Herr, es ist ein Vorrecht, dass du hörst, was uns bewegt. Vielen Dank, lieber Herr, dass wir dir jetzt alles sagen dürfen, was uns beschäftigt hat. Ganz herzlichen Dank dafür.
Wir wollen auch in diesen Tagen Ruhe bei dir finden. Rede zu uns, denn wir wollen hören. Amen.
Einführung in die Herausforderung von Daniel 9
Daniel 9 ist eine der dunkelsten Bibelstellen überhaupt, insbesondere Daniel 9, Vers 24. Jesaja, Jeremia, Hesekiel und Daniel helfen dabei, diese Stelle besser zu verstehen. Es ist keine Schande, wenn man sie nicht sofort findet.
Das Buch Daniel ist für uns sehr leicht verständlich, wenn wir die ersten Kapitel betrachten. Sie wissen, dass Daniel als junger Mann in die Gefangenschaft nach Babel geführt wurde. Dort wurde er ausgewählt, um Nachwuchs für die Verwaltungsdienststellen des babylonischen Reiches zu werden – am babylonischen Hof.
Die Babylonier hatten eine kluge Vorgehensweise. Es wäre gut, wenn unsere heutigen Imperialisten mehr in der Bibel lesen würden, denn sie könnten immer wieder sehen: Es funktioniert nur gut mit der Verwaltung der Völker, wenn man aus dem betreffenden Volk Leute beruft, die Verantwortung übernehmen.
Es geht nie gut, wenn fremde Menschen über andere Völker herrschen. Denken Sie an die Kolonialreiche, die Spannungen, Bürgerkriege und Revolutionen, die daraus entstanden sind. Die Babylonier hatten eine große Idee: Sie holten sich frühzeitig junge Leute heraus, zogen sie auf und beriefen sie in Topstellungen, damit ihr Reich wirklich ein Vielvölkerstaat wurde.
Daniel gehörte dazu. Sie wissen, wie Daniel ein Beter war, wie er Träume deuten konnte und wie er in die Löwengrube geworfen wurde. All das soll uns heute Abend nicht beschäftigen.
Das Bussgebet und die Weissagung in Daniel 9
Kapitel 9 handelt von einer Weissagung.
Zunächst enthält das Kapitel ein sehr wichtiges Bußgebet. Dieses Gebet ist ein Modell dafür, wie wir uns unter die Schuld beugen sollten. Daniel war persönlich gar nicht schuldig, doch er beugt sich unter die Schuld seines Volkes Israel, denn sie waren ungehorsam. Dieses Gebet ist in der Bibel ein besonderes Beispiel für das stellvertretende Eintreten für ein schuldiges Volk.
In Vers 18 heißt es: „Wir liegen vor dir mit unserem Gebet und vertrauen nicht auf unsere Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit.“
Nun lese ich ab Vers 20: „Als ich noch so redete und betete und die Sünde von mir und meinem Volk Israel bekannte und mit meinem Gebet für den heiligen Berg meines Gottes vor dem Herrn, meinem Gott, lag – also für den Tempelberg, für Jerusalem –, eben als ich noch so redete in meinem Gebet, da flog der Mann Gabriel, der Engel, den ich zuvor im Gesicht gesehen hatte um die Zeit des Abendopfers, dicht an mich heran. Er unterwies mich, redete mit mir und sprach: ‚Daniel, jetzt bin ich ausgegangen, um dir zum rechten Verständnis zu verhelfen. Denn als du anfingst zu beten, erging ein Wort, und ich komme, um dir das kundzutun, denn du bist von Gott geliebt. So merke nun auf das Wort, damit du das Gesicht verstehst.‘“
Wir wollen hier Verheißungen untersuchen, die auf das Kommen Jesu hinweisen. Dabei fasziniert uns heute Abend vor allem, wie die Bibel an Stellen, die wir beim Lesen oft überspringen, weil sie uns zu kompliziert erscheinen, äußerst exakt und zuverlässig ist.
Es geht um die Frage der Weissagung, also der Zukunftsvoraussage. Daniel erhält nach seinem Gebet von dem Engel einen Hinweis. Der Engel sagt, dass Gott ihm nun etwas offenbaren will – und zwar als Antwort auf das Gebet. Das soll uns Mut machen, denn Gott wartet auf unser Gebet.
In Jesaja 65,24 heißt es: „Ehe sie rufen, will ich ihnen antworten.“ Man könnte denken, dann sei Beten gar nicht nötig, wenn Gott schon so früh antwortet. Doch tatsächlich handelt Gott erst auf das Gebet seiner Gläubigen hin. So war es auch bei Daniel, und Gott zeigt ihm die Zukunft.
Daniel war sehr belastet von der Frage, was aus Israel und den Verheißungen für Jerusalem werden würde. Heute, an diesem Tag, habe ich noch nicht im Fernsehen gesehen, was Arafat vor der UNO gesagt hat, aber die Lage wird wahnsinnig kompliziert. In den Nachrichten können Sie beobachten, wie sich biblische Weissagungen erfüllen. Das Problem Jerusalem wird immer komplizierter, ebenso wie die Propheten es vorausgesagt haben. Die Völker der Welt schließen sich gegen Israel zusammen.
