Einführung: Die Motivation hinter dem Vaterunser und das Streben nach Gottes Willen
Man hat mich gefragt, warum Jesus, als er seinen Jüngern das Vaterunser beigebracht hat, diese Gebetsformel als Kurzzusammenfassung wesentlicher Gebetsanliegen gegeben und zudem dafür gesorgt hat, dass sie aufgeschrieben wurde. Wahrscheinlich lag eine Motivation darin, dass er über Jahrhunderte hinweg Gebete gehört hatte, die im Grunde lauteten: „Mein Reich komme, mein Wille geschehe, mein Einfluss soll größer werden, meine Vorstellungen sollen sich durchsetzen.“
Jesus wollte den Gläubigen vermitteln, dass es vielleicht besser wäre, zu beten: „Dein Reich komme und dein Wille geschehe.“ Genau darum geht es in dem Abschnitt, den wir heute lesen werden.
Wir sind oft darin gefangen, unsere eigenen Vorstellungen durchsetzen zu wollen. Häufig halten wir diese Vorstellungen wirklich für richtig. Dabei ist es uns so wichtig, sie durchzusetzen, weil wir davon überzeugt sind, im Recht zu sein. Objektiv betrachtet denken wir: Jeder, der Dinge strenger sieht als ich, ist gesetzlich; und jeder, der Dinge lockerer sieht als ich, ist weltlich. Denn ich bin der Maßstab, der Objektive – nicht du, sondern ich. So empfinden wir ganz automatisch.
Dieses Empfinden müssen wir bewusst hinterfragen, denn intuitiv tun wir das nicht. Instinktiv sehen wir uns als das gute Mittelmaß, auf das sich alle einigen sollten. Doch manchmal geht es noch einen Schritt weiter. Es geht nicht nur darum, dass meine Vorstellungen sich durchsetzen sollen, weil ich sie für wahr halte. Manchmal möchte ich auch meine eigenen Interessen durchsetzen – notfalls auf Kosten anderer.
Auch das ist ein großes Thema, um das es in dem Abschnitt geht, den wir heute lesen werden.
Zwei Ebenen des Gemeinschaftslebens: Position und Image
In diesem Text geht es immer um zwei Ebenen. Die erste Ebene ist: Was ist meine Position in der Gemeinschaft? Ganz objektiv betrachtet, was ist meine Position? Oft möchten wir gerne definieren, welche Position wir haben, und wir streben danach, eine möglichst wichtige Position einzunehmen.
Die andere Frage, deren Unterschied ihr vielleicht spüren könnt, ist ein ganz kleines bisschen anders: Was ist mein Image in der Gemeinschaft?
Bei der Leitung wird das ganz deutlich. Objektiv gesehen bin ich in der Leitung und kann mit wenigen Leuten zusammen letztlich bestimmen, was in der Gemeinde passiert. Trotzdem kann ich theoretisch ein ganz schlechtes Image haben.
Diese beiden Aspekte hängen zwar zusammen, sind aber doch ein wenig verschieden. Und es betrifft nicht nur die Leitung. Es geht immer darum, was meine Position ist – das heißt, wie viel Einfluss habe ich wirklich? Gleichzeitig ist es auch immer die Frage, wie ich gesehen werde.
Wir möchten immer möglichst gut dastehen. Das ist ein tiefes Bedürfnis vieler Menschen. Wir wollen, dass möglichst viele Leute uns gut finden, uns lieben, uns Anerkennung zeigen und dass wir gut dastehen.
Paulus stellt die Frage, ob das alles so wichtig ist – ob wir selbst wirklich so wichtig sind.
Wir haben das schon gesehen, als kurze Wiederholung: Erst am Ende des Briefes, am Anfang von Kapitel 4, in unserer Kapitel- und Verszählung, geht Paulus auf den Fall von zwei Frauen ein, bei dem diese ganze Problematik, wahrscheinlich um Position und Image, eskaliert ist.
Wir haben außerdem gesehen, dass es schon am Anfang von Kapitel 2 darum geht. Darum soll es heute erst einmal in Kapitel 2 gehen.
Heute Abend werden wir noch einmal etwas auf den Rest von Kapitel 1 zurückkommen. Dort wird deutlich, dass es offensichtlich ein Problem in der ganzen Gemeinde gab, weswegen Paulus das so explizit angesprochen hat.
Selbstlosigkeit und das Problem von Eigensucht und leerem Ruhm
Er schreibt in Vers 3 von Kapitel 2, dass wir nichts aus Eigensucht tun sollen und auch nichts wegen leerem Ruhm. Genau diese beiden Punkte sind hier gemeint. Ich tue nichts, um meine eigenen Interessen durchzusetzen, und ich tue auch nichts für mein Image, nur damit ich gut dastehe. Paulus sagt, das ist etwas Leeres, das letzten Endes unterm Strich gar nichts bringt. Das sind die großen Themen hier.
Bei leerem Ruhm und bei eigenen Interessen müssen wir uns immer klar machen, dass wir uns ganz schnell herausreden, es gehe nicht nur um unsere Person. Viele Menschen, auch Nichtgläubige, aber auch viele Gläubige, sind total selbstlos – solange es um ihr erweitertes Ich geht. Was ich mit erweitertem Ich meine, ist meine Familie und mein engster Freundeskreis. Für diese würde ich alles tun.
