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Überraschender Glaube

Begegnungen mit Jesus, Teil 1/6, Matthäus 8,5-13

Einleitende Gedanken

Heute beginnt ein neues Sunntigsquattro, das diesmal aus 6 Teilen besteht. Es geht in diesen 6 Predigten um Begegnungen mit Jesus. Wir werden in dieser Zeit Jesus in ganz verschiedenen Situationen genauer beobachten und – so hoffe ich – viel daraus lernen. Und, was mir besonders wichtig ist, dass wir Jesus ein bisschen besser kennen lernen. Schliesslich ist er unser Herr, den wir lieben. Diese Reihe soll uns ermutigen, unser Leben ganz und gar auf Jesus auszurichten. Heute beginnen wir mit der Begebenheit, als ein römischer Hauptmann zu Jesus kam. Das hörten wir eben in der Schriftlesung.

I. Ein Heide sucht Hilfe

Kapernaum, der Wohnort von Jesus

Jesus befand sich auf dem Rückweg vom Berg, wo er eine der eindrücklichsten und herausfordernden Predigten hielt. Wir kennen sie unter der Bezeichnung: Bergpredigt. Unterwegs heilte er einen Mann von seinem Aussatz und kam dann nach Hause, nach Kapernaum, denn Jesus hatte seinen Wohnsitz nicht in Nazareth, sondern in Kapernaum (Matthäus 4,13), eine Stadt am See. In dieser Stadt wuchsen seine Jünger Petrus und Andreas auf (Markus 1, 19). Dort erlebte die Bevölkerung Jesus in besondere Weise, denn in Kapernaum heilte Jesus einen Besessenen (Markus 1, 21ff) und den Mann mit der verdorrten Hand (Lukas 6, 6ff). Dort hielt Jesus die grosse Rede vom Brot des Lebens (Johannes 6, 59), und er sprach vom Boot aus zu einer grossen Volksmenge, die am Ufer stand (Matthäus 13, 2). Er heilte die Schwiegermutter des Petrus (Markus 1, 29) und den Gelähmten, der durch das Dach hinabgelassen wurde (Markus 2, 3). Selbst eine Totenauferweckung geschah an diesem Ort. Jesus holte die Tochter des Synagogenvorstehers Jairus, die gestorben war, vom Tod zurück (Markus 5, 22ff).

Am See Genezareth im Gebiet Galiläa liegend, war Kapernaum eine Grenzstadt. Sie gehörte in den Verwaltungsbereich des Herodes Antipas und grenzte an das Gebiet von Philippus seines Bruders, beides Nachkommen Herodes des Grossen, der die Kinder in Bethlehem ermorden liess. Bedingt durch diese Grenzsituation, befand sich ein Zollamt in der Stadt. Dort arbeitete übrigens Levi, Matthäus, einer der Jünger Jesu und der Schreiber des Matthäusevangeliums (Matthäus 9, 9). Ebenfalls durch die Grenzsituation bedingt, war eine römische Einheit dort stationiert. Ein Centurion, dies entspricht einer Mannschaftsstärke von ca. 100 Soldaten, also ungefähr Kompaniegrösse bei uns. Der Heide, der Jesus begegnete, war der Kommandant dieser Einheit, ein Hauptmann. Mit seiner Truppe war er für Ruhe und Ordnung verantwortlich.

Jesus kommt nach Hause

Eben, Jesus kehrte nun an seinen Wohnort zurück. Vielleicht wollte er dort etwas ausruhen. Doch als Jesus nach Kafarnaum kam, trat der Hauptmann einer dort stationierten Einheit an ihn heran und bat ihn um Hilfe. Matthäus 8, 5. Jesus gelang es selten, zur Ruhe zu kommen. Immer und überall suchten Menschen bei ihm Hilfe. Es hatte sich herumgesprochen, dass Jesus Menschen heilen kann. Der Hauptmann trat mit einem Anliegen an Jesus, das ihn nur indirekt betraf: einer seiner Diener war schwer erkrankt und hatte starke Schmerzen. "Herr", sagte er, "mein Diener liegt gelähmt und mit furchtbaren Schmerzen bei mir zu Hause." Matthäus 8, 6. Es ist doch interessant, dass sich ein Hauptmann um seinen Diener kümmert. Offenbar muss er ein ausgezeichneter Diener gewesen sein, aber nicht nur das. Dieser Hauptmann scheint ein herzensguter Mensch zu sein, der sich um andere Menschen kümmert, auch wenn sie ihm unterstellt sind. Einer, den die Not anderer nicht kalt lässt. Ohne Umschweife antwortete Jesus: "Ich will kommen und ihn heilen." Matthäus 8, 7.