Natürlich sagen viele: „Aber Israel muss doch den Palästinensern nachgeben, wenn es eine Lösung geben soll.“ Doch es gibt keine Lösung. Bis heute gibt es keinen Weg, um Koexistenz zu erreichen. Das Volk Israel kann auch von der Klagemauer nicht weg, von den Steinen des Tempels Salomos.
Für alle, die im Juni wieder nach Israel reisen, wird es so sein, dass sie spüren: Das ist kein politisches Kalkül mehr, sondern wir gehören zum Volk Gottes. Das ist nicht nur eine Frage des richtigen politischen Taktierens.
Israel hatte seit der Vertreibung im Jahr 70 keine Heimat mehr. Dass Gott es wiederhergestellt hat, ist für uns rätselhaft. Viele haben den Sechstagekrieg miterlebt, was uns sehr merkwürdig erscheint. Wie Israel wiederkam, wie die Jerusalemer das Löwentor durchschritten – das haben mir viele immer wieder erzählt.
Beim letzten Mal haben wir erlebt, wie ein Jude mit den Schäfchenlogen auf den Tempelberg ging und wie die Wachen des Islam ihn verfolgten. Er nahm sich das Recht heraus, als Jude auch dort oben zu sein. Die strenggläubigen Juden betreten den Tempelberg normalerweise nicht, weil sie die heiligen Steine nicht mit den Füßen betreten wollen. Doch diese provokativen Juden suchen den Konflikt. Es kam fast zu einer Schlägerei, es war sehr dramatisch.
Es ist noch nicht abzusehen, was passieren wird, wenn die Forderung laut wird, die Opfer wieder auf dem Tempelberg darzubringen.
Wir haben nur am Abend gesehen, dass bei den Ausgrabungen – wenn wir um elf Uhr abends noch an der Klagemauer sind – neue Grabungen stattfinden. Man hat unterirdische Gänge gesucht. Einige Personen haben sich in diesen Gängen eingeschlossen. Man sah, dass sie weit unter dem Tempel, praktisch unter der Al-Aqsa-Moschee, durchgelaufen sind.
Offenbar haben die Juden sich jetzt Gebetsplätze geschaffen, unterhalb des Tempels, im großen Felsmassiv. Das sind alles Entwicklungen, die zu einer Spannung führen, die nur für Bibelkenner überhaupt erklärbar ist.
Dass die Weltgeschichte sich erneut um Jerusalem dreht, ist beeindruckend.
Wir wollen aber nicht stehen bleiben, sondern sehen, wie Gott dem an Jerusalem interessierten Daniel zeigt, was kommen wird.
So heißt es: „So merke nun auf das Wort, damit du das Gesicht verstehst.“
Bedeutung von Visionen und der Verlässlichkeit des Wortes
Was ist ein Gesicht? Ein Gesicht ist eine Vision, eine Schau. Heute wird viel über die Schau gesprochen, und viele sagen, sie brauchen auch so eine Vision. Manche versetzen sich in Ekstase oder einen Trancezustand, um ein Gesicht zu empfangen.
Es ist jedoch interessant, dass hier gesagt wird: Achte auf das Wort, damit du das Gesicht verstehst. Das Gesicht wird mir nur durch das Wort erkennbar.
Liebe Schwestern und Brüder, Gott hat uns seinen ganzen Willen in seinem Wort offenbart. Wer neben dem Wort der Bibel nach irgendeiner Erleuchtung sucht, wird immer auf dem Holzweg sein. Sie können sagen, es hat sie beglückt oder high gemacht, aber die Wahrheit wird ihnen dadurch nicht gezeigt.
Die Wahrheit finden sie nur im Wort. „Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort“ – so war es schon zu Zeiten der Reformation. Wir wollen am Wort bleiben und durch das Wort auch die Zukunft voraussehen und wissen, soweit wir sie wissen dürfen.
Die Weissagung der siebzig Wochen und ihre Bedeutung
So, das war meine Vorbemerkung. Und jetzt kommt das Schwierige.
Siebenzig Wochen sind verhängt über dein Volk und über deine heilige Stadt. Dann wird im Frevel ein Ende gemacht, die Sünde abgetan und die Schuld gesühnt. Es wird ewige Gerechtigkeit gebracht, Gesicht und Weissagung erfüllt und das Allerheiligste gesalbt werden.
So wisse nun und gib acht: Von der Zeit an, als das Wort erging, Jerusalem wieder aufgebaut werden solle, bis ein Gesalbter, ein Fürst, kommt, sind es sieben Wochen. Und 62 Wochen lang wird es wieder aufgebaut sein, mit Plätzen und Gräben, wie wohl in kummervoller Zeit.
