Persönliche Vorstellung und Glaubensweg
Ja, bevor ich jetzt weitermache, möchte ich noch ein paar Worte zu mir sagen. Ich habe gerade mit einem Bruder gesprochen, der meinte: „Michael, du hast dich ja noch gar nicht vorgestellt.“ Das stimmt auch.
Vielleicht liegt es daran, dass ich einige hier gesehen habe, die ich schon aus der Vergangenheit kenne. Da habe ich mir gedacht, das ist ja gar nicht so nötig. Aber stimmt, wir kennen uns ja nicht alle.
Mein Name ist Michael Kotsch. Ich wohne in Horn-Bad Meinberg, also nicht ganz so weit entfernt von hier. Aus der Gegend kommen ja auch einige. Ich habe gerade mit Geschwistern aus Bantrup gesprochen, die ebenfalls aus der jenischen Gegend stammen. Schön, euch hier zu treffen.
Ich bin als junger Mensch zum Glauben gekommen, mit 14 Jahren. Zuvor bin ich in einem gläubigen Elternhaus aufgewachsen, aber bewusst eine Entscheidung für Jesus Christus habe ich erst mit 14 getroffen. Diese Entscheidung hat mein Leben stark beeinflusst, sowohl in der Schulzeit als auch später als Jugendlicher.
Mir war es wichtig, Jesus nachzufolgen, auf ihn zu hören und mein Leben mit ihm zu führen. Manchmal, wenn ich mit Jugendlichen spreche, die begeistert vom Partyleben sind, kann ich das gar nicht so direkt nachvollziehen. Nachdem ich gläubig geworden bin, fand ich das alles ziemlich lasch, oberflächlich und nichtssagend. Stattdessen wollte ich mit Jesus leben und habe meine Zeit mehr für die Gemeinde und andere Dinge investiert.
Das hat auch meinen Berufswunsch mitbestimmt. Eigentlich hatte ich vor, Lehramt zu studieren. Dann sind einige Brüder aus der Gemeinde auf mich zugekommen und haben gesagt: „Michael, du solltest eine theologische Ausbildung machen.“ Das habe ich dann auch getan.
Ich habe in Basel in der Schweiz studiert und dort auch meine Frau kennengelernt. Wir sind jetzt seit 26 Jahren verheiratet, haben drei Kinder und ich bin seit 20 Jahren Lehrer an der Bibelschule in Brakel, also in der Nähe von Lemgo.
Daneben arbeite ich auch in einigen anderen christlichen Institutionen mit. Ich bin Vorsitzender des Bibelbundes, der zwei christliche Zeitschriften herausgibt. Außerdem habe ich in den vergangenen Jahren einige Bücher geschrieben und versuche, dort, wo Gott mir die Möglichkeit gibt, Menschen im Glauben zu ermutigen und andere auf ihn hinzuweisen.
Ich hoffe, dass Gott mir noch ein paar Jahre schenkt und dass ich diese sinnvoll einsetzen kann. Das war es vielleicht erst einmal für eine allgemeine Vorstellung.
Wenn ihr mehr wissen wollt, könnt ihr gerne auf mich zukommen. Jede Frage ist erlaubt. Ich werde euch nicht böse anschauen, sondern nach bestem Wissen und Gewissen versuchen, zu antworten.
Einführung in das Thema Depression bei Christen
Jetzt kommen wir zum zweiten Teil. Der erste Teil behandelte die Frage: Kann ein Christ unter Depressionen leiden? Die Antwort lautet: Ja. Ein Christ kann unter Depressionen leiden, denn er erlebt ähnliche Lebenskrisen wie jeder andere Mensch auch. Er hat einen Charakter wie jeder andere Mensch, und dieser kann Risikofaktoren für Depressionen beinhalten.
Ich habe bereits erwähnt, dass es Lebensphasen, Umwelteinflüsse und genetische Veranlagungen gibt. Diese Veranlagungen, also die Vererbung, hängen mit unserem Charakter zusammen. Beispiele dafür sind, perfektionistisch oder melancholisch zu sein. Unabhängig davon, ob wir Christen sind oder nicht, sind wir dadurch mehr oder weniger anfällig für Depressionen.
Das Besondere, was Christen betrifft, ist die Frage, wie sie Depressionen einordnen und wie sie damit umgehen. Das sind die entscheidenden Fragen. Wenn wir nur die Erwartung wecken, dass einem Christen so etwas nicht passieren kann, werden wir oft Enttäuschung und Frustration im geistlichen Dienst erleben. Denn wir merken, dass Depressionen nicht bei allen Menschen einfach verschwinden, nur weil sie sich bekehrt haben oder gläubig aufgewachsen sind. Es gibt Phasen, in denen auch ein Christ so etwas durchleben kann.
Beispiel Elija: Depression und geistliche Krise
Hier im Alten Testament habe ich das Beispiel von Elija vorgelesen. Elija war ein gottesfürchtiger Mann und einer der vorbildlichsten Propheten des Alten Testaments.
Lesen wir nur im Kapitel davor, dann erfahren wir von dem großen Glauben, den Elija hatte. Auf dem Berg Karmel trat er im Wettkampf gegen die Baalspropheten an. Er ließ die Altäre aufbauen und vertraute darauf, dass Gott ein Wunder tun würde. Er erwartete, dass Feuer vom Himmel herabkommt und den Altar samt dem ganzen Opfer verbrennt – und genau das geschah.
Anschließend tötete Elija die Propheten des Baal. Danach kam der Fluch von Isebel, der Königin von Israel, die sagte, sie werde Elija umbringen. Man könnte meinen, Elija hätte aufgrund seiner Erfahrungen mit Gott sagen können: Wenn Gott Feuer vom Himmel fallen lassen kann, dann kann er auch Isebel tot umfallen lassen. Warum sollte ich Angst vor ihr oder ihren Soldaten haben? Ich stehe doch unter dem Schutz Gottes.
Doch stattdessen befindet sich Elija in einer Phase der Depression. Wir wissen nicht genau, wodurch diese ausgelöst wurde. Medizinisch betrachtet könnte man von einer Erschöpfungsdepression sprechen. Elija war von Gott stark gebraucht worden und hatte eine große Leistung erbracht. Häufig erleben Menschen nach einem Höhepunkt im geistlichen oder beruflichen Leben einen plötzlichen Absturz, ein Loch, in das sie fallen. Sie haben ihre Kräfte überstrapaziert und alle Reserven aufgebraucht. Danach folgt oft ein Tiefpunkt – so auch bei Elija.
Hier sehen wir typische Symptome: Er denkt nicht mehr aktiv an Gott und seine Kraft. Er ist kein Atheist geworden, aber er glaubt nicht mehr daran, dass Gott die Situation so einfach lösen kann wie den Wettkampf auf dem Karmel.
Außerdem zeigt sich, dass er genau das tut, was viele depressive Menschen tun: Er meidet die Gemeinschaft mit anderen. Menschen mit Depressionen wollen oft keinen Kontakt mehr, weil sie sich selbst so schlecht fühlen. Sie ziehen sich zurück. Elija lässt seinen Diener zurück und geht ganz alleine in die Wüste.
Dort denkt er, alles sei so schlimm. Das sagt er später auch, als Gott ihn fragt: „Warum, was ist los, Elija?“ Er antwortet, er sei der Einzige, der übrig geblieben ist. In Israel sei alles so schlimm, alle seien von Gott abgefallen.
Wir müssen uns fragen: Stimmt das? Nein, ganz am Ende sagt Gott zu Elija, dass 7.000 übrig geblieben sind, nicht nur einer. Elija hat den Blick für die Realität verloren und sieht die Dinge schlimmer, als sie sind. Das ist typisch für eine Depression. Probleme erscheinen wie unüberwindbare Berge, etwas, womit man nicht mehr fertig wird.
In solchen Momenten fühlt man sich auch so. Wenn dann jemand von außen sagt, es sei nicht so schlimm, fühlt sich der Depressive nicht ernst genommen. Das hilft ihm nicht, sondern kann ihn noch weiter herunterziehen, weil er meint, niemand verstehe ihn.
Deshalb handelt Gott hier anders. Als Elija in der Wüste liegt, kommt Gott nicht mit einer Stimme vom Himmel und sagt: „Elija, du lügst, warum lässt du dich so hängen?“ Eine geistliche Korrektur erfolgt erst später.
Hier spielt also auch ein geistliches Element eine Rolle: Elija sieht nicht mehr die Größe und Macht Gottes. Er erkennt nicht, was Gott in seiner Umgebung getan hat, nämlich dass 7.000 übrig geblieben sind. Er hat vergessen, dass er gerade Wunderbares mit Gott erlebt hat. Er hat Gottes Macht und Herrlichkeit gesehen, doch plötzlich ist das alles vergessen.
