Einführung: Gedanken zur Urlaubszeit und Freude im Leben
Ich dachte, ich bringe euch heute mal ein Thema mit, das, wie ich finde, sehr gut zum Bereich Urlaub passt. Viele sind mit ihren Gedanken vielleicht schon bei dieser Zeit, in der theoretisch ein bisschen mehr die Sonne scheint. Praktisch hat das heute zwar nicht geklappt, aber ich bin da ganz zuversichtlich. Auch wenn die langfristige Wetterprognose nicht ganz so optimistisch ist, hoffe ich einfach, dass Gott uns noch ein bisschen Sonne und Pause schenkt. Und dass jeder von uns eine Zeit vor sich hat, in der er sich ein Stück ausruhen kann.
Vor kurzem war ich bei einem Freund zum Essen eingeladen. Wir saßen vorne auf seiner Terrasse und unterhielten uns. Er machte mir halb im Scherz einen Vorwurf. Wir sprachen darüber, was denn jetzt so in meinem Leben ansteht. Ich erzählte ihm, dass ich dies und das vorhabe, was mir Spaß macht und worauf ich Lust habe. Dann kam von ihm der halbe Vorwurf: „Jürgen, du machst immer nur Sachen, die dir Spaß machen. Wo bleibt denn da die Selbstverleugnung?“
Ich dachte mir: Bleibt die Selbstverleugnung wirklich aus? Ich erklärte ihm, dass auch die Dinge, die mir Spaß machen, durchaus arbeitsintensiv sind. Sie sind nicht immer leicht, sondern mit Aufwand verbunden. Trotzdem stellte ich mir die Frage, woher diese Wortwahl kommt. Warum wird Arbeit oft mit Stress, Last und Selbstverleugnung verbunden? Ich selbst bin eher vom Typ her jemand, der sagt: Wenn ich etwas anfange, dann soll es mir auch Spaß machen. Trotz der Arbeit, die dahintersteckt, trotz der vielen Stunden, in denen man oft allein etwas ausknobelt, und trotz des Frusts, wenn es nicht so klappt, wie man es sich vorstellt – wenn du mit mir darüber redest, würde ich das trotzdem als Spaß bezeichnen.
Ich habe dann weiter darüber nachgedacht und festgestellt, dass es Menschen gibt, für die das Wort Vergnügen gar nicht so positiv belegt ist wie für mich. Für sie sind Begriffe wie Vergnügen, Spaß und Freude ganz nah an dem Konzept, geistlich einen Kompromiss einzugehen.
Die Beziehung zwischen Heiligkeit und Freude
Dieses Jahr habe ich viele gute Bücher gelesen – eine Phase, die ich nicht immer habe. Ich versuche, alle ein bis zwei Monate wenigstens nebenbei ein schönes Buch zu lesen. Im Moment lese ich gerade „Gemeinsames Leben“ von Bonhoeffer. Das wird sicher wieder ein gutes Buch.
Oft liest man etwas, denkt sich „na ja, hm, ja“ und legt es dann wieder weg. Aber in diesem Jahr hatte ich schon einige gute Bücher. Eines davon heißt „Alles. Für dich.“ von Gary Thomas. Ein ganz ungewöhnlicher Titel – ich weiß nicht, wer sich den ausgedacht hat. Ich finde ihn nicht besonders reißerisch, sodass man sofort weiß, worum es geht. Es ist ein Buch über Freude.
Darin gibt es ein Zitat, das ich gerne ins Zentrum dieser Predigt stellen möchte. Auf Seite 152 heißt es: „Heiligkeit ist nicht der Gegensatz zum Vergnügen, sondern der treueste Freund.“ Das fand ich spannend.
Noch einmal: Es ist ein Buch über Freude und den richtigen Umgang mit Freude. Und da steht: „Heiligkeit ist nicht der Gegensatz zum Vergnügen, sondern ihr treuester Freund.“
Ich habe darüber nachgedacht, woher wohl die Vorstellung kommt, dass zum Beispiel mein Freund – aber auch andere Christen, die ich kenne – ein Problem damit haben, wenn man ehrlich zu Dingen steht, die einem Spaß machen. Dinge, die man bewusst als Quelle von Freude in sein Leben lässt.
Manch einer von euch weiß, dass ich dafür ab und zu mal kritisiert werde. Aber ich finde es einfach authentisch. Vorhin kam das ja auch schon zur Sprache: Auf meiner Homepage gibt es eine Seite, die heißt „Whisky und Zigarre“. Ihr könnt euch vorstellen, dass das immer wieder Anlass zu Diskussionen gibt.
Diese Seite ist ganz bewusst dort. Es wäre viel leichter, sie herauszunehmen, einfach wegzulassen und nicht zu provozieren. Aber ich lasse sie bewusst drin, weil ich mit Menschen darüber nachdenken möchte, was Leben eigentlich bedeutet.
Die biblische Perspektive auf die Welt und Freude
Ich habe nämlich den Eindruck, dass wir – ich lese mal zuerst Johannes Kapitel 2, Vers 15: „Liebt nicht die Welt noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt liebt, ist die Liebe des Vaters nicht in ihm. Denn alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens, ist nicht vom Vater, sondern von der Welt. Und die Welt vergeht und ihre Lust. Wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit.“
Das ist ein Bibelvers, der mir viel bedeutet. Das will ich ganz ehrlich sagen, nicht dass jemand denkt, ich predige jetzt etwas ganz Merkwürdiges.
Mein Eindruck ist, dass wir diesen Satz „Liebt nicht die Welt noch was in der Welt ist“ oft als ein Gebot verstehen, all das, was in der Welt an schönen Dingen ist, zu verachten. Schnell entsteht im Leben von Gläubigen die Idee, dass man, wenn man die Welt und das Gute in der Welt einfach völlig ignoriert und sich möglichst weit davon distanziert, dann den Willen Gottes tut.
