Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 238: Die goldene Regel – Gebet als Lebensstil
Gebet als Ausdruck einer lebendigen Beziehung
Das war in der letzten Episode unser Thema: Gebet als Ausdruck einer Beziehung, die darauf abzielt, in einer nichtigen Welt den Segen abzurufen, der möglich ist. Zu diesem Thema noch ein doppelter Nachschlag.
Erstens: Bei allem Beten und Bitten wird diese Welt nicht zum Paradies. Als Menschen neigen wir dazu, das Thema Gebet falsch zu verstehen, als hätten wir mit dem Bitten Gott in der Hand. Denn Gott ist ja als guter Vater verpflichtet, uns zu beschenken. Vorsicht, wenn sich dieser Gedanke in uns breitmacht.
Es ist wahrscheinlich nie richtig, ein geistliches Prinzip herauszugreifen, noch dazu eines, das an einem emotionalen Bild wie der Vaterschaft festgemacht wird, und dann dieses Prinzip so darzustellen, als würde es alle anderen Prinzipien dominieren. Tut das nicht!
Bei allem Bitten geht es weiterhin nach Gottes Willen in meinem Leben. Bei allem Bitten muss ich mich davor hüten, Gott mit meinen Bitten zu versuchen.
Es geht nicht darum, dass ich mich durchs Beten still und heimlich wieder auf den Thron meines Lebens setze. Gebet ist nicht Magie. Gebet ist kein Mittel, um Gott vor meinen Karren zu spannen.
Gebet ist einfach Ausdruck meiner Abhängigkeit im größeren Kontext von Gottes Wichtigkeit. Es ist Gottes Geschichte mit mir.
Sünde als Hindernis für geistlichen Segen
Zweiter Punkt: Wo das Bitten, Suchen und Anklopfen ein Weg zum Segen und zum geistlichen Flow ist, da ist das Sündigen das genaue Gegenteil.
Bei Jeremia lesen wir: Jeremia 5,25: "Eure Missetaten haben diese Gaben abgewendet, und eure Sünden haben das Gute von euch ferngehalten."
Wir können in unserem Leben nicht nur die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Gott uns beschenkt, sondern auch dafür, dass er uns Segen vorenthält. "Eure Sünden haben das Gute von euch ferngehalten."
Sünde unterbricht den geistlichen Flow, sie trennt von Gott und lässt meine Gebete ins Leere laufen.
So viel zu dem Thema der letzten Episode. Gehen wir weiter.
Jesu Kritik an der selbstgerechten Auslegung der Gebote
Wir haben hoffentlich noch im Ohr, wie der Herr Jesus sich gegen die Pharisäer und Schriftgelehrten wendet beziehungsweise ihre Auslegung der Gebote kritisiert. Ich meine den Gegensatz „Ihr habt gehört, ich aber sage euch.“ Wenn man nicht genau weiß, was damit gemeint ist, sollte man sich Matthäus 5 noch einmal durchlesen. Dort wird die Auslegung der Selbstgerechten der Auslegung Gottes gegenübergestellt.
Wie mehrfach betont wurde, ist nicht das mosaische Gesetz das Problem, sondern das, was Menschen daraus machen. Wenn man sich die Auslegung Jesu zu den Gesetzen anhört, könnte der Gedanke aufkommen: „Puh, das ist ganz schön kompliziert. Wie kommt man denn auf so eine Auslegung?“
Oder man könnte sich fragen, welches hermeneutische Prinzip hinter der Herangehensweise an die Gebote des Alten Testaments steckt. Genau das zeigt uns der Herr Jesus jetzt.
Die goldene Regel als hermeneutischer Schlüssel
Matthäus Kapitel 7, Vers 12: Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun sollen, das tut ihr ihnen auch. Denn darin besteht das Gesetz und die Propheten.
Ein geniales Prinzip. In seiner negativen Form findet man es häufiger in der Literatur und als Sprichwort: „Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem anderen zu.“ Wenn du weitere Beispiele suchst, findest du sie bei Wikipedia. Unter dem Stichwort „Goldene Regel“ ist der Link im Skript.
