Liebe Gemeinde,
wenn wir die Texte der Bibel lesen, ist es, als würden wir plötzlich einen heiligen Raum betreten. Natürlich können auch weltliche oder säkulare Bücher uns in andere Länder und Zeiten entführen. Dabei begeben wir uns gedanklich oft in eine andere Welt.
Bei der Bibel ist das jedoch etwas ganz anderes. Wenn wir diesen Worten Gottes begegnen, geschieht nicht nur etwas in unserer Fantasie. Es geht nicht einfach nur um Gedanken, sondern wir begegnen einer Wirklichkeit – nämlich Gott selbst.
Die besondere Botschaft an Daniel und der Kampf in der unsichtbaren Welt
Heute Morgen haben wir einen Bibelabschnitt vor uns, der auf ganz besondere Weise hervorgehoben wird. Er erreichte uns auf einem außergewöhnlich spektakulären Weg.
Letzten Sonntag haben wir gesehen, wie das geschehen ist. In unserer Predigt über Daniel 10 sprachen wir – was selten vorkommt – über Engel. Sie erinnern sich daran: Als Daniel diese Botschaft erhielt, auf die wir heute und an den nächsten beiden Sonntagen noch eingehen wollen, hat der lebendige Gott eigens einen Boten, einen Engel, geschickt, um Daniel über diese Botschaft zu unterrichten.
In anderen Situationen hat Gott die Botschaft auf andere Weise übermittelt, aber hier geschah es ausdrücklich durch einen Boten. In Daniel 10,14 heißt es: „Komme ich“, also dieser Engel, „um dir Bericht zu geben, wie es deinem Volk gehen wird am Ende der Tage, denn das Gesicht, das ich dir zeige, bezieht sich auf ferne Zeiten.“
Letzten Sonntag hatten wir gesehen, dass es Engel gibt, die als Diener Gottes tätig sind – auch wenn die Bibel nur selten davon spricht. Ebenso gibt es Dämonen, die im Auftrag des Teufels unterwegs sind. In der unsichtbaren Welt findet ein Kampf statt, von dem wir zwar nichts direkt mitbekommen, dessen Auswirkungen unser Leben aber stark betreffen.
So wie Gott durch einen Engel diese Nachricht an Daniel übermitteln wollte, hat der Teufel durch seinen Boten alles darangesetzt, zu verhindern, dass Daniel die Informationen aus Daniel 11 erhält. Ein interessantes Faktum steht in Kapitel 10, Vers 13: „Aber der Engelfürst des Königreichs Persien“, also ein Engel, „hat mir einundzwanzig Tage widerstanden. Nun aber komme ich, um dir Bericht zu geben.“
Gerade eben quietschte die Heizung ein wenig, ist jetzt aber wieder ruhig. Wir fragen uns: Warum war das so? Was ist das Besondere an diesen Versen, dass Gottes Engel sie Daniel und dadurch auch uns bringen soll – und dass die Mächte der Finsternis alles daran setzen, dies zu verhindern?
Das wollen wir heute Morgen herausfinden.
Die historische Dimension der Prophetie und ihre Bedeutung
Ich muss sagen, auf den ersten Blick liest sich dieses Kapitel fast wie eine Seite aus unseren Geschichtsbüchern. Vielleicht haben Sie schon einmal in Ihren Gottesdienstzettel hineingeschaut und es bemerkt.
Nun haben wir ja am Wochenende mit den Ferien begonnen, und ich will hier keine Albträume auslösen. Aber dieser Text würde sich hervorragend für eine Geschichtsarbeit über die Jahrhunderte vor Christi Geburt eignen. Man müsste nur diesen Text vorlegen. Er enthält keine Namen und keine Jahreszahlen, beschreibt aber ziemlich genau, was sich in den letzten Jahrhunderten vor Christi Geburt zugetragen hat – bis zur Mitte des zweiten Jahrhunderts vor Christus – auf der Bühne der großen Politik.
Die Aufgabe der Schüler wäre dann, die richtigen Namen einzusetzen und womöglich noch durch Jahreszahlen zu ergänzen. Das wäre eine hochinteressante Geschichtsarbeit. Eine Anregung für alle Lehrer.
Das Ganze lässt sich natürlich auch hochspannend als, ich sage mal, Historienschinken inszenieren, also als Film. Ein Stoff, der für Hollywood wie gemacht ist. Sie können es also als Geschichtsarbeit haben oder als großes Kino – ganz wie Sie wollen.
Und damit wäre das Spannendste immer noch nicht gesagt: Diese Information wurde dem Daniel bereits im Jahr 535 v. Chr. mitgeteilt. Dabei werden Ereignisse vorausgesagt, die zum Teil bis ins zweite Jahrhundert vor Christus hineinreichen.
Bei einem so weiten Zeitraum, vom sechsten Jahrhundert bis ins zweite Jahrhundert vor Christus, wurde also vorausgesagt, was geschehen würde. Manche haben gesagt, das kann einfach nicht sein, weil sie sich so etwas nicht vorstellen können.
Sie haben dann flugs das Buch Daniel ins zweite Jahrhundert vor Christus verlegt, weil es einfach zu exakt war. Aber das einzige Argument, das sie dafür hatten, war, dass sie sich nicht vorstellen konnten, wie es möglich sein sollte, so präzise und so genau Dinge vorherzusagen, die dann auf der für jeden einsehbaren politischen Bühne auch wirklich passiert sind.
Die Zusammenarbeit der Engel und der Beginn der Prophetie
Steigen wir also gleich in den Text ein: Daniel 11.
Am Anfang spricht der Engel noch von Kapitel 10. Er sagt, dass er im ersten Jahr des Darius des Meders bei ihm stand. Bei ihm ist der andere Engel Michael. Dieser Engel war im ersten Jahr des Darius des Meders da, um ihm zu helfen und ihn zu stärken.
Der Engel aus Kapitel 10 berichtet hier von der Zusammenarbeit zwischen ihm und dem Engel Michael. Er erzählt, wie sie gemeinsam Gottes Auftrag erfüllt haben, damit diese wichtige Botschaft in Daniel jetzt wirklich ankommen kann. Das ist die Aussage des ersten Verses.
Dann geht es los, Vers 2: „Und nun will ich dir, Daniel, kundtun, was gewiss geschehen soll.“
Ab diesem Punkt ziehen die Mächtigen der Welt einer nach dem anderen vor den Augen Daniels und auch vor unseren Augen vorüber. Man könnte dieses Kapitel überschreiben mit den Worten: „Die Herrscher der Welt und der Herr der Welt“.
Wenn Sie eine Überschrift suchen, könnten Sie sagen: „Die Herrscher der Welt und der Herr der Welt“ und als Untertitel: „Machtpoker aus göttlicher Perspektive“.
