Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!
Viele von Ihnen kennen vermutlich die Fernsehwerbung: Da sitzt ein Patriarch an seinem heimischen Küchentisch. Um ihn herum versammelt ist die ganze liebe Familie, und alle sagen: „Opa, wir haben dich lieb.“ Jeder führt der Reihe nach das Wort, und zuletzt kommt jemand etwas zäh gekniffen mit den Worten: „Ja, Opa, wir haben dich auch lieb!“
Dann folgt der Werbespruch sinngemäß: „Auch Sie sollten im Alter über ein sicheres Vermögen verfügen. Dann lohnt es sich zu erben.“
Manche machen es so wie jener alte Bauer, der keinen rechtmäßigen Erben hatte, aber viele Mitarbeiter auf seinem Hof. Die große Frage war: Wer würde den Hof erben? Klar, so versprach der Bauer den Hof mal diesem und mal jenem, je nachdem, wen er sich gerade bei Laune halten wollte.
Wer für sich gewinnen wollte, wer für seine Ziele einspannen wollte, die möglichen Erben machten sich Hoffnung, beäugten sich gegenseitig sehr skeptisch und wurden von dem alten Bauern nach Belieben gegeneinander ausgespielt.
Am Ende erbte den Hof jemand ganz anderes, der überhaupt nicht damit gerechnet hatte.
Schon mancher hat sich als Erbe gefühlt und mit Hoffen und Bangen der Eröffnung eines Testaments entgegengesehen – und dann kam alles ganz anders.
Wie viele Familien sind etwa auch zerbrochen am Streit um ein unsicheres Erbe.
Ein sicheres Erbe in Christus
Der Epheserbrief, unser Predigttext heute Morgen, spricht von einem Erbe, das von ganz anderem Kaliber ist. Dieses Erbe steht felsenfest, es ist transparent, schriftlich zugesichert, verbrieft und versiegelt. Es kann weder erkummelt, erschmeichelt noch erschlichen werden.
Dieses Erbe ist auch keine taktische Verfügungsmasse in der Hand eines zögerlichen oder berechnenden Erblassers. Stattdessen ist alles offen geregelt, offen und verlässlich. Dieses Erbe gehört den Menschen, die zu Jesus Christus gehören. Ihnen ist ein ganz, ganz großes Erbe versprochen, und davon handelt unser Predigttext heute Morgen – die Verse bis 14. Sie haben den Text vor sich und können ihn gut verfolgen.
In ihm, also in Christus, sind wir auch zu Erben eingesetzt worden, die wir dazu vorherbestimmt waren nach dem Vorsatz dessen, der alles wirkt nach dem Ratschluss seines Willens, damit wir etwas seien zum Lob seiner Herrlichkeit, die wir zuvor auf Christus gehofft haben. In ihm seid auch ihr, die ihr das Wort der Wahrheit gehört habt, nämlich das Evangelium von eurer Seligkeit oder eurer Rettung.
In ihm seid auch ihr, als ihr gläubig wurdet, versiegelt worden mit dem Heiligen Geist, der verheißen ist. Dieser Heilige Geist ist das Unterpfand – oder man könnte auch sagen das Angeld – unseres Erbes zu unserer Erlösung, damit wir sein Eigentum würden zum Lob seiner, also Gottes, Herrlichkeit.
Mit diesen Versen endet einer der längsten Sätze, die es in der Bibel überhaupt gibt. Die Verse 3 bis 4 hatten wir gesehen, sind im griechischen Urtext ein einziger Satz. In den deutschen Übersetzungen ist das dann schonend in einzelne Abschnitte aufgeteilt, mit vollständigen Untergliederungen. Im Urtext jedoch ist es ein einziger Satz, ein zusammenhängender Gedankengang.
Diese Verse haben eine ähnliche Funktion wie die Ouvertüre für eine Oper. In der Ouvertüre werden die Themen angedeutet, die später ausführlich entfaltet werden. Die Ouvertüre lässt gewissermaßen am Eingangstor eines Gesamtwerkes die Motive anklingen, die später in der Oper eine große Rolle spielen werden.
Wir werden das bei unserer Entdeckungsreise durch den Epheserbrief in den nächsten Monaten sehen: Immer wieder klingen Themen an, die hier in der Ouvertüre von Paulus bereits zur Sprache gebracht werden. Man könnte sagen, diese Verse 3 bis 14 sind eine geniale Ouvertüre. Hier sind all die Themen schon ineinander verwoben, die später noch kommen.
Das Motto steht gleich am Anfang in Vers 3, das haben wir vor einigen Wochen gesehen. Der Christ kann sich freuen, der Christ ist gesegnet, der Christ ist reich beschenkt – und das nicht zu knapp. Paulus sagt in Vers 3: „Mit allem geistlichen Segen“ und in Vers 7 und 8 spricht er vom Reichtum, den Gott uns geschenkt hat.
Dann beschreibt er in diesen Versen Schritt für Schritt, wo dieser Reichtum besteht. Wir haben gesehen, in Vers 4 bis 6, dass der, der Christ geworden ist, wissen darf: Der lebendige Gott hat mich von Ewigkeit her dazu erwählt. Er hat sein Ja zu mir gesagt, lange bevor ich darauf antworten konnte. Ich bin erwählt.
Vers 7 zeigt, dass Gott nun hier auf dieser Welt konkrete Menschen zu seinen Kindern macht – an einem ganz bestimmten Ort, zu einer ganz bestimmten Zeit, mitten in dieser Welt. Vers 7 zeigt, was Gottes Gnade und Großzügigkeit bei uns bewirken: Erlösung und Vergebung.
