Ihr habt lange gewartet. Beim letzten Mal hat es nicht geklappt, ich habe es nicht geschafft. Heute geht es weiter.
Für alle, die nicht wissen, wovon ich rede: Wir sind in einer Reihe mit dem Titel „Dynamik des geistlichen Lebens“. Heute sind wir bei Abend- oder Vortrag Nr. 7.
Ich möchte am Anfang den Text noch einmal vorlesen, um den es geht. Ich weiß nicht, ob ihr Bibeln dabei habt. Heute wird es sehr old school: Keine Folien, sondern einfach gut zuhören. Wer eine Bibel dabei hat, kann gerne mitlesen – ganz klassisch. Wer noch eine Bibel braucht, kann sich melden. Die guten deutschen Übersetzungen unterscheiden sich ja nicht so stark.
Unser Leittext ist 2. Petrus 1,5-8. Kann man hier oben vielleicht kurz die Deckenlichter anmachen, damit ihr besser mitlesen könnt?
Diese Verse beschäftigen uns schon eine ganze Weile. Ich lese sie jetzt vor:
„Deshalb wendet aber auch allen Fleiß auf und reicht in eurem Glauben die Tugend, da in der Tugend aber die Erkenntnis, in der Erkenntnis aber die Enthaltsamkeit, in der Enthaltsamkeit aber das Ausharren, in dem Ausharren aber die Gottseligkeit, in der Gottseligkeit aber die Bruderliebe, in der Bruderliebe aber die Liebe.“
Dann kommt Vers 8:
„Denn wenn diese Dinge bei euch vorhanden sind und zunehmen, lassen sie euch im Hinblick auf die Erkenntnis unseres Herrn Jesus Christus nicht träge und nicht fruchtlos sein.“
Der Text konfrontiert uns mit acht Aspekten des geistlichen Lebens. Acht Aspekte, die wir im Blick behalten müssen, wenn wir den Herrn Jesus immer mehr erkennen wollen. Das geschieht dadurch, dass wir ihm immer ähnlicher werden.
Wir haben uns von diesen acht Aspekten schon vier angeschaut. Heute machen wir weiter beim Thema „Ausharren“.
Das Thema Ausharren finde ich persönlich als Konzept total spannend. Ich kann es nicht anders sagen.
Ich finde Ausharren deshalb so interessant, weil meines Erachtens viel zu selten über die Notwendigkeit gepredigt wird, im Glauben nicht nur anzufangen, sondern auch bis zum Schluss durchzuhalten.
Ich ahne, woher das kommt. Es liegt wohl daran, dass wir als Protestanten mit einer protestantischen Vergangenheit eine überzogene Vorstellung von Errettung aus Gnade haben. Damit mich jetzt niemand falsch versteht: Das kann man leicht falsch verstehen. Ich bin total für Errettung aus Gnade. Das will ich keinesfalls infrage stellen.
Aber wenn wir genau lesen, dann haben wir es in der Bibel nicht einfach nur mit Errettung aus Gnade zu tun, sondern mit Errettung aus Gnade durch Glauben. Das ist ein ganz kleines bisschen mehr. Es betont nämlich, dass Glaube – also etwas sehr Persönliches, eine persönliche Note – die Errettung aus Gnade flankiert.
Diese beiden Dinge gehören ganz eng zusammen und bilden eine Einheit, die man nicht trennen darf. Ich kann mich nicht selbst retten, aber ich muss dranbleiben an dem, der mich rettet.
Der Herr Jesus sagt das sehr schön in Johannes 10, Vers 27 und 28. Ich mag diese beiden Verse sehr. Dort heißt es: „Meine Schafe hören meine Stimme, Johannes 10,27. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir, und ich gebe ihnen ewiges Leben.“
Merkt ihr dieses Ja? „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir, und ich gebe ihnen ewiges Leben.“
Und wo diese Dynamik ist, da gilt dann auch: „Und sie gehen nicht verloren in Ewigkeit, und niemand, wirklich niemand wird sie aus meiner Hand rauben.“
Von daher ist es unsere Aufgabe, wenn man es mal ganz platt beschreiben möchte, einfach auf Jesus zu hören und ihm zu folgen.
Ich will es mal noch mit einem einfacheren Bild beschreiben: Ein Schiffbrüchiger, der an seinem Rettungsring hängt, darf einfach nur nicht loslassen. Das ist alles, was er tun muss. Er muss einfach nur dranbleiben. Dann ist das mit der Rettung kein Thema.
Der geistliche Aspekt, der mich da hängen lässt, wird durch den Begriff Ausharren beschrieben.
