Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!
Vorgestern berichteten verschiedene Presseorgane, dass Franz Beckenbauer mitten im Trubel der Weltmeisterschaft geheiratet habe. Der Helikopter besuchte fast alle Spiele, und trotzdem fand er einen Zeitpunkt, um seiner Lebensgefährtin Heidi Burmester zwischendurch das Ja-Wort zu geben.
„Wir wollten wirklich jeglichen Rummel vermeiden“, sagte Beckenbauer und seine neue Frau. „Wir sind einfach nur glücklich.“
Dann veröffentlichten die Agenturen einige Schlaglichter zur Biografie des inzwischen sechzigjährigen Beckenbauers: Er war bereits zweimal verheiratet, seine jetzige Frau ist die dritte. Er hatte zuvor drei Söhne. Vor vier Jahren verließ er seine zweite Frau Sibylle. Davor war er mit seiner ersten Frau Brigitte verheiratet, aus dieser Ehe gingen zwei Söhne hervor. Außerdem hatte er einen unehelichen Adoptivsohn namens Thomas. Mit seiner neuen Frau hat er ebenfalls schon zwei Kinder, die seit vorgestern auch seinen Namen tragen.
Das alles wurde groß berichtet und fröhlich aufgenommen. Der Journalist Waldemar Hartmann sagte dann ganz unbeschwert in einer Fernsehsendung: „Franz, willkommen im Club der zum Dreimal-Verheirateten.“ Wahrscheinlich wandte er das auch auf sich selbst an.
Das alles hat den Anschein größtmöglicher Normalität. Es ist eben so, und alle machen mit. Alle scheinen sich für den Kaiser zu freuen.
Einführung in das Thema Liebe und neues Leben
Ist das Liebe? Um diese Frage geht es heute Morgen auch in unserem Predigttext.
Was ist Liebe? Ich möchte noch einmal kurz an den Zusammenhang erinnern: Heute beginnen wir ein neues Kapitel in unserer Epheser-Reihe, Kapitel 5. In Kapitel 4 hatte Paulus das neue Leben der Christen beschrieben. Er machte deutlich: Als wir Christen wurden, als Gott uns als seine Kinder annahm, holte er uns aus unserem alten Leben heraus und stellte uns in ein neues Leben hinein.
Dieses neue Leben ist ein Kontrastprogramm zum normalen Leben der Nichtchristen. Gott führt uns in einen Lebensstil, der sich an seinen Maßstäben orientiert. Dadurch geraten wir zwangsläufig früher oder später auch in Konflikt mit dem Lebensstil der Heiden.
Paulus zeigte uns in Kapitel 4 des Epheserbriefes an konkreten Beispielen, wie dieses neue Leben praktisch aussehen soll. Wir haben das ausführlich dargestellt. Doch damit ist das Thema noch nicht abgeschlossen.
In Kapitel 5 beginnt Paulus nicht mit einem neuen Thema. Offensichtlich ist die Sache für ihn so wichtig – und auch für uns –, dass er noch einmal von einer anderen Seite an das Thema „Neues Leben“ herangeht. Er nimmt ein zentrales Kennzeichen dieses neuen Lebens heraus: das Thema echte Liebe.
Echte Liebe ist ein zentrales Kennzeichen des neuen Lebens der Christen. Das hat Jesus genau so gesagt in Matthäus 22,37-39. Dort fragte man ihn nach dem größten Gebot, und er antwortete: Du sollst Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit deinem ganzen Verstand. Das andere Gebot sei dem gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Liebe als Zentralthema.
Am vergangenen Sonntag haben wir gesehen, wie die Liebe zu Gott für die Epheser zu einem wichtigen Thema wurde. Heute werden wir sehen, wie die Liebe untereinander im Epheserbrief von Paulus nochmals aufgegriffen wird.
Die Bedeutung der Liebe im Neuen Testament
Und Jesus selbst hatte an anderer Stelle bereits betont, wie wichtig die Liebe ist. Denken Sie nur an Johannes 13,34: „Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebt, wie ich euch geliebt habe. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“
Paulus hat diese Botschaft ebenfalls aufgenommen. Auch er spricht immer wieder von der Liebe Gottes, die unser Leben prägen soll – von der Agape.
Zum Beispiel im Galaterbrief, Kapitel 5, zählt Paulus die sogenannten Früchte des Heiligen Geistes auf. Dabei geht es um das, was der Heilige Geist im Leben eines Christen schrittweise wachsen lassen will. Er nennt neun verschiedene Früchte des Geistes.
Und mit welcher Frucht beginnt er wohl diese Aufzählung? Die Frucht des Geistes aber ist Liebe – das steht an erster Stelle.
Wahre und falsche Liebe gegenübergestellt
Und nun, hier in unserem Text heute Morgen, spitzt Paulus die Sache richtig zu. Er fragt: Was ist wahre Liebe? Paulus weiß natürlich, dass das Wort Liebe schon damals hoch umstritten und vielfach missbraucht war. Er kennt den Diana-Kult im Tempel von Ephesus, die Tempelprostitution und all das, was im Namen der Liebe und auch im Namen der Religion veranstaltet wurde.
Die Frage nach dem Zusammenhang von Liebe und Sexualität war auch damals schon ein Thema, denn der Mensch war zu allen Zeiten gleich. Um uns Lesern eindrücklich zu machen, worauf es ankommt, bedient sich Paulus wieder seiner bewährten Methode: Er stellt zwei verschiedene Konzepte schroff gegenüber – wahre Liebe und falsche Liebe.
Das ist unser Thema heute Morgen: Original oder Karikatur, was Liebe ist? Paulus macht deutlich, wonach wir uns ausstrecken sollen, worum wir uns bemühen und was wir anstreben sollen. Auf der anderen Seite zeigt er, wovon wir Abstand halten, wovon wir uns distanzieren und womit wir möglichst nichts zu tun haben sollten.
