Wir wollen beten, lieber Herr.
Es gibt Dinge, die uns immer wieder tief erschüttern. Doch das allein ist zu wenig. Sie sollen uns zur Buße treiben, damit wir immer wieder das Wunder deiner Liebe in unserem Leben neu entdecken.
Es ist alles unverdient, dass wir heute leben, dass du unserem Leben Raum gibst, uns Gnade bei Menschen schenkst, Vertrauen und Anerkennung.
Ich möchte nicht immer nur um deinen Schutz bitten. Dennoch wollen wir auch priesterlich für unser Volk eintreten – für andere Menschen, die vor schwierigen Aufgaben stehen, für Menschen, die schuldig geworden sind, oder für jene, die unschuldig leiden. Was auch immer es ist, wir wollen in den Riss treten für unser Volk.
Oft ist uns unheimlich, welche Mächte wüten, auch wenn wir die Offenbarung lesen. Mach uns deine Gnade ganz groß und schenke uns das, was du uns heute Abend geben willst: dass wir dich einmal von Angesicht zu Angesicht sehen dürfen und dass du heute unter uns wohnen willst.
Amen!
Einführung in die Lesung und erste Vision der Ernte
Wir haben noch den Rest von Offenbarung 14 zu lesen, und zwar ab Vers 14.
Beim letzten Mal hatten wir den schönen Durchblick auf den Scharen, die vor dem Thron Gottes stehen.
Ich sah eine weiße Wolke, und auf der Wolke saß einer, der einem Menschensohn glich. Er trug eine goldene Krone auf seinem Haupt und hielt in seiner Hand eine scharfe Sichel.
Ein anderer Engel kam aus dem Tempel und rief mit großer Stimme dem zu, der auf der Wolke saß: „Setze deine Sichel an und ernte, denn die Zeit zu ernten ist gekommen, denn die Ernte der Erde ist reif.“
Der, der auf der Wolke saß, setzte seine Sichel an die Erde an, und die Erde wurde abgeerntet.
Ein weiterer Engel kam aus dem Tempel im Himmel. Er hatte ein scharfes Winsermesser.
Dann kam ein anderer Engel vom Altar. Er hatte Macht über das Feuer und rief mit großer Stimme dem zu, der das scharfe Winsermesser hatte: „Setze dein scharfes Winsermesser an und schneide die Trauben am Weinstock der Erde, denn seine Beeren sind reif!“
Der Engel setzte sein Winsermesser an die Erde an, schnitt die Trauben am Weinstock der Erde und warf sie in die große Kelter des Zornes Gottes.
Die Kelter wurde draußen vor der Stadt getreten, und das Blut floss aus der Kelter bis an die Zäume der Pferde, tausendsechshundert Stadien weit.
Übergang zu Kapitel 15 und Lobgesang der Überwinder
Wir nehmen Kapitel 15 jetzt noch bis Vers 4.
Und ich sah ein anderes Zeichen am Himmel, das war groß und wunderbar: sieben Engel, die die letzten sieben Plagen hatten. Denn mit ihnen ist der Zorn Gottes vollendet.
Und ich sah, und es war wie ein gläsernes Meer, mit Feuer vermengt. Die, die den Sieg behalten hatten über das Tier, sein Bild und die Zahl seines Namens, standen an dem gläsernen Meer. Sie hatten Gottes Harfen und sangen das Lied des Mose, des Knechtes Gottes, und das Lied des Lammes:
„Groß und wunderbar sind deine Werke, Herr, allmächtiger Gott. Gerecht und wahrhaftig sind deine Wege, du König der Völker. Wer sollte dich nicht fürchten und deinen Namen nicht preisen? Denn du allein bist heilig. Ja, alle Völker werden kommen und anbeten vor dir, denn deine gerechten Gerichte sind offenbar geworden.“
Schwierigkeiten beim Verständnis der Offenbarung und zeitliche Abfolge
Wir haben immer wieder kleine Schwierigkeiten beim Verständnis der Offenbarung, insbesondere bei der zeitlichen Abfolge. Dabei geraten wir leicht durcheinander. Wann wird alles passieren? Das interessiert uns immer wieder. Wo steht der Uhrzeiger an der großen Weltenuhr?
