Verehrte, liebe Schwestern und Brüder!
Unsere Ludwig-Hofager-Konferenzen machen auch heute wieder deutlich, welch ein Hunger nach Gottes Wort in unserem Volk besteht. Dies zeigt sich sowohl bei den neuen Konferenzen als auch beim regionalen Gemeindetag in Karlsruhe. Ebenso wird sichtbar, wie groß der Hunger nach Information ist: Wie steht es überhaupt in unserem Volk und in unserer Kirche? Welcher Hunger nach Gemeinschaft besteht unter denen, die Jesus nachfolgen wollen?
Ich bin dankbar, dass Sie diesen Feiertag, der uns unverdient in den Schoß gefallen ist, dazu nutzen, um diese Gemeinschaft unter Gottes Wort zu erleben.
Wir aus den Kreisen, Gemeinschaften und Aktionen, die auf dieser gemeinsamen Plattform der Ludwig-Hofager-Vereinigung stehen, wollen bewusst in der Volkskirche bleiben. Wir möchten in die Volkskirche als ein lebensförderndes Ferment hineingewirken. Wir stehen nicht irgendwo auf dem Trittbrett der Kirche.
Heute gibt es manche Verlockungen, dass man nur noch Christ sein könne, wenn man außerhalb der Kirche stehe. Seit den Tagen Albrecht Bengels, als er in Herbrechtingen in unserer Region wirkte, ist uns das wichtig: Wir wollen auf die Gesamtheit der Menschen einwirken – ob sie nun Glieder der Kirche sind, ausgetreten oder anderen Gemeinschaften angehören. Wir möchten auf die gesamte Gesellschaft Einfluss nehmen, wenn wir wirklich Salz der Erde und Licht der Welt sein sollen.
Die Bedeutung der Nachfolge Jesu heute
Ich glaube, wir erleben mit der heutigen Konferenz etwas Atemberaubendes. Im Ludwig-Hofhacker-Kreis, als wir das Thema „Jesus nachfolgen“ wählten, wussten wir gar nicht, wohin uns der lebendige Jesus führen würde.
Dietrich Bonhoeffer hat in den Dreißigerjahren darauf hingewiesen, dass es keine billige Gnade gibt. Er sagte, es reiche nicht, nur von Jesus zu reden, ohne etwas für ihn zu tun. Nachfolge bedeutet Einsatz für Jesus.
Heute, über 50 Jahre nach der Veröffentlichung von Bonhoeffers Schrift, leben wir in einer Zeit, in der Aktionismus in der Kirche viel besprochen wird. Es heißt: Wir sollten etwas tun, wir sollten ein Wort besprechen, wir sollten etwas sagen, wir sollten eine Demonstration machen.
In all den Referaten, die ich in den letzten Tagen bei der Vorbereitung des Konferenzbandes, der gedruckt werden wird, bereits sehen durfte, wird deutlich: Wenn Jesus zu dem reichen Jüngling sagt: „Lass alles, was du hast, und folge mir nach“, dann geht es Jesus um eine unvorstellbar enge Gemeinschaft mit ihm.
Der Apostel Paulus benutzt deshalb das Wort „Nachfolge“ gar nicht mehr, weil der Herr Jesus beim Vater ist. Man kann ihm nicht mehr so nachfolgen wie in den Erdentagen. Stattdessen sagt Paulus das Wort, das uns Lienhard Plaum wichtig gemacht hat: „Ich lebe, aber nicht ich, sondern Christus lebt in mir.“
Ich möchte von Jesus bewegt sein, von Jesus gestaltet sein. Oberkirchenrat Doktor Schäfer aus Thüringen, unserer Partnerkirche, hat uns neulich erzählt, dass er als junger Pastor viele Filialgemeinden zu betreuen hatte. Der Kantor zog mit ihm mit.
Als der Kantor einige Monate den jungen Pfarrer Doktor Schäfer gehört hatte, sagte er: „Herr Pastor, wenn man Sie so anhört, dann hat man den Eindruck, Jesus gibt es wirklich.“ Das war ihm in Thüringen gar nicht so selbstverständlich gewesen. Jesus gab es dort nicht immer, zumindest nicht als Bergprediger.
