Einleitung
In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ war zu lesen: Einem 25jährigen Autofahrer ging auf der Autobahn im US-Staat Wyoming das Benzin aus. Der Mann aus Salt Lake City fuhr auf den Parkstreifen und machte vorbeifahrenden Autofahrern Stopzeichen. Elf Stunden später hatte immer noch keiner der vorbeifahrenden Wagen gehalten. Stunden später fand die Polizei einen Toten. Der junge Mann hatte sich erschossen. Neben sich hatte er einen Zettel gelegt: „Ich halte die Kälte nicht mehr aus. Und sie fahren immer noch vorüber.“ Kommentiert wurde dieser Bericht wie folgt: „ Diese Meldung ist so etwas wie ein Offenbarungseid unserer überzivilisierten, technisierten, vom Egoismus geprägten Gesellschaft. In unserer westlichen Welt zählt nur noch der Starke, der Gesunde, der sich selbst helfen kann. Hilflose werden nach unseren gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen und Prinzipien sich selbst überlassen, ausgebootet, zur Verzweiflung und im äussersten Fall sogar zum Selbstmord getrieben. ... Wozu dient eigentlich noch das Leben in einer Gesellschaft, in der das Individuum nur noch für sich selbst lebt?
In unserer Gesellschaft kann uns das Lebensgefühl Überzählig zu sein ganz plötzlich überfallen. Was bin ich denn überhaupt wert? Wem bin ich denn noch wichtig? Eingestuft werden wir gemäss unserem Können und unserem Nutzen für die Volkswirtschaft. Kürzlich wurden Promis befragt, ob es ihnen gefällt prominent zu sein. Natürlich gefällt es ihnen. Das würde – wenn wir ehrlich mit uns selbst sind – jedem von uns gefallen. Natürlich wollen wir nicht belästigt werden, aber wir werden gerne bewundert. Das steigert unser Selbstwertgefühl. Und wenn der Glimmer vorbei ist? Ganz plötzlich kann auch ein Promi den Eindruck beschleichen, dass einem die Leute nur mögen, weil man bekannt ist. Man ist ihnen nur soviel wert, wie es ihrem Unterhaltungsbedürfnis entspricht. Welchen Wert hat denn ein Menschenleben? Ist ein Menschenleben tatsächlich wertvoll, wenn es die erwünschte Leistung erbringt, oder gibt es einen Wert, der von der gesellschaftlichen Beurteilung unabhängig ist?
Im Lukas Kapitel 15 spricht Jesus mit den Pharisäern und Schriftgelehrten. Sie waren Menschen, die von ihrem Lebensstil, ihrer Bildung usw. in der damaligen Welt als wertvoll galten, sie waren sogar in gewisser Hinsicht prominent. In ihren Augen waren aber die Zöllner und Sünder wertlos, hoffnungslos, sie hatten keine Chance je ein Gott wohlgefälliges Leben zu führen, so tief waren sie in Sünde gesunken. So erzählt ihnen Jesus eine kleine Geschichte. (Lk.15,8-10)
I. Die verlorene Münze
Jesus erzählt eine ganz alltägliche Situation. Eine Frau verliert eine Münze und sie setzt alles in Bewegung, bis sie sie wieder gefunden hat. Es ist jedem klar, dass die Frau richtig gehandelt hatte. Das würde jede Frau tun, die eine wertvolle Münze verliert. “Oder wie ist es, wenn eine Frau zehn Silbermünzen hat und eine davon verliert? Zündet sie da nicht eine Lampe an, kehrt das ganze Haus und sucht in allen Ecken, bis sie die Münze gefunden hat? Lk.15,8. Die Silbermünze, war ein griechischer Drachmen. Die Kaufkraft einer solchen Münze auf unsere Verhältnisse umzurechnen ist schwierig. Ein Drachmen entsprach ungefähr dem Tagelohn eines Mannes. Diese Frau besass etwa 10 Tagelöhne, uns scheint das recht wenig, aber man muss beachten, dass das alles war, was sie besass. Darum hat für sie dieses Geldstück einen ausgesprochen hohen Wert. Hätte sie 1000 dieser Geldstücke, so würde sie immer noch 999 weitere Geldstücke besitzen. Sie verliert also sehr viel und betreibt auch einen entsprechend hohen Aufwand, die Münze zu finden. Sie zündet das Licht an, und kehrt den vermutlich felsigen Boden mit einem Palmzweig. Bis sie die Münze findet. Die Freude ist natürlich gross, als sie ihre Münze wieder fand.