Und das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum der Herr Jesus seine Jünger sehr ernst ermahnt. Er sagt zum Beispiel in Lukas 21,19: „Gewinnt euer Leben durch euer Ausharren.“
Der Zusammenhang, wenn man Lukas 21 liest, wird als Endzeitrede bezeichnet. Der Kontext ist Verfolgung. Der Begriff „Ausharren“ oder „Geduld“ beziehungsweise „Ertragen“ beschreibt mein Verhalten im Angesicht von Schwierigkeiten. Besonders meint er solche Schwierigkeiten, die sich über längere Zeit hinziehen oder sich im Laufe eines Lebens anhäufen.
Es sind vor allem Schwierigkeiten, an denen man das Ausharren lernt. Paulus schreibt im Römer 5,3 eine längere Liste, aber ich möchte nur diesen Vers zitieren: „Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch in den Bedrängnissen.“ Ich weiß nicht, ob wir das wirklich tun, aber wir könnten es tun.
Wir rühmen uns auch in den Bedrängnissen, weil wir wissen, dass die Bedrängnis Ausharren bewirkt. Ich weiß nicht, ob du Schwierigkeiten magst. Ich gebe offen zu, ich mag sie nicht. Aber dort, wo es eng wird – in der Bedrängnis – da steigt die Lernkurve in puncto Ausharren steil an.
Da können wir wirklich machen, was wir wollen. Also nochmal: Nicht, dass wir das mögen, aber es ist wichtig. Es gibt kein geistlich reifes Leben ohne Ausharren, weil zur geistlichen Reife unbedingt die Fähigkeit dazugehört, in Bedrängnissen nicht aufzugeben.
Biblisch gibt es drei Dinge, die uns Ausharren beibringen. Erstens haben wir gerade Schwierigkeiten betrachtet. Zweitens ist ganz interessant das Vorbild der Geschwister.
Ich kann Ausharren lernen, wenn ich anderen Leuten dabei zuschaue, wie sie ausharren. Hört euch mal in Römer 15,4 diesen Vers an: „Denn alles, was früher geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben.“ Das, was du in der Bibel liest, ist zu deiner Belehrung.
Denn alles, was früher geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben, damit wir durch das Ausharren und durch die Ermunterung der Schriften Hoffnung haben. Also damit wir durch das Ausharren der Schriften – und jetzt ist klar, die Schriften selber können nicht ausharren, ein Buch kann nicht ausharren – gemeint ist das Ausharren von konkreten Personen, deren Schicksal uns in der Bibel vorgestellt wird. Durch das, was ich da lese, wenn ich den Glaubensvorbildern in der Bibel begegne und sehe, was sie ausgehalten haben, soll mich das inspirieren. Dadurch soll ich Hoffnung bekommen.
Ich schaue mir an, wie Hanna lange betet, und das soll mich dazu bringen, genauso zu beten und nicht aufzuhören. Oder Hiob: Hiob ist wahrscheinlich, wenn man ein Beispiel bräuchte – ich weiß nicht, ob Hiob in seinem Leben antrat und sagte: „Ich werde mal das Nummer-eins-Beispiel in puncto Ausharren sein.“ Ja, jetzt freut er sich wahrscheinlich, als er mittendrin steckte. Aber Jakobus schreibt in Jakobus 5,11: „Siehe, wir preisen die Glückseligen, die ausgeharrt haben.“
Dann kommt das Beispiel vom Ausharren Hiobs. Habt ihr davon gehört? Und wir können alle sagen, ich glaube, jeder, der hier sitzt und auch nur einmal seine Bibel durchgelesen hat – selbst die, die die Bibel noch nie durchgelesen haben – haben schon mal das Wort „Hiobs Botschaft“ gehört. Sie wissen genau: Da hat einer ganz Schweres durchgemacht, bis zum Schluss durchgehalten und am Ende, als der Druck rausging, hat der Segen abgegriffen, hat es gut gemacht.
Vom Ausharren Hiobs habt ihr gehört? Ja, haben wir. Ich weiß nicht genau, ob wir die Glückseligen preisen, die ausgeharrt haben. Ich weiß nicht, ob ihr das tut. Meine Sorge wäre, dass wir, wenn wir vom Ausharren anderer Christen mitkriegen – da wird jemand krank, kommt in schwierige Situationen, was seine Ehe angeht, was seinen Job angeht – ich weiß nicht, ob wir dann so innerlich denken: „Boah, was für eine Kanone, stark, super!“
Ich hätte Sorge, dass wir vielleicht die Sache gar nicht so zur Kenntnis nehmen. Vielleicht auch eher so mit einem Schulterzucken, so ein bisschen gleichgültig: „Ja, das ist halt passiert.“ Das wäre meine Sorge. Aber biblisch wäre es richtig, wenn wir jubelten.