Liebe Brüder und Schwestern, das geht heute mit uns: Jesus gibt es wirklich. Ich kann unvorstellbar mit ihm verbunden sein, von ihm geprägt, von seinem Willen geleitet und von seiner Kraft gestärkt.
Das könnte ein Impuls für unsere ganze Kirche sein. Aber Nachfolge hat Folgen.
Die Aufforderung zur Heiligung im Alltag
Und nun darf ich Ihnen ein Wort des Apostels Paulus aus dem 1. Thessalonicherbrief Kapitel 4 vorlesen. Es handelt sich um den ältesten Brief im Neuen Testament, den frühesten Brief an die Gemeinde in Saloniki. Das Kapitel trägt die Überschrift „Ermahnung zur Heiligung“.
Weiter heißt es: „Liebe Brüder, wir bitten und ermahnen euch im Herrn Jesus, ihr habt ja von uns empfangen, wie ihr leben sollt, um Gott zu gefallen, was er ja auch tut. Aber ihr sollt darin immer vollkommener werden, denn ihr wisst, welche Gebote wir euch gegeben haben durch den Herrn Jesus. Denn das ist der Wille Gottes, eure Heiligung: dass ihr die Unzucht meidet und jeder von euch seine eigene Frau in Heiligkeit und Ehrerbietung zu gewinnen sucht, nicht in gieriger Lust wie die Heiden, die von Gott nichts wissen.
Und niemand gehe zu weit und übervorteile seinen Bruder im Handel, denn der Herr ist ein Richter über das alles, wie wir euch schon früher gesagt und bezeugt haben. Denn Gott hat uns nicht berufen zur Unreinheit, sondern zur Heiligung. Wer das nun verachtet, der verachtet nicht Menschen, sondern Gott, der seinen Heiligen Geist in uns gibt.“
Hier werden zwei Bereiche erwähnt, die der Apostel Paulus anspricht: das Geschäftsleben und das Geschlechtsleben – also „sex and business“.
Nun soll niemand meinen, dass dies für die Menschen in der Bibel die schlimmsten Sünden gewesen seien. Es ging immer um Geld und um Frauen oder Ähnliches. Ich habe heute Morgen in meiner persönlichen Bibellese den 2. Timotheusbrief Kapitel 3 gelesen. Dort sagt der Apostel Paulus, dass die Leute Gottes nicht unversöhnlich sein sollen, weil das eine schlimme Sünde ist.
Überlegen Sie einmal kurz: Mit wem ist es schwierig, aus der Verwandtschaft oder in der Nachbarschaft nicht unversöhnlich zu sein? Nicht undankbar, nicht unbedacht? Wie hat das bei mir gezündet? Leute Gottes sollen nicht unbedacht, im Jähzorn oder Zorn lebend sein. Das sind Sünden und Gefahrenstellen, die die Bibel kennt.
Die Gefahr der verborgenen Sünden und die Verantwortung aller Gläubigen
Aber es gibt auch, wie wir im Schwäbischen sagen, Maugenästler. Nun habe ich immer gemeint, dass es sich um einen schwäbischen Spezialausdruck handelt. Aber ein Tierarzt hat mir erklärt, dass die Mauke eine gefährliche Hautkrankheit bei Huftieren ist. Kühe, Pferde und Esel sind besonders betroffen. Die Krankheit ist sehr ansteckend und bakterienreich.
Sie nistet sich zuerst unter den Hufen ein, wo man sie zunächst gar nicht entdeckt. Erst später breitet sie sich über den ganzen Körper des Huftiers aus. Das ist ein Maugenästel.
Wenn wir uns hier in dieser Versammlung manchmal als edle, galoppierende Rennpferde fühlen, die manchen anderen langsamen Christen weit voraus sind, oder als schwere Ackergaue, die den schweren Karren aus dem Lehm ziehen – den Karren der Gemeinde –, dann stellt sich die Frage: Wie ist es mit unseren Maugenästlern?