Die persischen Könige und der Aufstieg Griechenlands
Es beginnt mit den Persern, die erst vor kurzem an die Macht gekommen sind, als Daniel das schreibt. Zur Zeit Daniels ist noch Kyros im Amt. In Vers 2b heißt es: „Siehe, es werden noch drei Könige in Persien aufstehen, der vierte aber wird größeren Reichtum haben als alle anderen vor ihm.“ Gemeint ist, dass dieser vierte König, wenn er in seinem Reichtum am mächtigsten ist, alles gegen das Königreich Griechenland aufbieten wird.
Die drei persischen Könige, die Kyros folgen, sind Cambyses, Pseudo-Smerdis und Darius I. Hystaspes. Das können Sie auf diesem Zettel sehen. Ich habe Ihnen extra diesen gelben Zettel dazugegeben, damit Sie genau erkennen können, von welchen Herrschern in welchem Vers die Rede ist.
Gestern habe ich mich gefragt, ob man über so einen Vers, über so einen Text überhaupt predigen kann und ob das deutlich werden wird. Es steckt so viel Information darin. Mir ist es sehr wichtig, dass Sie sehen, in welchem Vers es um welche Politiker, um welche Protagonisten und zu welcher Zeit geht. Deshalb nehmen Sie bitte diesen gelben Zettel dazu. Ich hoffe, Sie sind alle damit ausgestattet.
Nach diesen drei persischen Königen, die auf Kyros folgen, kommt noch Xerxes I. Xerxes I ist Ahasveros aus dem Buch Esther; dort taucht er ebenfalls auf. Von ihm heißt es dann: „Und wenn er in seinem Reichtum am mächtigsten ist, wird er alles gegen das Königreich Griechenland aufbieten.“
Dies geschieht zu einem Zeitpunkt, als Daniel schon längst gestorben ist. Tatsächlich wissen wir aus den Geschichtsbüchern, dass Xerxes die griechischen Staaten ins Persische Reich eingliedern wollte. Er scheiterte jedoch in der Seeschlacht von Salamis im Jahr 480 v. Chr.
Die nächsten persischen Könige werden nicht mehr genannt, weil sie weltgeschichtlich einfach zu unbedeutend geblieben sind.
Alexander der Große und die Aufteilung seines Reiches
Mit Vers drei macht die Prophetie einen Sprung zum nächsten großen Herrscher, und das ist Alexander der Große. Xerxes und Alexander sind so bedeutsam, dass ich sie fett gedruckt habe: Alexander der Große, 336 bis 323 v. Chr.
Die Verse drei und vier beschreiben den Aufstieg und den Niedergang des mächtigen Alexanderreiches. Danach wird ein mächtiger König aufstehen und mit großer Macht herrschen. Was er will, wird er ausrichten. Aber wenn er emporgekommen ist, wird sein Reich zerbrechen und in die vier Winde des Himmels zerteilt werden.
Nicht auf seine Nachkommen und auch nicht mit solcher Macht, wie er sie hatte, denn sein Reich wird zerstört und Fremden zuteilwerden. Genau so ist es gekommen. Alexander konnte die Macht nicht an seine selbst ausgewählten Nachfolger weitergeben. Stattdessen kamen seine Generäle, die sogenannten Diadochen, und sie teilten die Macht unter sich auf.
Alexander wusste kurz vor seinem Tod, dass er Nachwuchs bekommen würde. Sein kleiner Sohn, der später legitime Machtansprüche hätte haben können, wurde ermordet, damit er den anderen Mächtigen nicht ins Gehege kommen konnte.
Aus diesen vier Diadochen gingen als stärkste die Herrscher von Ägypten und Syrien hervor. Für Ägypten steht Ptolemäus, für Syrien Seleukos. Ihr Machtkampf – der Kampf zwischen Ägypten und Syrien, zwischen den Königen des Südens und den Königen des Nordens, zwischen den Ptolemäern und den Seleukiden – wird die nächsten Jahrhunderte bestimmen.
Dies wird aus Israels Perspektive berichtet: Ägypten liegt von Israel aus gesehen im Süden, das ist der König des Südens. Syrien liegt von Israel aus im Norden, das ist der König des Nordens. So muss man sich das vorstellen.
Der Machtkampf zwischen Ägypten und Syrien
Genau so wird es auch in Vers 5 beschrieben: Der König des Südens wird mächtig werden. Doch gegen ihn wird einer seiner Fürsten noch mächtiger werden und herrschen. Seine Herrschaft wird groß sein.
Am Anfang hat Ägypten, der Süden, die besseren Karten. Das ist Ptolemaios I., der von 323 bis 286 regierte. Doch dann wird sich Seleukos I. Nikator unabhängig machen und die Herrschaft über Syrien erringen. Er wird die Herrschaft der Seleukiden begründen. Danach gibt es einen ständigen Machtkampf zwischen Ägypten und Syrien.
Die Namen sind hier alle aufgeführt, damit man den Überblick nicht verliert.
Vers 6 beschreibt, dass die Ptolemäer und die Seleukiden zwischenzeitlich ihre Kräfte bündeln wollen. Sie sagen, wenn wir uns zusammenschließen, sind wir stärker. Nach einigen Jahren wird es jedoch, wie in Vers 6 steht, zu einer Freundschaft zwischen ihnen kommen. Die Tochter des Königs des Südens wird zum König des Nordens gehen, um die Einigkeit zu festigen. Doch sie wird keinen Erfolg haben. Auch ihr Nachkomme wird nicht bleiben. Stattdessen wird sie preisgegeben werden – zusammen mit denen, die sie gebracht haben, mit dem, der sie erzeugt hat, und mit dem, der sie zur Frau genommen hat.
Was bedeutet das? Daniel schreibt es 536 Jahre vorher. Um 252 v. Chr. geschieht genau das, was hier beschrieben ist: Ptolemaios II. verheiratet seine Tochter Berenike aus politischen Gründen mit Antiochus II.
So will man die Koalition zwischen Ägypten und Syrien festigen. Doch schon sechs Jahre später, im Jahr 246, wird Antiochus II. von seiner verständlicherweise erzürnten früheren Frau Laodike ermordet. Sie tötet nicht nur ihren früheren Gatten, sondern auch die Nebenbuhlerin Berenike und das Kind, das aus dieser Verbindung geboren wurde. Stattdessen macht sie ihren Sohn Kalinikos, das ist Seleukos II., zum neuen syrischen König.
Es ist genau so gekommen: Ihr Nachkomme wird nicht bleiben, sie wird preisgegeben werden – zusammen mit denen, die sie gebracht haben. Das ist ein harter Schlag gegen die Ägypter.
Durch die betrogene Ehefrau Antiochus’ II., Laodike, wurde diese Wendung herbeigeführt. Übrigens soll Laodike später auch die gleichnamige Stadt Laodicea gegründet haben, die in den Schriften wieder auftaucht.
Die Rache der Ägypter und weitere Machtkämpfe
So schlagen die Ägypter zurück. Das Imperium schlägt zurück, wie in den Versen sieben bis acht beschrieben wird. Der Bruder von Berenike, Ptolemaios III, rächt seine Schwester.