Aber das ist längst nicht alles, was Gott seinen Christen schenkt. Vers 8 zeigt, dass Gott uns auch Erleuchtung und Erkenntnis schenkt. Das hatten wir gesehen. Das heißt: Wer zu Jesus gehört, dem gehen die Augen auf. Er versteht plötzlich die Bibel und durch die Bibel die Welt und sich selbst in einer ganz anderen Tiefe, als er das vorher je konnte.
Er bekommt plötzlich sogar Einblick – das zeigen die Verse 9 bis 10 – in das Geheimnis, auf das diese ganze Welt zuläuft. Alle rätseln und planen, worauf diese Welt wohl zulaufen könnte. Paulus sagt: Wer zu Jesus gehört, dem macht Gott das klar.
Nämlich, dass alles darauf hinausläuft, dass Jesus am Ende der Herr der ganzen Welt sein wird. Es wird alles unter seine Kontrolle gestellt sein. Die einen werden auf ewig von ihm gerettet, die anderen auf ewig von ihm unterworfen, aber alle werden unter Christus gestellt sein.
Zwei weitere Vorrechte der Christen
Bis zu Vers 10 waren wir schon gekommen. Nun beginnt der letzte Abschnitt dieser Ouvertüre, in dem Paulus uns zwei weitere Vorrechte der Christen zeigt. Wenn man eine Überschrift für diesen Text sucht, könnte man sie „Zwei weitere Vorrechte der Christen“ nennen.
Da es weitere Vorrechte sind, macht Paulus im Vers 11 mit dem Wort „auch“ deutlich: „In ihm sind wir auch“, also zusätzlich zu allem, was bisher gesagt wurde, kommen jetzt noch zwei weitere Vorrechte der Christen hinzu.
Das erste dieser Vorrechte ist ein hochwertiges Erbe – Punkt eins: ein hochwertiges Erbe. Die beiden ersten Wörter machen deutlich, wovon dieses Erbe abhängt, nämlich „in ihm“, das heißt in Christus. Durch die Verbindung mit Jesus Christus, durch den Glauben an ihn. Das bedeutet, dass all das, was jetzt folgt, für diejenigen nicht gilt, die nicht durch den Glauben mit Jesus Christus verbunden sind. Aber all das darf derjenige voll und ganz in Anspruch nehmen, der sein Leben persönlich an den Herrn Jesus Christus gebunden hat – in ihm.
Wenn man mal nachzählt – manche sind ja Freunde von Statistiken –, seit Vers 3 ist der Ausdruck „in ihm“, „in Christus“ oder „in dem Geliebten“ schon siebenmal gefallen. Alle Segnungen, die Gott den Christen schenkt, hängen also von Jesus ab. Und hier in Vers 11 kommt es zum achten Mal: „In ihm haben wir noch etwas, und wiederum in ihm“, nämlich dass wir auch eingesetzt worden sind zu erben.
Das heißt: Wir, die zu Jesus Christus gehören, die sich zu ihm bekehren durften und ihm als unserem Herrn nachfolgen, haben diese sichere Zukunftsperspektive, dass wir eingesetzt worden sind, von ihm zu erben.
Paulus beugt gleich dem Problem mit dem unsicheren Erbe und den Spekulationen sowie dem Streit um das Erbe vor, indem er erst einmal zeigt, wie sicher dieses Erbe ist. Das macht er deutlich durch die Begriffe, die hier stehen: „die wir dazu vorherbestimmt waren nach dem Vorsatz dessen, der alles wirkt nach dem Ortslust seines Willens.“ Das ist eine starke Formulierung.
Eine ähnliche Formulierung hatten wir schon weiter oben, nämlich in Vers 5, wo Paulus sagt, Gott habe uns zu sich gezogen und erwählt „nach dem Ratschluss seines Willens“. Das ist ein ewiger Entschluss Gottes. Und genauso sicher, wie er uns erwählt hat und zum Glauben gebracht hat, gilt auch das Erbe. Kein bisschen Unsicherheit, keine Fragwürdigkeit, kein Vorbehalt, keine weiteren Bedingungen.
Das heißt ganz eindeutig: Alle, die Gott zu seinen Kindern auserwählt hat, hat er mit der gleichen Sicherheit dazu bestimmt, seine Erben zu sein. Wenn du ein Kind Gottes bist, bist du auch ein Erbe.
In Römer 8 hat Paulus das schon einmal so gesagt: „Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben“ (Römer 8,17). Ganz einfach. Wenn Jesus Christus dein Herr ist, dann bist du Gottes Kind. Und wenn du Gottes Kind bist, dann bist du vorherbestimmt, dieses Erbe zu erhalten. Du brauchst daher keine Unsicherheiten zu fürchten.
Nun fragen wir natürlich: Was ist das für ein Erbe? Jeder, dem ein Erbe in Aussicht gestellt wird, ist natürlich brennend daran interessiert zu wissen, was er dafür bekommen soll.
Die Zeit einer Predigt reicht nicht aus, dieses ganze Erbe hier zu entfalten, das ist klar. Aber ein paar Dinge möchte ich doch in Aussicht stellen.
Zunächst einmal kann man sagen: Zu diesem Erbe gehören alle Versprechen. Alle Verheißungen, die Jesus seiner Gemeinde und seinen Nachfolgern gemacht hat, sind in dem Erbe inbegriffen – all inclusive.
Paulus sagt in 2. Korinther 1,20: „Auf alle Gottes Verheißungen ist in Jesus das Ja.“ Gott hat die Dinge verheißt und seinen Sohn gesandt, der das große Ja zu all diesen Versprechungen ist. Wer zu Jesus gehört, steht unter diesem Ja und kann diese Verheißungen für sich in Anspruch nehmen.