Wenn wir fragen, wo die größte Gefahr liegt und wer besonders gefährdet ist, ob die Alten – denn alte Scheunen brennen ja lichterloh –, oder die Jungen, die sowieso immer alles falsch machen, die Alteingesessenen oder die Umsiedler, die Männer oder die Frauen, dann antwortet der Apostel Paulus stets: Liebe Brüder, ihr seid gefährdet!
Manche sagen: „Lieber Paulus, das kann doch nicht sein. Unsere Theologen behaupten doch, der Apostel Paulus habe die Frauen verachtet. Alle Geringschätzungen der Frauen in der Kirche sollen mit Paulus angefangen haben.“ Paulus würde darüber lachen und sagen, dass diese Leute seine Briefe nicht gelesen haben.
Er schreibt von den Frauen als Erben der Gnade. Sie stehen im Testament Jesu und werden namentlich erwähnt. Wenn Paulus Menschen nennt, die ihr Leben für ihn und die Sache Jesu gegeben haben, dann sagt er nicht „Herr und Frau Aquila“, sondern „Aquila und seine Frau Priscilla“. Wie kann man ihm also unterstellen, dass er die Frau nicht schätzt?
Paulus denkt, ähnlich wie Petrus, dass die Frau sogar eine ganz besondere Gabe hat. Was die Männer nicht schaffen, schaffen die Frauen: Sie können ohne Worte Menschen für Jesus gewinnen, durch ihren stillen Wandel. Das ist eine große Wertschätzung der Frau.
Aber Paulus sagt auch, dass wir Männer gefährdet sind. Er spricht in seinen Briefen viel über Geldgeschichten und warnt die Männer vor Unzucht. Deshalb dürfen die Frauen jetzt ruhig eine Weile weghören, wenn sie wollen, vielleicht ein bisschen ein Schläfchen machen. Sie dürfen aber auch zuhören.
Wissen Sie, wir Männer hören gerne zu, wenn der Apostel Paulus sagt: „Die Frau ehre den Mann.“ Da sind wir hellwach. Wenn wir ein Wort aus der Bibel herausnehmen könnten, würden wir genau dieses nehmen. Dabei sollten wir dieses Wort lieber nicht herausnehmen, denn es ist ein Wort, das nur an Frauen gerichtet ist.
Die besondere Rolle der Frau im göttlichen Plan
Und jetzt spricht der Apostel Paulus im Besonderen mit Brüdern, mit Männern. Er sagt uns, dass Frauen ganz besondere Werkzeuge Gottes sind.
Wenn man nach Afrika kommt, sagen die christlichen Frauen dort: Jesus hat uns einen ganz neuen Wert gegeben. Bevor das Evangelium von Jesus zu uns kam, bevor der Glaube an Jesus unseren Stamm erreichte, waren wir bloß Gebrauchswerkzeuge der Männer. Wir waren wie ein Gartenbeet im Hinterhof des Hauses, das Jahr für Jahr Pflanzen hervorbringen sollte.
Aber Jesus hat unsere Männer verwandelt und uns einen neuen Wert gegeben. Jetzt dreht sich mir die Seele im Leib herum, wenn ich an die vielen Konfirmandinnen denke, die ich begleiten durfte. Sie haben so unendlich viel Schönes von der Partnerschaft, von der Ehe erwartet, und dann wurden sie weggeworfen wie Schrott, abgestreift wie Schlingpflanzen, entehrt, degradiert und verlacht. Gott hat es doch ganz anders gemeint.
Als Adam gerufen hat: „Staunend Fleisch von meinem Fleisch“, sagte er: „Lieber Gott, du hast mir eine Gehilfin zugedacht, doch nicht bloß als Köchin, als Büglerin, als Kindermädchen, sondern als Gehilfin bei dem Vorrecht, die gute Welt Gottes zu bauen und zu bewahren.“ Diese Verantwortung sollte auf vier Schultern ruhen. Sie sollte mit den Augen von Frau und Mann wahrgenommen werden und mit dem Herzen von Frau und Mann. Sie sollte mit zweihundertprozentiger Kraft wahrgenommen werden.