Nach den 62 Wochen wird ein Gesalbter ausgerottet werden und nicht mehr sein. Dann wird das Volk eines Fürsten kommen, die Stadt und das Heiligtum zerstören. Aber dann kommt das Ende durch eine Flut, und bis zum Ende wird es Krieg geben und Verwüstung, die längst beschlossen ist.
Er wird vielen den Bund schwer machen eine Woche lang. In der Mitte der Woche wird er Schlachtopfer und Speisopfer abschaffen. Im Heiligtum wird stehen ein Gräuelbild, das Verwüstung anrichtet, bis das Verderben, das beschlossen ist, sich über die Verwüstung ergossen hat.
Ich bin überzeugt, dass uns Gottes Wort nichts sagt, was unwichtig ist. Also gehen wir mal ran an die Arbeit. Ausgezeichnet ist Gerhard Meyer mit einem Kommentar zum Buch Daniel im Brockhaus Verlag, neu erschienen. An diesen habe ich mich hauptsächlich gehalten.
Umgang mit Symbolen und prophetischen Berechnungen
Was halten Sie eigentlich von solchen Symbolen? Wir brauchen das nicht. Ich könnte heute auch sagen: Wenn ich darüber predigen muss, dann lasst doch mal die Rechnerei. Aber in einer Bibelstunde halte ich es für wichtig, sich auch mit diesen Dingen zu beschäftigen.
Sie wissen, dass unser guter Vorvater Johann Albrecht Bengel die Zahlen auch aus der Offenbarung genommen hat und daraus sogar Berechnungen angestellt hat. Manche tun das leicht hinweg. Bei Johann Albrecht Bengel war es keine bloße Neugier, sondern eine reine Sache. Er sagte, die Zahlen sind uns ein Stück weit enthüllt. Wir tun gut daran, zu sagen: Jesus hat uns bewusst nicht die Stunde seines Kommens sagen wollen, aber hier ist es mir wichtig.
Ich will gleich sagen, dass die bibelkritischen Theologen, besonders in Deutschland, grundsätzlich behaupten: Prophetie gibt es nicht. Das ist der erste Satz. Und weil es keine Prophetie gibt, ist es wahrscheinlich so, dass das alles geschrieben wurde, als die Ereignisse schon passiert waren. Wann ist das passiert? Wahrscheinlich im Makkabäerkrieg. Im Jahr 167 gab es eine Tempelschändung, und wahrscheinlich hat dann jemand im Rückblick dem Propheten den Mund gelegt.
Beweise für diese Annahme gibt es nicht. Das ist eine typische Hypothese, mit der versucht wird, etwas zu erklären. Interessant ist, dass die englischen Theologen alle davon überzeugt sind, dass es echte Prophetie ist – ganz klar. Meines Verständnisses nach bezieht sich das natürlich auf die Zeit Jesu.
Wenn Sie wissen wollen, warum, dann halten wir uns an das Wort Jesu, Matthäus 24, Vers 15, in seiner Endzeitrede. Dort erwähnt Jesus diesen Vers: „Wenn ihr sehen werdet das Gräuelbild der Verwüstung stehen an der heiligen Stätte, wovon gesagt ist durch den Propheten Daniel“ (Daniel 9,27). Wer das liest, der merke auf, und fliehe auf die Berge.
Jesus redet von einem Geschehen, das von ihm aus betrachtet noch kommen wird. Wann ist es gekommen? Im Jahr 70. So hat Jesus Daniel 9 ausgelegt. Darum ist es keine unwichtige Stelle, wenn Jesus zitiert wird.
Wenn Sie Gerhard Meyer nochmals lesen, finden Sie eine Fülle von innerbiblischen Bezügen, die auf diese Stelle im Daniel verweisen. Es ist eine wichtige Stelle in der jüdischen Gemeinde.
Die Auslegung der siebzig Wochen im historischen Kontext
Aber was mir ganz entscheidend wichtig ist: Wie hat Jesus diese Stelle ausgelegt? Er bezog sich dabei auf die Zerstörung des Tempels im Jahr siebzig, die bevorstand. Übrigens legen alle jüdischen Ausleger diese Stelle genau so aus, da sie sie auf die Zerstörung des Tempels im Jahr siebzig beziehen. Wenn man hier mit einem Rabbi in der Synagoge spricht, sagt er, es gäbe niemanden sonst im Judentum, der Daniel 9 so versteht.
Nun interessiert uns aber, ob es einen Sinn in diesen Jahr-Wochen gibt und ob sie eine Bedeutung haben. Für mich hat das eine ganz wichtige Bedeutung – aber nicht, um spitzfindig etwas zu berechnen. Wir sagen doch sogar: Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn. Wenn also bei Gott wirklich selbst eine scheinbar wirre Geschichte bis hin zu dem schrecklichen Erlass des Augustus vorliegt – den hat ja nicht Gott gemacht, mit der Volkszählung –, aber wenn Gott selbst die bösen Ratschläge der Menschen so benutzen kann und damit die Erfüllung der Zeiten bringt, und wenn bei Gott das alles schon in einen Plan hineingepackt ist, womit er sogar die bösen Absichten der Menschen durchkreuzt und sein Heil vollbringt, dann ist das für mich eine ganz tröstliche Sache.
