Hallo zusammen, ich freue mich sehr, euch alle zur zweiten Session im Rahmen unseres Holy-Bio-Podcasts begrüßen zu dürfen.
Ich hoffe, ihr sitzt zu zweit auf dem Sofa, denn genau so ist das Ganze hier gedacht. Beim letzten Mal hatten wir ja eher eine Einführung und haben uns mit einigen Hintergründen zum Buch Holit beschäftigt. Heute wollen wir richtig in den Text eintauchen.
Deshalb wäre es gut, wenn ihr euch heute auch eine Bibel zur Hand nehmt. Falls ihr gerade keine Bibel dabei habt, möchte ich euch zu Beginn zwanzig Sekunden Zeit geben, um euch schnell eine zu holen.
Ich selbst benutze die Elberfelder Übersetzung. Ihr könnt aber auch gerne eine andere Übersetzung nehmen, um zu vergleichen. Das ist ernst gemeint, also warten wir jetzt erst einmal zwanzig Sekunden, damit ihr euch eine Bibel holen könnt.
Es begann an einem Frühlingsabend im Jahr 2007. Ich fuhr zur Jugendstunde und betete unterwegs, dass Gott mir an diesem Abend ein sehr ermutigendes Gespräch schenkt. Nach der Jugendstunde kam Karolin Schorre auf mich zu. Sie erzählte ganz begeistert von ihrer Arbeit und davon, wie sie dort ein Zeugnis für unseren Herrn Jesus sein konnte.
Das Ganze mündete dann in ein sehr, sehr langes und ausführliches Gespräch zwischen uns beiden. Wir redeten stundenlang nur über den Herrn. In der Nacht bemerkte ich, dass ich aufwachte und zum ersten Mal so richtig an Caro denken musste.
Das Ganze führte zu einer Kennenlernphase, für die ich mich sehr bemühte. Ich suchte ständig das Gespräch mit ihr, um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. Irgendwann, Ende Juni 2007, flogen wir zusammen nach Berlin. Dort, genauer gesagt direkt am Hackeschen Markt, gestand ich ihr meine Liebe.
Ihre Antwort ließ ganze drei Wochen auf sich warten. Das war eine ziemlich lange Zeit für mich. Doch dann, auf der Jugendfreizeit in Schweden, nachts am Strand, gestand sie mir ebenfalls ihre Liebe. Seit dem 11. Juli 2007 sind wir ein Liebespaar.
Das wäre nun ganz kurz zusammengefasst der Beginn unserer Liebesgeschichte. Jede Liebesgeschichte ist individuell, jedes Paar schreibt seine eigene Geschichte. Aber eine Sache haben alle Liebesgeschichten gemeinsam: Sie haben alle einen Beginn.
Genau das ist das Thema des heutigen Abends – der Beginn einer Liebesgeschichte. Wir wollen heute tief in den Text eintauchen und uns die Verse 2 bis 8 aus dem ersten Kapitel des Hohen Lieds anschauen. Es geht hier um den Beginn der Liebesgeschichte zwischen Salomo und Sulamit.
Im Text finden wir drei Charakteristika, die den Beginn dieser Liebesgeschichte ausmachen.
Erstens: Der Beginn einer Liebesgeschichte findet auf Wolke sieben statt.
Ich lese mal Vers 2: Dort sagt sie: „Er küsse mich mit den Küssen seines Mundes, denn deine Liebe ist köstlicher als Wein.“ Das Buch Hohelied beginnt hier mit einem weiblichen Gefühlsausbruch. Stellt euch vor, das wäre ein Film – das wäre ein ziemlich direkter Start in einen Film. Sie möchte so gern von ihm geküsst werden.
Wenn ich richtig gezählt habe, findet sich das Verb „küssen“ im Alten Testament etwa dreißig Mal. Meistens werden aber enge Freunde oder Verwandte geküsst. Das liegt daran, dass der Kuss häufig vor allem als Begrüßung oder Abschied verwendet wurde. Wir sprechen hier also von Begrüßungs- und Abschiedsküssen.
Ganz, ganz selten finden wir in der Bibel die Tatsache, dass ein Mann seine geliebte Ehefrau küsst. Das hängt damit zusammen, dass ein öffentlicher Kuss zwischen einem Liebespaar in der damaligen Kultur als recht anstößig galt. Warum sage ich das? Schaut mal in Hohelied 8,1, da sagt sie: „O wärst du mir doch ein Bruder, der die Brust meiner Mutter gesogen! Fände ich dich dann draußen, könnte ich dich küssen, und man dürfte mich dennoch nicht verachten.“
Den Bruder öffentlich zu küssen war damals nicht anstößig. Deshalb wünscht sie sich, er wäre ihr Bruder, dann könnte sie ihn öffentlich küssen. Das heißt im Umkehrschluss, dass es in der damaligen Kultur nicht angebracht war, den Geliebten öffentlich zu küssen.
Das mag auch der Grund sein, dass sich sonst im Alten Testament sehr selten Stellen finden, in denen ein Mann seine geliebte Frau küsst. Umso auffallender ist es, dass das Buch Hohelied damit beginnt – mit dem Wunsch nach einem Kuss.