Adam nannte seine Frau Hiwa, Mutter alles Lebenden. Denken Sie jetzt an die lange Reihe der „Mütter des Lebens“: Jochebed, die wie eine Löwin für den kleinen Mose kämpfte, damit er leben sollte! Die beiden hebräischen Hebammen, deren Namen sogar in der Bibel erwähnt sind – Schifra und Pua –, die das Gebot des Pharao missachteten und Befehlsverweigerung betrieben, damit Kinder leben konnten.
Warum meinen Sie eigentlich, dass das in der Bibel steht? Es sind doch keine Fanatiker, die sich heute dafür einsetzen, dass Kinder am Leben bleiben sollen, sondern Menschen, die in den Fußstapfen der Bibel bleiben wollen.
Wenn Gott in unserer Welt etwas Hilfreiches tun will, benutzt er – entschuldigen Sie, liebe Mitbrüder – in erster Linie Frauen. Sie sind keine Objekte. Gott lässt nicht bloß ein bisschen Heil vom reich gedeckten Tisch des Heils für die Männer auf die Frauen abfallen. Für Gott sind sie Werkzeuge seiner Gnade.
Die Bedeutung der Frau im Heilshandeln Gottes
Gleich nach dem Sündenfall gewährt Gott einen weiten Blick in sein künftiges Heilhandeln. Dabei sagt er nicht: „Euer Nachkomme, Adam und Eva, wird einmal der Retter der Welt sein“, sondern er spricht zu Eva: „Dein Nachkomme“ – als ob er Adam und die Männer überhaupt nicht braucht.
Du, Frau, Mutter des Lebendigen, dein Nachkomme wird einmal der Schlange den Kopf zertreten. In den Anfangskapiteln des Jesaja heißt es: „Siehe, eine Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären.“ Dort wird erfahren werden: Gott mit uns.
Wenn uns die Jungfrauengeburt in unserem Glaubensbekenntnis wichtig ist, dann nicht, weil wir trockene Dogmatiker sind. Sondern weil wir Männer begreifen sollen, dass die großen Dinge Gottes auch ohne uns geschehen.
Wenn der Engel zu Maria kommt und sagt, Gott habe mit ihr das Heil der Welt vor, dann fragt Maria nicht erst einen Bräutigam um Erlaubnis – er ist schließlich der Chef. Stattdessen sagt sie: „Siehe, ich bin die Magd des Herrn.“ Unser Volk und unsere Kirche lebt davon, dass Frauen unmittelbar zu Gott stehen und sich nicht der Mann dazwischen schiebt.
Wir danken auch bei all diesen Konferenzen, die wir erleben können, den vielen Frauen, die das möglich gemacht haben. Zum Beispiel Frau Kraichen in Ulm, die die ganze Vorbereitung mitgetragen hat, und für unser Land Frau Nürnberger, die die Konferenzen vorbereitet hat.
Der Apostel benutzt ein merkwürdiges Wort in 1. Thessalonicher 4: das „Coyet“, was eigentlich „Werkzeug“ bedeutet. Paulus sagt: „Ein jeglicher soll sein eigenes Coyet in Ehrbarkeit suchen.“ Das hat bei Paulus keinen abwertenden Klang. Bei uns Schwaben sowieso nicht – ein richtiges Werkzeug ist etwas Gutes, oder?
In Bezug auf die Frau besteht aber die Gefahr, dass man sagt: Sie ist ein Werkzeug, ein Werkzeug Gottes. So wie Paulus vor Damaskus gesagt hat: „Er ist mir ein auserwähltes Werkzeug, Rüstzeug.“ So sind Frauen in der Hand Gottes Gehilfinnen, Werkzeuge seiner Gnade, Bewahrerinnen des göttlichen Lebens.