Deshalb interessiert mich, ob das von Anfang an wirklich eine Prophetie war. Ja, denn die siebzig Wochen – jetzt müssen wir Hebräisch machen –, die Juden haben ja immer eine bildhafte Ausdrucksweise. Was ist eine Woche? Eine Woche hat sieben Tage. Und das hebräische Wort für Woche heißt eigentlich Siebeneinheit. Es ist doch klar: Woche ist Siebeneinheit. Also sieben. Und das Wort für Woche ist im Hebräischen in den Konsonanten ähnlich – Vokale werden ja sowieso gar nicht geschrieben. Also sieben Siebeneinheiten, siebzig Siebeneinheiten. Das ist eine interessante symbolische Bedeutung, aber nicht bloß eine symbolische, sondern hat eine Bedeutung.
Wo treffen wir noch einmal die siebzig mal sieben? Die treffen wir beim Sabbatjahr, im dritten Mose, Ungrad. 49 Jahre, und das 50. Jahr war so, dass wieder alles zurückgegeben wird. Das hat in der Planung Gottes einen großen Sinn. Jetzt wäre es ja sensationell, wenn es sich tatsächlich um Einheiten handeln würde, die im Heilsplan Gottes ablaufen und die wir rückblickend nur verstehen können – so wie Jesus sagt: Wer es liest, der merke darauf. Und man sagt, das ist ja wunderbar, wenn selbst das Kommen Jesu in dem Plan Gottes schon so angekündigt drin wäre. Nicht, um uns spitzfindig etwas ausrechnen zu lassen, sondern um uns zu freuen, wie unser Herr die Welt regiert.
Ja, jetzt schauen wir uns das also an. Siebzig mal sieben sind 490 Jahre. Wo kriegen wir eine solche Einheit hin? Wenn wir den modernen bibelkritischen Theologen folgen würden und sagen, das Ganze sei irgendwo in der Makkabäerzeit im Jahr 180 vor Christus geschrieben und wir rechnen diese 490 Jahre darüber, kommen wir auf überhaupt keinen Sinn. Das macht einem bibelkritischen Theologen nichts aus, da sie sowieso nicht der Meinung sind, dass das Sinn hätte. Sondern das ist Symbolik, und damit ist sie für sie erschöpft. Für uns ist es aber trotzdem wichtiger, das noch einmal zu prüfen.
Das mit den Sieben haben wir ja an der Offenbarung immer wieder: die sieben Plagen, die sieben Zorngerichte und Zornschalen usw. Jetzt wollen wir also doch noch einmal sehen, wie das werden wird. Siebzig Wochen sind verhängt, und jetzt gehen wir mal weiter auf Vers 25: Von der Zeit an, als das Wort erging: „Jerusalem werde wieder aufgebaut werden“, bis ein Gesalbter, ein Fürst, kommt, sind es sieben Wochen. Ja, und zweiundsechzig Wochen lang wird es wieder aufgebaut sein mit Plätzen und Gräben. Wann war Jerusalem wieder aufgebaut?
Wir wissen von Nehemia, wie er es wieder aufgebaut hat. Wir können sogar ziemlich genau ausrechnen, es wird etwa im Jahr 440 vor Christus gewesen sein. Wenn wir jetzt die 62 Wochen mal sieben rechnen – also 62 mal sieben –, kommen wir auf das Jahr sechs vor Christus. Das sind 434 Jahre. Von 440 vor Christus kommen wir auf das Jahr sechs vor Christus. Das wissen Sie ja, dass bei der Kalenderumrechnung einiges schwierig gewesen ist. Wenn Sie an die Sternkonstellation beim Stern von Bethlehem denken, kommen wir ja immer auf diese Jahre sechs vor Christus. Im Jahr vier vor Christus ist Herodes, der Bösartige, gestorben. Jesus ist vermutlich sechs vor Christus geboren, deshalb wegen der Zeitumstellung, die erst tausend Jahre später so berechnet wurde. Das ist schwierig.
Die erste Volkszählung im Römischen Reich war in diesem Zeitraum. Wir kommen genau in einen solchen Raum und hätten einen Sinn in den 62 Wochen. Ich möchte noch einmal ganz deutlich sagen: Da hängt für uns kein Glaube dran. Aber es ist mal interessant, auch so etwas in der Bibel nachzuschauen. Es würde mir leidtun, wenn Sie nur noch solchen Spielereien Sinn beimessen würden. Wir finden in der Bibel auch viel anderes. Aber es darf uns auch einmal in einer Schulung wichtig sein, das durchzusehen.
