Einleitung
Im Leben ist vieles eine Sache der Perspektive. Man kann Ereignisse von verschiedenen Seiten her betrachten. Das musste ein Lehrer schmerzlich erfahren, er berichtet: Ich hatte meinen zehnjährigen Schülerinnen von einer Fliegerin erzählt, die im Alter von 40 Jahren ums Leben gekommen war. Anschliessend fragte ich die Kinder, ob ein Mensch ihrer Meinung nach mit 40 Jahren alt sei. "Nicht unbedingt", antwortete ein Mädchen. Das tat mir gut, denn ich kam gerade selbst in die mittleren Jahre. Dann fügte sie jedoch hinzu "Tot ist man mit 40 noch jung, lebendig eher schon alt." J.M., Das Beste, 12.04, S. 10. Man kann es so oder so sehen. Für den einen ist ein halb gefülltes Glas halbvoll für den anderen halbleer. In dieser Predigreihe wollen wir unser Leben einmal ganz bewusst aus der Perspektive Gottes betrachten. Wir versuchen also nicht von uns auf Gott zu sehen, sondern wir versuchen uns wie durch Gottes Augen hindurch zu betrachten, denn wie wir das Leben sehen, so werden wir das Leben formen.
I. Das geschaffene Leben aus Gott
Alles Leben hat seinen Ursprung bei Gott. Gott sprach und die Erde wurde gestaltet. Als Krönung der Schöpfung, schuf er uns: Gott schuf die Menschen nach seinem Bild, als Gottes Ebenbild schuf er sie und schuf sie als Mann und als Frau. (Gen 1,27) Unser Leben kommt aus Gott. Es war seine eigene Idee. Unser Leben ist tief in Gott verwurzelt. Wir sind nach seinem Bild gemacht, d.h. wir sind Gott sehr ähnlich. Es ist so, wie mir das kürzlich geschah, als ich in einem Geschäft etwas kaufte, war vor mir eine Kundin, die mir sehr bekannt vorkam. Ich kannte eigentlich nur ihren Bruder und ihre Mutter. Ich fragte sie dann, ob sie zu dieser Familie gehöre und prompt, sie gehörte dazu. So hat uns Gott zu seinem Ebenbild gemacht. Wir haben deshalb unser Leben aus ihm bekommen. Es war sein Wille. Niemand von uns konnte diesen Entschluss beeinflussen.
Wir sind in diese Welt hineingeworfen. Selbst wo wir leben, welche Hautfarbe wir haben, ob wir reich oder arm sind, was auch immer unser Leben ausmacht, sehr vieles entzieht sich unserem Einfluss. Warum soll sich ein Kind schämen, das unehelich geboren wurde? Es kann doch gar nichts dafür, hätte es selber bestimmen können, hätte es sich's anders gewünscht. Auch andere Umstände entziehen sich unserem Einfluss, wenn z.B. unsere Wirtschaft zusammenbricht, dann nützen uns unsere ganzen Fähigkeiten nichts mehr. In solchen Zeiten müssen die begabtesten Menschen nur noch ums Überleben kämpfen. Oder wenn so etwas wie im dritten Reich geschieht, als Juden zu Unmenschen erklärt wurden. Unabhängig davon wie begabt einer war, es traf alle dasselbe Schicksal. Wir sind in eine Wirklichkeit hineingestellt, der wir uns stellen müssen. Eigenartigerweise lassen wir uns immer wieder dazu verleiten, uns etwas darauf einzubilden wer wir sind. Wie wenn wir uns unsere Voraussetzungen selbst erschaffen hätten. Aber das ist sehr trügerisch. Paulus sagt den Korinthern deutlich: Was bringt dich überhaupt dazu, so überheblich zu sein? Ist nicht alles, was du hast, ein Geschenk Gottes? Wenn es dir aber geschenkt wurde, warum prahlst du dann damit, als hättest du es dir selbst zu verdanken? 1. Korinther 4, 7.
