Hallo, herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Machbar, dem Podcast für Alltagsmissionare. Hier bekommst du Tipps, um deinen Nächsten einen Schritt näher zu Jesus zu führen. Ich bin Christian, und heute ist Benjamin Zeyer mit dabei. Herzlich willkommen, Benjamin! Schön, dass du hier bist.
Worum geht es heute? Wir sprechen darüber, wie das Leben als Missionsarzt in Peru aussieht, wie Benjamin Alltagsmission lebt und wie jeder von uns seine persönliche Mission entdecken und ausleben kann.
Benjamin, du bist seit 2020 mit Sack und Pack, zusammen mit deiner Frau und deinen fünf Kindern, nach Peru ausgewandert, um dort ehrenamtlich in einem der größten Missionskrankenhäuser in Südamerika zu arbeiten. Das ist eine beeindruckende Mission.
Ich finde es richtig schön, dass du heute hier bei uns im Podcast vor Ort bist. Jetzt mal die Frage: Wie kommt es, dass du gerade hier in Deutschland bist?
Ja, als Missionar sind wir immer wieder mal in der Heimat. Wir halten Vorträge, ermutigen Menschen und inspirieren mit unserer Geschichte. In diesem Fall gibt es noch einen weiteren Grund für unseren Aufenthalt.
Unser ältester Sohn, Lukas, hat seine Schulzeit in Peru beendet. Deshalb sind wir dieses Jahr schweren Herzens nach Europa geflogen, um ihn aufs Internat zu bringen.
Das ist eine große Veränderung für euch als Familie. Als du ausgewandert bist, hast du noch kein Spanisch gesprochen?
Das stimmt. Inzwischen spreche ich vermutlich Spanisch, aber in den Anden, wo die Menschen leben, wird Quechua gesprochen.
Kannst du das auch?
Nein, ich kenne nur einige Wörter.
Nenn doch mal ein Wort.
Pichi, pichi.
Was bedeutet das?
Das sage ich jetzt lieber nicht. Wasser lassen, ich bin Urologe. Das ist aber von langer her sehr ähnlich.
Okay, sehr cool.
Wieso hast du dich dazu entschieden, Arzt zu werden? Das ist eine ganz spannende Geschichte.
Ursprünglich wollte ich nämlich gar kein Arzt werden. Mein Plan war, Schreiner zu werden. Ich habe einen Realschulabschluss gemacht und wollte Schreiner werden. Ich hatte sogar eine Lehrstelle verloren – oh meine Güte. Ich hatte zwei Lehrstellen in zwei Schreinereien. Dann habe ich meinen Realschulabschluss mit 1,3 gemacht. Danach hieß es irgendwie, ich solle doch lieber noch das Abitur machen.
Als ich dann im Technischen Gymnasium war und es in Richtung Abitur ging, war mein erster Plan, Pilot zu werden. Ich hatte mir sogar schon bei der Lufthansa die Unterlagen für die Prüfung geholt. Irgendwie bin ich dann aber auf die Schiene Informatik gekommen. Ich habe in der Zeit Webseiten programmiert, nebenbei mein Geld verdient und fand das eigentlich auch ganz cool.
Auch da war ich schon an der Uni und habe eine Vorlesung gehört, damals über Primzahlen – total genial. Irgendwie gehe ich aus dem Hörsaal raus, stehe vor meinem Auto und denke mir: „Es ist einfach nur ein Gedankenblitz, Benjamin. Willst du dein ganzes Leben mit Computern arbeiten oder lieber mit Menschen?“ Und von jetzt auf gleich kommt der Gedanke: Nein, ich werde Arzt.
Ich fahre nach Hause, zack, meiner Familie – ich habe ja noch einen Haufen Geschwister, ich bin der Älteste von neun – sage ich daheim: „Ich werde Arzt.“ Und alle lachen mich erst mal aus und sagen: „Nee, du wirst doch kein Arzt. Deine Schwester wird Ärztin, das erzählt die doch schon immer.“ Und ich so: „Nee, ich werde Arzt, ganz sicher.“
Dann habe ich ein gutes Abitur gehabt und konnte direkt zum Studium. So kam es also wirklich. Verrückt, verrückt. Eigentlich ist die crazy Story, diese verrückte Geschichte, dass ich damals schon eine Freundin hatte, mit der ich heute verheiratet bin – seit fast zwanzig Jahren.
Sie hat wohl schon immer gewusst, dass sie einen Arzt heiraten wird. Aber zu diesem Zeitpunkt war das überhaupt nicht klar, dass ich Arzt werde. Sie hat schon immer zu ihren Freundinnen gesagt: „Eines Tages will ich einen Arzt heiraten.“ Da wollte ich aber Informatiker werden. Frag mich nicht warum, aber heute bin ich Arzt.
Vom Schreiner über den Informatiker zum Arzt.
Du hattest als Arzt hier in Deutschland eine vielversprechende Karriere. Ihr hattet gerade ein neues Haus und ein neugeborenes Baby, als Gott euch nach Peru rief. Ihr habt nicht lange gezögert. An dem Abend, an dem euch das klar wurde, habt ihr sofort entschieden, eure Sachen gepackt und seid losgefahren. Das klingt sehr überstürzt und unüberlegt, oder?
Tja, so könnte man das sehen. Aber die Geschichte ist natürlich etwas länger und hat eine Vorgeschichte.
Am 18. April 2017 war ich auf einer Veranstaltung von Klaus Diderjon, der dieses Hospital gegründet hat. Eigentlich wollte ich gar nicht hingehen. Ein Freund hatte mich zur Hauskirche eingeladen, und ich sagte ihm direkt: „Du Marc, tut mir leid, das interessiert mich überhaupt nicht.“
Wir hatten, wie du richtig gesagt hast, gerade ein Eigenheim saniert: 350 Quadratmeter, Designerfliesen an der Wand. Wir hatten damals gesagt, hier werden wir nur rausgetragen, das ist das letzte Mal, dass wir im Leben umziehen. Dieses riesige Haus haben wir mit Pool im Garten, Spielplatz für die Kinder, zwei Autos und einem sechsstelligem Einkommen gebaut – genau das, was ich mir gewünscht hatte.
Das Problem war nur, meine Frau kannte das Hospital schon und wollte sich die Geschichte anhören. So kam es, dass ich zum ersten Mal zu Klaus in eine Präsentation ging. Ich saß in der ersten Reihe, war total beeindruckt und dachte mir: „Krass, es gibt doch mehr.“ Das war die Vorgeschichte.
Dann verging fast ein ganzes Jahr, genau elf Monate, bis ich an der Tür zu unserem Hospital stand. Die Tür ging auf, wir gingen hinein und sagten beide: „Auf ein letztes Mal.“ Die Geburt unseres fünften Kindes stand bevor. Jonas wurde um halb eins nachts am 6. März 2018 geboren.
Nach einer Stunde verließ ich den Kreis und tat, was ich nach jeder Geburt getan hatte: Ich fuhr oberhalb von Mosbach zu einem Holzkreuz am Straßenrand, kniete mich hin und sagte: „Bitte, lieber Gott, vielen Dank, dass alles gut gegangen ist.“
Doch in dieser Nacht passierte etwas Merkwürdiges. Christian, ich kann es bis heute nicht erklären. Ich kniete da und hörte mich selbst beten – Worte, die ich nicht sagen wollte. Es war, als würde jemand durch mich sprechen. Ich wusste, dass das Kapitel der Reproduktion für uns vorbei ist. Ich bat: „Bitte zeig mir, was das nächste Kapitel in unserer Familiengeschichte ist.“
Dieses Gebet riss mich richtig aus meinem Schlaf. Ich dachte damals schon: „Krass, das könnte ein gefährliches Gebet sein.“
Ich ging nach Hause, schlief zwei Stunden, holte meine Frau aus der Klinik ab. Den ganzen Tag ließ mich dieses Gebet nicht los. Abends um halb acht kam ich nach Hause. Meine Frau hatte gerade den Kleinen hingelegt. Sie kam die Treppe herunter, ich betrat die Tür, sah sie an und sie sagte ganz merklich: „Lena, heute Nacht habe ich gebetet: Bitte zeig mir, was das nächste Kapitel in unserer Familiengeschichte ist.“
Christian, man kann sich das kaum vorstellen: Meine Frau stand mit großen Augen auf der Treppe, schaute mich an und fragte: „Benjamin, hast du deine E-Mails gelesen? Klaus Diderjon hat dir gerade aus Peru geschrieben.“
In diesem Moment fühlte es sich an, als stünde Gott persönlich in unserem Eigenheim, in unserer kleinen schönen Welt und fragte: „Was ist los? Seid ihr bereit für meine Mission?“
Wir entschieden als Ehepaar, auf der Treppe stehend, alles auf Null zu setzen und diesem Ruf zu folgen. Ich kann wirklich sagen: Wie bei unserem ersten Kuss damals, kam diesmal meine Frau zuerst. Sie hatte gerade ein Kind entbunden, stand auf der Treppe, sah mich an und sagte: „Wann geht’s los?“
Dieser Moment veränderte unser ganzes Leben.
Wir hielten dann ein Jahr lang in Deutschland über neunzig Vorträge, bauten einen Freundeskreis auf, kündigten unsere Kassensitze, verkauften das Haus, die Autos, lösten unseren Besitz auf – einfach alles.
Am 14. Januar 2020, also fast zwei Jahre später, starteten wir mit dreizehn Koffern Handgepäck, einer Gitarre und im Kinderwagen fünf kleine Kinder – der Jüngste war eins – in eine ganz neue Welt.
Krass, wie konntet ihr das alles so hinter euch lassen? Ich vermute mal, die Antwort ist, weil es so ein klarer Ruf war. Sonst kann man das ja kaum schaffen, oder?
