Das Gebet des Hilfesuchenden
Herr, gedenke meiner nach deiner Gnade, die du deinem Volk verheißen hast. Erweise uns deine Hilfe, damit ich die Wohlfahrt deiner Auserwählten sehe und mich freue, dass es deinem Volk wohlgeht. Lass mich mich deines Erbteils rühmen.
Einleitung: Das Gebet als Zeichen des Glaubens
Wir betrachten es immer als ein hoffnungsvolles Zeichen, wenn ein Mensch anfängt, über den persönlichen Glauben nachzudenken. Bloß mit der Menge zu kommen und in Verbindung mit ihr anzubeten, ist eine armselige Sache. Aber es ist ein seliges Zeichen, wenn ein Mensch das Gewicht seiner eigenen Sünde fühlt und sie von Herzen zu Gott bekennt.
Wenn er für sich seines Heilandes bedarf und anfängt, allein zu beten, damit er diesen Heiland finde, ist das ein wichtiger Schritt. Er ist nicht damit zufrieden, Kind gläubiger Eltern zu sein oder nach der Weise gewisser Sekten in seiner Kindheit in die Kirche aufgenommen worden zu sein. Vielmehr schmachtet er nach wirklicher Gottseligkeit, nach persönlichem Glauben und nach wahrer Bekehrung.
Wir freuen uns noch mehr, wenn ein Mensch die Gebete, die er auswendig gelernt hat und wie ein Papagei wiederholt, aufgibt und nun in der Sprache seines Herzens redet. Auch wenn diese Sprache gebrochen ist oder nur aus Seufzen, Stöhnen und Tränen besteht, ist das ein glücklicher Umstand. Siehe, er betet.
Das genügte Ananias; er war sicher, dass Paulus bekehrt sein müsse. Wenn wir einem Menschen begegnen, der betet und ernstlich um sein persönliches Heil ringt, fühlen wir, dass dies Gottes Finger ist, und unser Herz freut sich in uns.
Unsere Bibelstelle ist eines dieser ernsten, persönlichen Gebete, die wir gern von irgendwelchen Lippen hören. Ich will sie noch einmal lesen und sie dann in zweifacher oder dreifacher Weise anzuwenden suchen.
Das Gebet des Psalmbeters: Ausdruck von Demut und Sehnsucht
Herr, gedenke meiner nach deiner Gnade, die du deinem Volk verheißen hast. Besuche mich mit deinem Heil, damit ich die Wohlfahrt deiner Auserwählten sehe und mich freue, dass es deinem Volk wohlgeht. So kann ich mich deines Erbteils rühmen.
Dies ist erstens ein sehr passendes Gebet für den demütigen Gläubigen. Ein solcher war es, der es zuerst betete.
Zweitens dürfte es eine sehr passende Bitte für einen busfertigen Abgewichenen sein. Drittens ist es ein liebliches evangelisches Gebet für eine suchende Seele.
Möge der Heilige Geist das Wort an jeden dieser Betroffenen segnen.
Erstens: das Gebet eines demütigen Christen.
Das Gebet eines demütigen Christen
Mir ist, als könnte ich ihn hören, wie er fast dieselben Worte gebraucht. Dieser arme, zitternde Christ fürchtet, er sei so unbedeutend, dass Gott ihn vergessen habe. Deshalb beginnt er: „Gedenke meiner nach der Gnade, die du deinem Volke verheissen hast.“
Ich kenne diesen Mann sehr gut und halte viel von ihm, aber er hält sehr wenig von sich. Ich bewundere seine Demut. Doch er klagt oft über den Stolz seines Herzens. Es ist ein wahrer Gläubiger, aber auch ein betrübter Zweifler, ein armer Mann. Er lässt oft den Kopf hängen, weil er ein starkes Bewusstsein seiner eigenen Unwürdigkeit hat.
Ich wünschte nur, er hätte auch ein gleiches Bewusstsein von Christi Fülle, die seiner Demut das Gegengewicht gibt. Er ist auf dem Weg zum Himmel, doch oft fürchtet er, dass das nicht der Fall ist. Das veranlasst ihn, jeden Schritt, den er tut, genau zu überwachen.
Ich wünschte fast, etliche vertrauensselige Bekenner wären ebenso zweifelnd wie er und wenigstens halb so vorsichtig. Er fürchtet sich, einen Fuß vor den anderen zu setzen, weil er nicht falsch gehen möchte, und doch beklagt er seinen Mangel an Wachsamkeit. Er klagt ständig über die Härtigkeit seines Herzens und ist doch die Zartheit selbst.
Man sollte den lieben Mann beten hören; seine Gebete gehören zu den ernstesten und gesegnetsten, denen man je zugehört hat. Doch nachdem er geendet hat, fürchtet er, dass er seinen Mund gar nicht wieder auftun dürfe. Er sagt, er sei nicht imstande, vor anderen Ohren zu beten.
Er hält seine Gebete für die armseligsten, die je zum Thron Gottes hinaufgesandt wurden. Ja, er fürchtet sogar, dass sie dort gar nicht ankommen, sondern rein verschwendet sind. Gelegentlich empfängt er Strahlen von der Sonne, und wenn er die Liebe Gottes in seiner Seele fühlt, ist er so fröhlich wie das Heimchen auf dem Herde.
Unter dem Himmel gibt es keinen so fröhlichen Menschen wie ihn, wenn seine Hoffnung auflebt. Doch er ist hinsichtlich der Sünde so zart, dass er sich geißeln könnte, wenn er fühlte, dass er ein wenig kalt wird oder in gewissem Maße abgewichen ist.