Sie ist dabei aber nicht dreist. Sie ist zwar voller Gefühle für ihn, sagt es aber nicht ihm selbst. Erst im zweiten Teil des Verses spricht sie ihn direkt an. Hier äußert sie den Wunsch nach einem Kuss wahrscheinlich gegenüber anderen jungen Frauen. Die Töchter Jerusalems werden nämlich in unserem Text später noch einmal erwähnt. Es handelt sich also um ein Gespräch unter Mädchen.
Sie sagt den anderen Mädels: „Ach, wie schön wäre es doch, wenn er mich mal küssen würde.“ Sie ist so begeistert von seiner Liebe. Das sagt sie ihm dann selbst auch im zweiten Teil des Verses: „Denn deine Liebe ist köstlicher als Wein.“
Wir müssen uns das so vorstellen: Sie kann ihr Glück kaum fassen und versucht, es irgendwie in Worte zu fassen. Sie vergleicht seine Liebe mit Wein. Wein war damals ein sehr geschätztes Getränk. Die Bibel warnt natürlich auch vor dem Missbrauch von Wein. An einigen Stellen, zum Beispiel in Psalm 104,15, wird aber gesagt, dass Wein das menschliche Herz erfreut.
Wein wird häufig mit Freude verbunden. So kostbar der Wein auch sein mag, er reicht nie an seine Liebe heran. Hätte sie die Wahl zwischen Wein und seiner Liebe, würde sie sich für Letzteres entscheiden. Sie ist einfach so hin und weg, kann ihr Glück kaum fassen – sie ist auf Wolke sieben.
Das ist eine Lektion für uns: Der Beginn einer Liebesgeschichte ist voller Gefühle. Vielleicht ist das genau das, was ihr beide gerade durchmacht. Vielleicht seid ihr vor kurzem zusammengekommen und schwebt momentan auch noch auf Wolke sieben. Ihr könnt euer Glück kaum fassen.
Die Bibel stellt das als etwas Wunderschönes dar. Gefühle haben ihren Platz, so hat Gott uns auch gemacht. Und natürlich nicht nur am Anfang einer Liebesgeschichte – auch später noch sind Gefühle für den Ehepartner etwas sehr, sehr Schönes.
Interessant ist auch, dass der Wunsch nach einem Kuss im Buch Hohelied nicht nur am Anfang, sondern wie wir gerade gesehen haben, auch am Ende, im achten Kapitel, noch einmal erwähnt wird. Da ist die Liebe schon reifer geworden, aber der Wunsch nach einem Kuss bleibt.
Liebe Männer, daraus lernen wir: Egal, ob wir uns auf Wolke sieben befinden oder nicht – manchmal wünschen sich Frauen einfach, dass wir sie in den Arm nehmen und sie küssen. Genau das sagt der Bibeltext: Höre nicht auf, ihr deine Liebe auf diese Weise immer wieder zu zeigen, indem du sie einfach mal in den Arm nimmst und ihr einen dicken Kuss gibst.
Sulamit ist absolut auf Wolke sieben. Das zeigt sich in einem Gefühlsausbruch, aber auch darin, wie sie von ihm schwärmt.
Schaut man in Vers 3, heißt es dort weiter: „An Duft gar köstlich sind deine Salben, ausgegossenes Salböl ist dein Name, darum lieben dich die Mädchen.“ Ihr Freund, ihr Geliebter, ist ziemlich beliebt bei den Mädchen. Und das, was die Mädchen an ihm lieben, sind genau zwei Dinge: seinen Duft und seinen Ruf.
Hier ist zunächst einmal von Salben die Rede. Damit sind Duftstoffe gemeint, die damals vor allem bei feierlichen Festen auf die Haut aufgetragen wurden. Jetzt müssen wir uns auch noch einmal in die damalige Zeit hineinversetzen – in den heißen Orient. Dort gibt es ganz viele verschiedene Düfte, nicht unbedingt nur angenehme. Ein sehr erfrischender, wohlriechender Geruch ist natürlich auch sehr anziehend.
Das Tolle im Text ist: Nicht nur sein Duft macht die Runde, auch sein Ruf. Da heißt es ja weiter: „Ausgegossenes Salböl ist dein Name.“ Wenn im Hebräischen, im Alten Testament, von dem Namen die Rede ist, dann ist damit nicht einfach nur der Name gemeint, sondern vielmehr der Ruf.
In Sprüche 22,1 heißt es: „Ein guter Name ist vorzüglicher als großer Reichtum.“ Hier geht es um den Ruf, und sein Ruf hat etwas mit seinem Duft gemeinsam – beide gehen vor ihm her. Der Duft hat etwas mit äußerlicher Attraktivität zu tun, der Ruf mit seinem Charakter, mit seinen Einstellungen.
Jetzt entsteht vielleicht die Frage: Was ist denn wichtiger? Wenn man beides gegeneinander ausspielen will oder gewichten möchte, dann müssen wir mal schauen, was Salomo sonst über diese Dinge sagt. Und da haben wir eine interessante Aussage in Prediger 7,1. Dort sagt Salomo: „Besser ein guter Name als gutes Salböl.“
Salomo sagt also: Es ist besser, einen guten Ruf aufgrund des Charakters zu haben als einen guten Duft aufgrund eines teuren Parfüms. Die innere Schönheit, der Charakter, ist wichtiger als das Aussehen.