Das ist falsch, und darüber möchte ich heute mit euch nachdenken.
Ich glaube, wenn man so denkt und sagt: „Entweder ich verachte die Welt oder ich liebe die Welt“, baut man ein Widerspruchs- oder Gegensatzpaar auf. Dabei vergisst man völlig, dass zwischen diesen beiden Extremen – Verachtung und Götzendienst oder Liebe zur Welt – ein weites Feld liegt. Dieses Feld muss man sich erst einmal in Ruhe anschauen.
Man muss überlegen, ob die Wahrheit vielleicht nicht in der Mitte liegt. Und genau darüber möchte ich mit euch nachdenken.
Gefahren einer einseitigen Sicht auf Freude und Vergnügen
Ich möchte deshalb mit euch darüber nachdenken, weil ich einige Gefahren sehe, wenn man einseitig davon ausgeht, dass Freude, Vergnügen und Spaß Dinge sind, die eigentlich ungeistlich sind. Dinge, die man sich nicht gönnen darf und mit denen geistliches Leben nichts zu tun hat.
Diese Gefahren sind vielfältiger Art. Leider erlebe ich sie immer wieder im Gespräch, gerade mit älteren Christen, die eine bestimmte Gemeindeprägung mitbekommen haben und auf bestimmten Einsichten beharren, die ich in der Bibel so nicht finden kann.
Eine Gefahr ist zum Beispiel, dass man sehr bewusst einen Lebensstil pflegt, der Freude weitgehend ausschließt. Man macht sich keine Gedanken darüber, wie man Freude in sein Leben hineinbringt. Ich werde später noch sagen, dass man es damit auch übertreiben kann, keine Sorge. Aber mir geht es darum, den Mittelweg zu finden.
Es besteht die Gefahr, dass man die Schöpfung und das Gute der Schöpfung verachtet. Damit verachtet man auch Gott, den Schöpfer. Das heißt: Wenn ich sage, das Gute, das Gott geschaffen hat, will ich gar nicht haben, oder „Liebe nicht die Welt“ so weit interpretiere, dass ich mich von allem Schönen und Guten abwende, dann kann das schnell dazu führen, dass ich Gott verachte.
Man beginnt, das Vergnügen mehr zu fürchten als das, was wirklich gefährlich ist. Wisst ihr, was das Gefährlichste in unserem Leben ist? Wovor wir wirklich Angst haben müssen? Ich sage es euch aus meiner Perspektive: Es ist die Entfremdung von Gott.
Die Gefahr ist nicht, dass wir mal etwas genießen, was Gott geschaffen hat. Die Gefahr ist, dass wir uns von Gott entfernen. Für mich ist das der größte Kampf: immer an Gott dranzubleiben. Nach dem Kampf, an meiner Frau dranzubleiben, ist das der größte Kampf in meinem Leben. Und ich weiß nicht, welcher davon manchmal schwieriger ist.
In einer Beziehung immer wieder zu leben, immer wieder in die Beziehung zu investieren, jeden Morgen mit der Bereitschaft aufzustehen, sich auf den anderen – in diesem Fall Gott – einzulassen. Immer wieder zu sagen, obwohl in mir etwas ist, das diese Beziehung eigentlich torpediert, und obwohl die Welt, in der ich lebe, mit ihrem Lebenswahnsinn darauf ausgelegt ist, diese Beziehung kaputtzumachen, kleinzuhalten und dagegen zu arbeiten, möchte ich jemand sein, der sich immer wieder auf diese Beziehung einlässt.
Das bedeutet ganz einfach: beten, in der Bibel lesen, sich Gott nähern, Gott vertrauen und die Dinge tun, die wirklich wichtig sind.
Ich merke, dass dieser Kampf bei mir nicht immer gelingt. Deshalb glaube ich, dass der Teufel uns hier und da Nebenkriegsschauplätze liefert, über die wir uns dann Gedanken machen können, damit wir nicht merken, wo die eigentlichen Probleme liegen.
Die Gefahr von übertriebener Frömmigkeit und unnützen Streitfragen
Ein Freund war vorgestern bei mir, ich glaube, es war Donnerstag. Er meinte: „Weißt du was? Da kam jemand, der wollte unbedingt mit mir diskutieren.“ Das Thema lag auch gerade auf dem Tisch: ob man Trommeln in der Musik verwenden darf.
Weißt du, man kann sich stundenlang über so ein Thema unterhalten. Sind Trommeln in der Musik überhaupt erlaubt? Oder ist das verboten, weil das irgendeinen komischen Hintergrund hat? Bla bla bla. Ich dachte mir: Ja, wir können uns darüber unterhalten, ich bin gern dazu bereit. Aber nicht auf dieser Erde, nicht wirklich. Denn das ist einfach unwichtig.
Es kann passieren, dass man von Frömmigkeit besessen wird, dass man besessen wird davon, alles möglichst im Detail zu klären. Und das, obwohl die Bibel ganz klar dagegen ist. Ein Vers, der mir in den letzten Jahren immer wichtiger geworden ist, findet sich in Titus 3.
Wenn mich jemand fragen würde, was mich in den letzten zwei, drei Jahren am meisten geprägt hat, würde ich sagen: Das Hohelied natürlich, aber gleich danach kommt Titus 3, Vers 9. Dort geht es darum, dass der Apostel Paulus seinem Mitarbeiter Titus schreibt. Titus arbeitet auf einer Insel, wo die Menschen, die zum Glauben gekommen sind, früher eine Mischung aus Gaunern, Banditen, Seeräubern und Lügnern waren – also ein recht schwerer Hintergrund. Man denkt, wenn diese Leute überhaupt zum Glauben finden, dann braucht das seine Zeit.
