Einführung ins Gebet und Thema der Herrlichkeit Jesu
Du nimmst uns in dein Gebet mit hinein, lieber Herr, und hast für uns gebetet, dass wir deine Herrlichkeit schauen sollen.
Jetzt möge es sich heute Abend lohnen, wenn wir zusammenkommen, dass wir durch dein Wort einen Durchblick bekommen und neue Freude an dir finden. Danke, dass dein Wort ein lebendiges Wort ist und uns zurüstet und stärkt. Amen.
Johannes 17 enthält die letzten Verse des hohen priesterlichen Gebets, insbesondere ab Vers 24. Letztes Mal sprachen wir über die Einheit – welche Einheit Jesus meint. Die Einheit, wie Jesus im Vater ist, ist die Einheit, die Christen verbindet.
Jesus sagt: „Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast, damit sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast; denn du hast mich geliebt, ehe der Grund der Welt gelegt war. Gerechter Vater, die Welt kennt dich nicht, ich aber kenne dich. Diese haben erkannt, dass du mich gesandt hast, und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich liebst, in ihnen sei und ich in ihnen.“ (Johannes 17,24-26)
Die Bedeutung der Herrlichkeit Jesu im Glaubenszeugnis
Jesus betet dafür, dass wir seine Herrlichkeit sehen. Heute erzählte mir jemand von einem christlichen Fernsehprogramm, genauer gesagt einem evangelikalen Programm. Dort sagte jemand auf die Frage, warum er das so macht: „Die Leute sollen merken, dass ich keine Angst vor Gott habe.“
Es ist immer wieder interessant zu beobachten, wie wir nach und nach die Schwelle herunterschrauben, wenn wir evangelistisch Menschen etwas von unserer Glaubensfreude vermitteln wollen. Manche sagen zum Beispiel: „Ich habe doch meinem Kollegen gesagt, dass es einen Gott gibt.“ Darauf antworten manche: „Na ja, das hat Adolf Hitler auch gewusst. Er hat oft vom Herrgott und vom Allmächtigen gesprochen.“
Das ist keine Mission. Früher nannte man Menschen, die nicht Christen waren, oft „gottgläubig“. Das bedeutete: „Ich glaube an Gott, will aber nichts von Christus wissen.“
Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir verstehen, was wir den Menschen überhaupt zeigen wollen. Dass es einen Gott gibt, wissen eigentlich alle, die irgendwo in einer Religion leben. Jesus aber betet, dass wir seine Herrlichkeit sehen. Menschen sollen die Herrlichkeit Jesu erkennen.
Die Herausforderung der Begrifflichkeit „Herrlichkeit“ und biblische Beispiele
Wir haben in der Vergangenheit immer wieder über dieses Wort gesprochen. Es ist sehr gefährlich, bei solchen Bibelworten, weil sie im Grunde nicht konkret sind. Es handelt sich oft um Füllworte, wie „Herrlichkeit“ oder „Jesus ist der Herr“ – das, was den Herrn umgibt. Was ist mit diesem Wort gemeint?
Deshalb schauen wir einmal in der Bibel nach, denn das ist immer eine große Hilfe. Das wichtigste Hilfsmittel zum Bibellesen ist die Konkordanz. Dann kann man ein Wort nachschlagen oder auch ein Bibellexikon verwenden. Ein Begriffslexikon ist ebenfalls hilfreich und man entdeckt dabei sehr viel, was auch zur Vorbereitung eines Hauskreises nützlich ist.
Mose stand am Sinai. Das Volk war ungehorsam und baute ein goldenes Kalb, während Mose auf dem Berg war. Mose hat die Herrlichkeit Gottes geschaut. Als er nach vierzig Tagen vom Berg herunterkam, konnte man sein Gesicht nicht ansehen, weil es einen solchen Lichtglanz hatte. Das ist die Herrlichkeit Gottes.
Ganz ähnlich wird es uns in der Weihnachtsgeschichte erzählt: Als Jesus in Bethlehem in der Krippe geboren wurde, im Stall, waren draußen auf dem Feld die Hirten. Jetzt können Sie das natürlich nicht wissen, aber es heißt, die Klarheit des Herrn leuchtete um sie. Es ist dasselbe Wort, griechisch „Doxa“, der Lichtglanz Gottes leuchtete um sie.
Es war unbeschreiblich. Die Hirten legten ihren Kopf auf den Boden, weil sie in dieses Licht nicht hineinschauen konnten. Es ist ein so vollkommenes Licht. Wenn wir jetzt vom Licht reden, heißt das wieder überhaupt nichts, denn was ist Licht? Wenn Sie in die Sonne schauen, können Sie nichts mehr sehen, es erscheinen plötzlich dunkle Flecken.
Das ist etwas, das über das Begreifen unserer Welt hinausgeht – der Einbruch der jenseitigen Gotteswelt. Ganz ähnlich haben wir es bei der Bekehrung des Saulus: Ein Licht umleuchtete ihn.
