Stelle: Wo die Sünde mächtig wurde, da wurde Gottes Gnade noch viel mächtiger. Wenn Sie das von sich persönlich nicht sagen können, wenn Sie von sich sagen: Ich habe diese Vergebung nicht so in Anspruch genommen, dann ist das ein bedrohliches Szenario.
Aber wenn das wahr ist, wenn das wahr sein sollte, dann wollen Sie es auch verstehen. Und dann wollen Sie diese Rettung auch. Wenn das Ihre Situation ist, müssen Sie nicht lange spekulieren. Sie können den anrufen, den auch Paulus angerufen hat.
Jesus Christus lädt Sie ein, er ruft Sie und fordert Sie dazu auf, sich an ihn zu wenden. Bitten Sie ihn um seine Vergebung und Rettung. Er wird es tun. Er wird in Ihr Leben eingreifen, genauso wie er in mein Leben eingegriffen hat.
Dann werden Sie im Rückblick bekennen, was jeder Christ bekennt: Ich war tot, ich war verloren. Aber der lebendige Gott hat in mein Leben eingegriffen und hat mich durch Jesus Christus da herausgeholt.
Schlusslied und persönliches Zeugnis
Und deswegen werden wir jetzt zum Abschluss das Lied 277 singen: „Mir ist Erbarmung widerfahren, Erbarmung, deren ich nicht wert.“
Das zähle ich zu den Wundern. Mein stolzes Herz hat nie von sich aus danach begehrt. Nun weiß ich das und bin erfreut. Ich rühme die Barmherzigkeit.
Ein guter Freund von mir hat dieses Lied zu seinem Lieblingslied gemacht. Er war damals schon im Theologiestudium, ich glaube, er stand fast am Anfang seiner Promotion. Im Nachhinein sagte er: „Ich war noch nicht Christ, ich hatte nicht begriffen, wie verloren ich wirklich war. Ich hatte eine so harmlose Vorstellung von Gott.“
Eines Tages hörte er eine Predigt über den blinden Bartimäus, wie Jesus ihm die Augen öffnet. Als er diese Predigt hörte, wurde ihm klar, dass sein Leben von einer ganz anderen Blindheit geprägt war – der Blindheit für den lebendigen Gott. Er erkannte, dass er sich in seiner Verlorenheit genauso wenig selbst befreien und heilen konnte wie der blinde Bartimäus.
Er rief zu Jesus Christus. Dieser Theologe, der kurz davor war, seine Promotion zu beginnen, hat sie später auch fertiggestellt. Er sagte, dass er von da an dieses Lied immer wieder gesungen hat. Es wurde sein Lieblingslied, weil es seine Situation genau beschreibt: „Hier ist Erbarmung widerfahren, Erbarmung, deren ich nicht wert bin.“
Das wünsche ich Ihnen auch: Dass Sie dieses Lied von Herzen singen können, weil Sie dankbar sind, dass der allmächtige Gott in Ihr Leben eingegriffen hat. Dass er Sie für immer auf seine Seite gezogen und durch Jesus Christus zu seinem Kind gemacht hat.
Nun wollen wir das Lied 277 singen, die fünf Strophen.