Wie schon gesagt, ist die negative Form des Sprichwortes bekannt: „Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem anderen zu.“ Ich will nicht belogen werden, also lüge ich niemanden an. In dieser Richtung wurde auch im Judentum gedacht.
So heißt es zum Beispiel im apokryphen Buch Tobit, Tobit 4,15: „Was du selbst nicht erleiden möchtest, das füg auch keinem anderen zu.“
Die positive Formulierung der goldenen Regel bei Jesus
Aber Vorsicht: Jesus formuliert anders. Es kann gut sein, dass Jesus der Erste ist, der die positive Formulierung dieses Prinzips zum Leitmotiv eines Lebens erhebt. Es ist jedenfalls sehr schwer, in der Literatur vor Jesus jemanden zu finden, der gesagt hat: „Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun sollen, das tut ihr ihnen auch.“
Ich soll Menschen das tun, was ich mir für mich selbst wünschen würde. Natürlich schließt die positive Formulierung auch alle Bereiche ein, die mit der negativen Formulierung abgedeckt werden. Sie geht aber darüber hinaus.
Statt zu sagen: „Ich will nicht belogen werden, also lüge ich nicht“, formuliere ich jetzt: „Ich will die Wahrheit hören, also spreche ich die Wahrheit.“ Damit ist natürlich das Lügen abgedeckt. Allerdings geht die positive Formulierung über das Nicht-Lügen hinaus, weil ich mir ja selbst mehr wünsche als nur nicht belogen zu werden.
Ich möchte gern, dass Menschen so mit mir reden, dass ich weiß, woran ich bin. Die ganze Wahrheit, keine Halbwahrheiten, die man gerade noch als Nichtlügen durchgehen lassen könnte. Ich will alle Fakten kennen und möchte, dass Menschen ganz ehrlich sind und so reden, dass ich weiß, ich kann ihnen wirklich vertrauen.
Wenn ich also weiß, was ich mir für mich wünsche, welche Qualität von Aufrichtigkeit ich in Bezug auf Sprache gerne hätte, dann habe ich den Maßstab gefunden, an dem ich meinen Umgang mit anderen Menschen zu messen habe.
Die goldene Regel als Maßstab für christliches Leben
Matthäus 7,12: Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun sollen, das tut ihr ihnen auch. Denn darin besteht das Gesetz und die Propheten.
Mit Matthäus 7,12 haben wir das Prinzip entdeckt, mit dem wir als Christen an die moralischen Gesetze des Alten Testaments herangehen sollen. Wenn dort steht, du sollst nicht lügen, deine Eltern ehren oder ein anderes Gebot befolgen, dann heißt das: Denk nach! Wie würde ich mir das wünschen? Werde ganz praktisch.
Als Menschen wissen wir ganz genau, wie ein liebevoller Umgang miteinander aussehen müsste. Wir wissen es, weil wir selbst lieb behandelt werden wollen. Was wir uns an Liebe, Wertschätzung, Ehrlichkeit, Unterstützung und so weiter wünschen, das tun wir auch anderen.
Wenn ich das tue, dann sind die moralischen Gebote des Alten Bundes für mich kein Problem, denn darin besteht das Gesetz und die Propheten. Die Formulierung „Gesetz und Propheten“ steht für das Alte Testament.
Gottes Gebote zeigen uns, was richtig und falsch ist. Sie sind heilige Wegweiser, die uns helfen, das Gute und das Böse zu erkennen. Wenn es darum geht, sie in die Tat umzusetzen, dann lautet das Prinzip: Denk nach, was du dir wünschen würdest. Was müsste jemand tun, damit du dich geliebt fühlst?
Und genau das ist es, was Gott sich von uns wünscht: dass wir anderen geben, was wir uns für uns wünschen, dass wir lieben, wie wir selbst geliebt werden wollen.
Abschluss und Segenswünsche
Was könntest du jetzt tun? Du könntest Matthäus 7,12 auswendig lernen – einfach so, weil dieser Vers großartig ist.
Das war's für heute. Falls du noch nicht in den YouTube-Kanal von Why Not? hineingeschaut hast: Das Projekt liegt mir sehr am Herzen. Den Link findest du im Skript.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.