Letzte Woche fand bei The Rock eine Gemeindestunde statt. Ich war nicht dabei. Das schwierigste Thema, das in meiner Abwesenheit behandelt wurde, war: Wie ist es eigentlich möglich, dass Jürgen Ältester bei Hoffnung.de ist? Kann man überhaupt in zwei Gemeinden Ältester sein? Hat Jürgen denn noch genug Zeit für uns, wenn er dort unten auch noch tätig ist?
Im Nachgang habe ich einiges davon mitbekommen. Simon hat mir ein bisschen erzählt, Markus hat mir berichtet, wie die Diskussion verlaufen ist. Und ich dachte mir: Eigentlich sind das total liebe Geschwister, oder? Sie machen sich so viele Sorgen um jemanden und fragen sich, ob er das alles noch auf die Reihe bekommt.
Die Frage, wie es mit Leitungsverantwortung in zwei Gemeinden aussieht, ist wirklich schwierig. Das ist eine gute Frage, und ich kann sie auch nicht richtig beantworten. Ich weiß noch nicht genau, ob das gut gehen wird. Das steht noch nicht in den Sternen, sondern glücklicherweise bei Gott.
Ich möchte euch gerne mit hineinnehmen, wie ich meine Aufgabe sehe, wie ich euch sehe und warum ich das heute für einen echten Wendepunkt halte.
Reflexion über die aktuelle Situation der Gemeinde
Es ist schon wieder sechs Wochen her, dass ihr uns gewählt habt. Ich habe mir diese Zeit genommen, um über die Gemeinde und über hoffnung.de nachzudenken. Ich habe mir einen Überblick verschafft, zusammen mit Simon eine Umfrage erstellt, einiges gelesen und gehört. Ehrlich gesagt hat mich das Ergebnis, zu dem ich am Donnerstagabend für mich gekommen bin, ziemlich beschäftigt. Es zeigt mir den Zustand der Gemeinde, der mich im Moment wirklich zu schaffen macht.
Mit dieser Aussage möchte ich euch heute ein letztes Mal konfrontieren. Danach werde ich nur noch nach vorne blicken. Heute dürft ihr einen ehrlichen Blick in mein Herz werfen.
Ich sehe euch als Gemeinde, ich sehe uns als Gemeinde im Moment, und diese Predigt ist dazu da, dass wir das endlich hinter uns lassen. Ich sehe uns als eine Gemeinde, die innerlich noch zerrissen und auch ein Stück entmutigt ist. Im letzten Jahr haben wir es nicht geschafft, uns auf eine einheitliche Vision zu einigen. Trotz großer Anstrengungen ist das faktisch nicht gelungen.
Zurzeit sind wir eine Gemeinde, die wenig miteinander betet, in der nur wenige Menschen zum Glauben kommen. Wenn man der Realität ins Auge blickt, müsste man sagen: Stand heute, am 20.04., hat der Teufel gewonnen. So sehe ich es.
Der Teufel ist ein Ankläger, ein Entmutiger. Er verdreht die Wahrheit und verkauft uns Lügen als Wahrheit. Er benutzt Schwierigkeiten, damit am Ende der Glaube auf der Strecke bleibt. Und ich glaube, dass er unter uns ganze Arbeit geleistet hat, wenn wir ehrlich sind.
Ich finde es immer wichtig, ehrlich zu sein. Wenn man die Fakten auf den Tisch legt, muss man sagen, dass wir im Moment am Boden liegen. Aber – und das ist die Botschaft dieser Predigt – wir werden nicht liegen bleiben.
Die eigene Aufgabe und Vision für die Gemeinde
Okay, was ist meine Aufgabe? Jemand hat mich gefragt: „Jürgen, wie siehst du deine Aufgabe?“ Und ich dachte erst: Was soll ich denn dazu jetzt sagen? Dann habe ich mal nachgedacht: Wie sehe ich eigentlich meine Aufgabe? Wie nehme ich sie wahr? Warum bin ich überhaupt angetreten?
Dabei habe ich mir gedacht, ich schreibe das mal auf und teile es mit euch. Ihr mögt jetzt vielleicht sagen, das ist eine komische Arbeitsbeschreibung, aber das ist wirklich das, was ich gerne mit euch machen würde. Wenn ich für etwas stehen möchte – und im Gegensatz zu Walli bin ich nicht der Seelsorger-Typ, der immer an den Menschen dranbleibt und immer weiß, wie es jedem geht. Jürgen ist eher ein sehr spiritueller Mensch, der sehr danach fragt. Ich bin da ein bisschen anders.
Deshalb will ich euch ehrlich sagen, was meine Vision von meinem Beitrag zu dieser Gemeinde ist. Ich sehe meine Aufgabe darin, diese Gemeinde neu zu ordnen und sie dort, wo es nötig ist, neu auf Jesus auszurichten.
Und jetzt kommt eine sehr männliche Formulierung, bei der Frauen vielleicht ein bisschen zucken, aber ich sehe es einfach so: Ich möchte uns neu in den Kampf gegen den Teufel führen. Ich habe überlegt, ob ich dazu ein paar Filmausschnitte zeige. Ich dachte an „Saving Private Ryan“, die Erstürmung des Omaha Beach. Aber als ich da reingeschaut habe, dachte ich: Boah, das kann ich euch echt nicht zumuten. Wer den Film kennt, weiß, das ist wirklich Krieg.
Aber irgendwie dachte ich auch: Ja, wir stehen ja auch ein Stück weit im Krieg. Und ich möchte, dass ihr versteht, wo ich stehe.
Wenn ich Gemeinde sehe, dann sehe ich vor meinem geistigen Auge eine Vision, die tatsächlich über soziale Projekte, Gottesdienste, Impaktsachen, Kinderstunden und Rüstzeiten hinausgeht. Ich glaube, dass wir als Gemeinde dazu berufen sind, Teil einer wirklich globalen Auseinandersetzung zu sein – zwischen Licht und Finsternis.
Wir mögen lokal verortet sein, hier vor Ort, und wir müssen hier unseren Beitrag leisten. Aber der Kampf ist viel größer. Wir sind dazu gesandt als Schafe mitten unter Wölfen. Wir sind an die Front gestellt. Und wir werden nur überleben und unseren Job nur machen können, wenn wir bereit sind, im Team zu arbeiten.
Ich möchte euch diese globale Vision, die ich für meinen Dienst immer habe, näherbringen. Deshalb stellen sich meine Geschwister in Spandau oft die Frage: „Jürgen, wie kann es sein, dass du da unten noch mitmachst?“
Wenn sie wüssten, wo ich überall mitmische, würden sie noch mehr erschrecken. Ich habe es ihnen jetzt in einem „The Rock Voice“-Artikel für morgen mal reingeschrieben, damit sie überhaupt mitkriegen, wo Jürgen überall seine Finger drin hat.