Wir finden es auch bei Jesaja, als er im Tempel eine Erscheinung Gottes hat. Er sieht nur den Saum seines Gewandes, der den Tempel füllt. Dabei schreit er auf im Bewusstsein seiner Sünde, weil er etwas aus der jenseitigen Welt sieht, das in einer ganz vollkommenen Größe und Schönheit uns begegnen soll.
Die Verklärung Jesu als Offenbarung seiner Herrlichkeit
Wenn wir jetzt weitergehen, wird deutlich, warum es so hilfreich ist, die Bibel durch die Bibel zu erklären.
Wir haben ja gesehen, dass Jesus einmal drei seiner Jünger mit auf einen Berg nahm. Dort durften sie die Verklärung erleben – genau das gleiche Wort, das auch für die Verwandlung Jesu verwendet wird. Sie konnten sehen, wie der irdische Körper Jesu von einer himmlischen Erscheinung überstrahlt wurde.
Für uns mag dieses Geschehen beim ersten Lesen ganz fremd erscheinen. Doch es ist sehr wichtig, dass wir überhaupt verstehen, worum es dabei geht. Wir sollten Jesus erkennen – in seiner ganzen himmlischen Herrlichkeit, als König aller Könige und Herr aller Herren, von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Heutzutage laufen Diskussionen oft darauf hinaus, ob Jesus von Nazareth nur ein weiser Mensch war oder Ähnliches. Doch das ist nicht die entscheidende Frage. Entscheidend ist, ob wir Jesu Herrlichkeit sehen – als den Sohn, den eingeborenen Sohn des Vaters, dem alle Macht gegeben ist. Er regiert über alles und hat die Welt geschaffen, so wie es am Anfang im Epheserbrief und im Kolosserbrief beschrieben wird.
Aber wie sollen wir die Herrlichkeit Gottes sehen können? Natürlich besteht die Sehnsucht, ihn mit unseren Augen zu sehen. Doch wenn wir die Berichte genau lesen, stellen wir fest, dass es nicht nur bei den drei Jüngern war, dass sie etwas sehen durften. Was haben Mose und andere wirklich gesehen? Kein Mensch hat Gott je gesehen. Die Herrlichkeit Gottes kann niemand mit den Augen erfassen, und das gilt auch für die Herrlichkeit Jesu.
Mit unseren irdischen, sündigen Augen können wir das noch gar nicht sehen. Paul Gerdt sagt dazu, dass wir bei der Herrlichkeit Gottes sofort vergehen würden, „wie Wachs im Feuer schmilzt“. Unsere unvollkommenen Sinne können das einfach nicht erfassen. So steht es auch in der Bibel in Bezug auf die Herrlichkeit.
Die Sichtbarkeit der Herrlichkeit Jesu durch das Wort Gottes
In der Bibel finden wir eine sehr hilfreiche Stelle, die erklärt, wie es dennoch möglich ist, die Herrlichkeit Gottes zu sehen. Diese Stelle befindet sich im zweiten Petrusbrief, Kapitel 1.
Petrus, der am Ende des Hebräerbriefs und der Johannesbriefe erwähnt wird, schreibt in 2. Petrus 1,16-21 über dieses Thema. Es ist wichtig, diesen Punkt gut zu verstehen. Denn immer wieder hören wir Geschichten von Menschen, die behaupten, Visionen gehabt zu haben. In der katholischen Kirche gibt es viele Berichte über solche visionären Erlebnisse. Man fragt sich dann oft, ob man selbst so etwas erleben kann. Wir begegnen Menschen, bei denen man nicht sicher ist, ob das, was sie erzählen, wahr ist oder ob sie sich das nur einbilden. Manche behaupten, Engelsgestalten gesehen zu haben.
All das ist jedoch kein Ersatz für das, was hier mit der Herrlichkeit Jesu gemeint ist. Petrus, der selbst bei der Verklärung Jesu dabei war, sagt: Wir haben nicht ausgeklügelten Fabeln gefolgt. Es waren keine Lügengeschichten, als wir euch die Kraft und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus kundgetan haben. Vielmehr haben wir seine Herrlichkeit selbst gesehen.
Man merkt jetzt schon, wie hilfreich es ist, diesen Begriff genauer zu betrachten. Petrus sagt, dass sie die Herrlichkeit selbst gesehen haben, denn Jesus empfing von Gott dem Vater Ehre und Preis durch eine Stimme, die von der großen Herrlichkeit kam: "Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe."
Interessant ist, und das gilt für alle Berichte, die von der Herrlichkeit sprechen – sei es bei Mose oder bei der Verklärung –, dass kein äußeres Merkmal genannt wird, das diese Herrlichkeit beschreibt. Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, dass wir beim ersten Mal die Spektralfarben sehen und denken: "Ah, wunderbar!" So wie wir im Physikunterricht die bunte Vielfalt der Spektralfarben kennenlernen. Doch es steht nicht geschrieben, dass die Herrlichkeit eine bestimmte Farbe oder ein äußeres Licht ist. Licht ist an sich unsichtbar.