Mir begegnen immer wieder Menschen, die nicht so einen klaren Ruf haben oder das gar nicht so empfinden. Mir sind auch schon Menschen begegnet, die irgendwie ein Abenteuer suchen und in die Mission gehen. Ich glaube, Gott spricht ganz unterschiedlich.
Ich würde jetzt gar nicht festlegen, dass man immer so einen klaren Ruf braucht. Aber ich kann zumindest sagen: Wir haben in den letzten fünf Jahren so viele Höhen und Tiefen erlebt, vor allem die Tiefen. Ich war echt schon ein paarmal an dem Punkt, wo ich da saß und gesagt habe: „Gott, wenn ich es nicht wüsste, wenn ich es nicht wüsste, dass du mich gerufen hast, vielleicht würde ich umdrehen.“ Aber weil ich weiß, dass du mich gerufen hast, gibt es für mich keinen Zweifel. Wir sind genau da, wo du uns haben willst. Und das ist für mich einfach der Wert dieses Rufes.
Nicht nur mein persönlicher Ruf, sondern Gott hat uns als Ehepaar gerufen. Mir begegnen ja ganz viele Menschen, inzwischen Tausende, die ich live bei Veranstaltungen, Vorträgen oder auf Reisen gesehen habe. Und es ist immer wieder so, dass mir Menschen sagen: „Ach, ich hätte auch gern so einen direkten Ruf.“ Irgendwie kann ich total verstehen, was sie meinen.
In meinem Leben war das zum Beispiel mit einem Bekehrungserlebnis im Prinzip dasselbe. Ich bin in eine christliche Familie geboren worden. Mein Großvater war früher Alkoholiker, und der konnte dir genau sagen, wann Jesus in sein Leben kam. Mir wurde das Evangelium irgendwie schon mit in die Wiege gelegt. Ich hatte immer so diesen Knackpunkt, diese Frage: Wann ging es denn eigentlich mit meinem persönlichen Glauben los?
Natürlich mit zwölf Jahren, irgendwann habe ich die Glaubenstaufe gemacht. Mit der Glaubenstaufe habe ich mein persönliches Bekenntnis festgemacht. Aber es war genau dieses Gefühl: Irgendwie bin ich dabei, aber ich weiß nicht so richtig warum oder wie. Heute ist der Glaube natürlich etwas Persönliches, und mir begegnet dieses gleiche Gefühl oft bei Menschen, die sagen: „Ich würde mir auch wünschen, so einen völlig klaren Ruf zu haben.“
Ich denke, man kann auch trotzdem dabei sein. Denn ganz ehrlich, Christian, wer Jesus nachfolgt, für den zählt als allererstes der ganz allgemeine Ruf Gottes, der für uns alle gilt. Und Matthäus 28 sagt: „Geht in die Welt, verkündigt das Evangelium.“ Es beginnt nicht irgendwo in Peru, sondern es beginnt hier, heute bei dir daheim. Es beginnt in deiner Nachbarschaft, ja, und am Ende sogar direkt unter deinem Dach – mit deiner Familie. In der eigenen Familie.
Ich habe gelesen, dass du dich zuerst als Ehemann und Vater beschreibst und dann erst als Missionsarzt. Wieso ist dir diese Reihenfolge wichtig? Und wie beeinflusst das deinen Alltag?
Das ist eine ziemlich kritische Frage, oder? Man muss immer die Balance finden. Wenn ich jetzt große Sprüche mache, werde ich natürlich auch daran gemessen. Ich glaube, diese Reihenfolge ist absolut biblisch. Gott hat mich zuerst als Ehemann und Vater eingesetzt. Als er uns in die Mission gerufen hat, wusste er, dass ich nicht alleine unterwegs bin, sondern gemeinsam mit meiner Frau und unseren fünf Kindern.
Ich finde das total wichtig. Natürlich steht meine Beziehung zu Gott an erster Stelle, über allem anderen. Aber meinen Dienst für Gott stelle ich hinter die Verpflichtungen, die er mir als Vater und Ehemann gegeben hat. Die Balance zu finden, ist gar nicht so einfach.
Ich gebe mal ein Beispiel: Ich arbeite viele Stunden und bin ständig im Dienst, immer erreichbar. Ich bin der einzige Urologe, und wenn ich operiere, muss ich 24 Stunden für Komplikationen oder Nachsorge zur Verfügung stehen. Gleichzeitig binde ich meine Familie ein, nehme meine Kinder mit oder, wenn wir auf Deutschlandreise sind und Vorträge im Heimatdienst halten, sind wir gemeinsam unterwegs, wann immer es geht. Dabei bauen wir auch Dinge für und mit den Kindern ein.
Ich glaube, es ist nicht so wichtig, was man tut, sondern wie man es tut. Du kannst die schönsten Sachen mit deinem Kind machen, den schönsten Urlaub verbringen. Aber wenn du am Ende als Vater abwesend bist, weil du die ganze Zeit am Handy hängst, E-Mails beantwortest oder Serien guckst, dann bist du vielleicht körperlich da, aber deine Beziehung zu deinem Kind leidet darunter.
Deshalb habe ich viele Arbeitsstunden, aber die Beziehung zu meinen Kindern hat trotzdem Priorität. Beziehung zu den Kindern und die eigene Ehe sind mir sehr wichtig. Ich finde es spannend, dass manche Eltern sich in ihren Kindern verlieren. Aber die Kinder sind uns nur für eine Zeit anvertraut. Die Ehe ist für das ganze Leben auf der Erde gedacht und sollte deshalb noch mehr Priorität haben.
Natürlich ist es auch für uns Väter und Ehemänner herausfordernd, die verschiedenen Bälle zu jonglieren. Mal hat das eine mehr Priorität, mal das andere. Aber es ist gut, wenn man als Ehepaar gemeinsam als Team unterwegs ist.
Christian, ich glaube, es gibt immer Phasen im Leben, in denen man sich durchbeißen muss. Aber du hast recht: Die Kinder kommen und gehen, der Partner bleibt hoffentlich in aller Regel. Und es ist die Voraussetzung für eine gesunde Beziehung zu den Kindern, dass man auch eine gesunde Beziehung zum Ehepartner hat. Wenn du mit deinem Partner keinen Frieden unter einem Dach hast, wie willst du dann Frieden mit deinen Kindern leben?
Da bin ich wirklich gesegnet. Wir als Ehepaar sind wirklich gesegnet, weil wir zum einen die Kinder im Blick haben, aber auch uns gegenseitig. Natürlich gibt es immer Höhen und Tiefen in der Beziehung. Wir haben zum Beispiel die Tradition, wenn es möglich ist, täglich eine Stunde gemeinsam spazieren zu gehen – auch jetzt in der Mission. Im Heimatdienst klappt das nicht so regelmäßig, aber wenn wir in Peru sind, versuchen wir jeden Tag eine Runde zu laufen und uns gegenseitig die Dinge von der Seele zu reden. Das tut einfach gut.
Das ist ein guter Tipp, gerade für dich: Du wirkst auf mich wie ein Machertyp. Du bist der einzige Urologe, hast eine Familie mit fünf Kindern, machst Podcasts nebenbei, schreibst Bücher – da ist es wichtig, Prioritäten zu setzen und zum Beispiel einmal am Tag mit deiner Frau spazieren zu gehen. Das ist total wichtig und sehr hilfreich.
Man kann auch vieles kombinieren. Es klingt so, als ob bei dir immer viel los ist. Mir passiert es oft, dass Leute sagen, ich hätte mehr Stunden als sie. Aber ich glaube, der Punkt ist ein anderer. Ich glaube wirklich an Zeitmanagement. Zeitmanagement ist so wichtig – das 80-20-Prinzip. In 20 Prozent der Zeit kannst du 80 Prozent deiner Arbeit erledigen.
Zum Beispiel beim Podcast: Wir nehmen ihn auf, schneiden aber nicht stundenlang nach oder machen Soundkorrekturen. Es ist okay, einfach mal 80 Prozent zu geben. Natürlich gibt es Situationen, in denen 100 Prozent notwendig sind – zum Beispiel im OP oder in der Beziehung.
Außerhalb dieser Kernbereiche gibt es viele Dinge, bei denen man viel Zeit verplempern kann. Hier kommt mein großer Tipp, den ich gelernt habe: Wenn jemand keine Zeit hat für die wesentlichen Dinge im Leben, sollte er eine Liste machen. Schreib alle deine Abos auf – vom Fitnessstudio über YouTube, Disney+, Netflix, The Zone, dein Ticket im Fußballstadion, alles.
Schau dir diese Liste dann mit der Frage an: Was bringt mich näher zu Jesus und was nicht? Wenn du anfängst, die unwichtigen Dinge zu streichen, wird das am Anfang vielleicht wehtun – etwa wenn dein Netflix-Account gesperrt ist oder Amazon Prime nicht mehr läuft. Aber du wirst so viel Zeit gewinnen, das ist unfassbar.
Mein großer Tipp: Schreib auch auf, wie viel Geld du dadurch sparst. Die Hälfte davon behältst du für dich, die andere Hälfte gibst du in die Mission. Ich sage dir, das wird dein Leben radikal verändern und auch deine Beziehungen transformieren.
Sehr gut. Du bist eigentlich Urologe und arbeitest immer noch in diesem speziellen Bereich, hast du gerade schon gesagt, in eurem Krankenhaus in Peru. Oder hast du auch darüber hinaus Aufgabenbereiche im Krankenhaus? Was für Fälle behandelt ihr dort?
Als ich nach Peru gekommen bin, ist das eigentlich eine ganz krasse Geschichte. Es war mitten in der Pandemie. Wir sind im Januar 2020 ausgereist, Covid war noch überhaupt kein Thema, kaum in Peru angekommen. Im März kam dann der Lockdown, zunächst hieß es 14 Tage Shutdown, dann dachten wir, wir hätten das Ding durch. Am Ende waren es 956 Tage Ausnahmezustand in Peru.