So kann es auch einem gläubigen Menschen mit Depression gehen. Er hat im Glauben gelebt und an Gott festgehalten. Dann passiert etwas Unvorhergesehenes, und plötzlich sind all die Erfahrungen mit Gott vergessen. Man ist nicht senil, man weiß es noch, aber es spielt keine Rolle mehr. Man erinnert sich nicht bewusst daran, sondern blendet es aus. Die Zukunft erscheint nur noch düster.
Bei Elija führt das dazu, dass er am liebsten sterben will. Er bittet Gott: „Nimm mich hier weg, ich will nicht mehr leben.“ Das ist eine typische Neigung, die bei Depressionen auftreten kann: Lebensüberdruss und Selbstmordgedanken.
Ähnlich ist es bei Hiob, den ich schon erwähnt habe. Wenn das Leiden übermächtig wird und keine Perspektive mehr besteht, denkt auch Hiob: „Am besten wäre ich gar nicht geboren, am besten wäre das Leben zu Ende, nimm mich weg.“ So ist es auch bei Elija.
Gottes Umgang mit Depression: Ruhe, Versorgung und Begegnung
Und dann sehen wir die Reaktion, also wie wir mit Menschen umgehen, die unter Depression leiden. Das möchte ich nach dem Mittagessen noch ausführlicher erklären. Hier haben wir aber schon ein Grundmuster, wie Gott damit umgeht.
Gott gibt ihm erst einmal Ruhe. Danach sorgt Gott für körperliche Versorgung, also Essen und Trinken. Genau das braucht ein Mensch, der ganz tief in der Depression steckt. Bei jemandem, der am Anfang einer Depression steht, können wir anders reagieren. Aber bei jemandem, der tief in der Depression ist, sieht das anders aus.
Ich erinnere mich an eine Frau aus einer Gemeinde, in der ich vor einigen Jahren mitgearbeitet habe. Sie war in ihrer Wohnung, und wir bekamen das als Gemeinde mit. Wir besuchten sie, doch mit ihr konnte man nicht mehr sprechen. Sie starrte nur noch gegen die Wand, lag im Bett und wollte sterben. In dieser Phase brachte es nichts, mit ihr theologische Gespräche zu führen oder sie geistlich zurechtzuweisen. Das hörte sie nicht mehr, es ging an ihr vorbei.
An dieser Stelle braucht es erst einmal Ruhe, eine Pause und körperliche Stabilisierung durch Essen und Trinken. Häufig ist das ganz am Anfang einer tiefen Depression genauso wie hier bei Elia. Gott gibt ihm eine Ruhepause, niemand stört ihn, es gibt keine großen Diskussionen und auch noch keine Lösung des Problems. Wir wissen ja, die Gefahr ist noch nicht vorbei. Die Soldaten suchen weiterhin nach Elia.
Dann kommt als Nächstes die Nahrung, die er dort bekommt. Diese Art von Nahrung haben wir heute häufig nicht zur Verfügung. Denn die Nahrung, die Elia isst, ist so beschaffen, dass er danach 40 Tage und 40 Nächte durchlaufen kann. Er musste also unheimlich viel Kraft gehabt haben und sehr gut erholt sein. Das ist auch ein Wunder Gottes, nicht das, was normalerweise passiert.
Dann folgt die Begegnung mit Gott. Hier zeigt sich ein typischer Umgang Gottes mit Depression: Zuerst die körperliche Stabilisierung, dann die Begegnung mit Gott. Dabei merken wir, dass das körperliche Erschöpftsein, das in der Depression steckt, immer auch eine geistliche Komponente hat. Selbst wenn die Depression durch eine Todesdrohung ausgelöst wird, durch eine schwere Krankheit, eine Ehekrise, eine Krise mit Kindern oder durch Arbeitslosigkeit – das Problem, der Auslöser, ist nur ein Teil der Depression.
Der andere Teil ist die geistliche Komponente. Depression hat immer auch einen geistlichen Anteil. Entweder ist dieser Anteil an der Entstehung der Depression beteiligt – das heißt, wir haben in unserem geistlichen Leben bestimmte Dinge vernachlässigt oder falsch gemacht und dadurch das Risiko einer Depression erhöht. Oder wir sind in der Depression geistlich falsch damit umgegangen. Zum Beispiel haben wir in den Problemen und der Depression nicht die Nähe zu Gott gesucht, sondern zugelassen, dass die Distanz zu Gott oder zu den Geschwistern immer größer wird.
Das müssen wir im Kopf behalten. Für den Depressiven braucht es dann eine neue Begegnung mit Gott. Häufig hat jemand, der unter Depression leidet, den Eindruck, Gott sei weit weg. Er sieht meine Probleme nicht. Und wenn er sie sieht, sind sie ihm egal. Er hat mich allein gelassen. Emotional fühlt man die Nähe Gottes nicht mehr.
Deshalb ist es in dieser Phase auch für Elia ganz wichtig, diese Nähe zu Gott neu zu erfahren. Hier erlebt er eine der intensivsten Gottesbegegnungen in seiner ganzen Dienstzeit. Gott weist ihn an dieser Stelle noch nicht zurecht, sondern die Begegnung mit Gott vermittelt ihm: Ich bin von Gott angenommen, Gott hat eine Zukunft für mich. Er erlebt die Kraft und Gegenwart Gottes.
Dann wird Elia seelisch wieder aufgebaut. Menschen, die sich depressiv fühlen, leiden häufig unter Minderwertigkeitsdenken. Sie denken: Ich habe ein großes Problem, es gibt keine Lösung, ich schaffe es nicht, ich bin zu schwach und zu minderwertig.
Gott baut Elia wieder auf, indem er ihm wichtige Aufträge gibt. Er sagt: Du gehst jetzt hin und setzt einen neuen König ein, du setzt einen neuen Propheten ein. Das sind wichtige Aufgaben.
Gott sagt nicht: Ach, du hast aufgegeben, du hast dich zurückgezogen, ich kann dich nicht mehr brauchen. Er hätte auch sagen können: Das wäre das Falsche gewesen und hätte Elia nur noch tiefer in die Depression getrieben. Gott sagt nicht: Ich kann dich so nicht gebrauchen.
Stattdessen gibt Gott ihm einen neuen Auftrag, weil er weiß, dass Elia ihn in seiner Kraft erfüllen kann. Und er tut es ja später, wie wir lesen. Gott hat sich an dieser Stelle nicht vertan. Er hat genau das getan, was Elia in diesem Moment gebraucht hat: körperliche Stabilisierung, Begegnung mit Gott und die Zusage, gebraucht zu werden und eine Zukunft zu haben.
Häufig ist es, wie hier bei Elia, eine Aufgabe, die nicht direkt mit dem Problem zu tun hat – mit der Todesdrohung oder Isabel. Es ist eine ganz andere Aufgabe. Manchmal braucht ein Depressiver genau das. Das Problem kann man jetzt nicht lösen. Die schwere, unheilbare Krankheit verschwindet nicht. Die Arbeitslosigkeit ist nicht einfach vergessen.
Aber nun zu sehen: Es gibt eine neue Aufgabe für dich, die nichts mit dem Problem zu tun hat. Plötzlich fühlt man sich wieder gebraucht. Man spürt die Kraft Gottes, diese Aufgabe bewältigen zu können. Man fühlt sich dadurch wertvoll. Das ist das, was Gott an dieser Stelle tut.
Dann folgt die geistliche Zurechtweisung. Elia hört von Gott: Das, was du gesagt hast, stimmt nicht. Du meinst, du bist der einzige Überlebende – das stimmt nicht. Es gibt noch 7000 andere. Ich vergesse mein Volk nicht. Ich habe meinem Volk nachgegangen.
Da kommt die Korrektur, und die brauchen wir auch. Wir dürfen es nicht dabei belassen, nur körperlich zu stabilisieren oder den Wert zu vermitteln. Wir sollen nicht nur medizinische Ratschläge geben, sondern auch die geistlichen Defizite ansprechen, die dahinterstehen.
Hier ist das geistliche Defizit das Selbstmitleid von Elia, das Verlorengehen der Größe Gottes aus dem Blick. Das ist eine weitere Sünde. Wir sehen, dass Fehlreaktionen von Elia dazu beigetragen haben können, dass er so abgestürzt ist.
Hätte er das große Vertrauen auf Gott, das er noch ein paar Tage vorher hatte, behalten, hätte ihm das nichts anhaben können. Hätte er nicht dieses Selbstmitleid gehabt – „Ach, ich armer Kerl, ich werde vielleicht umgebracht“ – dann wäre er nicht so tief gefallen.
Vielleicht wäre er zu Isabel gegangen und hätte gesagt: „Bitte, bring mich um.“ Darauf hätte er vertraut, dass Gott eingreift oder dass er dann bei Gott in der Ewigkeit ist, wenn sie ihn getötet hat.
Das ist hier nicht der Fall. Es ist dieses Selbstmitleid: „Oh, ich armes Würstchen, wie schlimm geht es mir, alle sind gegen mich, alle wollen mich verfolgen.“ Das ist das Problem.
