Ich habe eine Vorliebe für Fortsetzungspredigten. Da unsere Predigtreihe jedoch erst am 8. September beginnt, wenn die Gemeindepriefe ausgetragen sind, predigen wir heute über eine Perikope, die sonst in unseren württembergischen Kirchen behandelt wird.
Es handelt sich um den Abschnitt aus 1. Korinther 15, Verse 1-11. Über diesen Text haben wir vor zwei Jahren am Ostersonntag ebenfalls gepredigt. Deshalb möchte ich heute nur über die Verse 9 und 10 predigen.
Man kann nicht aus der Konserve oder aus der Büchse leben. Man möchte immer wieder Neues am Wort Gottes entdecken. Ich lese jedoch den ganzen Abschnitt und werde die beiden Verse, über die wir heute das Wort Gottes hören wollen, besonders markieren.
Das Evangelium als Grundlage des Glaubens
Ihr erinnert euch aber, liebe Brüder, an das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, sagt Paulus. Dieses Evangelium habt ihr auch angenommen, in ihm steht ihr auch fest und durch es werdet ihr auch selig, wenn ihr es festhaltet, so wie ich es euch verkündigt habe. Es sei denn, ihr seid umsonst gläubig geworden.
Was ist denn die Gestalt, in der Paulus das Evangelium gepredigt hat? Nun, ich habe euch ganz am Anfang gegeben, was ich auch empfangen habe: dass Christus gestorben ist für unsere Sünden nach der Schrift, dass er begraben ist und dass er am dritten Tag auferstanden ist, ebenfalls nach der Schrift.
Er wurde gesehen von Kephas, danach von den Zwölfen. Danach ist er von mehr als 500 Brüdern auf einmal gesehen worden, von denen die meisten noch leben – das war im Jahr 54 nach Christus, etwa zwanzig Jahre nach dem Tod Jesu. Einige sind inzwischen entschlafen. Danach ist er von Jakobus gesehen worden, danach von allen Aposteln.
Am letzten, nach allen anderen, ist er auch von mir gesehen worden – als einer unzeitigen Geburt. Denn ich bin, jetzt kommt unser Predigtabschnitt, der geringste unter den Aposteln, und ich bin nicht wert, Apostel genannt zu werden, weil ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe.
Aber von Gottes Gnade bin ich, was ich bin, und seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen. Vielmehr habe ich mehr gearbeitet als sie alle. Doch nicht ich, sondern Gottes Gnade, die mit mir ist.
Herr, gib uns jetzt dein Wort, dass wir es verstehen können. Lass von dieser gottesdienstlichen Stunde neues Leben ausgehen – für unseren Dienst und für unsere Aufgaben. Amen!
Einschnitte im Leben und ihre Bedeutung
Liebe Brüder und Schwestern,
wenn man nach einer Pause von fünf Predigtsonntagen wieder zurückkehrt, ist das für mich ein Einschnitt, ein markanter Einschnitt. In einer solchen Pause klärt sich manches, vieles sieht man deutlicher und von manchem nimmt man Abstand. Es ist ein Einschnitt, nach dem man Pläne hat und voller Tatendrang ist, um das, was in der kommenden Zeit gemacht werden muss, anzugehen.
Es gibt die merkwürdigsten Einschnitte in unserem Leben. Neulich las ich von einem bedeutenden Mann, der seine ganze Lebenseinstellung änderte. Der Artikelschreiber bemerkte, dass man die große Wendung seines Lebens wahrscheinlich nur aus einer schweren Krankheit verstehen kann. Viele wissen, wie ein Todesfall oder eine Krankheit plötzlich einen Einschnitt bringt. Von diesem Tag an steht alles in einem neuen Licht. Man beurteilt alles plötzlich anders und möchte seine Energie anders einsetzen.
Es gibt auch andere Einschnitte in unserem Leben, die es wirklich in Perioden einteilen – zum Beispiel eine bestandene Prüfung. Dann hängt der Himmel voller Geigen, das Leben beginnt neu. Endlich das Abitur geschafft, jetzt beginnt das Studium.
Hier steht ein Mann, der sagt: In meinem Leben gibt es einen Einschnitt, der noch markanter, noch stärker und noch tiefer ist als alles andere. Er will sein Leben nur noch von diesem einen Einschnitt aus verstehen. Und dieser eine Einschnitt ist, dass ihn der auferstandene Jesus überrumpelt hat.