Darüber freue ich mich. Aber er beginnt auch, sein Interesse an seinem Herrn zu bezweifeln, was mir weniger Freude macht. Dennoch bemitleide ich ihn und tadle ihn zugleich, wenngleich ich großes Mitleid für ihn empfinde.
Nur bin ich mir über den Namen dieses lieben Mannes nicht ganz klar: Heißt er Kleinglaube oder Kleinmut? Oder ist es Herr Verzagtheit, dessen ich gedenke? Jedenfalls gehört er dieser zahlreichen Familie an.
Die arme Seele meint: Gewiss wird Gott meiner vergessen.
Gottes Treue auch für die Kleinsten
Nein, nein, liebes Herz, er wird dich nicht vergessen. Es ist wundervoll, wie Gott an die kleinen Dinge denkt.
Da sammelte jemand, den ich auch kenne, in der Wüste ein wenig Moos auf. Als er bemerkte, wie schön buntfleckig es war, sagte er: Hier ist Gott, er denkt an das Moos. Darum wird er auch an mich denken.
Inmitten des Waldes wuchs eine kleine Pflanze. Die Bäume breiteten ihre Zweige darüber aus, und das Pflänzchen sagte bei sich: Das Sonnenlicht wird mich nie erreichen. Ich habe ein kleines Blütchen, das ich gerne öffnen möchte, aber ich kann es nicht ohne den Sonnenstrahl. Ach, er wird nie zu mir kommen. Sieh das dicke Laubwerk, sieh die ungeheuren Stämme dieser hochstrebenden Eichen und mächtigen Buchen. Sie werden die Sonne vor meiner winzigen Gestalt wirksam verbergen.
Doch zur rechten Zeit blickt die Sonne durch die Bäume und lächelt das kleine Blümchen an. Denn es gab noch nie eine Blume, an die Gott nicht gedacht hätte, für die er nicht Sorge getragen hätte.
Sagt ihr nicht mit Recht, dass jedes Grashelmchen seine eigenen Tautropfen hat? Und meint ihr, dass Gott euch vergessen werde, so klein ihr auch seid? Er weiß, wann die Schwalben fliegen und wann die Ameisen erwachen und ihre Vorräte einsammeln. Sollte er euch da nicht gedenken?
Weil ihr klein seid, dürft ihr nicht argwöhnisch gegenüber der Liebe eures himmlischen Vaters sein. Mutter, welches Kind ist es, das du nie vergisst? Wenn du eines Abends zu Bett gehst und eines deiner Kinder noch draußen lässt – ich weiß, welches von ihnen das sicherlich nicht ist –, es ist nicht der Säugling, der hilflos an deiner Brust liegt. Den vergisst du nie.
Und ihr Hilflosen, ihr ängstlich Zitternden: Wenn der Herr einen vergessen müsste, so wäre es der Starke, aber nie ihr. Während ihr betet: „Gedenke meiner nach der Gnade, die du deinem Volk verheissen hast,“ antwortet euch der Herr: „Ich gedenke deiner beständig.“
Die Sehnsucht nach Gottes Heil und Trost
Dieses arme, zitternde Herz scheint in großer Besorgnis zu sein, dass der Herr an ihm vorübergehen könnte. Zugleich fühlt es, dass alles Gute, das ihm möglicherweise zuteilwerden kann, vom Herrn kommen muss und auch von ihm gebracht werden muss.
Beachte die Worte „Besuche mich mit deinem Heil“, was bedeutet: „Herr, ich kann nicht zu dir kommen, ich bin zu lahm und zu schwach, um zu kommen. Aber besuche du mich, oh Herr! Ich bin gleich dem Zerschlagenen zwischen Jericho und Jerusalem, ich bin halbtot und kann mich nicht bewegen. Komm zu mir, Herr, denn ich kann mich nicht zu dir hin bewegen. Besuche mich, denn nur deine Besuche können meinen Geist aufrecht erhalten. Ich bin so verwundet und so zerbrochen, dass, wenn du mich nicht mit deinem Heil besuchst, ich ebenso verloren bin, als ob ich nie zuvor errettet worden wäre.“
Nun, arme zitternde Seele, lass mich dir ein kurzes Wort ins Ohr flüstern, und möge der Heilige Geist es zu deinem Trostwort gestalten: Wenn du ein zerbrochenes Herz hast, brauchst du nichts zu sagen als „Herr, besuche mich!“ Weißt du nicht, dass er in dir wohnt? Denn steht nicht geschrieben: „Ich sehe aber den an, der zerbrochenen Herzens und bekümmerten Geistes ist und der sich fürchtet vor meinem Wort“? Bist du nicht die hier bezeichnete Person?
Ich wünschte, du könntest dich über Gottes Wort freuen. Aber da du das nicht kannst, so freue ich mich, dass du dich vor demselben fürchtest, denn du bist der Mann, bei dem Gott nach seiner Verheißung wohnen will. Halte dich daran und glaube, dass der Herr dich ansieht und bei dir wohnt.