Paulus beschränkt sich also nicht nur auf die eine oder die andere Seite – das kann uns ja schnell passieren. Manche Menschen sind so mit dem Positiven beschäftigt, dass sie immer sagen: Das ist das Gute, das ist das Richtige, so soll es sein. Aber sie sagen nicht, was durch dieses Positive ausgeschlossen ist, wovon man sich hüten muss und wogegen man dieses Positive abgrenzen muss.
Andere sind so fixiert auf das Negative, dass sie nur sagen: Das geht nicht, das ist falsch, und ihr müsst aufpassen. Sie kommen gar nicht mehr auf die Idee, zu beschreiben, wie es denn nun eigentlich richtig sein soll.
Bei Paulus finden Sie immer wieder diese beeindruckende Balance: Die Position und die Negation stellt er nebeneinander, damit wir eine ganz klare Orientierung haben. So macht er es auch hier in den sieben Versen am Anfang des fünften Kapitels des Epheserbriefs.
Dort schildert er uns – und das soll Ihnen helfen, diesen Text in den Griff zu bekommen – in den ersten beiden Versen das Original. In den Versen drei bis sieben beschreibt er die Karikatur. Wenn Sie also nach Vers 2 einen dicken Strich ziehen, haben Sie schon die wichtigste Unterteilung.
Paulus sagt: Das ist das Original, und er verbindet damit die Aufforderung: Ahmt Gottes Liebe nach! So steht es in Vers 1: Folgt Gottes Beispiel als die geliebten Kinder. Die Verse 3 bis 7 dagegen zeigen die Karikatur. Dort sagt er: Haltet euch von dieser Scheinliebe fern! Und macht das noch einmal klar: In Vers 7 heißt es, seid nicht ihre Mitgenossen, zieht nicht mit, lasst euch nicht anstecken.
Also: Vers 1 fordert uns auf, Gottes Nachahmer zu sein, und Vers 7 warnt uns, nicht mit den anderen mitzugehen. Das ist die Klammer.
Jetzt werden wir uns diese beiden Abschnitte genauer ansehen. Meine große Hoffnung und Erwartung ist, dass dieser auf den ersten Blick – aber wirklich nur auf den ersten Blick – komplizierte Text Ihnen am Ende ganz klar sein wird.
Das Original: Gottes Liebe nachahmen
Ahmt Gottes Liebe nach
Wir lesen die Verse 1 und 2. Paulus sagt: „So folgt nun Gottes Beispiel als die geliebten Kinder und lebt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat und sich selbst für uns gegeben hat als Gabe und Opfer Gott zu einem lieblichen Geruch.“
Jeder gründliche Leser muss erschrecken, wenn er diesen ersten Satz liest, denn Paulus hätte keinen höheren Standard formulieren können. Er sagt: „So folgt nun Gottes Beispiel.“ Die Übersetzung klingt noch viel zu harmlos. Wörtlich müsste man eigentlich übersetzen: „Werdet nachahmer Gottes!“ Das steht hier eigentlich genau so.
Das griechische Wort dort ist hochinteressant. Es heißt „mimetes“, daher kommt unser Wort für Mime, ein Mime. Ein Mime wird manchmal auch Schauspieler genannt. Ein Mime ist jemand, der eine andere Person nachahmt. Ein Mime ist keine Mimose, sondern jemand, der bestimmte Eigenschaften einer anderen Person kopiert. Deshalb übersetzt die englische Bibel an dieser Stelle auch mit „Be imitators of God“, das heißt: Seid Imitatoren Gottes, imitiert Gott, macht Gott nach.
Was soll das heißen? Das bedeutet nicht, dass wir uns als Gott aufführen sollen. Bestimmte Eigenschaften bleiben ja Gott allein vorbehalten, wie seine Allmacht, seine Allwissenheit, seine Majestät – das sind natürlich Dinge, zu denen wir keinen Zugang haben.
Aber andere Eigenschaften Gottes hat er uns sehr wohl zur Nachahmung aufgetragen: seine Güte, seine Vergebungsbereitschaft, seine Gerechtigkeit. Das haben wir eben in der Bergpredigt gehört. Jesus sagt: „Ihr sollt vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist“ (Matthäus 5,48). Das soll euer Ziel sein.
Und in 1. Petrus 1,16 sagt der Apostel: „Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig.“ Also sollen wir bestimmte Eigenschaften Gottes sehr wohl nachahmen.
Heute geht es um eine besondere Eigenschaft und Haltung Gottes, die wir nachahmen sollen: die Liebe. „Werdet Nachahmer Gottes“, sagt Paulus, „als Kinder und lebt in der Liebe.“
Das Wort, das hier für „lebt“ steht, muss man in der Grammatik genau betrachten. Es steht im Präsens, und damit soll ausgedrückt werden, dass das beständig so sein soll. Ihr sollt beständig in der Liebe leben, andauernd in der Liebe leben. Das soll euren ganzen Lebensstil prägen.
So wie in einer gesunden menschlichen Familie die jüngeren Kinder mehr oder weniger ihre Eltern nachmachen, so sollen auch wir als die geliebten Kinder Gottes Gott nachmachen. So ist das gedacht.
Eine erfahrene Mutter sagte einmal: „Wir brauchen gar nicht groß an ihnen herumzuerziehen, die machen uns sowieso alles nach.“ Das kann manchmal ganz gut sein, manchmal aber auch nicht so gut.
Aber so wie das in einer gesunden Familie geschieht – dass die Kinder das nachmachen, was die Eltern vormachen und so die Prägung der Eltern sich im Leben der Kinder umsetzt – so sollen auch in der göttlichen Familie die Gotteskinder zu Nachahmern des Vaters im Himmel werden. Das ist die Aussage hier: Ahmt Gottes Liebe nach und liebt mit Christen.