Und es ist nicht völlig aus der Luft gegriffen. Es gibt eine reale Todesdrohung. Aber Elia verliert Gott aus dem Blick, und das ist das Problem. Das ist das geistliche Problem.
Dieses geistliche Problem spricht Gott dann noch an. Danach ist Elia wieder aufgebaut. Er ist körperlich wieder fit, psychisch wieder stabil und geistlich wieder gefestigt. Dann kann er seinen Auftrag vor Gott ausführen.
Hier haben wir, glaube ich, sehr gut die verschiedenen Aspekte: Wie kann Depression entstehen? Welche Verhaltensweisen zeigen sich bei Depression? Und was kann man tun, damit die Depression bewältigt und überwunden werden kann?
Das wird hier sehr deutlich, und das ist die Geschichte von Elia.
Weitere biblische Beispiele und Ursachen von Depression
Wir haben noch andere Beispiele. Eines der bekannten Beispiele neben Elia und Hiob ist David. In einigen Psalmen drückt er seine Gefühle nach seiner Sünde mit Bathseba aus. Nachdem Nathan zu ihm kommt und ihn zurechtweist, fällt David in eine Art Depression. Wir lesen, dass er nichts mehr isst und trinkt, seine Kleider zerreißt und mehrere Psalmen dichtet, in denen er sagt, alle Gebeine in seinem Körper seien zerbrochen und er habe an nichts mehr Freude.
Hier ist die Ursache für die Depression die Sünde. Daraus erkennen wir, dass Depression auch durch Sünde ausgelöst sein kann. In solchen Fällen müssen wir den geistlichen Aspekt berücksichtigen. Es reicht dann nicht aus, Menschen nur zu ermutigen und zu stabilisieren – das ist zwar auch wichtig. Aber es ist ebenso notwendig, deutlich auf die Sünde hinzuweisen. Erst wenn Buße getan wird und die Strafe Gottes eintritt, kommt David aus seiner Depression heraus. Dann kann er wieder im Auftrag Gottes handeln.
Das zeigt, dass die Ursache von Depressionen sich auch äußerlich und seelisch als Niedergeschlagenheit ausdrücken kann. Dabei möchte ich nicht missverstanden werden: Ich behaupte nicht, dass hinter jeder Depression immer eine individuelle Sünde stecken muss. Das ist nicht der Fall. Ähnlich wie bei Krankheiten kann es verschiedene Ursachen geben. Manche Menschen werden krank und erfahren dadurch eine Strafe oder Zurechtweisung von Gott. Manchmal kommt die Krankheit als Versuchung vom Teufel. Und manchmal ist sie einfach eine Begleiterscheinung der gefallenen Welt, in der wir leben und in der wir alle sterben müssen – sofern nicht vorher die Entrückung geschieht.
Auch hier müssen wir unterscheiden: So wie bei körperlichen Erkrankungen, gilt das auch bei seelischen Erkrankungen wie der Depression. Es kann eine individuelle Sünde dahinterstehen. Wenn wir das erkennen oder die betroffene Person es erkennt, muss diese Sünde bereinigt und ausgesprochen werden.
Es gibt aber auch Fälle, in denen depressive Menschen so tief in ihrer Depression stecken, dass sie alle möglichen Sünden sehen – auch solche, die gar nicht vorhanden sind. Ich kenne einige Personen, mit denen ich längere Zeit zu tun habe und die immer wieder kommen und sagen: „Michael, da ist so eine schwere Sünde, ich habe das gedacht, das war ganz schlimm.“ Dann muss ich ihnen manchmal sagen: „Wir haben das schon zehnmal vor Gott gebracht, und es ist vergeben. Halte daran fest.“
Das bedeutet, manche Menschen müssen nicht noch weiter dazu getrieben werden, Sünde zu erkennen. Sie erkennen viel zu viel Sünde. Sie meinen sogar, Sünden zu sehen, die längst vergeben und vor Gott gebracht sind. Das ist dann ein Ergebnis ihrer Depression. Hier ist es keine Ursache der Depression, sondern das übersteigerte Schuldbewusstsein ist eine Folge der Depression. Weil sie sich so schlecht fühlen und die Situation so negativ empfinden, denken sie auch schlecht über sich selbst und ihr Leben.
In solchen Fällen braucht es nicht, die Betroffenen noch tiefer in den Dreck zu ziehen. Stattdessen muss ihnen deutlich gesagt werden: „Das ist vergeben, wenn wirklich Reue da war.“ Ich kenne einige Beispiele, bei denen die Sünde bereut und vor Gott vergeben wurde. Dann müssen wir genau das Gegenteil tun: Statt auf Sünde aufmerksam zu machen, müssen wir sagen: „Dir ist vergeben.“
Dieses Stärken ist wichtig, denn sonst kann die Situation noch mehr in Selbstmitleid und Ähnliches führen. Das zeigt sich auch bei David.
Paulus und die Herausforderung geistlicher Entmutigung
Dann haben wir – ich möchte jetzt mehrere Textstellen aus dem zweiten Korintherbrief lesen. Paulus hat im zweiten Korintherbrief nämlich mit einer Phase der Niedergeschlagenheit zu tun, so möchte ich es mal nennen. Das lesen wir am Anfang, also in Kapitel 2, Vers 12 und folgende.
Kurze Erklärung des Hintergrundes: Paulus ist der Völkermissionar, der viele Heiden zum Glauben geführt hat. Unter anderem hat er auch die Gemeinde in Korinth gegründet. Korinth war eine der großen Hafenstädte in Griechenland zur Zeit des Neuen Testaments. Dort lebten sehr viele Menschen in schwerer Sünde. Wir lesen im ersten Korintherbrief, was alles in der Gemeinde vorgekommen ist – jede Art von Sünde, die man sich vorstellen kann.
Diese Menschen hatten eine Veränderung ihres Lebens erfahren, waren aber im Glauben noch nicht ganz stabil. Nachdem Paulus weggegangen war, kamen falsche Propheten nach Korinth. Diese stellten sich als Überpropheten dar und behaupteten, viel geistlicher zu sein als Paulus. Deshalb kam es auch zu einem überschwänglichen Gebrauch der Geistesgaben. Jeder meinte, er könne in Zungen reden und prophezeien. Paulus musste sie erst einmal auf den Boden zurückholen und sagen: „Besser drei Worte mit Vernunft als zehntausend in Zungen.“ Damit korrigierte er sie.
Diese Gemeinde war also anfällig für Irrlehren. Paulus bekommt mit, dass sich die Gemeinde vom Evangelium abgewandt hat und den Irrlehrern nachläuft. Weil Paulus so sehr um diese Christen gerungen hat, mit seinem ganzen Herzen und so viel Zeit investiert hat, kommt es bei ihm zu einer Phase der Frustration, Entmutigung, Enttäuschung – vielleicht sogar zu den Anfängen einer Depression. Der Begriff „Depression“ taucht hier nicht auf, aber im zweiten Korintherbrief kommt häufig die Formulierung „Und darum lassen wir uns nicht entmutigen“ vor.
Hier haben wir also einen Paulus, der mit Entmutigung zu kämpfen hat. Entmutigung ist einer der biblischen Begriffe, die das beschreiben, was wir heute Depression nennen – jemand, der keine Zukunftsperspektive mehr hat und sich so stark um sein Problem dreht, dass er an nichts anderes mehr denken kann. Paulus liegt nicht ganz am Boden wie Elija, aber er kämpft mit einer sehr schweren Phase seines Lebens. Er hat so viel Zeit und Energie in die Gemeinde investiert, und die entwickelt sich vollkommen in eine andere Richtung.
Die Brüder, die in der Gemeinde Verantwortung tragen, können das vielleicht nachempfinden. Wenn du über Jahre hinweg in der Gemeinde gearbeitet hast und viel investiert hast, und plötzlich machen die Geschwister etwas völlig anderes, werfen dich aus der Gemeinde – und zwar nicht wegen Sünde, sondern weil sie einem Irrlehrer nachlaufen – dann kann man frustriert und enttäuscht sein.
Das lesen wir am Anfang dieses Textes, in Kapitel 2, Vers 12: „Als ich“, schreibt Paulus, „aber nach Troas kam, um das Evangelium von Christus zu verkündigen und mir eine Tür geöffnet war im Herrn, hatte ich gleichwohl keine Ruhe in meinem Geist, weil ich meinen Bruder Titus nicht fand. So nahm ich Abschied von ihm und reiste nach Mazedonien.“
Das ist die Situation: Paulus hatte Titus mit einem Brief nach Korinth geschickt. Titus war noch nicht zurückgekehrt, und Paulus kann an nichts anderes denken als an diese Probleme. Denn das, was wir hier lesen, ist eigentlich das, was sich jeder Missionar wünscht: Du kommst an einem Ort an, und da steht: „Der Herr öffnete eine Tür.“ Was bedeutet das? Die Leute hören zu, lassen sich ansprechen und bekehren sich.