Ich habe es Ihnen oft genug gesagt und werde Sie an dieser Stelle vielleicht langweilen. Meiner Meinung nach bietet Johannes keine genaue, exakte chronologische Abfolge – und zwar aus einem Grund. Er schildert eigentlich Dinge, die er später in Offenbarung 20 beschreibt. Er nimmt diese Ereignisse vorweg, und das tut er nicht, weil er es will, sondern weil Gott es ihm so zeigt.
Denn am Ende steht das Gericht. Warum schildert er es dann schon in Kapitel 14? Offenbar offenbart Gott Dinge so, wie er es uns sehen lassen will. Jesus selbst hat uns ja gewarnt, dass wir nicht versuchen sollten, daraus einen festen Terminplan abzuleiten. Wir sollen gewisse Dinge erkennen und sehen, aber uns davor hüten, sie in einen festen Rhythmus zu bringen.
Denn auch das, was in Kapitel 15 steht, ist ähnlich wie in Kapitel 7 oder wie die Schar, die wir zuletzt gesehen haben – die vor dem Thron Gottes steht. Das ist erst dort, wo Gott uns zu sich nimmt.
Wenn Sie mich hier fragen, muss ich Ihnen immer sagen: Ich kann es Ihnen mit unserer irdischen Begrifflichkeit nicht besser erklären. Auf der einen Seite sagt Jesus: „Heute wirst du mit mir im Paradies sein.“ Wer an ihn glaubt, wird den Tod nicht schmecken. Andererseits steht da wieder etwas von der Auferstehung der Toten.
Ich kann es Ihnen nicht besser erklären. Unsere irdischen Verstehensmaßstäbe reichen einfach nicht aus für das, was uns das Wort Gottes sagt. Die einen sagen, das seien Widersprüche. Ich denke, diese Fragen werden sich lösen, wenn wir in der neuen Art des Schauens und Erkennens hinter der Todesschwelle in der Herrlichkeit sind.
Es ist auch überhaupt nicht wichtig für uns, die Weltenuhr Gottes genau zu kennen. Wahrscheinlich steht für uns das Todesdatum und das Heimgerufenwerden viel näher als wir oft meinen. Obwohl wir auch denken, dass Dinge in der Welt nahe an der Vollendung sind, wollen wir es offenlassen und dem Herrn überlassen.
Wir bitten ihn, dass er die Plagen verkürzt um der Auserwählten willen. Aber mir ist ganz wichtig, dass wir nicht in den Fehler verfallen, jetzt schon alles ableiten zu wollen und zu sagen: „Was ist jetzt? Gibt es eine Teilauferstehung? Was passiert dann wieder?“
Ich würde wirklich darum bitten, das nicht so zu tun. Manche Leute schreiben ganze Bücher darüber, wie das bei der Entrückung sein soll: Wenn plötzlich Leute vom Autosteuer weggerissen werden und das Auto führerlos über die Autobahn rast.
Dann müsste man eigentlich sagen, dass gläubige Leute mit Rücksicht auf die Entrückung gar nicht mehr auf der Autobahn Auto fahren dürfen, weil das zu riskant für andere ist. Verstehen Sie? Das wird meiner Meinung nach albern und dumm.
Der Herr wird uns mit seinen Zusagen überraschen und sie einlösen. Das Wort Gottes wird buchstäblich erfüllt – daran glaube ich fest. Aber ich finde es manchmal kindisch, wenn wir alles in ein Begriffssystem pressen wollen.
Die Ernte als Bild für die Wiederkunft Jesu und die Gemeinde
Und jetzt gehen wir einfach mal Schritt für Schritt entlang, was uns der Herr zeigt und was wir wissen müssen.
Zuerst sehen wir hier, dass eine Ernte eingebracht wird. Der, der auf der Wolke sitzt – auf der weißen Wolke –, das ist keine dunkle Wetterwolke, sondern eine Beschreibung Jesu. Woher weiß ich das? Weil es heißt: „gleich einem Menschensohn“. Was heißt Menschensohn? Das ist ein alter Begriff aus dem Danielbuch, ein Prophetenbegriff, der ein Hoheitstitel Jesu ist.
„Menschensohn“ ist ein Wort für den großen Weltenrichter. In der Bibel ist das keine Aussage über Niedrigkeit, sondern ein Hoheitstitel Jesu. Theoretisch könnte „Menschensohn“ rein übersetzt vom Hebräischen oder Aramäischen auch „Mensch“ bedeuten. Aber in der Bibel ist es ganz anders gemeint. Es hat diese Doppelbedeutung, und hier ist ganz deutlich klar, was gemeint ist: Der eine Urmensch, das Ebenbild Gottes in der Vollkommenheit, der Herr der Welt.
