
Herzlich willkommen zum Podcast der EFH Stuttgart mit Thomas Powileit und Jörg Lackmann. Unser Podcast möchte zum praktischen Christsein ermutigen und gleichzeitig zum theologischen Nachdenken anregen.
Was kann ich schon bewirken?, fragt sich mancher. Nicht jeder besitzt die Gaben, die er gerne hätte.
Der Apostel Johannes spricht in seinem Brief über zwei Personen in einer Gemeinde: Der eine ist ein echter Helfer, der andere ein echtes Hindernis. Wenn man neu in die Gemeinde kommt, verwechselt man die beiden vielleicht zuerst. Der eine hatte eine hohe Stellung, der aber dieser nicht gerecht wurde. Der unscheinbare hingegen wurde zur wirklichen Hilfe.
Der Schein trügt, und auch in einer unscheinbaren Stellung kann man mehr bewirken, als man zunächst denkt.
Jörg, wie ist das? Du hast dir für diesen Podcast das Thema gesetzt: Bin ich Helfer oder Hindernis in der Gemeinde? An wen hast du dabei gedacht?
Johannes im dritten Johannesbrief spricht von zwei Personen, eigentlich von drei, aber der dritte wird nur kurz erwähnt und bleibt hier außen vor. Es geht um Gaius und um Diotrephes. Vorhin haben wir schon über die Aussprache gesprochen. Es gibt verschiedene Varianten, aber nach den Locomer-Richtlinien spreche ich es als Diotrephes aus.
Als ich den Text las, dachte ich: Oh je, wer bin ich jetzt? Da habe ich mich schon wiedererkannt. Ich fand es sehr interessant. Johannes schreibt an eine Gemeinde, oder besser gesagt an Gaius, den er zunächst sehr lobt. Dann wendet er sich Diotrephes zu, und das ist ziemlich negativ. Den einen würde ich wirklich als echten Helfer, den anderen als echtes Hindernis in der Gemeinde bezeichnen.
Ich lese vielleicht mal die ersten Verse über den Gaius vor, also über den Helfer sozusagen. Ja, über den Helfer, das Positive.
Das Spannende ist wirklich, dass Diotrephes offenbar der Gemeindeleiter ist oder zumindest jemand, der ziemlich weit oben in der Hierarchie steht. Er will immer der Erste sein, während Gaius eher nicht danach strebt. Das wurde in der Anmoderation schon angedeutet: Wenn man in die Gemeinde kommt, denkt man zunächst, Diotrephes sei wichtig und geistlich. Nach einer Weile bemerkt man dann aber Gaius, der vorher kaum aufgefallen ist, und erkennt, dass er eigentlich derjenige ist, der von Gott gelobt wird.
Ich lese vielleicht die ersten vier Verse mal vor, aus dem dritten Johannesbrief: „Der älteste Johannes an den geliebten Gaius, den ich in Wahrheit liebe. Mein Lieber, ich wünsche dir in allen Dingen Wohlergehen und Gesundheit, so wie es deiner Seele wohlgeht. Denn ich freue mich sehr, als Brüder kamen und von deinem Wahrhaftigkeitszeugnis berichteten, wie du in der Wahrheit wandelst. Ich habe keine größere Freude, als zu hören, dass meine Kinder in der Wahrheit wandeln.“
Das ist schon mal ein super Start, ziemlich vertraut zwischen den beiden. Gaius könnte, so vermute ich jetzt, gesundheitliche Probleme haben, weil ihm Gesundheit gewünscht wird. Das ist unüblich, normalerweise wünscht man Friede, Gnade oder Barmherzigkeit. Aber das ist nur eine Vermutung.
Johannes wünscht ihm also Wohlergehen und Gesundheit, so wie es seiner Seele wohlgeht. Das zeigt, dass Gaius ein seelisch stabiler Mensch ist, der in Gott gegründet ist. Johannes nennt ihn sein Kind. Wahrscheinlich war er sein Mentor, wie wir das heute neudeutsch ausdrücken würden, oder zumindest an seiner Bekehrung beteiligt. Er lobt ihn sehr.
Auch die Brüder, die zu Johannes zurückkamen, haben Gaius sehr gelobt, weil er in der Wahrheit wandelt. Es war also nicht nur eine leere Rede, sondern wirklich gelebter Glaube. Das war das Entscheidende, was Johannes wichtig war.