Weil ich so bin, weil ich für diesen kleinen Kreis von Menschen alles tun würde, halte ich mich für nicht egoistisch. Aber eigentlich ist es nur mein erweitertes Ego, das ich als zu mir gehörig definiere. Und es ist immer noch egoistisch, selbst wenn ich in diesem Ego-Kreis anscheinend selbstlos bin. Das müssen wir ganz bewusst mitdenken.
Ich gebe ein Beispiel: In der großen Gemeinde in Nordirland hat uns einer der ehemaligen Leiter erzählt, dass sie einen relativ großen Leitungskreis hatten, etwa acht oder zehn Leute, während ein paar hundert Menschen in der Gemeinde waren. Sie hatten eine Regel: Wenn im Leitungskreis über jemanden als Person gesprochen werden musste – sei es positiv, weil er eine bestimmte Verantwortung in der Gemeinde übernehmen sollte, zum Beispiel die Kinderarbeit, oder negativ, wenn es Unklarheiten gab und sie nicht sicher waren, wie sie reagieren sollten – dann musste das Familienmitglied eines Leiters für diesen Punkt der Tagesordnung den Raum verlassen. Dabei verpflichtete er sich, das, was seine Kollegen entschieden, vorbehaltlos zu akzeptieren.
Warum wohl? Weil wir nicht objektiv sind, wenn es um unser erweitertes Ich geht – weder positiv noch negativ.
In kleinen Gemeinden ist das manchmal nicht möglich. Ich habe das mal mit einem der Leiter unserer Nachbargemeinde besprochen. Er sagte, wenn so ein Fall auftritt, dann müssten alle den Leitungskreis verlassen, weil sie alle miteinander verwandt sind. Diese Praxis ist also nicht auf jede Gemeindesituation übertragbar.
Aber uns muss klar werden, warum sie das damals beschlossen haben. Es gibt so etwas wie ein erweitertes Ich, in dem wir genauso egoistisch sind. Wir fühlen uns angegriffen, wenn ein Familienmitglied angegriffen wird oder jemand aus unserem engsten Freundeskreis. Dann verlieren wir unsere Objektivität, weil es nicht nur uns als Person betrifft.
Daher ist der Irrglaube, ich tue alles für meine Familie und bin deswegen selbstlos, nicht richtig. Da müssen wir, glaube ich, ein bisschen umdenken.
Okay, das war nur so eine Randbemerkung.
Das Ziel der Einheit und Selbstlosigkeit in der Gemeinde
Wir haben in Kapitel 2, Vers 1 gelesen, dass Paulus fragt: Wollt ihr mir eine Freude machen? Das, was für ihn wirklich wichtig wäre. Am Anfang von Vers 2 heißt es: Erfüllt meine Freude.
In Vers 16 lesen wir, dass Paulus sagt: Wenn es nicht funktioniert, wenn ihr nicht ein Stück weit selbstlos werdet in der Gemeinde, eure eigenen Interessen zurückstellt und das Streben, ein möglichst gutes Image zu haben, zurückstellt, dann habe ich den Eindruck, dass vieles von dem, was ich in euch investiert habe, umsonst gewesen ist. Für ihn ist das ein Kernpunkt des Christentums, des Evangeliums. Letzten Endes hört es nicht damit auf, dass sich jemand bekehrt. Doch darauf kommen wir später noch zurück.
Wir haben in Kapitel 1, Vers 27 gelesen: Wandelt würdig des Evangeliums Christi, damit ihr feststeht in einem Geist, mit einer Seele kämpft, mit dem Glauben des Evangeliums. Euch ist Evangelisation wichtig, aber würdig des Evangeliums ist, dass ihr das als Einheit, als Team tut.
Ich möchte die Zeit bis zum Mittagessen nutzen, um mit euch ein wenig durchzugehen. Wir werden nicht das ganze Kapitel 2 schaffen und machen heute Abend weiter. Aber zumindest wollen wir die wesentlichen Kerngedanken durchgehen, die später noch einmal durch Beispiele erläutert werden.
Ihr habt ja auch jede Woche eine Stunde, in der ihr das Mahl feiert und Jesus im Mittelpunkt steht. Wie oft wird dabei Philipper 2, Vers 4 und folgende vorgelesen. Das ist ein wunderschöner Abschnitt in diesem Zusammenhang. Allerdings steht dieser Abschnitt eigentlich in einem anderen Zusammenhang in der Bibel.
Wir nehmen ihn heraus, stellen ihn ein Stück weit aus seinem ursprünglichen Zusammenhang heraus. Dabei verliert er nichts von seiner Schönheit. So können wir ihn in diesen anderen Zusammenhang stellen, was sehr gut ist.
Uns muss bewusst sein: Ursprünglich steht dieser Abschnitt in einem anderen Zusammenhang. Hier dient er nur als Motivation, diesen schweren Weg zu gehen – selbstlos zu werden und sich nicht mehr selbstwichtig zu nehmen.