Aber ich sehe das Große. Und ich möchte euch ein bisschen mit hineinnehmen in diese große Auseinandersetzung. Ich habe Sorge, dass wir zu sehr auf uns selbst blicken, unsere kleinen Probleme sehen und vielleicht nicht genau verstehen, wo Gott uns hingestellt hat.
Die Identität der Gemeinde nach 1. Petrus 2,9
Wer sind wir? Ich möchte mit euch einen Text aus 1. Petrus 2,9 behandeln. Dabei geht es mir darum, meine Leidenschaft für Gemeinde mit euch zu teilen. Es geht dabei nicht um meine persönliche Leidenschaft, sondern um ein Spiegelbild der Leidenschaft Gottes.
Wenn Gott uns als Gemeinde betrachtet – und hier spreche ich bewusst von uns als Ortsgemeinde – dann hat Gott ein Bild von uns. Ich bin mir nicht sicher, ob wir dieses Bild auch von uns selbst haben. Eher glaube ich, dass wir viel zu klein von uns denken.
Ab heute kommt wieder der Satz: Bitte schlagt eure Bibeln auf! Ihr dürft gerne Bibeln mit in den Gottesdienst bringen. Ich weiß, inzwischen liest man oft auf dem Handy. Trotzdem möchte ich alle Handybenutzer ermutigen, sich wieder eine Bibel zu kaufen. Denn irgendwann werdet ihr anfangen, Stellen zu unterstreichen oder Schriftbilder zu brauchen, um euch daran zu erinnern, wo etwas steht. Und spätestens wenn ihr in einem Bibelkreis mit Menschen arbeitet, denen ihr die Bibel erklären wollt, wird euch das Handy nicht weiterhelfen.
Wer also keine Bibel hat, bringt das nächste Mal eine mit. Hört jetzt gut zu: 1. Petrus 2,9. Petrus schreibt den Christen Folgendes. Ich lese euch den ganzen Vers vor und werde dann fünf Punkte durchgehen, die Petrus hier über die Gemeinde sagt.
Mein Anliegen ist, dass ihr danach sagt: „Wahnsinn, wenn Gott uns so sieht, dann kann ich mich gar nicht anders sehen. Das muss doch eine Auswirkung auf mich haben.“
1. Petrus 2,9 lautet: „Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, eine heilige Nation, ein Volk zum Besitztum, damit ihr die Tugenden dessen verkündigt, der euch aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht berufen hat.“
Praktische Empfehlung zum Bibelverslernen
Ich gebe euch einen Tipp für den Neuanfang dieser Gemeinde. Es ist ein ganz einfacher Tipp, den ich gerne mit Bibelvers-Lernkärtchen verbinden möchte.
Linus, hast du schon welche gekauft?
Noch nicht, aber du wirst es tun, da bin ich mir sicher, weil du es mir versprochen hast. Linus wird euer Vorbild beim Lernen von Bibelvers-Kärtchen sein.
Wenn du es noch nicht tust, fang jetzt an und lerne Bibelverse auswendig. Wenn du diese Predigt behalten möchtest, musst du einen Vers auswendig lernen: 1. Petrus 2,9.
Du brauchst vielleicht sechs, acht oder zehn Wochen dafür, ich selbst brauche etwa ein Vierteljahr. Aber danach wirst du die Reihenfolge halbwegs im Kopf haben und nicht mehr vergessen, was Gott dir gesagt hat.
Das ist wichtig, denn wir sind vergesslich. Vielleicht denkst du: „Ich habe doch immer ein Handy dabei.“
Nein, hast du nicht, glaub mir. Unter der Dusche wird es schwierig mit dem Handy, im Schwimmbad ist es auch problematisch, und wenn du in der Antarktis unterwegs bist, erst recht.
Deshalb lerne die Verse in deinem Kopf, lerne sie auswendig. Für die Jungen ist das unbedingt wichtig, wirklich ganz, ganz wichtig.
Die fünf Merkmale der Gemeinde nach 1. Petrus 2,9
1. Ein auserwähltes Geschlecht
Was sind wir? Erstens: Ihr seid ein auserwähltes Geschlecht. Ich weiß, so redet heute kaum noch jemand. Aber erinnert euch an den Geschichtsunterricht: Geschlecht der Staufer oder Geschlecht der Hohen Zollern. Irgendwie hat das etwas damit zu tun, dass man zu einer Familie gehört. Wir sind Teil einer Familie.
Wodurch? Wodurch wird man Teil der Familie Gottes? Nun, nicht durch die Abstammung. Er wollte mich ärgern. Sondern durch die Geburt. Welche Geburt? Die Wiedergeburt, also von neuem geboren werden.
Und jetzt sagt der Text: Wir sind ein auserwähltes Geschlecht. Dieses Wort „auserwählt“ bedeutet, dass wir kostbar sind, dass wir wertvoll sind, dass wir Leute sind, die Gott will. Gott will dich? Nein, das steht da nicht. Hast du das gemerkt? Das ist dieser Denkfehler, den wir oft haben. Nein, Gott will dich ausnahmsweise mal nicht. Gott will Gemeinde.
Wir sind ein auserwähltes Geschlecht. Wir sind nicht eine Sammlung von auserwählten Individuen, bei denen jeder so sein eigenes Ding macht und wir uns zufälligerweise am Samstag um sechzehn Uhr hier treffen. Wir gehören zusammen, und wir sind nur zusammen – in diesem Fall, in diesem Vers – ausnahmsweise mal zusammen auserwählt.
Du bist Gott wichtig, ja, total wichtig als Teil einer Gemeinschaft. Und das geht auch so weiter.
2. Ein königliches Priestertum
Wir sind ein königliches Priestertum. Das ist schon eine große Aussage. Jesus war ein Priester, ein hoher Priester. Wer die Bibel kennt, weiß, dass Jesus hoher Priester nach der Ordnung des Melchisedek war. Melchisedek war kein Priester, den Mose eingesetzt hat, sondern jemand, der schon ein halbes Jahrtausend vor Mose lebte.
Das Besondere an Melchisedek war, dass er sowohl Priester als auch König war. Überlegt mal: Jesus ist dieser Priesterkönig, und er macht uns zu einem königlichen Priestertum. Er hat den Status, König und Priester zu sein, und er gibt uns etwas von diesem Status weiter.