Hier wird die Herrlichkeit inhaltlich bestimmt: Jesus empfing Ehre und Preis. Es geht um den Lobpreis, die Anbetung und die Würde Jesu. Das ist das, was seine Herrlichkeit ausmacht. Die Ehre, die Gott Jesus durch eine Stimme gab: "Dies ist mein lieber Sohn." Die Herrlichkeit besteht darin, dass Gott Jesus ehrt – der ewige Gott selbst.
Die Herrlichkeit Jesu als Weg der Erniedrigung und Erlösung
Und warum wird Jesus geehrt? Weil Jesus das Unmöglichste vollbracht hat, was noch nie ein Mensch geschafft hat. Er beugt sich unter die schwere Last der Welt und geht den Weg der Erniedrigung bis in die Tiefe. Er war der Knecht aller Knechte. Nicht nur hat er die Füße gewaschen, sondern er hat auch für den schlimmsten Verbrecher und Gauner sein Leben gegeben und damit Erlösung geschaffen. Das ist unerhört in der ganzen Welt.
Wir haben große Kaiser und Pharaonen, aber dass sich jemand so tief erniedrigt, das gab es kaum. Es gab zwar die Mutter Teresa, die Armen die Füße wusch, und Albert Schweizer, der in den Urwald ging. Aber dass jemand für die Sünder stirbt – für die, die Gott mit Füßen getreten haben – das gibt es so gut wie nicht. Und genau das hat der Sohn getan. Er erniedrigte sich und nahm die Gestalt eines Knechtes an.
In der ganzen Bibel, und ganz besonders im Johannesevangelium, wird die Herrlichkeit Jesu dargestellt als der Weg in die Tiefe. Wenn Sie das immer wieder begreifen, verstehen Sie auch, warum in der Bibel gesagt wird, dass die Kreuzigung Jesu, die Dornenkrone und das geschlachtete Lamm in der Offenbarung sein Triumphzeichen sind. Denn das ist seine größte Ehre: dass er für die Verlorenen gestorben ist.
Für die Guten stirbt niemand. Für sie tut man manches, für Ideale setzt man sich ein. Aber für die Verlorenen hat Jesus dem Vater den Gehorsam erfüllt – und das hat er getan. Das ist seine Herrlichkeit. Dafür hat ihn der Vater geehrt. „Mein lieber Sohn“ heißt es ja auch schon damals bei der Taufe. Er ist der Gehorsame, der nur den Willen des Vaters tut.
„Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber“, betete Jesus. Aber selbst wenn es sein musste, ging er diesen Weg bis zum Kreuz. „Vater, vergib ihnen“, sagte er an einer Stelle. Jesus hat nicht sich selbst gesucht, sondern immer uns.
Die Bedeutung des Wortes Gottes für die Erkenntnis der Herrlichkeit
Jetzt bricht Petrus aber nicht ab, sondern sagt hier in den Versen 19 bis 21: Wir haben dieses Licht von der Herrlichkeit Jesu im Wort, im Wort, damit sie nicht auf Visionen starren. Sondern wenn sie das Wort hören, das Gotteswort, das prophetische Wort, dann geschieht Folgendes: Der Heilige Geist lässt in ihrem Herzen ein Licht aufleuchten, an einem dunklen Ort, ein Morgenstern in ihren Herzen. Die weissagende Schrift wird erfüllt, und dann geschieht das nicht mit den äußeren Augen, sondern durch eine innere Erkenntnis. Dadurch kann man glauben und die Herrlichkeit Jesu im Wort Gottes begreifen.
Das ist bis wir einmal in der Ewigkeit sind der einzige Weg, wie ich die Herrlichkeit Jesu sehen kann: durch den Heiligen Geist, der uns durch das Wort erleuchtet und uns den Blick für die Herrlichkeit Jesu gibt. Haben Sie das alle in Ihrem Glaubensleben gefunden, dass Ihnen Jesus ganz groß und wunderbar wird in seiner Liebe und seiner Vergebung? Nichts anderes steht im Mittelpunkt des Glaubens, als dass ich Jesus schauen kann.
Wenn Sie einmal in Ihrer Sterbestunde bewusst werden, dass Ihr Leben sich neigt, dann können Sie an vielem noch herummachen. Sie können darüber nachdenken, was Sie im Leben Schönes gehabt haben, oder was Sie im Leben versäumt haben. Aber den Trost, der das Sterben überwindet, haben Sie erst, wenn Ihnen Jesu Herrlichkeit groß wird – der Todesüberwinder, der Ihre Schuld bezahlt hat, damit Sie nicht ins Gericht kommen.
Der Glaube hängt an diesem Wissen um die Herrlichkeit Jesu, und das hat Jesus gewählt: Herr, lass sie deine Herrlichkeit schauen.
Noch einmal: Ich kenne keine Visionen, die für den Glauben wichtig wären. Aber ich weiß, dass das Wort in uns einen Blick schaffen muss. Wer auf ihn sieht, wird erquickt, der seine Herrlichkeit schaut. Durch das Wort hindurch kennen sie ihn als hohen Priester, Heiland und Erbarmer, als Gottessohn, und sie lieben ihn und vertrauen ihm. Das hat Jesus gewollt: Herr, lass sie dein Licht schauen.