Das Ideal der Einheit: Gleichdenken und Einmütigkeit
Aber fangen wir am Anfang an, noch einmal Vers zwei: „So erfüllt meine Freude, dass ihr gleichdenkt, dieselbe Liebe habt, einmütig seid und das eine denkt.“
Paulus sagt, das ist eigentlich das Ziel für ein Team, für euch als Team, für euch als Gläubige, für euch als Gemeinde. Das gilt auch bei den Dingen, die euch wichtig sind – bei Evangelisation und all diesen Dingen – aber auch bei anderen Aufgaben: den Herrn groß machen, Jüngerschaft fördern, Seelsorge anbieten, all diese Dinge.
Das große Ziel ist, dass ihr das Gleiche denkt und das Gleiche vor Augen habt. Es geht darum, dass ihr in eine Richtung geht, miteinander. Nicht, dass jeder denkt, seine Ideen seien die besten, sondern dass ihr gemeinsam sagt: „Okay, das möchten wir tun, diese Methoden möchten wir anwenden, zumindest zu dieser Zeit.“
Das ist unser Ziel. Wir möchten positiv – ich meine, das klingt für uns erst einmal negativ – so eine Art Schwarmintelligenz entwickeln. Ich weiß nicht, ob ihr schon einmal Schwarmintelligenz erlebt habt, zum Beispiel bei Fischschwärmen, die alle gleichzeitig links abbiegen. Das ist völlig verrückt, wie das überhaupt funktioniert.
Paulus sagt im Geistlichen Bereich, dass das Ideal ist, wenn wir zusammen als Team, als Gemeinde unterwegs sind, dass wir alle gleichzeitig links abbiegen. Nicht die eine Hälfte links, die andere rechts und die andere verwirrt geradeaus weiterschwimmt.
Ich sage, das ist das Ziel. Das wünsche ich mir: dass diese Konflikte und Reibungen, die es ständig untereinander gibt – sei es wegen Richtungen oder wegen Kleinigkeiten, wie man etwas tut oder vielleicht nicht tut – dass das nicht da ist. Sondern dass ihr möglichst reibungslos für diese großen Ziele Gottes miteinander unterwegs seid.
Das ist das große Ziel, sagt Paulus. Wir werden es wahrscheinlich nie ganz erreichen, aber darauf arbeiten wir hin: dass jeder seine Aufgabe hat – in diesem Leib, um ein anderes Bild zu gebrauchen.
Nicht, dass der Fuß plötzlich seine eigenen Vorstellungen durchsetzen will, wo es langgeht, sondern dass in einem Leib jedes einzelne Glied, jedes Organ seine eigene Funktion hat, die unterschiedlich ist. Das ist der Unterschied zu einem Schwarm von lauter gleichen Fischen, bei dem jeder die gleiche Funktion hat.
Jeder von uns hat eine andere Funktion, aber trotzdem ist das Ziel, dass wir möglichst ohne Konflikte und möglichst effektiv an den Zielen Gottes mitarbeiten können – nicht nur persönlich, sondern als Team.
Paulus sagt, das ist sein großes Ziel, und er unterlegt es hier mit vier Ausdrücken, die eigentlich sehr ähnlich sind und wahrscheinlich keinen so großen Unterschied in ihrer Bedeutung haben.
Wir sollen das Gleiche denken, wir sollen das Gleiche lieben. Wenn wir Jesus so kennengelernt haben, wissen wir, was er liebt, und wir beginnen, das auch zu lieben.
Das ist spannend: Im ersten Johannesbrief, wenn Johannes darüber schreibt, dass die Liebe des Vaters in uns ist – wir hatten gerade darüber gesprochen, wie man Genitive übersetzt – was heißt das, die Liebe des Vaters in uns?
Es bedeutet, dass wir wissen, dass der Vater uns liebt, oder dass wir angefangen haben, den Vater zu lieben, oder dass wir dahin gewachsen sind, dass wir die gleichen Dinge lieben wie der Vater. All das steckt darin.
„Die gleiche Liebe habend“, sagt Paulus hier, bedeutet: Wir lieben alle das Gleiche, wir denken das Gleiche, wir lieben das Gleiche, wir gehen in eine Richtung.
Und er formuliert es mit vier Ausdrücken, die wahrscheinlich gar nicht so stark voneinander abgegrenzt werden müssen.
Die Herausforderung der Demut und das Zurückstellen eigener Interessen
Und dann sagt Paulus: Das Problem ist, diesem Ideal näherzukommen – in geistlichen Dingen, in der geistlichen Arbeit. Das Problem ist, dass wir diese Einheit noch nicht einmal bei unseren ganz kleinen menschlichen Anliegen und Problemen hinbekommen.
Wir haben ein großes Ideal: als Einheit für die Weltmission zu arbeiten. Paulus sagt aber, dass es auf Dauer nicht funktioniert, wenn wir unser praktisches Leben miteinander nicht in den Griff bekommen. Deshalb geht Vers 3 weiter: "Nichts aus Eigensucht oder leerem Ruhm tun." Ich habe es schon kurz erwähnt: Nichts aus Eigensucht für die eigenen Interessen tun und nicht diesen leeren Ruhm, dieses Image, dieses möglichst gute Image anstreben.