Zu viele junge Männer duften vielleicht manchmal ganz gut und sind top gestylt, aber charakterlich kann man sich gar nicht auf sie verlassen. Die Bibel sagt: Besser als ein guter Duft ist der Ruf. Wichtiger als das Äußere ist der Charakter.
Aber schaut mal: Der Geliebte im Buch Hohelied hat beides. Er sieht nicht nur gut aus, er hat auch einen ganz tollen, edlen Charakter. Deshalb ist er so beliebt. Ihn zu bekommen, ist eigentlich ein Sechser im Lotto.
Dementsprechend ist Sulamit hellauf begeistert und schwärmt hier zu Beginn des Buchs von ihrem Traumprinzen.
Da heißt es dann weiter in Vers 4: Zieh mich dir nach, lass uns eilen, der König möge mich in seine Gemächer führen. Wir wollen jubeln und uns freuen an dir, wollen deine Liebe preisen mehr als Wein. Mit Recht liebt man dich.
„Zieh mich dir nach, lass uns eilen“ – sie möchte ihm einfach folgen. Sie möchte da sein, wo er ist, am besten so schnell wie möglich. Dann heißt es weiter: der König möge mich in seine Gemächer führen.
Jetzt müssen wir ganz kurz die Frage klären, was mit den Gemächern gemeint ist. Das Gemach kann sich auf das Schlafzimmer beziehen, es kann aber auch einen anderen, ganz normalen Raum meinen. Manchmal bezeichnet es das Innere eines Hauses, aber es kann auch das Brautgemach meinen, zum Beispiel in Joel 2,16. Vom Kontext her denke ich, dass hier das Brautgemach am meisten Sinn macht.
Sie ist so verliebt in ihn, dass sie schon auf den Tag der Hochzeit blickt. Sie möchte ganz mit ihm verbunden sein, sie möchte endlich seine Frau werden. Das sagt sie ihm aber nicht direkt, sonst wäre das ja so eine Art Heiratsantrag von ihr ausgehend. Das sagt sie hier wieder als Wunsch, wie am Anfang bei den Küssen. Wahrscheinlich sagt sie das den anderen Mädchen: Es wäre so toll, wenn er mich zur Braut nimmt, wenn er mir einen Heiratsantrag macht. Sie möchte ihn so gerne heiraten.
Dann heißt es weiter: Wir wollen jubeln und uns freuen an dir, wollen deine Liebe preisen mehr als Wein. Mit anderen Worten sagt sie: Es gibt nichts Schöneres als von dir geliebt zu werden. Ganz am Ende bestätigt sie das, was die Mädchen über ihn sagen, wie die Mädchen über ihn denken: Er weiß sich als wahr, mit Recht liebt man dich.
Ja, das ist der Beginn einer Liebesgeschichte, die auf Wolke sieben stattfindet.
Wie schon im vorletzten Vortrag erwähnt – nein, im letzten Vortrag –, haben meine Frau und ich öfter Gespräche mit jungen Paaren, die verlobt sind und bald heiraten wollen.
Gerade bei diesem ersten Kennenlerntreffen bitten wir die beiden häufig, ihre Liebesgeschichte zu erzählen. Das ist immer ein sehr interessanter und schöner Abend. Oft werden wir dann auch gebeten, unsere eigene Liebesgeschichte zu erzählen. Das machen wir total gern. Obwohl es bei uns schon etwa zwölf Jahre her ist, erzählen wir unsere Geschichte immer noch gerne. Danach merken wir, dass es irgendwie auch gut tut, noch einmal an die Anfänge der Liebesgeschichte zu denken und sich gedanklich in die Zeit hineinzuversetzen, wo alles begann.
Der Beginn fand auf Wolke sieben statt.
Ich habe heute Abend eine Aufgabe für euch als Paar: Redet im Anschluss an diesen Vortrag einmal über den Beginn eurer Liebesgeschichte. Betrachtet sie unter den Gesichtspunkten: Was fandet ihr damals besonders schön? Gibt es etwas, das ihr euch sehr konkret zurückwünscht?
Eure Liebesgeschichte – vielleicht würde euch ein zweiter Frühling guttun. Wenn das der Fall ist, macht es Sinn, noch einmal an den ersten Frühling zu denken. Übrigens empfiehlt Jesus diese Vorgehensweise auch im Neuen Testament einer Gemeinde in Ephesus, die ihre erste Liebe verlassen hat.
In Offenbarung 2,4-5 heißt es: „Aber ich habe gegen dich, das sagt Jesus der Gemeinde, dass du deine erste Liebe verlassen hast. Denke nun daran, wovon du abgefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke.“
Dabei geht es nicht in erster Linie um eine Liebesbeziehung zwischen Mann und Frau. Vom Prinzip her sagt Jesus aber: Denk darüber nach, wie deine erste Liebe damals war. Denk darüber nach, wie deine ersten Werke aussahen, was du damals getan hast, als du diese erste Liebe hattest. Und dann kehre um und tue wieder das Gleiche, was du am Anfang getan hast.
Ich denke, dieses Prinzip kann man auch auf eine Liebesbeziehung zwischen Mann und Frau anwenden – gerade dann, wenn der Ofen langsam ausgeht. Man sollte noch einmal zurückdenken: Wie war es am Anfang? Was war damals so schön? Was haben wir am Anfang gemacht? Wie haben wir uns in diese Beziehung investiert? Dann geht zurück und tut genau das, was ihr damals getan habt.