Die Begegnung mit dem auferstandenen Christus
Lange Zeit betrachtete Saul von Tarsus, ein Student an der theologischen Fakultät von Jerusalem und Rabbiner, all das, was die Christen über Jesus erzählten, lediglich als eine Lehrformel. Für ihn war Jesus nur ein Spruch, eine theologische Idee, Unsinn oder Betrug – ein Spiel. Er konnte alles unter diesem Begriff verstehen und meinte, das sei irgendein fanatischer Blödsinn, an den sich einige wenige klammerten, eine Sekte von ein paar Übereifrigen.
Doch dann geschah plötzlich eine Veränderung. Er sagt: Jetzt sehe ich es anders. In meinem Leben habe ich entdeckt, dass Jesus lebt. Und zwar nicht nur so, wie Mozart in seinen Werken weiterlebt, sondern dass er als Person lebt. Er hat den Tod überwunden, und dieser Jesus liebt mich und trägt mein Leben.
Das ist der Einschnitt, der die Freude der Christen ausmacht. Darüber muss ich heute predigen. Ich bin zwar nicht Jude wie Paulus, sondern Deutscher, und wir Deutschen müssen ein großes Wort, das Paulus sagt, in kleinere Teile zerlegen. Wir wollen es in einzelne Sätze aufteilen, sonst können wir es nicht richtig verstehen und nicht richtig in unserem Kopf bewegen.
Ich möchte deshalb aus diesen beiden Versen des Paulus wieder drei Sätze machen, die ausdrücken, was ihm dieser Einschnitt bedeutet hat.
Das neue Leben durch die Gnade Gottes
Man kann noch einmal anfangen zu leben, wenn man im Urlaub abends in einem Café zusammensitzt und sagt: „Essen wir noch einen Eisbecher?“ Dann sagt einer: „Na ja, also meiner schlanken Linie tut es nicht gut, wenn noch Sahne draufkommt.“ Aber schließlich, man lebt ja nur einmal, also drauflos.
Das ist so ein Wort, ein wenig melancholisch: Man lebt nur einmal. Stimmt doch auch! Und der Paulus sagt: Nein, ich lebe zweimal. Und das ist die große Freude meines Lebens. Deshalb muss ich allen Menschen von Jesus erzählen – nicht nur, um Jesus irgendwie als Lehre oder Meinung überzustülpen, sondern weil ich möchte, dass Menschen in der Begegnung mit Jesus noch einmal ganz neu anfangen zu leben.
Er erzählt hier nur in groben Strichen, was die Gemeinde von Korinth genau weiß, und sagt: Bei mir gibt es zwei Leben. Das eine Leben war das Leben, das zurückliegt. Er hat es nicht immer grau in grau gezeichnet. Er hat einmal gesagt: Wenn ich zurückdenke an dieses alte Leben, war es ein Leben, in dem ich das Gesetz Gottes gehalten habe. Ich war ein Mensch, der alles tut, was Gott befohlen hat, der sich für die Ehre Gottes in der Welt einsetzt, ein Mensch, der in der Religion lebt und mit den Gedanken Gottes umgeht. Das ist doch groß, das ist doch gewaltig, was er tut.
Und doch sagt er: Wenn ich ein Bild dafür gebrauchen kann, war es wie aus einer Pfütze zu trinken. Er sagt, es war kein Leben. Es gibt ein Buch, das jetzt auch als Taschenbuch erschienen ist, das heißt „Das ausgetauschte Leben“. Dieses Wort vom ausgetauschten Leben hat der Gründer der China Inland Mission, Hudson Taylor, zuerst gebraucht. Er hat gesagt: Ich habe lange Zeit meines Lebens versucht, mit der ganzen Energie, die ich habe, Gott gerecht zu werden, mein Leben zu heiligen und ihm zu weihen. Und auf einmal habe ich entdeckt, es ist bei Gott nur so, dass man tauscht. Man gibt ein altes, kaputtes, zerrissenes und zerlumptes Leben Gott hin und darf aus der Liebe Gottes sich täglich ein neues Leben schenken lassen. Man darf vom Erbarmen Gottes leben, von seiner Geduld, von seiner Liebe.
Lass es Bilder geben! Sie gehen in einen Laden, geben eine leere Sprudelflasche ab und nehmen eine volle zurück. Das ist ein Tausch! Paulus sagt: Bei mir war es so, ich habe ein Leben gelebt, da war Gott drin, da war die Ehre Gottes drin und Dienst für Gott. Aber eines hat gefehlt: dieses Nehmen, dieses Freuen, dieses Leben aus Gott.