Damit legt Gott durch Paulus die Latte sehr, sehr hoch. Umso wichtiger ist, dass wir sehen, was Paulus im Namen Gottes verlangt. Das ist keine religiöse Kraftmeierei. Es ist nicht so eine religiöse Kraftanstrengung nach dem Motto: „Jetzt reißen wir uns mal zusammen und sehen mal zu, dass wir mal so ein bisschen lieben.“
Paulus macht gleich deutlich: Wir müssen diese Liebe nicht aus uns selbst hervorbringen. Was sagt er nicht hier? Wir müssen diese Liebe nicht gewissermaßen herauspressen aus unseren religiösen Muskeln. Die Quelle dieser Liebe sind wir nicht selbst.
Wir müssen genau lesen, was Paulus hier schreibt: „So folgt nun Gottes Beispiel, so seid nun Gottes Nachahmer als die geliebten Kinder.“ Versteht ihr? Paulus sagt: Deine Liebe ist nur der Reflex auf Gottes Liebe, weil du von Gott geliebt bist, weil du ein geliebtes Kind des Vaters im Himmel bist, wenn du an Jesus als deinen Herrn glaubst.
Darum sollst du jetzt etwas von dieser Liebe zurückstrahlen. Ich musste an diese Solartaschenrechner denken: Wenn man sie nur so anschaut und irgendwo in einer dunklen Kammer hat, dann kann man mit ihnen überhaupt nichts machen. Sie müssen von der Sonne angestrahlt werden. Dann werden plötzlich Zahlen erkennbar und man kann mit den Dingern rechnen.
Das ist jetzt sehr einfach erklärt, aber das ist das Prinzip: Es kommt darauf an, dass wir von Gott geliebt werden, dass wir von der Sonne der Liebe Gottes angestrahlt werden. Dann schenkt Gott uns, dass wir auch funktionieren können als Taschenrechner, dass man bei uns ein paar Zahlen sieht und dass wir diese Liebe Gottes reflektieren dürfen.
Johannes hat es mal ganz einfach geschrieben in 1. Johannes 4,19: „Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat.“ Das meint Paulus hier auch: „Liebt, seid Nachahmer in der Liebe, Nachahmer Gottes als von ihm geliebte Kinder.“ Das ist die Voraussetzung.
Praktische Umsetzung der Liebe am Vorbild Christi
Und was heißt das jetzt praktisch? Was bedeutet es konkret, Gottes Liebe nachzuahmen und in der Liebe zu leben? Paulus gibt uns eine ganz klare Definition im zweiten Vers. Dort zeigt er uns, was diese Agape ist. In diesem Vers gibt Paulus uns ein Modell, ein Muster, an dem sich unsere Praxis der Liebe orientieren kann.
Er sagt: Lebt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat und sich selbst für uns gegeben hat – als Gabe und Opfer Gott zu einem wohlgefälligen Geruch. Paulus fordert uns auf: Seht auf Christus! In Christus hat Gott uns gewissermaßen das Modell gegeben, an dem wir abschauen können, wie unsere Liebe aussehen soll.
Dann beschreibt Paulus die zentrale Tat Christi am Kreuz: Er hat sich selbst für uns gegeben als Gabe und Opfer. Das ist natürlich eine Anknüpfung an das Alte Testament, wo Tiere geopfert werden mussten, um die Schuld zu sühnen. All das war eine Vorschattung, eine Ankündigung, dass Gottes eigener Sohn kommen würde und stellvertretend für uns sein Leben opfern würde. Jesus hat erfüllt, was die Tieropfer ankündigten.
Jesus ist an meiner Stelle verurteilt worden. Jesus ist meinen und deinen Tod gestorben. Der heilige Gott musste die Sünde bestrafen, doch das hätte auch bedeutet, uns zu töten. Es gab keine andere Möglichkeit. Unsere Strafe hat Christus getragen. In Christus hat Gott selbst, in seinem Sohn, die Strafe auf sich genommen. Die Strafe liegt auf ihm, damit wir Frieden haben. Durch seine Wunden sind wir geheilt.
Das Urteil über meine Schuld wurde an Jesus vollstreckt. Das sagt Paulus hier noch einmal: Er hat sich selbst für uns gegeben als Gabe und Opfer. Dann fügt Paulus hinzu: Gott zu einem lieblichen Geruch. Was bedeutet das? Das ist ein bildhafter Ausdruck dafür, dass Gott dieses Opfer angenommen hat. Gott hat Ja gesagt zu diesem Opfer seines Sohnes. Er hat gesagt, das gilt als Bezahlung für die Schuld aller Zeiten.
Dieses Opfer hatte einen lieblichen Geruch. Das ist ebenfalls ein Ausdruck aus dem Alten Testament. Zum Beispiel im Zweiten Buch Mose, Kapitel 29, Vers 18, heißt es: „Du sollst den Widder in Rauch aufgehen lassen auf dem Altar, denn es ist dem Herrn ein Brandopfer, ein lieblicher Geruch, ein Feueropfer für den Herrn.“ Paulus sagt: So hat auch das Opfer Jesu für Gott, den Vater, einen lieblichen Geruch. Er hat es angenommen und beglaubigt.
Wer sich jetzt auf dieses Opfer beruft und sagt: „Allmächtiger Gott, lass Jesu Opfer für mich gelten“, der ist frei. Der wird Gottes Kind und Bürger des Himmels.
Dieser Vers 2 gibt uns also eine doppelte Erklärung für Vers 1. Paulus zeigt uns, wie sehr Gott uns liebt. Er liebt uns so sehr, dass er seinen eigenen Sohn als Gabe und Opfer geschickt hat. So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen Sohn gab. Wir sind geliebte Kinder, und zwar so sehr geliebt, dass Gott das Leben seines eigenen Sohnes dafür geopfert hat.