Vielleicht bedeutet das, mal wieder eine verrückte, spontane Aktion zu starten, einander so richtig zu überraschen oder mehr Zeit miteinander zu verbringen. Plant abendliche Dates ein. Das muss natürlich auch mit einer entsprechenden Herzensänderung zusammenhängen, falls nötig. Aber es ist gut, sich noch einmal an den Anfang der Liebesgeschichte zu begeben und zu schauen: Was haben wir gemacht, als der Ofen noch richtig gebrannt hat?
Also, das ist eure Aufgabe für heute Abend: Redet heute Abend mal wieder über euren Anfang. Was fandet ihr besonders schön? Gibt es etwas, das ihr euch zurückwünscht?
Das ist letztendlich das Hauptanliegen dieses Videopodcasts: Wir möchten Ehepaare stärken und ihnen helfen, dass die Romantik in der Ehe wieder so richtig aufflammt oder eben auch gefestigt wird.
Wir kommen zum zweiten Punkt: Der Beginn einer Liebesgeschichte setzt eine gewisse Reife voraus.
Ich lese dazu die Verse fünf und sechs vor. Sulamit sagt: „Schwarz bin ich und doch anmutig, ihr Töchter Jerusalems, wie die Zelte Kedas, wie die Zeltdecken Salomos. Seht mich nicht an, weil ich schwärzlich bin, weil die Sonne mich gebräunt hat. Meine Muttersöhne fauchten mich an, setzten mich als Hüterin der Weinberge ein, aber meinen eigenen Weinberg habe ich nicht gehütet.“
Sulamit spricht hier in diesen beiden Versen wieder zu den Töchtern Jerusalems. Wenn sie sagt, dass sie schwarz ist, bezieht sich das auf ihre Hautfarbe. Warum sie eine so dunkle Haut hat, wird in den nächsten Versen erklärt: Die Sonne hat ihre Haut gebräunt. Das entsprach damals nicht dem Schönheitsideal.
Heute sind wir gerne braun gebrannt – das ist unser heutiges Schönheitsideal. Damals war jedoch Blässe das Schönheitsideal, nicht braun gebräunte Haut. In der ganzen Bibel wird sonnengebräunte Haut eher negativ beurteilt, weil sie eben nicht dem damaligen Schönheitsideal entsprach.
Trotzdem ist Sulamit sich bewusst, dass sie Schönheitsfehler hat. Sie ist gebräunt, aber dennoch besitzt sie ein gewisses Selbstbewusstsein. Sie findet nicht, dass sie den anderen Frauen Jerusalems in ihrer Schönheit nachsteht. Es heißt ja: „Schwarz bin ich und doch anmutig.“ Anmutig bedeutet letztendlich attraktiv. Sie sagt: „Ich bin braun gebrannt, aber trotzdem attraktiv.“
Sie vergleicht ihre Haut mit den Zelten Kedas. Das ist ein nomadischer Hirtenstamm, der schwarze Zelte aus Ziegenhaar hatte. Außerdem vergleicht sie sich mit den Zeltdecken Salomos, die sicherlich sehr schöne Decken waren. Das mag der Vergleichspunkt sein.
In Vers sechs sagt sie dann: „Seht mich nicht an, weil ich schwärzlich bin, weil die Sonne mich gebräunt hat.“ Obwohl sie sich ihrer Schönheitsfehler bewusst ist, hat sie keine Komplexe. Dennoch ist es ihr unangenehm, wenn sie von den anderen Töchtern Jerusalems verächtlich angestarrt wird. Das möchte sie nicht. Deshalb sagt sie: „Seht mich nicht so an“, gemeint ist verächtlich.
Dann nennt sie auch den Grund dafür, warum sie so viel Sonne abbekommen hat und braun ist. Der Grund dafür, dass sie sich von den anderen Frauen Jerusalems unterscheidet, ist schlichtweg, dass sie ihr Leben draußen verbracht hat.
Es heißt weiter: „Meine Muttersöhne“, also ihre Brüder, „fauchten mich an, setzten mich als Hüterin der Weinberge ein, meinen eigenen Weinberg habe ich nicht gehütet.“ Ihre Brüder haben sie damit beauftragt, den Weinberg zu hüten. Ausgangspunkt war wahrscheinlich ein Konflikt, denn im Text heißt es ja, die Brüder fauchten sie an. Das macht man nicht einfach so. Es gab offenbar einen Konflikt zwischen den Brüdern und Sulamit.
Die Frage entsteht, was das für ein Konflikt war. Um das zu klären, müssen wir schauen, wo die Brüder noch im Buch Hohelied erwähnt werden. Sie werden nur an einer einzigen anderen Stelle erwähnt, nämlich am Ende, in Kapitel 8, Verse 8-9. Dort sagen die Brüder: „Wir haben eine Schwester, die ist klein und hat noch keine Brüste, also sie ist sehr jung. Was sollen wir mit unserer Schwester tun an dem Tag, da man um sie werben wird? Wenn sie eine Mauer ist, bauen wir um sie eine silberne Zinne, wenn sie aber eine Tür ist, versperren wir sie mit einem Zählenbrett.“
Hier in Kapitel 8 wird deutlich: Die Brüder sind der Meinung, dass ihre Schwester noch zu jung ist für eine Liebesbeziehung. Deshalb wollen sie dieser Beziehung einen Riegel vorschieben. Offensichtlich fühlen sich die Brüder verantwortlich für ihre kleine Schwester. Das hängt vielleicht auch damit zusammen, dass es keinen Vater mehr gibt, nur die Mutter und die Brüder werden erwähnt.