Deshalb sind sie für uns Männer nicht Blitzableiter für unseren Zorn. Sie sind nicht unsere Zugehfrauen und nicht der Abfallkübel, in den wir unseren angestauten Unmut entleeren. Sie sind auch nicht unsere Befehlsempfängerinnen und erst recht nicht Gespielinnen, mit denen wir machen können, was wir wollen.
Wem eine Frau von Gott anvertraut ist, dem ist ein Werkzeug der Gnade Gottes anvertraut. Deshalb gilt auch nach dreißig Jahren Ehe – und nicht nur in der Verlobungszeit –, dass wir in Ehrerbietung und Heiligkeit um sie werben. Nicht in gieriger Lust, wie die Heiden leben.
Wo man von Gott nichts weiß und sich etwas zwischen Gott und mich schiebt, da fällt automatisch auch ein Schatten auf die Frau. Der Gott einen hellen Strahl seiner Gnade zugedacht hat, wird dann sehr schnell zur „Alten daheim“, zum „Lumpenmenschle“, zum billigen Gebrauchsgegenstand.
Am Ende wird alles so verworren, dass Frauen sogar noch stolz sein können, wenn sie einen Blick voller Gier von Männern bekommen. Das, was sie als Beleidigung empfinden müssten, wird als Auszeichnung verstanden.
Dem können wir nicht mit ein paar Anstandsregeln begegnen. Es muss wieder ein heller Strahl Gottes auf die weiblichen Glieder unserer Familien fallen – auf unsere Töchter, Frauen, Großmütter und Tanten.
Die württembergische Kirche kam während der Kriegszeit mit einem Minimum an hauptamtlichen Männern aus, weil Pfarrfrauen und Laien, weibliche Mitglieder der Gemeinden, Mesnerinnen, die Gottesdienste hielten, da waren. Doch nicht nur in Notzeiten – wir haben Hauspriester in unseren Häusern.
Wenn das Wort „Frau“ wieder einen Wert und eine Ehre bekommen soll, dann will Gottes guter Heiliger Geist wirken. Es ist erstaunlich, dass der Apostel Paulus uns das sagt. Ich meine, in unseren Häusern müsste es anfangen.
Das Licht der Welt soll gerade an diesem Punkt aufleuchten, damit es keine Maugenästel gibt, die nachher alles vergiften. Paulus mahnt: „Ihr meidet die Unzucht, ihr Männer, auch in Gedanken.“ Das hat uns Jesus schon wichtig gemacht. Und jeder soll seine eigene Frau als Werkzeug Gottes in Heiligkeit und Ehrbarkeit gewinnen.
Aber nicht nur dürfen die Frauen wieder aufwachen – ich habe den Eindruck, sie haben ganz gut mitgehört: Sie sind Werkzeuge der Gnade.
Die Bedeutung von Gemeinschaft und Versöhnung
Auch der Mitmensch neben mir hat eine Ehre. Auch für ihn ist Jesus gestorben. Er hat besonders eine Ehre, wenn er zu Jesus gehören und mit ihm verbunden sein will.
Gerade bei uns in unseren Gemeinden und Gemeinschaften, in Jugendkreisen und Chören gibt es leider schrecklich viel Rivalität, Konkurrenzneid, Streiterei und Missgunst. Ich sage dazu: Apostel Paulus, du bist am Punkt.
Als ich daheim bei meiner Mutter klagte, was für einen sturen Chef ich habe, sagte sie: Es kann sein, dass er stur ist, aber es kann kein Segen auf eurer Arbeit liegen, wenn ihr nicht miteinander auskommt. Und es kann erst recht kein Segen auf der Arbeit liegen, wenn du als junger Pfarrer Komplimente dafür bekommst, was für ein Pfundskerl du bist, während der alte, sture Pfarrer als verschroben gilt.
Du hast alles zu tun, damit der Segen Gottes wirken kann. Dazu gehört, jede Spur von Spannung zu vermeiden.
Liebe Brüder und Schwestern, vielleicht kann der Segen Gottes in unseren Gemeinschaften nicht bei uns sein, weil wir die Rivalitäten und Spannungen nicht ausräumen.