Er hat keine größere Freude, als zu hören, dass seine Kinder in der Wahrheit wandeln. Reden kann man viel, aber hier ist jemand, der vielleicht nicht viel geredet hat, aber gehandelt hat. Das bedeutet, Gaius war wirklich ein Vorbild in der Gemeinde. Vielleicht braucht man ein bisschen länger, bis man das in der Gemeinde erkennt.
Worin bestand denn sein vorbildlicher Dienst? Äußert sich Paulus dazu auch? Meistens ist es Paulus, der spricht, aber diesmal ist es Johannes. Ab Vers fünf können wir etwas mehr lesen:
„Mein Lieber, du handelst treu in dem, was du an den Brüdern tust, auch an den Unbekannten.“
Ich sage es vielleicht vorher, bevor ich es vorlese: Er hat Leute aufgenommen, Reisebrüder. Damals gab es nicht so viele Hotels wie heutzutage, er hat Gastfreundschaft geübt.
Ich lese es noch einmal, damit man es gleich versteht:
„Mein Lieber, du handelst treu in dem, was du an den Brüdern tust, auch an den Unbekannten, die von deiner Liebe Zeugnis abgelegt haben vor der Gemeinde. Du wirst wohltun, wenn du ihnen ein Geleit gibst, wie es gotteswürdig ist, denn um seines Namens willen sind sie ausgezogen, ohne von den Heiden etwas anzunehmen. So sind wir nun verpflichtet, solche aufzunehmen, damit wir Mitarbeiter der Wahrheit werden.“
Er war wohl kein Ältester, sonst hätte er ihn wahrscheinlich so angesprochen – das ist aber nur eine Vermutung. Wahrscheinlich war er kein Redner, vielleicht konnte er das gar nicht. Also kein mitreißender Leiter. Was er auf jeden Fall war und was er hatte, war ein großes Herz und eine helfende Hand.
Er hat alle möglichen Leute, die kamen, zu sich aufgenommen und geleitet. Das war damals wichtig, denn die Gemeinden waren noch relativ jung. Gut, der Johannesbrief ist etwas später entstanden, aber trotzdem waren die Gemeinden erst ein paar Jahrzehnte alt. Sie wurden immer wieder von Brüdern aufgebaut, die umherzogen. Paulus war ja auch bei seinen Missionsreisen oft unterwegs und besuchte die Gemeinden mehrmals.
Manche kanntest du schon gut, sie waren schon zwei- oder dreimal bei dir gewesen. Es gab aber auch welche, die nicht bekannt waren. Das war hier in der Gemeinde das Problem, das sehen wir dann mit Diotrephes. Diese wurden von ihm abgewiesen, aber Gaius hat alle aufgenommen – also alle wirklichen Brüder.
Das waren sozusagen Bibeltage, die in verschiedenen Gemeinden gehalten wurden. Genau, so etwas gab es ja noch vor dreißig, vierzig Jahren durchaus. Jetzt nimmt es etwas ab, von der Art her. So etwas wie das oder wenn du eine Konferenz hast, gibt es manche große Konferenzen – gerade im russlanddeutschen Raum. Da brauchst du eigentlich keine Hotelsuche. Du meldest dich an, und irgendeine Familie nimmt dich dann auf, auch wenn tausend Leute zu der Konferenz kommen. Das organisieren sie. So war das damals durchgehend, weil es eben keine Hotelketten gab wie heute, wo man einfach absteigen konnte.
Das war seine Aufgabe, und die hat er wirklich vorbildlich gemacht. Er hat die Wahrheit erkannt und auch gelebt. Nicht nur Predigt hören und dann wieder vergessen, sondern er hat sich wirklich überlegt: Wie kann ich jemanden unterstützen?
„Ich habe jetzt nicht die Gabe des Redens, wie kann ich es unterstützen, dass das Wort weiterkommt?“ Dann sagt er: „Na ja, ich habe ein Haus, ich kann den Leuten zu essen geben, ich bin handwerklich vielleicht begabt. Ich nutze das, um das zu unterstützen.“
Das sieht man vielleicht am Anfang nicht so, weil er nicht vorne in der Versammlung steht. Ich spekuliere ein bisschen. Aus dem, was nicht erwähnt wird, schließe ich, dass das auch nicht seine Stärke war. Das kann man angreifen, vielleicht war er trotzdem ein Redner. Aber wenn ich das mit Diotrephes vergleiche, scheint das nicht so zu sein. Dort ist schon ein starker Gegensatz, und Diotrephes scheint der Leiter zu sein.