Es heißt dort: Zu der Zeit wird einer aus ihrem Stamm, also aus Berenikes Stamm, emporkommen. Er wird gegen die Heeresmacht des Königs des Nordens ziehen und in seine Festung eindringen. Dort wird er seine Macht an ihnen zeigen. Außerdem wird er ihre Götter samt den Bildern und den kostbaren Geräten aus Silber und Gold nach Ägypten wegführen. Für einige Jahre wird der König des Nordens dann von ihnen ablassen.
So ist es auch geschehen. Ptolemaios III erobert die syrische Festung Seleukia und raubt einige Kunstschätze. Trotzdem kann er nicht verhindern, dass Seleukos II. einen Teil seiner Herrschaft behauptet – Kleinasien und das nördliche Syrien.
Wie wir wissen, versucht Seleukos sogar einen Gegenangriff gegen die Ägypter, und zwar im Jahr 242. Das steht hier in Vers 9: Er wird in das Reich des Königs des Südens eindringen, also in das Gebiet des Königs des Nordens. Doch er wird wieder in sein Land zurückkehren.
Genau so ist es passiert. Seleukos II. hatte mit seinem Gegenangriff keinen Erfolg. Er konnte sich zu diesem Zeitpunkt gegen die ägyptische Vorherrschaft noch nicht durchsetzen.
Die Söhne Seleukos’ und der Aufstieg Antiochus’ des Dritten
Aber dann kommt die Wende, und von dieser Wende berichtet Vers 10. Dort geht es um die Söhne von Seleukos II. Es heißt: „Aber seine Söhne werden Krieg führen und große Heere zusammenbringen, und der eine wird kommen und wie eine Flut heranbrausen und wiederum Krieg führen bis vor seine Festung.“
Genau so ist es gekommen. Seleukos II. hatte Söhne, nämlich zunächst Seleukos III., der von 226 bis 223 regierte, und dann vor allem Antiochus III., der von 223 bis 187 herrschte. Dieser Antiochus III. wird auch Antiochus der Große genannt, weil er eine prägende Figur auf der Bühne für viele Jahre sein wird. Deshalb habe ich ihn auch mit einem dicken schwarzen Strich auf ihrer Liste markiert.
Es heißt also: „Aber seine Söhne werden Krieg führen, große Heere zusammenbringen, aber der eine wird kommen und wie eine Flut heranbrausen.“ Dieser eine ist, wie wir aus der Geschichte wissen, Antiochus III. ab 223.
Die Regierungszeit von Antiochus dem Dritten und der Machtkampf mit Ägypten
Die Verse elf bis zwanzig beschreiben vor allem die Regierungszeit von Antiochus III. Dabei geht es um den ständigen Machtkampf zwischen ihm, dem Syrer, und seinen ägyptischen Gegenspielern.
Ich habe diesen Teil des Textes nicht mehr auf Ihrem Zettel, weil er nicht mehr daraufgepasst hat. Deshalb möchte ich Ihnen das schnell zusammenfassen.
Antiochus III. wird dreimal die ägyptische Grenze überschreiten. Es kommt zu einer Entscheidungsschlacht bei Raphia, nahe Gaza, im Jahr 217. In dieser Schlacht wird Antiochus III. von Ptolemäus IV. besiegt, wie auch in Vers 11 beschrieben.
Der König des Südens wird zornig und zieht aus, um mit dem König des Nordens zu kämpfen. Dieser wird ein großes Heer zusammenbringen, doch das Heer wird in die Hand des Gegners, nämlich des Ptolemäers, fallen. Die Syrer erleiden also eine empfindliche Niederlage, geben aber trotzdem nicht auf.
Ab Vers 13 wird beschrieben, wie Antiochus III. sein Heer wieder zu neuer Stärke führt, etwa ab 200 v. Chr., und erneut angreift. Interessanterweise rückt dabei auch Israel erstmals in den Blick.
In Vers 14 heißt es: „Zur selben Zeit werden viele gegen den König des Südens aufstehen.“ Das bedeutet, dass sich viele gegen den Ägypter wehren werden. Auch werden Abtrünnige aus deinem Volk, Israel, sich erheben, eine Weissagung erfüllen und schließlich fallen. Es wird also auch unter dem Volk Israel Widerstand und Aufruhr gegen die Ägypter geben, die zu dieser Zeit die Oberhoheit besitzen.
Antiochus III. wird dann erfolgreich sein, wie Vers 15 beschreibt. Aus anderen Quellen wissen wir, dass er die Ägypter an der Jordanquelle bei der Stadt besiegt hat, die zur Zeit Jesu als Caesarea Philippi bekannt ist.
Seitdem, gewissermaßen ab Vers 15, also seit 198 vor Christus, steht Israel unter syrischer Vorherrschaft. Diese dauert bis 143 vor Christus an.
Antiochus III. und die wachsende Macht Roms
Es ist interessant, wie dies in Vers 16 beschrieben wird. Dort heißt es, dass er auch in das herrliche Land kommen wird. Mit dem herrlichen Land ist natürlich Israel gemeint, und Verderben liegt in seiner Hand.
Um seine strategische Position zu verbessern, verheiratet Antiochus III. seine Tochter Kleopatra. Er gab sie um das Jahr 193 v. Chr. Ptolemaios V. zur Frau. Diese Methode wandte er öfter an, denn er hatte mehrere Töchter. Das war ein Vorteil für ihn, da er dadurch mehrere diplomatisch beabsichtigte Ehen arrangieren konnte.
Hinter diesem Vorgehen steckte ein Hintergedanke: Er wollte, dass Kleopatra ihren Mann aushorcht und zugunsten von Antiochus III. spioniert. Doch wie es sich für eine gute Ehefrau gehört, tat sie das nicht. Sie hielt zu ihrem Mann, und so wurde diese diplomatische Finte für Antiochus III. zu einem Fehlschlag.
Dann merkt Antiochus auch, dass allmählich die Luft für ihn dünner wird. Er spürt, dass Rom ihm im Nacken sitzt. Langsam wächst das römische Reich zu einer Machtposition heran.
In Vers 18 steht, dass er zwar noch einiges erobern kann. Danach wird er sich gegen die Inseln wenden, also die Mittelmeerinseln und die griechische Küste. Viele von ihnen wird er gewinnen. Doch ein Mächtiger wird ihn zwingen, mit Schmähungen aufzuhören und ihm seine Schmähungen heimzahlen.
Wer ist dieser Mächtige, von dem in Vers 18 die Rede ist? Es wird ein Römer sein. Die Römer fühlen sich durch Antiochus III. in ihren Ansprüchen im Mittelmeerraum bedroht.