Ich glaube, dass es furchtbar viele Christen gibt, die viel über Gott reden, viel von Gott denken, sich sogar bemühen, seine Gebote zu halten, und doch so ganz weit weg sind von diesem neuen Leben. Dieses neue Leben hat man erst da, wo man die Gnade Gottes verstanden hat, wo man weiß: Alle meine Sünde nimmt er hinweg. Er geht mit mir in die kommende Woche hinein, kennt meine Schwachheiten und mein Versagen und hat mich umso mehr lieb. Es kann mich gar nichts von seiner Liebe trennen. Es kann geschehen, was will. Ich kann ihm untreu sein, und er lässt mich nicht los. Er geht mir nach, begleitet mich, ruft mir zu und will mich bloß überschütten mit Gutem.
Paulus sagt, das war für mich das neue Leben: erfahrene Gnade, erfahrenes Erbarmen Gottes. Er hat gekämpft, als in einer Gemeinde damals in Kleinasien ein paar Gemeindeleiter anfingen, die Gemeinde unter die harten Forderungen des Gesetzes zu zwingen. Er sagt: In einer Gemeinde darf nur die Freude über das Erbarmen Gottes herrschen und über seine große Liebe. Das muss das Große sein, das dort herrscht.
Er sagt, bei mir war das so: Als ich dem auferstandenen Jesus vor Damaskus begegnet bin, da erkannte ich, meine schlimmste Sünde war, dass ich diese liebende Hand Gottes in Jesus weggestoßen habe, dass ich sie nie ernst genommen habe, dass mir anderes wichtiger war. Und als dieser Ananias in meine Kammer kam, dort in der Geraden Straße in Damaskus, und mir die Hände auflegte, da habe ich gemerkt: Bei Gott gibt es nur eine Ordnung. Menschen, die viel, viel falsch gemacht haben, die alles falsch gemacht haben im Leben, bekommen die ganze Liebe und das ganze Erbarmen Gottes zugesprochen und werden seine Kinder.
Das war seine Freude, und er sagt: Das bleibt mein neues Leben, das ist meine Kraft und mein Lebensinhalt.
Überwindung von Minderwertigkeitsgefühlen durch Gottes Gnade
Das Zwe Mikos werden überwunden. Wissen Sie, was Mikos sind? Minderwertigkeitskomplexe. Das haben wir ja alle: Minderwertigkeitskomplexe.
Mir gefällt es sehr, dass Paulus sagt: „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin; ich bin wer, und ich bin was.“ Wenn man sich bei Christen umhört, hört man oft: „Oh, bei mir sieht es sehr schlecht aus, ich wollte viel mehr, ich kann nichts, und ich versage so arg.“ Dann kommen die Kummerfalten über die Stirn – merkwürdig das.
Paulus sagt hingegen: „Ich bin wer, und ich bin ein Mann, der was kann.“ Woher hat er das? Das hat er aus seiner Begegnung mit dem auferstandenen Christus, mit dem lebendigen Herrn Jesus.
Er sagt: „Ja, warum bin ich was im Leben, warum bin ich wer, warum kann ich etwas?“ Weiß er denn nichts um die menschliche Schwäche? Lebt er denn auch in dem Rausch, der damals das römische Reich erschüttert hat?
Damals verehrte man sogar den menschlichen Kaiser von Rom als Gott und meinte, der Mensch sei so hoch, oder wie die griechischen Philosophen, die dem Menschen göttliche Würde beilegten. Nein, nein, das war ja nicht das von Paulus.
Er weiß ja um seine Schuld, er weiß um sein Versagen, er weiß, dass sein ganzes Leben an Gott vorbeigelebt war. Aber er sagt: „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“
Die wahre Bedeutung der Gnade
Es ist schade, dass wir das Wort Gnade so gedankenlos gebrauchen. Was ist denn Gnade wirklich?
Ich habe Ihnen vorhin das Gleichnis Jesu vom verlorenen Sohn noch einmal vorgelesen. Da wird jetzt vielleicht jemand spontan sagen: Ja, Gnade ist doch Vergebung. Aber das ist zu wenig. Wenn der verlorene Sohn nach Hause kommt, ist Vergebung das Erste. Wenn nicht vergeben wird, kann überhaupt nichts sein. Es muss erst einmal ausgeräumt werden.
Aber die Gnade des Vaters ist doch noch etwas ganz anderes: Dass sie miteinander am Tisch sitzen und sich freuen. Darf ich mal ganz menschlich sagen, dass Vater und Sohn miteinander lachen können? Können Sie sich mit Gott zusammen freuen an diesem wunderschönen Sonntag und sich freuen, dass zwischen Ihnen und Gott nichts mehr dazwischensteht? Dass Gott Ihr Leben groß und wichtig machen will?
