Gott wird Mensch: Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode neunzig: Das Reich Gottes sehen.
Die Erwartung des Reiches Gottes im Judentum
Das Reich Gottes. Wenn jemand nicht von Neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen. Das war die Formulierung, die wir gestern betrachtet haben. Mir war es wichtig, euch zu zeigen, dass es im jüdischen Volk zu Recht eine Erwartungshaltung gab: die Erwartung, dass Gott ein ewiges Reich, also eine ewige Herrschaft, aufrichten würde.
Natürlich war klar, dass, wenn der Messias kommt, er es sein würde, der dieses Reich aufrichtet. Das Thema Reich Gottes ist uns im Rahmen unseres Podcasts bereits an anderer Stelle begegnet. In Matthäus 3,2 haben wir Johannes den Täufer predigen hören: „Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahegekommen.“
Merkt ihr? Johannes der Täufer predigt, dass das Reich Gottes nahegekommen ist – das war sein Thema. Zuerst haben wir die Prophetie über den Messias Gottes, der sein Reich aufrichten wird. Dann kommt Johannes der Täufer, der den Messias und sein Reich ankündigt.
Schließlich kommt Jesus, reinigt den Tempel, vollbringt Zeichen, und natürlich fragen sich alle: Ist er der Messias? Und wenn ja, wird er jetzt sein Reich aufrichten? Diese Frage stand schon im Raum, als Johannes der Täufer mit dem Predigen und Taufen begann.
Johannes hatte jedoch verneint und gesagt: „Ich bin nicht der Christus.“ Das waren seine Worte. Aber vielleicht ist dieser Jesus aus Nazaret der Messias? Und damit verbunden stellt sich die Frage: Werden wir vielleicht zu Lebzeiten das Reich Gottes sehen? Wird Gott sein ewiges Reich aufrichten, solange wir noch leben?
Die falsche Vorstellung vom sichtbaren Reich
Und damit kommen wir zu einem Problem.
In Lukas 17,20 heißt es: Als Jesus von den Pharisäern gefragt wurde, wann das Reich Gottes komme, antwortete er ihnen: „Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es beobachten könnte.“
Die Pharisäer und wahrscheinlich auch der Rest des Volkes hatten eine ganz falsche Vorstellung vom Reich Gottes. Sie stellten sich ein Reich vor, das man sehen konnte. Jesus muss sie korrigieren: Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es beobachten könnte. Es kommt, das ist keine Frage, aber anders.
Das Reich Gottes ist ein unsichtbares, geistliches Reich. Für die Pharisäer war die Idee vom Reich Gottes eng mit der Vorstellung eines sichtbaren Königreichs verbunden. Reich bedeutet die Herrschaft eines Königs – aber natürlich nicht irgendeines Königs, sondern ihres Königs, des Messias. Für sie war der Messias ein politischer Herrscher. Einer aus der Nachkommenschaft Davids, der an die Erfolge seines Ahnen anknüpfen und Israel als Staat, als geopolitische Größe, zu Glanz und Gloria führen sollte.
Denken wir in diesem Zusammenhang nur an das, was Gabriel zu Maria über ihren Sohn sagt, in Lukas 1,32-33: „Dieser wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Und der Herrgott wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird über das Haus Jakobs herrschen in Ewigkeit, und seines Königtums wird kein Ende sein.“
Man kann das leicht falsch verstehen. Worte wie Thron, Königreich, Herrschen – es braucht nicht viel, um an einen „richtigen König“ zu denken.
Hatten die alttestamentlichen Propheten den zukünftigen Messias nicht sogar David genannt? Ein Beispiel findet sich in Hosea 3,5: „Danach werden die Söhne Israels umkehren und den Herrn, ihren Gott, aufsuchen und David, ihren König. Und sie werden sich bebend zum Herrn wenden und zu seiner Güte am Ende der Tage.“
Na bingo! Der Messias ist ein zweiter David, ein König.