Als ich dann im Missionshospital angefangen habe zu arbeiten, hieß es auch: „Urologische Fälle sind im Moment nicht so die Priorität, wir haben Covid, Covid intensiv.“ Du bist ja Notarzt. Ich habe auch noch einen Notarztschein, und als Notärzte dürfen wir in Peru verantwortlich die Station leiten, die Intensivstation. Also bist du jetzt dafür verantwortlich. Du hast 14 Tage Zeit zum Einlernen. Wir haben noch eine Kollegin, die dann in die USA geht.
Das war wirklich richtig krass, weil ich von jetzt auf gleich plötzlich auf einer Intensivstation stand. Gott hat viel Gnade geschenkt, wir konnten so vielen Menschen das Leben retten, wirklich. Die Überlebensrate bei den schweren Fällen lag bei 75 Prozent, das ist echt vergleichbar mit deutschen Kliniken. Wir haben ein kleines Team, aber dieses Team hat Vollgas gegeben. Trotzdem war es in 14 Jahren Medizin mit Abstand das härteste, was ich erlebt habe. Mit Abstand das Härteste.
Das heißt natürlich, als Missionsarzt bist du primär für dein Fachgebiet da. Weil es aber so ein kleines Team ist, bist du auch der Assistent für den Unfallchirurgen, den Allgemeinchirurgen und den Gynäkologen. Du machst dann auch mit dem zusammen Kaiserschnitte. Das heißt nicht, dass ich den Kaiserschnitt selbst mache, sondern ich assistiere dabei.
Genauso ist es bei Traumaoperationen: Ich mache die Operation nicht selbst, sondern assistiere dem Chirurgen. Oder bei der Gallen-OP bin ich ebenfalls Assistent. Und umgekehrt, wenn ich eine große urologische Operation habe, dann assistiert mir jemand anderes. So bekommst du einen krassen Einblick in viele Disziplinen, auch in die Innere Medizin, weil du immer wieder damit konfrontiert wirst.
Die Menschen kommen mit einem Anliegen, in meinem Fall einem urologischen Anliegen, zu dir. Aber sie haben oft noch ganz andere Baustellen. Dann diagnostizierst du als Erster zum Beispiel, dass jemand Diabetes hat, also eine Zuckerkrankheit.
Mir ist das sogar mal passiert, das kannst du dir gar nicht vorstellen: Da kommt ein älterer Herr mit Prostataproblemen beim Wasserlassen. Ich untersuche ihn und sehe, dass er sich eine Binde mit Kräutern um das Handgelenk gewickelt hat. Ich frage, was passiert sei. Er sagt, er sei gestürzt.
Ich nehme seine Hand und du kannst den Bruch knacksen hören. Ich schicke ihn ins Röntgen. Der Arm ist gebrochen. Er ist eine Woche damit herumgelaufen, ohne zu wissen, dass er einen Bruch hatte.
Natürlich musst du da auch weiterblicken, nicht nur auf dein Fachgebiet. Und du siehst da auch krasse, krasse Fälle.
Wie hat die Entscheidung, Missionsarzt zu werden, deinen Glauben ganz praktisch beeinflusst?
Missionsarzt zu sein, besteht aus zwei Worten: Mission und Arzt. Diese beiden Aspekte prägen mein Leben sehr stark. Deshalb nenne ich mich auch gern Missionsarzt. Ich habe diese Bezeichnung auch als Domain im Internet und nutze sie für mein Personal Branding.
Auf der einen Seite bin ich Arzt – ein evidenzbasierter Mediziner von ganzem Herzen. Ich glaube an die Wissenschaft und den Fortschritt. Dadurch können wir viele großartige Dinge erreichen. Auf der anderen Seite ist der Glaube für mich ebenfalls sehr wichtig. Ich sehe mich auf der Mission meines Lebens unterwegs.
Diese Mission begann übrigens nicht erst in Peru, ganz im Gegenteil. Deine Mission beginnt nicht irgendwo im Ausland. Mein Ehepartner und ich haben unsere Mission auch in Deutschland gelebt. Das ist jeden Tag spannend, weil du auf der einen Seite die Wissenschaft hast und auf der anderen Seite den Glauben.
Für mich stehen diese beiden Bereiche in keinem Widerspruch zueinander – überhaupt nicht. Während die Wissenschaft uns die Antwort auf das „Wie“ gibt, also darauf, wie etwas funktioniert, gibt uns der Glaube die Antwort auf das „Warum“. Das sind zwei ganz unterschiedliche Fragestellungen, die man niemals verwechseln sollte.
Sehr gut. Was ist typisch für die peruanische Kultur? Was macht sie grundsätzlich aus? Wie muss ich mir das vorstellen als Mitteleuropäer? Kannst du uns da ein bisschen mit hineinnehmen?
Wenn ich jetzt hier sitze als der peruanische Experte und dir sage, wie Peru lebt, dann wäre das genauso dreist, wie wenn ein Amerikaner nach Deutschland schaut und sagt: „Ich sage euch, wie die Deutschen funktionieren.“ Ich glaube, jedem von uns ist klar, der einmal durch Deutschland gereist ist, dass es nicht den Deutschen gibt. Und genauso wenig gibt es den Peruaner. Die Menschen sind ganz individuell, genauso wie wir alle.
Was mir in dem einfach auffällt im Kontrast der Kulturen, ist vielmehr, dass ich einen – was ich nie gedacht habe – richtig deutschen Chip hier oben drin habe, dass ich deutsch programmiert bin. Das merkt man erst, wenn man in einer anderen Kultur ankommt und erkennt, wie unterschiedlich Kultur funktioniert.
Aber was kracht da so aufeinander, wenn du sagst, dass ein deutscher Chip... Ach, zum Beispiel Perfektionismus ist so ein Thema. Ja, Perfektionismus, Regelkonformität – das ist etwas typisch Deutsches. Pünktlichkeit, auch die Art, was man als unhöflich oder unanständig empfindet und was nicht, da gibt es ganz große kulturelle Unterschiede.
Das ist ganz wertfrei, denn ich muss ganz klar sagen: Ich bin als Gast in dieser Kultur. Ich bin nicht da, um diese Kultur mit meiner Kultur zu implementieren und auf Spur zu bringen. Ganz im Gegenteil, ich glaube, das ist immer ein Geben und Nehmen.
Wir dürfen medizinisch helfen, wir dürfen mit dem Glauben Menschen Hoffnung geben, und gleichzeitig darf ich von ihnen lernen, wie man manche Sachen auch entspannter sieht. Mensch, meine Güte, ohne Witz, was habe ich mir auch Sorgen gemacht! Und du kennst die Statistik selbst: 80 Prozent unserer Sorgen treten nie ein. Und für die anderen zwanzig Prozent hat Gott immer eine Lösung.
Dieses Leben auch so zu sehen, zu sagen: „Okay, ich lege mich heute ins Bett. Ich weiß nicht, wie das morgen ausgehen soll, aber Gott, du hast einen Plan.“ Man kann echt viel lernen. Man kann wirklich viel lernen.
Was war die schwierigste Umstellung für euch oder das Interessanteste, mit dem du konfrontiert worden bist?
Nun, da gibt es natürlich viel. Aber die Umstellung, an die man vielleicht nicht sofort denkt, ist die kulinarische Umstellung. Das ist ein großes Thema. Als Deutscher ist man es gewohnt, morgens zum Bäcker zu gehen und Brötchen zu holen. Ich kann sagen, ich war noch nie irgendwo so oft beim Bäcker wie in Deutschland – vielleicht noch in Österreich. Aber selbst dort ist die Backkultur nicht so ausgeprägt wie in Deutschland.
Das ist natürlich etwas, das man erst nach und nach realisiert. Es ist ein schleichender Prozess. In den ersten Monaten ist man sehr darauf fixiert und denkt: „Mensch, ich muss irgendwie das Brot backen, um meine eigene Kultur zu bewahren.“ Irgendwann geht man dann doch zum Bäcker und holt sich so ein „Pansito“. Das ist im Prinzip eine Art Brötchen, das mehr aus Mehlwasser besteht und viel Luft enthält. Es ist immer das Gleiche, immer das Gleiche. Aber wenn du ein Rührei dazu machst, etwas Salz draufstreust, schmeckt es auch gut.
Im Vergleich zu Deutschland – was ist der geistliche Grundwasserspiegel in Peru? Was ist dort die hauptsächliche Religion?
82 oder 83 Prozent der Bevölkerung sind offiziell Katholiken. Es ist ein katholisch geprägtes Land. Der Anteil der Muslime ist sehr gering, wirklich sehr niedrig. Gleichzeitig gibt es einen wachsenden Anteil von Evangelikalen. Trotzdem bleibt der Glaube ein komplexes Thema. Aus christlicher Perspektive gibt es dort viel heidnischen Glauben. Viele mischen sich sozusagen ihren eigenen Glaubensmix zusammen.
Zum Beispiel wird sowohl die Pachamama angebetet als auch Jesus. Man baut sich seinen Glauben nach dem Motto „viel hilft viel“ zusammen: Wenn mir der eine nicht hilft, dann hoffentlich der andere.
Da eine klare Linie hineinzubekommen und zu sagen: „Okay, Jesus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben“ – das ist natürlich ein Absolutheitsanspruch.
Genau das war damals genauso wenig gesellschaftlich akzeptiert wie heute. Trotzdem ändert das nichts an dem Statement, das Jesus damals gegeben hat.
Als Arzt bist du oft direkt mit den Nöten und Sorgen der Menschen konfrontiert – sowohl gesundheitlicher Art als auch darüber hinaus. Wie offen sind Menschen generell für tiefere, persönlichere Gespräche? Und wie sieht es konkret aus, wenn es um das Evangelium geht?
Fast niemand oder zumindest die allermeisten Menschen glauben an einen Gott, also an ein übernatürliches Wesen in irgendeiner Form. Darüber diskutiert kaum jemand, eigentlich gar niemand. Es ist für viele irgendwie klar, dass es einen Schöpfergott oder ein höheres Wesen geben muss. Das gilt als Standardannahme.