Dieser trägt eine goldene Krone auf seinem Haupt und hält in seiner Hand eine scharfe Sichel. Ich bin der Meinung, hier wird ein Vorgriff auf die Wiederkunft Jesu genommen. Darüber können wir uns jetzt unterhalten. Die einen sagen: Nein, es handelt sich doch um ein Datum, das vorher ist, wo der Herr seine Gemeinde zu sich holt. Wir hatten schon einmal eine solche Stelle in der Bibel. Ich will hier nicht streiten.
Seien Sie Ihrer Meinung gewiss. Wir wollen das erkennen, was wir sehen, und wollen das miteinander austauschen, was wir kennen. Dabei wollen wir keine andere Meinung irgendwo in den Dreck ziehen. Hier geht es darum, dass der Herr seine Ernte einbringt – das sind die Glaubenden. Die Ernte ist reif. Das heißt, sie sind gewachsen in der Heiligung, sie haben ihr Leben Gott zur Ehre gelebt.
Das ist ein wunderbares Wort für uns heute: Gott hat uns dazu gesetzt, für ihn zu reifen. Das Leben ist keine Last. Das ist auch wichtig für die älteren Menschen, die immer sagen: „Was tue ich noch? Ich warte. Jetzt komme ich immer näher an die Schwelle, wo Gott mich heimruft.“
Das Leben ist ein Reifen, so wie eine Garbe, die noch stehen muss, bis sie die volle Reife erlangt hat. Gerade das ist auch etwas Schönes: das Reifwerden im Glauben, im Alter. Gott sei Dank werden wir nicht in der frühesten Jugend zum Herrn geholt, sondern wir dürfen im Glauben zunehmen und wachsen.
Die Zeit der Ernte ist gekommen, die Ernte ist reif geworden. Im Vers 15 hat Jesus, der wiederkommende Jesus, die Macht, diese Ernte einzubringen. Das ist auch wichtig für uns: Die Zukunft der Weltgeschichte liegt hier in seiner Hand. Wir hatten solche schweren Abschnitte vom Antichristen zu lesen, der ja jetzt immer noch auf der Welt wütet.
Darum ist es tröstlich, dass gerade Gott ein wenig den Terminplan durcheinanderbringt. Das meine ich immer wieder. So hat Johannes das damals dieser verfolgten Gemeinde in der ersten Christenheit verkündigen dürfen. Immer wieder sahen sie den erhöhten Christus. Wenn sie das etwa in der Kirche von Ravenna im Auge haben, wie das auch in diesen ersten Christengemeinden gelebt wurde, dann war das Wissen um den Weltenrichter Jesus der Trost in den schweren, schrecklichen Verfolgungen, die damals hinweggingen.
Und die Erde wurde abgeerntet. Warum erhält Jesus einen Befehl von einem anderen Engel im Vers 15 und ruft dem zu, der auf der Wolke saß? Der Engel gibt Jesus einen Befehl. Das heißt ganz klar: Auch Jesus empfängt die Befehle vom Vater. Solche Dinge sind wichtig zu beobachten und helfen uns ein wenig, auch Glaubenszusammenhänge zu verstehen.
Unterschiedliche Auslegungen zur Entrückung und Ernte
Die zweite Ernte, von der hier die Rede ist, ist eine andere. Sie war im ersten Bild dargestellt, bei dem die Gemeinde heimgeholt wird. Manche sagen, dass dies ein Bild der Entrückung sei. Sie haben nichts dagegen, heim zu Gott geholt zu werden, möchten aber abwarten, wann genau das geschehen wird.
In Amerika hat diese Frage unter den Evangelikalen zu einer tiefen Spaltung geführt. Viele können aufgrund der schwerwiegenden Frage, ob die Entrückung vor, während oder nach der Trübsal stattfindet, nicht einmal in der Missionsarbeit zusammenarbeiten. Die Gegensätze sind so tief, dass man dies häufig noch daran erkennen kann, in welche Gruppierung eine Mission eingeordnet wird.
Aus diesem Grund erwähne ich das: Wir müssen vorsichtig sein, dass Fragen, die uns der Herr nicht klar beantwortet hat, nicht zu trennenden Streitfragen werden. Wer sich in seiner Meinung sicher ist, soll es sein. Ich meine, dass hier verschiedene Auslegungen möglich sind – auch für diejenigen, die das Wort Gottes unverkürzt ehren und lieben.