Das ist so, als würde man dir sagen: Du bekommst einen Titel. Ich kenne mich ja ein wenig mit England aus, dort gibt es die Queen und so weiter. Man kann dort zum Ritter geschlagen werden. Ich weiß nicht, ob es auch Ritterinnen gibt. Ritterin – gibt es so etwas? Nein, irgendwie nicht, oder? Egal. Auf jeden Fall kann man dann zum Namen ein „Sir“ dazubekommen, also Sir irgendwas. Ein Ritterschlag!
Und genau das macht Gott. Er sagt: Ihr seid nicht nur irgendwie Priester, ihr seid königliche Priester, ihr seid geadelt. Wenn ich euch anschaue, dann sehe ich in euch einen Wert. Das kann einen fast ein bisschen stolz machen, sodass man die Nase etwas hochträgt. Dabei muss man aber aufpassen, dass man nicht zu hoch von sich denkt, wenn man das durchdenkt.
Gleichzeitig steht hier, dass wir Priester sind. Du bist Priester, aber noch viel spannender ist, dass hier im Text steht: Wir sind ein Priestertum. Wir denken oft: Ich bin Priester. Nein, da steht: Wir sind ein Priestertum. Du bist Priester in einer Gemeinschaft von Priestern. Du bist berufen, deine geistlichen Schlachtopfer zu bringen.
Übrigens, falls du das nicht weißt: Deswegen bist du heute hier. Du bist nicht wegen des Abendmahls hier, sondern weil du geistliche Schlachtopfer bringen sollst, denn du bist Priester Gottes.
Was sind geistliche Schlachtopfer? Geistlich bedeutet, dass wir nicht wirklich Ziegen die Kehle durchschneiden, das machen wir nicht. Aber wir tun fast genauso wichtige Dinge: Wir singen Lieder, wir beten, wir spenden, wir tun Fürbitte für andere Menschen. Vielleicht hast du sogar Lust, Schuld zu bekennen, die in deinem Leben ist. Vielleicht bist du bereit, ein Gelübde auf dich zu nehmen und zu sagen: Wenn Gott uns an der und der Stelle die nächsten sechs Monate Gnade gibt, dann werde ich … Das ist nicht so populär, ich weiß, aber das sind alles Möglichkeiten, geistliche Schlachtopfer zu bringen – Dinge, die du tun kannst.
Und jetzt kommt es: Zu diesen Dingen bist du als Priester oder Priesterin berufen. Ich nehme mal das Weibliche mit hinein, auch wenn es jetzt nicht explizit im Text steht, denn der Priester ist hier nur ein Bild für unsere Funktion. Aber jeder von uns muss das zutiefst begreifen: Du bist hier im Gottesdienst als jemand, der etwas mitbringt.
Im Alten Testament hört sich das so an, wenn Gott durch Mose sagt: Man soll nicht mit leeren Händen vor mein Angesicht treten. Der Tempel ist Gottes Wohnort. Wenn wir hier Gottesdienst feiern, dann ist das so, als würden wir im Alten Testament hineinzoomen und die Priester im Gottesdienst erleben, wie sie Gott begegnen.
Das ist nicht viel anders, nur dass es damals nur ein paar Priester gab, die alles machten, und alle anderen außen vor standen. Hier aber ist die gesamte Gemeinschaft mit einbezogen.
3. Eine heilige Nation
Wir sind dritter Punkt eine heilige Nation. Die Sprache ist toll, oder? Es ist wieder dieses „Nation“ – nicht ein geheiligter Walli, ein geheiligter Markus oder ein geheiligtes Wehr, sondern eine heilige Nation. Wieder richtet sich der Blick nicht auf den Einzelnen, sondern auf euch alle.
Was heißt heilig? Wann ist jemand heilig? Wenn man in Rom heilig gesprochen wird? Wahrscheinlich nicht. Okay, gut. Was bedeutet es, heilig zu sein? Schuldfrei zu sein, das hat irgendwie mit Sünde zu tun. Heilig sein heißt gerecht sein, keine Sünde zu haben und für Gott abgesondert zu sein. Merkt euch die zwei Dinge: Erstens, wenn jemand heilig ist, dann steht er auf Gottes Seite, ist für Gott abgesondert.
Auch Gegenstände können heilig sein, weil sie im Gottesdienst gebraucht werden. Wir sind heilig, weil wir zu Gott gehören. Aber jeder, der zu Gott gehört, verbindet mit dem Begriff Heiligkeit auch, dass er die Sünde aus seinem Leben entfernt. Warum? Weil er sagt: Ich möchte in diesem Leben schon anfangen, so zu leben, wie ich sowieso die Ewigkeit verbringen werde.
Es ist ja völlig unsinnig, in diesem Leben Dinge zu tun, für die ich mich in der Ewigkeit schämen werde. Man kann ja hier schon damit aufhören. Wenn ich einem heiligen Gott begegne, der heilig ist, dann kann ich doch selbst schon ein bisschen heilig werden.
Das mache ich doch nicht anders, wenn ich – ich war jetzt auf einer Silberhochzeit eingeladen, so eine etwas schickere Silberhochzeit, in der Orangerie am Oranienburger Schloss, also neben dem Oranienburger Schloss, so ein bisschen größer. Na, wenn ich weiß, dass ich da hingehe, dann würde ich nicht einfach so auftauchen, entschuldigt, sondern ich habe meinen schwarzen Anzug angezogen, ehrlich, vorneweg. Ich habe mich vorbereitet, um dort hinzugehen.
Und wenn ich weiß, ich gehe in den Himmel, dann kann ich mich doch hier auf der Erde schon ein bisschen darauf vorbereiten. Dann kann ich mich doch passend anziehen und die Sünde aus meinem Leben entfernen.
Und jetzt steht hier: Das machst nicht du, sondern das machen wir. Wir sind eine heilige Nation. Wir haben gemeinsam, wenn man so will, dieses Motto: Wir halten die Gebote Gottes, wir lieben Gott, wir wollen für Gott leben.
4. Ein Volk zum Besitztum
Vierter Punkt
Wir sind – und hier kommt wieder so ein Begriff: „Wir sind ein Volk zum Besitztum“. Wertvoll war der erste Punkt, Priester der zweite, heilig der dritte, und dieser Begriff „ein Volk zum Besitztum“ – na ja, das heißt, du bist kein Zeuge Jehovas, aber doch irgendwie ein Zeuge Gottes. Das ist das, was du tatsächlich bist.
Warum? Nee, Katja, jetzt bin ich verrutscht. Du bist blablub, falsch, mipmip, vollgespult, er sei wieder da – Volk zum Besitztum. Du bist Volk Gottes und du gehörst Gott. Nein, nein, wieder falsch, nicht wahr? Was muss ich sagen? Wir gehören Gott. Nicht Jürgen gehört, nicht Deborah gehört, sondern wir gehören Gott.