Ist der Gedanke jetzt soweit klar? Sonst unterbrechen wir hier, oder wollen wir die Frage noch einmal zurücknehmen? Oder habe ich heute Sorge gehabt, weil es so theoretisch ist, ob man es ausdrücken kann?
Die Offenbarung der Herrlichkeit Jesu im Johannesevangelium
Jetzt wenden wir uns noch einmal anderen Stellen der Bibel zu. Das Johannesevangelium beginnt in Kapitel 1, Vers 14 mit den Worten: „Wir sahen seine Herrlichkeit.“
Was hat Johannes von der Herrlichkeit Jesu gesehen? Heute neigen wir oft dazu, Herrlichkeit mit spektakulären Dingen gleichzusetzen. Gleich an der nächsten Stelle, wo im Johannesevangelium das Wort „Herrlichkeit“ auftaucht, steht es bei der Hochzeit zu Kana: „Er offenbarte seine Herrlichkeit.“ Natürlich ist das auch eine Form der Herrlichkeit Jesu – dass er sich offenbart, wenn bei der Hochzeit das Getränk ausgeht.
Die Herrlichkeit Jesu erleben wir auch darin, dass er uns im Gebet in Krankheitsnöten erhört, dass man den Schlüsselbund wiederfindet oder dass viele andere Dinge geschehen, die dazugehören. Aber die Offenbarung seiner Herrlichkeit geht weiter bis zu Johannes 17, wo es heißt: „Dass sie meine Herrlichkeit sehen.“
Wir lesen die Bibel oft durch die Kapiteleinteilung, die ursprünglich gar nicht da war. Vier Verse weiter sind wir schon mitten im Passionsgeschehen. Dort sind Judas, Kaiphas, Pilatus und all die Herrschaften dieser Welt versammelt.
Jesus war es wichtig, dass wir nicht den bemitleidenswerten Jesus sehen, sondern den triumphalen, der gerade auf seinem Kreuzesweg heil bleibt. Karfreitag ist kein Totengedenktag, sondern ein Jubeltag. Er ist der gehorsame Sohn des Vaters und hat den Willen des Vaters erfüllt. Lob, Preis und Dank sei ihm! Gerade im Johannesevangelium gibt es nichts von Volkstrauertag oder Ähnlichem, sondern die Aufforderung: „Lasst sie doch die Herrlichkeit sehen.“
Was bedeutet das? Wie Jesus in Gethsemane noch für seine Jünger betet und am Kreuz für seine Verfolger – wie wunderbar ist Jesus! Er beklagt sich nicht über sich selbst, wie wir es oft tun, sondern sucht nur die Erlösung der Welt. Er ringt noch mit Pilatus und redet mit ihm über die Wahrheit. Er will den Letzten gewinnen. Wie wunderbar ist dieser Jesus!
Als er dann aus dem Tod hervorbricht, wird endgültig offenbar, was seine Herrlichkeit ist. Johannes sagt: „Wir haben seine Herrlichkeit gesehen.“ Rückblickend will er das noch einmal schildern. Natürlich war die Hochzeit zu Kana herrlich, aber am herrlichsten ist das Kreuz. Jesus stirbt für die Sünden der Welt und bringt die zerstreuten Schafe zusammen.
Es war Jesus wichtig, dass sie seine Herrlichkeit erkennen. Das ist auch so schön bei Zinzendorf, der das Passionsgeschehen immer sehr in den Triumph Jesu hineingerückt hat. In der lutherischen Tradition ist Karfreitag nicht ein Trauertag, wie es in der Ostkirche der Ostertag als Mittelpunkt ist. Bei uns ist Karfreitag eben gerade kein Trauertag, sondern der Freudentag des Welterlösers.
Es ist nicht mehr nötig, irgendwo anders zu suchen. „Es ist vollbracht“ – das ist ein Jubelruf. Jetzt ist alles fertig, und wer will, kann es nehmen und bekommen. „Wir sahen seine Herrlichkeit“, sagen die Jünger. Jesus will, dass auch wir seine Herrlichkeit erkennen.
Wer Jesu Herrlichkeit durch sein Wort erkennt – anders geht es nicht, das haben wir in 2. Petrus 1 erlebt – der hat das Leben, der hat die Freude und fürchtet den Tod nicht mehr.
Die Vermittlung der Herrlichkeit Jesu durch die Verkündigung
Wie geschieht es, dass man die Herrlichkeit Jesu sehen kann?
Das ist oft unser Problem: Heute sind wir alle sehr missionarisch eingestellt, was ja schön ist und auch sein soll. Man muss aber immer darauf achten, wie das genau funktioniert. Schauen wir uns einmal die Apostelgeschichte an und wie Paulus missioniert hat.