Beim ersten Bild war noch der wunderbare Klang der Sensen zu hören. Die meisten von Ihnen haben noch erlebt, wie man im Getreidefeld mit Sensen arbeitete, bevor die Mähdrescher aufkamen. Dieser schöne Klang der Ernte war etwas Wunderbares. Die Erntelieder, die gesungen wurden, und die Fröhlichkeit beim Ernten prägten die Atmosphäre.
Im Kapitel, in Vers 17, ist nun etwas anderes dargestellt: Es ist das Gericht. War es vorher die Ernte der Gnade, so ist es jetzt das Zorngericht Gottes.
Der Zorn Gottes und seine Bedeutung für die Welt
Die Bibel spricht immer wieder vom Zorn Gottes. In unserer heutigen Gesellschaft wird oft das moralische Gewissen und die moralische Kultur beschworen. Dabei denke ich, dass es vielleicht so schwierig ist, weil wir die Orientierung an Gottes Maßstab verloren haben. Gottes heilige Gesetze gelten nicht mehr.
In der Bibel wird klar gesagt, dass der Zorn Gottes über dieser Welt liegt. Wenn Sie sich an den Abschnitt von Paulus im Römerbrief Kapitel 1 erinnern, beschreibt er die zerstörten Lebensinhalte der Menschen. Diese Menschen erkennen nichts mehr, weil ihr Verstand verfinstert ist. Sie verdrehen ihr Leben und fallen in alle möglichen Verirrungen, weil sie Gott nicht mehr kennen. Auch hier wird wieder vom Zorn Gottes gesprochen.
Im Griechischen bedeutet das Wort für Zorn wirklich einen Zorn, wie man ihn nur bei Menschen oder Personen beschreibt. Gott zürnt über diese Erde. Wenn uns Dinge oder Vorgänge in der Welt aufregen und manche empört fragen, wie so etwas passieren kann, wie viel mehr sagt das Gott über diese Welt und über uns?
Es ist wichtig, dass wir diese Gerichtsworte lesen, hören und zur Kenntnis nehmen. Hier wird die Welt plötzlich zertreten, fast wie in einer Kälte. Es wird mit schweren Worten vom Blut gesprochen, das hier fließt. Man fragt sich dann, wie das in der Bibel möglich ist. Nach all dem Unrecht, das diese Welt getan hat, empört sich der Mensch und fragt, wie Gottes Gerechtigkeit geschehen kann.
Keiner nimmt es übel, wenn ein Terrorist, der viele Menschen erschossen hat, ins Gefängnis kommt. Dann hört man ganz andere Worte als bei Gott: Er richtet, ermordet, tötet, spricht die Todesstrafe aus. Es ist, als hätte Gott keinen Grund, über diese Welt das letzte Urteil zu sprechen. Aber in der Bibel steht, dass Gott dieses Urteil vollzieht.
Ich meine immer wieder, dass es in der Bibel nichts von einer Allversöhnung gibt, sondern von einer Scheidung, von einer Ernte und einer anderen Ernte. Das sind harte Worte: Zwei werden an einer Mühle mahlen, der eine wird angenommen, der andere verworfen. Zwei liegen auf einem Bett, der eine wird angenommen, der andere verworfen.
Wir müssen uns darum kümmern, wo wir mit unserem Leben stehen. Ist mein Leben mit Gott in Ordnung? Habe ich Frieden mit Gott? Kann ich wirklich ins Licht Gottes treten? Das ist schwer, denn heute wird die christliche Botschaft an dieser Stelle oft verwässert.
Gott lässt sich nicht spotten. Irrt euch nicht! Fürchtet Gott und gebt ihm die Ehre! Wir können Gottes Gebote nicht brechen.
Ich möchte Ihnen heute Abend auch den Rücken stärken, in Ihrem eigenen Leben Dinge im Namen Gottes abzubrechen. Und auch wenn Sie mit anderen Menschen reden, sollen Sie wissen: Es geht nicht anders. Gott kann uns nur in seinen heilsamen Ordnungen segnen.
Wenn wir eine Gottesbegegnung haben wollen, dann geht das nur, wenn wir auch vor Gott still werden. Heute wird oft gefragt, wie man Gott begegnet. Da heißt es dann, man müsse doch wenigstens mit Freude, Temperament und Tanzen zu Gott kommen. Ja, aber es steht auch in der Bibel: „Es sei stille vor ihm alle Welt.“
Es gibt das Erschauern vor Gottes Heiligkeit und Gegenwart. „Er gehe vor mir hinaus.“ Das spürt man auch hier in der Offenbarung immer wieder. Johannes fiel es schwer, all das vor seinem Auge zu ertragen, zu empfinden und zu hören.