Doch dieser Vers 2 zeigt uns noch mehr, und darauf kommt es Paulus eigentlich an. Er zeigt das Prinzip, die Haltung, von der auch unsere Liebe bestimmt sein soll: Christus hat sich hingegeben. Paulus sagt: Lieber Freund, wenn du wissen willst, was Liebe im Sinne Gottes bedeutet, wenn du wissen willst, wie du diese Liebe Gottes nachahmen sollst, dann sieh auf den Kreuzestod seines Sohnes.
Im Kreuzestod Jesu hast du das Modell für deine Liebe. Dort zeigt dir Gott, wie du lieben sollst: Er hat sich für uns gegeben. Natürlich gibt es einen grundlegenden Unterschied zwischen der Liebe Jesu und unserer Liebe, der immer bleiben wird. Wir können keinen anderen Menschen mit unserer Liebe retten. Wir können nicht stellvertretend für andere die Sünde sühnen, weil wir selbst Sünder sind. Unser Leben ist in dem Sinne schon verwirkt.
Aber dieses Modell – Jesus hat sich gegeben – zeigt uns, dass wir bereit sein sollen, uns mit ganzer Hingabe für den anderen einzusetzen. Lieben bedeutet: Ich will dienen, statt mich bedienen zu lassen. Und ich will das auch dann tun, wenn es mich einen Preis kostet.
Die Liebe, die Jesus und sein Opfer zum Modell nimmt, ist opferbereite Hingabe zugunsten des Anderen. Das ist gemeint. Als Jesus noch auf der Erde war, hat er kurz vor der Kreuzigung dieses Prinzip den Jüngern schon einmal in einer Symbolhandlung vor Augen geführt. Sie wissen, was diese Symbolhandlung war: die Fußwaschung.
Jesus schüttete Wasser in eine Schüssel, begann, den Jüngern die Füße zu waschen, und trocknete sie mit dem Stoff seines Schurzes ab. Das war im Grunde ein Sklabendienst. Jesus sagte: So sollt ihr miteinander umgehen. Das ist Liebe: einander dienen. Daran soll man eure Liebe erkennen. Das ist das Modell.
Liebe setzt sich ganz für den anderen ein. Liebe sucht das Gute für den anderen. Liebe fragt: Wie kann ich geben? Wie kann ich helfen? Liebe fragt nicht, was wir so schnell fragen: Was bekomme ich dafür? Liebe ist keine Kosten-Nutzen-Rechnung. Liebe strebt nicht nach einer Win-Win-Situation, bei der man fragt: Was kriegst du heraus? Was kriege ich heraus? Wie können wir ein gutes Geschäft machen? Liebe will geben, helfen und dienen.
Das ist das Prinzip. Und dieses Prinzip hat Gott am Kreuz Jesu am allerdeutlichsten werden lassen. Die Agape, die Liebe Gottes, gibt um des Gebens willen. Sie gibt nicht, um etwas dafür zu bekommen.
Das werden wir noch deutlicher sehen, wenn Paulus am Ende von Epheser 5 über die Liebe in der Ehe und in der Familie spricht. Das wird nach den Sommerferien, Ende August, Anfang September, Thema sein. Dann wird deutlich werden: Liebe ist viel mehr als nur romantische Gefühle füreinander – das gehört auch dazu. Aber Liebe ist vor allem der unbedingte Wille, dem anderen zu dienen und ihm Gutes zu tun.
Diese Haltung, sagt Paulus, soll deinen Lebensstil prägen. So wirst du ein Abbild Gottes, ein Nachahmer der göttlichen Liebe. Das ist das herausragende Motiv der Liebe: nicht dass sie glücklich werden will, sondern dass sie glücklich machen will.
Paulus sagt: Du fragst, was Liebe ist? Das ist das Original. Das sollst du nachahmen, das sollst du anstreben. Das soll dein Lebensstil sein: dass du bereit bist zu dienen.
Beispiele praktischer Liebe im Alltag
Da hat jemand eine harte Woche hinter sich. Er braucht eigentlich Erholung, ein bisschen Ruhe und Zeit mit der Familie. Doch plötzlich erhält er von einem Glaubenswerk die Aufgabe, für ein wichtiges Projekt einen großen Text aus einer Sprache in eine andere zu übersetzen. Und das möglichst bald.
Was bedeutet praktische Liebe in diesem Zusammenhang? Dass er sich hinsetzt und die Arbeit macht. Natürlich möchte er tagsüber auch Zeit mit der Familie verbringen, denn die Kinder brauchen ihn. Trotzdem nimmt er sich zwei Nächte Zeit, um diese Arbeit zu erledigen. Er bekommt keinen Cent dafür, er erhält keine großen öffentlichen Danksagungen, aber er tut es.
Warum macht er das? Aus Liebe, um Christi willen, um dem Missionswerk zu helfen.
Da ist deine Frau K. O. am Ende eines langen Tages. Plötzlich fällt ihr ein: Ein Mensch liegt im Krankenhaus, den müsste sie besuchen. Eigentlich kann sie nicht mehr, eigentlich will sie nicht mehr. Vielleicht bekommt sie auch nur eine kalte Dusche und lauter böse Worte zu hören. Trotzdem geht sie los, steigt vielleicht in die Straßenbahn, besucht die Dame, spricht mit ihr, bringt ihr etwas mit, woran sie Freude haben kann, und betet mit ihr.
Warum tut sie das? Sie tut es aus Liebe.
Paulus sagt: „Seid Nachahmer der Liebe Gottes.“ Das ist die Position, das Original. Von dort aus können wir nun umso besser verstehen, was Liebe nicht ist und wovon sich Liebe unterscheiden muss.
In den nächsten Versen zeigt Paulus uns nun die Karikatur.