Die entscheidende Frage ist jedoch die bewusste Entscheidung, zu sagen: „Ich nehme Jesus als meinen einzigen Weg an, als den Weg.“ Diese Erfahrung habe ich übrigens auch in Deutschland gemacht. Menschen sind grundsätzlich offen. Man denkt manchmal: „Ach, was brauchen die Leute?“ und schiebt ab, weil man glaubt, sie seien alle ablehnend. Meine persönliche Erfahrung zeigt jedoch: Jesus kann zu jedem Zeitpunkt im Leben eines Menschen kommen.
Die besten Momente dafür sind oft dann, wenn Menschen wirklich eine Not erleben und ihr ganzes Leben hinterfragen. Das ist häufig der Fall, wenn eine Diagnose gestellt wird oder wenn ein Angehöriger verloren geht. Wenn man am Grab seiner Eltern oder seines Partners steht oder aus dem Alltagstrott herausgerissen wird, taucht die Frage nach dem Sinn und dem Leben immer wieder auf.
Manche machen Gott schwere Vorwürfe, weil sie lange nicht an ihn geglaubt haben und nun sagen: „Gott, wie kannst du?“ Andere hingegen werden nachdenklich und fragen sich: „Gibt es vielleicht doch mehr?“
Ich glaube, diese prägnanten und wertvollen Momente sollte man nicht verpassen. Sie bieten die Chance, Menschen mit Hoffnung in Berührung zu bringen – einer Hoffnung, die für mich einen Namen trägt: Jesus.
Was sind die typischen Sehnsüchte und Bedürfnisse in Peru? Kann man dort gut mit dem Evangelium anknüpfen? Wir sagen immer, man muss verstehen, wie das Gegenüber „tickt“, was ihn bewegt, damit man mit dem Evangelium anknüpfen kann und nicht über die Köpfe hinwegredet. Wie erlebst du das dort?
Auch hier kann ich nicht generell für ganz Peru sprechen. Aber wir wohnen in einer Region, die zu einem Entwicklungsland gehört und eine der ärmsten Regionen ist. Wir leben mit Menschen, von denen viele nicht einmal Lebensmittelsicherheit haben. Siebenzig Prozent der Peruaner leben von der Hand in den Mund. Das heißt, sie stehen morgens auf, verkaufen irgendetwas und kaufen sich davon etwas zu essen. Die meisten sind nicht sozialversichert, es gibt kein soziales Netz.
Die Bedürfnisse sind dort ganz anders als bei uns, wenn man zu Hause alles hat und im Überfluss lebt. Das ist ein wichtiges Thema. Die Bedürfnispyramide gilt zwar weltweit, aber wenn man selbst die Grundbedürfnisse nach Sicherheit und Nahrung nicht gedeckt hat, dann hat man natürlich ganz andere Themen. Das wirkt sich auch darauf aus, wie man mit Menschen ins Gespräch kommt.
Was immer wieder ein Punkt ist: Menschen wollen verstehen, warum wir da sind. Ganz ehrlich, es ist eigentlich total absurd, dass du als Arzt mit einem guten sechsstelligen Einkommen in Deutschland eigentlich Millionär sein könntest, ein Luxusauto vor der Tür stehen hast und dich freiwillig entscheidest, mit ihnen zu leben. Früher hätte man gesagt, in der „dritten Welt“ zu leben – diesen Begriff gibt es ja heute nicht mehr –, aber jeder hat irgendwie ein Bild im Kopf von der ärmsten Region. Mit den Menschen dort zu leben, macht etwas mit einem.
Sie fragen dann: Warum seid ihr hier? Wie kann das sein, trotz all der Herausforderungen?
Eine der größten Herausforderungen für mich ist zum Beispiel das Wasser. Am Anfang fiel es mir schwer, mich daran zu gewöhnen. Wir haben zweimal am Tag eine Stunde Wasser. Wie? Sonst gibt es kein fließendes Wasser?
Genau, es gibt kein fließendes Wasser. Es gibt nur zweimal am Tag für jeweils eine Stunde Wasser. Dann geht jemand hoch zum Reservoir und dreht es auf. Für diese eine Stunde fließt Wasser in unserer Stadt. Wir haben wohl einen Wassertank in einem Haus, der sich füllen muss. Aber in der Trockenzeit reicht manchmal der Druck nicht aus oder es kommt kein Wasser. Dann stehst du da.
Wir haben immer noch Reservekanister, damit man zumindest Zähne putzen und das Geschirr spülen kann. Man muss kalkulieren, wie oft man die Waschmaschine anmachen kann oder wie oft man heute noch duschen darf. Es wird genau überlegt, wie viel Wasser noch im Tank ist oder man muss erst mal kontrollieren, ob im Tank noch Wasser ist, damit man sich duschen kann. Wenn nicht, muss man es auf morgen verschieben.
Das sind alles Dinge, an die man als Deutscher gar nicht denkt. Ich habe in meinem Leben noch nie den Wasserhahn aufgedreht und kein Wasser kam heraus. Das gibt es zwar, aber sehr selten.
Ja, das stimmt, das ist sehr selten.
Peru ist ein armes Land. Fast ein Viertel der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze, und die Kindersterblichkeit ist ebenfalls sehr hoch. Ihr arbeitet dort also unter den Ärmsten. Manche Missionsgesellschaften konzentrieren sich ganz auf ärztliche oder praktische Hilfe. Andere legen zusätzlich großen Wert darauf, das Evangelium zu predigen und unter die Menschen zu bringen.
Wie ist das bei euch? Du sagst ja, du bist Missionsarzt – also Missionar und Arzt zugleich. Wie sieht eure Mission dort aus, und wie setzt ihr sie um?
Ganz kurz zur Kindersterblichkeit in Peru, wenn ich das korrigieren darf: Sie ist seit Jahren massiv im Rückgang. Da hat sich wirklich viel getan. Das liegt unter anderem daran, dass Frauen inzwischen gezwungen werden – man muss es so sagen – in Kliniken zu entbinden. Sie dürfen nicht mehr draußen auf dem Feld oder in der Kommunität, also im Bergdorf, entbinden, sondern müssen in die nächste Stadt gehen.
Diese Maßnahme hat sowohl die Mutter- als auch die Kindersterblichkeit deutlich reduziert. Ebenso haben die staatlichen Impfprogramme großen Einfluss gehabt. Wenn ein Kind nicht in einer Klinik geboren wird, bekommt es keinen Personalausweis oder nur sehr schwer einen. Da hat sich also viel bewegt.
Nun zum Thema, wie wir Mission leben: Ich glaube, Jesus ist mir hier ein großes Vorbild. Wir kennen ja das Gleichnis mit dem König, das auf das Königreich Gottes bezogen wird. Jesus sagt: „Ich war nackt, ich war krank, ich war im Gefängnis, und ihr habt mich nicht besucht.“ Auf der anderen Seite sagt er: „Ihr habt mich besucht, ihr habt mich gekleidet.“
Ich bin fest überzeugt, dass unser Glaube immer in Taten sichtbar werden muss. Man kann viel erzählen, was man glaubt. Wenn es sich aber nicht in Taten zeigt, wird es einem am Ende niemand abnehmen. Jesus war das beste Beispiel dafür. Das Königreich Gottes hat Liebe in diese Welt gebracht und sie in Taten gezeigt. Am Ende hat er mit seinem Leben, mit dem Kreuz, die größte Liebestat erbracht.
Ich glaube, das sollte immer der Fokus sein. Dabei muss man aber aufpassen, nicht auf die falsche Seite zu fallen, denn nur Taten ohne Worte sind ebenfalls zeitlich begrenzt. Es ist großartig, einen Menschen medizinisch zu heilen und ihm zu helfen. Ich liebe das und freue mich jedes Mal, wenn ich einem Patienten helfen konnte und er wieder auf den Beinen ist.
Doch das ist immer nur temporär, denn wir alle verlassen irgendwann diese Welt. Darüber hinaus zu sagen, dass es mehr Hoffnung gibt als das, was ich jetzt für den Moment geben kann – das ist das Evangelium. Ich habe dir jetzt in deinem Leben geholfen, ich habe dir bei dieser Erkrankung geholfen, aber es gibt Hoffnung, die über dieses Hier und Jetzt hinausgeht.
Hier beginnt das Evangelium. Und da muss ich ganz ehrlich sagen: Meine Arbeit in Peru unterscheidet sich in diesem Punkt nicht wesentlich von meiner Arbeit in Deutschland. Ich bete für meine Patienten – in Deutschland habe ich für sie gebetet, und in Peru tue ich das ebenso.
Ich glaube, es gibt immer wieder solche Momente. Als Missionsarzt bin ich natürlich in erster Linie medizinisch unterwegs. Aber es gibt Momente, in denen Gott einem Patienten ein besonderes Highlight schenkt und Zeit für ihn nimmt. Das ist mir in Deutschland passiert, und das ist mir in Peru passiert. Diese Momente nutze ich in der Regel, um mit den Patienten das Evangelium zu teilen.
Als Institution verstehen wir uns als Gesamtwerk. Bei Diosbisciana haben wir das Krankenhaus, das sozusagen der erste Baustein ist. Der zweite Baustein ist unsere christliche Privatschule, die Diosbisciana Privatschule. Wir haben ein eigenes Medienzentrum mit einem 24/7-Radioprogramm. Über zwölf Sender im Süden Perus senden wir unser Radioprogramm.
Natürlich sind dort Predigten dabei. Aber es gibt auch viel Wissen: Es geht um Finanzen, Beziehungen und Gesundheit. Zum Beispiel gibt es ein ganzes Gesundheitsprogramm, in dem Ärzte sprechen, wie man ein gesundes Leben führen kann. Und natürlich spielt Musik eine große Rolle. So verbreiten wir das Evangelium.