Jetzt kommt der berühmte Satz, der oft aus dem Zusammenhang gerissen wird – die Definition von Demut, die in diesem Zusammenhang gefragt ist: "Sondern in Demut einer den anderen höher achten als sich selbst." Von diesem Satz haben viele Christen eine sehr sonderbare Vorstellung. Für viele heißt das, dass ich immer so demütig sein muss, dass ich denke, der andere ist besser als ich. Der andere ist geistlicher, der andere kann die Dinge besser, der andere verhält sich besser in der Gruppe.
Aber das ist objektiver Unsinn. Es ist ja nicht so, dass immer alle anderen besser sind als ich. Darum geht es auch nicht in diesem Zusammenhang. Hier geht es nicht darum, dass ich den anderen höher achte, indem ich denke, er ist besser. Sondern ich achte den anderen höher, indem ich sage, seine Interessen sind wichtiger.
Das ist ein großer Unterschied: Nicht, dass er besser ist, sondern ich stelle mich auf den Standpunkt, dass seine Interessen momentan wichtiger sind als meine Interessen. Ich meine, ich habe das schon angedeutet: Paulus verwendet kurz danach das Beispiel von dem Herrn Jesus, der genau diese Haltung eingenommen hat. Er ist ja nicht über diese Erde gelaufen und hat gedacht, alle anderen sind besser als ich. Das wäre völliger Humbug gewesen.
Aber er hat die Interessen der Menschen wichtiger genommen als seine eigenen Interessen. Darum geht es hier, und das ist Demut. Nicht, dass ich ständig herumlaufe und sage, wie schlecht ich bin, wo ich noch Probleme habe und wo meine Schwachstellen sind. Sondern ich sage: Egal, der andere ist wichtiger als ich. Ich bin nicht so wichtig. Ich kann vielleicht manche Dinge sogar schon besser als andere. Darum muss ich mir gar keine Gedanken machen. Das ist auch nicht so wichtig.
Nicht auf das Seine sehend, sondern auch auf das der anderen. Jeder hat nicht nur den festen Blick auf seine eigenen Interessen und die Interessen seines erweiterten Ichs, sondern jeder ist aufgefordert, einen Blick auf die berechtigten Interessen des anderen zu haben.
Wir müssen nicht darauf achten, dass alle Wünsche von allen unseren Geschwistern erfüllt werden, egal wie unsinnig sie sind. Aber wir sollten einen Blick dafür haben, welche berechtigten Interessen Geschwister in unserer Umgebung haben. Und wir sollten diese nicht niederbügeln, nur weil sie unseren Interessen im Moment im Weg stehen.
Wir sollten den anderen nicht mit Ignoranz strafen, weil wir im Mittelpunkt stehen wollen. Wir sollten uns nicht vordrängen, so dass andere im Schatten stehen, obwohl sie auch ein Recht darauf haben, dass ihr Beitrag im Gemeindeleben, ihr Einsatz wahrgenommen wird – dass ihre Beiträge im Hauskreis wahrgenommen werden.
Darum geht es hier. Wie gesagt, wir können ganz hochtrabende Ziele haben, was wir im Reich Gottes persönlich, als Gemeinde und als Gemeinschaft erreichen wollen. Aber wenn es auf einer ganz menschlichen Ebene nicht funktioniert, dass wir die Interessen unseres Bruders oder unserer Schwester wichtiger nehmen als unsere eigenen, dass wir unser Streben nach einem möglichst guten Ansehen in der Gruppe zurückstellen können, dann können wir diese großen Ziele vergessen.
Paulus sagt: Dann funktioniert es nicht, dann werden wir diese Ziele nicht erreichen. Das sind die Punkte, an denen wir arbeiten müssen.
Jesus als Vorbild für Demut und Selbsterniedrigung
An dieser Stelle fragt er: Wer ist denn euer großes Vorbild?
Er spricht danach davon, dass er selbst ein Vorbild ist. Außerdem kann Timotheus für sie ein Vorbild sein. Auch ihr eigener Mann, ihr eigener Gesandter, kann an diesem Punkt ein Vorbild sein – Epaphroditus. Doch als Erstes stellt er ihnen Herrn Jesus vor, so wie er gelebt hat.
Ich habe bereits viel über Image und unser Ansehen in der Gruppe gesagt. Ihr müsst diesen Text einmal mit diesen Augen lesen. Wir werden ihn durchgehen, aber ich werde nur teilweise darauf hinweisen, wie oft es hier vom Vokabular her nicht um objektive Tatsachen geht.
Paulus schreibt nicht, Jesus war Gott oder ist Gott, sondern er schreibt: Jesus war in Gestalt Gottes. Seine Betonung liegt darauf, dass Jesus als Gott gesehen wurde. Natürlich würde er nie anzweifeln, dass Jesus selbst Gott ist. Aber in diesem Zusammenhang geht es viel um Image. Er sagt, Jesus war nicht nur real Gott, sondern er wurde auch als Gott wahrgenommen. Er hatte das Image, Gott zu sein. Es war kein Fake-Image, es war real.
Jesus hat darauf verzichtet und nahm die Gestalt eines Menschen an. Er wurde als Mensch gesehen. Er hat also nicht nur sein objektives Sein verändert, sondern auch, wie er von anderen wahrgenommen wurde.