In der Bibel gibt es keine Trennung zwischen dem Gott, der sich am Sinai dem Volk Israel offenbarte und die Gebote verkündete, und dem Gott, von dem Jesus sprach. Die Israeliten schrien auf und sagten, sie könnten das gar nicht einhalten.
Auch Jesus sagt: Fürchtet euch vor dem, der Leib und Seele in der Hölle verdammen kann. Das soll heute Abend auch bei uns anklingen, wenn die Kälte draußen vor der Stadt zertreten wird.
Das Lied der Überwinder und die Verheißung der neuen Welt
Aber dann kommen wir zum Kapitel fünfzehn, dem Lied der Überwinder. Ich meine, dass der Grund wirklich bei Johannes liegt und bei dem Herrn, der Johannes das gezeigt hat, damit die Gemeinde getröstet wird. Es wird immer nur ganz kurz gezeigt, und dann richtet sich der Blick schon wieder auf die neue Welt.
Wir können all die schweren Gerichte über die Welt gar nicht ertragen, wenn wir nicht das andere sehen würden: dass Gott für uns einen Platz vor seinem Thron bereit hat. Dieses schöne Lied „Wenn auf der Erde Leid“ soll heute Abend auch das Letzte sein. Wir hören es und freuen uns daran in großer Vorfreude, dass diese Welt mit ihrem Unrecht und ihrer Gewalt einmal aufhört.
Wir leben in unheimlich privilegierten Zeiten, wenn wir daran denken, wie die Flüchtlingsströme durch unser Deutschland gegangen sind. Das waren Zeiten des Unrechts, des Verlassenseins, der Einsamkeit, in Kriegsgefangenenlagern und was viele Menschen durchgemacht haben. Heute haben wir Zeiten großer Vorrechte, aber wir wollen unseren Blick auf die neue Welt Gottes richten.
Zuerst wird noch einmal im ersten Vers auf die Engel hingewiesen, die die letzten sieben Plagen haben. Diese kommen dann im Kapitel mit den Zornesschalen ab Vers 5. Warum wir das nächste Mal darauf eingehen, wollen wir jetzt praktisch ausklammern und nur noch das sehen, was Johannes sieht.
Die Bilder sind uns etwas fremd: das gläserne Meer ist hier der Gegensatz zu dem Völkermeer, dem wild aufgewühlten Völkermeer, also wie die Nationen der Erde miteinander ringen. Sie können das ja nicht ahnen, weil wir in Europa die nationalen Konflikte nicht so erleben. Zwar liest man von Konflikten in Nordirland oder bei den Basken in Spanien, aber etwa ein afrikanisches Land wie der Sudan hat 500 Stämme, das sind Völkerschaften, die sich leidenschaftlich bekämpfen. Dann verstehen Sie, warum diese Länder nicht zur Ruhe kommen.
Dieses brodelnde Völkermeer – wenn Sie die Bilder sehen, wie heute auf Sri Lanka diese Kämpfe toben – ist ein unheimliches, maßloses Unrecht, bei dem ein Volk dem anderen Lebensraum abschneidet. Und wir müssen doch auch unsere lieben Brüder über Südafrika reden lassen, denn es sind ja viele Interessierte darin. Das ist eben das Problem der Völker, die miteinander ringen. Das lösen sie nicht, sie bringen nur Sprüche am Stammtisch hervor.
Das Schöne wird sein, dass einmal in der Ewigkeit die Nationen und Völker in einer wunderbaren Harmonie zusammenstehen. Es wäre schön, wenn in unserer christlichen Gemeinde das auch so wäre. Ich leide immer darunter, dass wir heute Abend unter uns keine Ausländer haben, keine Farbigen und keine Chinesen. Dabei müsste die Gemeinde ja schon ein Vorbild der Ewigkeit sein, wo alle Nationen zusammenkommen. Das bewegt uns ja auch wieder, seitdem ihr uns darauf gestoßen habt.