Also du gehst, was weiß ich, die Gemeindeliste durch, betest für Leute, merkst, da sind Leute, die machen gerade eine schwierige Zeit durch, und du freust dich einfach vor Gott, jubelnd darüber, dass sie nicht eingeknickt sind, nicht alles weggeworfen haben. Dass sie im Gottesdienst noch dabei sind, zum Hauskreis noch kommen, dass man sie darauf ansprechen kann und sie nicht pampig sind, sondern einfach sagen: „Hey, das ist jetzt schwer, ja, aber...“
Habakuk 3,18: „Ich aber werde mich freuen im Herrn.“ Ich finde übrigens, das ist einer der pampigsten Verse in der Bibel, dieses Habakuk 3. Da heißt es: „Ich aber werde mich freuen, können die Chaldäer kommen und kann was weiß ich, da kann alles hier drunter und drüber gehen, es ist mir egal, ich aber werde mich freuen.“
Und wenn das Leute tun in ihrem Leben, wenn du merkst, die sind hier so ein Stück, die gehen über sich hinaus, dann darfst du an der Stelle jubeln.
Und wenn du Beispiele brauchst aus der Bibel: Hiob oder natürlich der Herr Jesus selbst, logisch. Es steht im 2. Thessalonicher 3,5: „Der Herr aber richte eure Herzen auf die Liebe Gottes und auf das Ausharren des Christus.“
Also da betet Paulus für die Gläubigen, dass wir die Liebe Gottes verstehen und dass wir checken, was es dem Herrn Jesus gekostet hat, uns zu retten – sein Ausharren, sein Dranbleiben. Und da ist Gethsemane ein Moment, den wir sehr deutlich geschildert bekommen. Aber letztlich ist das ganze Leben, das der Herr Jesus hatte, genau so ein Dranbleiben, ein Nichtaufgeben.
So, jetzt habe ich gesagt: Ausharren lernen wir erstens durch Schwierigkeiten, zweitens durch Vorbilder und drittens durch Gott selbst, der ein Interesse daran hat, dass wir Ausharren lernen.
In Römer 15,5 heißt es: „Der Gott des Ausharrens und der Ermunterung aber gebe euch.“ An dieser Stelle eine kurze Grammatiklektion: Das ist ein sogenannter Genitiv des Ursprungs. Man kann zum Beispiel sagen „der Brief des Goethe“, also der Brief, den Goethe geschrieben hat, wobei Goethe der Ursprung ist. Hier haben wir „der Gott des Ausharrens“ – der Gott ist der Ursprung oder die Grundlage dafür, dass wir ausharren können.
Das bedeutet, Gott selbst als ein Gott des Ausharrens sorgt dafür, dass ich ausharren lerne, geduldiger werde, Schwierigkeiten ertrage und unter Druck nicht aufgebe. Wenn es Gott selbst wichtig ist, dass ich mutig lebe, meine Angst in den Griff bekomme und im Kampf stehen bleibe, dann verwundert es mich, wenn Paulus dem Timotheus so etwas schreibt wie: „Du aber strebe nach Ausharren.“ Timotheus ist wahrscheinlich Mitte dreißig, und Paulus sagt ihm, dass das Streben nach Ausharren etwas sein soll, das normal ist.
An anderer Stelle erklärt Paulus demselben Timotheus, dass wir, wenn wir ausharren, auch mitherrschen werden. Es ist wirklich keine kleine Sache, ob wir durchhalten oder nicht. Es ist das Kennzeichen eines reifen Christen. Es ist total wichtig, dass wir nicht aufgeben.
Hört euch mal an, wie sich Johannes in der Offenbarung vorstellt, der Apostel Johannes. Dort heißt es in Offenbarung 1,9: „Ich, Johannes, euer Bruder und Mitteilhaber an der Bedrängnis und am Königtum und am Ausharren in Jesus.“ Ist das nicht beeindruckend? Da stellt sich ein Apostel vor und sagt: Das, was uns miteinander verbindet, ist, dass wir Geschwister sind, Brüder. Ich bin Mitteilhaber an der Bedrängnis, also wir stehen gemeinsam mitten im selben Problem – und am Ausharren. Wir müssen beide hindurch, und wir schaffen das gemeinsam.
Das ist das, was Geschwister weltweit immer miteinander verbunden hat. Wir sind die Ausnahme, wenn Ausharren oder Druck für uns eher etwas ist, womit wir wenig anfangen können. Letzte Woche hatten wir den Gebetstag für die verfolgten Christen. Ich weiß nicht, ob ihr ihn auch gefeiert habt, aber da bekommt man einen Eindruck davon, was es bedeutet, Christ in dieser Welt zu sein.