Und dann steht: „Und trotzdem hatte ich keine Ruhe in meinem Herzen“, schreibt Paulus. Genau das ist gemeint. Er sieht nicht mehr das, was Gott ihm geschenkt hat – nämlich die Gläubigen und den Aufbruch, der da geschehen ist. Er denkt nur noch daran, was mit seinen Geschwistern in Korinth ist und wie sie seinen Brief aufgenommen haben. Werden sie sich korrigieren lassen? Er ist so unruhig, dass er Titus entgegenreist, um ihn schneller zu erreichen, weil er innerlich so beunruhigt ist durch das, was in Korinth abgelaufen ist.
Dann folgt direkt eine Art Therapie, die Paulus sich selbst bei geistlicher Entmutigung und Depression verschrieben hat. Er schreibt: „Gott aber sei Dank, der uns alle Zeit in Christus triumphieren lässt.“
Das geht noch ein ganzes Stück weiter, was dann beschrieben wird. Und das, was wir hier lesen, ist eigentlich gar nicht die Situation, in der Paulus sich befindet. Da könnten wir sagen: Lieber Paulus, wo lässt sich denn Gott triumphieren? Die Gemeinde, die du gegründet hast, hat dich als Irrlehrer weggeschickt. Sie läuft den falschen Propheten nach und lebt in Sünde. Was ist denn der Triumph?
Das Entscheidende, was hier drinsteht, übersehen wir manchmal: „der uns alle Zeit in Christus triumphieren lässt.“ Das ist zum Beispiel ein Blick, den wir im Leben brauchen. Wir alle werden Phasen haben, in denen wir versagen, in denen nicht das herauskommt, wofür wir uns eingesetzt haben.
Vielleicht hast du dich für deine Kinder eingesetzt und darum gekämpft, dass sie im Glauben groß werden. Und irgendwann wenden sie sich vom Glauben ab. Das ist ein Grund, frustriert, enttäuscht oder depressiv zu werden. Oder du hast ein Haus gebaut, und die Finanzierung hat nicht geklappt. Du musst dein Haus verkaufen, es gibt einen Bauschaden, du kannst es nicht behalten. Oder du bist alt und kannst es nicht mehr erhalten, musst es verlassen und bist frustriert und enttäuscht.
Vielleicht hast du dich in der Gemeinde eingesetzt und gearbeitet und hast nicht nur keinen Dank bekommen, sondern auch Widerspruch und Angriffe. Solche Dinge können uns angreifen und fertig machen.
Dann ist es wichtig, nicht zu sagen: Ich habe den Sieg. Sondern: Wir haben den Sieg. Wir triumphieren in Jesus Christus. Das bedeutet, wir wissen, dass wir zur Mannschaft des Siegers gehören – so würde ich es formulieren. Das ist, was Paulus meint.
Der Begriff „wir triumphieren“, den er hier benutzt, beschreibt genau das, was im folgenden Text noch beschrieben wird. Paulus beschreibt den Triumphzug, den ein römischer Feldherr in Rom absolvierte, nachdem er von einer erfolgreichen Schlacht zurückgekehrt war. Die ganze Armee zog mit ihm, und vorne auf dem Wagen saß der Heerführer mit einem Lorbeerkranz auf dem Kopf. Dort sollte er sagen: „Das ist der leuchtende Sieger.“
Paulus sagt damit nicht: „Ich bin der Sieger.“ Er marschiert nur in der Armee mit. Christus ist der Sieger, und weil Paulus zu Christus gehört, gilt: Egal was passiert, Christus hat schon den Sieg über Hölle, Tod und Teufel errungen. Er hat den Teufel besiegt. Das Endergebnis steht schon fest.
Selbst wenn Paulus sein Haus verliert, selbst wenn seine Kinder in die Welt gehen, selbst wenn er krank wird: Er weiß, Jesus ist der Sieger. Weil er an seiner Seite ist, wird Paulus bei diesem himmlischen Triumphmarsch mit dabei sein. Dort, wo der Teufel gefangen geführt und ewig in die Hölle geworfen wird, wird Paulus mit dabei sein. Das ermutigt ihn.
Wenn wir nur auf unsere Leistung schauen, werden wir immer wieder enttäuscht. Unsere Leistung ist begrenzt, und wir werden Misserfolge haben. Je älter wir werden, desto schwächer wird unsere Kraft, desto weniger können wir tun.
Ich habe Gemeindegründer erlebt, die eine Gemeinde gegründet haben, und nach 20 Jahren ist die Gemeinde wieder untergegangen wegen Streitigkeiten. Du hast dein Leben in die Gründung investiert, und dann ist die Gemeinde hinterher zu Ende. Das kann Frustration und Depression auslösen, wenn du den Blick darauf verlierst, dass du – wenn du Christ bist – zur Mannschaft des Siegers gehörst, nämlich zu Jesus Christus, der den Sieg schon errungen hat. Er hängt nicht an deiner Leistung.
Das ist es, was Paulus sich selbst sagt: Obwohl es schlecht läuft in Korinth, sagt er: „Gott sei Dank, der uns alle Zeit in Christus triumphieren lässt.“ Das heißt: Auch wenn sichtbar ein Misserfolg da ist, wenn es sichtbar schlecht geht, dürfen wir uns daran erinnern, dass das nicht das Entscheidende ist.
Das Entscheidende ist: Jesus hat den Sieg errungen. Wenn wir daran festhalten und das immer wieder innerlich vor Augen führen, kann uns das eine echte Hilfe sein, die richtige Perspektive zu bekommen. Das ist eine wichtige Sache.
Geistliche Ursachen und Umgang mit Depression
Ich habe darauf hingewiesen, dass es neben den körperlichen Ursachen und den realen Problemen auch geistliche Hintergründe gibt. Manchmal leiden wir schwer körperlich, und mit der Zeit fangen wir an, Gott Vorwürfe zu machen. Wir fragen: „Gott, warum nimmst du die Schmerzen nicht weg? Warum nimmst du die Krankheit nicht weg? Warum lässt du meine Kinder nicht umkehren? Warum gibst du mir nicht einen neuen Arbeitsplatz?“
So wird aus dem eigentlichen, sachlichen Problem ein geistliches Problem, weil plötzlich die Beziehung zu Gott gestört ist. Je mehr die Beziehung zu Gott gestört ist, desto weniger wird mein Problem gelöst. Mein Problem wächst, weil jetzt noch eine geistliche Krise hinzukommt.
Genauso ist es zum Beispiel bei einer Ehekrise. In einer solchen Krise denkt man vielleicht: „Alles ist aussichtslos, alles schlimm.“ Dabei verpasst man möglicherweise die Lösung, nämlich die Nähe zu Gott zu suchen. Bei Gott findet man Antworten, Trost, Hilfe, Vergebung und einen Neuanfang – genauso wie in vielen anderen Bereichen unseres Lebens.
Das heißt, manchmal ist das Geistliche, wie die Sünde bei David, ein Auslöser der Depression. Manchmal entsteht durch die Depression und die Probleme das geistliche Problem, also die geistliche Schwierigkeit. So wie hier: Ich bin enttäuscht durch die Situation in Korinth und stehe jetzt in der Gefahr, dadurch auch meine Beziehung zu Gott zu stören.
Wenn wir das von der anderen Seite betrachten, heißt das: Wenn wir mit einem depressiven Menschen zu tun haben, müssen wir darauf achten, ob vielleicht am Anfang der Depression schon eine Sünde oder eine geistliche Fehlorientierung steht, die benannt und korrigiert werden muss. Oder ob durch den Umgang mit der Depression eine geistliche Krise entstanden ist.
Wenn wir nicht in einer geistlichen Krise sind, dann können wir durch unser geistliches Leben entweder Depressionen begünstigen oder eher verhindern. Wir können Kräfte sammeln, sodass wir besser widerstehen können, wenn wir in Depressionen geraten. Die Depression wird dann weniger tief, und wir kommen besser damit zurecht.
Das können wir jetzt schon entscheiden, nämlich an unserem geistlichen Leben, bevor wir in Depressionen hineingeraten. Wenn wir bereits in einer Depression sind, wird es uns zugutekommen, wenn wir richtig reagiert haben.
Haben wir dagegen eine geistliche Unausgewogenheit, ist das Risiko für eine Depression viel, viel größer. Ich habe gesagt: Dann kommt ein äußerer Anstoß – die Krankheit, der Charakter, die Krise in der Familie oder etwas anderes – und diese sind dann der Auslöser. Treffen sie aber auf ein unausgewogenes christliches Leben, ist die Wahrscheinlichkeit, in eine Depression abzurutschen, viel größer.
Das ist das, was wir verändern und beeinflussen können. Wir können nicht verhindern, dass wir in schwere Lebenslagen kommen. Wir können unseren Charakter nicht grundsätzlich verändern. Wir können ihn geistlich korrigieren, aber nicht vollständig ändern. Wer zum Beispiel perfektionistisch ist, bleibt das wahrscheinlich bis zum Ende seines Lebens.