Ich finde, es ist eine gut begründete Vermutung, aber mehr ist es nicht. Auf jeden Fall hatte er das wirklich: Mit Hand und Herz hat er da gearbeitet. Ich muss immer an die Verse denken: Wenn du einem Propheten etwas hilfst, dann wirst du den Lohn des Propheten erlangen – und beim Gerechten den Lohn des Gerechten.
Auf den ersten Blick sagt man vielleicht: „Ja, was kann ich groß erreichen?“ Aber du unterstützt diesen Lehrer, der da vorbeizieht, und dann bekommst du auch seinen Lohn.
Mit dem, was er hatte. Oder diese Woche habe ich es im Andachtsbuch gelesen, das fand ich total spannend: Apostelgeschichte 9, die Dorcas oder Tabitha, je nach Übersetzung. Sie ist gestorben und dann wurde sie auferweckt. David Gooding, der das geschrieben hat, hat das etwas plastischer dargestellt. Er sagte: Stell dir vor, du bist Dorcas, und du wachst auf einmal auf. Petrus steht bei dir, und um dich herum sind alle möglichen Witwen mit den Kleidern, die du für sie genäht hast. Du wirst von allem gepriesen, was du gemacht hast – was für eine Ehre. Und dann hat er sie ja auferweckt.
Das ist hier ähnlich. Auch Dorcas hat einfach genäht und den Witwen geholfen, die wenig hatten. Sie mussten den Schäkel zweimal umdrehen, dann die Kleider genäht und so unterstützt. Viele waren ihr sehr dankbar. Sie kamen alle bei ihrem Tod zusammen, weinten und sagten: Schau mal, was sie alles für mich gemacht hat.
Beide sind Leute, die wirklich praktisch gearbeitet haben. Das wird vielleicht manchmal vergessen, weil man nur das Geistliche sieht. Man sieht, was vorne abläuft, das Geistliche. Aber hier in diesem Brief sieht man, wie wichtig Johannes das ist. Er sagt: „Ich freue mich so, dass du in der Wahrheit lebst.“ Und das Leben war eine ganz praktische Sache.
Er unterteilt nicht und sagt: „Na ja, auch. Wäre schön gewesen, wenn du jetzt die Bibelschule mit mir persönlich als Pastor abgeschlossen hättest, aber leider hat es bei dir nicht dazu gereicht.“ Nein, er freut sich, dass er in der Wahrheit lebt, indem er praktische Hilfe leistet.
Das ist eine Motivation für jeden in der Gemeinde, der sagt: „Na ja, ich lese meine Bibel, ich freue mich, dass ich Jesus dort begegne, aber Lehren, vorne stehen, reden – das ist nicht so meins.“ Ich meine, du hast es herausgestellt, dass du gesagt hast, der Gaius hat eben auch die Unbekannten aufgenommen, so sagt der Text es hier. Also nicht: Da kommt ein Roja Libi oder irgendwer, den nehme ich dann auf, sondern da kommen irgendwelche Leute, keine Ahnung, wer das ist. Er hat allen Leuten die Tür aufgehalten. Das ist sehr deutlich. Er muss ein sehr offener Mensch gewesen sein, oder?
Muss er, denn damals war das durchaus nicht unproblematisch. Wenn wir nämlich den zweiten Johannesbrief lesen, steht dort das Gegenteil. Dort wird vor falschen Brüdern gewarnt, die lehren, dass Christus kein Mensch geworden ist. Diese Irrlehre ging damals herum, und man durfte sie nicht aufnehmen, nicht einmal grüßen, weil man sich sonst mit ihnen gemein machte und mit ihnen identifiziert wurde.
Man musste in der Gemeinde also aufpassen, wer hereinkam. Da konnten falsche Leute sein. Ich weiß, als wir in der Jugend waren, kamen mal zwei junge Damen in unseren Jugendkreis an einem Samstagabend. Sie übernachteten bei einer Schwester von uns. Es wurde schnell klar, dass sie von einer Sekte kamen, die durch ganz Deutschland zog und sich bei Leuten einquartierte. Die Schwester schlief schlecht, weil eine von ihnen die ganze Nacht herumlief und betete oder was weiß ich. Unheimlich. Da kann man schon ziemlich reinfallen.