Paulus ging hinaus nach Philippi an das Wasser, wo sich jüdische Frauen zum Gebet trafen. Männer waren keine dabei. Paulus war mit den Frauen zusammen und legte ihnen das Wort aus. Dabei braucht es zur Wortauslegung nicht einmal eine menschliche Vorbereitung.
Natürlich sagen wir auch, wie ich am Sonntag erwähnte, dass eine Predigt nicht langweilig oder abstossend sein soll. Aber letztlich ist für das, was wir suchen, oft gar nicht wichtig, dass wir große Redner oder große Rhetorik haben. Was wir brauchen, ist, dass der Heilige Geist das Herz öffnet – so wie es bei Lydia passiert ist.
Das ist das Entscheidende, und darauf kommt es an. Darum wollen wir beten, dass unser Zeugnis so gestaltet ist, dass der Heilige Geist darin wirken kann. Der Herr öffnet das Herz, sodass die Menschen merken, worum es geht. Und das geht immer einher mit einer Erkenntnis von Christus.
Ich habe oft in meinem Leben versucht, mit Menschen zu sprechen, und dachte, ich müsste zuerst alle Einwände gegen das Bibelwort aus dem Weg räumen. Dann diskutiert man stundenlang über den Erschöpfungsbericht und die Tage der Erschöpfung. Oder man streitet darüber, ob der Fisch, in dem Jonas war, biologisch möglich war oder ob es ein Walfisch war oder nicht.
Das alles hat keinen Wert. Man merkt immer wieder, dass man sich im Kreis dreht. Wir müssen mit Menschen über das reden, was Jesus Christus ist. Das Wort Jesu gipfelt in der Erkenntnis, dass es keine andere Möglichkeit gibt, meine Schuld zu bezahlen, als durch sein Opfer.
Um diese Mitte der Schrift geht es – auch wenn wir zusammenkommen zu Bibelstunden oder zum Gottesdienst. Dort kommen Menschen zum Glauben. Es ist immer wieder verlockend, wenn Leute sagen, sie seien gut und so weiter. Aber das hält nicht lange.
Das hat noch nie jemanden zum Glauben geführt. Das Einzige, was zum Glauben führt, ist, wenn jemand Jesus erkennt. Dann wird er unabhängig von Menschen.
Herr, lass sie meine Herrlichkeit sehen! Was ist Herrlichkeit? Das ist die Schönheit und Ehre, die Jesus vom Vater als gehorsamer Sohn erhält. Darüber braucht man nicht mehr zu streiten, dass Jesus der Sohn Gottes ist. Man weiß dann, dass er der Welterlöser ist und den Tod überwunden hat.
Jeder andere Glanz, den Menschen Jesus zuschreiben, ist in diesem Zusammenhang völlig uninteressant. Dass Jesus ein guter Weisheitslehrer war und die Bergpredigt manche gute Weisheiten für unser Zusammenleben enthält, ist dann nicht mehr entscheidend. Entscheidend ist, dass er der Herr der Herrlichkeit ist.
Die Vergänglichkeit menschlicher Herrlichkeit im Vergleich zur göttlichen
Gehen wir biblisch zurück, möchte ich auf verschiedene Stellen eingehen. Besonders eindrücklich ist es bei Jesaja, wenn er sagt: „Alles Fleisch ist wie Gras.“ Was ist die Herrlichkeit des Menschen?
Wir haben noch erlebt, was Mao Zedong war. Als ich in Peking war, sagte ich mir, dass ich mir das nicht entgehen lassen möchte – auch wenn die Zeit dafür schon vergangen war. Ich wollte unbedingt noch einen Mann sehen, wie er da liegt und nicht mehr atmet. Der mächtige Mao Zedong mit seiner Kulturrevolution liegt da. Er ist zwar noch ausgestopft, wie die Tiere, die man im Biologieunterricht bewundern darf, aber die Menschenherrlichkeit ist vorbei.
In Moskau hat man erlebt, wie plötzlich die Leute, die vorher im Glashaus saßen, die Kremlmauer beerdigten. Was ist die Menschenherrlichkeit? Wenn man die ägyptischen Pharaonen sieht, die ganzen Herrschaften, dann erkennt man: Es gibt keine menschliche Herrlichkeit. Augustus und wie sie alle heißen – der Mensch ist wie Gras und alle seine Schönheit wie des Grases Blumen.
Sie blüht kurz auf, und die Menschen leben sehr schön, aber es vergeht. Das Einzige, was herrlich ist, ist das, was Jesus ist. Er sagt, wir sollen sogar teilhaben an seiner Herrlichkeit. Jesus will unser Leben herrlich machen.
Vielleicht sollten wir diese Stellen einfach einmal aufschlagen.
Die Berufung zu einem Leben in der Herrlichkeit Jesu
1. Thessalonicher 2,12: Paulus ermahnt die Gemeindeglieder in Thessaloniki wie ein Vater, ihr Leben würdig zu führen. Er erinnert sie daran, dass Gott sie berufen hat zu seinem Reich und zu seiner Herrlichkeit.