Warnung vor der Karikatur: Scheinliebe meiden
Es ist interessant, dass Paulus uns genauso intensiv zum Lebensstil des Originals ermutigt, wie er uns vor dem Lebensstil der Karikatur warnt. Diese Karikatur wollen wir uns jetzt genauer ansehen.
Paulus sagt: Haltet euch von Scheinliebe fern. In Vers 3 heißt es: „Von Unzucht aber und jeder Art Unreinheit oder Habsucht soll bei euch nicht einmal die Rede sein, wie es sich für die Heiligen gehört. Auch schandbare, närrische oder lose Reden stehen euch nicht an, sondern vielmehr Danksagung.“ Das solltet ihr wissen: Kein Unzüchtiger, Unreiner oder Habsüchtiger – denn das sind Götzendiener – hat ein Erbteil im Reich Christi und Gottes. Lasst euch von niemandem mit leeren Worten verführen, denn um dieser Dinge willen kommt der Zorn Gottes über die Kinder des Unglaubens. Darum seid nicht ihre Mitgenossen.
Das sind deutliche Worte. Es ist wieder typisch: Was Gott gut erschafft, wird vom Teufel übel karikiert und verfälscht. An die Stelle des Originals setzt der Teufel eine Karikatur. Aber es ist keine liebevolle Karikatur, sondern eine verächtliche, eine destruktive Karikatur. Und der Teufel macht das meistens so geschickt, dass er seine Fälschungen mit einem Zuckerguss umgibt, damit sie möglichst attraktiv und schmackhaft erscheinen. Genauso macht er es auch mit dieser Scheinliebe. Er lässt sie schmackhaft erscheinen, und Paulus warnt uns jetzt mit drastischen Worten davor.
Vers 3: Wovon sollen wir uns fernhalten? Von Unzucht. Was ist Unzucht? Im Griechischen steht dort das Wort Porneia. Daraus leitet sich unser Wort Pornografie ab. Porneia beschreibt jedes sexuelle Fehlverhalten – zum Beispiel jeglichen Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe, Prostitution, Inzucht, praktizierte Homosexualität, Seitensprung oder sexuelle Untreue. Das alles beginnt in sündigen Gedanken, sagt Jesus, und drängt dann zur Tat.
Paulus sagt: Das ist die Fälschung. Er fügt noch ein anderes Wort hinzu: Pornära, also Unzucht und Unreinheit. Das ist im Grunde eine vollständige Darstellung jeglicher sexueller Sünde, sofern sie vom Maßstab des Wortes Gottes her klar zu benennen ist. Davor solltet ihr euch hüten – vor Unzucht und Unreinheit.
Dann fügt Paulus hinzu: Davon soll bei euch nicht einmal die Rede sein. Das ist eine interessante Formulierung. Was meint der Apostel damit? Er meint nicht, dass man peinlich darüber schweigen soll. „Davon soll bei euch nicht einmal die Rede sein“ heißt nicht, diese Probleme unter den Teppich zu kehren. Paulus macht ja gerade das Gegenteil, er nimmt das Thema in seiner Verkündigung auf. Nein, Paulus sagt: Diese Porneia soll bei euch kein diskussionswürdiges Thema sein. Sie soll so selbstverständlich abgelehnt werden, dass ihr darüber gar nicht mehr groß verhandeln müsst.
Davon solltet ihr euch radikal distanzieren, davon müsst ihr euch absolut fernhalten. Haltet euch von Scheinliebe fern – und das heißt eben auch von Unzucht und Unreinheit.
Dann fügt Paulus nach Porneia und Unreinheit noch eine dritte Warnung hinzu, über die man sich erst einmal wundert, weil man nicht genau weiß, was sie damit zu tun hat: Habsucht! Haltet euch von Unzucht, Unreinheit oder Habsucht fern. Was hat Habsucht mit Porneia, mit sexueller Unreinheit zu tun?
Beim zweiten Hinsehen wird es deutlich: Hinter Habsucht und Unreinheit steckt das gleiche Motiv, der gleiche böse Kern – nämlich gelebter Egoismus. Scheinliebe geht oft auch einher mit Liebe zu scheinen. Habsucht ist Gier. Ich will etwas unbedingt haben, ganz gleich, ob ich damit einem anderen schade oder nicht. Ich will es für mich, ohne Rücksicht auf Verluste, ohne Rücksicht auf den anderen und was es für ihn möglicherweise für Folgen haben könnte – und ohne Rücksicht auf die Gebote Gottes.
Diese Scheinliebe will in erster Linie haben, statt zu geben. Deshalb hängt sie mit Habgier zusammen. Man könnte auch sagen: Unzucht und Unreinheit sind Spielarten der Habsucht im Bereich der Sexualität. So könnte man es definieren.
Ich sage noch einmal: Unzucht und Unreinheit sind Spielarten der Habsucht im Bereich der Sexualität. Paulus sagt: Leute, damit sollt ihr nichts gemein haben. Das muss für euch völlig unstrittig sein in der Gemeinde.
Dann fügt er hinzu: „Wie es sich für die Heiligen gehört, wie es sich für die Christen gehört.“ Damit meint Paulus nicht, wie es euren traditionellen Anstandsregeln entspricht oder wie es bei euch Sitte ist. Paulus sagt: Das entspricht eurem Wesen als Christen. Das entspricht eurem Verständnis von Liebe, eurer Verpflichtung gegenüber dem Original. Das hält euch von dieser Karikatur fern. So gehört es sich für Heilige, so ist es angemessen für Christen: Unzucht, Unreinheit, Habsucht.
Paulus ist mit dem Gedanken noch nicht fertig. Diese Scheinliebe beginnt ja schon, bevor sie zur Tat wird. Deshalb sagt er: Passt mit euren Worten auf und geht diszipliniert mit euren Gedanken um.