Wir wissen sogar, wie dieser Mächtige hieß: Es war Lucius Scipio. Um 190 v. Chr. besiegt er Antiochus III. in der Schlacht bei Magnesia. Nachdem Lucius Scipio Antiochus geschlagen hat, setzt Rom einen sehr harten Friedensvertrag gegen die Syrer durch, den sogenannten Frieden von Apamea.
Antiochus III. muss schwere Tributzahlungen leisten, also hohe Reparationen bezahlen. So findet der einst so mächtige Antiochus III. ein trauriges Ende: Er wird Kriegsverlierer, überschuldet mit irrsinnigen Reparationsforderungen der Römer.
Wie löst er dieses Problem? Wir wissen es: Er plündert die befestigten Städte und wohlhabenden Tempel seines eigenen Landes. Er macht sich also über das Gut seines eigenen Landes her.
Zum Beispiel versucht er einmal in einer Nacht, einen persischen Tempel in Elam zu plündern. Dabei wird er 187 v. Chr. umgebracht.
Wie Daniel in Vers 19 voraussagt, wird er sich danach gegen die Festungen seines eigenen Landes wenden. Genau so geschieht es: Er wird straucheln und fallen, sodass man ihn nirgends finden wird. Dass man ihn nirgends finden wird, bedeutet, dass er spurlos von der Bühne der Weltgeschichte verschwinden wird.
So schrieb Daniel 5,19 im Jahr 535 v. Chr., und so geschah es 187 v. Chr. Das ist die Geschichte von Antiochus III., dem Großen.
Seleukos IV. und die Belastung Israels durch römische Forderungen
Und dann kommt der letzte große Protagonist, von dem Daniel 11 berichtet. Gott hat uns das alles gegeben. Er hat uns diese Verse aufschreiben lassen. Deshalb können wir nicht einfach sagen: „Na ja, wir gehen da mal jetzt etwas großzügig drüber hinweg, das müssen wir nicht auslegen.“ Wir müssen es auslegen, weil Gott wollte, dass wir diesen Text hier haben.
Dann schauen wir, wie es weitergeht. Nach Antiochus dem Dritten kommt zunächst in Vers 20 Seleukos der Vierte an die Macht. Er überlegt sich, wie er mit den römischen Finanzforderungen fertigwerden will. Es heißt dann: „An seiner Stadt wird einer emporkommen, der einen Kämmerer das herrliche Land durchziehen lassen wird.“ Gemeint ist Israel, um Abgaben einzutreiben.
Doch nach einigen Jahren wird dieser Seleukos umgebracht werden – aber weder öffentlich noch im Kampf. Genau so ist es geschehen: Seleukos IV. wurde vergiftet.
Er will also die römischen Finanzforderungen erfüllen, indem er den Juden hohe Steuern auferlegt. Deshalb wird hier gesagt, dass er einen Kämmerer das Land durchziehen lassen wird. Aus den Geschichtsbüchern wissen wir, wie dieser Kämmerer hieß: Es war der Minister Heliodor. Seleukos IV. schickt ihn nach Jerusalem, um die Staatskasse zu füllen. Das können Sie alles im 2. Buch der Makkabäer im dritten Kapitel nachlesen.
Gerade dieser Minister Heliodor lässt später seinen eigenen König, Seleukos IV., hinterrücks vergiften. So endet die Geschichte genau so, wie Vers 20 es andeutet.
Halten wir also dieses Zwischenergebnis fest: Die Prophetie von Alexander und seinen Diadochen umfasst bereits die Jahre 323 bis 175 v. Chr., also circa 150 Jahre. Die Weissagung erfolgte um 530 v. Chr.
Sie sehen, in diesem Text ist vieles nur angedeutet, es werden keine Namen genannt. Die Geschichte wird in Auswahl dargestellt. Doch die Konturen sind ausgesprochen präzise. Im Nachgang können wir Vers für Vers die einzelnen Personen identifizieren, die hier gemeint sind.
Unvorstellbar!
Antiochus IV. – ein grausamer Herrscher und Vorbild des Antichristen
Und das gilt schließlich auch für die letzte Epoche, die hier ab Vers 21 beschrieben wird. Jetzt tritt nämlich dieser grausame Antiochus IV. auf die Bühne der Weltgeschichte.
Nach der Ermordung von Seleukos IV. entsteht bei den Syrern ein Machtvakuum. Der Sohn von Seleukos IV., nämlich Demetrius I., wird von Rom als Geisel genommen. Der gerissene Antiochus IV. nutzt dieses Machtvakuum aus und setzt sich selbst als Nachfolger seines Bruders ein.
In Vers 21 heißt es: An seiner Stadt, also an Stelle von Seleukos IV., wird ein verächtlicher Mensch emporkommen, dem die Ehre des Thrones nicht zugedacht war. So war es: Antiochus IV. war nicht vorgesehen. Er wird unerwartet kommen und sich durch „Renke“ die Herrschaft sichern.
Dieser Begriff „Renke“ ist auffällig. Er bedeutet von der hebräischen Wurzel so viel wie aalglatt. Und genau das war Antiochus offensichtlich. Er war wirklich aalglatt, hat sich immer wieder durchgewunden und die Leute mit Schmeicheleien eingefangen. Er versuchte, sie auf seine Seite zu ziehen.
Antiochus IV. hatte ein großes Ziel: Er wollte ein orientalisches Großreich schaffen. Vor allem wollte er die griechische Kultur, den Hellenismus, auch religiös massiv ausbreiten. Er litt nicht an schwachem Selbstbewusstsein. So ließ er sich selbst auf Münzen als „Theos Epiphanes“ bezeichnen, also als Antiochos Epiphanes Theos, als offenbarer Gott.
Das ist eine Art Vorschattung des Antichristen, der in der Endzeit Ähnliches tun wird. Viele im Volk gaben ihm deshalb einen Spitznamen: Statt „Antiochus Epiphanes“ nannten sie ihn „Antiochus Epimanes“, was so viel heißt wie „Antiochus der Verrückte“. Und das war er in gewisser Weise auch.
Die Verse 22 bis 24 beschreiben dann seine anfängliche Regierungszeit, die von viel Erfolg geprägt ist. In Vers 22 heißt es: Heranflutende Heere werden vor ihm hinweggeschwemmt und vernichtet werden, dazu auch der Fürst des Bundes.
Wer ist der Fürst des Bundes? Das war der damalige Hohepriester der Juden. Der Hohepriester damals war Onias III. Dieser Onias III. wurde von Antiochus 175 v. Chr. zunächst abgesetzt. Er musste ins Exil und wurde dort ermordet.
Stattdessen kam sein Bruder Jason an dieses Amt. Jason kaufte sich das Amt für 540 Silbertalente. Zunächst war er sehr angepasst und liebedienerisch gegenüber Antiochus. Er ging ihm gewissermaßen um den Bart und versprach, dessen Politik mitzutragen.
Doch auch Jason ersetzte Antiochus vier Jahre später durch Menelaos, der wahrscheinlich schon hinter der Ermordung des Onias steckte.