Warum gehören wir Gott? Warum gehören wir als Gemeinde Gott? Das ist ganz einfach: Wir waren vorher ein Eis essen. Wann hat mir das Eis gehört? In dem Moment, als ich die 1,80 Euro hingelegt habe. Dann war das mein Eis. Und am Kreuz hat Jesus für seine Gemeinde mit seinem Leben bezahlt. Deswegen ist das sein Volk. Deshalb kann er sagen: Ihr seid ein Volk zum Besitztum.
Dieses Volk hat einen Auftrag. Dieses Volk hat eine Berufung. Und auch hier gilt wieder: Nicht Jürgen hat diese Berufung, oder Frank, oder Simon, oder Christian, oder Helen. Wir haben die Berufung. Wir sind berufen.
Versteht ihr den Unterschied? Da schwingt der Gedanke mit, dass der Einzelne womöglich gar nicht in der Lage ist, diese Berufung allein zu erfüllen, sondern dass nur ein Team diese Berufung leben kann.
Welche Berufung? Wir sind dazu berufen, die Tugenden Gottes zu verkünden.
Oh, was sind denn Tugenden? Tugend, tugendhaft – das kennt man vielleicht noch. Tugendhafte sind die Typen, die immer langweilig in der Schule waren. Ja, mag sein. Tugenden – wenn wir die Tugenden Gottes verkünden.
Jetzt kannst du dir selbst überlegen: Wie gut kenne ich Gott? Es geht darum, dass wir Gottes geniale Art, Gottes tollen Charakter – das, was uns an Gott begeistert – anderen Leuten sagen.
Wenn Linus wieder bei Siemens ist, was ist dann sein Job? Mit seinen Schulkollegen darüber zu reden? Über seine Begeisterung für Gott. Er sagt: Ich habe einen Gott, der liebevoll ist, barmherzig, freundlich, freigebig, weise, allmächtig – und ich finde es total faszinierend, in dieser verrückten Welt einen Gott zu haben, der so ist.
Ich möchte dir gerne sagen, dass das etwas ist, was mich an Gott begeistert und was du wissen sollst. Darum geht es.
Du möchtest wissen, warum wir hier sind? Genau deshalb. Wir sind hier, wir haben als Gemeinde die Verantwortung, Gottes Tugenden zu verkünden.
Deswegen ist dieses Beispiel mit Linus doof, weil eigentlich stimmt das gar nicht. Du hättest sofort sagen müssen: Falsch, falsch, wunderbar!
Denn Linus muss sagen: Na, irgendwie hast du schon Recht, aber der Vers sagt es nicht. Der Vers geht darauf ein, dass wir eine Verantwortung haben. Oder wir sollten uns Gedanken darüber machen, wie wir es schaffen, gemeinsam Zeugen zu sein – und dass das dann den Einzelnen irgendwo betrifft, logisch.
Wenn wir in Gottes Augen wertvoll sind, Priester sind, heilig sind, sein Besitz sind, seine Zeugen sind, dann hat uns Gott dazu gemacht. Und jetzt geht es darum: Kannst du das glauben?
Wenn du glauben kannst, dass du so bist für Gott, dann ist die Frage: Möchtest du das Leben?
Ich stelle euch das so vor, weil ich mir immer wünsche, dass ihr einen Blick habt für euren Wert, für das, wer wir sind.
Man kann – und gerade wenn man aus einer Zeit herauskommt, in der vermeintlich wenig passiert ist, wo man ein bisschen deprimiert ist – seinen Wert so groß mit Hut nehmen. Man kann nur denken: Ach, da kommt doch nichts mehr, was soll da noch sein?
Da ist es nötig und wichtig, einen Blick zu wagen in die Realität. Und die Realität heißt: Wir sind in Gottes Augen genau so, wie es hier an der Folie steht. Wir sind wertvoll, wir sind wichtig für diese Welt, wir haben einen Auftrag.
Du hast als Teil dieser Gemeinde den Auftrag, den diese Gemeinde hat. Und deswegen…
Ein Wendepunkt für die Gemeinde
Deswegen ist mir dieser Gottesdienst so wichtig, weil er für mich tatsächlich ein Wendepunkt ist. Sie haben vorhin spaßeshalber „Tag eins“ gesagt, und irgendwie denke ich genauso. Es klingt vielleicht komisch, denn warum gerade heute? Nun ja, warum nicht heute?
Wenn man sich die Gleise anschaut, auf denen wir die letzten 25 Jahre gefahren sind, dann hat sich mit diesem Gottesdienst tatsächlich etwas in einer neuen Dramatik verändert. Das ist schon bedeutsam. Wenn alles gut läuft, werden wir das in drei oder vier Jahren noch viel deutlicher sehen als heute. Irgendwie stehen wir an einem Wendepunkt.
Wir können uns nämlich jetzt auf dem Weg, der vor uns liegt, zurückziehen. Wir können aussteigen und vielleicht gar nicht mehr in eine Gemeinde gehen. Ich habe mich diese Woche mit einem Ehepaar unterhalten, das sehr besorgt über Geschwister sprach. Sie sagten, wenn das hier nichts wird, dann gehen diese wahrscheinlich gar nicht mehr in eine Gemeinde.
Ich weiß nicht, wo alle hingekommen sind, also alle, die jetzt nicht mehr hier sind. Ich weiß nicht, ob sie alle in einer Gemeinde gelandet sind. Ich denke eher, es wird den einen oder anderen geben, der nicht mehr in eine Gemeinde geht, weil er kein Vertrauen mehr in Gemeinde hat. Und das ist eine Möglichkeit, die jeder von euch hat: zu sagen, nein, eigentlich glaube ich nicht mehr daran, dass das noch mal etwas wird.
Man kann aussteigen. Man kann sich gegenseitig Vorhaltungen machen, sagen, der ist schuld, oder das, was da gelaufen ist, hat mich so verletzt. Das kann man tun – und das kann man auch weitermachen. Man kann sich selbst die Wunden lecken und sich in Selbstmitleid flüchten. Das kann man ebenfalls tun.
Meine Sorge ist, dass es Geschwister unter uns gibt, die genau das tun. Mit dieser Predigt möchte ich dem ein kleines bisschen entgegenhalten. Ich bitte euch darum – das ist meine Bitte. Ich kann euch das nicht befehlen, aber ich kann von hier vorne, als jemand, der Erfahrung mit Leitung hat, sagen: Bitte nehmt im Blick auf diese Gemeinde eine neue Perspektive ein.
Die Kraft zum Aufstehen – Ein Bild aus Filmen
Und damit meine ich Folgendes: Wer kennt die Rocky-Filme? Wahrscheinlich nicht viele von euch, oder? Da entgeht euch ein echtes Highlight der Filmgeschichte. Aber das gilt für fast jeden Actionfilm.