Warum wollen wir in einer Gemeinde nicht moralisieren und lange darüber reden, wie ein christliches Leben aussehen soll? Das hat den Grund, dass wir weiter denken. Unser Leben soll die Herrlichkeit Jesu widerspiegeln. Wir sind berufen zu seinem Reich und zu seiner Herrlichkeit. Deshalb sollte unser irdisches Leben hier schon die Züge der Ehre Gottes tragen.
Wenn Gott uns ehrt, indem er unsere Schuld wegnimmt, möchte er uns heute schon in seinen Lichtglanz hineinführen. Das sind wir jedoch alles noch nicht. Aber das ist das Schöne an der Mose-Geschichte: Als Mose vierzig Tage mit Gott auf dem Berg war, wird gesagt, dass ein Schein auf seinem Gesicht lag. Ich glaube nicht, dass man das kosmetisch erklären kann. Vielleicht haben sie damals schon entdeckt, dass es Menschen gibt, die durch die Begegnung mit Christus gewandelte Personen werden und bei denen immer mehr Liebe durchscheint.
Es ist eben so, dass wir ein Echoprinzip haben. Wenn wir mit lauter schwierigen und streitenden Menschen zusammenleben, werden wir am Ende auch ganz unruhig. Wenn unser Leben sich aber auf die Herrlichkeit Jesu ausrichtet, dann strahlt etwas zurück. Ich glaube nicht, dass man das selbst immer sieht. Es ist wie bei Mose: Die anderen merken es, sie sind erschrocken.
Darauf sollten wir wachsen – dass wir etwas von der Herrlichkeit Jesu widerspiegeln. Das schließt alle anderen moralischen Ordnungen mit ein: nicht streiten, nicht zornig sein und vieles mehr. Davon sind wir alle noch weit entfernt. Aber wir sind berufen zu seiner Herrlichkeit.
Die Verwandlung des Leibes und die zukünftige Herrlichkeit
Oder 1. Korinther 15,40. Es gibt viele weitere Stellen, aber 1. Korinther 15,40 ist besonders wichtig. Dort sagt Paulus von unserem irdischen Leib:
„Es wird gesät verweslich und wird auferstehen unverweslich, es wird gesät in Niedrigkeit und wird auferstehen in Herrlichkeit, es wird gesät in Armseligkeit und wird auferstehen in Kraft, es wird gesät ein natürlicher Leib und wird auferstehen ein Geisteleib.“
Nur der Herrlichkeitsleib ist wirklich herrlich. Wir werden eines Tages den Herrlichkeitsleib Christi haben, der ganz anders ist. Dann sind all das Weg – keine Tränen mehr, kein Leid und keine Schmerzen.
Deshalb ist es für unsere Frau Schleicher so herrlich, dass sie jetzt schon diesen Herrlichkeitsleib tragen darf. Wenn wir diese Grenze überschreiten, werden wir in Herrlichkeit sein, in der Herrlichkeit Jesu.
Wir werden ihm gleichgestaltet werden und in sein Bild verwandelt. Im ersten Johannesbrief, Kapitel 3, heißt es dazu:
„Es ist noch nicht erschienen, was wir sein werden. Wir wissen aber, wenn es erscheinen wird, dass wir Jesus gleich sein werden, und wir werden ihn sehen, wie er ist.“
Herr, lass ich deine Herrlichkeit schon jetzt durch das Wort und durch das Reden des Heiligen Geistes ein festes Wissen von der Herrlichkeit Jesu empfangen. Gib mir das Wissen, dass du mir deine Herrlichkeit geben wirst, damit ich dir gleich sein darf.
Die Überlegenheit des Geistes gegenüber dem Buchstaben und das Wirken des Heiligen Geistes
Und aus der Fülle der Stellen schließen wir vielleicht am besten mit dem zweiten Korintherbrief 3,7 ab.
Es ist jetzt schon schwierig, wenn man so viele Bibelstellen bringt, aber es klingt ja bei Ihnen etwas an, und Sie können immer wieder weiter an diesen Stellen nachdenken. Da sagt Paulus: Es ist ja nicht so, dass wir Buchstabengläubige sind, obwohl wir doch in der Bibel so gern lesen und mit der Bibel arbeiten.
Aber das meint er im Blick auf die Synagoge und das Schriftverständnis der Synagogen, wo man die Worte zählt, den Querschnitt macht und rückwärts und vorwärts liest. Er sagt, wir leben nicht vom Amt der Buchstaben. Das war die Synagoge und das Gesetz. Dort hat Mose schon dieses Leuchten gehabt.
Wenn schon das Amt, das den Tod bringt und uns nicht erlösen kann, das mit Buchstaben in Stein gehauen war – wie die Gebotstafeln –, Herrlichkeit hatte, so dass die Israeliten das Angesicht des Mose nicht ansehen konnten wegen der Herrlichkeit auf seinem Angesicht, die doch aufhörte, wie sollte dann nicht vielmehr das Amt, das den Geist gibt, Herrlichkeit haben?