Welch ein klagendes Gebet ist dies! Beachte sorgfältig, dass dieser arme Schwache sich danach sehnt, teilzuhaben an den Segnungen, die der Herr seinem Volk spendet, und an der Freude, die er für dasselbe vorrätig hält. Er spricht etwa in folgender Weise:
„Ich höre viele Christen um mich her sagen, dass sie gewiss sind – oh, dass ich etwas von ihrer Gewissheit hätte! Ich höre sie so vertrauensvoll und mit so völliger Gewissheit sprechen, und ich sehe, wie das Licht aus ihren Augen strahlt, wenn sie von ihrem lieben Herrn und Meister und von seiner Liebe zu ihnen reden. Wie wünschte ich, dass ich auch so reden könnte! Ich aber bin nur imstande zu sagen: Ich glaube, lieber Herr, hilf meinem Unglauben!“
Ich sehe sie an der reich gedeckten Tafel sitzen, und sie scheinen sich überschwänglich zu weiden. Ich aber bin froh, von den Brosamen zehren zu können, die vom Meisterstisch fallen. Dennoch wünschte ich, auch sitzen zu können, wo andere Gotteskinder sitzen, dass ich doch auch von Gemeinschaft, von inniger Verbindung, von innerer Freude und von überfließender Seligkeit reden könnte.
Etliche von ihnen sagen mir, dass sie auf der Schwelle des Himmels sitzen und hineinblicken, die goldenen Straßen sehen und zuweilen Hafenklänge von den Seligen im fernen Lande hören. Oh, wie wünschte ich, von dieser Freude auch schlürfen zu können! Aber ich muss in Mesich und unter den Hütten Keders wohnen. Die einzige Musik, die ich höre, ist der Lärm einer sündigen Welt, das Getöse derer, die vergnügt in ihren Sünden sind. Ich vermisse diese köstlichen Dinge, deren sich die Heiligen erfreuen.
Armes, kummervolles Herz, lass dir in Gottes Namen sagen, dass alles dein ist, wenn du den Herrn liebst – alles! Und du kannst es in diesem Augenblick genießen. Versag dir keinen Bundessegen, eigne dir kühn die heiligen Freuden an! Denn solltest du auch das geringste Kind in der Familie sein, das Erbteil der Kindergottes ist für alle gleich. Es gibt nichts Köstliches, das Gott dir vorenthalten will. Nein, wenn ein Bissen besser ist als der andere, so ist er für solche da, wie du bist.
Sei kühn! Wenn du der Benjamin in der Familie bist, sollst du Benjamins Teil haben, welches zehnmal größer ist als das der anderen. Er will dich trösten und segnen. Sei nur guten Mutes, und wenn du betest, gedenke meiner nach deiner Gnade, die du deinem Volk verheissen hast. So lass deinen Glauben ihn sagen hören: Ich bin dein Teil. Freue dich in dem Herrn, deinem Gott! Richte auf die lässigen Hände und stärke die müden Knie! Ist das nicht ein köstliches Gebet für dich? Bete es im Glauben und habe Frieden.
Zweitens: Die Bitte eines Bußfertigen, der zurückkommt.
Ich weiß, hier sind Abgewichene, obgleich ich leider nicht gewiss bin, ob sie auch bußfertig sind. Der Herr allein kann in ihrem Herzen lesen. Aber wenn sie bußfertig sind, kann ich mir kaum eine passendere Bitte für sie denken als die, welche wir vor uns haben.
Es ist klar, dass dieser arme, flehende Abgewichene fühlt, dass er seinen Gott vergessen hat. Du auch? Du bist ein Gemeindeglied gewesen, bist aber irregegangen. Hast du seine Gebote ganz vergessen? Du dachtest, du liebtest ihn, du pflegtest es, zu einer Zeit zu beten, du hattest beim Lesen und Hören des Wortes einigen Genuss. Aber nun findest du dein Vergnügen anderswo. Du hast deine erste Liebe verlassen und bist einem anderen Liebhaber nachgegangen.
Aber wenn der Herr dir gnädig ist, dann beklagst du deine Vergesslichkeit. Und obgleich du seiner nicht gedacht hast, kommt dir doch dieses Gebet auf die Lippen: „Herr, gedenke meiner!“ Gelobt sei sein Name! Er vergisst uns nicht so leicht, wie wir ihn vergessen.
Wenn du wirklich bußfertig bist, so beweise deine reuige Empfindung dadurch, dass Gott deiner gedenkt. Er ist es, der dich zum Weinen bringt und dich über deine Sünden traurig macht. Wenn Gott dich ganz vergessen hätte, so würdest du kein Verlangen haben, zu ihm zurückzukehren.
Aber dieses innere Klopfen, diese verborgenen Seufzer, diese Wünsche, zum Herrn zurückgebracht zu werden – das alles beweist, dass er deiner gedenkt nach der Gnade, die er seinem Volk verheissen hat.
Und dann, denke ich, ist dein nächster Kummer, dass du fühlst, du hast deine Gemeinschaft mit Christus verloren. Und du fühlst richtig so, denn wie können zwei miteinander wandeln, wenn sie nicht übereinstimmen? Wie könnte Christus auf dem Wege der Torheit mit dir Gemeinschaft haben? Meinst du, dass Christus kommen und tröstlich zu dir sprechen würde, während du dich mit nichtigen und unreinen Dingen beschäftigst? Wie könnte das sein?
Alle freudige Gemeinschaft zwischen deiner Seele und Gott ist durchbrochen! Und dennoch magst du beten: „Besuche mich mit deinem Heil, Herr, komm zu mir zurück, komm und wohne wieder bei mir.“ Ist dies nicht ein Gebet, das um deinetwillen gemacht ist?
Weiter bemerkt er im Text, dass der arme Abgewichene sich danach sehnt, einen Einblick in die guten Dinge zu haben, die eine lange Zeit hindurch vor ihm verborgen waren. Er ruft: „Dass ich sehen möge die Wohlfahrt deiner Auserwählten!“ Er ist im fernen Lande gewesen, hat sich aber von den Tränen nicht sättigen können. Er hat gehungert und gedürstet, und nun erinnert er sich, dass im Hause seines Vaters Brote in Fülle sind.