Paulus schreibt aber: „Törichte Streitfragen, Geschlechtsregister, Zänkereien und gesetzliche Streitigkeiten vermeide, denn sie sind unnütz und wertlos.“ Ich finde das so herrlich.
Wenn ich heute im Gemeindedienst unterwegs bin, frage ich immer die Ältesten: „Habt ihr für euch definiert, was die törichten Streitfragen, Geschlechtsregister, Zänkereien und gesetzlichen Streitigkeiten sind, die ihr in eurer Gemeinde vermeiden wollt?“ Das interessiert mich einfach.
Hier gibt es ein Gebot: Es gibt Dinge, über die redet man einfach nicht, über die streitet man nicht, weil sie unwichtig sind. Was ist das für euch? Für mich habe ich das ziemlich klar geklärt. Irgendwann dachte ich: Worüber möchte ich nicht streiten? In welche Dinge möchte ich mich nicht reinziehen lassen?
Ich merke, es gibt einen Hang in christlichen Kreisen, die besonders bibeltreu sind, das Thema Frömmigkeit auf Bereiche auszudehnen und Regelungen über Dinge zu treffen, bei denen Paulus wahrscheinlich sagen würde: „Törichte Streitfragen, gesetzliche Streitigkeiten – vermeidet sie!“
Paulus geht sogar noch einen Schritt weiter: Wenn jemand solche Dinge tut, soll man ihn einfach wegschicken, denn er ist verkehrt, er sündigt und verurteilt sich selbst.
Das ist auch mein Eindruck inzwischen: Menschen, die versuchen, das Thema Frömmigkeit bis in die letzte Nachkommastelle durchzudeklinieren und ein Stück weit gerechter sein wollen als Gott, bekommen tatsächlich Probleme an Stellen, wo sie es nie vermutet hätten – oft im Miteinander, oft im liebevollen Aufeinanderzugehen.
Die Gefahr der Übergerechtigkeit und der falsche Umgang mit Freude
Ich glaube, das ist der Hintergrund dafür, dass es im Prediger eine bestimmte Stelle gibt. Nicht jeder mag den Prediger; ich weiß das. Ich finde das Buch fantastisch. Dort heißt es in Prediger 7,16, und das ist eine dieser merkwürdigen Stellen, bei denen man, wenn man will, natürlich sagt: „Huch, was schreibt er denn da?“
Ich möchte das trotzdem einmal an uns heranlassen, weil ich glaube, wir sind eine Gemeinde, die sich traut, die Bibel so zu lesen, auch wenn sie an manchen Stellen etwas komisch daherkommt. So will ich das mal sagen.
Dort heißt es in Prediger 7,16: „Sei nicht allzu gerecht und gebärde dich nicht übermäßig weise.“ Ich fand das spannend, weil ich eigentlich sagen würde: Sei so gerecht wie möglich. Natürlich stimmt das auch. Es geht ja nicht darum, zu sündigen, das kommt im nächsten Satz. Aber es gibt eine Art von Übergerechtigkeit, ein „gerechter sein wollen“, das wir kennen als den Spruch „päpstlicher als der Papst“.
Das bedeutet, weiterzugehen, in Bereiche einzutreten, wo man eigentlich sagt: „Ey, take it easy, lass es bitte sein, lass mich bloß damit in Ruhe, darüber will ich gar nicht nachdenken.“ Diese Tendenz, dass wir besessen sind von Frömmigkeit, hat in meinen Augen oft damit zu tun, dass man ein Problem damit hat, Dinge zu genießen, die Gott einem gibt.
Man gerät in einen falschen Gegensatz: Entweder verachte ich es, oder ich werde gleich so eine Art Götzendiener, der gar nicht anders kann, als nur noch dafür zu leben. Ich würde gerne den Mittelweg herausarbeiten, weil ich glaube, dass unsere Seele, unser innerer, unsichtbarer Mensch danach lechzt, Ruhe zu finden.
Und dass wir diese Ruhe ganz bewusst nutzen, um Freude zu erleben, die unserer Seele guttut. Ich glaube, wenn wir das nicht tun, dann passiert Folgendes: Der Reiz der Sünde nimmt immer mehr zu. Wenn wir innerlich nicht durch Freude und Ruhe unsere Seele aufbauen, werden wir an dieser Stelle anfällig für ganz üble Dinge, die eigentlich nie dazu bestimmt waren, in unser Leben hineinzukommen.
Genuss und Askese: Zwei Seiten einer Medaille
Und ich möchte gerne das Thema Genuss behandeln und dabei einen neuen Begriff einführen: Askese. Für mich ist Askese das Gegenstück zum Genuss. Der eine genießt, der andere verzichtet ganz bewusst.
Ich möchte zeigen, dass die Bibel sowohl dem Genuss als auch der Askese, dem Sich-Beschenken-Lassen wie auch dem bewussten Verzicht, Aufmerksamkeit schenkt. Beide Begriffe haben in der Bibel eine helle und eine dunkle Seite, also eine positive und eine negative.
Wir gehen nun kurz die Begriffe durch. Zuerst zeige ich, dass Genuss auch eine dunkle Seite hat.
Die dunkle Seite des Genusses
Genuss ist nicht immer positiv. Nicht alles, was du bekommen kannst, solltest du auch genießen. Genuss birgt immer eine gewisse Gefahr in sich.
Eine der bekanntesten Stellen dazu findet sich im zweiten Timotheusbrief. Am Ende seines Lebens schreibt Paulus noch einmal seinem Mitarbeiter: In 2. Timotheus 3,4 heißt es: „Wisse, dass in den letzten Tagen schwere Zeiten eintreten werden.“ Was macht diese Zeiten so schwer? Unter anderem ist es so, dass Menschen einen Lebensstil führen, der völlig durcheinander ist. In Vers 4 wird beschrieben, dass es Menschen sind, die mehr das Vergnügen lieben als Gott. Vorsicht, das ist möglich – man kann seine Liebe dem Vergnügen schenken und nicht Gott.