Aber er kann lernen, geistlich damit umzugehen, sodass ihn das nicht niederdrückt und kaputtmacht. Genau darauf kommt es an: dass wir eine gesunde geistliche Ausrichtung haben.
Wesentliche geistliche Grundlagen zur Vorbeugung
Was gehört dazu? Dazu gehört zum Beispiel, kein falsches Bild von Gott zu haben. Viele Christen, auch in Deutschland, lehren, ein Christ könne nicht krank werden. Sie behaupten, ein Christ werde immer gesund sein, habe genügend zu essen und zu trinken und werde immer wohlhabend und reich sein. Diese Lehre nennt man im Englischen "health and wealth" – Gesundheit und Wohlstand. Viele Christen vertreten diese Ansicht.
Wenn du das glaubst und versuchst, es mit Bibelversen zu rechtfertigen, ist das Risiko, in eine Depression zu fallen, viel höher. Dieses Bild von Gott, der nur dafür sorgt, dass es uns körperlich und materiell gut geht, ist kein biblisches Bild. Gott wird das in deinem Leben nicht tun. Früher oder später wirst du entweder psychisch krank oder in Depressionen fallen.
Denn wenn du denkst, Gott will doch immer, dass du gesund bist, und du plötzlich Multiple Sklerose bekommst, betest und betest, und die Krankheit geht nicht weg, dann kommt Frustration und Depression. Du denkst, alles, worauf du gebaut hast, Gott, auf den du gebaut hast, hat dich verlassen. Dabei hast du Gott gar nicht verlassen. Er hat nur nie versprochen, dass du immer gesund sein wirst. Das finden wir in der Bibel nirgends.
Wenn du also eine falsche Vorstellung von Gott hast, der dich immer gesund sein lässt und immer segnet in allem, was du dir wünschst, bist du anfälliger für Depressionen. Es ist besser, vor Augen zu haben, dass Gott seine Leute auch durch schwere Lebensphasen gehen lässt. Gott lässt seine Leute krank sein. Manchmal schickt er sogar Krankheit, damit du geistliche Lektionen daraus lernst. Manchmal lässt er es dir schwer gehen.
Die meisten Christen der Welt leben nicht so glücklich wie wir, sondern in Armut und Verfolgung. Diese Menschen sind nicht weniger gläubig als wir. Manchmal stehen sie vielleicht sogar fester im Glauben als wir. Es ist nicht, weil Gott sie verlassen hat, sondern weil Gott im Leiden, im Hunger und manchmal im Tod an ihrer Seite steht.
Gott hat auch Stephanus nicht verlassen, als er gesteinigt wurde. Er war an der Seite von Stephanus und gab ihm Kraft, im Tod bei ihm zu sein. Wenn wir hier eine falsche Vorstellung von Gott haben, der uns immer nur segnet und immer nur Gesundheit und Wohlstand will, werden wir anfälliger für Depressionen.
Ein weiteres Beispiel ist, wenn wir Jesus Christus nicht als den erkennen, der er ist: nämlich ganz Mensch und ganz Gott. Wenn wir Jesus entweder nur als Gott oder nur als Mensch betrachten, sind wir anfälliger für Depressionen.
Warum? Wenn du die Vorstellung hast, Jesus sei nur Gott, dann erscheint er schnell weit entfernt. Er hat immer mit den großen Dingen des Universums zu tun. Warum sollte er sich um deine Kleinigkeiten kümmern? Gott ist dann so groß, Jesus so weit entfernt, dass du es kaum für möglich hältst, dass er in deiner Situation eingreift und dass du dich mit deinen Nöten und Versagen an ihn wenden kannst.
Siehst du Jesus hingegen nur als Menschen, dann wendest du dich zwar an ihn. Er ist mehr der Kumpel an deiner Seite. Aber wenn er nur Mensch ist, kann er dir genauso wenig helfen wie andere Menschen.
Wenn wir also nicht beides zusammen sehen – Jesus als Menschen, wie im Hebräerbrief beschrieben, der versucht worden ist wie wir, der alles nachempfinden kann, was wir empfinden, aber ohne Sünde – und gleichzeitig Jesus als Gott, der dem ganzen Universum befehlen kann, von dem ein Wort genügt, um die Welt zu verändern –, dann sind wir anfälliger, wenn wir in schwierigen Lebensphasen sind oder am Anfang einer Depression stehen.
Diese Beispiele sollen verdeutlichen, dass es nicht nur um Sünde geht, sondern auch um ein gesundes, biblisches Verständnis von Jesus Christus und vom Handeln Gottes. Wenn wir kein gesundes Verständnis haben, weil wir nur das hören wollen, was uns passt, oder aufnehmen, was gerade in unser System passt, sind wir anfälliger, in schwierigen Lebensphasen abzustürzen und in Depressionen und Notlagen zu geraten.
Dazu gehören natürlich auch Dinge wie, dass wir uns selbst zu wichtig nehmen. In der Zeit, in der wir leben – geprägt von Individualismus und Postmoderne – nimmt sich jeder Mensch häufig viel zu wichtig.
Wenn sich alles nur um dich dreht, bist du anfälliger. Denn wenn es dir schlecht geht, nimmst du das nicht als Ausnahme wahr, sondern denkst, der ganzen Welt geht es schlecht oder alles ist schlimm. Manchmal ist es Selbstmitleid. Manche Menschen in Depressionen leiden gar nicht an der schweren Situation, sondern an ihrem Selbstmitleid. Warum geht es mir so schlecht? Dahinter steckt oft auch ein Stück Egoismus.
Du bist das Zentrum der Welt. Du könntest auch sagen: Schön, dass es meiner Familie gut geht, schön, dass es der Welt gut geht. Stattdessen denkst du nur an dich. Das ist vielleicht schon die falsche Ausrichtung – wie wichtig nehme ich mich selbst?
Das steckt in uns allen, es ist uns angeboren, aber es ist ungeistlich. Da brauchen wir eine Kehrtwende, eine Veränderung.
Wie gesagt, die Tipps, die ich euch jetzt gebe, sind nicht geeignet, um jemandem, der gerade in einer schweren Depression steckt, geistliche Lektionen zu erteilen. Sie sind eine Vorbereitung für schwere Lebensphasen. Sie sind eine Korrektur, die wir manchmal brauchen, wenn jemand sich wieder stabilisiert hat, um geistliche Defizite zu erkennen und sich auf weitere schwierige Lebensphasen vorzubereiten.
Ermutigung und geistliche Perspektive bei Entmutigung
Ich möchte hier etwas weiter lesen, und zwar in Kapitel 4, Vers 1, also 2. Korinther 4,1. Hier findet sich nämlich wiederum eine Formulierung, die in den Bibelübersetzungen unterschiedlich wiedergegeben wird. Ich habe hier jetzt eine Schlachter-Übersetzung, da wird das sehr deutlich benannt, das griechische Wort, das hier steht. Dort heißt es nämlich: „Darum lassen wir uns nicht entmutigen.“ Ich glaube, Luther übersetzt das ein bisschen anders, aber genau das ist damit gemeint: Darum lassen wir uns nicht unterkriegen. Darum fallen wir nicht in Depression, darum geben wir den Mut nicht auf – das ist damit gemeint.
Und das schreibt jemand, der genau damit zu kämpfen hat, sonst würde man das ja nicht sagen. Also jemand, der merkt: „Ich werde niedergedrückt, das ist zu deprimierend“, und sagt dann: „Nein, ich will nicht.“ Und jetzt kommt, was er dann sagt, wie man das denn macht oder was man richtig tun kann und falsch tun kann.
Darum lassen wir uns nicht entmutigen, weil wir diesen Dienst haben gemäß der Barmherzigkeit, die wir empfangen haben.
Erster Punkt: Wir lassen uns nicht entmutigen. Ich will nicht in diese Depression hineinfallen, weil ich weiß, ich habe meinen Dienst von Gott. Jetzt bist du Mitarbeiter in der Gemeinde und merkst, du wirst weder von deinen Brüdern anerkannt noch von denen, für die du sorgst, sondern bekommst vielleicht immer nur Kritik. Das kann dazu führen, dass du irgendwann sagst: „Dann lass mich doch in Ruhe, dann mache ich doch gar nicht weiter“ oder sonst irgendetwas, oder innerliche Verbitterung oder so. Und das ist schon ein Anfang von Entmutigung, ein Anfang von Frustration, ein Anfang von Depression. Anfang ist das, das ist noch nicht das Ende.
Und was kann man dagegen tun? Das, was Paulus hier nämlich sagt: Indem ich mir bewusst werde, ich habe diesen Dienst nicht von der Gemeinde, ich habe diesen Dienst auch nicht, weil ich dadurch Anerkennung suche, weil die Leute mir auf die Schulter geklopft haben. Ich habe diesen Dienst letztendlich, weil Gott mich dazu berufen hat. Und dann kann ich anders damit umgehen.