Aber für Gaius war es eine Verpflichtung, wie auch Johannes sagt: Wir sind dazu verpflichtet, denen zu helfen. Es war ihm ein inneres Anliegen. Er sagte: Gut, da werde ich mal irgendwo reinfallen. Vielleicht kommt auch einer vorbei, der Geld abzockt. Das liest man heute noch: Pfarrer, die rumlaufen, und immer wieder liest man in der Zeitung von solchen Fällen. Das gab es damals noch viel mehr – Leute, die aufs Geld schauten und die Gutgläubigkeit von Gemeinden ausnutzten. Es wird ihm auch passiert sein.
Aber ihm war die Sache einfach wichtiger. Er sagte: Für die paar Male, wo ich mal reinfalle, habe ich vielleicht auch einen Engel beherbergt, wie es die Bibel sagt. Du darfst dich nicht von negativen Erfahrungen zurückhalten lassen. Das ist oft so: Du wirst immer wieder Erfahrungen machen, die nicht gut sind. Dann sagt jemand etwas Blödes, und du denkst, ich mache es nicht mehr. Aber er hat es so gemacht. Er ist ja auch selig stabil, wie wir am Anfang gelesen haben. Ich wünsche dir, dass du selig bist, dass es dir gut geht.
Er konnte negative Erfahrungen aushalten, war offenherzig, und der Dienst, helfen zu dürfen, war ihm unheimlich wichtig. Dabei gab es auch Gefahren und negative Dinge, die er in Kauf nahm, um Christus praktisch zu dienen. Wahrscheinlich hat sich sein offenes Haus herumgesprochen und wurde sehr geschätzt.
So kam das ja erst zu Johannes zurück: Die Brüder sagten, schaut mal, wie toll der Gaius uns aufgenommen hat. Ich erinnere mich auch: Vor etwa 25 oder 30 Jahren war ich zu einem einwöchigen Seminar. Das war immer in der Gemeinde, einwöchige Seminare von der Konferenz für Gemeindegründung. Leute aus der Gemeinde halfen dabei. Ein Bäcker war dabei, was toll war, weil du am Abend süße Stückchen und so hattest. Er war glücklich, denn die Gruppe davor hatte nichts gegessen.
Wir haben damals auch einen Bäcker in der Gemeinde, der viele Leute aufnimmt – herzlichen Dank dafür. Durch solche Unterstützungsdienste dient man. Ich denke, diese Dienste sind gleichwertig zu sehen. Die Brüder freuen sich sehr, wenn sie reisen.
Ich weiß von einem Bruder, der viel reiste. Er wurde oft gefragt: Was würdest du gerne essen? Er sagte: Bitte mach mir etwas ganz Einfaches. Ich habe vergessen, was genau, aber es war total einfach. Viele wollen dann groß auftischen. Er sagte: Nein, bitte nur etwas Einfaches. Manche hören auf ihn und sagen: Okay, der kriegt jetzt nicht mein Stargericht, sondern wirklich das Einfache – Kartoffeln mit Gemüse, mehr nicht. Da schämt man sich als Gastgeber fast.
Aber ihm dient es. Das Problem ist, wenn du reist, ist es schwierig, gesundes Essen zu finden, wie du es gewohnt bist. Inzwischen ist es etwas leichter geworden, und man hat mehr Freiheit, etwas mitzunehmen.
Auch als Gastgeber muss man sich zurücknehmen und sagen: Okay, du willst das so, dann machen wir das so. Du musst vielleicht um eine bestimmte Zeit ins Bett, dann reden wir nicht bis eins nachts über Themen, über die ich gerne gesprochen hätte. Ich nehme mich als Gastgeber zurück, um dir und der Gemeinde zu dienen.
Das kann man so oder so machen. Gaius muss ziemlich begeisternd gewesen sein, weil er das wirklich als Diener gemacht hat. Nicht einfach nur Unterkunft geben und alles vom Referenten mitnehmen, um sich selbst groß zu machen. Er hat wirklich gedient. Das hat den Unterschied ausgemacht.
Das war der erste, über den wir gesprochen haben: Gaius, der echte Helfer. Das soll jedem Mut machen, der eine Gabe hat, die nicht so sichtbar ist, wie zum Beispiel Gastfreundschaft. Sagt nicht: Das ist nicht so wichtig. Gott hat es dir gegeben, nutze es. Damit hat man einen großen Einfluss im Leben von Menschen.