In Sprüche 2,14 wird von Leuten gesprochen, die sich am bösen Tun erfreuen und bei schlimmer Verkehrtheit frohlocken. Dieser Vers hat mich persönlich oft zum Nachdenken gebracht, wenn ich über mein eigenes Leben nachdenke. Es geht um Menschen, die Freude an bösem Tun haben. Freude an sich ist ja erst einmal etwas Positives, doch hier ist es die Freude am Falschen. Sie jubeln regelrecht über schlimme Verkehrtheit. Das bedeutet, sie tun Dinge, die eigentlich völlig falsch sind. Doch ihr Denken ist so verdreht und sie gehen einen falschen Weg, dass diese Freude, wenn man sie zu Ende denkt, wie ein Weg ist, der sie mitten hineinführt in die Hölle.
Freude an sich kann also wirklich gefährlich sein.
In 1. Korinther 6,12 heißt es: „Alles ist mir erlaubt.“ Das war ein Slogan der Korinther, die in mancher Hinsicht sehr frei lebten, vielleicht zu frei. Paulus warnt jedoch: „Aber nicht alles ist nützlich.“ Es mag sein, dass dir etwas Spaß macht, doch das bedeutet nicht automatisch, dass es im größeren Sinn gut für dich ist.
Wenn du Sprüche 21 liest, findest du die Warnung: „Wer viel Festfreude hat, wird arm.“ Zu viele Partys können dazu führen, dass am Ende von deinem Gehalt nichts mehr übrig bleibt.
Es gibt also eine breite Palette an Bibelstellen, die ganz klar machen: Genießen hat auch eine dunkle Seite.
Heißt das nun, ich verzichte völlig? Gehe nie wieder auf Partys und gebe nie wieder einen Groschen für etwas aus, das schön ist?
Die dunkle Seite der Askese
Ah, Vorsicht, gehen wir mal auf die andere Seite.
Ist Askese – also bewusster Verzicht – immer positiv? Nein, das ist sie nicht. Eine Stelle hatten wir schon, Prediger 7,16. Eine andere, etwas dramatischere, findet sich in 1. Timotheus Kapitel 4. Sie ist dramatischer, weil es dort um Verzichtsstrategien geht, die in der Kirchengeschichte sehr populär geworden sind. Zum Beispiel, nicht zu heiraten, nichts zu essen oder bestimmte Dinge einfach nicht zu essen.
Paulus lässt uns einen Blick darauf werfen, woher solche Gedanken eigentlich kommen. Er sagt in 1. Timotheus 4,1-4: „Der Geist aber sagt ausdrücklich, dass in späteren Zeiten manche vom Glauben abfallen werden, indem sie auf betrügerische Geister und Lehren von Dämonen achten.“ Das klingt nicht so positiv, nicht von oben, sondern von unten.
Was sagen diese Geister von unten? In Vers 3 heißt es: „Sie verbieten zu heiraten und gebieten, sich von Speisen zu enthalten, die Gott geschaffen hat, zur Annahme mit Danksagung für die, welche glauben und die Wahrheit erkennen.“
Hier merken wir, dass Leute kommen und sagen: Wenn man wenig isst, viel fastet oder auf bestimmte Dinge verzichtet – zum Beispiel am Freitag kein Fleisch, keinen Alkohol und so weiter –, dann ist das besser. Paulus sagt: Ja, das wird kommen, das weiß ich. Und heiraten ist sowieso nichts, Zölibat ist das Beste. Paulus sagt, es wird kommen.
Aber wenn du dir die Frage stellst, woher das eigentlich kommt, dann ist das nicht von oben, das ist keine göttliche Weisheit. An dieser Stelle passiert Folgendes: Wenn der Teufel das Leben eines Menschen nicht mehr kriegen kann, dann hat er immer noch die Möglichkeit, das Gaspedal durchzudrücken und auf Vollgas zu stellen. Er sagt: Wenn du wirklich heilig sein willst, dann geh doch bis ins Extrem. Vergiss, dass du Mensch bist, vergiss, dass du eine materielle Seite hast, vergiss, dass du Bedürfnisse hast. Bitte fahre an den Anschlag, Gott möchte, dass du im roten Bereich fährst – und zwar die ganze Zeit, bis an den Punkt, wo du nicht mehr kannst.
Das ist die Idee dahinter. Nicht mehr die Frage: Habe ich die Gnadengabe, ohne Frau klarzukommen? Das wäre biblisch. Man muss nicht heiraten, aber man muss auch nicht alles verbieten und sich alles versagen. Nein, nein, jetzt fährt man ins andere Extrem: Es wird plötzlich heiliger, nicht zu heiraten. Es wird plötzlich heiliger, bestimmte Dinge nicht zu essen, obwohl Gott gesagt hat, ihr könnt sie essen. Natürlich sagt Jesus auch, Fasten ist gut – ja, logisch –, aber nicht so, dass man in diese Ecke gerät, die von unten kommt.
Im Kolosserbrief kann man sich fragen, warum Menschen so scharf darauf sind, sich solche Regeln zu geben. Eigentlich müssten wir doch total scharf darauf sein, in der Freiheit Gottes zu leben. Der Hintergrund ist: Disziplin ist unglaublich verführerisch.