Ein typischer Rocky-Film läuft so ab: Am Anfang ist er erfolgreich, doch irgendwann liegt er am Boden. Dann kommt jemand und sagt: „Jetzt kneif die Pobacken zusammen und fang endlich wieder an zu trainieren!“ Dazu läuft eine leidenschaftliche Musik, zum Beispiel „Eye of the Tiger“. Man sieht ihn am Anfang noch etwas trotten und nicht so stark sein.
Kennt ihr die Szene mit Apollo Creed? Zuerst joggt Rocky dem Schwarzen hinterher am Strand, dann wird er immer schneller. Am Ende ist er vorne und ruft: „Boah, ich bin wieder stark!“
Worum es mir geht, ist dieser Moment, in dem jemand am Boden liegt und jemand anderes kommt und sagt: „Weißt du was, Freund? Willst du da unten liegen bleiben oder willst du wieder aufstehen?“ Achtet mal darauf: In fast jedem Actionfilm gibt es diesen Moment, in dem der Held scheinbar erledigt ist, wo nichts mehr geht und man denkt, jetzt muss er tot sein. Doch dann öffnen sich die Augen, neue Kraft kommt irgendwoher, und er wirft sich noch einmal in den Ring.
Dieser Moment, dieses „Ich traue es mir einfach noch einmal zu“, ist genau der Moment, den ich bei euch provozieren möchte. Wenn ein Held in einem Film so etwas sagen oder tun kann, einfach die Entscheidung trifft: „Ich gebe mich nicht geschlagen, sondern stehe wieder auf“, wie viel mehr können wir das?
Wir leben doch nicht aus eigener Kraft, oder? Und wir haben doch noch einen Job zu erledigen, oder?
Ein ermutigender Bibeltext für schwere Zeiten
Ich möchte euch einen Text vorlesen, der für mich eine Art Geheimwaffe ist. Ich gebe ihn euch für Zeiten, in denen ihr in Not seid. Es ist mein persönlicher Text.
Wenn ich richtig down bin, wenn es mich mal wieder so richtig erwischt hat, wenn etwas passiert ist, bei dem ich denke: „Weißt du was, Gott, wenn das im Leben eines Vollzeitlers passieren darf, dann such ich mir einen Job.“ Wenn dieser Gedanke hochkommt, dann ist das mein Text. Ich lese ihn euch einfach vor, hört einfach zu.
Paulus schreibt Folgendes: Er sagt, wir haben aber diesen Schatz – gemeint ist das Evangelium – in irdenen Gefäßen. Ein irdenes Gefäß ist ein Tonkrug, etwas Zerbrechliches, das herunterfallen und zerspringen kann. Das Evangelium kommt auf zwei Beinen daher, und bei mir sind nicht mehr alle Zähne echt. Verstehst du? Ja, das ist zerbrechlich. Du gehst langsam immer krummer und schiefer, und deine Ohren hören auch nicht mehr richtig. Das wird irgendwann passieren, steht in der Bibel am Ende vom Prediger.
Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefäßen, damit das Übermaß der Kraft von Gott sei und nicht aus uns. Das heißt, wir sollen genau begreifen: Wenn wir durchhalten und ankommen, dann weil wir aus Gottes Kraft heraus leben.
Dann beschreibt Paulus sein Leben: In allem sind wir bedrängt, aber nicht erdrückt; keinen Ausweg sehend, aber nicht ohne Ausweg; verfolgt, aber nicht verlassen; niedergeworfen, aber nicht vernichtet. Allezeit tragen wir das Sterben Jesu am Leib umher, damit auch das Leben Jesu an unserem Leib offenbar werde. Denn ständig werden wir Lebende dem Tod überliefert um Jesu Willen, damit auch das Leben Jesu an unserem sterblichen Fleisch offenbar werde.
Deshalb ermatten wir nicht. Boah, ich kann euch nicht sagen, wie oft mich dieser Vers gerettet hat. Paulus beschreibt erst, wie schlecht es ihm geht, und sagt dann, das ist schon alles okay. Deshalb ermatten wir nicht.
Sondern wenn auch unser äußerer Mensch – äußerlich, zum Anfassen – aufgerieben wird, also immer schwächer wird, dann wird doch der innere Tag für Tag erneuert. Das bezieht sich auch auf emotionale Schwäche: Wenn du immer weniger glauben und immer weniger mutvoll nach vorne schauen kannst, wenn auch unser äußerer Mensch aufgerieben wird, so wird doch der innere Tag für Tag erneuert.
Und wenn ihr einen zweiten Vers auswendig lernen wollt – weil ich Linus gesagt habe, er soll zwei Verse die Woche lernen – dann wäre das der nächste Vers: 2. Korinther 4,17: „Denn das schnell vorübergehende Leichte der Drangsal bewirkt in uns ein über die Maßen überreiches ewiges Gewicht von Herrlichkeit.“
Du denkst dir: Hallo, du beschreibst mir gerade ein Leben, das eigentlich von Verfolgung, Niedergeworfensein und Kaputtheit geprägt ist. Und dann sagst du, das schnell vorübergehende Leichte unserer Drangsal bewirkt in uns ein über die Maßen überreiches ewiges Gewicht von Herrlichkeit. Schön, oder?
Es geht uns dreckig, und wenn wir es schaffen, nicht auf uns zu schauen, sondern an Jesus festzuhalten, wenn wir uns nicht entmutigen lassen, sondern glauben können, dass er in unserer Schwachheit durch uns hindurch stark sein möchte, dann werden wir merken, dass wir nicht ermatten. Nicht, weil wir so stark sind, sondern weil er in uns immer wieder neu etwas schafft, sodass wir den nächsten Schritt wagen können.
Mir ist schon klar, wie das geht. Das geht so: Ich brauche Kraft für den nächsten Schritt. Passt, hier, okay, Herr, ich brauche Kraft für den nächsten Schritt, kannst du? „Herr, ich brauche Kraft, morgen ist …“ Ja, hier, Herr, kannst du mir noch mal Kraft geben? Ja klar, hier. Also es ist nicht so, dass Gott sagt: „Jürgen, ich gebe dir mal Kraft, und du sprintest jetzt von hier bis zur Eisdiele in Mariendorf.“ Das macht Gott nicht.
Gott zeigt dir den nächsten Schritt und gibt dir Kraft für den nächsten Schritt. Und dann stellst du fest: Boah, das ist ja … und der Herr, ja, ich brauche … ja, nächster Schritt. So macht Gott das.