Verirrter, erinnerst du dich heute Abend? Du weißt, du bist nicht glücklich, und du beginnst einzusehen, dass du nie glücklich werden wirst, solange du im fernen Lande weilst. Wenn du kein Kind Gottes gewesen wärst, hättest du ein glücklicher Weltling werden können, soweit der Weltling überhaupt Glückseligkeit kennt.
Aber wenn du jemals die Liebe Gottes erkannt hast, so bist du zu einem Weltling verdorben. Und Gott musst du erkannt haben, sonst wärst du wirklich ein Heuchler gewesen. Seufzest du nicht zum Herrn, dass er dir die Wohltat wieder erzeigen möchte?
Wohl, er wird das freiwillig tun, und er wird dir keine Vorwürfe machen. Komm und prüfe ihn! Er ist bereit, dich an seine Brust zu drücken, die Vergangenheit zu vergeben und zu vergessen und dich wieder anzunehmen als einen Teil, für den Jesus bezahlt hat.
Der arme Verirrte, der in den Worten meines Textes betet, sehnt sich, die Freude wieder zu genießen, die er zu genießen pflegte. Denn er sagt: „Ich freue mich in der Freude deines Volkes.“ Und er möchte wieder wie einst sprechen können: „Ich kann mich deines Erbteils rühmen.“
Der Arme schämt sich jetzt, mit den Sündern zu sprechen. In deren Gesellschaft lässt er den Kopf hängen, denn da sind etliche, die ihn einen Abtrünnigen nennen. Er wünscht nicht, dass bekannt werde, dass er einst ein Christ gewesen ist. Darum schleicht er sich förmlich in die Versammlung der Heiligen, als ob er hoffen könnte, dass ihn hier niemand kennt.
So halb schämt er sich, hier zu sein, und doch wünscht er, wieder der christlichen Bruderschaft anzugehören und sich mit ihnen freuen zu können.
Mein armer Freund, einst pflegtest du, kühn zu sein wie ein junger Löwe, und nun lässt du die Flügel hängen. Wie kannst du bei all deinen Unbeständigkeiten noch kühn sein? Es gab eine Zeit, da hättest du ein Märtyrer sein können, aber welcher Feigling bist du jetzt?
Und wer sollte sich darüber wundern, dass noch heimliche Sünden deinem Bekenntnis die Kraft entzogen haben? Du wirst dich nie wieder des Herrn rühmen können, bis du wieder zurückgekommen bist, wie du einst kamst, mit dem Ruf: „Vater, ich habe gesündigt vor dir und bin nicht mehr wert, dein Sohn zu heißen.“
Komm jetzt zurück, mein Bruder! Blicke wieder zu Jesus auf! Selbst wenn du nicht abgeirrt bist, blicke wieder zu Jesus auf! Diejenigen von uns, die nicht gefallen sind, tun wohl daran, mit unseren gefallenen Brüdern zu ihm aufzuschauen, denn dieser Segen tut uns allen Not. In gewissem Maße sind wir alle abgeirrt.
Kommt, lasst uns von Neuem auf die teuren Wunden blicken! Könnt ihr ihn nicht sehen? Es ist mir, als hinge er jetzt vor mir. Die Dornenkrone ist auf seinem Haupte, und seine Augen sind voll Mitleid und schmerzlichen Kummers.
Ich sehe sein Angesicht, mit Speichel bedeckt und von grausamen Schlägen entstellt. Ich sehe seine Hände und Füße, aus denen das Blut rinnt. Ich blicke auf zu ihm und rufe aus: Glich jemals ein Schmerz deinem Schmerz, o du schmerzensreicher König?
Während ich blicke, erinnere ich mich dessen, dass Gott die Sünde seines ganzen Volkes auf ihn gelegt hat. Und indem ich blicke, weichen meine Sünden von mir, weil sie auf ihn gelegt worden sind.
Indem ich blicke, beginnt mein Herz zu lieben, und dann beginnt es zu hüpfen. Indem ich blicke, komme ich wieder dahin zurück, wo ich zuvor stand. Nun ist Jesus wieder mein Alles, und ich freue mich seiner.
Hast du diesen Prozess durchgemacht, Abgewichener? Wenn du es getan hast, während ich sprach, so lasst uns Gott miteinander preisen.
Drittens: Das Gebet einer suchenden Seele.
Ich bitte alle, die ihre Bekehrung wünschen, dieses Gebet zu gedenken. Sie täten gut daran, es niederzuschreiben oder besser noch sogleich zum Himmel hinaufzusenden.
Beachtet es wohl: Wir beginnen damit, dass es das Gebet eines Sünders ist: „Gedenke meiner!“ Der Übeltäter am Kreuz freute sich, diese Worte gebrauchen zu können. Der Arme konnte mit keinem Gebetbuch kommen, denn er war dem Tode nahe, und es war auch gar nicht nötig. Dies ist das beste Gebet: „Herr, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst!“
Zitternder Sünder, was jenem Missetäter passte, das passt dir auch! Bringe es jetzt! Vergiss meine Sünden, mein Vater, aber gedenke meiner! Vergiss, dass ich aufgeschoben habe, vergiss, dass ich bisher meinen Heiland verworfen habe, vergiss die Härtigkeit meines Herzens, aber gedenke meiner!
Lass alles aus deinem Gedächtnis ausgetilgt werden, aber lieber Vater, um der Liebe des Herrn Jesu willen, gedenke meiner!