Lesen wir mal ein bisschen. Ich lese Vers 5 und 6: Diese Gesinnung, dieses Denken sei in euch, diese Einstellung – vielleicht ist Einstellung nur eine gute Übersetzung, ich weiß nicht, was eure Übersetzung sagt – diese Einstellung sei in euch, die auch in Christus Jesus war, der, als er in Gestalt Gottes war, es nicht wie ein Raub behandelte, Gott gleich zu sein.
Wir achten oft sehr darauf, wie man uns sieht, wie man uns wahrnimmt. Es hat viel damit zu tun, positiv gesehen zu werden. Natürlich hängt das auch damit zusammen, wie wichtig wir sind. Wir neigen dazu, uns in den Vordergrund zu schieben und dabei oft die Interessen anderer zu übergehen. Objektiv gesehen hätten wir oft noch nicht einmal ein Recht darauf.
Objektiv gesehen hätte vielleicht gerade jemand anders das Recht darauf, die Lorbeeren zu bekommen, weil er bei irgendeinem Einsatz mehr geschafft hat als ich. Trotzdem möchten wir gerne, dass gesehen wird, was wir getan haben. Wir nehmen uns eigentlich wie einen Raub. Wir rauben jemand anderem die Ehre, damit wir sie bekommen, sagt Paulus. Und wir klammern uns daran. Das ist uns wichtig.
Er sagt, Jesus war Gott, Jesus wurde als Gott gesehen, und er hat es nicht so festgehalten, wie wir Dinge festhalten. Er hat ein Recht darauf, okay? Und er hat es nicht einmal mit der Vehemenz festgehalten, wie wir Dinge festhalten, die wir eigentlich geraubt haben, auf die wir kein Recht hatten. Ich glaube, das ist das, was er hier ausdrücken will.
Jesus hat nichts geraubt. Er hätte nichts wie einen Raub festhalten können, okay? Wir rauben oft Dinge, nicht materielle Dinge. Die wenigsten von uns gehen in den Supermarkt und klauen Handys. Ich habe einen Comedian gesehen, der sagte: Ich bin christlich erzogen worden, ich hätte nie ein iPhone geklaut, weil da steht: „Du sollst nicht stehlen.“ Da stand aber nichts von Tauschen, also habe ich mein altes Tastentelefon gegen ein iPhone getauscht beim Mediamarkt.
Nein, Jesus hat nichts geraubt. Wir rauben manchmal immaterielle Dinge, wie Ehre oder Ansehen, denen, die es eigentlich verdient haben. Und wir halten es fest wie einen Raub.
Jesus war Gott, und er hat es nicht festgehalten wie wir einen Raub festhalten. Stattdessen machte er sich selbst leer. Er gab etwas weg, was er immer hatte. Er gab etwas weg, was so viel besser war als das, was er bekam. Er gab etwas weg, das sich gut anfühlt – so wie unser positives Image in der Gruppe sich oft gut anfühlt. Und er war bereit, leer zu werden.
Wahrscheinlich hat es sich leer angefühlt, plötzlich diese Herrlichkeit nicht mehr um sich zu haben, plötzlich diese Macht nur noch sehr eingeschränkt einsetzen zu können. Manchmal, wenn wir etwas aufgeben, wenn wir uns selbst nicht mehr so wichtig nehmen, wenn wir von einer Position zurücktreten, fühlt sich das leer an. Wir verlieren etwas und haben im ersten Augenblick vielleicht keine Kompensation.
Paulus sagt: Jesus hat es gemacht. Euer Herr, euer Vorbild hat es gemacht – das, was euch schwerfällt.
Er nahm Knechtsgestalt an, indem er in Gleichheit der Menschen wurde, in Gestalt eines Menschen erschien. Er hat nicht nur etwas losgelassen, er hat etwas angefangen. Er wurde plötzlich als Mensch gesehen, in Gleichgestalt der Menschen erfunden.
Im Vergleich zum Gottsein ist das eine ziemlich niedrige Position. Man hat so viel weniger Macht, so viel weniger Möglichkeiten – nur noch ein ganz normaler Mensch.
Würdet ihr das freiwillig tun? Überlegt mal, wie sehr ihr an euren Positionen klebt. Wir haben gerade einen Bürgermeister in Frankfurt, dessen eigene Partei will, dass er zurücktritt – und er tut es nicht. Menschen kleben an Positionen, auch in Gemeinden.
Überlegt mal, wie sehr ihr an Positionen klebt, wie sehr ihr an eurem Ansehen klebt. Könntet ihr euch vorstellen, das freiwillig aufzugeben? Wie weh das tun würde? Aber euer Herr hat es freiwillig aufgegeben. Er ist freiwillig diesen Schritt von Gottsein und davon, von allen als Gott gesehen zu werden, zum Menschsein und davon, von allen als Mensch gesehen zu werden, gegangen. Freiwillig. Wow!
Gehorsam bis zum Tod: Die Konsequenz der Selbsterniedrigung
Wie vom Herrn zum Knecht, sagt Paulus: Vers acht beschreibt, wie Jesus sich selbst erniedrigte, indem er gehorsam wurde. Das ist so schwer – zu gehorchen, oder? Es ist schwer zu akzeptieren, dass jemand anderes mir etwas sagt und ich in der Gemeinde gehorchen soll. Was hat der mir zu sagen? Warum mischt er sich in mein Leben ein?