Dazu gehören zunächst alle Einzelheiten, die mit dem ewigen Leben zusammenhängen. An anderer Stelle sagt Paulus zum Beispiel in Philipper 3,21: „Unser Bürgerrecht aber ist im Himmel, woher wir auch erwarten den Heiland, den Herrn Jesus Christus, der unseren vergänglichen Leib verwandeln wird, sodass er gleich werde seinem verherrlichten Leib nach der Kraft, mit der er sich alle Dinge untertan machen kann.“
Das gehört zu diesem Erbe dazu: Wir werden einen unsterblichen Körper bekommen, einen Körper, der nicht mehr von Krankheit oder Schmerzen befallen wird. Das bedeutet ewiges Leben.
In Johannes 16,22 hat Jesus gesagt, was passieren wird: „Euer Herz wird sich freuen, und eure Freude wird niemand mehr von euch wegnehmen können.“ Das gehört ebenfalls zu diesem Erbe: eine Freude, die uns niemand mehr nehmen kann. Unvorstellbar, wenn wir bedenken, wie oft unsere Freude jetzt unterbrochen wird und wie wir uns oft fragen, wie lange ein freudiger Zustand anhalten wird.
Jede Freude auf dieser Erde ist begrenzt, vergänglich und kurzlebig. Jesus sagt aber: „Euer Herz soll sich freuen, und eure Freude wird niemand mehr von euch nehmen.“ Das gehört zum Erbe.
Das bedeutet, dass alle Bedrängnisse aufhören, wir keine Angst mehr haben, keine Zerreißproben für unseren Glauben mehr durchleben müssen, nicht mehr von Zweifeln gequält werden und alles klar sein wird.
Wir können noch weiter sehen, was zu diesem Erbe gehört: Im letzten Buch der Offenbarung, Kapitel 21, sagt Jesus: „Gott wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst wird mit ihnen sein. Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen“ (Offenbarung 21,4).
„Der Tod wird nicht mehr sein, Leid wird nicht mehr sein, Geschrei und Schmerz wird nicht mehr sein, denn das Erste ist vergangen.“ Auch das gehört zu dem Erbe.
Ein kleines Kind, als es diesen Vers hörte, sagte einmal: „Also Gott wird alle Tränen von ihren Augen abwischen? Der liebe Gott muss aber ein großes Taschentuch haben!“ Wenn man bedenkt, wie viele Tränen geweint wurden, auch die, die wir manchmal heimlich verdrücken, all das wird zur Ruhe kommen, getröstet und abgetrocknet durch Jesus.
Zu diesem Erbe gehört noch etwas Interessantes, was im Johannesevangelium, Kapitel 17, Vers 24 steht. Ich nenne hier nur ein paar Beispiele.
Da sagt Jesus in einem Gebet zu seinem Vater – und das ist die einzige Stelle in der Bibel, wo Jesus „ich will“ sagt: „Ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir sein, die du mir gegeben hast, damit sie meine Herrlichkeit sehen.“
Jesus sagt also deutlich, dass diejenigen, die an ihn geglaubt haben, in der Ewigkeit bei ihm sein sollen. Das heißt natürlich auch, dass Christen sich wiedersehen werden.
Wir werden alle in der Gegenwart Jesu leben und nicht als unsichtbare Phantome umherirren. Paulus sagt, wir werden einen vernünftigen Körper bekommen, der nicht mehr sterblich und krank ist.
Das heißt, wir werden einander wiedersehen – alle, die an Jesus Christus geglaubt haben und zu ihm gehören. Auch das gehört zu diesem Erbe.
Bei diesem Erbe wird es keinen leisesten oder kleinsten Mangel geben. John MacArthur hat das so zusammengefasst: „Jeder auch nur denkbare Bedarf wird gestillt werden durch Gottes großzügige Fürsorge in Verbindung mit seinen göttlichen Verheißungen: Friede, Liebe, Gnade, Weisheit, ewiges Leben, Freude, Sieg, Stärke, Erbarmen, Vergebung, Gerechtigkeit, Wahrheit, Gemeinschaft mit Gott, der Himmel usw.“
Alles gehört zu diesem Erbe dazu. Immer wieder müssen wir feststellen, dass menschliche Sprache und unser Vorstellungsvermögen letztlich nicht ausreichen, um die Größe dieses Erbes zu beschreiben.
Paulus sagt das auch an anderer Stelle, in 1. Korinther 2,9: „Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, das hat Gott denen vorbehalten und für die vorbereitet, die ihn lieben.“
Das gehört zu diesem Erbe dazu.
Ich erinnere mich an den Ausspruch eines Kollegen, der einmal sagte: „Wir werden uns noch wundern, warum wir so sehr an dieser Welt gehangen haben, wenn wir sehen, was dann los ist.“
Die Begrenzung unseres Vorstellungsvermögens
Aber wir haben jetzt noch ein Problem im Hinblick auf dieses Erbe, und das sollten wir nicht verniedlichen. Unser heutiges Problem ist die Grenze unseres Vorstellungsvermögens, die Grenze unseres Horizonts. Wir können uns einfach schwer vorstellen, dass wir glücklich und erfüllt sein könnten ohne bestimmte Dinge in dieser Welt, an die wir uns so sehr gewöhnt haben und die uns so sehr am Herzen liegen.