In dieser Zeit, als Antiochus IV. so brutal in die Priesterfolge des jüdischen Volkes eingriff, kam es zu einer tiefen Spaltung in der Priesterschaft.
Einige kollaborierten und sagten: „Ja, wir müssen uns irgendwie mit der Macht arrangieren, dann holen wir das meiste für unser Volk heraus.“ Aus dieser Gruppierung entstanden später die Sadduzäer zur Zeit Jesu.
Andere machten Opposition und sagten: „Nein, wir müssen dem Wort Gottes, dem Gesetz Gottes treu bleiben. Wir müssen dagegenhalten, die Stellung am Tempel halten und ihm nicht das Feld räumen.“ Aus dieser Gruppe entwickelten sich zur Zeit Jesu die Pharisäer.
Die Sadduzäer kooperierten also, die Pharisäer opponierten.
Dann gab es noch eine dritte Gruppe, die meinte: „Wenn der Tempel erst mal so in Verruf gekommen ist und das geistliche Leben so zerstört ist, können wir nicht länger hierbleiben.“ Das waren die Essener.
Sie zogen sich zurück nach Ägypten und nach Qumran. Dort lebten sie in der gleichnamigen Siedlung von Qumran.
Diese Aufspaltung der Priesterschaft vollzog sich also um 170 v. Chr. unter Antiochus IV.
Die militärischen Auseinandersetzungen Antiochus’ IV. und die Verfolgung Israels
Vers 23 richtet den Blick erneut nach Ägypten, denn dorthin will Antiochos IV. vordringen und das Land erobern. Zunächst geht er ein taktisches Bündnis mit Ptolemäus VI. ein, um gegen dessen Rivalen zu kämpfen. So schmiedet er seine Ränke – das ist Politik auf höchstem Niveau.
Zunächst gelingt es ihm, die Stadt Memphis zu erobern. Gemeinsam mit Ptolemäus VI. rückt er immer weiter nach Ägypten vor, bis kurz vor Alexandria. Doch dieses taktische Bündnis wird nicht von Dauer sein. In Vers 27 heißt es: „Und beide Könige werden darauf bedacht sein, wie sie einander schaden können. Sie werden an einem Tisch verlogen miteinander reden.“ Diese Worte könnten auch auf manche politische Konferenzen unserer Zeit zutreffen.
Sie werden also hinterhältig miteinander umgehen und versuchen, einander zu schaden. Doch es wird ihnen nicht gelingen, denn das Ende ist für eine andere Zeit bestimmt. Gott wird ihnen einen Strich durch die Rechnung machen. Weder Antiochos IV. noch Ptolemäus VI. werden ihre eigenmächtigen Pläne verwirklichen können.
Später verbündet sich Ptolemäus VI. mit seinem Bruder Ptolemäus VII., und gemeinsam wollen sie Antiochos zurückschlagen. Doch zunächst kann Antiochos noch einige Erfolge in Ägypten erringen. Sein Plan scheint aufzugehen. In Vers 28 heißt es, dass er Erfolge sammelt und danach mit großer Beute von Ägypten nach Syrien zurückkehrt. Dabei richtet er seinen Sinn erneut gegen den Heiligen Bund, also gegen Israel.
Auf dem Rückweg von Ägypten nach Syrien wird er mit der Situation in Israel konfrontiert. Aus anderen Quellen wissen wir, dass er in diesen Tagen auf einen jüdischen Aufstand trifft. Er wird diesen Aufstand brutal niederschlagen. In jenen Wochen verübt Antiochos ein regelrechtes Massaker, wie die Formulierung „er wird seinen Sinn richten gegen den Heiligen Bund“ andeutet. Wahrscheinlich hat er damals etwa 80 Juden ermordet, viele andere versklavt und als Kriegsgefangene mitgenommen.
Außerdem plündert er den Tempel: Er entwendet die Schaubrote, den goldenen Leuchter und kratzt das Gold von der Tempelvorhalle ab – überall, wo es möglich ist, um sich am jüdischen Besitz zu bereichern.
Danach unternimmt er einen erneuten Angriff auf Ägypten. Vers 29 berichtet davon. Inzwischen haben sich Ptolemäus VI. und VII. verbündet. Wir befinden uns nun im Jahr 168 v. Chr. Dieses Mal wird Antiochos keinen Erfolg haben, wie es in Vers 29 heißt. Nach einer bestimmten Zeit wird er wieder nach Süden ziehen, doch es wird nicht wie beim ersten Mal verlaufen.
Was kommt ihm dazwischen? Vers 30 erklärt: „Denn es werden Schiffe aus Kittim gegen ihn kommen, so dass er verzagen wird und umkehren muss.“ Kittim ist ein Ausdruck für Zypern. Im zweiten Jahrhundert wurde Kittim auch als Begriff für die Römer verwendet. In den Qumran-Texten steht Kittim für die Römer.
Das bedeutet, dass eine Macht aus dem Westen mit Schiffen gegen ihn vorgeht. Tatsächlich kam im Jahr 168 v. Chr. Rom den Ägyptern zu Hilfe, weil die Römer nicht wollten, dass Antiochos IV. seine syrische Macht zu sehr ausbaut. All dies beschreibt das Buch Daniel im Jahr 535 v. Chr. – man kann es gar nicht oft genug betonen.
Anfangs kann Antiochos noch einige Erfolge in Ägypten verbuchen, doch schließlich scheitert er in Memphis und vor Alexandria. Dann treten die römischen Gesandten auf den Plan. Sie fordern ihn zum Rückzug auf und sagen ihm: „Es reicht, unsere Position ist stark genug, wir müssen uns vor dir nicht verstecken. Antiochos, dein Machtspiel ist vorbei, zieh dich zurück.“
Antiochos bittet um Bedenkzeit. Daraufhin macht der römische Gesandte Popilius Laenas etwas Bemerkenswertes, das man sich auch für andere Situationen merken kann. Wahrscheinlich standen sie im Freien auf sandigem Boden. Als Antiochos um Bedenkzeit bittet, zieht Popilius Laenas mit einem Stock oder Stein einen Kreis um ihn in den Sand und sagt: „Hier entscheide dich, bevor du diesen Kreis verlässt, wirst du deine Entscheidung getroffen haben.“
Diese Geste verdeutlicht das Machtverhältnis in der Situation. Antiochos IV. muss widerwillig einräumen, dass er den Römern nicht mehr widerstehen kann. Er tritt zähneknirschend den Rückzug an. In Daniel Vers 30 heißt es deshalb: „So dass er verzagen wird.“ Genau so ist es gekommen.
Die Verfolgung Israels und die Aufteilung der jüdischen Gemeinschaft
Aber an wem lässt er seinen Hass, seinen Zorn und seinen Groll aus? An den Juden. Auf dem Rückweg nach Syrien wird er natürlich wieder an Israel vorbeikommen, Israel durchziehen und erneut sein Mütchen an ihnen kühlen.