Umgang mit Worten und Gedanken
Vers vier
Auch schandbare, närrische oder lose Reden stehen euch nicht an. Schandbare Worte kann man mit „Schmutz“ übersetzen, zuchtlose Worte sind närrische Worte, törichtes Geschwätz. Der Ausdruck für lose Reden meint leichtfertige Witze, also obszöne Witze oder zweideutige Bemerkungen über sexuelle Zusammenhänge.
Schauen Sie, wie oft uns das im Alltag begegnet – in der Schule, am Arbeitsplatz, bei Vereinsfeiern. Wie oft nehmen wir das wahr, in den Medien, in Talkshows. Schmutzige Witze gehören vielerorts zum guten Ton, auch in manchen Comedy-Shows, zum Beispiel jetzt am Rande der WM. Paulus sagt: Leute, als Mimen Gottes, als Botschafter der göttlichen Liebe müsst ihr klar Position beziehen. Ihr dürft da nicht mitmachen, wenn die Idioten solche Witze reißen. Ihr sollt auch nicht mitlachen, denn wer mitlacht, heißt das irgendwie gut.
Am besten wäre es, wenn wir nicht nur nicht mitmachen, sondern auch in unserem Umfeld unser Missfallen kundtun, wenn so etwas geschieht. Das kann man ohne große Rede tun. Man kann zum Beispiel einfach knurren oder sagen: „Ah ja“, wenn jemand so einen schlimmen Witz erzählt. Oder man sagt: „Also, das ist ja wirklich nur billig.“
Paulus sagt: Haltet euch von dieser Scheinliebe fern. Schandbare Worte, närrische Worte, lose Reden, leichtfertige Witze – lasst das nicht einfach stehen. Manche Zeitgenossen halten uns dann vielleicht für prüde, verklemmt oder übertrieben. Aber warum ist Paulus hier so streng? Weil Worte wirken. Verstehen Sie, Worte wirken.
Worüber man Witze macht, das kann nicht so schlimm sein? Sie wirken erst auf uns selbst und danach auf andere. Es ist erstaunlich – ich habe gestaunt bei dem Studium dieses Textes – mit welcher Intensität Paulus vor dieser Scheinliebe warnt. Er umkreist das Problem immer wieder, weil er uns sagen will: Leute, ihr müsst das ernst nehmen. Ihr müsst diese Scheinliebe, diese pervertierte Liebe ernst nehmen, denn sie ist ein Angriff auf das Original. Die Karikatur ist ein Angriff auf das Original.
Das ist kein kleiner Schönheitsfehler, über den man mal augenzwinkernd hinweggeht. „Na ja, jeder hat so seine kleinen menschlichen Schwächen, der eine hier, der andere da.“ Nein, das hat eine zerstörerische Wirkung. Schauen Sie, was Unzucht, was Ungehorsam im Bereich der Sexualität alles kaputtmachen kann: Wie viele Ehen werden dadurch zerstört? Wie viele Kinder werden abgetrieben, brutal ermordet, noch bevor sie das Licht der Welt erblicken? Offizielle Zahl: 130.000 pro Jahr. Viele Experten sagen, die Dunkelziffer ist wahrscheinlich mindestens doppelt so hoch.
Wie viele zerstörte Familien durch missbrauchte Sexualität, durch Untreue? Wie viele Kinder, die alleingelassen werden und plötzlich nur noch einen Elternteil haben? Sie sehen das Zerwürfnis vor Augen und sind später selbst unfähig, langfristige Bindungen einzugehen, weil sie von ihren eigenen Eltern nur dieses schlechte Beispiel kennen: Trennung, Streit, Untreue.
Wie viele Folgen gibt es noch? Aids, viel Denken und Reden, das den Schöpfer verunehrt, die Sünde verharmlost und Gottes gute Schöpfung in den Dreck zieht. Wie viel Schuld, Schund und Zerstörung! Ich denke, Paulus nimmt es deswegen so ernst.
Aber er warnt nicht nur vor dem Missbrauch, sondern sagt auch, wie wir unsere Worte stattdessen wählen können. Er sagt hier in Vers vier ganz auffällig: Diese losen Reden stehen euch nicht an, sondern stattdessen Danksagung!
In diesem Zusammenhang meint Paulus Danksagung wahrscheinlich auch bezogen auf die Schöpfungsgabe der Sexualität. Ihr sollt mit diesem Thema nicht schmutzig und unverantwortlich umgehen, sondern Gott danken.
Das dürfen wir bei aller Problematisierung niemals vergessen: Wenn die Bibel einen reinen Umgang mit Sexualität fordert, einen Umgang in den Bahnen des Wortes Gottes, im Rahmen der Ehe, dann entspricht das gerade nicht einer leibfeindlichen Haltung der Bibel.
Wer der Bibel also Leib- und Sexfeindlichkeit unterstellt, hat wirklich keine Ahnung. Im Gegenteil: Wenn Gott immer wieder über Reinheit spricht, folgt daraus die Hochschätzung und die schöpfungsgemäße Wertschätzung der Sexualität.
Das muss man an dieser Stelle auch sagen: Innerhalb der Ehe ist die Sexualität eine wichtige, wunderbare Schöpfungsgabe. Sie dient nicht nur der Zeugung von Nachkommen, sondern auch dem seelischen Zusammenwachsen von Mann und Frau.
Sie ist eine Sprache, die Gott den Eheleuten gegeben hat. Damit sollen sie sich gegenseitig beschenken und glücklich machen. Deshalb gehört es auch zur gegenseitigen Liebe der Eheleute, dass sie in diesem Bereich aufeinander zugehen und versuchen, einander Freude zu machen.
Man muss sehr deutlich sagen: Es ist kein Ausweis von geistlicher Reife und Glaubenstreue, wenn man innerhalb der Ehe die Sexualität missachtet. Auch hier haben wir als Eheleute eine Verantwortung füreinander.