Wissen Sie, das ist aber auch schon hier in bestimmten Lebensphasen so. Als Fünfjähriger konnte ich mir nicht vorstellen, wie ein Leben ohne Indianerspielen glücklich sein könnte. Heute kann ich mir das durchaus vorstellen. Als Zwölfjähriger konnte ich mir nicht vorstellen, wie ein Leben ohne Fußballspielen erfüllt und glücklich sein könnte. Das konnte ich mir absolut nicht vorstellen, ich war völlig jenseits meines Horizonts.
Nur heute spiele ich auch noch sehr gerne Fußball, aber ich kann mir auch vorstellen, dass mein Leben nicht zusammenbricht, wenn das mal nicht mehr geht. Es ändert sich einfach auch unsere Perspektive. Verstehen Sie, jede Altersphase schon hier auf der Erde hat ihren begrenzten Horizont. Logischerweise können wir uns schwer vorstellen, wie ein Leben jenseits dieser Erde aussehen wird. Wir denken immer, das wird langweilig, es werden uns bestimmte Dinge fehlen.
Das liegt an unserer schlichten Vorstellungskraft, die wir jetzt haben. Ja, ein Leben ohne Fußball wäre ein Leben ohne Freude, also lächerlich – so denken wir. Und Gott hilft uns nun, in dieser Situation quasi diesen Horizont, diese Begrenzung zu überspringen, indem er uns sein Wort gibt und sagt: Ihr könnt euch darauf verlassen, es wird großartig werden. Es wird so großartig werden, wie ihr euch das niemals vorstellen könntet, was keine menschliche Sprache beschreiben kann. Das wird Gott euch schenken.
Und zu diesem Erbe gibt es dann eine weitere Information, eigentlich die wichtigste, die gibt uns Paulus an anderer Stelle in Römer 8,17. Da erläutert er dieses Erbe noch etwas weiter. Er sagt, wir sind mit Erben Christi, mit ihm zur Herrlichkeit erhoben, wir sind mit Erben Christi. Da steht in der englischen Übersetzung der Begriff Joint Heirs. Sie kennen diesen Begriff Joint Ventures, also verschiedene Partner führen gemeinsam wirtschaftliche Projekte durch. Und hier sagt Paulus, wir sind joint heirs, wir erben mit Christus zusammen.
Ja, was erbt Christus denn? Das steht am Anfang des Hebräerbriefs. Da heißt es ganz schlicht und ergreifend: Gott hat den Sohn eingesetzt zum Erben über alles. Also Jesus ist der Universalerbe. Und wenn wir jetzt mit Erben Christi sind, dann haben wir in irgendeiner geheimnisvollen Weise Anteil an diesem Universalerbe. Unvorstellbar, aber so ist es: Wir sind Miteigentümer.
Ein Richter lag im Sterben. Als ein Pastor ihn besuchte, fragte ihn der Kranke: "Sagen Sie eigentlich, wissen Sie, Herr Pfarrer, was ein Miteigentümer ist?" Der schluckte etwas, weil er in der juristischen Begrifflichkeit nicht so bewandert war. Dann erklärte es ihm der sterbende Richter.
Er sagte nämlich: "Wenn Sie und ich gemeinsamer Besitzer einer Farm wären, dann könnte ich nicht zu Ihnen sagen: Dieses Feld gehört Ihnen und jenes mir, diese Wiese dort gehört Ihnen und jene vorne mir, dies ist Dein und dies ist Mein. Nein, das ganze Areal und alles, was darauf wächst, würde uns gemeinsam gehören."
"Darüber habe ich nachgedacht", sagte dieser sterbende Richter, "heute habe ich darüber nachgedacht, und wissen Sie, das hat mein Herz mit einer großen Freude ausgefüllt. Weil ich wissen darf: Alles, was Jesus Christus besitzt, gehört auch mir, alles, was er hat, ist mein, und wir werden in der Ewigkeit gemeinsam an allem teilhaben."
Das meint Paulus, wenn er sagt, wir sind Miterben mit Christus. In ihm sind wir auch zu Erben eingesetzt, die wir dazu vorherbestimmt waren. Also, das gehört zu diesem Erbe dazu: alles, was das ewige Leben betrifft. Wir werden Universalerben sein mit Christus zusammen.
Und noch etwas Unvorstellbares: „Wir werden den lebendigen Gott mit unseren Augen sehen“, sagt die Bibel. 1. Johannes 3,2. Da ist davon die Rede, dass wir jetzt noch diese diversen Begrenzungen ertragen müssen, aber dann werden wir Gott von Angesicht zu Angesicht sehen.
Wir werden in einer Direktheit mit dem Schöpfer unseres Lebens und des Universums verkehren, wie das jetzt absolut nicht vorstellbar ist. Wenn man sich das klar macht, dann ist deutlich: Es kann im Himmel nicht langweilig werden. Es werden sich uns derartige Dimensionen eröffnen, unser Leben wird in einen so großen Horizont gestellt werden, dass wir eine Ewigkeit brauchen, um das alles zu entdecken und zu verstehen.
Das ist bewegend, das ist beeindruckend, was die Bibel uns alles in Aussicht stellt. Und wenn man dieses Erbe jetzt mit einem Eigenschaftswort beschreiben wollte, dann könnte man ganz einfach sagen: Dieses Erbe ist unverweltlich, unverweltlich.
Der Apostel Petrus hat das mal gesagt in seinem ersten Brief, Kapitel 1, Vers 4. Da sagt er: Gott hat uns berufen zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverweltlichen Erbe, das behalten wird im Himmel.