Es ist schwerer, jemanden, der zu dick ist, dazu zu bringen, weniger zu essen, als einer Magersüchtigen zu sagen, sie solle essen. Das ist einfach Fakt. Warum? Wir sind oft verliebt in unsere Disziplin. Es tut so gut, diszipliniert zu sein. Und dahinter steckt der Gedanke: Wenn ich disziplinierter bin, dann muss das doch ein Weg sein, um Gott näher zu kommen. Wenn ich weitergehe als Gott eigentlich möchte, muss Gott doch mit mir zufriedener sein.
Das ist ein ganz gefährlicher Weg, sagt Paulus in Kolosser 2. Dort geht es auch um solche Dinge wie Essen und Trinken. Paulus sagt in Vers 16: „So richte euch nun niemand wegen Speise oder Trank oder betreffs eines Festes oder Neumondes.“ Das sind Dinge, die uns heute nicht mehr so belasten. Ob wir den Sabbat halten oder bestimmte Sachen essen oder nicht essen – das war gestern, das ist altes Testament. Heute sollen wir das bitteschön vergessen.
Dann sagt er zu denen, die meinen, man müsse noch eines drauflegen, um heiliger zu sein: Je weniger Spaß ich habe, je mehr Enthaltsamkeit ich in mein Leben bringe, desto heiliger bin ich. In Vers 20 sagt Paulus: „Wenn ihr mit Christus den Elementen der Welt gestorben seid“, also wenn ihr den Zeitgeist hinter euch gelassen habt, „was unterwerft ihr euch Satzungen?“
Es geht hier um Regeln, die nicht in der Bibel stehen, sondern die man sich mühsam aus der Bibel herauspickt, als wären sie auch drin. Aber wenn jemand nüchtern die Bibel liest, würde er sie nicht finden. Warum gebt ihr euch also solche zusätzlichen Regeln? Warum lebt ihr, als wärt ihr noch in der Welt?
Paulus fährt fort: „Berühre nicht, koste nicht, betaste nicht Dinge, die alle zur Zerstörung durch den Gebrauch bestimmt sind.“ Das ist so herrlich. Wenn du dir überlegst, du darfst das nicht essen – warum nicht? Wenn ich es esse, was passiert? Es wird aufgelöst, wird zu einem braunen Brei. Mehr passiert nicht. Das macht mich nicht heiliger oder unheiliger, ob ich das esse oder nicht.
Dann sagt Paulus über diese Gebote, die sich Menschen gerne aufstellen, in Vers 23: „Das sind Gebote und Lehren von Menschen, die zwar einen Schein der Weisheit haben.“ Nach außen klingt das so heilig: „Ich will natürlich ganz mit Gott leben, nicht nur so ein halbes Christsein, sondern ich will es ganz machen. Ich will möglichst eng am Willen Gottes bleiben. Wenn A gilt, muss auch B gelten, dann auch C und D.“
Wenn man die Argumentationen hört, die dann gebracht werden, startet man irgendwo in der Bibel und macht einen nächsten Schritt daraus. Wenn Gott sagt, ich soll dies tun, dann muss ich doch auch jenes tun. Der nächste Schritt ist, sich selbst ein Gebot zu schaffen, etwas, was nicht mehr in der Bibel steht, was man für sich persönlich halten kann. Aber man muss sich darüber im Klaren sein, dass man das tut – gerade wenn es um Verzicht geht, um unbiblischen Verzicht.
Hier steht, dass diese Gebote „einen Schein von Weisheit haben, in eigenwilligem Gottesdienst“. Wir betreten hier den Boden der Eigenwilligkeit. In Demut und Nichtverschonen des Leibes mache ich mein Leben ein bisschen saurer – nicht aus Wertschätzung, sondern zur Befriedigung des Fleisches.
Das ist der Punkt: Was steckt dahinter? Wer treibt mich dazu, so zu leben? Es ist nicht Gott, es ist mein eigenes Fleisch, dieser Versuch, dieser alte Adam, der wieder hochkommt und sagt: „Komm, wir wollen doch irgendwie aus Werken gerettet werden. Wenn wir schon nicht aus Werken gerettet werden können, dann wenigstens aus Werken geheiligt werden, wenigstens noch ein Stück weitergehen, so ein ganz kleines bisschen.“
Ich bin für Heiligung – nicht, dass man mich falsch versteht. Ich werde gegen Sünde kämpfen. Aber ich will im Moment zeigen, dass Askese, also der bewusste Versuch, zusätzliche Regeln zu schaffen, zusätzliche Zäune, die uns davor schützen sollen, unheilig zu werden, eine dunkle Seite hat. Sie kann dämonischen Ursprungs sein und produziert unterm Strich nur einen eigenwilligen Gottesdienst.
Der gruseligste Vers, den ich euch noch nicht vorgelesen habe, steht in Vers 19: Dort heißt es, dass wer so lebt, den Kontakt zu dem Herrn Jesus verliert. Er lebt eigentlich sein eigenes, selbstgebasteltes Glaubensleben. Und...
Die helle Seite von Genuss und Askese in der Bibel
Jetzt, das war die dunkle Seite. Genuss hat eine dunkle Seite, die dich versklaven kann. Askese ist eine dunkle Seite, die dich kaputtmachen kann. Hat Genuss eine helle Seite in der Bibel? Ja, ganz viele Beispiele.
Das schönste Beispiel ist für mich immer noch die Hochzeit in Kana. Das ist für mich immer noch der Moment, wo ich sage: Herr Jesus, ich verstehe es nicht ganz. Ich verstehe es nicht ganz, weil ich mich frage, was du mir damit beibringen willst. Da ist eine Hochzeitsgesellschaft, die schon eine ganze Weile feiert. Wenn der Speismeister Recht hat, sind die Gäste auch schon nicht mehr ganz klar.