Wir haben das selbst erlebt: Über mehrere Jahre waren wir in einer Familie, die uns eine Wohnung für den Urlaub gegeben hat. Sie haben uns geholfen, wo immer es ging, aber standen uns nie auf den Füßen. Sie waren perfekte Gastgeber: Wenn wir etwas brauchten, konnten wir zu ihnen kommen. Sie machten Vorschläge, und ansonsten überlegten sie, wie sie unterstützen konnten.
Das waren definitiv Gaius-Typen.
Aber jetzt gibt es ja noch einen zweiten, über den wir auch gesprochen haben: Diotrephes. Er ist nicht der Helfer, sondern das Hindernis, wie unser Titel sagt. Ja, ich würde das so sagen, leider, leider.
Ich war auch ein bisschen entsetzt, weil ich dachte: Wo genau ist er ein Hindernis? Aber gut, das darf jeder für sich selbst beurteilen. Also ist es schon eine Tendenz, die man manchmal hat.
Übrigens zu dem Gaius: Es gibt ja oft Leute, die kommen und sagen, man müsse dies oder jenes tun. Und dann frage ich mich immer: Wer ist denn Mann? Es gibt ganz wenige, die sagen: „Oh, ich sehe da etwas, da könnte ich etwas machen.“ Das ist eine ganz andere Einstellung.
Wenn du irgendetwas siehst, mach es doch einfach. Warum hat Gott dir das gezeigt? Warum hast du diesen Blick? Dann geh du freundlich auf Leute zu, sei du Geistfreundschaft, und mach das. Wenn du es nicht kannst, gut, dann sagt man es den anderen im zweiten Schritt. Aber das wäre so ein Gaius-Typ.
Und hier ist der Diotrephes. Da lese ich mal ab Vers neun, das ist wirklich bitter. Johannes sagt da: „Ich habe der Gemeinde geschrieben, aber Diotrephes, der bei ihnen der Erste sein möchte, nimmt uns nicht an. Darum will ich ihm, wenn ich komme, seine Werke vorhalten, die er tut, indem er uns mit bösen Worten verleumdet. Und damit nicht genug: Er selbst nimmt die Brüder nicht auf und verwehrt es auch denen, die es tun wollen, und stößt sie aus der Gemeinde hinaus.“
„Mein lieber Armer, nicht das Böse nach, sondern das Gute.“ Wer Gutes tut, der ist aus Gott. Wer aber Böses tut, der hat Gott nicht gesehen.
Ob er gläubig ist, das sagt der letzte Satz schon – das ist schon hart. Johannes macht gerne mal solche Schwarz-Weiß-Aussagen. Da darf man ein bisschen abziehen bei ihm, aber er will das klar herausstellen.
Das ist schon ein hartes Urteil über Diotrephes. Zum einen ist es ja gut, dass falsche Lehrer nicht in die Gemeinden kommen – auch ein Thema im zweiten Johannesbrief. Aber man soll guten Lehrern natürlich den Zugang nicht verweigern. Genau das macht er hier: Er nimmt Johannes nicht auf und auch die Brüder nicht.
Es scheint so zu sein, weil er selbst der Erste sein will. Er ist so etwas wie der kleine Papst in der Gemeinde. Jeder, der nicht seine Ansicht teilt, wird nicht aufgenommen. Und jeder, der ihn unterstützt, wird bekämpft.
Damit wird er, denke ich, auf lange Sicht ziemlich alleine dastehen. Aber ja, so ist es.
Ich meine, das ist ja auch eine Atmosphäre, die er hier in der Gemeinde verbreitet. Man kann fast sagen, es ist eine toxische Atmosphäre.
Ich meine, auf der einen Seite lesen wir jetzt von ihm, aber die Frage, die sich natürlich aufdrängt, ist: Wie kann man denn solche toxische Atmosphäre in der Gemeinde verhindern? Bei solchen Leuten, glaube ich, ist das ganz schwierig. Aber wir können ja mal ein bisschen von seinen negativen Eigenschaften vorbeugende Maßnahmen ableiten, die wir in der Gemeinde vielleicht auch bei anderen Leuten umsetzen können, damit solche Personen ein bisschen in die Schranken gewiesen werden.