62 Wochen lang wird es wieder aufgebaut sein mit Plätzen. Lesen Sie im Nehemia-Buch viel von Plätzen. Was sind die Gräben? Das sind die Befestigungsanlagen, wenn auch in kummervoller Zeit, in einer schrecklichen Zeit. Kein Wort vom Tempel, weil der kümmerlich war – gar nichts.
Und nach den 62 Wochen wird ein Gesalbter ausgerottet werden. Was schreibt er? Es war ja zur Zeit Jesu schon ein lange kanonisches Buch, das ist nicht nach Jesus geschrieben. Von welchem Gesalbten soll sonst die Rede sein im Judentum? Wer war Gesalbter? Könige gab es keine mehr in Israel. Herodes wurde nie als Gesalbter bezeichnet. Ein Gesalbter, was heißt ausgerottet? Wird vernichtet, wird hingerichtet werden. Im hebräischen Wort sind deutliche Hinweise, dass sinnvoll nur von einer schmachvollen Kreuzigung her verstanden werden kann. Zweifellos wird die Todesstrafe vollzogen, und er wird nicht mehr sein.
Und das Volk eines Fürsten wird kommen und die Stadt und das Heiligtum zerstören. Wer hat die Stadt zerstört? Es war Titus, der spätere Caesar in Rom. Der Triumphbogen des Titus, der heute noch in Rom steht, zeigt den siebenarmigen Leuchter abgebildet. Er wird kommen, aber dann kommt das Ende durch eine Flut – und bis zum Ende fließt eine Flut von Soldaten, von einer Armee, die über die Stadt herströmt. Bis zum Ende wird es Krieg geben und Verwüstung, die längst beschlossen ist.
Jetzt haben wir die sechs Wochen – was waren es vorhin? Sieben Wochen, die hatten wir noch. Wo sind die im Vers? Jawohl, wo haben wir denn die ersten Wochen gehabt? In Vers 25, richtig: Von der Zeit an, als das Wort erging, bis ein Gesalbter, ein Fürst, kommt, sind es sieben Wochen. Und 62 Wochen wird es wieder aufgebaut sein.
Der Aufbau Jerusalems war vom Jahr 440 bis zum Jahr sechs vor Christus. Die erste Weissagung vom Wiederaufbau Jerusalems, wo finden wir die überhaupt? Das müssen wir noch einmal schauen. Bei Daniel finden Sie überhaupt sehr viele Bezüge auf den Propheten Jeremia. Daniel lebte in den Worten Jeremias. Es sind ganz viele Ähnlichkeiten, wenn man das mal sorgfältig vergleicht.
Und wenn wir dann einmal schauen, wo Jeremia zum ersten Mal die Weissagung von der Wiederherstellung Israels hat, dann kann man im Grund so sagen: Er hat dreimal schon die Ankündigung von der Wiederherstellung Jerusalems gegeben. Er hat es aber am deutlichsten in Jeremia 30 und 31, in den großen Friedenskapiteln, beschrieben. Jeremia 30, Vers 18, Jeremia 31, Vers 18 und folgende beschreiben wunderbar, dass Jerusalem wieder aufgebaut werden wird.
Und das steht auch hier dran: Von der Zeit an, als das Wort erging (Vers 25), Jerusalem werde wieder aufgebaut, sind sieben Wochen die Zeit. Wenn man das nachrechnet, war das im Jahr 500 vor Christus. Ich habe jetzt die exakten Zahlen nicht da, aber hochinteressant: 588 bis 539 vor Christus. Bis 539 wird ein Fürst kommen, sind es sieben Wochen. Dieses Fürst bezieht sich nicht auf Jesus, denn es sind sieben Wochen.
Das ist vom Jahr 588, kurz vor der Zerstörung Jerusalems – die war 587 –, bevor Jeremia fliehen musste, sind es 49 Jahre. Dann kommen wir auf das Jahr 539. Welcher Fürst kommt da? Es bezieht sich nur auf Kyros, den Perser, der in Jesaja 45 sogar als Gesalbter bezeichnet wird. Sie können die Stelle noch aufschlagen: Jesaja 45, Vers 1. Dort spricht der Herr zu seinem Gesalbten Kyros. Kyros hat damals die Rückkehr der Israeliten eingeleitet.
So spricht der Herr zu seinem Gesalbten, zu Kyros, dass ausgerechnet der Perserkönig sogar als Gesalbter Gottes bezeichnet wird. Wir haben also die erste Einheit, die hier genannt ist, von den 49 Jahren – von der ersten Ankündigung Jeremias bis zu Kyros. Die Daten werden alle wieder vergessen, aber es hat Sinn, wenn man sich mal die Mühe macht und sie in der Bibel nachschlägt.
Dann ist eine Pause, es ist nicht nur ein Stopp beschrieben, sondern es setzt wieder ein mit der nächsten Zeiteinheit. Jerusalem steht aufgebaut, hat die erste Siebeneinheit von 49 Jahren. Das fünfzigste Jahr fehlt, das Sabbatjahr gibt es noch nicht, das kommt vielleicht in der Ewigkeit.