Und in diese Situation, in der jeder doch sagen würde: Herr, keinen Wein mehr, nur noch Wasser, am besten mit Aspirin, da macht Jesus 600 Liter Wein. Das lässt mich denken, dass mein Gott davon ausgeht, dass eine Hochzeit ein Anlass ist, an dem man sich freuen kann. Es ist ein legitimer Grund, sich zu freuen. Und zu dieser Freude gehört ein gewisses Maß an Alkohol. Man darf das an dieser Stelle durchaus voll genießen.
Ich finde das total toll. Dann lese ich Dinge wie im Prediger. Vergebt mir das, aber den Prediger möchte ich erst studieren, wenn ich alt bin – kurz vor sechzig. Im Moment traue ich mich noch nicht, weil ich glaube, man braucht Lebenserfahrung, um dieses Buch zu verstehen. Aber da heißt es in Prediger 9,7: „Geh hin, iss dein Brot mit Freude und trink deinen Wein mit frohem Herzen.“ Schön, oder? Mach das!
Iss und trink mit frohem Herzen, denn längst hat Gott Wohlgefallen an deinem Tun. Deine Kleider seien weiß zu jeder Zeit – also Waschmaschinen sind erlaubt – und das Salböl fehle nicht auf deinem Haupt. Du darfst satt sein, du darfst gut riechen, du darfst mit sauberen Kleidern durch die Gegend gehen. Genieße das Leben mit der Frau, die du liebst, alle Tage deines nichtigen Lebens.
Wow, ich finde das schön. Entschuldigt, ja, dieses „Ich ziehe durch dieses Leben“. Das Leben ist wie eine Wüste, durch die wir ziehen. Ja, die Wüstenerfahrungen sind geschenkt, und darüber können wir auch mal sprechen. Aber hier sagt Gott: Genieße das! Genieße das Leben mit der Frau, die du liebst, alle Tage deines nichtigen Lebens, das er dir unter der Sonne gegeben hat, alle deine nichtigen Tage hindurch.
Denn das ist dein Anteil am Leben und an dem, was deine Hand zu tun findet, an deinen Mühen, womit du dich abmühst unter der Sonne. Alles, was deine Hand zu tun findet, das tust du in deiner Kraft. Schön!
An anderer Stelle sagt er das noch einmal in Prediger 5,18-19. Herrlich, den habe ich auswendig gelernt, weil ich ihn so schön und realistisch finde. Jeder Mensch, dem Gott Reichtum und Güter gegeben hat und den er ermächtigt hat, davon zu genießen und sich an seiner Mühe zu freuen, das ist eine Gabe Gottes.
Wenn du jemand bist, dem Gott Reichtum und Güter gegeben hat – und ich glaube, die meisten von uns können das von sich sagen – wir sind nicht arm. Wahrscheinlich hatten wir alle heute Morgen ein Frühstück. Ich gehe einfach mal davon aus, wenn nicht, dann nur aus Gründen, die nicht darin bestehen, dass der Kühlschrank leer war.
Wenn Gott dir das schenkt und dich ermächtigt hat, davon zu genießen, dann ist das eine besondere Gabe Gottes. Gott möchte uns an dieser Stelle beschenken. Das ist eine Gabe Gottes.
Dann schreibt der Prediger sogar über Menschen, die nicht viel an die Tage ihres Lebens denken, weil Gott sie mit der Freude ihres Herzens beschäftigt. Und das stimmt. Das kann ich sagen, und das kann jeder Selbständige sagen, der nicht weiß, wie es mit der Auftragslage steht.
Es ist ein Unterschied, ob ich weiß, ich habe Aufträge für zwei Jahre, oder ob ich ungefähr weiß, wie es weitergeht und womit ich die Wohnung für Katrin bezahlen soll, wenn sie jetzt zum Studieren geht, oder nicht. Und ich merke genau: Wenn ich das habe, wenn Gott mir Güter schenkt und alles da ist, dann beschäftigt er mein Herz mit der Freude an den Dingen.
Das ist nicht so, dass es immer so sein muss. Aber wo es ist, da sagt Gott: Freu dich! Es gibt eine positive Seite von Genuss. Dort, wo wir uns über die Dinge freuen, die Gott uns gibt.
An anderer Stelle, in 5. Mose 14, das hatte ich schon in meinem Vortrag über den Ruhetag erwähnt, wenn ihr euch erinnert. Eigentlich ist das eine Fortsetzung von diesem alten Sabbat-Vortrag, den wir schon vor Jahren mal hatten, wo ich sagte: Ruhetage sind toll.
Dort habe ich 5. Mose 14 gebracht, wo Gott die Israeliten auffordert, einen Zehnten zu nehmen, nach Jerusalem zu ziehen und sich vor ihm zu freuen. Da steht explizit in Vers 26: „Kauf dir das, worauf du Lust hast.“ Also da steht dann: Rinder und Schafe, Wein und Rauschtrank.
Vielleicht würdest du eher sagen: Ich mag dieses belgische Konfekt. Mit Rindern bin ich nicht so hinterher. Oder ich mag das Eis von dieser einen Eisdiele, das ist genau mein Ding. Und der Clou ist: Hier lernen Leute Gottesfurcht. Es geht um Gehorsam. Es geht um eisenharte Heiligkeit dadurch, dass sie Geld ausgeben, um sich vor Gott zu freuen.
Das ist irre, oder? Also es muss eine positive Seite, eine helle Seite am Genuss geben.
Genauso gibt es an der Askese, an der Enthaltsamkeit eine positive Seite. Ich glaube, nur wenn wir ab und an bewusst verzichten, werden wir der Freude den Stellenwert in unserem Leben erhalten.
Ich möchte Beispiele machen: Wenn du immer alles haben kannst, was du haben möchtest, verliert das, was du hast, irgendwann seinen Reiz. Die Bibel hat tatsächlich, wenn ich das jetzt mal so im Großen betrachte, ganz bewusst immer „haben“ und „nicht haben“, also Genuss und Enthaltsamkeit, zusammengepackt.