Ich könnte dir aus allen Bereichen Geschichten der Hoffnung erzählen, in denen Menschen weit über natürliche Hoffnung hinaus auch Hoffnung im Glauben gefunden haben.
Außerdem veranstalten wir Jugendfestivals – dieses Jahr waren vier junge Leute dabei – und bieten Seelsorgeeinheiten an. Wir bauen gerade ein Freizeitheim, um eine Art Kurzbibelschule zu etablieren, in der Menschen mehr über das Evangelium erfahren können.
Ich sehe mich als einen kleinen Baustein in diesem Gesamtwerk. Manche sind mehr im Radio aktiv und predigen, andere etwa bei unseren morgendlichen Patientengottesdiensten. Jeden Morgen vor Arbeitsbeginn gibt es eine halbe Stunde Gottesdienst.
Im Laufe der Jahre haben über eine Million Menschen dort das Evangelium gehört.
Krass. Du hast vorhin schon ein bisschen über diesen geistlichen Grundwasser gesprochen. Er ist sehr katholisch geprägt, aber gemischt auch mit heidnischer Kultur, Religion und so weiter, wo jeder seinen eigenen Glauben bastelt. Ich will noch mal darauf zurückkommen.
In Deutschland merken wir, dass in der Evangelisation die persönliche Beziehung immer wichtiger wird. Die frontale Evangelisation rückt mehr in den Hintergrund. Das ist ja in verschiedenen Kulturen unterschiedlich. In Asien zum Beispiel sind die Menschen eher daran gewöhnt, von Autoritätspersonen angeleitet zu werden, etwas anzunehmen und so weiter, auch im Glauben.
Aber wie ist das in Peru? Ich muss einschränkend dazu sagen, dass ich als allererstes Arzt bin und kein Theologe. Ich habe zwar ein Fernstudium an einer Bibelschule gemacht, aber in Missiologie bin ich nicht der Experte. Trotzdem sehe ich schon immer, dass das Thema persönliche Beziehung für mich immer das A und O ist.
Peru ist genauso eher hierarchisch geführt, und die Bevölkerung ist sehr obrigkeitshörig. Von daher gibt es auch Evangelisationsveranstaltungen. Ich will das in keiner Weise in Frage stellen, ganz im Gegenteil. Trotzdem erlebe ich es auch bei uns im Ort so: Wenn Menschen eine wirkliche Lebenstransformation erlebt haben, ist oft eine persönliche Beziehung dahinter gewesen.
Es kann sein, dass ein Großevent – wie jetzt auch unser Jugendfestival – der Initialschuss war, bei dem man mit dem Glauben in Berührung kam oder eine neue Entscheidung getroffen hat, vielleicht auch zum ersten Mal. Aber wenn Jesus sagt: „Folge mir nach“, dann ist das ein lebenslanger Prozess und eben nicht nur eine einmalige Veranstaltung. So ein Event kann das Tor sein, aber es ersetzt keine Jüngerschaft.
Ich glaube, da ist oft auch das große Thema, dass man zwar vielleicht einmal durch die Tür geht und sagt: „Hier bin ich“, aber dass dann dahinter auch ein bisschen vernachlässigt wird, was es bedeutet, Nachfolger zu sein. Nachfolger bedeutet, Jesus nachzufolgen. Das heißt, ich renne nicht voraus, sondern gehe ihm hinterher und folge seinen Schritten.
Eine Entscheidung mit der Bekehrung ist wichtig, aber es ist ein Prozess.
Du hast gerade von Transformation gesprochen, von Lebenstransformation. Was genau meinst du damit?
Ich glaube, Jesus hat uns nie dazu aufgerufen, einfach nur in der Nachfolge zu stehen. Das höre ich immer wieder. Ich selbst stehe seit dreißig Jahren in der Nachfolge. Meiner Überzeugung nach hat Jesus uns vielmehr dazu aufgefordert, zu gehen.
Das ist ein lebenslanger Prozess, ein absolut lebenslanger Prozess. Selbst nach dreißig Jahren in der Nachfolge bist du immer noch dabei, mit ihm neue Dinge zu entdecken und einen Charakter zu entwickeln, der heiliger wird.
Ist Mission ein Thema bei den Christen in Peru, oder sind sie durch die schwierigen Lebensumstände eher mit sich selbst beschäftigt? Nein, das ist tatsächlich ein Thema.
Ich erlebe das vor allem im evangelikalen Bereich. Gerade die Ärmsten der Armen haben oft ein sehr, sehr missionarisches Herz. Da fallen mir einige Beispiele ein. Manchmal frage ich mich sogar, ob sie nicht die besseren Missionare sind, weil sie die Kultur besser verstehen und dieses Anliegen tief verinnerlicht haben.
Mein primäres Ziel – jetzt wird oft gefragt, warum ich als Missionsarzt losgezogen bin – war es nie, Menschen direkt zu missionieren. Also nicht nach dem Motto: „Du musst dich bekehren, sonst…“ Ganz im Gegenteil, es ging mir um den Beziehungsgedanken. Für mich ist es wichtig, ein Baustein zu sein. Paulus sagt ja, einer sät, der andere gießt, und dann darf einer ernten. Wenn ich da irgendwo in dieser Kette mitwirken darf, ist das für mich okay. Wenn dann der Pastor aus Peru derjenige ist, der erntet, ist das umso besser.
Hat deine Arbeit als Missionsarzt dein Verständnis von Mission und Evangelisation verändert? Unbedingt, ja.
Inwiefern?
Das ist jetzt ein bisschen peinlich. Ich bin ganz ehrlich: Ich hatte früher ein sehr schlechtes Bild von Missionaren. Das war auch kulturell in Deutschland geprägt. Missionaren wird oft viel Schuld zugeschrieben für das, was schiefgelaufen ist. Der ganze Kolonialismus wird immer wieder kritisiert. Man sagt, sie kommen in andere Länder und zwingen ihre Kultur auf. Das gibt es auch, keine Frage.
Trotzdem gibt es so viele positive Veränderungen durch Missionare, über die man kaum hört. Wie christliche Ethik die Welt auch humaner gemacht hat, darf man nicht kleinreden. In Regionen, wo früher Kinderopfer üblich waren, haben christliche Missionare das Evangelium gebracht und über Jahrhunderte Menschenleben gerettet. Menschen sind in die Mission gegangen, um anderen zu dienen. Missionshospitäler sind entstanden, Medizin wurde angeboten, und Bildung wurde ein großes Thema.
Dieses Narrativ, dass Missionare nur zerstören, teile ich nicht. Trotzdem wird einem das immer wieder vor die Füße geworfen.
Haben wir jetzt einen Moment aufgeräumt? Unbedingt.
Es ist natürlich, wie du vorhin gesagt hast: Ich bin jemand, der viel arbeitet. In Deutschland habe ich oft siebzig Stunden oder mehr pro Woche als Arzt gearbeitet. Wenn ich einen Missionar am Freitagmittag erreichen wollte, war der oft nicht erreichbar. Ich dachte dann: „Vollgas oder was ist los?“ Das sind viele Vorurteile, die man selbst hegt.
Seit ich selbst näher dran bin, ist mir klar geworden, dass Mission mehr ist als ein 9-to-5-Job. Es braucht Hingabe. Und ganz ehrlich: Wer ist denn wirklich bereit dazu?
Ich kann mal direkt fragen: Wer wäre bereit, wenn Jesus ruft, alles aufzugeben? Nicht nur, um nach Südamerika oder Afrika zu gehen, sondern auch, um irgendwo im Ruhrpott in einem Problemviertel zu leben oder ein Gemeindegründungsprojekt zu starten? Dort zu sein, wo die Not am größten ist, und mit seinen Fähigkeiten dieser Not zu begegnen? Wer wäre bereit, diesen Luxus hinter sich zu lassen – die schöne Wohnung mitten in Stuttgart oder wo auch immer, wo man gut lebt?
Ich glaube, Jesus hat nichts dagegen.
Allein dieser Kulturunterschied macht schon viel aus. Das hat mir geholfen, ein Herz für Missionare zu bekommen. Ich denke: „Ey, krass! Allein die Tatsache, dass du gehst, finde ich schon beeindruckend. Du hast meinen Respekt.“
Nicht jeder ist gleich. Du bist wirklich jemand, der 70 Stunden arbeitet, kein Problem. Nicht jeder ist so belastbar, und das ist auch nicht der Maßstab für alle. Jeder hat sein eigenes Tempo.
Das Wichtigste ist sicherlich das Losgehen, das Machen, sich gebrauchen lassen, in der Nachfolge gehen und nicht stehenbleiben.
Reden wir noch ein bisschen über deine Mission: Lebe deine Mission, Benjamin. Du bist Autor, Blogger, Podcaster – nicht nur Missionsarzt. Bei dir fällt immer wieder das Stichwort „Lebe deine Mission“. Wenn man deinen Podcast hört, den du machst – du machst sogar mehr als einen. Wir verlinken die Podcasts auf jeden Fall in der Beschreibung.
Vor einigen Jahren, mitten in der Pandemie, habe ich den „Missionsarzt Podcast“ gestartet. Das war die Initialzündung. Ich habe angefangen, von dem zu erzählen, was ich in der Mission erlebe. Ich dachte, vielleicht interessiert das jemanden. Und es hat sich gut entwickelt. Wobei ich dazu sagen muss, dass ich die Statistiken nie ernst genommen habe. Manchmal ist es auch ein bisschen Therapie, wenn man sagen darf, was man so erlebt hat.
Später habe ich das Format ein wenig geändert. Meine Frau ist dazugekommen, und das ist ganz toll. Wir setzen uns einmal in der Woche zusammen – samstags, ganz typisch – mit einer Kaffeetasse. Wir haben so ein kleines Zimmer nebenan, da stehen zwei Mikrofone. Dann drücken wir den Aufnahmeknopf und erzählen uns gegenseitig, was wir diese Woche erlebt haben. Kuriositäten, Patientenfälle, Geschichten aus der Schule oder dem Alltag. Das kann manchmal frustrierend sein, manchmal auch richtig überraschend. Aber es macht auf jeden Fall Spaß.