Und weil wir am Ende bei jedem Schritt, den wir vorwärtsgehen, wissen: „Dass ich diesen Weg jetzt gehe, das liegt ja nicht an mir.“ Ich bin ja gar nicht so stark. Sondern Gott hat Gnade geschenkt, Gott hat Kraft geschenkt, Gott hat sich dazugestellt.
Deswegen weiß ich, wenn ich irgendwo hier hinten bei Maria ankomme und mich dann von hier hinten umdrehe, dann kann ich sagen: Den Weg bin ich nicht aus eigener Kraft gegangen. Kein anderer kann mein Leben leben, aber ich bin es nicht aus eigener Kraft gegangen. Sondern bei jedem Schritt weiß ich, dass ich eigentlich am Ende war, und Gott hat für den nächsten Schritt einfach nur Kraft gegeben.
Und jetzt gebe ich die Parole für die nächsten sechs Monate aus, so wie ich sie höre: Wir ermatten nicht! Nein, Hoffnung.de wird keine zahme Gemeinde!
Ermutigung zum Durchhalten und Aufstehen
Jetzt möchte ich euch zwei Bilder zeigen. Unsere Devise könnte sich in den Sprüchen so anhören.
In Sprüche 24,16 steht einer meiner Lieblingsverse. Linus, wenn du drei lernen möchtest, wäre das der dritte: „Denn siebenmal fällt der Gerechte und steht doch wieder auf.“ Ich mag diesen Vers sehr. Siebenmal fällt er auf den Boden, liegt dort und kann kaum noch aufstehen – doch er steht wieder auf.
Du kannst dir die Frage stellen, was einen Gerechten in der Bibel auszeichnet. Dabei wirst du feststellen: Ein Gerechter ist jemand, der in der Kraft Gottes dort weitergeht, wo es eigentlich nicht mehr weitergeht. Das zeichnet einen Gerechten aus.
Das ist total spannend. Ich wünsche mir, dass wir diesen Blick bekommen. Ja, ich glaube, wir liegen heute am Boden. Aber ja, wir stehen wieder auf.
Zwei Perspektiven auf die Gemeindeentwicklung
Man kann auf diese Gemeinde auf verschiedene Weise blicken und unterschiedliche Perspektiven einnehmen. Ich habe hier einfach mal die Anzahl der Gemeindemitglieder aufgetragen. Wir waren mal etwa 130, 140 und sind jetzt vielleicht noch 60. Das geht jetzt seit 2005 so, das heißt, wir nehmen seit etwa fünf Jahren ständig ab. Leute gehen weg.
Ich habe das Privileg, nicht alles mitgemacht zu haben. Ich möchte gar nicht wissen, wie es euch geht, wenn ihr in euer Herz hineinschaut und euch daran erinnert, dass hier vor fünf Jahren im Weihnachtsgottesdienst zweihundert Leute saßen, wo die Stühle nicht gereicht haben. Wenn du dann zurückblickst, denkst du an diejenigen, die jetzt nicht mehr in der Gemeinde sind, die keine Gemeinde mehr besuchen oder irgendwo verschwunden sind, mit denen du keinen Kontakt mehr hast.
Ich kann nur erahnen, wie viel Schmerz in eurem Herzen ist. Und wenn da kein Schmerz ist, dann weiß ich nicht, ob das gut ist. Vielleicht ist es ein Schutzmechanismus, um sich nicht zu sehr darauf einzulassen.
Aber wisst ihr was? Ich möchte gerne mit euch die Perspektive wechseln. Man kann das so sehen: Ist doch alles nur noch schlecht. Man kann im Kopf weiterdenken und sagen, wenn das so weitergeht, sind wir 2014 irgendwo bei Null. Man kann so fühlen und leben, als wäre man schon bei Null. Man zieht sich langsam zurück, investiert sich nicht mehr in die Gemeinde, geht nur noch sporadisch zum Gottesdienst, und die Hauskreisarbeit schläft langsam ein.
Ich habe mitbekommen, wie viele Dienste nur noch so notdürftig laufen. Ja, das ist auch klar, man kann sich zurückziehen.
Ich möchte euch eine andere Perspektive zeigen. Diese Perspektive schaut einfach etwas größer. Ich habe mir erlaubt, mal von 1989 an eine Skizze zu machen. Man könnte das hier als eine Realität sehen.
Man könnte sagen, wir haben 1989 mit ungefähr dreißig Christen angefangen. In einer kleinen Schule, in einem Musikraum, da konnten wir alle noch im Kreis sitzen. Da haben wir alle draufgepasst. Wir haben in der Schule mit etwa dreißig Leuten angefangen.
Heute, obwohl alles so schlecht ist, haben sich aus diesen dreißig Leuten, die hier unten angefangen haben, ungefähr 50, 60 bei uns, hier oben bei The Rock noch mal 60, hier noch mal 15 und ich würde sagen, etwa 30 in anderen Gemeinden entwickelt. Man muss einfach zugeben, dass von da bis heute etwas passiert ist.
Ich erlaube mir an dieser Stelle einfach mal die Frage zu stellen: Kannst du dir eigentlich vorstellen, warum der Teufel sich so viel Mühe gemacht hat, diese Gemeinde, diese CGMG, kaputt zu machen? Hast du dich schon mal gefragt, warum der Teufel sich so viel Mühe gegeben hat?
Weil er sich wirklich Mühe gegeben hat. Das war ein sehr präziser Angriff auf diese Gemeinde. Er war wohldurchdacht und an den richtigen Stellen angesetzt, sodass es richtig weh getan hat. Er hat uns auf eine Weise erwischt, bei der ich zugeben muss, dass ich in dieser Zeit Respekt vor dem Teufel gewonnen habe.
Aber hast du dir mal überlegt, warum das so war? Ich sage dir, warum ich glaube, dass diese CGMG, die hier oben 130 Mitglieder hatte, dem Teufel so ein Dorn im Auge war.
Wir waren in den Jahren 1996 bis 2006, also etwa von hier bis hier, das, was man einen durchschlagenden geistlichen Erfolg nennt. Ein Erfolg, auf den ich ungemein stolz bin.
Wir waren für viele in Berlin eine Ermutigung. Ihr wisst das vielleicht nicht, weil ihr übergemeindlich nicht so tätig seid, aber wir waren für eine ganze Brüdergemeindebewegung in Berlin eine Ermutigung, dass es uns gab.
Wir haben in dieser Zeit das Evangelium gepredigt, und es sind Menschen zum Glauben gekommen. Wir haben über hundert Geschwister getauft. Wisst ihr, was das heißt?