Sünder, geh nicht nach Hause, ohne dieses Gebet vor Gott zu bringen. Es ist das Gebet eines Verlorenen: „Besuche mich mit deinem Heil!“
Niemand bedarf der Errettung, wenn er nicht verloren ist. Die, die nicht fühlen, dass sie verloren sind, mögen über das Heil sprechen, aber sie wissen nichts davon, und in Wirklichkeit begehren sie es auch nicht.
Bist du in tausendfacher Weise verloren, verloren selbst für die Gesellschaft? Hier ist ein passendes Gebet für dich: „Besuche mich mit deinem Heil!“
Jesus Christus ist nicht gekommen, die zu suchen und selig zu machen, die der Errettung nicht bedürfen, sondern zu suchen und selig zu machen, was verloren ist. Du bist es, den er zu segnen gekommen ist. Schau auf zu ihm, und du wirst finden, dass er der Heiland ist, nach dem du suchst. „Besuche mich mit deinem Heil!“
Ich kann euch dieses Gebet nicht in die Herzen legen, aber Gott kann es. Und ich flehe ihn von ganzer Seele an, dass er es vielen von euch, auf den Galerien und denen dort unten, gebe zu rufen: „Besuche mich mit deinem Heil!“
Beachte ferner, dass unser Text das Gebet eines ist, der ein trübes Auge hat: „Dass ich sehen möge die Wohlfahrt deiner Auserwählten!“ Wir haben die suchende Seele aufgefordert, auf Jesum zu schauen, aber sie klagt: „Ich versuche zu sehen, aber ich kann nicht sehen.“
Wenn du auch nicht sehen konntest, wenn du aber aufschaust, so wärst du wenigstens dem Befehl des Evangeliums gehorsam. Das Schauen würde dir das Heil bringen. Für dunkle Augen ist Christus die große Heilung, er kann den Starr heilen.
Bitte ihn heute: „Herr, öffne meine blinden Augen, damit ich sehe das Glück deiner Auserwählten!“
Dann ist es ein Gebet für ein bedrücktes Herz: „Dass ich mich freue in der Freude deines Volkes!“ Die suchende Seele klagt: „Ach, dass ich ein wenig Freude oder auch nur eine schwache Hoffnung hätte! Und wenn es noch ein so geringes Teillicht wäre, so würde ich mich doch freuen!“
Bitte um Freude! Der Herr wartet darauf, sie zu geben, und wenn du an Jesus glaubst, soll deine Freude völlig werden.
Und schließlich, um euch nicht zu ermüden, ist unser Text das Gebet eines Gedemütigten, in den Staub gelegten Geistes, der zu Gott schreit, dass er ihn in den Stand setze, mit seinem Erbteil zu rühmen, weil er alles anderen Ruhmes bar und alles Prahlens entleert ist.
Praktisch betet er: „Herr, gib es mir, dass ich mich deiner Barmherzigkeit und Güte rühmen kann, denn ich habe nichts anderes, dessen ich mich rühmen könnte.“
Nun, dieses Gebet ist es, das ich euch ans Herz legen möchte, und zwar aus folgenden Gründen:
Nehmt an, ihr lebt jetzt ohne das Glück, die Auserwählten Gottes zu sehen, ohne selbst gerettet zu sein. Welch ein elendes Leben wäre das! Ich kann nicht verstehen, was die Menschen ohne Gott machen, ich kann nicht fassen, wie sie ohne ihn leben können.
Mensch, hast du keine Sorgen? Oh, sagst du, ich habe Sorgen in Fülle! Wohl, wo gehst du damit hin? Ich habe genügend Kümmernisse. Aber ich habe einen Gott, zu dem ich sie bringe.
Was tust du mit deinen vielen Unruhen ohne Gott? Beunruhigen deine Kinder dein Gemüt nie? Wie kannst du mit schlechten Kindern ohne Gott leben? Hast du in deinem Geschäft niemals Geldverluste? Fühlst du dich nie zerrissen? Sagst du nie: „Was soll ich machen? Wohin soll ich mich wenden?“
Ich denke, du tust es. Und was tust du dann ohne einen Helfer, ohne einen Führer?
Ich bin ein Wesen, deshalb eile ich unter den Schutz meines Vaters, und dort fühle ich mich sicher. Aber wohin wendest du dich? Wohin fliehst du? Was ist dein Trost?
Ich nehme an, dass du in etwa den armen Geschöpfen gleichst, die in alten Zeiten zum Tode verurteilt wurden und denen man einen betäubenden Trank darreichte, damit sie sterben könnten, ohne die Schrecken des Todes zu empfinden.
Sicherlich musst du dich unter einem starken Betrug befinden, dass du eine Lüge glauben kannst, denn wenn du deine vollen Sinne hättest, könntest du ohne einen Gott gar nicht fertig werden.
Nicht mit deinen schönen Gärten und feinen Parkanlagen, deinem Wohlstand und Reichtum, nicht die meisten unter euch mit eurer Armut und euren schweren Arbeiten!
Armer Mensch ohne Gott, wie kannst du dich nur aufrechthalten? Welchen Trost hast du in deinem Leben? Kein Gebet am Morgen, kein Gebet am Abend! Welche Tage, welche Nächte! Oh Leute, ich könnte glauben, dass ich ebenso gut ohne zu essen oder ohne zu atmen leben könnte, als ohne Gebet zu leben!
Elende, nackte Geister, ihr habt keinen Gott, der euch zudeckt! Aber wenn es schlecht ist, ohne Christus zu leben – und ich bin sicher, dass das sehr schlecht ist – was wird es sein, ohne ihn zu sterben?
In die Zukunft blicken und kein Licht zu sehen, kein Licht und niemanden zu haben, der euch welches bringt.