Wir nehmen das etwa eine Stunde auf, laden es hoch, und inzwischen haben es viele Zehntausende gehört. Manchmal ist das auch erschreckend, weil wir jetzt durch Deutschland reisen und Leute zu mir kommen, die mir Geschichten aus meinem Leben erzählen. Sie fragen: „Wie ist das damals ausgegangen?“ Das ist schon Jahre her. Wir haben jetzt ungefähr die 180. oder 190. Folge, und ich denke dann manchmal: „Ach gut, ich weiß gar nicht mehr, was ich damals erzählt habe.“ Denn es war wirklich tagesaktuell, und man merkt sich ja nicht alles.
Manchmal höre ich mir auch meine eigene Folge an. Vor einer Weile habe ich tatsächlich ein neues Format gestartet. Ich dachte: „Mensch, wir haben hier alles an Equipment, hier sind Leute um uns herum – Missionare mit unglaublichen Berufungs- oder Lebensgeschichten – und keiner redet darüber.“ Es passiert mir also, dass ich jahrelang mit Leuten zusammenarbeite, aber eigentlich gar nicht weiß, wo sie herkommen.
Dann habe ich angefangen, sie einzuladen, und habe ein zweites Format gestartet: „Lebe deine Mission“. Dort hört man einfach, wie Menschen in die Mission gerufen wurden oder warum sie in die Mission gegangen sind. Das sind so die zwei Hauptformate von uns.
Was meinst du denn mit „Lebe deine Mission“? Nun, „Lebe deine Mission“ bedeutet zunächst, dass dir klar ist, dass es einen Zweck für dein Leben gibt, dass es eine Mission in deinem Leben gibt und dass du kein Zufallsprodukt bist.
Es ist unfassbar, wie viele Menschen Lügen über sich selbst und über Gott glauben. Auch haben viele eine falsche Vorstellung davon, was Gott über sie denkt. Ich bin mir ganz sicher: Egal, was deine Eltern dir erzählt haben, du bist kein Zufall, du bist kein Unfall, du bist nicht ungewollt oder sonst irgendetwas Negatives.
Was immer du glaubst, der Schöpfer des Universums hat ein Ja für dich. Das ist der einzige Grund, warum es dich gibt. Er wollte dich hier haben – für diesen Moment, für diese Zeit. Das ist überhaupt kein Zufall. Er hat eine Mission für dein Leben, und deswegen bist du da.
Aber was ist Mission? Wie definierst du das in diesem Kontext?
Jesus Nachfolge ist meine persönliche Mission. Jesus nachzufolgen, Salz und Licht in dieser Welt zu sein und das, was ich von ihm lerne, ganz praktisch mit anderen zu teilen – das ist für mich Mission.
Ich weiß, viele sagen, Mission hat ja etwas mit Sendung zu tun, und Sendung bedeutet, von hier weg irgendwo hin. Ich sehe das anders: Meine eigentliche Heimat ist der Himmel. Wir sind gesandt, hier auf dieser Welt das Königreich Gottes unter die Leute zu bringen. Und das ist meine Mission.
Diese Mission kann daheim bei dir sein, in Deutschland, in deiner Nachbarschaft oder an deinem Arbeitsplatz. Sie kann aber auch irgendwo am Ende der Welt sein.
Zum Missionsbefehl aus Matthäus 28 hast du mal gesagt, der Missionsbefehl Jesu ist keine Bitte. Absolut.
Wie hängt deiner Ansicht nach die persönliche Mission eines jeden Einzelnen mit dem Missionsbefehl zusammen?
Nun, ich glaube, dass der Missionsbefehl für jeden von uns gilt, wenn wir Jesus nachfolgen. Wenn mir jemand sagt, er habe keinen Ruf, dann kann ich nur antworten, dass er sich nicht genug mit der Frage beschäftigt hat.
Lest mal nach. Lest die Bibel. Genau das ist meine absolute Empfehlung – übrigens auch mein Lieblingsbuch. Nimm es in die Hand. Es sind tausend Seiten, die dein Leben verändern werden. Und es gibt es auch in deiner Sprache. Dieses Buch zu lesen, daran kommst du erst mal nicht vorbei.
Es gibt diesen generellen Missionsbefehl für uns alle. Und dieser muss, wie ich vorhin schon gesagt habe, in Taten sichtbar werden. Das ist der eine Teil.
Dann glaube ich, dass es immer auch Spezialaufträge gibt. Ich will jetzt nicht sagen, dass du ein Agent Gottes wirst. Aber es gab auch Agenten Gottes, die damals hinter dem eisernen Vorhang Bibeln geschmuggelt haben – Bruder Andrew und andere.
Vielleicht gibt es auch den einen oder anderen, der als Spezialagent ins Ausland geschickt wird oder sonst irgendwo hin. Aber trotzdem: Auch wenn du jetzt nicht das Gefühl hast, einen speziellen Ruf für etwas zu haben, glaube ich – und das ist auch mein Ansatz in meinem Buch –, dass du erst mal herausfinden solltest, was deine Stärken sind.
Denn ich glaube, dass deine Stärken kein Zufall sind. Du hast ein individuelles Stärkenprofil, das dir dein Schöpfer mitgegeben hat.
Wenn ich dich jetzt, Christian, frage, was die Stärke deines Sohnes ist, fällt dir das wahrscheinlich schneller ein, als wenn ich dich frage, was deine persönliche Stärke ist und was du am besten kannst. Andere Menschen können mir oft ganz genau sagen, was die Stärken deines Sohnes sind.
Das liegt daran, dass wir unser ganzes Leben mit diesen Stärken leben und oft gar nicht realisieren, dass es eine Stärke ist. Stattdessen denken wir: „Na ja, das kann doch jeder so gut.“
Das begegnet mir manchmal, wenn Leute sagen: „Er kann doch jeder malen.“ Und ich denke mir nur: „Hast du mal gesehen, wie ich versuche, ein Pferd zu malen?“
Diese Stärke ist dein Glaube, dein Geschenk von Gott für dich. Deine Stärken sind Gottes Zugabe zu deiner Aufgabe.
Ja, es gibt Schwachheiten, die du hast. Und manchmal gibt es Spezialaufträge, bei denen Gott diese Schwächen ausgleicht. Gerade, wie Paulus sagt: „In meiner Schwachheit werde ich stark.“ Diese Momente gibt es.
Aber grundsätzlich darfst du erst mal davon ausgehen, dass deine Stärken Gottes Zugabe für deine Aufgabe sind und dass du damit einer Not begegnest.
Sehr cool. Mission und Berufung – ist das das Gleiche?
Naja, du bist echt spitzfindig, oder? Ich glaube, Berufung ist ... Um dir da eine qualifizierte Aussage zu machen, müsste ich wirklich eine Weile darüber nachdenken. Ich weiß, dass Mission und Vision nicht dasselbe sind. Ich meine das nur im Kontext, weil wir ja gerade darüber gesprochen haben: Lebe deine Mission. Du sagst, die Nachfolge bedeutet, hinter Jesus herzugehen, nicht nur stehenzubleiben oder sich in der Nachfolge zu stellen, sondern wirklich zu gehen. Das ist für jeden Christen seine Mission – seinen Glauben zu teilen, dort wo Gott ihn hingestellt hat, und zu gehen.
Berufung – am Anfang haben wir darüber gesprochen: Ihr seid berufen worden. Da war dir das völlig klar. Ich werde Arzt, das war klar. Oder ich gehe in die Mission nach Peru, in dieses Missionskrankenhaus. Aber du bist oft Christen begegnet, die sich das wünschen, aber diesen klaren Ruf oder diese klare Berufung nicht haben. Was sagst du denen dann? Und wo ist der Unterschied zwischen Mission und Berufung?
Also, ich glaube, dass jeder eine Mission hat. Jeder hat Mission. Und übrigens glaube ich auch, dass jeder berufen ist, denn diese Berufung beginnt ja mit der Nachfolge. Jesus ruft dich in die Nachfolge. Diesen Berufungsbegriff würde ich nicht an einen Ruf ins Ausland festmachen. Ja, das war für mich eine Berufung in ein neues Kapitel. Aber diese Berufung für die Nachfolger hast du, wenn du Jesus nachfolgst.
Insofern wünschen sich Leute gerne so einen speziellen Ruf, um absolute Klarheit zu haben. Aber ich glaube, es ist viel wichtiger, dass man sich nicht so sehr auf den Ruf konzentriert, sondern auf die Nachfolge. Jesus holt dich aus der größten Sünde, aber er wird dich nicht aus deinem Sessel holen – da musst du schon selbst aufstehen. Mal aufzustehen und zu sagen: Okay, ich gehe jetzt Jesus nach, ich folge dir, und ich lasse mich von dir leiten.
Sehr gut, ja.
Was hält uns davon ab, eben diese Mission auch wirklich zu leben, und was können wir dagegen tun? Du hast gerade ein schönes Bild vor Augen gemalt, wie wir im Sessel sitzen. Du selbst hast ja auch dein Leben gelebt, und Gott hat irgendwie klar reingesprochen. Dann war dir das auf einmal klar, obwohl du nie vorhatest, Arzt zu werden oder in die Mission zu gehen.
Wie hilfst du konkret Menschen dabei, ihre Mission zu finden und zu leben? Du hast ein Buch darüber geschrieben und machst einen Podcast dazu. Erzähl uns ein bisschen davon.