Der wohlhabende Hiob hatte das Verstanden. Er wusste, dass alles, was er besass eine Leihgabe Gottes ist. Er akzeptierte sogar, dass Gott ihm alles wieder wegnahm. An einem seiner tiefsten Punkte im Leben sagte er: »Nackt kam ich aus dem Schoss der Mutter, nackt geh ich wieder von hier fort. Der Herr gibt alles, er kann es auch nehmen. Ich will ihn preisen, was immer er tut!« (Hiob 1, 21) Nichts haben wir aus uns selbst. Niemand konnte bestimmen und sagen: jetzt ist die Zeit gut, ich will in der Schweiz, in dieser Familie zur Welt kommen. Niemand wurde gefragt, ob, wo und wie er leben will. Alles ist uns gegeben worden. Das sollte uns dankbar machen. Luther meinte: Wenn Gott in seinen Gaben auszuteilen kärger wäre, so würden wir ihm dankbarer sein. Wenn er einen Menschen nur mit einem Beine oder Fuss liesse geboren werden und gäbe ihm später im siebenten Jahr das andere Bein, im vierzehnten gäbe er ihm erst eine Hand, und im zwanzigsten Jahr die andere Hand, so würden wir Gottes Wohltaten und Gaben besser erkennen und mehr schätzen und Gott dankbarer sein.
Bibelstellen zum Nachschlagen:1. Mose 1, 27; Hiob 1, 21; 1. Korinther 4, 7
II. Das irdische Leben mit Gott
Das Leben wurde uns geschenkt, es ist eine Leihgabe Gottes. Und wie das so ist, wenn man etwas ausleiht, so bleibt der Ausleiher im Besitz der Sache. Genauso ist es mit unserem Leben. Wir gehören nicht uns selbst, sondern wir gehören Gott. In einem Psalm lesen wir: Dem HERRN gehört die ganze Erde mit allem, was darauf lebt. (Psalm 24, 1) Wir sind also Gottes Eigentum. Er ist und bleibt Besitzer unseres Lebens. Deshalb lebt jeder Mensch in irgendeiner Form mit Gott.
In einem Restaurant sassen zwei Herren zusammen und kamen während des Essens ins Gespräch. Es stellte sich heraus, dass der ältere ein Pfarrer, der jüngere ein Student der Philosophie war. Der junge Philosophiestudent entwickelte wortreich seine atheistische Weltanschauung und versuchte, sie gegen alle Einwände und Bedenken des Pfarrers zu verteidigen. "Wieso soll es jemanden gegeben haben, der die Welt geschaffen hat? Wie wollen Sie das beweisen? Alles, was wir wissen, ist, dass sie vorhanden ist! Und was wir erkennen können, ist, dass sie schon vor undenklichen Zeiten da war, wahrscheinlich schon immer, oder von selbst aus etwas anderem entstanden ist, ohne dass irgendeiner etwas dafür oder dagegen getan hat." … Der Pfarrer liess sich keineswegs durch den Redeschwall vom Essen abhalten. "Eigentlich ausgezeichnet, dieser Braten", meinte er. "Wirklich vorzüglich!" stimmte ihm der Student zu und schob sich einen grösseren Bissen in den Mund in der Erwartung, sein Gegenüber werde nun den Anlauf zu einer längeren Widerlegung nehmen. Doch der fragte nur, indem er sich den Mund mit der Serviette abtupfte: "Sagen Sie mal, glauben Sie eigentlich an einen Koch?" Worauf der Student auf dieses Thema nicht wieder zurückkam.
Es gibt kein menschliches Leben auf dieser Erde, das nicht in einem Verhältnis zu Gott steht. Paulus sagt den Leuten in Athen: Denn in ihm, dessen Gegenwart alles durchdringt, leben wir, bestehen wir und sind wir. Oder, wie es einige eurer eigenen Dichter ausgedrückt haben: Er ist es, von dem wir abstammen." Apostelgeschichte 17, 28. Sicher, wir können Gott aus unserem Leben verstossen. Paulus beschreibt dies so: Trotz allem, was sie über Gott wussten, erwiesen sie ihm nicht die Ehre, die ihm zukommt, und blieben ihm den Dank schuldig. Sie verloren sich in sinnlosen Gedankengängen, und in ihren Herzen, denen jede Einsicht fehlte, wurde es finster. Römer 1, 21.
Das ist der Versuch Gott aus dem eigenen Leben zu entfernen. Man beachtet ihn einfach nicht. Aber wenn ich Gott nicht beachte, heisst das noch lange nicht, dass er nicht gegenwärtig ist und es heisst schon gar nicht, dass er seinen Besitzanspruch nicht geltend machen wird. Der Versuch, Gott aus dem Leben zu schaffen, hat seinen Ursprung bei Adam und Eva. Sie wollten wie Gott sein, deshalb meinten sie, sie bräuchten ihn nicht mehr. Aber sie wurden ihn nicht los. Es ist wie bei der Geschichte des anvertrauten Geldes, die Jesus erzählte. Alle 10 Diener erhielten denselben Betrag. Viele haben damit etwas angefangen und wurden dafür gelobt und belohnt. Einer vergrub das Geld, er wollte damit nichts tun und er begründete das folgendermassen: Herr, hier hast du dein Pfund zurück. Ich habe es in einem Tuch aufbewahrt. Lukas 19, 20. Ich hatte nämlich Angst vor dir, weil du ein strenger Mann bist. Du forderst Gewinn wo du nichts angelegt hast, und erntest, wo du nicht gesät hast. Lukas 19, 21.