Und jetzt vergleichen Sie das mal mit all den Erbschaften, die Sie in dieser Welt schon gemacht haben oder noch machen werden: Immobilien vielleicht, Aktien, Kunstgegenstände, vielleicht auch nur ein altes verschuldetes Haus, vielleicht Schulden geerbt, was auch immer. Egal wie groß oder wie klein das alles ist, es ist verweltlicht, es ist verderblich, es ist endlich, es ist irgendwie befleckt.
Wie anders ist das Erbe der Christen.
Die Bedeutung des Erbes für unser Leben
Warum ist es so wichtig für uns, das zu wissen? Warum ist es wichtig, dass wir uns dessen auch ganz bewusst sind und uns das klar machen?
Weil wir mit einer solchen Perspektive ganz anders leben. Mit dieser Sichtweise leben wir anders mitten in dieser Welt. Es ist ein großes Problem und ein großer Verlust, dass viele Christen diese Perspektive nicht haben. Uns selbst geht es ja oft ähnlich: Wir hängen sehr an dieser Welt. Das ist auch irgendwie verständlich. Gott hat uns ja auch diesen Überlebenswillen gegeben.
Wir sollen uns an dieser Welt freuen, ganz klar. Aber wir sollen nicht so tun, als ob diese Welt alles wäre. Und wir sollen uns nicht einreden, als würden wir hier ewig sein. Wer flüchtet denn vor der Wirklichkeit? Es ist doch derjenige, der an dieser Welt hängen bleibt. Das ist der wahre Flüchtling von der Wirklichkeit.
Er muss nämlich immer so tun, als ob diese Welt unvergänglich wäre. Er muss sich immer einreden und so leben, ohne an die Vergänglichkeit zu denken: als ob Gesundheit unvergänglich wäre, als ob Ansehen, Geld und Karriere unvergänglich wären, als ob das Häuschen, der Urlaub, der Garten und was weiß ich nicht alles unvergänglich wären. So muss derjenige tun, der an dieser Welt hängt.
Aber wer mit Gottes Erbe rechnet, wer auf Gottes Wirklichkeit zulebt, von dem kann man sagen: Das ist der wahre Realist. Denn er rechnet mit dem und setzt auf das, was nicht vergänglich ist.
Es gibt dazu ein ganz interessantes Gedicht von John Newton, dem englischen Lyriker. Er sagte: „Fading is the worldling’s pleasure“, also: Die Freude des Weltlings, des weltlich orientierten Menschen, muss verblassen. „All his boasted pomp and show“ – all sein prahlerischer Pomp und die Show, die er macht – all das wird vergehen. Und dann fürchtet er „solid joys and lasting treasure“, also solide, beständige Freude und bleibenden Reichtum, „none but Theon’s children know“ – das kennen nur die Kinder Theons, ein Bild für die Kinder Gottes.
Also: „Fading is this worldling’s pleasure, all his boasted pomp and show, solid joys and lasting treasure none but Theon’s children know.“ Das ist der wirkliche Realismus. Das heißt, nur wer mit diesem Erbe Gottes rechnet, ist nüchtern und rechnet wirklich. Die anderen betreiben nur irgendwelche Zahlenspiele im Wolkenkuckucksheim.
Klar, auch wer mit dieser Perspektive lebt, wird sich noch an den Dingen dieser Welt freuen. Wir hängen ja auch emotional noch daran, und das hängt mit unserer Geschöpflichkeit zusammen. Das ist auch gut so. Aber wer mit diesem Erbe bewusst rechnet, bekommt gegenüber den Dingen dieser Welt eine andere Souveränität, eine andere Freiheit.
Sie können uns nicht mehr so bannen und fesseln, weil wir von ihnen nicht unser letztes Glück erwarten. Wenn wir dann das eine oder andere verlieren auf dieser Erde – vielleicht auch etwas, woran wir sehr gehangen haben und worüber wir uns gefreut haben – dann ist das nicht die große Katastrophe. Denn wir wissen: Wir haben ein unverlierbares Erbe.
Das hat massive Konsequenzen. Es heißt nämlich: Die Situation, in der ich jetzt lebe – und das heißt auch die Situation, in der Sie jetzt leben –, also in negativer Hinsicht die Situation, die Ihnen jetzt zu schaffen macht: der Ärger mit den Menschen, die Ihnen auf die Nerven gehen, die Angst davor, den Arbeitsplatz zu verlieren oder keinen zu bekommen, die Frage, wie die Finanzen über den nächsten Monat noch ausreichen, die Frage, was aus Ihrer Gesundheit wird, die Frage, was mit Ihrer Familie wird und so weiter – all das, was uns bedrücken kann.
Auf der anderen Seite auch alles Positive, was uns fasziniert: die Aufgaben, die wir haben, die Hoffnungen für die unmittelbar nächste Zukunft, die Erfolge, die uns beschieden sind, das Glück, das wir erleben – all das, was wir in dieser Welt erfahren.
Das ist nur vorübergehend. Das kapieren wir. Das ist nur vorübergehend. Und wir wissen: Das Schönere kommt noch. Und das Schönere, das dann kommt, ist nicht mehr weltlich. Christen sind eingesetzt als Erben.
Das hilft uns jetzt, unser ganzes Leben hier auf dieser Erde sehr viel besonnener, nüchterner und realistischer zu planen. Das ändert unsere gesamte Lebensperspektive. Das ändert unseren gesamten Lebensstil.
Das Gefühl, das Erbe in der Zukunft zu haben, verändert nachhaltig unser Leben in der Gegenwart. So hat es ein Kollege in Amerika erfahren. Er erzählte von einer Begegnung vor einigen Jahren mit einem jungen Mann in einem Zeltlager in den Bergen.