Der verlorene Sohn, wenn er zu Hause ist, weiß: Mein Leben hat noch einmal eine Bedeutung. Er redet doch nicht dauernd davon und sagt: „Ja, ich habe viel kaputtgemacht und dein Geld verschleudert.“ Der Vater sagt: „Jetzt rede doch nicht mehr davon, wir leben doch vom neuen Leben her.“ Und jetzt sind Aufgaben da. Morgen fangen wir mit der Ernte an, dann wird unser Haus umgebaut. Wir wollen etwas erreichen.
Nehmen Sie doch einmal Ihr ganzes Berufsleben, Ihr Familienleben, Ihren Körper – all das, was Sie sind und haben, Ihre Aufgaben, Ihre Gespräche, die Sie mit Mitmenschen führen. Nehmen Sie all das und wissen Sie: Gott sagt nicht nur, ich will vergeben, sondern er möchte Sie begleiten. Er möchte mit Ihnen dabei sein.
Beim verlorenen Sohn war das Schöne, dass er jetzt beim Vater leben kann. Das ist doch seine Gnade: Dass nichts ihn je mehr von ihm trennen kann. Und das freut, das freut Paulus. Die Gnade Gottes, ja, die ganze Liebe und Geduld begleitet mich, wo ich hinkomme, in eine Stadt und zu predigen anfange. Die Gnade Gottes geht mit mir.
Wenn Paulus abends müde von der Wanderung da sitzt und denkt, er hat keine Kraft mehr, und die Menschen ihm auf die Nerven fallen, dann sagt er sich: Ich kann immer nett mit ihnen reden. Und dann denkt er: Die Gnade Gottes geht mit mir.
Da werden Minderwertigkeitskomplexe überwunden. Ich rechne mit dem lebendigen Herrn, der mit mir zieht. Können Sie mit Gott rechnen? Das wird ja unser Thema sein, wenn wir diese Predigtreihe haben: Können Sie mit Gott rechnen wie mit Zahlen in den verschlungenen Problemen Ihres Berufs? Können Sie mit Gott rechnen, wenn Sie vor unlösbaren Aufgaben stehen?
Wenn Sie anfangen, in dieser Welt Zeichen der Schöpfung Gottes zu setzen, dieser Welt etwas Großes zu machen, dort, wo geweint wird und Menschen traurig sind – rechnen Sie doch mit Gott!
Ich bin durch Gottes Gnade, was ich bin. Ich kann etwas, ich darf etwas sein, und ich bin jemand, weil der auferstandene Herr Jesus Christus bei mir ist – gerade bei mir, dem Gefallenen, bei mir, dem sündigen Menschen. Aber er ist da.
Die Kraft des Wirkens durch Gottes Gnade
Ob Paulus ein Wrack war, habe ich mich gefragt, wie er so oft dargestellt wird – als ein so kranker Mensch. Manche sprechen sogar davon, dass er epileptisch gewesen sein könnte. Vielleicht war er angeschlagen, aber immerhin sagt er hier – und er nimmt es mit der Wahrheit sehr genau –, dass er mehr gearbeitet hat als alle anderen.
Wenn das bei uns jemand sagt, dann klingt das meist jammernd: „Ich muss immer mehr machen.“ Seien wir ehrlich, auch in der Gemeinde Jesu gibt es oft das Gefühl, man müsse mehr tun als andere. Das ist eine Sache, die mich immer wieder erwischt. Paulus sagt jedoch: Das ist mein Vorrecht. Und das war der Einschnitt in seinem Leben, als ihm der auferstandene Jesus begegnet ist. Er kann mehr arbeiten als alle anderen.
Vielleicht passt das noch zu dem Bild, dass er trotzdem ein angeschlagener Mensch war. Aber am Ende durfte er mehr wirken als andere.
Stellen Sie sich vor, wie es ihm zumute war, als er hörte, dass es in Korinth eine große Hafenstadt gibt. Paulus dachte bestimmt: „Muss ich ausgerechnet dorthin? Kann das nicht einer der anderen Apostel machen? Wie werde ich dort aufgenommen? Hat Gott nicht andere Werkzeuge?“
Doch dann kann er einfach hinzutreten und das Evangelium predigen. Er wagt es und sagt: „Weil Jesus lebt, gehe ich hin, und dann rufe ich über dieser Stadt den Namen Jesu aus.“ So ging er nach Athen auf die Akropolis, so war sein Wunsch, nach Rom zu reisen. Die Reise sah allerdings anders aus, als er sich ursprünglich vorgestellt hatte.
Dass Paulus etwas für seinen Herrn arbeiten kann, hängt doch damit zusammen, dass er viel wagt. Wir sagen oft: „Ich kann nicht.“ Wir warten auf besondere Ausrüstungen, die Gott uns geben soll – und die gibt er uns nie.