Bei der ostafrikanischen Erweckungsbewegung hat in einem weiten Landstrich Afrikas Segen gelegen, weil sie als Erstes erkannt haben: Wenn ich Zorn auf einen Menschen habe, berechtigt oder nicht, muss ich ihn um Vergebung bitten. Ich muss sagen: „Vergib mir, dass ich Zorn auf dich habe.“
Dinge gehören bereinigt, wenn Gott bei uns wirken will. Das ist der Wille Gottes: eure Heiligung.
Das beginnt nicht erst beim Geld, sondern schon beim Geltungsbedürfnis, bei Ehrgeiz, Erfolg und Übervorteilung im Handel. Es beginnt schon bei der Frage, wer Chorleiter wird, wer im Brüderrat gewählt wird und welchen Listenplatz man bei der Kirchengemeinderatswahl bekommt.
Wie viele verletzte Frauen und Männer gibt es in Württemberg seit der letzten Wahl, bei der sieben gewählt wurden und sie der Achte gewesen wären? Natürlich muss jeder Politiker das durchhalten. Aber dann vom Gottesdienst wegzubleiben und Gemeinschaft zu meiden, aus Ehrsucht!
Und weil die anderen, die Gewählten, ungeschickt waren, statt dass sie gekommen sind und gesagt haben: „Das tut mir leid, ich brauche deinen Rat. Gib uns doch deinen Rat, manchmal vor der Sitzung, wie du über Dinge denkst.“
Wir müssen Phantasie entwickeln, damit Spannungen überwunden werden und dem Bruder Ehre gegeben wird.
Wir betrüben den Heiligen Geist Gottes. So sagt Apostel Paulus: Wer in diesen Dingen nicht klarkommt, betrübt den Heiligen Geist Gottes.
Mein Bruder, meine Schwester neben mir soll dem Heiligen Geist Gottes gehören. Sie gehören nicht meinem Zorn, nicht meinem Kritikgeist. Und ich bin bestimmt als ein Gefäß des Heiligen Geistes und nicht als ein Abfallkübel voll ätzender Lauge.
So bestimmt, um gefüllt zu sein, sagt der Herr, als Tempel des Heiligen Geistes.
Die Herausforderung zu einem heiligen Miteinander
Sie können in diesen Tagen, wenn Sie das Fernsehen einschalten, auf fast allen Kanälen sehen, wie sich in den Fußballstadien Italiens Mannschaften aus aller Welt mit Haken und Ösen bekämpfen. Dabei gibt es viele Rangeleien.
In der Gemeinde Jesu darf es nicht so aussehen – mit geheimen Fouls. Nicht nur wegen des Fair Play, sondern weil Gott seinen guten, heiligen Geist in uns geben will. Er möchte spüren lassen, dass Jesus da ist.
Und jetzt bloß keine Rückschritte, könnten Sie mir sagen. Aber, lieber Bruder Schäffu, sag das doch draußen in Ulm, hier in der Donauhalle. Wir sind hier doch alles liebe, fromme Leute.
Aber schreibst du mal Sonntagsgedanken in die Zeitung, oder nicht? Die Kirche müsste immer ein Wort sagen. Das ist überhaupt das, was zurzeit modern ist: Die Kirche muss ein Wort sagen – zu Südafrika und Afghanistan, zur Abtreibung. Die Kirche muss. Dabei sind wir in der Kirche doch so unterschiedlicher Meinung.
Wenn wir ein Wort sagen, sagen wir es zuerst zu uns.
Lassen Sie uns vom Apostel Paulus hören. Er hat in Thessalonich nicht gesagt: „Ihr seid ja so liebefromme Leute und seid umgeben von einer Welt des Heidentums, in der die Frauen missachtet werden und in der es so viel Geldgier gibt.“ Nein, bei euch gibt es die Maugennäste. Er hat klar erkannt, dass sie angefangen haben in der Heiligung, dass sie Gott ernst nehmen wollen.