Das geistliche Reich Jesu im Gegensatz zur politischen Erwartung
Ja und Nein. Ja, Jesus wird sein Reich aufrichten. Er wird am Kreuz die Schlacht gegen alles Böse gewinnen und zum König der Könige gekrönt werden. Davon spricht schon Psalm 2. Er richtet tatsächlich das ewige Reich auf, von dem Daniel gesprochen hat. Er wird ein zweiter David, aber kein weltlich-politischer Führer.
Das ist so wenig sein Ziel, dass er, als man ihn nach der Speisung der Fünftausend zwangsweise zum König machen will, einfach verschwindet. Die Juden erwarten einen König, der die Römer aus dem Land vertreibt. Doch sie bekommen einen, der damit anfängt, jüdische Händler aus dem Tempel zu treiben.
„Mein Reich ist nicht von dieser Welt“, sagt Jesus kurz vor seiner Kreuzigung zu Pilatus. „Mein Reich ist nicht von dieser Welt, aber es ist ein Reich in dieser Welt.“ Die Herrschaft Jesu als König über seine Untertanen ist real, doch sein Reich ist nicht irdisch, sondern geistlich. Es ist eine Herrschaft über Herzen, nicht über ein Stück Land.
Wer dieses Reich sehen will, braucht mehr als zwei Augen. Er braucht eine neue Geburt. Johannes 3,3: „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht von Neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.“
Die Notwendigkeit der neuen Geburt zum Erkennen des Reiches Gottes
Wer das Reich Gottes sehen will, braucht eine neue Geburt, denn es handelt sich um geistliche Dinge. Diese bleiben unbekehrten Menschen ohne den Heiligen Geist verborgen, wie Paulus in 1. Korinther 2,14 sagt: Ein natürlicher Mensch nimmt nicht an dem teil, was des Geistes Gottes ist, denn es ist ihm eine Torheit. Er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird.
Wir müssen diesen Punkt gut verstehen. Geistliche Zusammenhänge kann nur der verstehen, der vom Geist geleitet wird. Deshalb reicht es nicht aus, Theologie zu studieren, um Gott wirklich kennenzulernen. Ein Theologiestudium ohne Bekehrung führt nicht dazu, dass ich geistliche Zusammenhänge erfasse. Darum geht es ja beim Umgang mit Gott: Ohne Bekehrung kann ich geistliche Zusammenhänge nicht wirklich verstehen.
Da hilft auch kein ausgedehntes Literaturstudium oder ein Doktortitel. Wenn mich jemand fragen würde: „Jürgen, was hast du gegen liberale Theologie?“, dann fiele mir eine ganze Menge ein. Vor allem sehe ich aber Atheisten, die Theologie betreiben – und das kann nicht funktionieren.
Ein natürlicher Mensch, also ein Mensch ohne den Heiligen Geist, kann Dinge, die geistlich beurteilt werden müssen, nicht begreifen – egal wie schlau er ist. Er kann das nicht, weil der Zugang zu einer Beziehung mit Gott und damit zu einem wirklichen Erkennen geistlicher Zusammenhänge nur dem möglich ist, der von Neuem geboren wird.
Ohne diese neue Geburt, ohne neues ewiges Leben, ohne den Heiligen Geist ist es nicht einmal möglich, das Reich Gottes zu sehen. Als frommer Atheist mag ich mich in Kirchengeschichte auskennen, ich kann Bibelkommentare lesen oder mich am Deutschen Requiem von Brahms erfreuen – all das geht. Trotzdem habe ich keine Ahnung vom Reich Gottes, solange ich mich nicht auf die Idee einlasse, dass mir etwas fehlt und ich von Neuem geboren werde.
Einladung zur weiteren Beschäftigung und Abschluss
Was könntest du jetzt tun? Du könntest Daniel Kapitel sieben lesen und dich erneut darüber freuen, wie beeindruckend biblische Prophetie ist.
War das schon alles für heute? Vielleicht ein Gebet für den Podcast?
Das automatische Streaming auf YouTube erzeugt ein leises Zischeln, und ich frage mich, wie man das entfernen kann.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden! Amen.