Also das Erste, was wir sehen: Er will der Erste sein, er ordnet sich nicht ein. Christen, die die Ersten sein wollen, werden immer Unheil für die Gemeinde bringen. Das ist meine Überzeugung. Das geht gar nicht anders. Sie wissen es am besten, sie können es am besten, sie wollen es auch am besten – da bin ich auch überzeugt. Aber es gilt halt nur ihre Sache. Manche haben vielleicht auch schlechte Motive, das möchte ich gar nicht so stark betonen. Aber sie sind hier der König, natürlich ein demütiger König in christlichen Kreisen, ja, das muss ja sein. Du kannst ja nicht sagen: „Ich will hier bestimmen.“ Sondern: „Mir geht es um den Herrn.“ Und das ist schon eine Sache.
Bei Ältesten zum Beispiel wird sehr viel über den Charakter gesprochen und auch darüber, dass sie sich einordnen können. Sie sollen nicht jähzornig sein oder andere Dinge. Das sind alles Eigenschaften, bei denen sie sich unterordnen können. In der Bibel ist auch immer von mehreren Ältesten die Rede, nicht von einem, der bestimmt. Es darf nie einen Alleinherrscher geben. Es gibt immer einen Petrus oder Johannes, die dann mehr geachtet werden durch die anderen. Aber das ist etwas anderes als ein Alleinherrscher. Wenn du dich nicht einordnen kannst, wird es natürlich schwierig.
Das ist natürlich eine Tendenz, deswegen sage ich: Das habe ich durchaus auch für mich mitgenommen. Ich habe auch meine Überzeugungen, und dann will man das Beste und weiß es vielleicht auch sehr gut. Da muss man lernen, sich einzuordnen, weil sonst wird das schiefgehen. Ordne dich ein! Wenn jemand immer der Erste sein will, wird das so wie bei Diotrephes enden, da bin ich überzeugt.
Ja, das ist ein guter Gedanke. Du hast gesagt, wir wollen mehrere Eigenschaften von ihm herausstellen, um mal zu gucken, wo man präventiv gewisse Dinge im Blick haben kann. Was ist denn noch so eine negative Eigenschaft von Diotrephes, von der man sagen kann: Lass uns da lernen, es nicht so zu tun wie er?
Ja, also er hört nicht zu. Er hat ihm ja geschrieben, und er nimmt uns nicht an, also er hört nicht mal zu. Ich akzeptiere das zum Beispiel auch, wenn es Fragen gibt, die einfach schwieriger sind und die in den verschiedenen Gemeindebünden anders beantwortet werden. Auch in der Gemeinde hat man verschiedene Überzeugungen, das finde ich alles in Ordnung, und ich kann das auch alles stehen lassen. Was ich gar nicht mag, ist, wenn mir jemand überhaupt nicht zuhört, sondern gleich seine Meinung fest hat.
Ich erwarte nicht, dass man seine Meinung ändert. Das wird bei manchen Dingen so sein, wenn du über Jahrzehnte dir eine Meinung gebildet hast. Bloß weil da jemand daherkommt, muss man die Meinung nicht ändern. Aber was ich schon erwarte, ist, dass man zuhört und es nicht einfach abtut. Und er hat aber diese Korrekturbereitschaft überhaupt nicht.
Ich weiß nicht, er hat seine – ich bin überzeugt, Diotrephes hatte sehr feste Überzeugungen. Die Frage ist nur, woher kamen die? Kommen die aus der Tradition, wie er es schon immer gemacht hat, wie seine Eltern es gemacht haben? An der Schrift überprüft er sie offensichtlich nicht. Sonst – ich meine, da redet immerhin ein Apostel zu ihm auch. Ganz nebenbei. Das ist schon eine Sache, wenn du gegen einen Apostel anstehst, der ja wirklich sehr geachtet war, Johannes in der Christenheit.
Was auch auffällt bei Diotrephes, ist, dass er dann gegen die Geschwister aktiv vorgegangen ist, die nicht seiner Meinung waren, oder? Ja, er hat sie verleumdet. Er hat einfach irgendwas behauptet, was überhaupt nicht stimmt. Die Fakten waren ihm egal. Das ist irgendwie logisch, weil wenn du nicht zuhörst und mit jemandem nicht diskutierst, kannst du ja gar keine Argumente mehr bringen. Dann musst du irgendwann aufs Persönliche gehen und verleumdest.
Das ist immer eine Gefahr. Ich habe letztens – ach, das habe ich leider wieder vergessen – aber da war auch was, da habe ich etwas gehört, das ich ziemlich schnell geglaubt habe oder gelesen. Später habe ich dann mit jemandem gesprochen, der damit zu tun hatte, und dann habe ich gedacht: „Och, das klingt jetzt ein bisschen anders.“ Langsam bekam ich Verständnis und habe mich über mich geärgert, dass ich mich so schnell aufrege, ohne alle Fakten zu haben.