Das ist ganz wichtig. Wir haben so viel über den Heiligen Geist gesprochen, und das wäre natürlich jetzt auch noch ein ganz wichtiger Schritt. Der Heilige Geist wirkt durch das Wort, durch das Gotteswort. Ich habe Ihnen gesagt: Jesus hat dein Wort gegeben, das Vaters Wort, also das Offenbarungswort. Und in diesem Wort wirkt der Geist Gottes.
Das unterscheidet uns immer wieder von Charismatikern, die sagen – oder von Pfingstlern, die sagen –, der Heilige Geist sei nur auf bestimmte Evangelisten verteilt. Nein, der Heilige Geist wirkt durch das geoffenbarte Gotteswort. Wir dürfen darum bitten: Herr, gib du deinen Geist, dass dieses Wort an mir wirken kann.
Wir haben das in Johannes 14 und Johannes 16 ja gründlich geklärt, warum es an das Wort gebunden ist. Denn wenn das Amt, das zur Verdammnis führt, also die Gesetzesbotschaft, Herrlichkeit hat, wie viel mehr hat das Amt, das zur Gerechtigkeit führt, das Menschen gerecht macht, überschwängliche Herrlichkeit!
Ja, jene Herrlichkeit ist nicht zu vergleichen mit dieser überschwänglichen Herrlichkeit. Denn wenn das, was Herrlichkeit hatte, aufhört, wie viel mehr wird das Herrlichkeit haben, was bleibt?
Weil wir nun solche große Hoffnung haben, sind wir voll großer Zuversicht und tun nicht wie Mose, der eine Decke vor sein Angesicht hängte, damit die Israeliten nicht sehen konnten, dass die Herrlichkeit endet. Aber ihre Sinne wurden verstockt. Denn bis auf den heutigen Tag bleibt diese Decke unaufgedeckt über dem Alten Testament, wenn sie es lesen, weil sie nur in Christus abgetan wird.
Und da, wo der Geist Gottes uns jetzt durch sein Wort den Blick gibt, sieht man es. Es ist ganz schade, dass Israel es nicht sehen kann, dass sie es nicht über die Stellen im Alten Bund sehen, wie herrlich Jesus ist, die Erfüllung von Jesaja 53, der Gottesknecht, der mit seinen Wunden stirbt für die Sünden der Welt.
Nun aber schauen wir alle mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wie in einem Spiegel und werden verklärt in sein Bild. Von einer Herrlichkeit zur anderen, von dem Herrn, der der Geist ist.
Da war ich so froh an der Hochwahlkonferenz, wo das einer sagte: Das war so eine böse Gemeinde, die Korinthergemeinde. Da war Sünde drin, schrecklichste Verirrungen sexueller Sünde. Da haben sie prozessiert vor Gerichten, und Paulus spricht davon. Und die Herrlichkeit Jesu ist trotzdem am Werk und verklärt Menschen und verwandelt sie in das Bild Jesu hinein – das Größte, was geschieht.
Das Geheimnis einer Gemeinde ist auch noch mal schön. Ich will jetzt gar nicht mehr zurückkommen auf das hohe priesterliche Gebet, das Einheit schafft, dass Christus in uns wirkt, dass sein Wort uns bearbeitet und verändert.
Beispiel aus der Geschichte: Die Wirkung der Herrlichkeit Jesu im Leben
Jetzt habe ich gedacht: Wenn man so viel Theoretisches gemacht hat, lasse ich es einfach an einem Beispiel erzählen.
1874, in Sankt Petersburg, in den reichen Salons der Aristokratie – es war ja eine wahnsinnig luxuriöse Gesellschaft. Die großen Abendgesellschaften drehten sich immer um einen kleinen, unscheinbaren Mann, jenen Lord Redstock von England.
Wie das alles begann: Eine russische Generalsfrau von Tschertkow war in Paris untröstlich über den Tod von zwei Kindern. Dort hörte sie bei einer Versammlung, zu der sie jemand mitgenommen hatte, Lord Redstock sprechen.
Man muss den Lord Redstock anschauen: Der Mann strahlte nie etwas Menschliches aus. Das meinen wir oft, wenn wir sagen, es war beeindruckend oder so. Billy Graham sieht wenigstens gut aus. Aber das ist für Gott gar nicht nötig. Gott hat oft mit ganz unansehnlichen Leuten gearbeitet. So war es bei Paulus: schwach, furchtsam und unansehnlich. Und so war es bei Lord Redstock, der ganz schlicht die Bibel auslegte, wie es in der Tradition der englischen Brüder üblich ist – also das, was man zum Beispiel aus Wiedenest kennt.
Er wurde dann von der Generalfrau Tschertkow nach Russland eingeladen. Das war für ihn sehr schwer, weil zu dieser Zeit seine Mutter starb. Er kehrte aber nicht nach England zurück, sondern ließ die Toten ihre Toten begraben.
„Mir ist eine Tür aufgetan in Russland.“ Er selbst hatte nur 20 Jahre zuvor im Krimkrieg eine sehr schwere, lebensgefährliche Erkrankung gehabt und dabei die Bindung zu Jesus festgemacht. Er lebte mit dem Wort, er lebte mit Christus.