Also, dieser Podcast ist für mich zum einen Inspiration, und ich möchte damit auch andere inspirieren. Ich glaube, dass gerade in diesen Geschichten ein Blick liegt, in dem sich unterschiedliche Menschen wiederfinden können. Wiederfinden heißt: Gott hat dich gebraucht, dann kann er mich auch gebrauchen. Denn es sind ganz unterschiedliche Lebenssituationen, ganz unterschiedliche Berufungen und manchmal auch einfach nur Bereitschaften zu gehen und zu sagen: „Okay, Gott, ich probiere es mal.“
Was hält uns ab, die Mission zu leben? Eines der ganz großen Themen, die mir hier im Land begegnen, vor allem in der jungen Generation, ist das Thema Angst. Angst davor, Kontrolle zu verlieren, Angst davor, was die anderen denken, Angst davor, eine falsche Entscheidung zu treffen – auch manche Ängste, die nachvollziehbar sind.
Angst ist eines der ganz großen Themen. Themen wie Faulheit begegnen mir gar nicht so häufig. Wenn ich das ranken müsste, wäre es mit Sicherheit das ganz große Thema Angst.
Ja, und die Sorge: Wie wird das? Kann ich das? Habe ich die nötige Kraft dazu? Was, wenn es mich überfordert? Wie stehe ich dann da, wenn ich wieder zurück muss? Oder Menschenfurcht – das ist, glaube ich, eines der ganz großen Killer.
Ich sage mal ganz persönlich: Das wäre jetzt nicht so, dass ich das nicht auch kenne. Natürlich, Angst ist immer da. Angst hat am Ende auch etwas Gutes, muss man dazu sagen. Es gibt eine Angst, die dich davor bewahrt, Dummheiten zu machen.
Wenn du Angst hast, blind über eine mehrspurige Autobahn zu laufen, dann ist das erst mal eine gute Angst, weil das schiefgehen würde. Aber wenn du Angst hast, mit deinem Auto über eine Brücke zu fahren, die schon jahrelang hält, dann kann das etwas Destruktives, Zerstörerisches sein. Es kann dich abhalten und dein Leben schwer machen.
Das zu unterscheiden, was nur eine gefühlte Angst ist und was eine reale Bedrohung, ist schon wichtig. Trotzdem sehe ich, dass diese gefühlte Angst oft überall präsent ist und Leute einfach blockiert.
Aber was sagst du solchen Leuten? Was ist der konkrete Tipp, der Rat?
Der konkrete Tipp ist am Ende: Wenn du auf dem Wasser gehen willst, musst du aus dem Boot aussteigen. Das geht nicht anders. Du kannst nicht im Boot sitzen bleiben und mit Jesus auf den Wellen gehen und darüber philosophieren, wie es denn wäre, wenn – sondern du musst machen.
Absolut, absolut. Und dann sehen, dass der Glaube trägt, nicht das Wasser. Der Glaube trägt.
Ja, sehr gut.
Benjamin, was sind deine Learnings aus dem Umgang mit der neuen Kultur, der du in Peru begegnet bist? Was können unsere Hörer auf ihre Beziehung mit Andersgläubigen hier in Deutschland, im deutschsprachigen Raum, in ihrem Umfeld anwenden?
Das Erste, was ich gelernt habe, hat zunächst gar nichts mit Peru zu tun, sondern mit unserem Missionswerk und unserer Arbeit. Wir sind ein überkonfessionelles Werk. Wir sind ein ganz bunter Haufen von Christen, von Jesusnachfolgern, die Jesus im Zentrum ihres Lebens haben und in anderen theologischen Fragen weit auseinanderliegen. Trotzdem verfolgen wir die gleiche Mission.
Ich finde das eine absolute Bereicherung, weil ich glaube, dass der Blumenstrauß dadurch nur bunter wird. Das ist das Erste, was ich gelernt habe und auch anderen wirklich sagen würde: Schau unbedingt über die eigene Gemeindegrenze, über die eigene Denominationsgrenze hinaus. Finde deine Brüder und Schwestern in deiner Stadt, die Jesusnachfolger sind, die gemeinsam mit dir dort sind, wo du bist, und arbeitet gemeinsam an einem Werk. Es gibt einen Leib, es gibt eine Braut, wir bauen nicht an verschiedenen Baustellen. Das ist ein Werk, und es ist ein Geist – und das ist einfach so. Das wäre das Erste.
Was jetzt die Kultur angeht: Ich schätze ganz viel in der peruanischen Kultur. Manchmal denkt man sich, es ist krass, das Leben auch aus einer lockereren Perspektive zu sehen und nicht immer im Worst-Case-Szenario zu denken. Das kann man wirklich lernen.
Ihr seid jetzt fast fünf Jahre hier, mit zwischendurch auch mal Heimaturlaub. Wie nimmst du das in Deutschland wahr? Gibt es Veränderungen, ganz besonders auch unter Christen?
Die Reisen durch Deutschland sind eher Heimatdienste, das hat meistens gar nichts mit Urlaub zu tun. Ich merke einen Unterschied. Natürlich verändert sich ein Land, eine Gesellschaft verändert sich, man selbst verändert sich auch. Das ist nicht unbedingt alles schlecht, ganz im Gegenteil. Ich könnte sehr viele positive Aspekte nennen, aber darauf will ich jetzt gerade nicht eingehen.
Eine Sache, die mir sofort aufgefallen ist, als ich zurück nach Deutschland kam, sind im Wesentlichen zwei Dinge. Das Erste ist, dass es von allem zu viel gibt. Von allem zu viel! Wir leben in einer Region, wo der größte Supermarkt ungefähr die Größe einer halben Schlecker-Filiale hat und ein völlig überschaubares Sortiment. (Schlecker gibt es übrigens nicht mehr – Pleite.) Wenn ich hier von Schlecker spreche, meine ich so eine kleine Drogerie.
Wenn ich in Cusco in den größten Supermarkt gehe, dann hat der eine Größe wie ein Rewe, aber ein Sortiment wie ein Aldi. Viele Produkte sind auch mal in Litergrößen. Dieses Gefühl, ins Kaufland zu gehen und diesen Überfluss zu sehen, überfordert mich manchmal.
Mir ist etwas passiert, als ich das erzählt habe: Ich komme zurück aus Peru, gehe zum Edeka und will mir solche Würstchen kaufen – du weißt schon, Trockenfleisch, Landjäger oder so. Ich gehe zum Edeka rein, sehe das Regal und denke: „Ideal, da bin ich schon.“ Aber das ganze Regal war Hundefutter. Das war gar nicht für Menschen gedacht. Es waren genau diese abgepackten Würstchen, sogar eine Fleischtheke mit gekühltem Fleisch für Hunde. Da bin ich nicht zurechtgekommen. Ich habe dann irgendwo anders mein Produkt gesucht.
Das Zweite, was ich merke, ist, dass ich das Empfinden habe, dass die Aggression zunimmt. Ich komme zurück und begegne immer wieder Aggression, einer aggressiven Grundspannung, die ich so vorher nicht wahrgenommen habe. Ich weiß nicht, ob es nur ein Gefühl ist. Es kann auch sein, dass man die Vergangenheit idealisiert. Das passiert ja immer. Da möchte ich meinen eigenen Bias gar nicht ausschließen.
Aber trotzdem: Plötzlich rastet jemand an der Kasse aus, weil die Wartezeit zu lang ist, und macht vor allem die Kassiererin runter. Das kannte ich so nicht. Vielleicht ist das auch verstärkt durch die Art und Weise, wie wir kommunizieren, vor allem online, in Social Media. Dort ist die Hemmschwelle viel niedriger, und man begegnet viel mehr Aggression. Das prägt einen wahrscheinlich, und das findet sich dann auch in der realen Welt wieder.
Das könnte sein. Ich kann mir auch noch etwas anderes vorstellen, was ich merke: Als wir vor fünf Jahren gegangen sind, habe ich bei weitem nicht so viele Menschen erlebt und gehört, die existenzielle Nöte haben. Ich glaube tatsächlich, dass inzwischen berechtigte existenzielle Nöte da sind: Menschen blicken nicht mehr so zuversichtlich in die Zukunft, wissen nicht, wie es wirtschaftlich weitergeht oder ob sie sich den Einkauf noch leisten können.
Dann kommt mir manchmal dieser Gedanke: „Du müsstest mal nach Peru, dann wüsstest du, was wirklich Armut ist.“ Ich finde das total arrogant, deswegen spreche ich es auch nicht aus. Ich sage: Not wird immer individuell wahrgenommen. Ich kann total nachvollziehen, wenn es dir vor fünf Jahren besser ging und dein finanzieller Status dein Leben einfacher ermöglicht hat als heute. Dann verstehe ich, dass es für dich eine reale Bedrohung und eine reale Not ist – auch wenn das so weit weg ist von der Welt, in der ich eigentlich lebe.
Ob das alles gesund ist, dieser Massenkonsum, den wir all die Jahre vorangetrieben und erlebt haben, weiß ich nicht. Vielleicht kommt da auch ein Stück weit eine gesunde Korrektur. Ich will das aber nicht kleinreden, weil ich sehe, dass Menschen wirklich Not haben.
Was würdest du einem Christen hier sagen? Das war ja eigentlich meine ursprüngliche Frage: Was sind die Learnings, die du mitnimmst, gerade im Umgang mit Andersgläubigen?
Ich würde als Erstes die Frage an die Gläubigen stellen: Wenn du in deine Straße schaust, in deine Nachbarschaft, auf deinen Arbeitsplatz und davon ausgehst, dass da überall Menschen mit Not sind – wie viel Not kennst du? Ich erlebe immer wieder, dass Menschen in Gemeinden so eingebunden sind, dass sie im Gemeindealltag wirklich tiefgläubige Menschen sind, aber den Kontakt zu vielen Ungläubigen komplett verloren haben.
Da würde ich wirklich ans Herz legen: Du kannst nur einer Not begegnen, die du auch kennst. Habe ein offenes Ohr und offene Augen für die Menschen um dich herum, wenn du unterwegs bist.