Er hatte völlig falsch kalkuliert. Er machte nicht einmal den Versuch seine Gabe einzusetzen und wies dafür seinem Herrn die Schuld zu. Dabei wollte er nur für sich Leben, nichts für seinen Herrn tun. Früher oder später kommt der Tag, wo wir Rechenschaft über unser Leben ablegen müssen, so wie diese Diener. Gott wird uns fragen, was wir mit der Leihgabe des Lebens gemacht haben. Der Prediger schreibt am Schluss seines Buches: Über alles, was wir tun, wird Gott Gericht halten, über die guten und die schlechten Taten, auch wenn sie jetzt noch verborgen sind. (Prediger 12, 14)
Bibelstellen zum Nachschlagen:Psalm 24, 1; Prediger 12, 14; Lukas 19, 20-21; Apostelgeschichte 17, 28; Römer 1, 21
III. Das ewige Leben von Gott
Gott möchte in unsrem Leben nicht irgendwo hingeschoben werden, er möchte mit uns eng verbunden leben. Er weiss aber, dass wir uns ihm nicht aus eigenen Anstrengungen nähern können. So hat er einmal mehr die Initiative ergriffen und hat die Voraussetzungen geschaffen, dass wir mit ihm für immer in Verbindung kommen und bleiben können. Die Bibel nennt das ewiges Leben. Die tiefe Gemeinschaft zu Gott wurde ja durch die Rebellion von Eva und Adam zerstört. Wie eine einzige Verfehlung allen Menschen die Verdammnis brachte, bringt eine einzige Tat, die erfüllt hat, was Gottes Gerechtigkeit fordert, allen Menschen den Freispruch und damit das Leben. Römer 5, 18.
Gott verhält sich wie jener Vater, dessen Sohn auf Abwege geriet: In einem vornehmen Viertel von New York, wurde in ein herrschaftliches Haus eingebrochen. Die Hausbewohner befanden sich in den Ferien. Der Einbrecher kannte sich gut aus, denn er war der Sohn des Hauseigentümers. Er machte sich am Schreibtisch seines Vaters zu schaffen. Er war das schwarze Schaf der Familie. Seine Verdorbenheit hatte der Mutter das Herz gebrochen. Schlechte Freunde hatten ihn gegen sein Elternhaus aufgehetzt. Er wohnte nicht mehr zu Hause. Im Glauben, dass ihn sein Vater enterben würde, wollte er nun das väterliche Testament stehlen. Da hatte er es schon in Händen. Das Datum der Abschrift zeigt, dass das Testament kürzlich, etwa eine Woche nach der letzten heftigen Auseinandersetzung mit seinem Vater geschrieben wurde. Böses ahnend begann er das Testament zu lesen. Doch was stand da zu lesen! "Mein geliebter Sohn Eduard soll sein Erbteil unverkürzt erhalten. Ich will, dass seine Brüder und Schwerstern ihn wieder in die Familiengemeinschaft aufnehmen, sollte er einst von seinen Verirrungen zurückkehren. Sie sollen ihm sagen, dass ich meinen Jungen lieb gehabt habe bis zu meinem letzten Atemzug." – Er sass staunend und beschämt vor diesem Testament. Was war er für ein erbärmlicher Mensch und unwert solcher Liebe seines Vaters. Eduard brach in Tränen aus, sank in die Knie und - betete. Am nächsten Tag nahm er Kontakt mit seinem Vater auf. Die Versöhnung war vollkommen. Die Liebe des Vaters hatte das harte Herz des Sohnes gebrochen, und er wurde ein anderer Mensch.