Wenn ich heute Simon erzähle, dass wir zehn Jahre am Stück nie weniger als zwölf Leute pro Jahr getauft haben, sagt er: „Boah, das kennt er gar nicht.“ In anderen Gemeinden gehe ich in viel größere hinein und frage mal: „Habt ihr das letzte Mal zehn Leute getauft?“ Da kommt oft nur ein müdes „Mh, mh, mh“ zurück.
Denkt ihr, wir haben das einfach so gemacht? Nein, wir sind rausgegangen, haben in Wünsdorf eine Sola gegründet, Kinderstunden initiiert und bis heute durchgehalten. Wir waren mit die Ersten im Internet.
Warum haben wir eine Homepage wie Hoffnung.de? Weil wir von Anfang an dabei waren. Unsere Predigtdatenbank wird heute noch weltweit genutzt. Ist euch das eigentlich klar?
Unsere Escapes und Verteilaktionen sind legendär. Wir sind die Gemeinde, die vom 31.12.1999 bis zum 01.01.2000 in einer Nacht über 120.000 Flyer verteilt hat. Das haben wir nicht ganz alleine gemacht. Wir haben zwei Busse aus Österreich geordert mit Leuten, die in der FESB übernachtet haben. Während alle anderen feiern gingen, haben wir Flyer verteilt.
Wir haben Hunderte und Tausende Bücher verteilt. Wir haben einmal 4.000 Jesusfilme, die wir kostenlos bekommen haben, als Videokassetten unter das Volk gebracht. Das waren wir.
Und weil wir das waren, weil das auch in uns steckt und weil wir das tatsächlich gemacht haben, ohne Hilfe aus Amerika, ohne Großvorbilder, sondern einfach nur im Gehorsam gegenüber dem, was wir im Wort Gottes gelesen haben, deswegen hat Gott uns gesegnet.
Wenn du wissen möchtest, warum dieser Angriff hier oben lief, dann sage ich dir das: Weil das dem Teufel ein wirklicher, fieser Dorn im Fleisch war. Das konnte nicht so weitergehen. Er durfte uns einfach nicht weitermachen lassen und hat alles in seiner Macht Stehende getan, um uns kaputt zu machen.
Haben wir alles richtig gemacht? Nein, natürlich nicht. Aber wer erwartet bitteschön, dass man alles richtig macht? Mein Götze heißt nicht Perfektion! Ich kann das nicht.
Wenn du sagst: „Jürgen, du hast da und da Fehler gemacht“, dann sage ich dir: Amen. Ich habe noch fünfmal mehr Fehler gemacht, als du von mir weißt, das ist kein Problem. Und ich sage dir fünf Fehler, die du gemacht hast, die dir noch gar nicht aufgefallen sind. Na, ist doch logisch.
Machen wir alles richtig? Nein. Wie denn? Wir sind die erste Generation. Klar hätte ich gerne fünfzig Dales an meiner Seite, die sagen: „Ich habe schon dreißig Gemeinden gegründet, ich sage dir, wie das geht.“ Ja, logisch, das wäre schön, aber wir hatten das nicht.
Und trotzdem hat Gott uns das geschenkt.
Ich habe in dieser Zeit meine Lektionen gelernt und weiß nicht, was ihr gelernt habt in dieser Zeit. Wo Helles Pond steht, das war für mich eine prägende Zeit.
Wisst ihr, was ich da gelernt habe? Ich habe gelernt, dass biblische Gemeinde aus Laien möglich ist. Ich habe gelernt, dass Gott zu seinem Wort steht. Ich habe den Wert von Gemeinschaft gelernt, eigentlich den Wert von praktisch gelebter Gemeinschaft.
Ich sehe heute noch diesen Autoschlüssel fliegen, wo jemand sagt: „Ich habe Not, ich brauche ein Auto.“ Und bevor der Satz gesprochen war, flog der Autoschlüssel hierher. Da dachte ich, da haben wir aus dieser Zeit noch etwas zu lernen.
Ich weiß aber noch, wie das war. Und ich habe das gelernt und schätzen gelernt.
Ich habe auch hier etwas gelernt: die Gefahr von Engstirnigkeit, die Gefahr von jugendlichem Überschwang. Aber ich habe etwas gelernt, und ihr auch, die ihr lange genug dabei seid, da bin ich mir ganz sicher.
Lektionen aus der Vergangenheit und geistlicher Kampf
Was haben wir denn hier gelernt? Ist diese Cgmg-Zeit, diese Zeit, in der wir uns befinden, wirklich ohne Erkenntnisse geblieben? Ich habe viel gelernt. Soll ich euch sagen, was ich aus dieser Zeit mitnehme, was ich bereits in The Rock mitgenommen habe und was ich für den Rest meines Lebens mitnehmen werde?
Ich habe den Glauben gewonnen, dass Bekehrungen möglich sind. Wir haben es einfach erlebt, es ist wirklich passiert. Außerdem habe ich den Wert guter Leitung kennengelernt. Ihr könnt euch über die Leitung streiten, wie ihr wollt, aber wir hatten jahrelang eine gute Leitung. Dazu stehe ich, und ich glaube, wer ehrlich ist, wird zugeben, dass eine gute Leitung für eine Gemeinde etwas richtig Wichtiges ist.
Ich habe auch eine Gefahr kennengelernt: die Gefahr, sich zu überschätzen, die Gefahr, Hilfe zu spät zu suchen, die Gefahr, blind zu werden für die Realität. Manchmal sieht man Gemeinde als einen Ort, an dem es keine Sünde gibt, und baut sich so eine Utopie auf. Wenn diese Utopie, wie eine Seifenblase, zerplatzt, dann bleibt der Glaube auf der Strecke, weil er falsche Erwartungen an Gemeinde hatte.
Doch ich habe noch etwas in dieser Zeit gelernt, und ich hoffe, dass wir alle das gelernt haben: die Realität geistlichen Kampfes. Die Realität, dass es da jemanden gibt, der nicht nur böse ist, sondern wirklich böse. Das war eine harte Lektion. Eine Lektion, die ich mit Namen wie Guido, Tofi, Till, Markus Krull, Paul Gerhard und anderen verbinde. Eine lange, viel zu lange Liste. Eine Liste, die so gruselig ist, dass ich mich manchmal nicht traue, sie zu beten, weil ich denke: Nein, heute möchte ich das nicht, heute möchte ich ein bisschen fröhlicher sein.
Aber es ist eine Lektion: Es gibt da jemanden, der uns kaputt machen will. Vielleicht haben wir diese Lektion lernen müssen, weil wir auch schlechte Beter sind – bis heute. Ich weiß es nicht, aber ich habe sie gelernt. Ich weiß nicht, was du gelernt hast. Das sind die Dinge, die ich gelernt habe.