Es ist so schwer, einfach mal zu gehorchen, einfach mal zu sagen: Okay, wer hat jetzt hier in der Zusammenarbeit den Hut auf? Und ich tue das jetzt einfach, ohne es zu diskutieren. So schwer! Paulus sagt, Jesus hat das gemacht. Er wurde Knechtsgestalt.
Eigentlich ist das im Griechischen das gleiche Wort wie Sklave. Man muss immer aus dem Zusammenhang entscheiden, ob es sich um einen Sklaven handelt, der gar keine Rechte hat, oder um einen Knecht, der etwas ähnlich wie ein Arbeitnehmer ist und notfalls einen anderen Herrn suchen kann. Das kennen wir ja auch aus dem Berufsleben: Manche sind angestellt und Knechte, weil sie notfalls einen anderen Job suchen können, wenn es ihnen nicht passt. Andere sind in ihrer Firma aufgestiegen, haben kein Papier über das, was sie können, sind vielleicht im Alter und können sich keinen anderen Job mehr suchen. Sie sind in ihrem Job irgendwie Sklaven, weil sie keine Alternativen mehr haben. Also gibt es auch heute beides.
Aber überlegt mal: Jesus hat Knechtsgestalt eingenommen. Er wurde wie ein Sklave gesehen, jemand, der keinen Namen hat, keine Rechte, die er durchsetzen kann, der immer gehorchen muss. Und Jesus hat das freiwillig gemacht.
Jesus hat das freiwillig gemacht, was ihr euch nie vorstellen könnt, weil ihr euch selbst so wichtig nehmt. Er wurde gehorsam bis zum Tod, ja, bis zum Tod am Kreuz. Er wurde gehorsam in der Konsequenz, dass er bereit war, dass es ihn das Leben kostet.
Und ihr findet es so schwer, mal in einem Kinderstundenteam einfach zu gehorchen. Kann das so schwer sein, wenn euer Herr so gelebt hat? Bis zum Tod am Kreuz?
Wenn wir uns das Kreuz ausmalen, dann haben wir meistens vor Augen, wie furchtbar die Folter war, wie schrecklich dieser Tod körperlich war. Für einen Römer oder Griechen war das aber nicht der Hauptpunkt. Das war nicht das, was ihnen vor Augen stand.
Viel stärker als wir uns das vorstellen können, stand vor ihren Augen die Schande, gekreuzigt zu werden – nackt aufgehängt, für alle sichtbar und öffentlich als Verbrecher zu sterben. Ihnen standen nicht die Schmerzen vor Augen, sondern die unglaubliche Peinlichkeit, so zu sterben. Das war das, was einem die letzte Ehre im Leben raubte.
Paulus sagt: Das ist der Weg, den euer Herr gegangen ist. Und für euch ist es schwierig, mal einen Schritt zurückzugehen und mal nicht so wichtig zu sein?
Deshalb schreibt er diese Verse, okay? In diesem Zusammenhang.
Gottes Reaktion auf Jesu Selbsterniedrigung und das Versprechen der Belohnung
Wie hat Gott reagiert? Vers neun. Lies mal Vers neun bis elf:
Darum hat Gott ihn hoch erhoben und ihm einen Namen gegeben, der über jedem Namen ist, damit sich im Namen Jesu jedes Knie beugt, der himmlischen, irdischen und unterirdischen, und jede Zunge bekennt, dass Jesus Christus Herr ist – zur Verherrlichung Gottes, des Vaters.
Wie hat Gott reagiert? Ich kann es mit einem Wort zusammenfassen: Begeistert! Gott war begeistert von dem Weg, den sein Sohn gegangen ist. Er hat sich freiwillig erniedrigt, auf sein Image verzichtet, auf seine Position verzichtet und sich bis zum Tod am Kreuz erniedrigt.
Paulus sagt, Gott war begeistert. Gott hat ihm einen Namen gegeben, der über jedem Namen ist. Das ist wieder Image, okay? Er hat ihm einen Namen gegeben, der über jedem Namen ist, und in diesem Namen Jesu beugt sich jedes Knie. Niemand ist jemals so anerkannt worden auf dieser Erde, wie Jesus Anerkennung bekommen wird für diesen Weg im Himmel. Niemand wird so viel Ehre erhalten, niemand wird eine so hohe Position bekommen.
Was möchte Paulus damit sagen? Er möchte sagen: Herr Philippa, wenn ihr euch selbst nicht so wichtig nehmt – jeder von euch –, dann ist das nicht nur gut für die Gemeinschaft. Dann könnt ihr nicht nur die großen Ziele Gottes zusammen als Team erreichen, sondern ihr werdet auch das bekommen, wonach ihr euch eigentlich sehnt.
Wenn Gott Jesus für diesen Weg, für diese Einstellung, diese Gesinnung so belohnt hat, dann wird er das auch mit euch tun, wenn ihr denselben Weg geht. Warum nicht? Dann werdet ihr das bekommen, wonach ihr euch so sehr sehnt: Position, wichtig sein, anerkannt werden.