Diese Reaktion von Jesus überrascht, denn der Hauptmann war Heide. Er gehörte nicht zum Volk Israel und zwischen dem Volk Israel und den Heiden bestand eine grosse Kluft. Jesus verstand seine Sendung so, dass er zu den Juden gekommen ist, um ihnen zu helfen und ihnen das Reich Gottes zu verkündigen. Das machte Jesus einer kanaanäische Frau sehr deutlich, die Jesus um die Heilung ihrer Tochter bat. Jesus lehnte sie schroff mit der Begründung ab, er sei für die Juden und nicht für die Heiden gekommen. Erst nachdem die Frau insistierte und deutlich wurde, dass sie Jesus als Messias erkannt hatte, heilte Jesus ihre Tochter trotzdem. Doch hier, bei diesem Heiden, der Hilfe bei Jesus suchte, war Jesus sofort bereit, ihm zu helfen. Vielleicht lag es daran, dass dieser Hauptmann dem Judentum sehr nahe stand. Im Lukasevangelium wird von ihm berichtet, dass er das Volk Israel sehr liebe und in Kapernaum sogar die Synagoge gebaut hatte, in der Jesus viel lehrte. Er war ein Proselyt. Also ein Mensch, der sich dem jüdischen Glauben verpflichtet fühlte. Er hatte sich vom Götzenkult der Römer abgewandt. Das kann der Grund sein, weshalb Jesus diesem Mann seine Hilfe sofort zusagte. Hier wird einmal mehr deutlich: Bei Gott gibt es keine wirklichen Unterschiede. Selbst wenn das Volk Israel das erwählte Volk ist, so hat doch jeder, der sich mit offenem Herzen an Jesus wendet, Zugang zu Gott. Das musste auch Petrus beim römischen Hauptmann Kornelius lernen. Nach dieser Begegnung sagte er: "Jetzt ist mir erst richtig klar, dass Gott keine Unterschiede zwischen den Menschen macht!" Apostelgeschichte 10, 34. "Er fragt nicht danach, zu welchem Volk jemand gehört, sondern nimmt jeden an, der Ehrfrucht vor ihm hat und tut, was gut und richtig ist." Apostelgeschichte 10, 35.

Egal wer wir sind und zu welcher Nation wir gehören, wir können – wie dieser Hauptmann – mit unseren Nöten zu Jesus kommen. Wir dürfen ihm alles sagen, was uns bewegt. Er hat ein offenes Ohr für uns, wenn wir aufrichtig zu ihm kommen. Ein Heide suchte Hilfe bei Jesus und Jesus war sofort bereit ihm zu helfen. Auch Du bist eingeladen zu Jesus zu kommen. Jesus selber lädt Dich ein: Kommt zu mir, ihr alle, die ihr euch plagt und von eurer Last fast erdrückt werdet; ich werde sie euch abnehmen." Matthäus 11, 28.

Bibelstellen zum Nachschlagen:Matthäus 4, 13; Matthäus 9, 9+28; Matthäus 11, 28; Matthäus 13, 2; Matthäus 15, 28; Markus 1, 19ff; Markus 2, 3; Markus 5, 22ff; Lukas 5, 20; Lukas 6, 6ff; Johannes 6, 59; Apostelgeschichte 10, 34-35

II. Jesus findet Glauben

Eigentlich könnte die Geschichte hier beendet sein. Und die Schilderung eines nächsten Ereignisses könnte beginnen, wenn nicht der Hauptmann interveniert hätte. Aber eben, der Hauptmann konnte das nicht zulassen, dass Jesus sein Haus betritt. Er sagte: Herr, ich bin es nicht wert, dass du mein Haus betrittst; doch sprich nur ein Wort, und mein Diener wird gesund." Matthäus 8, 8. Das war keine falsche Bescheidenheit. Er wusste, dass es einem Juden untersagt war, ein heidnisches Haus zu betreten. Vermutlich wollte er nicht, dass Jesus dadurch in Schwierigkeiten kommt und er meinte es, wie er es sagte, er fühlte sich als Heide nicht würdig genug, dass Jesus ihm die Ehre erweist, indem er sein Haus betritt. Das zeigt, wie demütig dieser Mann war. Wie respektvoll er die Sitten und Gepflogenheiten seines Gastlandes respektierte, obwohl er zur Besatzungsmacht gehörte. Das zeigt ganz praktisch, wie sehr er das Volk Israel liebte.

Er meinte, es würde genügen, wenn Jesus einen Befehl erteilte: sprich nur ein Wort! Er erklärte dies folgendermassen: Ich unterstehe ja selbst dem Befehl eines anderen und habe meinerseits Soldaten unter mir. Wenn ich zu einem von ihnen sage: Geh!', dann geht er, und wenn ich zu einem sage Komm!', dann kommt er; und wenn ich zu meinem Diener sage: Tu das und das!', dann tut er es." Matthäus 8, 9. Wenn ihm seine Soldaten aufs Wort gehorchen, warum sollte es nicht genügen, wenn Jesus, der Herr des Lebens, ein Wort spricht? Warum sollte das bei Jesus nicht genauso funktionieren, dem alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben ist?