Aber er sagt: Bloß um Gottes Willen keine Rückschritte, keine Entwarnung.
Der Jesus, der bei Zachäus geholfen hat, dass er frei wurde von seiner Geldgier, will doch auch uns dazu helfen, dass wir es sogar fertigbringen, bei einer Erbschaft zu sagen: „Nehmt, was ihr wollt, und was ihr mir geben wollt, gebt ihr mir frei vom Geld.“
Der Jesus, der seinen Jüngern gesagt hat, als sie darum diskutierten, wer wohl Nummer eins in ihrem Kreis ist, hat gesagt: „Ihr doch nicht so! Kommt doch, ihr doch nicht!“ – keinen Rangstreit.
Und den Frauen und Männern, die in ihrer Gier nach Leben auf falschem Weg geraten waren, hat er gesagt: „Sündige hinfort nicht mehr!“
Wissen Sie, das ist ein Machtwort, wenn Jesus sagt: „Lass es doch, komm!“ Sie dürfen das nicht mit einer bloßen Ermahnung verwechseln. Es ist wie wenn Jesus über das stürmische Meer ruft: „Schweige und verstumme!“ – dann soll etwas passieren.
Die Kraft der Vergebung und der Wandel im Glauben
Frau Sophie Zeller, geborene Siegfried, die Mutter von Beugen, hatte im letzten Jahrhundert eine ganz große pädagogische Gabe. Ihr Ehemann, der ein großer Pestalozzi-Schüler und Pädagoge war – der Rettungshausvater Zeller in Beugen – sagte: „Meine Frau hatte eine höhere Pädagogik als ich.“
Es war keine Theorie, sondern sie hatte in schwierigen Kindern im Rettungshaus Beugen eine besondere Weisheit. Wenn etwas Schlimmes passiert war, etwa eine Lüge oder ein Kameratendiebstahl, sagte sie: „Jetzt ist es passiert, aber das nächste Mal nicht mehr, gell?“
Was für eine seelsorgerliche Weisheit wäre es, wenn wir das in der Kraft Jesu einander in der Gemeinde sagen würden: „Jetzt ist es passiert, aber das nächste Mal nicht mehr.“ Wenn wir es in unseren Familien in Liebe sagen würden, könnte die Kraft Jesu deutlich werden.
Nachfolge heißt nicht, dass wir eine Theorie haben und dann überlegen, ob wir sie in Afghanistan oder Südafrika anwenden können. Die Kraft Jesu muss zuerst bei mir deutlich werden, sonst ist alles nur Geschwätz – frommes christliches Geschwätz. Wenn es nicht zuerst die Kraft Jesu bei mir ist, hat es keinen Wert.
Der Apostel Paulus hat ganz schweres Geschütz aufgefahren: Wer das verachtet, der verachtet Gott, der seinen Heiligen Geist in uns gibt. Er wollte bewusst nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen, sondern erkannte: Wenn es um die Ehre geht – die Ehre der Frau –, da muss es anfangen. Es muss bei uns sauber und ehrlich werden und erfüllt sein mit der neuschaffenden Kraft Gottes.
Als der spätere große christliche Volksschriftsteller Otto Funke in Tübingen studierte, nahm ihn der große Professor Johann Tobias Beck am Sonntagmittag mit in seinen Weinberg. Damals hatte ein Tübinger Professor noch einen Weinberg. Johann Tobias Beck ging voraus die Weinbergstufen hinauf, und Otto Funke folgte ihm.
Während des Spaziergangs erzählte Funke, was ihn im Studium gepackt hatte, welche Bücher er gelesen hatte und was ihn interessierte. Plötzlich drehte sich der alte Johann Tobias Beck um und sagte: „Willst du gesund werden?“ Sozusagen: „Dein Geschwätz interessiert mich nicht. Willst du vom Heiland Jesus Christus anders gemacht werden?“
Das möchte ich mir vom heutigen Tag mitgeben – und Ihnen diese Frage stellen, die eigentlich die Frage Jesu ist: Willst du wirklich gesund werden?