In dieser Welt gab es immer mutige Leute, die es gewagt haben, mitten hineinzugehen in das schmutzige Geschäft dieser Welt. Sie haben gepredigt, sich um Menschen gekümmert, sind dorthin gegangen, wo gestritten wurde, haben das Unrecht der Welt gesehen. Sie wohnten dort, wo andere Menschen wohnten, die nichts von Freude und Liebe mehr kannten. Sie zogen hinaus bis an die Enden der Welt, wo gelitten und gehungert wurde – im Namen Jesu.
Doch nicht, weil sie besondere Gaben hatten, sondern weil sie mit dem auferstandenen Christus rechneten. Das war das Neue auch bei Paulus, der am Ende sagen konnte: Ich habe viel mehr gearbeitet als alle anderen.
Die Kraft der Gnade in der Arbeit für Gott
Die große Konferenz von Lausanne hat uns ungemein geprägt. Die vielen Teilnehmer aus der ganzen Welt ließen mich immer wieder an einen einzigen Gedanken denken: Was hätten die schwäbischen Bauernburschen vom Remstal, von der Alb und vom Schwarzwald wohl gesagt, wenn sie gesehen hätten, dass diese Frucht einmal aufgeht? Dort unten an der Goldküste, in den ersten Wellen der Aussendung der Basler Missionare, sind viele nach einem halben Jahr an Malaria gestorben. Doch diese Arbeit ist nicht vergeblich, wenn man sie in Jesus wagt.
Das äußere Ergebnis mag gering erscheinen: Was kommt schon dabei heraus? Man steht scheinbar auf verlorenem Posten. Doch der Auferstandene wirkt anders, als wir rechnen und denken. So weiß ich, dass Wirkungen von vielen Menschen ausgehen, die irgendwo in ihrem Beruf stehen und sich fragen: Bin ich eigentlich am richtigen Platz? Und doch können sie dort Licht und Salz sein.
Ich habe zu Hause einen Kommentar, den ich sehr schätze. Es gibt verschiedene Kommentare zu unterschiedlichen biblischen Büchern, geschrieben von einem Professor namens Godet aus Neuchâtel, der im letzten Jahrhundert lebte. Er erinnert an eine Kleinigkeit, die oft übersehen wird. An dieser Stelle im Text gibt es verschiedene Auslegungsmöglichkeiten, wo es heißt: „Seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen, ich habe viel mehr gearbeitet als ihr alle.“ Aber Paulus sagt nicht „ich“, sondern meint die Gnade Gottes, die mit ihm ist.
Godet meint, man könnte das auch so übersetzen: Es gibt Handschriften, die darauf hinweisen, dass Paulus eigentlich sagt: „Ich habe nicht gearbeitet, sondern die Gnade hat mit mir gearbeitet.“ Wahrscheinlich stand Paulus manchmal vor Menschen und dachte: Wenn ich dieses ganze Wesen der Menschen sehe, wie können solche Menschen für Gott noch gewonnen werden? Das scheint doch alles verloren und aussichtslos.
Wie soll Gott hier noch etwas schaffen können? Wie soll hier eine Gemeinde entstehen in Korinth, wo all diese Kulte herrschen? Doch plötzlich hat die Gnade mit ihm gearbeitet. Gott hat mit ihm gesprochen und gesagt: „Saulus, wie habe ich dich herumgeholt! Du kannst doch mehr wagen.“ Obwohl es bei ihm zunächst völlig unmöglich schien, dass ein Saulus ein Bote Jesu wird, hat Gott ihn gebraucht.
Wenn die Gnade mit Menschen arbeitet, kann es sein, dass sie fragen: „Ja, ich verstehe nicht, was du mit mir willst und wo du mich haben willst, was ich für dich tun kann.“ Aber Gott wird sie spüren lassen und sagen: „Ich habe kleine Plätze für dich.“
Auch Paulus war lange Zeit in Gefängnissen eingesperrt und konnte nicht groß reden. Dann hatte er nur das Ziel, diesem Gefängniswärter ein Bote Jesu zu werden und mit dem Auferstandenen zu rechnen. Das ist ein Einschnitt: Wer mit dem auferstandenen Jesus lebt, der hat ein neues, gefülltes Leben. Man lebt noch einmal von vorne, man ist jemand geworden und kann Minderwertigkeitskomplexe überwinden.
Es lohnt sich, weil man viel arbeiten kann und mit seinem Leben etwas Bleibendes wirken kann. Rechnen Sie ganz fest mit Jesus, dem auferstandenen Herrn, der mit Ihnen geht. Amen.