Wenn ich weiß, ich bin von Gott in diesem Dienst berufen, dann kann ich es leichter verkraften, dass auch Leute um mich herum einmal sagen: „Was ist denn das für einer, der schafft das doch gar nicht, und das läuft doch gar nicht gut.“ Und umso mehr Verantwortung ihr im geistlichen Dienst erlebt, umso häufiger werdet ihr auch erfahren, dass ihr Angriffe bekommt. Also wer nicht bereit ist, mit Angriffen umzugehen – und zwar egal welcher – der sollte keine hohe Verantwortung in der Gemeinde haben.
Wer nur darauf aus ist, Anerkennung und Schulterklopfen zu bekommen, der sollte besser bei den einfachen Aufgaben in der Gemeinde bleiben. Sonst wirst du es nicht schaffen, sonst wirst du irgendwann zusammenbrechen. Ich habe einige Älteste kennengelernt, ich habe einige Mitarbeiter in Gemeinden kennengelernt, die genau da auch gescheitert sind, die nicht damit leben konnten, dass sie ständig auch einmal angegriffen worden sind. Denn in vielen Gemeinden ist alles, was schiefgeht, die Verantwortung des Ältesten. Und egal, was er macht, wie er entscheidet, immer ist eine Gruppe unzufrieden.
Und das heißt: Wenn einer das zu schwer auf die Schulter nimmt – man soll es ja hören als Ältester –, aber wenn man es sich zu schwer nimmt und nicht Gott abgibt und nicht weiß: „Ich habe diesen Dienst nicht, weil alle nett zu mir sind, sondern ich habe ihn als Verantwortung vor Gott“, dann kannst du sehr viel schneller frustriert, enttäuscht, entmutigt und depressiv werden. Und genau das ist es, was Paulus hier sah.
Ich erinnere mich immer wieder daran: Meinen Dienst habe ich nicht, weil die Leute mich so toll finden. Sondern meinen Dienst habe ich, weil ich hier in Verantwortung vor Gott stehe, weil Gott mich da hineinberufen hat.
Dann zählt er weiteres auf, was er nicht tut beziehungsweise was er tut: „So lehnen wir die schändlichen Heimlichkeiten ab.“ Was ist damit gemeint? Schändliche Heimlichkeiten – damit meine ich, übersetze es mal in einem anderen Wort im Deutschen – Doppelleben. Schändliche Heimlichkeiten heißt: schändlich, also Sünde, und heimlich. Aha, ich tue geheim etwas anderes als nach außen sichtbar.
Hier ist ja das große Thema im Neuen Testament die Heuchelei und das Doppelleben. Das steckt ja dahinter. Und da sagt: Ein Mensch, der ein christliches Doppelleben führt, ist viel anfälliger für Enttäuschung, Frustration und Depression als ein Mensch, der echt authentisch Gott gegenüber lebt.
Warum? Weil der Mensch selbst, auch wenn die anderen es nicht sehen, ja um sein Doppelleben weiß. Und ein Doppelleben aufrechtzuerhalten ist immer sehr, sehr schwer. Du musst sehen, dass keiner dahinterkommt. Und du lebst das glückliche Christsein, und du bist gar nicht der glückliche Christ. Du lächelst alle im Gottesdienst an, und du bist gar nicht glücklich. Du tust so, als ob du rein lebst, und in Wirklichkeit lebst du in der Sünde.
Und ich könnte euch hier einige Beispiele erzählen. Zwischenzeitlich weiß ich: Egal in welcher Gemeinde, ich gehe immer erst mal davon aus, in jeder Gemeinde gibt es jede Sünde, jede. Vom Diebstahl bis zu Mord und Ehebruch und alles, weil das ist die Realität, weil wir anfällige Menschen sind. Nur das, was passiert, ist vielfach Heuchelei. Das heißt, man lässt es nicht an die Oberfläche kommen, keiner merkt es.
Gerade vor kurzem war ein Fall in einer Gemeinde, wo dann ein älterer Bruder plötzlich bekannt wurde, dass dieser ältere Bruder über Jahre hinweg Prostitution in Anspruch genommen hat. Und zwar eine strenge Gemeinde, keine jetzt leicht lockere Gemeinde. Und da ist die Frage: „Ja, wieso hat das denn keiner gemerkt?“ „Ja, weil der Bruder geheuchelt hat.“ Klar.
Und deshalb Heuchelei. Natürlich gibt es Heuchelei, auch bei euch in der Gemeinde Heuchelei. Und wir alle können in der Gefahr stehen zu heucheln, weil das Heucheln einfacher ist als echtes geistliches Leben. Viele Geschwister geben sich damit zufrieden: Wenn du am Sonntag oder in der Gemeindestunde so reagierst und aufstehst und gekleidet bist und redest, wie man es erwartet, geben sich viele damit zufrieden.
Aber es wird dein geistliches Leben zerstören, und wenn dann der Druck von außen eines Problems kommt, wird ein geheucheltes Christsein eben nicht widerstehen können. Es wird nicht helfen, den Blick auf Gott zu haben, sondern dann bricht das alles zusammen, weil eben nichts Echtes dahintersteht. Und deshalb die Gefahr der Heuchelei.
Lebt man als Christ ein geheucheltes Christsein, muss man sich nicht wundern, wenn in Krisenphasen plötzlich alles zusammenbricht und die Krise viel tiefer wird und man nicht mehr herauskommt.
Deshalb ist die beste Vorbereitung für Krisen im Leben, ein echtes Christsein zu führen, Probleme nicht zu vertuschen, sondern zu versuchen, sie zu vermeiden, hinterher zu bereuen, zu bekennen und umzukehren. Das ist ein wichtiger Punkt: keine Heuchelei.
Das schreibt Paulus ja hier. Er sagt: Wir lassen uns nicht entmutigen und deshalb gehen wir nicht mit falscher Hinterlist um, also nicht mit Heuchelei. Dann werden wir mit Heimlichkeiten – dann wir gehen nicht mit Hinterlist um.
Mit Hinterlist umgehen bedeutet, Intrigen spinnen in der Gemeinde. Du kannst versuchen, geistliche Ziele mit menschlichen Mitteln zu erreichen, indem du jetzt entweder ganz krass irgendwen bestichst in der Gemeinde oder du weißt, die entscheidenden Brüder, die lädst du häufig zum Kaffeetrinken ein, dann sind die auf deiner Seite, und das nächste Mal, wenn es um wichtige Entscheidungen geht, hören sie auf dich.
So etwas gibt es in Gemeinden ja. Oder was weiß ich, du bist verheiratet mit ihnen, also jetzt mit der Familie. Da weißt du, die Großfamilie so und so bei uns in der Gemeinde, und wenn die auf deine Seite gebracht sind.
Intrigenspinnen. Denn Großfamilie ist für Entscheidungen in der Gemeinde nichts aussagekräftig. Ob es deine Freunde sind, die gerne deiner Meinung sind, die sagen, über geistliche Entscheidungen, das sagt nichts aus. Das ist alles Intrigenspinnen. Das ist menschlich, irdisch. Das ist dann wie im Sportverein, wo man gute Freunde hat und Entscheidungen trifft.
Und wenn du das tust, dann wirst du ganz anfällig sein, auch für Frustration, Enttäuschung und Depression, weil du hier wieder aufs Falsche baust. Du baust wieder auf menschliche Strategien, nämlich auf deine Beziehungen und Freundschaften, auf das, wie gut du Menschen überzeugen oder manipulieren kannst.
Und das ist menschlich, irdisch. Das passiert in christlichen Gemeinden unter geistlichem Deckmantel, mit frommen Begriffen. Total ungeistlich, statt im Gebet darum zu ringen und statt vielleicht auch einmal zu sagen: Auch wenn da einer in meiner Familie ist und diese Meinung hat, vielleicht ist diese Meinung falsch, auch wenn es mein Bruder in der Gemeinde ist.
Das ist der echte geistliche Blick: Nicht weil der zu meiner Familie gehört, muss er Recht haben und ich muss ihn unterstützen. Das ist genau hier mit gemeint.
Also wenn ich in der Gemeinde offen sagen würde: Ich möchte gerne, dass der Älteste oder Jugendleiter wird, ja weil der mit meiner Cousine verheiratet ist, dann würde jeder in der Gemeinde sagen: „Das ist ja nicht geistlich.“ Also sage ich das nicht, sondern sage: „Nee, der wird das, weil er so geistlich ist.“ Aber wirklich, dann ist er das vielleicht gar nicht.
Und dann müssen wir einen klaren Blick behalten: Wer mit irdisch-menschlichen Perspektiven da herangeht, wird scheitern und ist erhöht in der Gefahr für Enttäuschung und Depression, weil es ungeistlich ist.