Als Jesus an dem Jakobsbrunnen dieser Frau begegnet, hatte Er einen Einblick in ihr Leben auf eine ganz übernatürliche Weise. Jesus kannte die Frau nicht und sagte: „Geh und hol deinen Mann!“ Sie antwortete: „Ich habe keinen.“ Jesus sagte: „Richtig, du hattest schon fünf, und der, den du jetzt hast, ist auch nicht deiner.“ Woher hatte Er diese Information?
Jesus sagte: „Ihr werdet die gleichen Werke tun, die ich getan habe, sogar größere Werke.“ Ich glaube, dass wir den Heiligen Geist als Gläubige bekommen haben, um eine Not wahrzunehmen. Es kann passieren, dass deine Augen verschlossen sind und du vor der Not stehst, sie aber nicht siehst.
Aber dieses Gebet und diese Bereitschaft, zu sagen: „Gott, bitte öffne meine Augen dafür, dass ich sehe, höre, wahrnehme und fühle, wo die Not des Anderen ist, um ihr zu begegnen,“ das ist entscheidend.
Sehr gut. Benjamin, hast du noch etwas, das du sagen möchtest? Auch du – wir haben schon viel geredet. Eigentlich hast du eben angedeutet, dass du viele Geschichten erzählen könntest, aber du hast keine einzige richtige Geschichte erzählt.
Ich könnte viele Geschichten erzählen, und natürlich auch viele aus Peru. Aber ich denke, viele können damit gar nichts anfangen, weil Mission in Peru so weit weg ist. Deshalb erzähle ich lieber eine Geschichte aus Deutschland.
Ich hatte ein Erlebnis, das für mich wirklich eindrücklich war – eine von vielen Begegnungen mit Patienten. Ich habe als Arzt in einer Praxis gearbeitet. Wir waren fünf Urologen, eine große Praxis, gut organisiert, mit vielen, vielen Patienten. Jeden Tag kamen sie im Minuten-Takt.
In der Mittagspause bin ich immer in die Klinik gefahren und habe dort einen Konsiliardienst gemacht. Das heißt, wenn eine Klinik keinen Urologen hat und ein urologisches Problem vorliegt, rufen sie Partnerpraxen an. Diese Arbeit habe ich übernommen.
So bin ich in das Hospiz gekommen. Dort war ein älterer Herr, der wirklich in der Endphase war – er hatte Probleme mit seinem Katheter, und das war wieder so ein Moment. Ich hatte eigentlich keine Zeit. Oftmals begegnet mir, dass Gott genau in solchen Momenten, wenn man keine Zeit hat, dich herausfordert und sagt: „Nimm dir Zeit für ihn.“
Ich wusste im Hinterkopf: Meine Praxis läuft voll, das Mittagsprogramm geht weiter, die Leute kommen, und wenn ich zurückkomme, werde ich Ärger haben, weil meine Patienten warten mussten. Die Krankenschwester oder die Arzthelferin werden das abbekommen, sie sind schlecht gelaunt und so weiter.
Aber ich saß jetzt hier im Hospiz bei einem Mann, der im Sterben lag. Er erzählte mir, dass er gar nicht aus unserer Region kam, sondern aus Ostdeutschland. Während ich da saß, begann er, aus seinem Leben zu erzählen. Er sagte: „Weißt du, bei uns in der Nachbarschaft gab es gläubige Leute. Die sind bei Wind und Wetter in die Gemeinde gefahren, im Nachbarort, damals noch vor der Wende.“
Er erzählte weiter: „Wir haben uns immer das Maul zerrissen über die, wir haben uns immer lustig gemacht über die Frommen.“ Und dann, als der Moment kam, wo es ihm so schlecht ging, hat niemand an ihn gedacht – aber sie haben sich gemeldet.
Das hat ihn so berührt und bewegt, dass jemand seine Not wahrgenommen hat und ihn nicht wie eine heiße Kartoffel fallen ließ in dem Moment, in dem er bedürftig war.
Ich hatte das Privileg, an diesem Nachmittag mit ihm ein Gebet zu sprechen und ihn zu Jesus zu führen. Das war für mich ein sehr eindrückliches Erlebnis. Ich dachte, ich habe eigentlich gar nichts mit dieser Geschichte zu tun, und trotzdem nimmt Gott sich Zeit für ihn.
Als ich zwei Tage später wiederkam – ich wollte einfach nur schauen, wie es ihm geht – oder ein paar Tage später, ich will keine falschen Zahlen sagen, ein paar Tage später war ich da, und er war verstorben. Es war die letzte Chance.
Es war so ein Moment, in dem ich dachte: Krass, da ist so viel passiert, auch in seinem Herzen, über Jahrzehnte. Über Jahrzehnte ist er von sich aus zum Glauben gekommen und hat Hilfe gesucht. Ich durfte in diesem Moment einfach da sein. Ursprünglich habe ich eigentlich gar nichts getan – keine Arbeit im klassischen Sinne –, aber ich dachte mir: Krass, ich muss das diesen Leuten erzählen.
Ich habe die Nummer der Nachbarn herausgefunden, sie in Ostdeutschland angerufen und gesagt: „Ich habe die Nummer von dem und dem. Ich war der Arzt an seinem Sterbebett und möchte Ihnen nur sagen, was er mir über Sie erzählt hat.“
Das war cool und ermutigend.
Benjamin, welches Buch kannst du unseren Hörern empfehlen?
Also, "Lebe deine Mission, finde deine Mission" – natürlich ist der Originaltitel auf Englisch "Find Your Mission". Es ist ein deutsches Buch, das es auch auf Englisch und Spanisch gibt. Jeder Mensch hat eine Mission, die nur er erfüllen kann. Es ist zwar nicht der Weisheit letzter Schluss, aber es fasst zusammen, was ich glaube. Es gibt einige Anstöße dazu, wie man seine Mission leben kann und wie man sie auch verpassen kann. Am Ende nimmt das Buch eine ganz interessante Wendung, aber darüber verrate ich nicht mehr.
Es gibt auch ein Arbeitsheft dazu.
Echt? Als Kurs oder was? Oder als Workbook?
Genau, als Workbook zu den einzelnen Kapiteln.
Ja, sehr cool. Wir verlinken es euch auf jeden Fall in den Beschreibungen.
Ich habe schon so viele Bücher gelesen und gehört. Typischerweise höre ich meine Bücher und schreibe mir dabei Notizen und Zusammenfassungen. Es gibt wirklich tolle Bücher. Aber wenn du einen Buchtipp willst, ein Buch, das dein Leben verändern wird, dann ist es das Wort Gottes – tausend Seiten Gottes Wort. Er hat Lieder für dich geschrieben.
Absolut, als erstes Buch.
Ja, es ist so: Deine größte Herausforderung, wenn es darum geht, Gottes Mission für dein Leben auszuleben, ist es, Dinge nicht selbst in die Hand zu nehmen.
Das musst du ein bisschen erklären.
Dinge selbst in die Hand nehmen – also nicht Gott wirken lassen, sondern alles selber machen. Was meinst du damit? Erzähl uns das ein bisschen.
Naja, es gibt Momente, in denen man denkt, Gott kommt zu spät. Jemand hat mal gesagt: "Gott kommt spät, aber spätestens rechtzeitig." Diese Spannung auszuhalten, nicht auf die eigene Kraft zu setzen und nicht immer zu denken: "Irgendwie kriege ich das schon selber geregelt", sondern wirklich zu kapitulieren und zu sagen: "Gott, wir brauchen dich jetzt."
Davon könnte ich eine ganze Podcast-Folge mit dir aufnehmen – nur Geschichten, in denen ich genau das erlebt habe. Momente, in denen ich an der Kante stand und wusste: Wenn Gott nicht eingreift, haben wir ein ernsthaftes Problem. Und dann Gott zu vertrauen, dass er das Wunder tut. Denn am Ende ist es ja nicht deine Geschichte, es ist nicht dein Wunder. Sondern sei still, harre aus und warte – ich tue es für dich.
Gerade wenn man ein Macher ist und gerne Dinge selbst erledigt, ist das, glaube ich, die größte Herausforderung.
Welchen Tipp hast du für unsere Podcast-Hörer, was sie gleich diese Woche noch umsetzen können – für die Alltagsmission?
Ich glaube, es beginnt morgens mit diesem Gebet: "Lass mich heute hören, was du hörst, lass mich sehen, was du siehst. Lass mich heute Hand, Ohr, Auge und Mund für dich sein." Fang ganz konkret damit an.
Und dann mit dieser neuen Perspektive durchs Leben zu gehen und zu schauen: Wo ist eine Not? Wo kann ich begegnen?
Benjamin, vielen herzlichen Dank für die Einblicke in dein Leben, deine Mission und Berufung. Du hast es echt nähergebracht, in der Nachfolge zu gehen und nicht nur in der Nachfolge zu stehen – unterwegs zu sein mit unserem Herrn Jesus.
Sehr beeindruckend, deine Geschichte auch.
Ja, ich wünsche dir Gottes Segen, auch für deine Familie und deine Frau. Liebe Grüße unbekannterweise.
Ich freue mich auf eine nächste Folge irgendwann mal.
Ihr seid noch wie lange hier in Deutschland?
Bis zum fünften Dezember.
Ah, sehr gut.
Ja, für euch geht unbedingt auf heukebach.org und abonniert unseren Newsletter, falls noch nicht geschehen. Den Link dazu findest du auch in der Beschreibung hier im Podcast. Dort bekommst du Gedankenanstöße und Ideen zum Thema Alltagsmission. Außerdem findest du Zeugnisse von anderen aus der Community, die Alltagsmission leben und Erfahrungen gemacht haben. Sie berichten, wie sie von Gott in Situationen geführt wurden, um einen richtigen Blick für den Nächsten zu haben, um der Not zu begegnen, zuzuhören, ein offenes Ohr zu haben und etwas von der Liebe Gottes weiterzugeben.
Ja, danke fürs Zuhören. Ich sage Tschüss, bis zum nächsten Mal.