Du hast zu dem Prediger gesandt, und er hat mit dir gesprochen, aber er kann dir nicht helfen. Du hast die Gebete deiner Familie gehabt, sie haben bei dem Gedanken, dich verlieren zu müssen, gesäufzt und gefleht. Aber du schaust für dich allein aus und vor dich hin wie jemand, der in einem kalten Wintersturm auf ein erzürntes Meer blickt. Und du kannst nichts als die greifbare Finsternis sehen.
Oder um das Bild zu wechseln: Du bist gleich einem Mann auf jenem Wrack. Sieh, er klammert sich an den Mastbaum, er hört das Brausen des Windes, der ihn immer wieder umheult. Er kann die Seemöwen über sich kreischen hören, und sie scheinen ihm seinen Untergang zu prophezeien.
Die Wogen brechen über ihn und tauchen ihn in ihr Salzwasser ein, bis er ganz erstarrt im furchtbaren Rachen des Todes schwebt.
Das Rettungsboot hatte aufgenommen, was es nur konnte, und es kommt nicht wieder zurück. Und wenngleich er sich mit wahrer Verzweiflung anklammert, so weiß er doch, dass es verlorene Hoffnung ist.
Er wird in die See hinausgetrieben, und sein Leichnam wird da liegen, wo die Perlen in der Tiefe liegen, in den Höhlen, wo Tausende von Skeletten während der vielen Jahre gebleicht worden sind.
Seine Lage ist schrecklich, und doch ist sie nur ein schwaches Bild von einer Seele, die ohne Anteil an dem Heil Christi den Leib verlässt.
Ehe du in diesen Zustand übergehst, rufe zu Gott: „Gedenke meiner nach der Gnade, die du deinem Volk verheissen hast! O besuche mich mit deinem Heil!“
Aber der Nebel verdichtet sich, und die Stürme toben mit zehnfacher Wut, wenn wir darüber nachdenken, was es sein muss, ohne Christus aus dem Grabe aufzuerstehen, wenn jener letzte Posaunenschall ertönt ist und jedes Grab und jedes Grabgewölbe seinen Schläfer hergibt und das Meer seine Toten zurückgibt und die Schlachtfelder von den Myriaden der Erschlagenen wimmeln.
Und am Himmel dann der große weiße Thron und auf demselben des Menschensohns sichtbar wird, der für Sünder blutet und nun kommt, um seine Widersacher zu richten.
Was wollen dann die Menschen machen, die keine persönliche Religion, kein Anrecht an Christus, kein Teil an seinem Heil haben?
Die Heilige Schrift erzählt uns, dass sie die Berge auffordern werden, über sie zu fallen, und die Hügel, sie zu bedecken. Aber diese haben kein Mitleid, und sie werden ihnen keinen Schutz gewähren.
Es gibt keine Zuflucht für die Gottlosen, und sie haben nichts anderes vor sich als den feurigen Zorn des lebendigen Gottes.
Oh, bekehrt euch, bekehrt euch! Denn warum wollt ihr sterben?
Diese große Versammlung ist für viele von euch ein ganz gewöhnlicher Anblick. Ich muss bekennen, dass ich nicht ohne tiefe Bewegung darauf blicken kann, obgleich ich sie an jedem Sonntag zweimal vor mir sehe.
Da seid ihr alle, und ich, ein einzelner Mann, stehe hier, um im Namen Gottes zu euch zu sprechen.
Meine Seele wäre nichts wert, wenn ich euch gegenüber nicht ernst wäre, aber ich bin nicht halb so ernst, wie ich es sein sollte.
Doch hört mich noch einmal! Ich bin in dieser Stunde ein wahrer Prophet, wenn ich euch sage, dass ihr diesen Anblick wieder haben werdet, wenn ihr den Heiland verwerft.
Durch die Flammen der Hölle hindurch werdet ihr die Versammlung wiedersehen, und ihr werdet bei euch sagen: Der Prediger warnt uns, er forderte uns auf, um Barmherzigkeit zu Gott zu flehen, er verwies uns auf den Heiland, er veranlasste uns damals und dort zu beten.
Ihr werdet euch wieder meiner Vorstellung und Bitten erinnern, und dann wird sich eure Angst erneuern, während ihr in nie endende Klage ausbrecht:
„Gott rief, und ich antwortete nicht, erreichte seine Hand, und ich achtete nicht darauf. Und nun ist der Gnadentag vorüber, und der Christus, den ich verachtet habe, rettet nicht mehr, da nun gekommen ist, was zu fürchten war. Denn es gibt keine Hoffnung, keine Hoffnung. Ich habe zu spät an die Tür der Barmherzigkeit angeklopft. Meine Lampe ist erloschen, ich war eine törichte Jungfrau und befinde mich nun in äußerster Finsternis.“
Im Namen des ewigen Gottes bitte ich euch: Unterwerft euch sofort Christus, eurem Herrn, und ihr werdet leben.
Amen, Amen.
Das Gebet einer suchenden Seele: Ruf nach Errettung
Ich bitte alle, die sich eine Bekehrung wünschen, dieses Gebet zu bedenken. Es wäre gut, es niederzuschreiben oder – noch besser – es sofort zum Himmel hinaufzusenden.
Beachtet gut: Wir beginnen damit, dass es das Gebet eines Sünders ist – „Gedenke meiner!“ Der Übeltäter am Kreuz freute sich, diese Worte gebrauchen zu können. Der Arme konnte kein Gebetbuch zur Hand nehmen, denn er war dem Tode nahe. Doch das war auch gar nicht nötig. Dies ist das beste Gebet: „Herr, gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst!“ Zitternder Sünder, was jenem Missetäter passte, das passt dir auch! Bring es jetzt vor Gott!