Das ist ein schönes Bild für die Liebe Gottes zu uns. In den Augen Gottes sind wir so wertvoll, dass er das Unfassbare tat: seinen eigenen Sohn liess er hinrichten. Mit seiner einzigartigen Liebe versucht er uns zu gewinnen. Paulus sagte ja einmal: Betrachtest du seine grosse Güte, Nachsicht und Geduld als selbstverständlich? Begreifst du nicht, dass Gottes Güte dich zur Umkehr bringen will? Römer 2, 4. Weiss Du wirklich, dass Gott Dich liebt. – Er liebt Dich! Deshalb setzt Gott nun alles daran, uns wieder für sich zu gewinnen. Seine Liebe zu uns Menschen ist so riesig. Im Johannesevangelium steht: Gott hat der Welt seine Liebe dadurch gezeigt, dass er seinen einzigen Sohn für sie hergab, damit jeder, der an ihn glaubt, das ewige Leben hat und nicht verloren geht. Johannes 3, 16. Auch das ewige Leben ist eine Leihgabe Gottes.
Bibelstellen zum Nachschlagen:Johannes 3, 16; Römer 2, 4; Römer 5, 18
IV. Das ganze Leben für Gott
Paulus ist von dem, was Gott an ihm getan hat, ganz begeistert. Seine Reaktion ist radikal. Er kann gar nicht anders. Hat Jesus sein Leben für ihn gegeben, so will er nun sein Leben ganz und gar für Jesus leben. So sagt er: Darum lebe nun nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir. Das Leben, das ich jetzt noch in diesem vergänglichen Körper lebe, lebe ich im Vertrauen auf den Sohn Gottes, der mir seine Liebe erwiesen und sein Leben für mich gegeben hat. (Galater 2, 20) Hier kommt die ursprüngliche Idee Gottes wieder zum tragen, als er die Welt schuf. Er wollte in Gemeinschaft mit uns Menschen leben. Er wollte, dass alles, was er in unser Leben hineingelegt hatte zur Auferbauung des Menschen und zu seiner Ehre dient. Das können wir als Christen heute leben. Petrus sagt: Wenn jemand die Gabe der Rede hat, soll Gott durch ihn zu Wort kommen. Wenn jemand die Gabe der helfenden Tat hat, soll er aus der Kraft handeln, die Gott ihm verleiht. Alles, was ihr tut, soll durch Jesus Christus zur Ehre Gottes geschehen. Ihm gehört die Herrlichkeit und die Macht für alle Zeiten! Amen. (1. Petrus 4, 11)
Es muss uns wieder neu die Begeisterung für Gott packen. Wie bei dem Mann, der von einem Professor nach einer Kriegsverletzung zusammengeflickt wurde. Er begann die Gespräche oft so: "Haben Sie schon einmal einen Mann gesehen, der einen silbernen Schädel hat? - Den habe ich! Und haben Sie schon mal von jemandem gehört, der eine elfenbeinerne Rippe hat? Die habe ich! Und ein künstliches Schienbein und einen künstlichen Kiefer? Die habe ich!" - Die Leute hörten erstaunt zu. Dann fuhr er fort: "Ich bin im Kriege ganz zusammengeschossen worden. Da nahm mich Professor N. in Behandlung. Mit grosser Geduld flickte er mich wieder zusammen. Nun bin ich als gesund entlassen worden. Ich verdanke meinem Professor das Leben. Darum habe ich mir vorgenommen, es soll kein Tag in meinem Leben vergehen, an dem ich nicht meinen Lebensretter rühme. Schmidt, Dortmund-Brackel in Kalender "Für Auge und Herz". Diese Begeisterung und Dankbarkeit sollte uns wieder neu ergreifen. Was Wunderbares hat Gott an uns getan. Alles, was wir haben und sind verdanken wir ihm.
Bibelstellen zum Nachschlagen:Galater 2, 20; 1. Petrus 4, 11
Schlussgedanke
Unser Leben ist eine Gabe Gottes, eine Leihgabe. Er ist der Schöpfer und wir sind seine Geschöpfe. Wir gehören ihm egal ob wir das wollen oder nicht. Aus Gottes Perspektive ist unser Leben auf ein Ziel ausgerichtet: Er möchte mit uns echte und tiefe Gemeinschaft pflegen. Unsere vornehmste Aufgabe ist es für Gott zu leben. Deshalb sagt Paulus: Keiner von uns lebt für sich selbst, und auch wenn wir sterben, gehört keiner von uns sich selbst. Römer 14, 7. Wenn wir leben, leben wir für den Herrn, und auch wenn wir sterben, gehören wir dem Herrn. Im Leben wie im Sterben gehören wir dem Herrn. Römer 14, 8.
Amen