Sehen Sie, wie es hier im zweiten Teil von Vers 30 steht: Dann wird er gegen den Heiligen Bund ergrimmen und danach handeln. Er wird sich denen zuwenden, das heißt, er wird mit denen kollaborieren, die den Heiligen Bund verlassen haben. Das waren die Verräter der Juden, viele von ihnen gehörten später zur Sadduzäer-Partei.
Und was passiert dann in Israel? In Vers 31 heißt es: Und seine Heere werden kommen und Heiligtum und Burg entweihen, das tägliche Opfer abschaffen und das Gräuelbild der Verwüstung aufstellen. Er wird mit Ränken alle zum Abfall bringen, die den Bund übertreten. Genau so ist es gekommen.
Zunächst kam der Steuereintreiber Apollonius und überfiel Jerusalem an einem Sabbat. Er plünderte die Stadt, legte Brände, mordete, brandschatzte und riss die Stadtmauern nieder. Dann befestigte er auf dem Davidsberg eine Art griechische Burg, die sogenannte Akra. Das bedeutet: Er kam und entweihte Heiligtum und Burg. Er machte daraus eine heidnische Festung, nahm viele Gefangene und ließ dann Antiochus ein Edikt veröffentlichen, in dem gefordert wurde, dass „alle zu einem Volk werden sollen“.
Das heißt: Die jüdische Identität sollte nicht erhalten bleiben. Es kam zur großen Einheit, denn alle Diktatoren haben den Hang zu diesem totalitären Zugriff. Alles muss vereinheitlicht werden, alles unter ein Dach gebracht. Hier, unter das von Antiochus IV., der nach seinem Scheitern in Ägypten wenigstens Israel unter seine Knute bringen wollte.
Er verbot das tägliche Opfer, hob die Feste und den Sabbat auf und verbot die Beschneidung. Der Besitz der Heiligen Schriften wurde mit dem Tode bedroht. Es wurde das heidnische Bacchusfest eingeführt, zu Ehren des Weingottes.
Dann kam der tragische Höhepunkt: Am 15. Dezember, im Monat Kislev des Jahres 167, wurde der Tempel, der israelische Tempel, dem Götzen Zeus Olympios geweiht.
Dazu brachte man eine befestigte Platte auf dem Brandopferaltar an und opferte dort ein Schwein – das Schlimmste, was man sich als Jude vorstellen kann, gegen die eindeutigen Bestimmungen aus 3. Mose 11. Auf diesem leicht veränderten Altar wurde ein Schwein geopfert, und ein Zeusbild wurde aufgerichtet. Manche Quellen deuten an, dass dieses Zeusbild möglicherweise Züge des Antiochus trug, so wie später in der Endzeit der Antichrist sich selbst verehren lassen wird – mitten im Tempel.
Die Spaltung des jüdischen Volkes und der Widerstand der Treuen
Und nun, als das geschah, im Jahr 168 und 167 vor Christus, kam es im jüdischen Volk zu einer Spaltung. In Vers 32 heißt es: Er wird die einen, die den Bund übertreten, zum Abfall bringen. Doch dann folgt die Aussage, dass diejenigen vom Volk, die ihren Gott kennen, sich ermannen und entsprechend handeln werden.
Das bedeutet, dass es auch in dieser Zeit Menschen in Israel gab, die ihren Gott kannten. Die Bibel sagt, dass es immer einen heiligen Rest gab – zu allen Zeiten. Es gab immer Juden, die dem Gott Israels und seinem Wort treu blieben. Das war auch in dieser Situation so. Diese Menschen kannten ihren Gott, weil sie seine Heilige Schrift kannten. Sie handelten entsprechend ihrer Erkenntnis und beschränkten sich nicht nur darauf, ihr eigenes Leben zu ordnen, sondern sie versuchten auch, andere zu gewinnen.
In Vers 33 heißt es weiter: „Und die Verständigen im Volk werden vielen zur Einsicht verhelfen.“ Wenn man den Begriff „Verständige“ erklären möchte, sind das die Frommen, die im Gesetz geschult sind. Sie sind die Verständigen, so wird es verständlich.
Das zeigt, wie unverzichtbar bibeltreue Theologie ist. Die Verständigen, die andere lehren können, sind diejenigen, die im Gesetz Gottes geschult sind. Das ist lebenswichtig, wenn wir verstehen wollen und gegen Verführung gewappnet sein wollen. Deshalb muss das auch im Zentrum unserer Gemeindearbeit stehen.
Was vermitteln wir in der Gemeinde? Worauf legen wir das Schwergewicht bei unserer Arbeit? Was geben wir unseren Kindern und Jugendlichen mit auf den Weg? Es ist die Wahrheit – die ewige Wahrheit des unvergänglichen Gottes, die er uns in seinem Wort gibt. Nur diese Wahrheit macht stark und standfest. Nur diese Wahrheit lässt uns in einer innigen Verbindung mit unserem Herrn und Gott leben.
Das sind die Treuen, die Gegner der heidnischen Bewegung. Es sind diejenigen, die durch die Kenntnis des Wortes Gottes gegen Verführung und Verfolgung gewappnet sind. Sie können selbst Lehrer und Leiter werden, anderen helfen und nehmen dabei auch in Kauf, dass sie für diesen Dienst verfolgt werden.
Am Ende von Vers 33 steht: „Sie werden vielen zur Einsicht verhelfen, doch sie werden verfolgt werden, mit Schwert, Feuer, Gefängnis und Raub.“ Dann folgt der Zusatz „eine Zeit lang“.
Dieser Begriff „eine Zeit lang“ zieht sich so wunderbar durch das ganze Buch Daniel. Gott macht immer wieder deutlich, wenn er die Realität des Bösen beschreibt, dass man sich als Christ darauf einstellen muss, dass man möglicherweise verfolgt wird. Man muss bereit sein, einen Preis für den Glauben, die Treue zum Herrn und den Gehorsam zu zahlen.
Doch dann kommt immer die Einschränkung: „eine Zeit lang“. Der Böse hat nicht das letzte Wort. Niemand, der dem lebendigen Gott vertraut, wird am Ende das Nachsehen haben – keiner! Der Böse kann und darf nur eine Zeit lang seine Muskeln spielen lassen.
Die kleine Hilfe durch die Makkabäer und die bleibende Herausforderung
Und dann geht es noch einmal zurück in die Geschichte. Während sie verfolgt werden, heißt es in Vers 34, wird ihnen eine kleine Hilfe zuteilwerden. Das ist interessant, dieser Begriff – was ist damit gemeint? Eine kleine Hilfe, das heißt, es war eine gewisse Erleichterung, aber nicht die entscheidende Wende, nicht die durchgreifende Hilfe.