Und dann sagt er: „Und wir fälschen auch nicht das Wort Gottes.“ Und das finde ich ja nun ganz schlimm. Unter euch sind wahrscheinlich keine schlimmen Bibelkritiker, gehe ich mal davon aus. Die erwische ich ja manchmal an der Universität, diskutiere mit ihnen im Internet fast jede Woche, mit diesen Leuten, die die Bibel gar nicht für wahr halten.
Die meinen, gerade jetzt letzte Woche noch ein junger Mann aus einer christlichen Gemeinde sagt: „Ich kann das jetzt alles nicht mehr glauben.“ Dann schickt er mir ein paar YouTube-Videos, wo dann eben drinsteht, dass das Neue Testament gar nicht stimmt usw. usw. Ich diskutiere lange mit ihm. Das glaube ich nicht, das ist nicht euer Problem, dass ihr meint, die Bibel sei falsch.
Aber es gibt auch fromme Formen von Bibelfälschung, und ich glaube, an die denkt Paulus hier in erster Linie. Er denkt nicht daran, dass in der Gemeinde damals jemand ist, der das Wort Gottes generell leugnet. Aber Bibelfälschung ist es beispielsweise, indem ich bestimmte Bibelstellen einfach nicht zur Kenntnis nehme.
Ich suche einfach nur die heraus, die mir passen in mein geistliches Konzept, theologisches Konzept, nur die, die mir die Mittel und Werkzeuge geben, den anderen fertigzumachen, statt die Bibel an mich herankommen zu lassen und zu zeigen: Wo sind denn meine Probleme? Wo ist vielleicht mein Stolz, meine Überheblichkeit, meine Selbstgerechtigkeit, meine Streitsucht? Wo ist die?
Stattdessen schaue ich nur, wo sind die Bibelverse, die den anderen fertig machen. Dann bin ich genau in der Gefahr des Pharisäertums reingefallen und bin wieder anfällig für Depression und Anfechtung.
Warum? Weil ich hier nicht die Maßstäbe Gottes in meinem Denken anwende, in Beziehung zu anderen und auch nicht in Beziehung zu mir. Weil ich Gott dann nicht erlaube, durch diese Bibelfälschung meinen Charakter und meine Persönlichkeit zu verändern, den wunden Punkt zu treffen in meinem Leben, sondern weil ich das verdränge. Und das ist dann ein Problem.
Also deshalb keine Bibelfälschung. Auch die Bibelstellen lesen und ernst nehmen, die uns vielleicht nicht so passen, weil sie Dinge sagen, die wir nicht so ins theologische System einbauen können oder die, wo wir gerade sündigen und falsch liegen.
Genauso geht es natürlich auch darum, wenn wir sagen, die Bibel nicht zu fälschen, das heißt, bestimmte Bibelstellen immer schon von vornherein mit einer theologischen Brücke zu lesen, immer nur das zu lesen, was man gerne will oder immer so gelesen hat, und dann Gott zu verbauen, dass er mir neue Dinge eröffnen kann.
Auch das ist Bibelfälschung.
Ich lese dann weiter, und zwar hier ab Vers 16. Da kommt nämlich noch einmal dieselbe Formulierung. Da sagt Paulus nämlich wieder: „Darum lassen wir uns nicht entmutigen, sondern wenn auch unser äußerer Mensch zugrunde geht, so wird doch der innere Tag für Tag erneuert.“
Aha, hier sagt er: Wir lassen uns nicht entmutigen. Warum? Wodurch? Indem wir nicht auf den äußeren Menschen schauen, sondern auf den inneren. Das ist genau so ein Punkt: Der Äußere Mensch.
Denn wenn du in erster Linie auf deine Leistungsfähigkeit schaust, auf deine Intelligenz, deine Körperkraft oder so etwas, wirst du früher oder später in Krisen hineinkommen, wenn nämlich Gott dich an die Grenzen deiner Leistungsfähigkeit führt.
Wenn du körperlich eben nicht mehr in der Lage bist, wenn du krank wirst, viele Leute sind vollkommen frustriert und enttäuscht, wenn sie körperlich krank werden, weil für sie körperliche Gesundheit einen so hohen Stellenwert gehabt hat, und dann kommt der Absturz.
Wenn du von vornherein dich geistlich prägen lässt, wie Paulus das hier sagt, und sagt: „Hey, der äußere Mensch wird sowieso kaputtgehen.“ Wenn du jetzt als junger Mann hier sitzt und sagst: „Ich ziehe durch, ich schaffe das alles, ich kann Tag und Nacht arbeiten, siehst du, was für eine Kraft ich habe.“ Es ist okay, dass du deine Kraft siehst, aber vergiss nicht, diese Kraft wird vorbeigehen.
Wenn du als junger Mann einmal 50, 60 bist, ist das alles vorbei, egal wie kräftig und stark du heute bist. Und jeder von uns kann von Demenz getroffen werden, plötzlich ist unser Verstand löchrig, wir wissen nicht mehr, wie wir weitergehen. Und dann kann das zur Krise werden.
Ich habe euch ja gesagt, diese Lebensphasen, die Krisen auslösen. Und wenn wir zu stark auf unseren äußeren Menschen achten, wie wir aussehen, wie stark wir sind, wie leistungsfähig wir sind – und nicht auf den inneren.
Wenn wir den äußeren Menschen stärker pflegen als den inneren, wenn wir mehr Zeit investieren, außen hübsch auszusehen oder unseren Körper durch Sport und Ernährung fit zu machen und dabei vernachlässigen den geistlichen Menschen, dann ist früher oder später Depression, Niedergeschlagenheit vorprogrammiert.
Wenn dann eben die äußeren Punkte noch kommen – Charakterprobleme, Schwierigkeiten, Krankheit –, dann sind wir nicht stabil genug, damit richtig umgehen zu können. Die Depression wird tiefer, oder sie kommt überhaupt erst, weil wir zu stark auf das Äußere gebaut haben, auf das, was man nur sehen kann von außen.
Dann sagt er: „Denn unsere Bedrängnis ist schnell vorübergehend und leicht und verschafft uns eine ewige, über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit.“
Wenn wir den Blick auf die Ewigkeit verloren haben – und das ist gerade etwas, was in unseren westlichen Kulturen stattfindet – die Menschen um uns herum denken mit keiner Faser ihres Gehirns an die Ewigkeit.
Sie denken nur daran: Was kann ich mir heute kaufen? Was kann ich heute genießen? Was kann ich heute machen? Welchen Spaß kann ich haben? Und vielleicht noch nächstes Jahr. Aber dass es eine Ewigkeit gibt, haben sie verdrängt.
Und immer mehr Christen erlebe ich auch in Deutschland, die die Ewigkeit verdrängt haben, die fast in ihrem gesamten Denken und Planen sich nur darauf konzentrieren, wie geht der nächste Urlaub, wie kann ich mein Haus verschönern und so weiter, statt daran zu denken: Deine Zeit auf der Erde ist kurz, selbst wenn sie 80, 90 Jahre ist, und ehe du dich versiehst, stehst du vor Gott, und dann spielt das alles gar keine Rolle.
Und wer zu stark auf das Irdische baut, nämlich auf das Sichtbare hier, das vorübergehende, schnell vorübergehende, wer dem Leiden auf der Erde einen zu hohen Stellenwert gibt – jetzt leide ich fünf Jahre –, hier geht es ja immerhin darum.
Er sagt das zu Christen, die verfolgt und umgebracht worden sind, wie eben zum Beispiel Stephanus. Zu denen sagte er: „Euer Leiden ist doch nur schnell vorübergehend.“
Damit meint er: Diese 80 Jahre hier auf der Erde, die gehen doch schnell vorüber angesichts der Ewigkeit. Was sind 80 Jahre im Blick auf die Ewigkeit? Gar nichts.
Da sagt er: „Hey, denk doch mal daran, wenn du leidest, das ist schnell vorübergehend.“ Das klingt jetzt leicht und locker, und für jemanden, der im Leiden ist, für den ist das ja schwer.
Ich will dir nur deutlich machen: Wenn du diese Perspektive verlierst auf die Ewigkeit, dann wirkt dein Leiden hier auf der Erde noch viel schlimmer und tiefer. Das ist das Problem.
Ich kann dir nicht versprechen, das Leiden geht weg, aber der Blick auf die Ewigkeit kann helfen, das Leiden hier auf der Erde in der richtigen Größenordnung zu sehen, dass es nicht übermäßig groß wird, sondern dass wir diese Hoffnung auch haben: Es geht nachher weiter und nicht nur Hoffnung, sondern Gewissheit.
Und deshalb lasst euch nicht verführen durch den Materialismus und Säkularismus unserer Zeit, der auch bei vielen Christen Einzug genommen hat, wo es nur noch um das Hier und Jetzt geht, nur noch um meinen Körper, meinen Verstand, meine Leistung, meinen Besitz und sonst etwas.
Dann werden wir anfällig sein, wenn das mal weg ist, wenn es da mal eine Krise gibt, wenn wir mal krank werden, wenn da mal in der Ehe nicht alles funktioniert.