Wahrscheinlich war das der Grund, warum sie gesagt haben: „Geh du mal nach draußen aufs Feld und hüte unsere Weinberge.“ So kommt sie gar nicht auf die Idee, sich mit Männern bekannt zu machen. Sie sollen sie beschäftigen, damit sie keine Liebesbeziehung eingeht. Wenn sie draußen auf dem Feld ist, kann sie nicht am gesellschaftlichen Leben in der Stadt teilnehmen.
Das Ganze hat auch eine Zeit lang funktioniert, denn sie sagt ja jetzt wieder in Kapitel 1: „Am Ende meinen eigenen Weinberg habe ich nicht gehütet.“
Der Weinberg ist im Buch Hohelied ein Symbol für die Liebe. Im Buch Hohelied gibt es viele Bildersprachen, und meistens wird der Weinberg oder der Wein mit Liebe in Verbindung gebracht.
Das heißt, ihre Brüder haben ihr Pflichten in der Landwirtschaft aufgetragen, und das hat dazu geführt, dass sie sich nicht um ihren eigenen Weinberg, also um ihre Liebe, kümmern konnte.
Aber jetzt – und das ist gerade der Punkt von Kapitel 1 – ist sie so weit. Sie möchte sich ganz auf die Liebe einlassen, denn sie ist verliebt.
Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Liebesbeziehung? Die Brüder waren hier anderer Meinung als Sulamit. Das ist natürlich immer eine spannende Frage: Wann ist der richtige Zeitpunkt, eine Liebesbeziehung einzugehen?
Das ist eine Frage, die ich auch häufig von jungen Leuten höre. Ich habe viel mit Jugendlichen in unserer Gemeinde zu tun. Es ist schwierig, die Frage pauschal zu beantworten, ab welchem Alter es passt. Das funktioniert nicht. Es hängt auch damit zusammen, wie reif eine Person ist und in welcher Lebenssituation sie sich befindet. Deshalb ist es schwer, hier etwas Absolutes zu sagen.
Fakt ist aber, und das sehen wir aus dem Buch Hohelied, dass eine Freundschaft auf Steigerung ausgelegt ist. Schon in Kapitel 1, Vers 4, wünscht sie sich, verheiratet zu sein, seine Frau zu sein. Das heißt, das Ziel einer Beziehung ist immer die Ehe. In Kapitel 3, darauf werden wir in einer anderen Session noch eingehen, findet dann endlich auch der Hochzeitstag statt.
Deshalb würde ich ausgehend vom Textbefund, aber auch aus weisheitlichen Aspekten sagen: Es macht Sinn, sich vorher die Frage zu stellen: Kann ich mir vorstellen, diese Person auch wirklich zu heiraten? Und ist eine Hochzeit in absehbarer Zeit auch möglich?
Denn eine Freundschaft ist auf Steigerung ausgelegt. Es tut einer Freundschaft gut, schon bald dieses Ziel anzustreben – ja, wir wollen gemeinsam heiraten, wenn es der richtige Partner ist und beide sich sicher sind.
Diesen Zustand einer bloßen Freundschaft kennt die Bibel eigentlich nicht. Es läuft immer ganz schnell auf eine Verlobung und auf eine Ehe hinaus.
Ich denke, das ist an sich eine gute Vorgehensweise, recht bald in einer Liebesbeziehung auch schon eine Ehe anzustreben.
Hinzu kommt, dass die Partnerwahl die zweitwichtigste Entscheidung im Leben ist. Unsere wichtigste Entscheidung ist die Entscheidung für Jesus Christus: dass er unser Herr und Retter wird, dass wir ihm unsere Sünden bekennen und Vergebung empfangen. Das ist die wichtigste Entscheidung in unserem Leben.
Aber ich denke, die zweitwichtigste Entscheidung ist die Wahl des Partners, mit dem wir durchs Leben gehen wollen. Wen wollen wir heiraten?
Da empfiehlt es sich vielleicht nicht, diese Entscheidung in der Pubertät zu treffen, wenn man noch sehr gefühlsgesteuert ist. Es macht durchaus Sinn, etwas zu warten, bevor man sich um den eigenen Weinberg, also um die Liebe, kümmert.
Sulamit ist jetzt bereit, sich für einen Mann zu entscheiden. Sie hält sich selbst für reif genug.
Und das ist der Beginn einer Liebesgeschichte. Der Beginn einer Liebesgeschichte setzt eben auch eine gewisse Reife voraus.
Wir lernen in unserem Text noch eine dritte Sache: den Beginn einer Liebesgeschichte. Drittens ist es der Beginn eines geteilten Lebens, der Beginn einer Lebensteilung.
Ich lese Vers 7: Erzähle mir, du, den meine Seele liebt, wo weidest du, wo lässt du lagern am Mittag? Wozu denn soll ich wie eine Verschleierte sein bei den Herden deiner Gefährten?