Niemand wird glücklich, wenn er sieben Tage frei hat. Das ist einfach so. Ich kenne keinen Arbeitslosen, der wirklich glücklich ist. Aber diese Mischung – sechs Tage malochen und dann ein Tag, der wirklich frei ist, also wirklich Ruhe – nicht der Tag, an dem man all die Sachen macht, die man die sechs Tage davor nicht geschafft hat, sondern sechs Tage Pause, ein Tag richtig ausruhen – das ist eine tolle Mischung.
Ich kann mich sowohl auf meine Arbeit freuen als auch auf den Ruhetag. Die Mischung macht es.
Also Enthaltsamkeit, etwas nicht zu tun, ist total positiv. Ich glaube, dass das persönlich auch beim Feiern und beim Fasten so ist.
Der Herr Jesus sagt: Ihr werdet fasten. Ja, logisch. Und ich glaube, wenn wir das ernst nehmen und wirklich fasten, wenn wir den Verzicht auf Nahrung benutzen, um unser Gebet zu unterstreichen, dann beeinflusst das auch unsere Freude am Essen durchaus positiv.
Ich glaube, dass das gleiche Prinzip bei der Sexualität gilt. Die Bibel spricht davon, dass man nicht miteinander schlafen soll, wenn die Frau ihre Tage hat. Ich finde es total spannend, was dieser Wechsel bewirkt.
Natürlich ist so eine Woche Pause immer so ein Ding, wo du denkst: Hm, ja. Aber da entsteht auch wieder etwas, da entsteht wieder eine innere Lust auf den anderen, wo ich mir sage: Wow, ich glaube, das ist viel besser, als wenn das ständig immer nur so in einem durchgehen würde.
Ich glaube, der Wechsel macht es. Bewusster Verzicht ist durchaus etwas Gottgewolltes und sehr Positives.
Die Mitte finden: Zwischen Freude und Verzicht
Was ich euch zeigen wollte, ist Folgendes: Ich glaube, wir müssen darauf achten, uns nicht in Verzögerungen zu verlieren, wenn es darum geht, durch dieses Leben zu gehen. Dabei dürfen wir keinen Gegensatz aufmachen zwischen dem Verachten der Freude und dem Verfallen an die Freude. Es geht vielmehr darum, einen Mittelweg zu finden.
Echter Glaube ist eine Alternative sowohl zur Hemmungslosigkeit auf der einen Seite – ich nenne sie mal den Übervergnüger, dem man sein Vergnügen nicht wegnehmen darf, weil er glaubt, ein Recht darauf zu haben – als auch zur kleinlichen Religiosität auf der anderen Seite. Letztere wird in der Bibel oft mit der Partei der Pharisäer assoziiert. Diese bauen Regel um Regel, die eigentlich nichts mehr mit dem Ursprünglichen zu tun haben und, wenn man nicht aufpasst, sogar das Ursprüngliche zerstören.
Dieses Prinzip findet sich im fünften Mose, Kapitel 6, das möchte ich mit euch noch anschauen, und dann bin ich gleich fertig. Dort wird das alles auf wunderbare Weise zusammengefasst. In fünftem Mose 6,6 heißt es: „Diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollen in deinem Herzen sein.“ Du sollst sie deinen Kindern einschärfen, davon reden, wenn du in deinem Haus sitzt, wenn du auf dem Weg gehst, wenn du dich hinlegst und wenn du aufstehst. Sie sollen das Zeichen auf deiner Hand sein und das Merkzeichen zwischen deinen Augen. Du sollst sie an die Pfosten deines Hauses und an deine Tore schreiben.
Dann passiert Folgendes, und das soll geschehen: In Vers 10 steht, dass der Herr, dein Gott, dich in das Land bringen wird, das er deinen Vätern Abraham, Isaak und Jakob geschworen hat zu geben. Dieses Land ist großartig – wirklich Freude pur. Es gibt große und gute Städte, die du nicht gebaut hast, Häuser voller allem Guten, die du nicht gefüllt hast, ausgehauene Zisternen, die du nicht ausgehauen hast, Weinberge und Olivenbäume, die du nicht gepflanzt hast.
Wenn du dann essen und satt werden wirst, so hüte dich, dass du den Herrn nicht vergisst, der dich aus dem Land Ägypten, aus dem Sklavenhaus, heraufgeführt hat. Du sollst deinen Gott fürchten und ihm dienen, und bei seinem Namen sollst du schwören.
Versteht ihr das? Auf der einen Seite sagt Gott: Pass auf, du stehst in Gefahr. Ich werde dir ein Land geben, das so reich ist, oder anders ausgedrückt: Ich werde dir ein Leben geben, in dem es unglaublich viel Freude gibt. Die Gefahr der Freude ist aber, dass sie beginnt, dein Herz zu betören. Die Gefahr ist, dass du nicht mehr aus der Freude lebst, sondern für die Freude, sodass die Freude ihr eigentliches Ziel verliert.
Was hier steht, ist, was dieses Ziel ist: Das Ziel der Freude ist, dass wir mit Leidenschaft an dem hängen, der uns diese Freude gibt. Gott schenkt uns Freude, und ich glaube, weil wir in einem sündigen Leib leben, in dem eine Lust zum Bösen steckt, können wir diese heilige Freude nur leben, wenn wir Selbstkontrolle und Liebe zur Wahrheit kultivieren – das heißt, Liebe zum Wort Gottes.