Jesus wendet diese Erzählung wieder auf die aktuelle Situation an und sagt den Zuhörern: Ich sage euch: Genauso freuen sich die Engel Gottes über einen einzigen Sünder, der umkehrt. 10. Mit anderen Worte: Was ihr Pharisäer und Schriftgelehrte als wertlos erachtet, das hat bei Gott einen hohen Wert. Diese Sünder und Zöllner sind Gott wertvoll, auch wenn sie noch ein Leben führen, dass Gott missfällt.
II. Verloren und trotzdem wertvoll
Mit diese verlorenen Münze will Jesus ganz deutlich hervorheben: Menschen, die verloren sind – eben wie diese Sünder und Zöllner - sind in Gottes Augen trotzdem wertvoll. Der Mensch, auch wenn er von Gott getrennt lebt, selbst wenn er gegen Gott lebt, behält in den Augen Gottes einen inneren Wert.
Das ist wie wenn ich ein Goldvreneli verliere. Es hat für mich dann keinen Wert mehr, weil ich es nicht mehr in meinem Besitz habe. Aber das Goldvreneli ist immer noch ein Goldvreneli, zwar ein unnützes aber es behält seinen inneren Wert. Wenn ich es wiederfinde, dann werde ich es reinigen und kann es wieder verwenden. Anders gesagt, wenn Du denkst, dass Du niemandem etwas bedeutest, du seist niemanden wichtig. Eines kannst Du mit Sicherheit wissen. Du bist Gott sehr wichtig. Du bist in seinen Augen ausgesprochen wertvoll. Egal wie du gerade lebst, ob Du ein Leben führst, das Gott gefällt oder nicht. Du bist in seinen Augen wertvoll.
Nun lehrt uns die Bibel: der Mensch, der nicht an Gott glaubt, der gegen Gott lebt, der steht eigentlich unter dem Zorn Gottes. Er wird von Gott gerichtet werden. Im Johannesevangelium steht: Wer an den Sohn glaubt, hat das ewige Leben. Wer dem Sohn nicht gehorcht, wird das Leben nicht sehen; der Zorn Gottes bleibt auf ihm. Joh.3,36. Gott wird das Böse und die Gottlosigkeit nie dulden, seine Liebe und Wertschätzung bedeutet nicht, dass er am Schluss sagen wird: Ist schon gut, ich habe deine Bosheit nicht zur Kenntnis genommen - Schwamm drüber. Nein, Gott ist zornig über die Bosheit und Gottlosigkeit der Menschen, er wird die Menschen richten. Aber so sicher das ist, so sicher ist auch, dass der Mensch, auch wenn er verloren ist, in den Augen Gottes einen hohen Wert hat.
Der Mensch ist ein Geschöpf Gottes, wir sind sein Werk. So schuf Gott die Menschen nach seinem Bild, als Gottes Ebenbild schuf er ihn und schuf sie als Mann und als Frau. (Gen 1,27)Der Mensch ist zum Bilde Gott geschaffen. Gott schuf den Menschen als ein Gegenüber zu ihm. Und Gott sagt durch den Propheten Jeremia: »Ich bin der HERR, der Gott aller Menschen. Sollte mir etwas unmöglich sein? (Jer 32,27)Der Mensch, der verloren ist, der von Gott getrennt und in Rebellion gegen Gott lebt, stellt trotz allem in den Augen Gottes einen hohen Wert dar. Das ist sehr schwierig nebeneinander zu sehen. Einerseits der Zorn Gottes über dem gottlosen Menschen, andererseits seine hohe Wertschätzung.