Darum spricht Paulus gerade auch hier von Danksagung. Gottes gute Gabe soll nicht mit schlechten Witzen verhöhnt werden, sondern mit Danksagung angenommen werden – so, wie Gott es vorgesehen hat.
Es ist, ich sage es noch einmal, erstaunlich, wie gründlich Paulus dieses Thema hier für uns durchbuchstabiert hat. Darum weist er uns zum Schluss noch auf eine letzte Tatsache hin, die mit dieser Scheinliebe zusammenhängt.
Und ich denke, wer es bis dahin immer noch nicht kapiert hat, wie ernst dieses Thema für Paulus ist, dem sollten wenigstens zum Schluss die Augen aufgegangen sein.
Konsequenzen der Scheinliebe
Vers 5: Paulus sagt: „Denn das sollt ihr wissen, dass kein Unzüchtiger oder Unreiner oder Habgieriger, das sind Götzendiener, ein Erbteil im Reich Gottes hat.“
Hier greift Paulus noch einmal die drei Begriffe aus Vers 3 auf: Unzucht, Unreinheit und Habgier. Er betont, dass keiner von denen ein Erbteil im Reich Christi hat. Keiner dieser Menschen wird gerettet, keiner wird im Himmel sein und keiner wird Mitglied in Gottes Familie werden.
Wir fragen erstaunt: Was sind das für Leute? Ihr ganzes Leben ist geprägt von dieser Grundausrichtung. Paulus sagt, sie sind unzüchtig, unrein und habgierig. Dabei handelt es sich nicht um einzelne Sünden, in die sie gelegentlich fallen, sondern um das Grundmuster ihres Lebens. So wollen sie leben.
Sie sind unzüchtig, unrein und habgierig. Daraus wird deutlich, dass sie keine Kinder Gottes sind. Sie haben sich nicht wirklich bekehrt und stehen nicht in der Nachfolge Jesu. Sie gehen nicht verloren wegen einzelner Sünden, sondern weil sie nicht zu Jesus gehören.
Dass sie nicht zu Jesus gehören, erkennt man an der falschen Grundausrichtung ihres Lebens. Sie sind unzüchtig und unrein. Paulus nennt an anderer Stelle eine ähnliche Liste in 1. Korinther 6,9-10: „Lasst euch nicht irreführen! Weder Unzüchtige noch Götzendiener, Ehebrecher, Lustknaben, Knabenschänder, Trunkenbolde, Lästerer oder Räuber werden das Reich Gottes erben.“
Sie kommen alle nicht in den Himmel.
Machen wir uns nichts vor: Auch ein Christ kann in schwere Sünden fallen. Er sollte es nicht, aber es kann passieren. Vielleicht erkennt er es nicht sofort oder fällt bewusst in Sünde. Wenn das geschieht, wird er es irgendwann merken, entsetzt sein, traurig werden und die Vergebung seines Herrn suchen.
Das wird ein Christ tun. Er kann nicht in seiner Grundausrichtung unzüchtig sein und bleiben. Die Grundausrichtung eines Christen lautet: „Ich will dem Herrn dienen, ich will ihm gehorchen, ich will ihm Freude machen.“
Diese Leute, von denen Paulus hier spricht, folgen einem völlig anderen Weg. Sie gehen in eine ganz andere Richtung. Sie folgen ihrer eigenen Gier, ihrer Habgier und ihrer egoistischen Lust. Bei ihnen ist es kein Unfall, über den sie traurig sind, sondern ein Lebensstil, den sie bewusst wollen.
Paulus nennt sie in Vers 6 „Kinder des Ungehorsams“. Auch Christen sind von Zeit zu Zeit ungehorsam, aber sie bleiben trotzdem Kinder Gottes. Sie bitten um Vergebung, wollen lernen, wachsen und suchen den Weg des Herrn.
Diese Menschen aber sind in ihrem Wesen ungehorsam, und das stört sie nicht. Es ist ihr Lebensstil. Sie sagen: „Warum sollen wir uns nach Gottes Geboten richten? Was will Gott überhaupt mit unserem Leben?“ Für sie gilt die wichtigste Regel: „Ich muss mich nicht Gott unterordnen, ich brauche seinem Wort nicht zu folgen, ich will das auch nicht, ich bin mein eigener Herr.“
Aufgrund dieser bewussten Haltung stehen diese Menschen, sagt Paulus, unter Gottes Zorn. Paulus schreibt das an Christen, also an Menschen, die eigentlich nicht davon betroffen sein sollten. Er sagt: Wenn dieser Lebensstil ein Kennzeichen der Verlorenen ist, dann darf und kann er nicht in eurer Gemeinde Einzug halten.
Lasst euch von niemandem verführen mit leeren Worten! Denn um dieser Dinge willen kommt der Zorn Gottes über diese Kinder des Ungehorsams.
Paulus warnt: Wenn das der Lebensstil der Gottlosen ist, dürft ihr solche Dinge nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wenn so etwas in eurer Mitte passiert, dürft ihr es nicht verharmlosen. Offenbar gab es in Ephesus verharmlosende Parolen. Deshalb sagt Paulus so deutlich in Vers 6: Lasst euch nicht verführen mit leeren Worten! Nehmt nicht teil an solchen Dingen und verharmlost sie nicht.
Leider geschieht diese Verharmlosung bis heute immer wieder, auch in christlichen Kreisen. Ich möchte das zum Schluss an einem Beispiel zeigen, das vor wenigen Wochen in der christlichen Zeitschrift „Idea“ erschien. Auf der letzten Seite von Ideaspektrum werden meist Christen in ihrer Biografie vorgestellt, oft Vorbilder oder ermutigende Beispiele.
Vor Kurzem wurde dort unter der Überschrift „Die First Lady des internationalen Fußballs“ Frau Asiria Nascimento vorgestellt. Sie ist evangelikale Christin und Gospelsängerin aus Brasilien. Sie trat bei Evangelisationen mit Franklin Graham und Luis Palau auf. Die Schweizer Verteilzeitschrift „Viertelstunde für Jesus“ führte mit ihr ein Interview.