Ich wünsche mir, dass wir einen Perspektivenwechsel schaffen. Du kannst glauben, dass hier alles schlecht ist, dass es immer schlechter wird und irgendwann aufhört. Das kannst du glauben. Aber ich wünsche mir, dass du einen Perspektivenwechsel wagst und sagst: Okay, hier sind wir gestartet, wir haben eine neue Gemeinde gegründet. Gerade ist ein Gemeindegründungsprojekt am Start.
Am schwarzen Brett wurde beschlossen, mit Gottesdiensten anzufangen, dort noch einmal durchzustarten. Es gibt uns noch. Und wir sind eine Ermutigung für andere. Vielleicht müssten wir Folgendes tun: vielleicht müssten wir diese Perspektive einnehmen. Ich weiß nicht, ob du das schaffst, aber das ist meine Perspektive.
Meine Perspektive ist: Lasst uns das nehmen, was wir gelernt haben, und es festhalten. Ja, wir haben Fehler gemacht, ja, wir haben dem Teufel an einer Stelle einfach in die Hände gespielt, ja, er hat uns auf den Boden geworfen. Aber nein, wir bleiben nicht liegen.
Wenn aus 30 Leuten einmal 150 geworden sind, was hält uns eigentlich davon ab zu glauben, dass aus 60 Leuten nicht 500 werden können? Es ist einfach nur logisch. Was hält uns davon ab zu glauben, dass wir in zehn Jahren weiter sind als vor zehn Jahren? Wenn wir einmal durch diesen Zyklus gegangen sind, warum nicht noch einmal?
Nein, ich werde euch nicht versprechen, dass wir es diesmal schaffen und am Ende nicht wieder auf der Nase liegen. Nein, das werde ich euch nicht versprechen. Warum nicht? Weil es mir egal ist? Nein, nicht egal im Sinne von Gleichgültigkeit. Ich würde schon gerne eine Mega Church in Deutschland bauen, keine Frage. Aber der Punkt ist nicht, dass wir perfekt sind oder alles richtig machen.
Der Punkt ist, dass wir unseren Job erledigen. Der Punkt ist, dass wir wieder aufstehen. Der Punkt ist, dass wir den Kampf gegen den Teufel neu aufnehmen und dass wir dort, wo Gott uns hingestellt hat, gemeinsam diesen Weg gehen.
Ich würde gerne mit euch zusammen, und das sehe ich als meine Aufgabe, dem Teufel noch eine ganze Menge Ärger machen – ganz ehrlich. Und ich möchte in euer Herz diese Hoffnung hineinpflanzen: Okay, einmal sind wir bis 50, 60 gekommen, das nächste Mal bis 130, 140. Okay, ja, wir versuchen, diese Linie zu knacken.
Und wenn wir es nicht schaffen, vielleicht schaffen es unsere Kinder, die Gemeinde zu bauen, die wir immer bauen wollten. Hey, das ist geschenkt. Ich akzeptiere es, wenn du sie baust, okay? Ich bin völlig damit einverstanden, wenn ich es nicht mehr erlebe.
Wenn wir Startrampe sein dürfen für eine neue Generation, die bereit ist, in diese Stadt hinein das Evangelium zu bringen. Die das Gelernte der Väter nimmt und sagt: Okay, mein Großvater hat das da und da falsch gemacht, mein Papa hat das da und da falsch gemacht, und ich mache es jetzt richtig.
Ich bin voll damit einverstanden, wenn ich diese neue Perspektive in euer Herz pflanzen darf und wenn ich mit euch zusammen eine Vision leben darf, in der es darum geht, einen Krieg zu gewinnen. In der es darum geht, sich selbst zu verleugnen, ein Kreuz zu tragen, das Gott uns auflädt.
Und dazu gehört tatsächlich, die Realität zu akzeptieren und hier die Entscheidung zu treffen: Wir wollen noch einmal von vorne anfangen, aufstehen, weiterlaufen, vertrauen.
Abschließende Ermutigung und biblischer Ausblick
Und ich möchte euch zum Schluss noch einmal diesen Blick aufs Wesentliche vorlesen, wie Paulus das beschreibt. Ich lese aus 2. Korinther 4,16-18:
„Deshalb ermatten wir nicht“ – das ist mein Motto, und ich hoffe, es ist auch deins. Schreibst du es mit Kugelschreiber auf deinen Unterarm? Schreibst du es auf deine Bettwäsche? Kratzst du es hinten in dein Autofenster? Ja, das ist mir egal. Oder kratzt es deinem Vater ins Autofenster rein?
Deshalb ermatten wir nicht. Sondern wenn auch unser äußerer Mensch aufgerieben wird – wenn es mir im Moment richtig dreckig geht –, so wird doch der innere Tag für Tag erneuert. Denn das schnell vorübergehende Leichte unserer Bedrängnis bewirkt uns ein über die Maßen überreiches ewiges Gewicht von Herrlichkeit.
Achtung! Warum? Weil wir nicht das Sichtbare anschauen. Du kannst auf diese Gemeinde sehen, du kannst auf die Räume schauen, auf das, was sich ändern wird. Chrissi wird uns nachher neue Räume vorstellen. Die werden kleiner sein, und es gibt nur zwei Klos. Ja, da werden alle Frauen sagen: „Oh, das geht ja.“
Du kannst auf das Sichtbare schauen. Du kannst auf das schauen, was im Moment blöd ist, dass die Lounge nicht mehr so lauschig ist und vielleicht so viel anderes. Du kannst das tun. Du kannst auf das Sichtbare schauen. Aber Paulus sagt: Wir schauen nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Wir schauen weiter.
Das, was ich sehen kann, ist ein Lacher im Vergleich zu dem, was ich nicht sehen kann. Das Zeitliche ist unwichtig im Vergleich zum Ewigen. Denn das Sichtbare ist zeitlich, das Unsichtbare aber ewig.
Ich habe euch das am Anfang gesagt: Ich wollte ein bisschen persönlich sein. Das ist meine Vision für diese Gemeinde. Wir ermatten nicht. Wir stehen noch einmal auf. Wir tun uns zusammen und bilden eine einzige Schlachtreihe, die dem Teufel noch einmal so richtig ins Gesicht spuckt und sagt: „Okay, wir haben eine Runde verloren, das mag sein, aber auch nur halb. Den Kampf aber haben wir noch nicht verloren, und das werden wir auch nicht, nicht solange der Sieger Jesus Christus an unserer Seite ist.“
Und der hat versprochen: „Ich bin bei euch alle Tage.“ Das heißt, er hat versprochen, mit seiner Kraft immer bei uns zu sein. Und jetzt gilt es für uns, nur das zu glauben und danach zu leben. Amen.