Sulamit stellt hier zwei Fragen, sie stellt ihm zwei Fragen: Wo weidest du und wo lässt du lagern am Mittag? Ihr Geliebter ist Hirte, und sie greift mit diesen Fragen seine berufliche Tätigkeit auf. Gerade in der Mittagszeit sucht der Hirte immer einen Lagerplatz für seine Herden, um Mittagspause zu machen. Das heißt, sie möchte ihn sozusagen in der Mittagspause an seinem Arbeitsplatz besuchen. Sie möchte ihn wiedersehen und fragt ihn, wo er Mittagspause macht.
Sie möchte bei ihm sein, einfach weil sie ihn liebt, und daraus macht sie keinen Hehl. Schaut mal, wie sie ihn hier anspricht: "du, den meine Seele liebt." Am Anfang war sie noch vorsichtiger. Da hat sie es in Vers 4 so indirekt gesagt: "Ja, mit Recht liebt man dich." Jetzt sagt sie: "Ich liebe dich. Du bist der, den meine Seele liebt." Also liebt sie ihn emotional von ganzem Herzen. Deswegen möchte sie da sein, wo er ist. Sie will ihn in der Mittagspause an seinem Arbeitsplatz besuchen.
Sie möchte ihn dort einfach wiedersehen, aber zugleich taucht sie damit auch in sein Leben, in seinen Alltag ein, wenn sie ihn an der Arbeitsstelle besucht. Genau das macht eine Lebensteilung aus. Es ist nicht nur das Candlelight-Dinner am Abend, es ist auch mal die gemeinsame Mittagspause zwischen den Vorlesungen, die man gemeinsam verbringt. Es ist nicht nur der romantische Filmabend, es ist das gemeinsame Lernen für die nächsten Prüfungen, das gegenseitige Abfragen von Vokabeln, das Helfen im Alltag.
Der Beginn einer Liebesbeziehung ist der Beginn einer Lebensteilung. Das gilt nicht nur für die Freundschaftsphase, sondern muss sich auch jedes Ehepaar immer wieder vergegenwärtigen. Es geht nicht nur um das geteilte Bett, es geht um das geteilte Leben. Es geht um die geteilte Küche, um die geteilten Sorgen, um die geteilten Gebetsanliegen, über die man spricht.
Ich möchte dir mal ganz praktisch eine Frage stellen: Warst du schon mal an der Arbeitsstelle deines Mannes oder deiner Frau? Hast du ihn dort mal besucht, vielleicht in der Mittagspause? Zu Beginn unserer Ehe habe ich Theologie studiert, und meine Frau hat als Krankenschwester im Krankenhaus Geld verdient. Ich weiß noch, dass ich sie einige Male dort besucht habe, vor allem in der Nachtschicht. Nur in der Nachtschicht war ich da. Ich habe ihre Arbeitskolleginnen kennengelernt und sie auf der Arbeit im Kittel beobachten können, wie sie ihre Arbeit erledigt.
Ich fand es eine große Bereicherung, wirklich in die Welt meiner Frau einzutauchen und zu sehen, was sie beruflich macht. Die Arbeit ist ja ein großer Teil unseres Lebens. Da macht es Sinn, auch detaillierte Einblicke zu bekommen. Deswegen will ich dich ermutigen: Besuche deinen Ehepartner mal auf der Arbeit. Tauche in sein Leben ein und frage ihn, was ihn so beschäftigt.
Ich habe es auch als total bereichernd empfunden, als meine Frau mal auf einer Frauenfreizeit war und ich alleine mit unseren damals drei Kindern zu Hause war. Ich musste den kompletten Haushalt machen. Das war für mich eine enorme Bereicherung, weil ich gesehen habe, wie viel meine Frau zu Hause macht und was alles dazugehört. Diesen Einblick bekommt man nur, wenn man wirklich in das Leben eintaucht und es mit allen Facetten teilt.
Das ist keine schlechte Idee für Männer, auch auf diese Weise mal in das Leben einer Frau einzutauchen. Das Leben zu teilen kann sich natürlich auch auf Hobbys beziehen. Man muss nicht immer eine Leidenschaft für die Hobbys des anderen entwickeln, das will ich nicht so verstanden wissen, aber man kann dennoch Anteil nehmen.
Vor einiger Zeit sagte mir eine Frau aus unserer Gemeinde, dass ihr Mann total gerne angeln geht. Sie selbst hat zwar keinen Gefallen am Angeln, aber sie kommt einfach mit und liest dann währenddessen ein Buch. Für ihn ist das völlig in Ordnung. Er schätzt es sehr, dass sie mitkommt, und sie ist trotzdem dabei. Ich finde das klasse.
Ich persönlich finde es toll, wenn meine Frau mal mit mir zusammen ein Fußballspiel schaut. Ich bin Fußballfan oder zumindest Sympathisant, und ich finde es klasse, wenn sie einfach mal dabei ist. Sie findet es klasse, wenn ich mal mit ihr shoppen gehe. Ich mache das ab und zu. Manchmal ist es echt langweilig, aber das tue ich aus Liebe zu ihr, und ich komme gerne mit, weil ich sie liebe.