Ihr könntet alles bekommen, aber nur, wenn ihr auf dieser Erde darauf verzichtet. Wenn ihr euch hier als Raub nehmt, wenn ihr euch Anerkennung erschleicht oder um eure Position kämpft, dann wird euch Gott im Himmel nicht mit einer Position und Anerkennung belohnen. Aber wenn ihr dem Weg Jesu nachgeht, dann könnt ihr vielleicht etwas von dem bekommen, wonach euer Herz so sehr sehnt – als Belohnung.
Das ist das, was er versucht, ihnen vor Augen zu malen. Ja, natürlich werden wir nicht alles teilen, nicht jedes Knie wird sich für uns beugen. Aber auch wir werden belohnt werden. Ich habe heute Morgen von dieser öffentlichen Belohnung gesprochen, die der Herr verheißt.
Paulus sagt, Jesus hat diese Belohnung im Zusammenhang mit seiner Selbsterniedrigung bekommen. Wie wäre es, wenn ihr diesen Weg geht? Und dann fügt er am Ende von Vers elf diese kleine Bemerkung hinzu: „zur Verherrlichung Gottes, des Vaters.“
Warum? Weil alle sagen werden: Das, was du mit Jesus machst, finden wir total gut. Wir finden es gut, dass du ihn so belohnst für diese freiwillige Erniedrigung, für diesen krassen Weg, den er gegangen ist. Wir finden deine Maßstäbe gut, Gott. Wir finden es gut, dass er erhoben wird. Wir finden es gut, dass er einen Namen bekommt, der über jeden Namen ist. Wir finden es gut, wie du als Richter und Vater reagierst. Wir finden es total gut.
Dieses Verhalten Gottes, Jesus zu erhöhen, wird zu seiner Verherrlichung sein. Das heißt, wir finden es auch alle gut, oder? Dass Gott so mit Jesus umgeht. Aber wenn wir es gut finden, dass Gott so mit Jesus umgeht, finden wir doch auch gut, wie Jesus sich verhalten hat, oder? Warum wollen wir uns dann nicht so verhalten, wenn wir es doch gut finden?
Diese Frage muss ich mir stellen.
Ermutigung zur Selbstreflexion und Mitarbeit an der eigenen Persönlichkeit
Verst zwölf
Daher, meine Geliebten, sagt er euch noch einmal: Leute, ich weiß, das ist gerade ein bisschen schwierig für euch, was ich schreibe, aber ich liebe euch. Er betont hier noch einmal: Ich liebe euch. Ich sage euch das aus Liebe, nicht als Kritik. Ich will euch hier keine Kritik unterschieben.
Ich liebe euch und wünsche euch das Beste. Ich will, dass ihr Lohn im Himmel bekommt und dass ihr Ehre von Gott im Himmel erhaltet, okay? Ihr seid ja auch bisher gehorsam gewesen. Ihr lauft eigentlich gut, nicht nur in meiner Anwesenheit, sondern vielmehr in meiner Abwesenheit.
Jetzt kommt ein interessanter Satz: „Bewirkt ist“ ist bei mir übersetzt – glaube ich – eine schlechte Übersetzung. „Arbeitet aus“ wäre vielleicht eine bessere Übersetzung. Arbeitet an eurer eigenen Errettung mit Furcht und Zittern.
Errettung bedeutet für Paulus nicht nur: Ich bin einmal gerettet und komme nicht mehr in die Hölle, jetzt kann ich machen, was ich will. Für Paulus bedeutet Errettung auch, dass wir errettet sind von unserer alten Persönlichkeit, von dem, wie unsere Umgebung tickt. Wir können anders werden.
Er benutzt hier nicht den Begriff „Sorgt selbst für eure Errettung“ im Sinne von „Sorgt dafür, dass ihr in den Himmel kommt“. Stattdessen sagt er: Arbeitet daran, dass diese Errettung eurer Persönlichkeit vollständig wird.
Hier wird ein Wort benutzt, das man zum Beispiel verwendet, wenn man einen Edelstein findet und ihn schleift. Finde deinen Edelstein und er wird geschliffen. Oder es ist auch ein Wort, das gebraucht wird, wenn ich im Garten arbeite, an meinem Beet, an meinem Gemüsebeet, das Unkraut entferne und darauf achte, dass das Gemüse wachsen kann.
Arbeitet an eurer Errettung in dem Sinn, arbeitet an dem, was zu eurer christlichen Persönlichkeit, zu eurer positiven Persönlichkeit noch fehlt. Arbeitet dann mit Gott zusammen, Geliebte, arbeitet daran – mit Furcht und Zittern. Schon mit einer großen Ehrfurcht vor dem, was Gott eigentlich für Ziele in meinem Leben hat.
Wisst ihr, Philippa, euch ist Evangelisation so wichtig, die Rettung von Menschen, und es schwebt immer darüber. Das ist toll bei euch. Ihr seid total engagiert. Das ist super. Aber hier in diesem Satz betont Paulus: Arbeitet an eurer Errettung.