In der Ewigkeit wird es einmal so sein, dass all die Spannungen wegfallen. Darum ist „gläsern“ ein Bild für das Durchsichtige, Klare. Da gibt es keine Rivalität mehr und keine Feindschaft mehr. Mit Feuer vermengt, das bedeutet gereinigt und geheiligt, sind die, die den Sieg behalten hatten über das Tier, über den Antichristen, über die Verführung, über das Bild und über die Zahl seines Namens. Sie haben nicht das Malzeichen an ihre Stirn genommen. Das war Johannes wichtig: überwinden zu sein, sich nicht verführen zu lassen durch all das, was in der Welt an widergöttlichen Mächten kommt.
Liebe Schwestern und Brüder, dass wir unseren Lauf vollenden! Oft wird es uns schwer, wenn wir sehen, dass eine ganze Reihe von Leuten, die einmal klar mit Jesus gegangen sind, nun den Weg verlassen haben. Bei Paulus steht ja die Stelle: Demas hat mich verlassen und diese Welt lieb gewonnen (2. Timotheus 4,10). Das gibt es leider bei vielen, besonders bei unseren jungen Leuten. Da waren junge Menschen dabei, die andere zu Jesus geführt haben, in ihrer Familie, die missionarische Säulen waren – und von einem Tag zum anderen haben sie Jesus verlassen. Was ist das? War das wegen äußerer Dinge? Haben wir sie verwundet? Wir wissen es oft gar nicht und klären es nicht mehr.
Wir wollen einander ermahnen, dass wir in der kurzen Zeit unseres Lebens nicht das verlieren, was uns Jesus geschenkt hat, dass wir unseren Lauf vollenden. „Hinfort ist mir beigelegt die Krone der Gerechtigkeit.“ Wir müssen aufeinander achten, dass wir das nicht verlieren. Wir wollen dabei sein.
Ich habe Ihnen ja mal erzählt, dass mein Großvater 1921 auf seinem Sterbebett zu seiner Frau gesagt hat, dass niemand von den Kindern und Enkeln fehlt, wenn sie einmal vor dem Thron Gottes stehen. Das soll unsere Sorge sein, weil es schlimm ist, wenn vielleicht einer nur sich selbst in die Dinge dieser Welt verloren hat. Das ist auch in der Offenbarung erwähnt: nicht einfach alle stehen dort, sondern es gibt eine Scheidung.
Wir wollen das Wort auslegen, und das ist mir heute Abend wichtiger als irgendwelche anderen Lehren, dass wir das sehen: die, die den Sieg behalten hatten über das Tier. Der Antichrist ist nicht die letzte Gefahr, auch nicht die Verführung und die widergöttliche Macht, sondern dass wir den Sieg behalten. Das ist etwas Großes, das die Gemeinde hindurchzieht.
Sie hat nie das Lob der Welt und wird nie die Anerkennung der Welt haben, aber dass wir den Sieg behalten über diese Verführungsmächte, das ist uns wichtig. Und sie sangen das Lied des Mose, des Knechtes Gottes.
Jetzt ist es ein bisschen schwierig, denn es gibt zwei Lieder Moses, die in der Ewigkeit gesungen werden könnten. Ich bin gespannt, vielleicht werden beide gesungen. Wissen Sie welche? Das steht ja unten dran: 2. Mose 15, das ist das eine Mose-Lied. Das schlagen wir mal auf, denn es ist schön.
Warum werden wir das singen in der Ewigkeit? Weil es dem entspricht, es ist ein Motto für den Lebenskampf, den wir zu führen haben – auch für unseren letzten Weg, bis wir heimkommen in die Herrlichkeit. Es ist ja immer auch noch unsere Befürchtung: Herr, mach mein Sterben leicht, führe mich nicht durch schwere Tiefen hindurch.
Wenn Sie mal Lebensbeschreibungen lesen, ist mir das ja so wichtig, und ich habe es oft erzählt, gerade bei dem Heilsarmeegründer William Booth. Das ist eine tolle Biografie. Dort kommt auch noch die Nacht vor dem Sterben vor, wie sie sagt: Es war uns, als wenn wir durchs Rote Meer gingen. Das war ihnen eine Hilfe, noch einmal zu sagen, bevor diese Frau heimgeht in diese schrecklichen, schweren Krankheitsschmerzen und die furchtbaren Blutungen, die sie hatte, dass sie nun wie Mose im Roten Meer sind und durch müssen, bis sie zur Herrlichkeit kommen.