Das Leben zu teilen geschieht aber auch dort, wo man einander vom Alltag berichtet – und das ist so wichtig. Das will ich euch ermutigen: Lasst einander an eurem Alltag teilhaben, erzählt einander ausführlich, wie der Tag war, und hört einander zu.
Vor einiger Zeit sagte mir ein Mann aus unserer Gemeinde, dass er Schwierigkeiten damit hat, dass seine Frau das alles gar nicht wissen will. Er möchte ihr von seiner Arbeit erzählen, und sie sagt: "Ach, ich verstehe das sowieso nicht, interessiert mich auch gar nicht." Das tut ihm weh, dass sie so wenig Interesse zeigt, zumindest seiner Meinung nach.
Ich kann das nicht beurteilen und möchte es auch nicht, aber es ist wichtig, aktiv am Leben des anderen teilzunehmen. Dazu gehört auch, dass man den anderen teilnehmen lässt und selbst viel von sich erzählt. Da musste ich feststellen, dass ich das eine Zeit lang sehr wenig gemacht habe. Ich habe meine Frau wenig an dem teilhaben lassen, was mich gerade in der Gemeinde beschäftigt hat – vielleicht aus guten Motiven. Ich wollte sie nicht mit all den Problemen der Gemeinde belasten, was grundsätzlich empfehlenswert ist. Dennoch sollte ich sie in einem gewissen Maß teilhaben lassen an dem, was in der Gemeinde läuft.
Sie hatte manchmal den Eindruck, dass sie als Pastorenfrau weniger Bescheid weiß als andere Gemeindemitglieder. Da musste ich umdenken und mich neu entscheiden: Ich will sie mehr teilhaben lassen an meinem Alltag und an den Dingen, die mich beschäftigen.
Weiter heißt es im Text: Einmal sagt Sulamit: "Erzähle mir, du, den meine Seele liebt, wo weidest du, wo lässt du lagern am Mittag?" Und dann fragt sie: "Wozu denn soll ich wie eine Verschleierte sein bei den Herden deiner Gefährten?"
Was ist eine Verschleierte? In 1. Mose 38 sehen wir, dass die Verschleierung ein Kennzeichen einer Prostituierten war. Genau das ist Sulamits Sorge: Wenn sie sich jetzt auf den Weg macht und alle Hirten anspricht auf freiem Feld: "Habt ihr irgendwo meinen Geliebten gesehen?" – dann wirkt sie wie eine Prostituierte, weil sie alle Männer anspricht.
Das ist ihre Sorge. Sie hat eine gewisse Scheu und möchte nicht einfach mit anderen Männern in Kontakt treten. Diese Zurückhaltung ist durchaus lobenswert. Aber die Antwort in Vers 8 führt uns in eine andere Richtung.
In Vers 8 heißt es: "Wenn du es nicht weißt, du Schönste unter den Frauen, so geh hin den Spuren der Herde nach und weide deine Zicklein bei den Wohnstätten der Hirten." Das ist die Antwort. Aber wir müssen die Frage stellen: Wer sagt das hier?
"Wenn du es nicht weißt" klingt fast vorwurfsvoll oder spöttisch und passt nicht zu den Worten des Geliebten. So redet er an keiner anderen Stelle mit ihr. Dahinter steckt eigentlich der Vorwurf: Du solltest wissen, wo dein Geliebter ist.
Wahrscheinlicher ist, dass hier die Töchter Jerusalems widersprechen. Dafür spricht auch, dass sonst nur die Töchter Jerusalems diese direkte Anrede wählen, zum Beispiel in Kapitel 5, Vers 9, oder Kapitel 6, Vers 1. Dort sprechen immer die Töchter Jerusalems.
Deshalb ist die Antwort in Vers 8 wohl von den Töchtern Jerusalems. Sie fragt ihn: Wo kann ich dich finden? Und die Töchter Jerusalems antworten: Wenn du es nicht weißt, du Schönste unter den Frauen, dann geh den Spuren der Herde nach und weide deine Zicklein bei den Wohnstätten der Hirten.
Sie beantworten ihre Frage nicht wirklich. Sie fragt, wo sie ihn finden kann, und die Töchter Jerusalems sagen: Mach dich auf den Weg und suche.
Sie will den einfachsten und direktesten Weg zu ihrem Geliebten. Aber im Leben sind die Dinge nicht immer einfach und unkompliziert. Mit dieser Antwort will uns der Text auch folgende Lektion vermitteln: Wer seinen Geliebten finden will, darf sich vor der Rolle der Verliebten nicht scheuen.
Dann sagen sie ihr: Weide deine Zicklein bei den Wohnstätten der Hirten. Ihr Geliebter ist Hirte. Sie will den schnellsten Weg zu ihm, ist aber zurückhaltend, die anderen Hirten anzusprechen. Hier wird sie ermutigt, ihre Schüchternheit abzulegen.
Wenn du ihn sehen willst, musst du bereit sein, aus deiner Komfortzone herauszutreten. Wenn du deinen Geliebten finden möchtest, musst du da suchen, wo die Hirten sind. Du musst selbst Hirtin werden, sagt dieser Text.
Das ist sicherlich nicht wortwörtlich gemeint. Hier steht ja, du sollst deine Zicklein weiden. Gemeint ist, dass sie in seine Welt eintauchen soll. Das will sie ja grundsätzlich. Sie will ihn an der Arbeit besuchen, ist aber zurückhaltend, seine Kollegen kennenzulernen.