Sonst werden wir irgendwann, wie es in den Sprüchen heißt, Dinge tun und uns an Dingen freuen, die einfach böse sind. Aber es gibt heilige Freude. Wenn wir es schaffen, nicht mehr für die Freude zu leben, sondern in der Freude oder aus der Freude heraus, wenn sie nicht unser Gott wird, sondern wir sie als ein Geschenk Gottes sehen, als ein Zeichen auf ihn, dann können wir diese Freude kultivieren.
Wenn wir Freude und Gott nicht voneinander trennen – denn wo wir das tun, wird es dekadent – sondern beides zusammenhalten, dann können wir diese heilige Freude genießen. Sie macht unsere Seele satt, bringt uns innerlich zur Ruhe, und das Verbotene verliert seinen Reiz, weil wir von anderem Gut satt sind, das Gott uns gibt.
Wenn wir uns erlauben, dass die Schöpfung durch die Freude, die sie enthält, den Schöpfer in unserem Herzen offenbart und uns in Anbetung führt – ich kann das nur von mir sagen: Ich habe die besten Zeiten der Anbetung an meinem Ruhetag. Und zwar dann, wenn ich total ausgeruht bin und ein paar Dinge gemacht habe, die mir richtig gut getan haben.
Dann passiert es immer wieder, dass ich merke, wie ein niedergedrücktes Herz durch Arbeit und Mutlosigkeit, durch das, was ich mit Menschen erlebt habe oder wo Dinge nicht geklappt haben, sich am Ende dieses Ruhetages erhebt zu Gott auf eine Weise und mit einer Leichtigkeit, wo ich denke: „Boah, das möchte ich eigentlich immer wieder haben.“ Aber ich schaffe es nicht, das zu kultivieren.
Ich freue mich dann immer auf den nächsten Ruhetag, denke: „Boah, halte durch.“ Die letzten Wochen hatte ich wenig Ruhetage und viel Arbeit, und ich merke, wie mich das insgesamt runterzieht. Da bleibt Freude, da bleibt anhaltende Freude auf der Strecke.
Ich freue mich auf diesen Montag, an dem ich endlich wieder meinen normalen Ruhetag habe, und werde viel dafür tun, dass das so bleibt. Ich merke, wie ich das brauche.
Stellt euch vor, wenn wir diese Freude kultivieren könnten, die Gott uns schenken möchte – eine heilige Freude, die uns gut tut –, dann würden wir doch anfangen, über das nachzudenken, was uns wirklich gut tut. Oder? Dann würden wir darüber nachdenken, was uns zur Ruhe bringt, was unsere Seele dankbar macht, was in unserem Leben Anbetung provoziert und was eine angemessene Reaktion auf diese Freude ist. Wie kann ich das in meinem Leben umsetzen?
Eigentlich möchte ich euch mit der Frage entlassen: Woran hat deine Seele Freude? Wir können auf zwei Seiten vom Pferd fallen. Entweder sind wir die Übervergnügten, die sich immer nur um den Spaß drehen – das ist Quatsch. Wenn der Spaß zum Gott wird, dann muss er raus. Auf der anderen Seite können wir diejenigen sein, die jeden Spaß verteufeln. Auch das ist falsch.
Die Frage ist die Mitte. Hast du eine Mitte gefunden, wo dieser Satz Realität geworden ist: „Heiligkeit ist nicht der Gegensatz zum Vergnügen, sondern der treueste Freund“? Wo du sagen kannst: Ja, ich habe diese Mischung. Ich habe diese Mischung aus guter, heiliger Freude, die mich immer wieder in die Gegenwart Gottes zieht, wo meine Seele satt wird an Gutem, so wie die Bibel es sagt. Wo ich immer wieder jubelnd zu Gott kommen kann und sagen: „Wahnsinn, ich habe mich wieder erholt und bin bereit für sechs Tage Arbeit.“
Diese Arbeit wird ganz anders laufen, und oft werde ich abends nicht in dieser Ruhe sein – einfach, weil diese Welt so ist, wie sie ist, und weil ich so bin, wie ich bin, mit meinen Grenzen. Aber ich freue mich auf den Moment, wo wieder die Freude einzieht.
Wo stehst du? Wenn du noch nicht genau weißt, was dir Freude macht, was dich zur Ruhe bringt, wo du sagst: „Boah, da kommt meine Seele, da finde ich innerlich neue Kraft“, dann kann ich dir nur raten: Mach dir Gedanken darüber.
Ich weiß nicht genau, was es für dich ist. Für den einen ist es vielleicht Rasenmähen – für mich wäre es das nicht, das habe ich schon ein paar Mal gesagt. Für den anderen ist es vielleicht Shoppen – hu, das ist für mich der Worst Case. Ohne Scherz, ich mache das nur äußerst gezwungenermaßen, und meine Frau kann ein langes Lied davon singen.
Ich weiß nicht, was es für dich ist, aber ich weiß, was es für mich ist. Vielleicht ist es Handwerken, Radfahren oder etwas anderes. Wir werden unterschiedliche Antworten finden, aber wir können dahin kommen, dass wir totale Freude empfinden und am Ende so viel Begeisterung erleben, dass wir Gott anbeten wollen.
Diese heilige Freude ins Leben hineinzuziehen, ist Gottes Idee. Für viele von euch sind es jetzt Ferien oder eine ruhigere Zeit. Vielleicht ist das eine Gelegenheit, über diesen Aspekt nachzudenken.
Wenn ihr das nachlesen wollt, empfehle ich euch das Buch von Gary Thomas, das ich am Anfang schon erwähnt habe: „Alles Punkt für dich Punkt“ – ein komisches Buch, aber ich fand es sehr wertvoll zu diesem Thema.
Und ja, an dieser Stelle machen wir Schluss. Singen wir noch ein Lied. Welche haben wir denn noch? Das erste hätte ich gerne: „Schöpfer aller Himmel“. Danach werde ich zum Abschluss beten. Aber singen wir erst noch ein Lied!