Asiria Nascimento ist die Ehefrau von Pelé, dem brasilianischen Fußballhelden. Es wird beschrieben, dass ihr bei der Heirat schon klar war, dass Pelé nicht an Jesus Christus glaubt. Dennoch heiratete sie ihn.
Sie hat selbst eine bewegte Vergangenheit. Sie war einmal mit einem Nordamerikaner unglücklich verheiratet, trennte sich von ihm und ließ sich scheiden. Dann heiratete sie Pelé, der ebenfalls geschieden ist, Vater von drei ehelichen und mindestens zwei unehelichen Kindern. Er ist nach wie vor nicht gläubig, und es ist nicht bekannt, dass er über seinen Lebensstil Buße getan hat.
Diese evangelikale Gospelsängerin hat Pelé geheiratet und führt mit ihm eine Ehe. Sie sagt, sie versuche, ihre evangelistischen Einsätze mit ihren wichtigen Aufgaben in der Familie zu vereinbaren. Asiria ist über ihr Leben sehr glücklich und hat letztlich nur noch einen Wunsch: dass Pelé sich irgendwann bekehrt.
Das wird dort ganz normal geschildert, an der Stelle, wo sonst Beispiele von Missionaren oder bewegende Lebenswege von Christen vorgestellt werden, die der Herr gesegnet hat.
Es wird ohne weiteren Kommentar dargestellt, wie ein Mensch, der öffentlich als Christ auftritt, gerade im Bereich Ehe und Sexualität scheinbar Gottes Maßstäbe missachtet: Scheidung, Wiederheirat, Heirat mit einem Nichtchristen, der zahlreiche Affären hinter sich hat.
Das wird praktisch als glückliche Fügung und zufriedenstellendes Leben eines Christen in der Öffentlichkeit präsentiert, der dem Herrn dienen will.
Liebe Geschwister, das – und ich werde das meinem alten Bekannten Helmut Mathis, dem Chefredakteur von Idea, auch noch schreiben – ist mir ein Rätsel. Er sieht das eigentlich genauso, wie wir es sehen und wie die Bibel es sagt. Wie kann es passieren, dass eine solche Zeitschrift so etwas druckt? Das hat Wirkung.
Damit wird signalisiert: Es ist gar nicht so schlimm mit Gottes Maßstäben. Es ist nicht schlimm, wenn sie überschritten werden. Wenn die Karikatur an die Stelle des Originals tritt, kann man trotzdem sagen: Ich bin ein Zeuge des Herrn und trete öffentlich auf.
Genau davor warnt Paulus in Vers 6: Lasst euch von niemandem verführen mit leeren Worten! Das zeigt, wie aufmerksam wir sein müssen. Es zeigt, wie an vielen Stellen Dämme brechen, von denen man vor Jahren nicht gedacht hätte, dass sie brechen würden.
Das ist nicht harmlos.
Lasst uns an dieser Stelle beten und den Mut aufbringen, den Mund aufzumachen, zur Feder zu greifen oder uns an den Computer zu setzen, wenn es nötig ist, um auf diese Dinge hinzuweisen.
Es geht um die schroffe Alternative: Original oder Karikatur. Folge ich Gottes Beispiel, wie es in Vers 1 steht, oder bin ich Mitgenosse der Unzüchtigen, Unreinen und Habgierigen, wie in Vers 7?
Paulus sagt: Ihr Lieben, ahmt Gottes Liebe nach! Haltet euch an das Original und meidet die Karikatur. Haltet euch fern von der Scheinliebe.
Abschließende Ermahnung und Ermutigung
Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas sagen, und dann bin ich auch fertig. Es geht hier nicht – es geht hier überhaupt nicht – um ein selbstgefälliges Mit-dem-Finger-auf-andere-Zeigen. Wer sind wir, dass wir das könnten? Wir wissen, dass jeder von uns auf Gottes Liebe und Gottes Vergebung angewiesen ist.
Aber wir sind es Gott auch schuldig, auf diese Zusammenhänge hinzuweisen. Denn es geht hier auch um die Ehre Gottes, um das Zeugnis der Christen untereinander und gegenüber der Welt. Und es geht um unsere Bestimmung, in der Liebe zu leben, die Jesus dazu bewegt hat, sein ganzes Leben für uns einzusetzen.
Lassen Sie das heute mitnehmen, lassen Sie uns das festhalten. Unser Herr hat einen großen, einen ernst gemeinten Auftrag für uns als Einzelne und für uns als Gemeinde. Aber am Anfang steht etwas anderes: Am Anfang steht „Ihr seid geliebte Kinder“. Wenn ihr zu Jesus gehört, seid ihr geliebte Kinder.
Und darum sollt, dürft und könnt ihr nun auch lernen, Gottes Nachahmer zu sein. Das dürfen wir nie vergessen: Wir sind geliebte Kinder. Gerade wenn wir manchmal an uns selbst verzweifeln, wenn wir innerlich rot werden wegen unserer eigenen Sünde, wenn wir uns manchmal selbst nicht mehr leiden können und uns nur noch schämen – dann dürfen wir das ernst nehmen, was im Wochenspruch steht.
Jesus hat gesagt: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid.“ So geht es uns manchmal auch. Das ist oft unsere Situation. Wir merken, wie sehr wir an unsere Grenzen stoßen. Wir wollen das Gute, wir wollen dem Herrn dienen – und werden doch noch so oft schuldig.
Aber Jesus sagt: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch Frieden geben, ich will euch erquicken.“ Du bist trotzdem mein geliebtes Kind, und darum darfst du immer wieder von vorne anfangen! Amen!
Lasst uns jetzt das Lied singen, das wir gleich auf dem...