Ich versuche das an einem Beispiel aus dem Alten Testament deutlich zu machen. König David hatte viele Söhne. Einer von ihnen war Absalom. Absalom lehnte sich gegen seinen Vater auf, das ging so weit, dass David aus seinem Palast in Jerusalem vor seinem Sohn fliehen musste. Absalom hatte nichts anderes im Sinn, als die Macht seines Vaters zu zerstören, damit er das Königreich regieren kann. Er war sogar bereit seinen Vater zu töten. So kam es zu einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen den Truppen Absaloms und Davids. Bevor Davids Truppen in den Kampf zogen, sagte ihnen David: Alle konnten es hören, wie er den drei Heerführern Joab, Abischai und Ittai den Befehl gab: »Schont mir mein Kind, den Abschalom!« (2.Sam 18,5)Doch Absalom wurde in diesem Kampf getötet und als David diese Nachricht überbracht wurde, dass sein grösster Feind sein eigener Sohn besiegt ist und für ihn keine Gefahr darstellt, lesen wir folgendes: Da erbebte der König und ging hinauf in das Obergemach des Tores und weinte, und im Gehen rief er: Mein Sohn Absalom! Mein Sohn, mein Sohn Absalom! Wollte Gott, ich wäre für dich gestorben! O Absalom, mein Sohn, mein Sohn! 2.Sam.19,1. An diesem Beispiel können wir vielleicht etwas begreifen, wie der Mensch in sich einen hohen Wert in den Augen Gottes darstellt. Mögen Menschen noch so hässliche Dinge tun, für die sie bestimmt und mit Recht bestraft werden müssen. Doch verbirgt sich in ihnen ein Wert, weil sie Gottes Geschöpfe sind.
III. Gott auf der Suche
Weil wir Gott so wertvoll sind, sucht Gott wie diese Frau nach der Münze, nach uns. Er setzt quasi alle Hebel in Bewegung, dass er das Verlorene wieder finden kann. Er zündet wie die Frau ein Licht an, Jesus sagt von sich: Da redete Jesus abermals zu ihnen und sprach: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben. Joh.8,12. Gott ist das Verlorene so wichtig, dass er seinen Sohn hinrichten liess. Jesus erniedrigte sich vollkommen! Er war in allem Gott gleich, und doch hielt er nicht gierig daran fest, so wie Gott zu sein. (Phil 2,6)Er gab alle seine Vorrechte auf und wurde einem Sklaven gleich. Er wurde ein Mensch in dieser Welt und teilte das Leben der Menschen. (Phil 2,7)Im Gehorsam gegen Gott erniedrigte er sich so tief, daß er sogar den Tod auf sich nahm, ja, den Verbrechertod am Kreuz. (Phil 2,8)So nahm er unsere Schuld auf sich. Er reinigte sozusagen das Goldvreneli.
Schluss
Wie wertvoll ist ein Mensch? Jesus sagt den Pharisäern und Schriftgelehrten: Die Zöllner und Sünder sind trotz ihres gottlosen Lebenswandel sehr wertvoll. Sie sind so wertvoll, dass sich Gott um sie kümmert und ihnen nachgeht. Wieviel mehr können wir uns als Christen darüber freuen, dass wir in Gottes Augen so wertvoll sind. Wir hätten gar keinen Grund dazu Minderwertigkeitskomplexe zu haben. Vielmehr müssen wir aufpassen nicht stolz und überheblich zu werden, weil wir von Gott geliebt und wert geachtet sind. Wir sind seine Kinder. Wieviel einfacher werden unsere Beziehungen, wenn wir uns von Gott geliebt wissen. Dann muss ich nicht zählen, wie viele Leute auf mich zukommen und mich grüssen. Und wenn es nicht viele sind, dann bin ich weniger wert. Dann kann ich auf die Leute zugehen, weil ich weiss, dass ich wertvoll bin, weil ich von Gott geliebt bin. Und ich weiss, der andere ist ebenfalls wertvoll, denn auch er ist von Gott geliebt. Amen