Vergiss meine Sünden, mein Vater, aber gedenke meiner! Vergiss, dass ich aufgeschoben habe, vergiss, dass ich bisher meinen Heiland verworfen habe. Vergiss die Härtigkeit meines Herzens, aber gedenke meiner! Lass alles aus deinem Gedächtnis ausgetilgt werden, aber lieber Vater, um der Liebe des Herrn Jesu willen, gedenke meiner!
Sünger, geh nicht nach Hause, ohne dieses Gebet vor Gott gebracht zu haben. Es ist das Gebet eines Verlorenen: „Besuche mich mit deinem Heil!“ Niemand braucht Errettung, wenn er nicht verloren ist. Wer nicht fühlt, dass er verloren ist, mag über das Heil sprechen, doch er weiß nichts davon und begehrt es in Wirklichkeit auch nicht.
Bist du in tausendfacher Weise verloren, verloren selbst für die Gesellschaft? Hier ist ein passendes Gebet für dich: „Besuche mich mit deinem Heil!“ Jesus Christus ist nicht gekommen, um die zu suchen und selig zu machen, die der Errettung nicht bedürfen, sondern um zu suchen und selig zu machen, was verloren ist. Du bist es, den er segnen will. Schau zu ihm, und du wirst finden, dass er der Heiland ist, nach dem du suchst: „Besuche mich mit deinem Heil!“
Ich kann euch dieses Gebet nicht in die Herzen legen, aber Gott kann es. Ich flehe ihn von ganzem Herzen an, dass er vielen von euch, auf den Galerien und unten, die Kraft gebe, zu rufen: „Besuche mich mit deinem Heil!“
Beachte ferner, dass unser Text das Gebet eines ist, der ein trübes Auge hat: „Dass ich sehen möge die Wohlfahrt deiner Auserwählten.“ Wir haben die suchende Seele aufgefordert, auf Jesus zu schauen. Doch sie klagt: „Ich versuche zu sehen, aber ich kann nicht sehen.“ Wenn du auch nicht sehen kannst, so wäre es doch Gehorsam gegenüber dem Evangelium, wenn du aufschautest. Das Schauen würde dir das Heil bringen.
Für dunkle Augen ist Christus die große Heilung. Er kann den Starrsinn heilen. Bitte ihn heute: „Herr, öffne meine blinden Augen, damit ich sehe das Glück deiner Auserwählten!“
Dann ist es ein Gebet für ein bedrücktes Herz: „Dass ich mich freue in der Freude deines Volkes.“ Die suchende Seele klagt: „Ach, dass ich ein wenig Freude oder auch nur eine schwache Hoffnung hätte! Und wenn es noch so ein geringes Teillicht wäre, so würde ich mich doch freuen!“ Bitte um Freude! Der Herr wartet darauf, sie zu geben. Wenn du an Jesus glaubst, soll deine Freude völlig werden.
Und schließlich, um euch nicht zu ermüden, ist unser Text das Gebet eines Gedemütigten, eines in den Staub gelegten Geistes, der zu Gott schreit, dass er ihn in den Stand setze, mit seinem Erbteil zu rühmen. Denn er ist aller anderen Ruhmes bar und alles Prahlens entleert. Praktisch betet er: „Herr, gib es mir, dass ich mich deiner Barmherzigkeit und Güte rühmen kann, denn ich habe nichts anderes, dessen ich mich rühmen könnte.“
Nun, dieses Gebet ist es, das ich euch ans Herz legen möchte – und zwar aus folgenden Gründen.
Die Not ohne Gott und die Dringlichkeit der Umkehr
Nehmt an, ihr lebt jetzt, ohne das Glück der Auserwählten Gottes zu sehen und ohne selbst gerettet zu sein. Welch ein elendes Leben wäre das! Ich kann nicht verstehen, was die Menschen ohne Gott machen. Ich kann es nicht fassen, wie sie ohne ihn leben können.
Mensch, hast du keine Sorgen? Oh, sagst du, ich habe Sorgen in Fülle! Nun, wohin gehst du damit? Ich habe genügend Kümmernisse, aber ich habe einen Gott, zu dem ich sie bringe. Was tust du mit deinen vielen Unruhen ohne Gott? Beunruhigen deine Kinder dein Gemüt nie? Wie kannst du mit schlechten Kindern ohne Gott leben? Hast du in deinem Geschäft niemals Geldverluste? Fühlst du dich nie zerrissen? Sagst du nie: Was soll ich machen? Wohin soll ich mich wenden? Ich denke, du tust es.
Und was tust du dann ohne einen Helfer, ohne einen Führer? Ich bin ein Wesen, deshalb eile ich unter den Schutz meines Vaters, und dort fühle ich mich sicher. Aber wohin wendest du dich? Wohin fliehst du? Was ist dein Trost? Ich nehme an, dass du in etwa den armen Geschöpfen gleichst, die in alten Zeiten zum Tode verurteilt wurden und denen man einen betäubenden Trank darreichte, damit sie sterben könnten, ohne die Schrecken des Todes zu empfinden.
Sicherlich musst du dich unter einem starken Betrug befinden, wenn du eine Lüge glauben kannst. Denn wenn du deine vollen Sinne hättest, könntest du ohne einen Gott gar nicht fertig werden. Nicht mit deinen schönen Gärten und feinen Parkanlagen, deinem Wohlstand und Reichtum, nicht die meisten unter euch mit eurer Armut und euren schweren Arbeiten!