Und dann sagt er noch: „Wir sehen auch nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare, denn was sichtbar ist, ist zeitlich, was unsichtbar aber ist, ist ewig.“
Also das heißt, wenn man jetzt darauf baut: Ich habe ein schönes Haus. Ich meine, ich habe auch ein Haus, bin auch immer wieder dabei, ärgere mich häufig, wie viel man da immer wieder tun muss. Immer irgendwas, da ist die Dachrinne mal kaputt, da ist eine Leitung kaputt, da muss man eine Wand neu verputzen und eine Leitung neu legen – Sachen, die gemacht werden müssen.
Aber wenn ich darauf meine Hoffnung setzen würde, dann wäre vorprogrammiert, dass irgendwann die große Enttäuschung und Frustration kommt.
Wenn ich auf meine Gesundheit und meine Leistungsfähigkeit baue, ist es nur eine Frage der Zeit, bis deine Gesundheit weg ist und die Krankheiten kommen, spätestens mit dem Alter.
Wenn du darauf gebaut hast und nicht von vornherein den Blick hast: Das wird alles vergehen, baue bloß nicht darauf, dann wird es dir schlecht ergehen.
Wie viel Zeit investierst du, und wie viel Zeit investieren Menschen, die wir begleiten, in ihren inneren Menschen, in den geistlichen Menschen, der bleibt? Dass die Eigenschaften, die Frucht des Geistes nach Galater 5 – Freude, Friede, Geduld usw. – wachsen und zur Blüte kommen.
Wenn da eine Unausgewogenheit ist, werden wir schneller in Krisen und Depressionen hineinkommen.
Das, was ich euch jetzt genannt habe, sind nur Beispiele für geistliche Aspekte, die eine ganz wichtige Rolle spielen für den Umgang mit Depressionen. Vorbereitung, dass wir möglichst nicht reinfallen oder wenn wir reinfallen, dass wir Gott nicht aus dem Blick verlieren, sondern an ihm festhalten, damit die Depression nicht so tief wird, damit sie schneller wieder vorbeigeht.
Das können wir erreichen.
Wir können nicht jedem versprechen, der gläubig lebt, dass er gar keine Depression bekommen wird, weil daran liegen viele Faktoren, die ich euch genannt habe, die haben mit dem Glauben nichts zu tun.
Aber wir können helfen, dass die Depression nicht zur teuren Katastrophe wird, dass wir nicht in der Depression liegen bleiben, und manchmal können wir auch verhindern, dass wir überhaupt reinkommen.
Denn dann kommt die Krise, aber mit dem stabilen geistlichen Leben können wir der Krise besser widerstehen. Sie kann uns nicht ganz runterziehen, und darauf können wir, glaube ich, achten und helfen vor der Krise.
Wenn einer dann in der Krise der Depression ist, macht es so wie bei Elija: Erstmal körperlich stabilisieren, dann Begegnung mit Gott, dann neue Aufgaben geben, zu sagen: „Wir brauchen dich“, und dann aber auch die geistliche Korrektur, damit für eine nächste Krisenphase derjenige besser vorbereitet ist, und dann, wo wir sehen, wo diese theologische Fehlausrichtung ist, dass wir die korrigieren und wieder zurechtrücken können.
Wie gesagt, Beispiele.
Ich hatte einen Aufsatz darüber geschrieben, der ist schon vor ein paar Jahren erschienen, jetzt glaube ich nicht mehr erhältlich. Da habe ich dann insgesamt etwa 25 verschiedene Aspekte genannt, die dafür mit eine Rolle spielen können und biblisch deutlich benannt sind, die ein Risikofaktor sind für Depressionen und die dazu führen können, dass Depressionen vertieft und schlimmer erlebt werden können.
Also dieses hier sind Beispiele, die sollen euch sensibilisieren und helfen. Es sind welche, die häufig auftauchen, aber es sind nicht die einzigen.
Ich werde in dem dritten Teil nach dem Mittagessen auch noch verschiedene andere nennen als Beispiele, aber kürzer als diese, und dann will ich euch ja noch einige Hinweise mit auf den Weg geben, wie wir konkret damit umgehen, wie wir Menschen helfen können, die in Depression sind, oder wie wir uns selbst helfen können, wenn wir da hineinfallen.
Und dann werden wir auch noch eine Zeit haben des Austausches und der Fragen und Rückmeldungen.
Hinweise auf Literatur und Abschlussgebet
Bevor ich jetzt abschließe, möchte ich euch noch auf etwas hinweisen. Es wurden ja gerade schon einige gute Bücher empfohlen, von denen ich einige kenne und die auch wirklich empfehlenswert sind.
Ich habe hier noch ein paar andere Bücher, die sich nicht mit Depressionen beschäftigen. Zum Beispiel geht es in einem um Jan Hus, der vor sechshundert Jahren lebte. In diesem Jahr feiern wir das Jubiläum des Konzils von Konstanz, bei dem der tschechische Reformator Jan Hus verbrannt wurde. Dieses kleine Heft bietet einen kurzen Rückblick auf die Ereignisse vor sechshundert Jahren, erklärt, wer dieser Mann war, was er geglaubt hat und welche Auswirkungen das hatte. Dieses Heft könnt ihr kostenlos mitnehmen, es liegen einige Exemplare vorne aus.
Dann habe ich ein Buch über Weihnachten und Advent geschrieben. Es heißt „Es muss nicht immer Schokolade sein“. Es eignet sich besonders, um es Menschen weiterzugeben, die kulturell interessiert sind und sich für Kirche interessieren, aber nicht gläubig sind. In 24 kurzen Kapiteln, für jeden Tag vor Weihnachten eines, erkläre ich einen Weihnachtsbrauch oder eine biblische Begebenheit. So möchte ich den Glauben auf eine verständliche Weise näherbringen. Am Ende steht auch, wie man gläubig werden kann. Dieses Buch könnt ihr gerne anschauen und mitnehmen. Dafür würde ich fünf Euro dafür bekommen.
Außerdem habe ich hier eine ermutigende Biografie eines Mannes, der viele schwere Lebensphasen durchlitten hat, aber mit der Kraft Gottes darüber hinweggekommen ist. August Hermann Francke war einer der wichtigsten Erweckungsprediger in Deutschland im 17. Jahrhundert. Viele christliche Schulen tragen seinen Namen, weil er sehr viel bewirkt hat. Unter anderem gründete er die erste evangelische Missionsgesellschaft der Welt, die Missionare nach Indien aussandte. Er erarbeitete eine neue Bibelübersetzung und missionierte auch stark in Russland unter Christen, die dort unterwegs waren. Wer an seinem Leben interessiert ist, kann diese Biografie gerne lesen. Meine Bücher liegen vorne aus, legt einfach zehn Euro dafür dahin, wenn ihr eines mitnehmen möchtet.
An dieser Stelle mache ich erst einmal Schluss. Nun folgen noch ein paar Ansagen.
Sehr gerne bete ich noch mit euch. Steht bitte dazu auf.
Vater im Himmel, du hast uns als Menschen geschaffen, mit unserem Körper, unserem Charakter und unserem geistlichen Leben. Du willst, dass wir dir ähnlicher werden und dass du uns in der Gemeinde gebrauchen kannst.
Du weißt viel besser, warum wir sündigen, wie oft wir in Krisen fallen und nicht wieder aufstehen oder nicht herauskommen. Du kennst jeden Bruder und siehst, wo Unausgewogenheit herrscht und geistliche Defizite vorhanden sind, die in Zukunft zu Problemen führen können.
Ich bitte dich, dass du den Brüdern deutlich machst, wo sie Korrektur vornehmen müssen. So können sie vermeiden, in Zukunft in eine Krise zu geraten oder Abstand von dir zu gewinnen.
Hilf uns allen, echt zu sein, dein Wort wirklich ernst zu nehmen und zu erkennen, dass du ganz Gott und ganz Mensch bist. Lass uns verstehen, dass du uns nicht immer nur das schenkst, was wir uns wünschen, sondern das, was wir wirklich brauchen.
Schenke uns geistliche Ausgeglichenheit, Mitgefühl, aber auch Konsequenz und Weisheit in der Begleitung von Menschen, die unter Depressionen leiden. Damit sie nicht darin stecken bleiben müssen, sondern wir ihnen Unterstützung geben und dort Hilfe anbieten können, wo Mediziner und Psychologen nicht mehr weiterhelfen.
Gib uns den richtigen Blick und lass allen in Erinnerung bleiben, was von dir ist und was gut ist, damit sie es genau dann abrufen können, wenn sie es brauchen.
Hilf uns nun auch in der Zeit der Mittagspause, sowohl das Essen als auch die Gemeinschaft zu genießen, die von dir kommt. Hilf uns auch, gute, sinnvolle und geistliche Gespräche zu führen, die uns aufbauen und näher zu dir bringen.
Amen.