Ihr habt über dieses Engagement nach außen vielleicht vergessen, dass ihr auch den Auftrag habt, an eurer Persönlichkeit, an eurer Einstellung zu arbeiten. Gott erwartet von euch, dass das zu eurer Errettung dazugehört. Arbeitet daran!
Denn Gott ist es, der in euch wirkt – sowohl das Wollen als auch das Tun. Er gibt euch Motivation und hilft euch, das zu tun, zu seinem Wohlgefallen.
Warum sollen wir das tun? Weil es Gott gefällt. Warum müssen wir diesen schwierigen Weg gehen, uns nicht mehr so wichtig zu nehmen, uns nicht in den Vordergrund zu stellen und die Interessen von anderen wichtiger zu nehmen als unsere eigenen? Weil es Gott gefällt.
Wohlgefallen – wow, das kann Motivation sein, oder?
Tut alles ohne Murren und ohne ständiges Diskutieren. Ihr kennt Kinder, oder? Wenn ihr ihnen einen Auftrag gebt, gibt es manche, die immer motzen und sagen: „Das will ich nicht tun.“ Das ist ermüdend. Manche motzen nicht direkt, aber sie finden immer noch ein Argument, einen Grund, warum das jetzt vielleicht nicht dran sein muss oder warum man es vielleicht doch anders machen kann.
Beide Taktiken – Murren und Diskutieren – sind so ermüdend, dass die Eltern manchmal aufgeben und sagen: „Gedenke des Kampfes und tu es nie wieder“, hat Gott zu Hiob gesagt.
Paulus sagt: Arbeitet an eurer Errettung! Seid einfach gehorsam dem, was Gott möchte. Arbeitet an eurer Persönlichkeit, gerade dort, wo es euch immer um eure eigenen Interessen geht.
Tut es ohne zu murren, tut es ohne herumzudiskutieren, warum es gerade jetzt doch wichtig ist, dass eure Vorstellung sich durchsetzt. Tut es einfach, damit ihr untadelige, lautere, fehlerfreie Kinder Gottes seid und damit ihr die Gene eures Gottes zeigt.
Leben inmitten einer verdrehten Welt und das Zeugnis der Gemeinde
Inmitten einer verdrehten und verkehrten Welt weißt du: Wenn du so lebst und deine eigenen Interessen nicht durchsetzt, dann wirkst du auf deine ungläubige Umgebung seltsam. Wenn du nicht ständig um Gehaltserhöhungen, dein Image, deine Meinung und dein Ansehen in der Firma kämpfst, dann erscheint das für deine Umgebung merkwürdig.
Paulus sagt jedoch: Deine Umgebung ist verdreht, nicht du. Du lebst inmitten einer verdrehten Generation. Nicht du bist verdreht, sondern sie sind es, wenn du so lebst. Er sagt weiter: Wenn ihr so lebt, dann könnt ihr unter ihnen leuchten wie Lichter in der Welt und das Wort des Lebens darstellen.
Ihnen ist Evangelisation wichtig, ihnen ist wichtig, dass Menschen gewonnen werden. Hier liegt der dritte Grund, warum ihr lernen solltet, im Team zu arbeiten und euch nicht in den Vordergrund zu stellen. Das ist wichtig, damit das Team funktioniert; es gefällt Gott. Jesus hat es selbst vorgelebt, und es ist gut für die Evangelisation. Denn wenn ihr so lebt, leuchtet ihr wie Lichter in dieser Welt und werdet anziehend, auch wenn es im ersten Moment seltsam wirkt.
Paulus argumentiert an dem Punkt, der ihnen wichtig ist. Er sagt: Wenn ihr eure Ziele erreichen wollt, müsst ihr genau an diesem Punkt arbeiten – an eurer Persönlichkeit. Das ist ein wesentlicher und schwieriger Punkt in diesem Brief, weil es unseren Instinkten widerspricht.
Wenn wir als Einheit agieren, das heißt, wenn wir unsere eigenen Interessen zurückstellen, können wir zum Beispiel die Verantwortlichen der Gemeinde ermutigen. Wenn wir als Einheit handeln und unsere eigenen Interessen zurückstellen, können wir Licht sein für unsere ungläubige Umgebung. Das ist etwas, das Gott gefällt und was er belohnen wird – genauso, wie er es bei Jesus getan hat.
Natürlich ist Einheit nicht alles. Natürlich können wir nicht für Einheit jede Wahrheit opfern, wie es heute oft passiert. Aber vielleicht wäre es trotzdem ein Anfang, wenn wir ganz bewusst die berechtigten Interessen unserer Geschwister manchmal wichtiger nehmen als unsere eigenen oder die unseres erweiterten Ichs.
Paulus schreibt dieses ganze Kapitel darüber, weil er es unglaublich wichtig findet. Er sagt: „Mir zum Ruhm auf den Tag Christi, damit ich nicht vergeblich gelaufen bin oder vergeblich gearbeitet habe.“ Er betont, dass dieses Thema essenziell für euer Christsein ist und dass ihr genau an dieser Baustelle lernen müsst.
Ich glaube, wenn wir überhaupt mit diesem Wochenende rausgehen und sagen wollen, wir haben etwas aus dem Philipperbrief gelernt, dann sollten wir an genau diesem Punkt arbeiten.