Aber dann kommt die nächste Einheit mit 34 Jahren. Jerusalem ist wieder aufgebaut, und dann haben wir noch einmal siebzig Jahre bis zur Zerstörung des Tempels. Wir haben siebzig Jahre bei der babylonischen Gefangenschaft als eine feste Einheit Gottes.
Die tiefere Bedeutung der Weissagung und ihre Erfüllung
Was soll das Ganze? Ich kann mich einfach daran freuen und sagen: Es gibt in der Bibel und im Plan Gottes Dinge, die ich jetzt nicht verstehe. Ich kann sie ahnen, ich kann sehen, dass Gott seine Zeiten hat, und ich kann mich freuen, dass Gott diese Welt in seinen Händen hält.
Aber wir wollen uns jetzt dem Inhalt zuwenden. Es reicht, das Äußere geprüft zu haben. Man könnte viel sagen über das Gräuelbild, das im Heiligtum aufgestellt wird, die römischen Adler und was alles noch dazu kam. Die Weissagung ist so unheimlich exakt, dass man nur staunen kann. Doch die größte Aussage steht im Vers 24: Dort wird nicht gesagt, dass nach den siebzig Jahren alles vorbei ist. Das ist wahnsinnig spannend.
Ich glaube, der Thermostat ist wieder viel zu niedrig. Frau Ludwig, jetzt möchte man Sie nicht mehr plagen. Plötzlich wollen wir es noch schnell umleiten. Der Chor ist vielleicht noch froh, wenn wir den Hebel umstellen. Das ist so ein Thermostat: Wenn der mal verändert ist, dann kann es sein. Aber bloß noch mal!
Die Weissagung, die auf die siebzig Jahre zielt, bezieht sich nicht auf den Wiederaufbau des Tempels. Dann wird Jerusalem blühen, dann werden die Völker nach Jerusalem wallfahrten – so kennen wir viele Worte. Dann wird Israel leuchten.
Sonst völlig ungewöhnlich für einen Daniel, der in der Gefangenschaft ist, der die offenen Fenster nach Jerusalem hat, der jeden Morgen in Richtung Jerusalem betet und fragt: Wann wird endlich der Tempel wieder gebaut werden? Der die Erwartung hat, dass Israel zum Leuchtpunkt wird, zur Stadt auf den Bergen. Doch er sieht auf einmal nur eines: Dem Frevel wird ein Ende gemacht.
Was ist der Frevel? Der Frevel ist der Aufruhr gegen Gott, die Gottlosigkeit, die sich seit dem Sündenfall erhebt. Menschen schieben Gott beiseite und handeln eigenmächtig. Das hat ja den Jeremia dauernd bedrückt: Sie suchen sich löchrige Brunnen und verlassen die lebendige Quelle.
Und wie kann man so verrückt sein, dass man die Gebote Gottes in den Wind schlägt? Sie reden Frieden, Frieden – und da ist doch kein Friede. Es ist nur ein Weglaufen von Gott. Wer über die Hirten klagt und sagt: Das sind doch keine Hirten, die betreuen das Volk nicht, die weiden sich selbst – die müssen doch zu Gott zurückführen!
Der Urfrevel ist, dass wir alle gegen Gott sind. Wann wird denn der Frevel aufgehoben? Wann werden die Herzen zu Gott bekehrt, sodass man ein neues Herz hat und in den Bahnen Gottes wandelt? Erst wenn der Christus, der Messias, kommt, der Menschen bekehrt und sie an Gott bindet.
Die alte Erwartung lautet: Es wird einer kommen, der ein neues Herz gibt, einen neuen Sinn, damit sie in meinen Geboten wandeln und meine Rechte halten. Das ist eine ganz schlichte Erwartung. Die Erneuerung, die Daniel erhofft, kommt durch eine innere Bekehrung Israels.
Ihn interessiert gar nicht der Wiederaufbau der Stadt, ihn interessiert der Frevel. Nein, Gott will das. Und er deutet so deutlich auf das Heilswerk des kommenden Messias hin. Darum lesen wir das jetzt als Adventsverheißung der Bibel: Er wird dem Frevel ein Ende machen. Für uns eine Ermutigung.
Darum geht es in der Adventszeit: dass wir uns bereiten, doch feintüchtig den Weg. Der große Gast macht seine Steige richtig. Lasst alles, was er hasst! Johannes ist nicht bloß ein finsterer Bote in der Adventszeit, der jetzt irgendwelche Klagelieder singt über die böse Zeit.
Ich war mal ein paar Tage weg und habe da so schöne Fernsehgottesdienste angehört, in denen auch gesagt wurde, dass das heute in Wackersdorf geschieht und wenn man sich der grünen Bewegung anschließt und mit Greenpeace ist. Ich bin anderer Meinung: Das ist eine Verfälschung der biblischen Botschaft.