„Der Herr ist meine Stärke und mein Lobgesang und mein Heil; das ist mein Gott, ich will ihn preisen.“ Vielleicht ist auch das bezeichnend, dass es so oft heißt: „Ich will.“ Warum preist er den Herrn nicht? Er kann es ja erst tun, wenn er hindurch ist, richtig preisen. Das geht bei uns immer nur durch Tränen und Leiden.
Der Herr tut große Wunder, wie die Feinde zerschlagen werden und wie er sein Volk leitet, das er erlöst hat (2. Mose 15,13). Dieses Lied wird in der Ewigkeit gesungen werden. Und wo steht das zweite Mose-Lied? 5. Mose 32. Auch das Lied des Mose. Also sind beide theoretisch möglich, denn das war damals für die Gemeinde klar.
„Ich will den Namen des Herrn preisen, er ist ein Fels; seine Werke sind vollkommen in allem, was er tut. Das ist recht.“ In der Ewigkeit wird es einmal keine Zweifel und keine Fragen mehr geben. „Gedenke der vorigen Zeiten.“
Wichtig ist mir, dass das Bild des Durchzugs durchs Rote Meer auch für die vorstehende schwere Periode der Vollendung unseres Lebens uns tröstlich und ermutigend wird. Die Israeliten haben auch gesagt: „Da kann ich nicht hindurchgehen.“ Und wir haben bei Gemeindegliedern sehr schwere Sterben erlebt, wo wir zum Herrn geschrien haben: „Mach doch ein Ende, ein Ende!“ Ich glaube, dass bei seinen Leuten dennoch das erfüllt wird, was hier steht.
So wie es heißt: „Das sind die, die aus der großen Trübsal gekommen sind“, so wird es hier sein, die das Lied singen: „Groß und wunderbar sind deine Werke.“ Von rückwärts betrachtet bleiben auch keine Rätsel mehr, so oft wie hier die Fragen gestellt werden: warum und wieso.
Ich möchte gar nicht die Warum-Fragen beantworten, die lassen sich nicht beantworten. Wenn eine Mutter ein Kind im Sterben verliert, gibt es keine Antwort darauf. Das ist so schwer und so wider natürlich. Wer da versucht, irgendein „Ja“ zu finden im Reden zum anderen, handelt unbarmherzig. Man kann nur sagen: „Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen.“ Und einmal werden wir ihn nichts mehr fragen, sondern nur noch diesen großen Lobgesang singen, wenn wir dabei sind.
Wenn wir dabei sind bei der Schar, die Harfen in den Händen hat. Für uns bedeutet das ja alles nichts mehr, aber ich habe mich so gefreut, wie in den letzten Jahren die jungen Leute wieder so gern eine Gitarre in die Hand nahmen. Wir sind schon so karg geworden und haben das gar nicht mehr.
Da gibt es eine spirituelle Geschichte, wo das so schön kommt: Wir kriegen alle eine Harfe. Und da muss man die New Orleans Neger sehen, die dort schrecklich als Sklaven auf den Plantagen waren und sich freuten, wenn sie einmal vor dem Thron Gottes ihre Lieder singen. Da sagt der andere: Es war Vertröstung.
Aber in den meisten Dingen dieser Welt gibt es nur eine Vertröstung. Was wollen Sie denn anderes sagen? Die wenigsten Dinge lassen sich in dieser Welt reparieren, die meisten lassen sich nur vertrösten. Darum hoffen wir auf eine neue Welt.
Wir wollen deshalb nicht blind werden für die Dinge dieser Welt, aber wir dürfen uns auch freuen. Unser Jugendchor hat so wunderbar gesungen, wenn Sie es noch im Ohr haben. Wir werden es mal wieder singen, vielleicht am Ewigkeitssonntag oder so. Eindrucksvoll ist dieses Lied: „Herr, gerecht und wahrhaftig sind deine Wege.“
Das, was von unserer Seite so rätselhaft aussieht, dass die Wege der Geschichte und der Menschen ja wirklich nur von Unrecht behaftet sind, sehen wir am Ende als Heilsgeschichte Gottes. Es ist etwas ganz Großes, wenn Sie ein Auge haben, nicht nur auf das, was im Fernsehen und in den Nachrichten kommt – die Weltgeschichte, die abläuft – sondern auf die aufregendste Geschichte, nämlich dass Gottes Reich gebaut wird. Dass da überall in den Ländern, in den Städten Gott seine Gemeinde sammelt.