Wissen Sie, was sich hinter dieser kleinen Hilfe wahrscheinlich verbirgt? In jener geschichtlichen Stunde, als das alles durch Antiochus IV. passiert ist. Wissen Sie, wer da eingreift? Die Makkabäer. Da kommt es zum Hasmonäer- oder Makkabäeraufstand. Mattathias, eine unbedeutende Priesterfamilie aus der Provinz, kann das einfach nicht mehr mit ansehen. Sie macht mobil, widersteht Antiochos auch mit Waffengewalt und sorgt dafür, dass seine Kreise dort gestört werden und der Tempel neu geweiht wird. Am Ende werden sie ihn sogar ganz herausgedrängt haben – das wird einige Jahre dauern.
Eine kleine Hilfe lässt Gott durch die Makkabäer erwachsen, aber es ist eben nur eine kleine Hilfe. Wenn wir in die Quellen schauen, sehen wir, dass auch die Makkabäer theologisch manches Fragwürdige getan haben. Sie haben viele Kompromisse gemacht, später das geistliche und das politische Anliegen miteinander vermischt. Sie sorgten dafür, dass der Hohepriester zugleich der oberste Machthaber war, und sie machten einen aus ihren Reihen zum Hohenpriester, obwohl nach biblischer Vorgabe das einer aus der Ahronslinie hätte sein müssen.
Leider haben sie auch Pharisäer gekreuzigt. Unter Alexander Jannäus, dem Hasmonäer, etwa von 103 bis 80 vor Christus, töteten sie aus kirchenpolitischen Gründen teilweise Pharisäer. Das steht leider auch auf der Liste der Makkabäer.
Trotzdem kann Gott sie in dieser Situation als eine kleine Hilfe gebrauchen – nicht als die endgültige Lösung, aber als kleine Hilfe. Immerhin gelingt es ihnen schließlich 143 v. Chr., Antiochus’ Leute aus dem Land zu werfen. Israel erreicht für einige Jahrzehnte eine gewisse politische Unabhängigkeit. Viele werden jedoch nur oberflächlich mitmachen.
Als sich das Blatt wendet, als die Hasmonäer, als die Makkabäer plötzlich durchschlagenden Erfolg haben, heißt es hier – und so war es auch – viele werden sich nicht aufrichtig zu ihnen halten (Vers 34 am Ende). Viele haben einfach nur so mitgemacht.
Dann kommt noch einmal Verfolgung, in der sich die Spreu vom Weizen trennt. Einige der Verständigen werden in dieser Verfolgung fallen, sie werden also ermordet. Damit werden viele bewährt, rein und lauter.
Hier heißt es wörtlich: bis zur Zeit des Endes. Denn es geht ja um eine befristete Zeit, um eine bestimmte Zeit. Man könnte auch übersetzen: es läuft noch weiter auf eine bestimmte Zeit. Einige sterben also als Märtyrer auch in dieser Zeit.
Dann endet dieser Abschnitt (Vers 35) mit zwei seltsamen Begriffen, die deutlich machen, dass mit dem Sieg über Antiochus IV. das Problem noch nicht endgültig gelöst ist. Es sind zwei Begriffe, die weit über die Makkabäerzeit hinausreichen und auf die Endzeit hinweisen: die Zeit des Endes und die befristete beziehungsweise bestimmte Zeit – es läuft weiter auf eine bestimmte Zeit.
Natürlich wird es immer jene Gläubigen geben, die ihren Gott kennen. Auch in den nächsten Jahren und Jahrhunderten, in denen die Leute Gottes bekämpft und angefeindet werden, wird es diese Gläubigen geben. Sie kennen ihren Gott, ermannen sich, wie es hier heißt, helfen den anderen zum Durchblick und nehmen ihre Verantwortung in dieser Zeit wahr.
Ausblick auf die Endzeit und die Rolle Antiochus’ IV. als Typus des Antichristen
Und dann, ab Vers 36, wird die Perspektive noch größer – das werden wir nächsten Sonntag sehen. Plötzlich rückt die Zeit des Antichristen in den Fokus. Daniel wird etwas über das Ende der Geschichte vorhersagen.
Ab Vers 36 bis Vers 45 zeigt sich, dass Antiochus IV., dieser grausame, selbstverliebte, anmaßende und machtgierige Herrscher, eine Art Vorschattung, ein Typus oder Vorbild für den Antichristen sein wird.
Die souveräne Herrschaft Gottes über die Geschichte
Und nun kommen wir am Ende zu unserer Ausgangsfrage zurück. Wir fragten, warum der Teufel in Daniel 10 durch seinen Boten alles daran setzte, um zu verhindern, dass Daniel diese Hinweise erhält. Das war unsere Frage.
Was ist das Besondere an diesen Versen, dass Gottes Engel sie Daniel und uns bringen wollte und dass die Mächte der Finsternis dies auf jeden Fall verhindern wollten? Die Antwort, denke ich, ist folgende: Dieser Bibeltext beweist, wie souverän Gott die Geschichte regiert. Er zeigt, wie absolut souverän Gott die Welt lenkt.
Das ist ja unser Thema: die Herren der Welt und der Herr der Welt. Was für ein Unterschied! Machtpoker aus göttlicher Perspektive – all dieser Machtpoker ist letztlich nur ein Narrentanz, in dem sie alle früher oder später scheitern.
Was für ein Unterschied zwischen den Herren der Welt und dem Herrn der Welt! Natürlich mindert Gottes Souveränität nicht die Verantwortlichkeit der handelnden Personen. Innerhalb ihres Rahmens können sie Gutes oder Böses tun. Alexander der Große war sicherlich in ethischer Hinsicht ein besserer Herrscher als Antiochus IV.
Die Stalins, Hitlers, Idi Amins und wie sie alle heute heißen, können sich nicht herausreden und sagen: „Na ja, Gott ist der Herr der Geschichte, wir konnten eben nichts tun.“ Nein, innerhalb ihrer Grenzen haben sie alle ihre Verantwortung wahrzunehmen und werden dafür auch von Gott zur Rechenschaft gezogen.
Zugleich ist dieses Dokument ein Schlag in die Magenkuhle des menschlichen Hochmuts. Überlegen Sie mal, was sich diese Herrscher wohl alles auf ihre Macht eingebildet haben! Was haben sie in ihren Palästen gesessen, sich von ihrer Dienerschaft umgarnen lassen, ihre großen Strategien in die Luft gezeichnet – was haben sie sich alles eingebildet?
Sie hätten nur Daniel 11 lesen müssen. Der lebendige Gott hatte schon im sechsten Jahrhundert vor Christus die Grenzen ihres Handelns genau definiert und damit auch begrenzt. Einer der Ersten, die dies ahnten, war Alexander der Große. Als man ihm das Buch Daniel zeigte, wurde er sehr still.
Er soll mit großem Respekt daraufhin die jüdische Priesterschaft behandelt haben. Wahrscheinlich ahnte er etwas von der Macht des wahren Herrschers, die dahintersteht. Und selbst seine imponierende Geschichte beweist die Brüchigkeit weltlicher Macht.