Der junge Mann hatte einen verkrüppelten Arm und ein missgestaltetes Bein, das er nicht benutzen konnte. Er humpelte nur herum und stand während der anderen Unternehmungen meistens abseits. Am zweiten Tag fiel dem Pastor das auf.
Er erzählt: Ich ging zu ihm herüber, stellte mich vor und fragte nach seinem Namen. Er antwortete nur mit einem bitteren Blick, zog den Ärmel seines Hemdes hoch, das seinen verkrüppelten Arm verdeckte, und sagte: „Sehen Sie, was Gott mir angetan hat?“
Der Pastor schluckte einen Augenblick und sagte dann: „Ich weiß nicht, ob es Sie interessiert, aber das sind nicht Sie.“ Was meinte er damit? Nun, sagt er, Ihr Körper, so missgestaltet und krank, wie er ist, ist nur das Haus, das Sie jetzt bewohnen.
Ihr Körper wird eines Tages nicht mehr da sein, aber Sie als Person werden sehr wohl da sein. Sie sind für die Ewigkeit bestimmt. Gott hat einen Plan für Ihr Leben, und er möchte, dass Sie ihm vertrauen.
Gott wird Ihnen in der Ewigkeit einen neuen Leib geben. Einen Leib, der nicht mehr von diesen Begrenzungen gezeichnet ist, wie es jetzt der Fall ist.
„Nein, jetzt verkohlen Sie mich“, sagte der junge Mann. „Das kann doch nicht wahr sein.“ Aber der Pastor ließ nicht locker. Er erklärte diesem jungen Mann, was es heißt, Christ zu werden, was es heißt, Jesus Christus als seinen Retter, Helfer und Herrn anzurufen.
Und das Wunder geschah: Nach einiger Zeit ließ sich der junge Mann darauf ein. Er vertraute dem Wort Gottes. Er merkte, dass dies keine billige Vertröstung ist, sondern ein solides Fundament, das sein ganzes Leben verändern kann.
Er vertraute Jesus sein Leben an. Was folgte? Seine ganze Haltung dem Leben gegenüber änderte sich, weil er nun diese realistische Perspektive für die Zukunft gewonnen hatte.
Eine der ersten Sachen, um die er den Pastor bat, war eine Partie Tischtennis. Der Pastor sagt, er war dabei gar nicht mehr verlegen wegen seiner Behinderung.
Er hatte begriffen, welche Zukunft er bei Gott hatte, welches Erbe ihm gehörte. Das machte ihn fähig, von nun an mit seiner Behinderung zu leben und darüber nicht bitter zu werden.
Die Frage, ob wir dieses Erbe der Zukunft im Blick haben oder nicht, ist alles andere als eine theoretische Frage. Sie hat massive Auswirkungen auf unser Leben hier.
Ich muss an eine junge Dame denken, die seit ihrer Geburt an einer spastischen Lähmung litt und zum Glauben an Jesus Christus fand.
Sie war schon vorher ein ziemlich fröhlicher Mensch gewesen, aber sie lernte jetzt ganz anders mit ihrer Behinderung zu leben.
Wir haben sie einmal eingeladen, um in unserem Konferentenkreis über ihren Lebensweg zu erzählen. Sie sagte, dass das Wichtigste in ihrem Leben war, den Weg zu Jesus Christus gefunden zu haben.
Das war natürlich eine Schwierigkeit, mit der sie in dieser Welt klarkommen musste. Aber sie sagte: „Ich freue mich schon auf das, was danach kommt. Dann kann ich meine Krücken wegwerfen und in der Ewigkeit werde ich wieder laufen können, ganz gesund auf meinen eigenen Beinen.“
Das ist die Perspektive, das ist die Zukunft, die Gott seinen Leuten schenkt.
Ausblick auf die Fortsetzung und die Bedeutung des Heiligen Geistes
Dieses Erbe, das Gott uns anvertraut hat, ist so groß, dass ich jetzt sehe: Es fehlt nicht nur eine halbe Predigt, sondern fast eine ganze Predigt. Deshalb werden wir die Entdeckungen, die in Vers 13 und Vers 14 zu machen sind und die eigentlich noch in diesem Manuskript stehen, am nächsten Sonntag abschließen. Das wird dann auch meine letzte Predigt vor dem Urlaub sein.
Das Thema Erbe hat ein solches Gewicht, dass es meiner Meinung nach notwendig war, diese Zeit darauf zu verwenden. Es wäre schade, wenn wir jetzt die Verse 13 und 14, in denen ebenfalls noch sehr viel steckt, im Schnellverfahren in die letzten zehn Minuten pressen würden.
Einen Übergang möchte ich Ihnen dennoch zeigen, um zu verdeutlichen, warum die Verse 13 und 14 unmittelbar zu dem gehören, was wir eben gesagt haben. Wir leben ja noch in dieser Spannung. Wir wissen, dass es gut ausgehen wird; wir wissen, dass Gott in der Zukunft alles auflösen wird. Das wissen wir. Trotzdem zerrt die Gegenwart noch an uns, und sie zerrt auch an unseren Nerven.
Wir haben noch diesen sterblichen Körper, wir müssen uns mit allen möglichen Zweifeln und Problemen herumschlagen. Wir müssen Fehlschläge hinnehmen und Erfahrungen machen, bei denen wir nicht verstehen, warum Gott sie zugelassen hat. Morgen, wenn der Montag wieder losgeht, muss jeder an seinem Arbeitsplatz bestehen oder überhaupt versuchen, einen zu bekommen.
Wir merken immer wieder, wie sehr wir noch in dieser Welt festhängen und dass wir nicht einfach locker, flockig und leicht über diese Probleme hinweggehen können. Das wissen wir trotz des Erbes.