Die Johannispredigt heißt: Bereite dein Herz, damit Jesus dein Leben in Ordnung bringen kann. Darum geht es doch. Nicht die Schäden irgendwo anders in der Gesellschaft suchen, nicht in Bauzäunen mit Eisenträgern hinschlagen. Das ist nicht der Sinn.
Sondern: Du, du öffne dein Herz, bekehre dich für den Herrn! Und wir sollen das in dieser Adventszeit hören. Dann wird die Sünde abgetan werden. Im Alten Testament gab es keine endgültige Sündenvergebung. Sie hatten noch dauernd Opfer. Und sie wussten ganz genau: Die Sünde ist immer wieder da.
Selbst der Ritus des großen Versöhnungstages, des Jom Kippurs, der heute noch in Israel der höchste Feiertag ist, kann die Schuld nicht wegnehmen. Die Sehnsucht ist: Dann kommt er! Nach diesen Zeiten wird es endlich so sein – nach den siebzig Jahren kommt es.
Interessant ist, dass die Kreuzigung Jesu genau in der Mitte der letzten siebzig Jahre liegt, nach dreieinhalb Jahrwochen. Auch das ist in der Bibel wieder eine ganz interessante Sache, die man häufig findet.
Ich möchte aber nicht, dass Sie denken, dass es bei mir sonst eine große Rolle spielt. Nur: Wir können viele Dinge finden, und es hat manche Leute schon gereizt, wie unseren hochverehrten Prälaten Oetinger vor Jahrhunderten, der sich in die tiefen Geheimnisse verliebte.
Es gibt Christen, die nur noch grübeln über Zahlenmystik und mit den jüdischen Kabbalisten ganze dicke Wälzer durchforsten. Aber es ist sicher so, dass die Geheimnisse in Gott viel wunderbarer und größer sind. Wenn wir schon sehen, wie ein einfaches Blatt in der Natur, ein Blatt am Baum, das im Herbst herunterfällt, verdorrt und verwest, eine wunderbare Struktur hat.
Dann dürfen wir wissen, dass auch der Ablauf der Geschichte von Gott her seine Strukturen und seinen Sinn hat – nicht in allem, was Menschen tun, sondern in dem, was Gott mit seinem Heil tut. Das ist nicht dem Zufall überlassen. Und es wird ewige Gerechtigkeit gebracht.
Was soll das sein? Gerechtigkeit ist die Wiederherstellung des Gottesrechts in der Welt. Und Gesicht und Weissagung werden erfüllt werden. Es wird alles, was in den Propheten steht, erfüllt werden.
Das ist auch der Grund, warum ich sage: Wir brauchen heute keine Propheten mehr. Alles ist erfüllt in Jesus. Und das ist für Sie eine ganz wichtige Frage: Wenn jemand kommt und sagt, ich habe neue Prophetien, dann brauchen wir gar keine.
Es ist für uns alles, was Gott gesagt hat, Ja und Amen in ihm, sagt Paulus im 2. Korinther 1,20. Alles ist erfüllt, und die Weissagung und die Prophezeiung ist erfüllt, und das Allerheiligste gesalbt.
Das Allerheiligste und das Opfer Jesu
Das Allerheiligste gesalbt. Jesus sprach oft vom Opfer seines Lebens. Dabei kam es zu Missverständnissen, etwa dass er gesagt habe, er wolle den Tempel abbrechen. Tatsächlich meinte er damit nur das Opfer seines Lebens.
Jesus hat immer wieder betont, dass das, was im Tempel dargestellt wird, nur ein kleiner Vorspann ist. Die Apostel haben später vom neuen Tempel gesprochen, der die Gemeinde ist. Diese Gemeinde stellt das Allerheiligste dar, das Opfer, das Gott dargebracht wird.
Diese Sprache ist uns auf den ersten Blick ungewöhnlich, doch sie ist wunderbar, wenn wir an Daniel im babylonischen Reich denken. Jahrhunderte vor dem Kommen Jesu hat Gottes Geist ihm so klar und exakt offenbart, was kommen wird.
Wir könnten weitere Bibelstellen nennen, zum Beispiel Römer 3,25, wo Paulus von der Versöhnung spricht. Er erwähnt den Deckel der Versöhnung, der das Blut Jesu darstellt. Immer wird im Bild des Allerheiligsten gesprochen, dass das Opfer Jesu an die Stelle dessen tritt, was im Tempel vollzogen wurde.
Für uns ist es kein Verlust, dass nach dem Sterben Jesu der Tempel mit seinem Allerheiligsten nicht mehr vorhanden ist. Denn die Gegenwart Jesu kann in der Welt gefunden werden. Er ist dort, wo er uns heute seine Gaben schenkt. So kann das Allerheiligste neu verstanden werden.
Ich möchte heute Abend vor allem sagen, wie wunderbar Gottes Zusammenhänge sind und wie sie für uns eine wunderbare Einladung darstellen. Jesus möchte uns das in diesen Tagen schenken.