Schauen Sie sich an, wie das große, herrliche Reich Alexanders des Großen in diesen Versen drei und vier dargestellt wird: Es wird ein mächtiger König aufstehen, mit großer Macht herrschen, und was er will, wird er ausrichten. Aber wenn er emporgekommen ist, wird sein Reich zerbrechen und in die vier Winde des Himmels zerteilt werden.
Nicht auf seine Nachkommen, auch nicht mit solcher Macht, wie er sie hatte, denn sein Reich wird zerstört und fremden zuteil werden. Das war das Ende des großen Alexander.
Und wie betet Daniel schon in Kapitel 2, Verse 20 und 21: Gelobt sei der Name Gottes von Ewigkeit zu Ewigkeit, denn ihm gehören Weisheit und Stärke. Er ändert Zeit und Stunde, setzt Könige ab und setzt Könige ein.
Daniel 11 ist im Grunde genommen der Beweis für diesen Satz in Daniel 2, Vers 21.
Die Demut vor Gottes souveräner Macht und der Trost für die Gemeinde
In genau dieser Linie liegt unser Bibeltext von heute Morgen. Daniel 11 ist eine Demütigung für unsere Eigenmächtigkeit. Es ist eine Demütigung für unseren angemessenen Humanismus, der davon ausgeht, dass der Mensch das Maß aller Dinge sei und sich nun befreit habe – kraft seines Verstandes aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit und was auch alles.
Wie lächerlich ist das alles angesichts dieses Kapitels! Daniel 11 ist eine Demütigung unserer stolzen Mittelpunktstellung. Es beschreibt eine Zeit, die das Anrecht des Schöpfers bekämpft – so wie unsere Zeit. Eine Zeit, die die Lehre vom schöpferischen Handeln Gottes als Gefahr für die Schulen, Gefahr für die Freiheit und Gefahr für die Ausbildung unserer Kinder bezeichnet. So ist es jüngst im Europarat geschehen.
Eine solche Zeit hat es so dringend nötig, diese Botschaft von Daniel 11 zu hören. Für uns als Gemeinde Jesu Christi liegt darin ein unendlicher Trost, liebe Geschwister, ein unendlicher Trost. Denn wir wissen: Es ist nicht bei der kleinen Hilfe von Vers 34 geblieben. Gott, der alles in Händen hält, hat uns seine große Hilfe geschickt.
Das Volk, das im Finstern wandelt, schreibt Jesaja, sieht ein großes Licht, und über den, die da wandeln im Lande der Todesschatten, scheint es hell. Dann wird berichtet, dass Gott seinen Sohn schickt in diese Welt und dass er uns rettet.
Darum gilt das auch für unsere geistlichen Kämpfe, die wir in diesen Jahren noch durchzustehen haben als Gemeinde Jesu Christi. Es gilt, was in Vers 32 steht: „Aber die vom Volk, die ihren Gott kennen, die werden sich ermannen und werden danach handeln. Und die Verständigen im Volk werden vielen zur Einsicht verhelfen.“ Darüber werden sie verfolgt werden – mit Schwert, Feuer, Gefängnis und Raub – eine Zeit lang, eine Zeit lang. Aber am Ende steht der Sieg unseres Herrn.
Darum können wir am Ende sagen: Die Herren dieser Welt, wie es einmal berühmt formuliert wurde, die Herren dieser Welt kommen und gehen. Das ist Daniel 11. Die Herren dieser Welt kommen und gehen; der eine hat 40 Jahre, der andere drei Jahre. Aber unser Herr kommt. Er allein ist wirklich mächtig und niemand sonst.
Darum schließe ich für heute mit einem Machtverliebten, ja mit einem Machtgierigen, der dies wohl am Ende seines Lebens noch gerade begriffen hat. Das war Napoleon.
Der Historiker Gottfried May hat das ganze Leben Napoleons unter dem Gesichtspunkt der Macht durchbuchstabiert. Er hat seine Biografie unter den Titel gestellt „Die Versuchung der Macht“. Alle Kapitel in diesem Buch haben mit Macht zu tun: der Zwang zur Macht, die Lust an der Macht, die Anbetung der Macht, aber auch die Selbstzerstörung durch Macht.
Er schreibt hier über Napoleon: Napoleon hat alle Kraft daran verschwendet, die verheißene Frucht totaler Machtfülle, die der Teufel verheißene hatte, zu erkämpfen. Er erlag der Versuchung der Macht und stand seither unter der Macht der Versuchung, die ihn schließlich zu hilfloser Ohnmacht sinken ließ.
Und dann gibt es doch dieses bewegende Zeugnis aus den letzten Tagen Napoleons, worüber die Historiker immer streiten, ob es echt sei oder nicht. Aber es gibt viele Aspekte, die deutlich machen, dass es doch wohl echt sein könnte. Es ist eines dieser letzten großen Gespräche Napoleons mit seinem General Bertrand, der ihm auch dort in der Verbannung noch treu ergeben war.
Da bringt Napoleon noch einmal sein großes Lebensthema zur Sprache, die Frage der Macht. Er sagt: „Ja, unser Leben schien einmal in aller Klarheit der Krone und des Throns. Auch Ihr, Bertrand, spiegelte jenen Glanz, wie der Invalidendom, der von uns vergoldet ist, die Sonnenstrahlen widerspiegelt.
Aber nun, was ist davon geblieben? Wir sind jetzt bloß noch geführt, General Bertrand. Und bald werde ich in meinem Grab ruhen. So ist das Schicksal großer Männer. So war es mit Caesar und Alexander, und auch ich bin vergessen.
Der Name eines Eroberers und Kaisers ist nur noch ein Schulthema. Unsere Heldentaten werden von Lehrern den Schülern als Aufgaben gegeben, die dann über uns zu Gericht sitzen, um Tadel und Lob auszusprechen. Und hört, das ist geblieben: der große Napoleon. Und jetzt machen Schüler sich ihre Gedanken, ob das nun gut oder schlecht war, was er getan hat.
Und hört, was bald mit mir sein wird: Ermordet von der englischen Regierung sterbe ich vorzeitig, und mein sterblicher Leib muss zur Erde zurückkehren, um Nahrung für die Würmer zu werden. Seht da die nahe bevorstehende Bestimmung dessen, den die Welt den großen Napoleon nannte!
Welch eine Kluft zwischen meinem tiefen Elend und der ewigen Herrschaft Christi, die verkündet, geliebt und geehrt wird und sich über den ganzen Erdkreis verbreitet.“
Das ist der Unterschied zwischen den vielen Herren, die alle letztlich an ihrer Machtlosigkeit scheitern, und dem einen großen Herrn, der unser Herr ist. Er ist der Herr der Geschichte und hat gesagt: „Mir ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden; darum geht hin und verkündigt das Evangelium der ganzen Welt.“
Das wollen wir tun. Amen.
Das bewegende Zeugnis Napoleons über die Vergänglichkeit weltlicher Macht
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