Obwohl ich genau weiß, dass „wer antwortet, bevor er zuhört, dem ist es Torheit und Schande“, wie es in den Sprüchen steht. Oder: „Man hört von dem einen, es ist richtig, dann hört man vom anderen und ist von dem anderen überzeugt“, das steht auch in den Sprüchen. Das habe ich eigentlich verinnerlicht und bin trotzdem wieder in diese Falle reingefallen.
Er hat dann aber wirklich die Leute aus der Gemeinde herausgestoßen und hat Gemeindezucht gemacht. Das ist ziemlich eindeutig. Er ist so ein kleiner Diktator und hat sich absolut gesetzt. Er hat sich nicht eingeordnet, ließ sich nicht korrigieren, hat ein schnelles Urteil gefällt. Sonst käme keine Verleumdung heraus, denn wenn du jemanden verleumdest, hast du dich nicht wirklich mit ihm beschäftigt. Sonst hättest du Argumente. Ich habe doch Argumente, wenn ich mit jemandem rede. Am Ende hat man eine andere Meinung, und das ist okay. Aber verleumden heißt: „Ich bin dieser Herrscher.“
Da sehen wir halt diesen Gaius, der wirklich dient, und den Diotrephes, der der Erste sein will und seine Macht, die er hat, ausnutzt, um andere Leute auszuschließen. Gaius hat keine offizielle Macht in der Gemeinde. Er hat die Macht durch seinen Dienst, etwas Positives zu tun. Er ist nicht der Offizielle, der etwas anordnen kann, und er schließt keinen aus der Gemeinde aus.
Anders als Diotrephes. Durch seinen Dienst hat Gaius seine Wirksamkeit. Diotrephes missbraucht seine Macht, weil es ich-zentriert ist und er sich nicht sagen lässt, sich nicht einordnet.
Ich finde, das ist ein gutes Fazit, das du gezogen hast. Das macht eben auch deutlich im Blick auf Diotrephes, dass wir, wenn wir eine Verantwortung haben, wirklich schauen müssen: Wie benutze ich meine Macht? Nutze ich sie für mich oder wirklich als Dienst? Gaius hat sich, obwohl er doch einen sehr seltsamen Gemeindeleiter hatte, nicht davon abhalten lassen zu sagen: „Ich diene dem Herrn in meinem Bereich.“
Das ist auch sehr vorbildlich, oder? Ja, da hätte ich auch meine Probleme gehabt. Aber da sieht man einfach, was für ein Herz er hat – ein wirklich dienendes Herz. Er hatte einen wirklich komischen Gemeindeleiter, denn so wie das aussieht, waren sie in derselben Gemeinde, so verstehe ich das jedenfalls vom Text her.
Da hätte ich manchmal vielleicht schon hingeschmissen und gesagt: „Na, das schon wieder, was er sich da wieder geleistet hat.“ Aber er sagt: „Okay, das ist das eine, aber dafür bin ich nicht verantwortlich, ich kann da nichts machen.“ Andere werden ihn ja auch angesprochen haben, aber da war wahrscheinlich nichts zu machen in der Gemeinde. Damals hattest du halt fünf Gemeinden am Ort, da musstest du irgendwo hingehen.
Die Frage ist: Verlässt man die Gemeinde? Nein, er ist da geblieben und hat gesagt: „Egal, was hier ist, das kann ich tun.“ Und das macht er mit fröhlichem Herzen. Er ist nicht verbittert, sondern macht das für den Herrn. Das ist eine ganz andere Haltung. Das ist doch eine Haltung, die wir auf jeden Fall mitnehmen können.
Das ist ein spannendes Thema. Aber das war schon wieder der Podcast der evangelischen Freikirche Evangelium für alle in Stuttgart. Wir hoffen, dass ihr einen Impuls für euch mitnehmen konntet. Auch wenn manche Umstände nicht so sind, wie ihr sie euch wünscht, schaut einfach, wo der Herr euch gebrauchen will und wo ihr euch einsetzen könnt.
Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollten, oder Anmerkungen zum Podcast, schreibt uns doch unter podcast@efa-stuttgart.de. Wir wünschen euch Gottes Segen in eurem Dienst als Helfer.