Diese Antwort erstaunte Jesus. Matthäus 8, 10. Jesus war erstaunt, dass hier jemand war, der nicht einfach ein Wunder von ihm wollte. Er erwartete kein bestimmtes Zeremoniell. Hier war jemand, der erkannt hatte, dass er der Messias ist, dem alles untergeordnet ist. Ein Mensch, der wusste, dass sein Wort unvorstellbare Kraft besitzt. Einer der ihn als Herrn des Lebens anerkannte und nicht nur als Heiler. Diese Antwort erstaunte Jesus, und er sagte zu denen, die ihm folgten: Ich versichere euch: In ganz Israel habe ich bei keinem solch einen Glauben gefunden." Matthäus 8, 10. Jesus fand bei diesem Mann den Glauben, den er sich so sehr von seinem eigenen Volk ersehnte. Aber in ganz Israel fand er diesen Glauben nicht. Jesus ist überrascht, solchen Glauben bei einem Heiden zu finden. Das ist eine der grossen Tragödien im Leben von Jesus. Solchen Glauben fand er praktisch immer bei den Heiden, aber leider sehr selten bei seinem eigenen Volk, zu dem er gesandt war. Und nun äussert sich Jesus sehr ernst. Ich nehme an, dass das Jesus selber traurig machte, was er hier nun sagen musste. "Ja, ich sage euch: Viele werden von Osten und Westen kommen und sich mit Abraham, Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch setzen." Matthäus 8, 11.

Aus aller Welt werden Menschen in der Herrlichkeit mit den Erzvätern am Tisch im Himmelreich sitzen. Das ist das Bild für die Errettung. Das ist ja eigentlich der erfreuliche Teil der Botschaft. Der traurige Teil kommt jetzt. "Aber die Bürger des Reiches werden in die Finsternis hinausgeworfen, dorthin, wo es nichts gibt als lautes Jammern und angstvolles Zittern und Beben." Matthäus 8, 12. Die, welche für das Reich vorgesehen waren, also das erwählte Volk Gottes, wird in die Finsternis hinausgeworfen. Sie werden nicht im Himmelreich sein und mit Abraham, Isaak und Jakob zu Tische sitzen. Dieser Gedanke muss Jesus sehr traurig gemacht haben. Diese Trauer finden wir immer wieder, so sagte Jesus kurz vor seiner Hinrichtung: "Jerusalem, Jerusalem, du tötest die Propheten und steinigst die, die Gott zu dir schickt. Wie oft wollte ich deine Kinder sammeln wie eine Henne, die ihre Küken unter ihre Flügel nimmt! Aber ihr habt nicht gewollt." Matthäus 23, 37. Und nun wird nicht mehr zwischen Israel und den Heiden die Scheidelinie verlaufen, sondern zwischen Gläubigen und Ungläubigen, und diese Scheidelinie wird mitten durch Juden und Heiden hindurch gehen. Jesus macht es traurig, dass das erwählte Volk Gottes, Israel, mehrheitlich nicht im Himmelreich sein wird. Das war wirklich eine sehr erschreckende Äusserung von Jesus.

Im letzten Kapitel der Bibel finden wir eine Beschreibung der Situation, wo die Menschen, die Jesus lieben und ihm dienten durch die Tore in das neue Jerusalem hineingehen werden. Das sind eben die, die zum Tisch mit den Erzvätern geladen sind. Die anderen müssen draussen bleiben. Es steht: Keinen Zutritt hingegen haben die abtrünnigen Hunde und die, die okkulte Praktiken ausüben, sich sexueller Ausschweifung hingeben, andere umbringen oder Götzen anbeten. Sie und alle, die sich für die Lüge entschieden haben und sich in ihrem Tun von ihr leiten lassen, sind und bleiben draussen. Offenbarung 22, 15. Ein Heide sucht Hilfe und Jesus findet Glauben, einen Glauben, den er sich so sehr von seinem erwählten Volk gewünscht hätte. Hierauf wandte sich Jesus zu dem Hauptmann und sagte: Du kannst nach Hause gehen. Was du geglaubt hast, soll geschehen." Und zur gleichen Zeit wurde der Diener gesund. Matthäus 8, 13.

Bibelstellen zum Nachschlagen:Matthäus 23, 37; Lukas 13, 28-30; Lukas 17, 15-19; Offenbarung 22, 15

Schlussgedanke

Jesus ist überrascht über den Glauben, den er bei diesem Heiden findet. Und gleichzeitig ist er enttäuscht, dass er bei seinem eigenen Volk solchen Glauben nicht findet. Wie muss das Jesus geschmerzt haben. Natürlich, wir können jetzt sagen, wir glauben an Jesus. Wir sind viel besser dran, als die Juden, die ihn abgelehnt hatten. Das stimmt, wenn wir wirklich an unserem Glauben festhalten, wenn wir Jesus unser Vertrauen schenken. Jesus beschäftigte diese Frage offensichtlich. Er sagte einmal zu seinen Jünger: "Wird der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde solch einen Glauben finden?" Lukas 18, 8. Ist unser Vertrauen so ungeteilt auf Jesus ausgerichtet, wie das Vertrauen des Hauptmanns? Wird Jesus solchen Glauben bei uns finden, wenn er heute kommen würde?

Amen