Armer Mensch ohne Gott, wie kannst du dich nur aufrechthalten? Welchen Trost hast du in deinem Leben? Kein Gebet am Morgen, kein Gebet am Abend. Welche Tage, welche Nächte! Oh Leute, ich könnte glauben, dass ich ebenso gut ohne zu essen oder ohne zu atmen leben könnte, als ohne Gebet zu leben! Elende, nackte Geister, ihr habt keinen Gott, der euch zudeckt!
Aber wenn es schlecht ist, ohne Christus zu leben – und ich bin sicher, dass das sehr schlecht ist – was wird es dann sein, ohne ihn zu sterben? In die Zukunft blicken und kein Licht sehen, kein Licht und niemanden haben, der euch welches bringt. Du hast zu dem Prediger gesandt, und er hat mit dir gesprochen, aber er kann dir nicht helfen. Du hast die Gebete deiner Familie gehabt. Sie haben bei dem Gedanken, dich verlieren zu müssen, gesäufzt und gefleht. Aber du schaust für dich allein aus und vor dich hin wie jemand, der in einem kalten Wintersturm auf ein erzürntes Meer blickt. Und du kannst nichts als die greifbare Finsternis sehen.
Oder um das Bild zu wechseln: Du bist gleich einem Mann auf jenem Wrack. Sieh, er klammert sich an den Mastbaum, er hört das Brausen des Windes, der ihn wieder und wieder umheult. Er kann die Seemöwen über sich kreischen hören, und sie scheinen ihm seinen Untergang zu prophezeien. Die Wogen brechen über ihn und tauchen ihn in ihr Salzwasser ein, bis er ganz erstarrt im furchtbaren Rachen des Todes schwebt.
Das Rettungsboot hatte aufgenommen, was es nur konnte, und es kommt nicht wieder zurück. Und wenngleich er sich mit wahrer Verzweiflung anklammert, so weiß er doch, dass es verlorene Hoffnung ist. Er wird in die See hinausgetrieben, und sein Leichnam wird da liegen, wo die Perlen in der Tiefe liegen, in den Höhlen, wo Tausende von Skeletten während der vielen Jahre gebleicht worden sind.
Seine Lage ist schrecklich, und doch ist sie nur ein schwaches Bild von einer Seele, die ohne Anteil an dem Heil Christi den Leib verlässt. Ehe du in diesen Zustand übergehst, rufe zu Gott: Gedenke meiner nach der Gnade, die du deinem Volk verheissen hast! O besuche mich mit deinem Heil!
Aber der Nebel verdichtet sich, und die Stürme toben mit zehnfacher Wut, wenn wir darüber nachdenken, was es sein muss, ohne Christus aus dem Grabe aufzuerstehen, wenn jener letzte Posaunenschall ertönt ist und jedes Grab und jedes Grabgewölbe seinen Schläfer hergibt, das Meer seine Toten zurückgibt und die Schlachtfelder von den Myriaden der Erschlagenen wimmeln, die nun wieder leben.
Und am Himmel dann der große weiße Thron, und auf demselben des Menschensohns sichtbar wird, der für Sünder blutet und nun kommt, um seine Widersacher zu richten. Was wollen dann die Menschen machen, die keine persönliche Religion, kein Anrecht an Christus, kein Teil an seinem Heil haben?
Die Heilige Schrift erzählt uns, dass sie die Berge auffordern werden, über sie zu fallen, und die Hügel, sie zu bedecken. Aber diese haben kein Mitleid, und sie werden ihnen keinen Schutz gewähren. Es gibt keine Zuflucht für die Gottlosen, und sie haben nichts anderes vor sich als den feurigen Zorn des lebendigen Gottes.
Oh, bekehrt euch, bekehrt euch! Denn warum wollt ihr sterben? Diese große Versammlung ist für viele von euch ein ganz gewöhnlicher Anblick. Ich muss bekennen, dass ich nicht ohne tiefe Bewegung darauf blicken kann, obgleich ich sie an jedem Sonntag zweimal vor mir sehe.
Da seid ihr alle, und ich, ein einzelner Mann, stehe hier, um im Namen Gottes zu euch zu sprechen. Meine Seele wäre nichts wert, wenn ich euch gegenüber nicht ernst wäre. Aber ich bin nicht halb so ernst, wie ich es sein sollte.
Doch höret mich noch einmal! Ich bin in dieser Stunde ein wahrer Prophet, wenn ich euch sage, dass ihr diesen Anblick wieder haben werdet, wenn ihr den Heiland verwerft. Durch die Flammen der Hölle hindurch werdet ihr die Versammlung wiedersehen, und ihr werdet bei euch sagen: Der Prediger warnt uns, er forderte uns auf, um Barmherzigkeit zu Gott zu flehen, er verwies uns auf den Heiland, er veranlasste uns damals und dort zu beten.
Ihr werdet euch wieder meiner Vorstellung und Bitten erinnern, und dann wird sich eure Angst erneuern, während ihr in die nie endende Klage ausbrecht: Gott rief, und ich antwortete nicht. Er reckte seine Hand aus, und ich achtete nicht darauf. Und nun ist der Gnadentag vorüber, und der Christus, den ich verachtet habe, rettet nicht mehr, da nun gekommen ist, was zu fürchten war. Denn es gibt keine Hoffnung, keine Hoffnung.
Ich habe zu spät an die Tür der Barmherzigkeit angeklopft. Meine Lampe ist erloschen, ich war eine törichte Jungfrau und befinde mich nun in äußerster Finsternis. Im Namen des ewigen Gottes bitte ich euch: Unterwerft euch sofort Christus, eurem Herrn, und ihr werdet leben. Amen, Amen.