Was die alten Väter sich sehnlichst wünschten, wie hätte Daniel gesagt: „Ihr habt das alles, nehmt es doch!“ Brecht dem Frevel die Spitze ab, werft das Böse nieder, versiegeln wir die großen Verheißungen Gottes. Ergeht euch nicht lange in Zweifeln, sondern freut euch an dem bewährten und erfüllten Wort und macht es fest bei euch.
Baut dieses Heiligtum in euch auf, damit ihr jederzeit in das Allerheiligste gehen könnt, mit Jesus Zwiesprache halten und seine Versöhnung annehmen.
Schwierige Stellen und unterschiedliche Auslegungen
An einer Stelle, der Vollständigkeit halber, möchte ich vielleicht noch auf Vers 27 hinweisen. Dort könnte es auch mit der Übersetzung schwierig sein. Es heißt: „Er wird vielen den Bund schwer machen.“ Wunderbar, bei euch ist das schon richtig drin: „Er wird einen starken Bund machen.“ So übersetzt Gerhard Meyer. In dem Kreuzestod Jesu ist ein Bund gemacht.
Ich möchte ganz ehrlich sagen, dass es an solchen Stellen fragende Erkenntnisse gibt, die für uns nicht trennend sind. Es gibt Fragen in der Bibel, bei denen wir sagen: Wer hier nicht mitgehen kann, der ist für uns eben auch kein Bruder im Verständnis Jesu, zum Beispiel.
An dieser Stelle der Auslegung von Daniel 9 ist selbst ein so großer Bibelausleger wie Jakob Kröker, der wunderbare Alttestamentler in seinen Auslegungen geschrieben hat, auch den kritischen Theologen gefolgt. Er sagt, das sei aus der Makkabäerzeit und habe auf Jesus nur keinen direkten Hinweis. Das ist hochinteressant, aber für uns kein Glaubenspunkt.
Wie ich schon sagte: Wenn jemand in der Taufe ein anderes Verständnis hat und die Erwachsenen tauft, ist das für mich kein Trennungsgrund. Darüber wollen wir gar nicht viel Zeit verlieren und uns nicht streiten. So würde ich auch bei Daniel 9, Vers 24 und den folgenden Versen halten. Lasst uns das nicht zu einem Problem machen, über das wir lange grübeln und uns entzweien.
Aber es war einmal wert, sich in der Adventszeit dort hinein zu vertiefen und dann interessiert zuzuhören, wenn man irgendwo etwas über solche Dinge hört. Vielleicht nimmt sich jemand ein paar Seiten aus einer Daniel-Auslegung mit, um es noch einmal genau zu lesen und zu verfolgen. Und sich einfach daran zu freuen, dass bei Gott alles seinen Sinn hat und dass das Wort Gottes so exakt und verlässlich ist.
Wir werden einmal in der Ewigkeit staunen. Ich meine, dass Jesus nicht einfach so in den Wind gesprochen hat, dass kein Wort hinfällt, sondern alles erfüllt wird. Denn wenn das Wort Gottes nicht verlässlich wäre, könnten wir gleich aufgeben.
Es ist so wunderbar, dass gerade Jesus immer wieder gesagt hat: „Es geschah, auf dass es erfüllt werde.“ Er hat mit einer Genauigkeit alles bis ins Detail erfüllt – bis hin zu dem großen Bund, dem starken Bund für viele, den viele bekommen, wie in Jesaja 53 beschrieben.
Wir haben hier noch eine weitere Stelle. Ich habe viele Stellen noch hingeschrieben, aber es reicht hier bei der Gerechtigkeit. „Er wird eine ewige Gerechtigkeit bringen.“ Dabei denke ich an 1. Korinther 1,30: Christus ist uns gemacht zur Gerechtigkeit, zur Heiligung, zur Erlösung. Das sind ja alles Bezüge.
Man muss sich nicht mehr vorstellen: Paulus war doch ein Rabbiner, der viele Jahre im Alten Testament lebte. Für ihn kam doch alles wieder in Erinnerung. Und Sie verstehen die Paulusbriefe erst richtig im Rückblick auf solche Stellen, wo die Messiaserwartung für die Juden ganz groß ist.
Das Judentum jedenfalls – und das möchte ich noch einmal betonen – ist fester Überzeugung, dass sich das auf das Jahr siebzig bezieht, die Zerstörung Jerusalems. Und dass es sich genauso verhält, wie wir sagen, dass diese 434 Jahre vom Wiederaufbau Jerusalems, von Nehemia an zu zählen sind, die 49 Jahre vorher zu zählen sind.
Wir sind hier völlig eins mit ihnen im Verständnis. Wir unterscheiden uns nur an einer Stelle: Wir sagen, dass es in Jesus, dem Messias, erfüllt ist, und sie sagen: Nein, er war zwar Jude, aber kein Messias. An diesem Punkt setzt die entscheidende Glaubenserkenntnis ein.