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Alle warten auf das Weihnachtsfest. Simeon und Hanna warteten auf kein Päckchen, sondern auf eine Person. Nur wer auf Jesus wartet, wird ein fröhliches Fest erleben. - Kurzpredigt aus der Weinachtsfeier für kleine und große Leute aus der Stiftskirche Stuttgart


Nicht wahr, liebe Eltern und Kinder, am Heiligen Abend ist die schöne Stiftskirche wie ein großer Wartesaal. Alle warten auf das Fest. Jeder ist gespannt wie ein Regenschirm. Keiner bleibt von Weihnachten unberührt. Der Björn wartet auf neue Schi; hoffentlich gibt es keinen Brettersalat mit Knochensuppe in den Bergen. Die Katja wartet auf die neue Disc der Rockband Schulze; hoffentlich kriegen die Eltern beim Hören keinen Gehörsturz. Der Papa wartet auf die Weihnachtsgans und die Mama auf ganz liebe Kinder. Der Onkel wartet, der Opa wartet, die Oma wartet. Alle warten auf das Fest.

Simeon und Hanna haben auch gewartet. Aber sie warteten auf kein Päckchen. Sie warteten auf kein Geschenk. Sie warteten nicht bis die Post kommt, sondern bis der Herr kommt. Sie warteten also auf keine Sache, sondern auf eine Person. Nur wer auf Jesus wartet, wird ein fröhliches Fest erleben. Ohne Jesus Christus ist Weihnachten ein Flop.

Mir hat dieser Simeon mächtig imponiert. Früher hatte er auf dem Dorf gewohnt. Nicht nur einmal am Tag stand er ans Fenster, guckte Richtung Jerusalem und betete: “Herr, ich warte auf dein Heil.” Dann hat er eines Tages seine Siebensachen in Schachteln verpackt, um in die Nähe des Tempels zu ziehen. Die Nachbarn schlugen die Hände überm Kopf zusammen: “Guter Mann, wer hat dir diesen Floh ins Ohr gesetzt? Man kann doch nicht sein Haus einfach im Stich lassen. Wo kämen wir hin, wenn sich jeder fromm ausspinnt?” Aber Simeon packte seine Sachen und ging. In Jerusalem schnaufte er jeden Tag die vielen Treppen hinauf zum Tempel, um oben im Heiligtum zu beten: “Herr, ich warte auf dein Heil”. Die Leute schüttelten den Kopf über ihn: “Guter Mann, wer hat dir denn diese Kletterei befohlen? Den Ischias pflegt man im Altenstüblein und den Lebensabend verbringt man auf der Ofenbank. Warum so viel Mühe?” Aber den Simeon hielt nichts, nicht einmal die eigenen Zweifel, die sich immer wieder meldeten: “Ist meine Hoffnung nicht doch nur ein Luftballon? Ist Weihnachten nicht doch nur ein Märchen? Ist das alles nicht nur blauer Dunst?” Aber Simeon betete weiter, jeden Tag, im Tempel zusammen mit andern, die auch warteten, mit Zacharias und Elisabeth, auch mit dieser alten Hanna zusammen: “Herr, ich warte auf dein Heil.” Und eines Tages wurde ein Kind zur Tempelhal­le hereingetragen, ein Kind, wie tausend andere auch. Nur Eltern meinen, ihr Sprössling sei der schönste und herzigste und putzigste, ein noch nie dagewesener Zuckerkringel zum Abschlecken. In Wirklichkeit sehen aber diese Wickeldinger fast gleich aus: ein warmes, molliges Bündel. Für Simeon war das Dutzendware, so eine Routinesache.

Aber es war ganz anders. Da kam der Simeon auf dieses Kind zu, nahm es auf den Arm und dann strahlte dieser alte Mann und er sagte nicht mehr “Herr, ich warte auf dein Heil”. Er sagte: “Herr, jetzt sehe ich dein Heil”.

In dem Kind das Heil sehen. In dem Kind den Heiland sehen. In dem Kind den Heilmacher sehen, das ist der Glaube zu Weihnachten. Den Heilmacher müssen wir sehen. Überall in der Welt sehen wir den Kaputtmacher: Die Sorgen, die Sorgen auch bei vielen zuhause, die machen kaputt. Die Angst, was morgen sein wird, macht uns kaputt. Und die Krankheit macht uns kaputt. Und die Bomben und Granaten in den Städten, wo heute wieder geschossen wird und Krieg ist, die machen kaputt. Es gibt überall Kaputtmacher in der Welt. Hier endlich ist der große Neumacher, der große Heilmacher, dieser Jesus Christus gekommen.

Wer diesen Heilmacher Jesus Christus erkennt, so wie der Simeon, bei dem wird’s Weihnachten. Der will doch nicht alleine feiern. Dem Jesus tut’s weh, wenn er alleine zurückbleiben muss. Er will mit uns zusammen Weihnachten erleben. Und deshalb bitte ich Sie, ich bitte jeden einzelnen Alten oder Jungen: Falten Sie doch auch die Hände, so wie diese beiden Alten, sagen Sie: “Heute, Herr, am Heiligen Abend, Herr, wir warten auf Dein Heil.” Dann nämlich kann es passieren, und das wünsche ich einem jeden, der heute in die Stiftskirche gekommen ist, dass jeder heute Nacht sagen kann: “Herr ich sehe jetzt Dein Heil. Herr, ich sehe Dich.”

Wer Jesus sieht, ist ein fröhlicher Mensch. Und das sollen Sie werden an Weihnachten.

Amen


[Predigtmanuskript; nicht wortidentisch mit der Aufnahme]