Deshalb werden wir nicht blind für die öffentliche Verantwortung, die wir haben. Aber das Entscheidende ist die Reich-Gottes-Geschichte. Es wird nicht so sein, dass irgendwo einmal das Reich Gottes läuft, sondern das Reich Gottes ist verborgen, so wie Jesus es beschrieben hat, ein Geheimnis. Doch es reift, und gleichzeitig mit dem Reifen der Ernte wächst das Böse immer massiver. Und das muss offenbar werden zum Gericht.
In diesem schrecklichen Widerspruch lebt diese Welt. Sie werden daher wachsam beobachten können, wie auch alle Verfälschungen der christlichen Botschaft auftreten, wenn man so tut, als ob das Reich Gottes ein Stück dieser Welt wäre oder die Botschaft hier aufgehen würde oder die Gemeinde sich in die Welt auflösen könnte.
Wir wollen offen sein für alles, für alle Ungläubigen und Andersgläubigen, aber wir wollen wissen, dass das Entscheidende ist, ob Gott bei uns im Leben herrschen kann und ob wir uns dem Reich Gottes öffnen. Das ist auch die Triebfeder der Mission gewesen.
Und auch das wird dann gesungen vom Fürchten des Herrn im Vers 4 und seinem Namen preisen: „Alle Völker werden kommen und anbeten vor dir. Da wird die eine Gemeinde aus allen Nationen und Völkern sein, denn deine gerechten Gerichte sind offenbar geworden.“ Das singt jetzt die Gemeinde vor dem Thron Gottes.
Und das ist ja meine etwas ungewöhnliche Auslegung der Bibel, dass ich mich auch dagegen wehre, das in ein zeitliches Nacheinander auseinanderzulegen. Ich glaube, dass die, die der Herr heimgeholt hat, jetzt beim Herrn sind und dass jetzt schon der Lobgesang vor dem Thron Gottes erklingt, nicht nur von den Engeln, sondern auch von der vollendeten Gemeinde.
Immer wenn wir mit Paul Deitenbeck zusammen sind und eine Gebetsgemeinschaft haben, sagt er immer: „Herr, grüße die vollendete Gemeinde.“ Ich bin davon überzeugt, dass jetzt die, die heimgegangen sind, daheim sind beim Herrn.
Darum wehre ich mich gegen dieses Auseinandernehmen. Ich halte nicht viel von den Gräbern. Sie dürfen dort Liebe ausdrücken, aber Sie werden auch wissen, dass irgendwann bei ihren Nachkommen die Gräber aufgehoben werden.
Ich weiß auch nicht, in welchem Zwischenraum wir da leben durch die Jahrhunderte. Ich glaube, dass es wahr ist: „Heute wirst du mit mir im Paradies sein“ (Lukas 23,43), und dass der Tod nicht ewiglich geschmeckt wird (Offenbarung 20,6).
Ich freue mich, wenn Menschen heimgeholt werden im Sterben zu dieser großen göttlichen Berufung vor dem Thron Gottes. Und ich habe Ihnen schon einmal die saloppe Formulierung von Heinrich Giessen, der ein Original war, erzählt. Wie da ein paar wichtige Reichs-Gottes-Leute gestorben sind, hat er gesagt: „Na nun, da sind mal im Himmel wieder tüchtige Leute nötig.“
So salopp und leger darf man es auch sagen in seiner Gewissheit, dass uns hier so sehr die Leute fehlen. Wir sind zu neuen Aufgaben und Diensten berufen, und wir wollen in diesen Lobgesang hier schon einstimmen.
Ich hoffe, dass Sie auch die vielen Ewigkeitslieder im Gesangbuch lieben lernen, auch diese schöne Spitali, die wir hier nicht singen, weil die Melodie etwas schwierig ist: „Wie wird uns sein?“ Was auch in diesem Gesangbuch drinsteht, wenn Sie es einmal lesen, wird die Vorfreude groß.
Lesen Sie das auch schon, bevor Sie an einem Sterbebittdienst teilnehmen. Dann wird es Ihnen noch größer werden, wenn Sie es dann zur Hand nehmen und ein Gesangbuch haben. Das Gesangbuch ist ja ein großer Schatz, gerade dort, wo die Not des menschlichen Sterbens so vor uns auftritt.
Ich würde hier abbrechen und beim nächsten Mal mit den Zornesschalen noch einmal weitermachen. Aber die Freude soll für uns weiterklingen. Wir singen noch: „Dann wird es kein Leid mehr geben“ (Lied 501).