Jetzt geschieht, was Christus mit ihnen genauso machen will – mit jedem von ihnen. Er will durch sie wirken. Das ist etwas Unsichtbares. Sonst kommt immer so ein komisches Grinsen heraus, und man meint, man müsse jetzt irgendetwas tun. Aber es ist ein inneres Wirken Jesu Christi durch seinen Geist.
In diesen Salons war es so, dass immer berichtet wird: Redstock war kein mitreißender Redner. Er war ein ganz schlichter Redner. Er stand auf, stellte sich eine Säule hin, schlug ganz schlicht ein kleines Testament auf und begann, von Jesus zu reden.
Er war ja auch nicht studiert, eigentlich gar nichts Besonderes. Trotzdem hörten die Leute zu. Er sprach von Buße, von Bekehrung und von der persönlichen Glaubensbeziehung zu Jesus.
Interessant ist, dass einer der später am meisten Einfluss hatte, der Oberst eines Garde-Kavallerie-Regiments, Wassily Paschkow, war. Steinreich, mit riesigen Ländereien, einem Kupferbergwerk im Ural, Flügeladjutant des russischen Zaren und so weiter.
Er wäre nie zu so einem Abend gegangen. Seine Frau hat ihn natürlich dazu gebracht – Frauen haben manchmal dieses Geschick –, sodass die Männer erst am Abend verstanden, was dort gespielt wurde. Sie hatte nämlich Redstock zu sich eingeladen.
Redstock wusste nur, dass eine große Party stattfand, und er musste dann der höfliche Gastgeber sein und gastfreundlich.
Dann kam Redstock zurück und sagte: „Redstock hatte gar keine Angst. Jetzt knien wir nieder zum Gebet.“ Und der Oberst Paschkow war der Erste, der betete. Wummsch!
So hat er durch diese Erfahrung Christus gefunden. Manchmal kann es vielleicht sogar helfen, wenn man jemanden nötigt – vielleicht hätten sie auch gedacht, dass man sie öfter nötigen sollte. Aber ich habe auch immer eine Scheu davor.
Dieser Oberst Paschkow wurde ein so leidenschaftlicher Zeuge Jesu. Sie waren nicht konfessionell gebunden an Kirchen, und das Feuer wurde dort ganz schnell gelöscht. Sie mussten alle Russland verlassen, verloren alles – wie der Graf Korff, der Verkehrsminister Bobrinsky und eine ganze große Riege.
Keiner von ihnen hat je seinen Gütern getrauert. Für sie war die Herrlichkeit Jesu der Wert, den sie gefunden hatten – wie der Schatz im Acker.
Paschkow hatte kaum zum Glauben gefunden, da hatte er nur eine Leidenschaft: allen weiterzusagen, was geschehen war.
Dann wurden sogar die Troschkenkutscher in seine Salons mit hineingenommen. Die Leute sagten, da rieche es nach Stallmist.
In einer Zeitung von Petersburg stand: „Da steht ein alter Engländer, spricht mit viel Feuer auf Englisch, und ein älteres Fräulein übersetzt Satz für Satz ins Russische. Vor ihnen sitzen nebeneinander eine Fürstin, dann ein Kutscher, weiter eine Gräfin und neben ihr ein Hausmeister, ein Student, ein Stubenmädchen, ein Baron, ein Fabrikarbeiter. Alle hören sehr aufmerksam zu und knien zum Gebet nieder, jeder zu seinem Stuhl gewandt.“
Die Fürstin Lieven sagte nach der kommunistischen Revolution: Was soziale und politische Revolutionen nicht erreichen können, geschieht ganz natürlich und ohne Anstrengung, wenn der Geist Gottes mit seiner Frucht, der Liebe, Menschenherzen ergreift.
Die Liebe als Zentrum der Herrlichkeit Jesu und die Verwandlung des Lebens
Jesus nennt diese Herrlichkeit stets mit einem Wort, auf das alles zuläuft: die Liebe.
Dieses Wort ist bei uns zwar oft abgenutzt, doch es meint die große Liebe – die Liebe des Vaters zum Sohn. Jesus nimmt in seine Liebe die Seinen auf. Er betet für sie, damit die Liebe des Vaters in unserem Leben wirksam wird.
Wenn man in unserem kurzen Leben fragt: Was ist es, das mein Leben reich macht? Dann ist es nur die Erkenntnis der Herrlichkeit Jesu. Diese Herrlichkeit will sich in uns widerspiegeln. Wir sind berufen, Jesus gleichgestaltet zu sein. Das kann man kaum verstehen.
Plötzlich wird jeder Versuch der Heiligung, den man mit eigener Kraft unternimmt, so lächerlich. Mit diesem Gedanken wollten wir abschließen, denn genau damit endet das hohe priesterliche Gebet.
Ich wollte diese wenigen Verse nicht nur auslegen. Der Hauptgedanke ist, dass wir die Herrlichkeit Jesu schauen, weil sie unser Leben ergreift und verändert.