Die Frage ist: Wie kommen wir da durch? Wie überstehen wir diese Zwischenzeit bis zum Antritt des Erbes? Wie finden wir Trost, Geborgenheit und Unterstützung für den Weg dazwischen? Wie bekommen wir die Kraft, die Aufgaben wahrzunehmen, die uns jetzt von Gott aufgetragen werden?
Wie kommen wir mit dieser Spannung klar zwischen dem, was jetzt schon sichtbar ist, und dem, was in der Zukunft erst noch kommen wird, was sein wird? Wie halten wir diese Differenz aus? Und wie können wir unter diesen Belastungen trotzdem ein fröhliches und konstruktives Leben führen?
Auch dafür hat Gott gesorgt. Auf diese Frage antwortet Paulus in den Versen 13 bis 14. Ich lese sie jetzt nur noch vor:
"In ihm seid auch ihr, die ihr das Wort der Wahrheit gehört habt, nämlich das Evangelium von eurer Seligkeit. In ihm seid auch ihr, als ihr gläubig wurdet, versiegelt worden mit dem Heiligen Geist, der verheißen ist, welcher das Unterpfand unseres Erbes zu unserer Erlösung ist, damit wir sein Eigentum würden zum Lob seiner Herrlichkeit."
Das heißt ganz einfach: Gott hat seine Leute mit seinem Heiligen Geist versiegelt. Was das praktisch bedeutet, wie es dazu kommt und wie uns das helfen wird, diese Spannung auszuhalten, durch die wir jetzt in der Zwischenzeit noch hindurchmüssen, darüber werden wir am kommenden Sonntag ausführlich nachdenken.
So können wir diesen großen Abschnitt noch vor meinem Urlaub gut abschließen.
Das Ziel des göttlichen Handelns: Gottes Herrlichkeit
Aber heute dürfen wir am Ende nicht auseinandergehen, ohne noch eine letzte Frage zu klären. Diese letzte Frage lautet: Wozu hat Gott seinen Kindern all diese Vorrechte geschenkt? Was ist das große Ziel, das Gott damit verbindet? Warum hat Gott uns erwählt, warum hat er uns erlöst, warum hat er uns erleuchtet, warum hat er uns diesen Durchblick gegeben, warum hat er uns als seine Erben eingesetzt und warum versiegelt er uns mit dem Heiligen Geist?
Natürlich, weil Gott uns bei sich haben will. Weil er nicht will, dass wir verloren gehen. Weil er, der Schöpfer, seine Geschöpfe liebt. Weil Gott unbegreiflicherweise Wert auf die Gemeinschaft mit uns legt. Das stimmt. Aber das ist noch nicht alles. Paulus würde sagen: Seht genau hin, es gibt noch ein größeres Ziel. Es gibt eine Bestimmung für Gottes Kinder, die ist noch höher. Es gibt ein Vorrecht, das ist noch erstaunlicher.
Warum hat Gott das alles gemacht? Warum hat er uns erwählt, erlöst, erleuchtet, als Erben eingesetzt und mit dem Heiligen Geist versiegelt? Die Antwort steht hier in unserem Vers 12. Paulus sagt: Damit wir etwas seien zum Lob seiner Herrlichkeit. Ganz ähnlich hat er es schon in Vers 6 gesagt, und ganz ähnlich wird er es am Ende noch mal in Vers 14 sagen. Als wollte er uns am Ende den Blick ganz nach oben richten und sagen: Leute, seht! Mit dem, was Gott euch schenkt, was Gott an euch tut, verbindet ihr letztlich ein übergeordnetes großes Ziel, das alle anderen Ziele überragt.
Das ist der große, geniale Plan, der über allem steht: Ihr sollt Gott loben. Euer Leben soll dazu dienen, dass die Herrlichkeit Gottes gelobt, gepriesen und gerühmt wird. Und das Wort, das hier für Herrlichkeit steht, im Griechischen Doxa, fasst gewissermaßen alle Eigenschaften zusammen: Gottes Güte, Gottes Heiligkeit, Gottes Ernst, Gottes Sündlosigkeit, Gottes Allgegenwart, Gottes absolute Überlegenheit. Es ist alles in diesem Begriff Doxa, Herrlichkeit, zusammengefasst.
Man könnte sagen, Doxa beschreibt die ganze Wucht und Majestät Gottes. So, und wir sind eigentlich dazu da. Das ist unser größtes Ziel: Diese Majestät und Erhabenheit Gottes zu loben, zu rühmen, zu ehren und anzubeten. Das ist das große Ziel.
Verstehen Sie, Paulus gibt uns in diesen Versen 3 bis 14 ein gutes Beispiel. Klar, er beschreibt Gottes wunderbaren Plan, aber er beschreibt ihn nicht in einer trockenen Abhandlung. Das ist gründlich, was Paulus hier macht, in jedem Argument. Es ist geradezu genial, wie viele Informationen und Differenzierungen Paulus hier auf engstem Raum unterbringt. Das muss man dann auflösen wie Nescafé, wenn man es richtig verstehen will. Es ist erstaunlich, wie differenziert er die Zusammenhänge darstellt.
Aber Paulus schreibt das nicht als eine distanzierte Abhandlung. Diese Verse 3 bis 14 sind in sich schon ein Lobgesang. Lesen Sie es noch mal zuhause im ganzen Zusammenhang. Dann werden Sie sehen: Paulus problematisiert nicht, sondern preist Gott. Paulus diskutiert nicht, sondern dankt Gott.