Deshalb kommt hier noch ein Aspekt dazu: Man muss für die Liebe bereit sein, Schüchternheit und Zurückhaltung abzulegen. Man muss bereit sein, aus seiner Komfortzone zu treten. Der Beginn einer Liebesgeschichte bedeutet, neues Terrain zu betreten. Dabei fühlt man sich nicht immer sicher, weil es ein neues Umfeld ist.
Aber aus Gründen der Liebe ist es wichtig, diesen Schritt zu gehen. Der Beginn einer Liebesgeschichte ist der Beginn einer Lebensteilung.
Vielleicht seid ihr erst vor kurzem in eine Liebesbeziehung eingetreten. Dann möchte ich euch ermutigen, aus Liebe zum Partner eure Komfortzone zu verlassen, Schüchternheit abzulegen und voll in seine Welt einzutauchen.
Lernt seine oder ihre Geschwister kennen, die Eltern, die Großeltern, Freunde und Arbeitskollegen. Da muss man einfach durch. Am Anfang ist das nicht immer leicht, aber wenn eine Liebesgeschichte beginnt, betritt man neues Terrain.
Es wird Situationen geben, in denen man sich nicht so wohlfühlt. Die erste Weihnachtsfeier steht an, und man sieht all die Verwandten zum ersten Mal. Das ist manchmal mit Aufregung verbunden, aber da muss man durch.
Aus Liebe zum Partner sollte man seine Zurückhaltung überwinden und das Leben des Partners teilen. Das ist nicht nur am Anfang wichtig, sondern auch in langjährigen Ehen. Auch nach zehn oder zwanzig Jahren fühlt sich einer in seiner Familie oft wohler als in der Schwiegerfamilie.
Dann kommt die Frage: Soll man mal die Eltern am Wochenende besuchen? Vielleicht findet man Ausreden, weil man sich nicht wohlfühlt. Aber es ist wichtig, das zu überwinden – aus Liebe.
Damit können wir Jesu Liebe in unseren Ehen widerspiegeln. Denn die Liebe sucht nicht das Ihre, sie sucht das Wohl des Anderen.
Deshalb möchte ich euch ermutigen, ausgehend von unserem heutigen Text, Egoismus abzulegen und voll in die Welt des Anderen einzutauchen, auch wenn es Selbstüberwindung kostet.
Bevor das Buch Hohelied also von einem geteilten Schlafzimmer spricht, spricht es von einem geteilten Alltag. Sie soll Hirten werden, ihre Komfortzone aufgeben.
Genau hier können wir, wie gesagt, Christi selbstlose Liebe auch in unseren langjährigen Ehen widerspiegeln, indem wir uns immer wieder selbst überwinden, Schüchternheit und Vorbehalte ablegen, unsere Vorlieben zurückstellen und uns ganz auf unseren Partner einstellen.
Ich fasse die drei Punkte von heute noch einmal kurz zusammen.
Wir haben uns heute mit dem Beginn einer Liebesgeschichte beschäftigt. Der Beginn einer Liebesgeschichte findet erstens auf Wolke sieben statt, zweitens setzt er eine gewisse Reife voraus, und drittens ist der Beginn einer Liebesgeschichte auch der Beginn einer Lebensteilung.
Ich möchte euch jetzt noch einige Fragen mitgeben zum Austausch, gleich im Anschluss. Mein Anliegen ist, dass ihr euch wirklich die Zeit nehmt, um ausführlich über diese Fragen zu sprechen.
Einmal möchte ich euch bitten: Redet heute Abend mal wieder über den Beginn eurer Liebesgeschichte. Was fandet ihr am Anfang besonders schön? Gibt es vielleicht Dinge, die ihr euch insgeheim zurückwünscht? Bitte redet heute Abend ganz offen über diese Dinge.
Die zweite Frage lautet: Inwiefern teilt ihr euren Alltag? Taucht ihr wirklich in das Leben des Anderen ein? Gibt es da vielleicht Luft nach oben?
Und eine dritte und letzte Frage: Wo ist es vielleicht nötig, eine gewisse Scheu und Zurückhaltung abzulegen? Das kann sich beziehen auf Verwandte, Arbeitskollegen oder auf irgendwelche Vorlieben des Anderen. Wo ist es wichtig, diese Zurückhaltung und Scheu abzulegen, um noch aktiver unsere Liebe, unsere selbstlose Liebe zum Anderen, zeigen zu können?
Ich wiederhole noch einmal: Redet heute Abend über den Beginn eurer Liebesgeschichte. Was fandet ihr besonders schön? Was wünscht ihr euch gerne zurück? Zweitens: Wo teilt ihr euer Leben im Alltag? Gibt es da vielleicht Luft nach oben? Und drittens: Wo ist es nötig, auch mal eine gewisse Zurückhaltung und Schüchternheit abzulegen, um dem anderen ganz konkret unsere Liebe zu zeigen?
Damit verabschieden wir uns hier aus Köln. Wir wünschen euch einen schönen und gesegneten Austausch und hoffen, euch beim nächsten Mal wiederzusehen – am ersten Donnerstag des nächsten Monats.
Bis dann, tschüss!