Darum beginnt dieser ganze Abschnitt in Vers 3 nicht mit einem warnenden Vorspruch: Lieber Leser, pass auf, jetzt wird es kompliziert, ich schneide meinen Gedanken an und dann versuche einigermassen, mir zu folgen. So fängt Paulus nicht an. Paulus sagt: Wir loben Gott. Er hat es großartig gemacht. Wir wollen ihn rühmen, anbeten und preisen für seine Majestät. Und das bitte ich Sie, mit nach Hause zu nehmen, in die nächste Woche hinein und festzubehalten.
Das ist Ihre große Aufgabe für die kommende Woche. Ich weiß, Sie haben auch viele andere Aufgaben, die Sie bewältigen müssen, aber diese Aufgabe steht über allen: Sie sollen die Herrlichkeit Gottes loben. Sie sollen ihn ehren. Sie sollen sich über ihn freuen. Dankt unserem Gott, lobt, singt ihm, rühmt seinen Namen mit lauter Stimmen, lobt, singt und dankt allesamt! Gott loben, das ist unser Amt. So steht es im Liedvers.
Und das heißt nicht, dass wir uns in irgendwelche ekstatischen religiösen Erlebnisse hineinsteigern sollen. Das heißt nicht, dass wir in irgendwelchen Gefühlen schwelgen sollen. Dabei würden wir uns ja wieder nur um uns selbst drehen. Nein! Sondern es heißt, wir sollen uns mit unserem ganzen Leben diesem Ziel verschreiben. Dass wir uns um den lebendigen Gott und um seinen Sohn Jesus Christus drehen, dass wir ihn ehren, dass wir für ihn leben.
Und ich denke, das ist das größte Vorrecht, das ist die herausragendste Bestimmung, die bei dem Leben der Christen steht. Ganz gleich, wie wir dieser Welt gegenüber dastehen, ganz gleich, ob wir hoch angesehen sind oder eher Außenseiter oder eher unauffällig leben – das ist alles sehr nebensächlich. Die herausragende Bestimmung über unserem Leben ist die, dass wir nicht in erster Linie dazu da sind, uns einigermaßen durchs Leben zu schlagen. Dass wir auch nicht dazu da sind, so ein paar fromme Leistungen zu bringen und ein bisschen kirchlich und religiös zu sein.
Unsere Bestimmung ist viel, viel größer. Wir haben eine persönliche Aufgabe gegenüber dem lebendigen Gott wahrzunehmen. Du hast eine persönliche Aufgabe gegenüber dem lebendigen Gott wahrzunehmen.
Er beauftragt uns nicht nur als seine Boten, um Menschen etwas von ihm auszurichten – das macht er auch. Aber Gott sendet uns nicht nur aus, er gibt uns nicht nur Aufgaben an anderen. Er setzt uns gewissermaßen nicht nur im Außendienst ein, sondern er will uns auch im Innendienst haben. Ganz direkt ihm sollen wir dienen. Wir sollen nicht nur von ihm reden, sondern auch mit ihm reden.
Wir sollen uns nicht nur in seinem Dienst aufreiben, sondern wir sollen uns um ihn selbst drehen, an ihn denken, ihn loben zu seiner Ehre. Er allein hat Anspruch darauf, und er allein ist dessen würdig.
Und so bleibt am Ende die Frage: Wie kann das gehen? Wie kann unser Leben immer mehr in diese Bestimmung hineinwachsen? Wie kommen wir dahin, dass wir von diesem großen Vorrecht, zur Ehre Gottes zu leben, immer mehr Gebrauch machen?
Es zeigt sich: Es geht Gott nicht nur um unsere Worte, sondern es geht darum – so steht es hier in Vers 12 – dass wir etwas seien zum Lob seiner Herrlichkeit. Gott loben, sich um seine Ehre zu drehen, das ist ein ganzes Lebenskonzept, das ist ein richtiger Lebensstil.
Und das beginnt damit, dass wir uns von Gott die Perspektive zurechtrücken lassen, auch und gerade durch diese Verse heute Morgen. Dass wir das als unseren Auftrag und unser Vorrecht erkennen: Wir sind für ihn da, wir sind zu seiner Ehre da. Gott ist nicht in erster Linie um unseres Willen da, obwohl er auch für uns da ist, natürlich. Aber wir sind in erster Linie um Gottes Willen da, um ihn zu ehren und um uns um ihn zu drehen.
Und wenn uns diese Perspektive klar wird, dann können wir ihn bitten und sagen: Herr, hilf mir, hilf mir, dass du mir selbst immer wichtiger wirst. Hilf mir, dass mein Leben immer mehr dahingehend verändert wird, dass es sich darum dreht, dich zu loben, dich zu ehren, dir zu dienen, dass du uns immer wichtiger wirst.
Und das soll auch das große Ziel sein, das über unserer Gemeinde steht. Wir wollen nicht in erster Linie etwas darstellen vor der Öffentlichkeit, wir wollen nicht in erster Linie äußerlich groß werden, auch wenn wir uns natürlich darüber freuen, wenn viele kommen und wir einladen und Werbung machen. Wir wollen ja, dass sich viele mit uns zusammen über Gottes Wort freuen können und Gott mehr kennenlernen.
Aber das größte und erhabenste Ziel, das über unserer Gemeinde steht, ist das, dass wir Gott ehren. Deswegen muss diese Frage uns in allem leiten: In allem, was wir tun und sagen und sind, dient es der Ehre Gottes? Damit wir etwas seien zum Lob seiner Herrlichkeit.
Amen. Lassen Sie uns jetzt das Lied singen, das auf der Rückseite dieses...