Wir sind die Ausnahme. Deshalb lasst uns das auch durchdenken, gerade dort, wo es uns vielleicht noch nicht so viel kostet, damit wir vorbereitet sind, wenn es darauf ankommt. Ausharren ist eigentlich ganz normal, wenn ich Jesus folge. Und ich harre aus, indem ich Jesus folge und nicht von seiner Seite weiche. Dabei kann eine ganze Menge auf uns zukommen.
In der Offenbarung ist es nicht nur Johannes, der ausharrt. Den Gläubigen in Ephesus sagte Herr Jesus: „Ich kenne deine Werke und deine Mühe und dein Ausharren.“ Wahnsinn, ja, und dein Ausharren.
Etwas später heißt es zu denselben Leuten: „Und du hast ausgeharrt und hast vieles getragen um meines Namens willen und bist nicht müde geworden.“ Da lobt Jesus die Geschwister und sagt fast dasselbe zu den Geschwistern in Thyatira.
Ausharren ist deshalb so wichtig, weil es Zeiten in der Kirchengeschichte geben kann, in denen wir Gläubige untergehen. Ich sage das noch einmal: Es wird eher selten gepredigt, aber Ausharren ist so wichtig, weil es Zeiten geben kann, in denen wir als Gläubige untergehen. Ich weiß, das hört sich ein bisschen gruselig an, aber so ist das manchmal mit der Wahrheit.
Ein Beispiel: In der Offenbarung wird ein Gewaltherrscher beschrieben, das Tier. Über dieses Tier wird gesagt: „Und es wurde ihm gegeben, mit den Heiligen Krieg zu führen und sie zu überwinden.“ Denken Sie: Hä, wie fies ist das denn? Ja, es wurde ihm gegeben, mit den Heiligen Krieg zu führen und sie zu überwinden.
Etwas später, nur ein paar Verse weiter, steht in Offenbarung 13,7-10: „Den Gläubigen dann, wenn jemand in Gefangenschaft geht, so geht er in Gefangenschaft; wenn jemand mit dem Schwert getötet wird, so muss er mit dem Schwert getötet werden.“
An dieser Stelle, wo Leute sich darauf einlassen, zeigt sich das Ausharren und der Glaube der Heiligen. Cool, oder? Also, ich weiß, es ist natürlich nicht wirklich „cool“, aber jetzt merkt ihr: Es wird selten in diese Richtung gepredigt, glaube ich.
Ausharren heißt, den Widerstand ertragen, und zwar bis zum bitteren Ende, bis zum Kerker, bis zum Tod. Daran erkennt man die Heiligen – an dieser Verbindung aus Ausharren und Glauben. Das zeichnet sie einfach aus.
Und daran merken wir: Glaube ist nicht nur ein Lippenbekenntnis, sondern ein Lebensstil. Etwas, das man so lange pflegt, wie es eben nötig ist. Nicht nur so lange, wie es nichts kostet, sondern so lange, wie man lebt. Auch dann, wenn es teuer wird, wenn der Glaube die Freiheit kostet oder das Leben.
Ich muss oft an das Sämannsgleichnis in diesem Zusammenhang denken, weil der Herr Jesus dort von Leuten spricht, die auf dem Felsen gesät sind. Er erklärt das seinen Jüngern und sagt in Lukas 8,13: „Die aber auf dem Felsen sind, die sind es, welche, wenn sie hören, das Wort mit Freuden aufnehmen, und diese haben keine Wurzel für eine Zeit.“
Glauben Sie, das ist ganz, ganz gruselig. Für eine Zeit glauben sie, nämlich genau so lange, wie es nichts kostet und einfach ist. Für eine Zeit glauben sie, und in der Zeit der Versuchung fallen sie ab.
Und merkt ihr, das ist das große Thema: Es müssen Glaube und Ausharren ganz eng zusammengehören. Fast sind es zwei Seiten ein und derselben Medaille.
Wenn wir auf dieses Phänomen stoßen, sage ich mal: Lasst uns die Sache einfach ernst nehmen. So will ich weitermachen – ernst nehmen. Deshalb, weil wenn der Herr Jesus sich hinstellt und seinen Jüngern in der sogenannten Aussendungsrede etwas sagt, geht es darum, dass er uns als Evangelisten und Missionare in die Welt schickt.
Und was sagt er dann? Er sagt: „Und ihr werdet von allen gehasst werden um meines Namens willen.“
Und dann heißt es: „Wer aber ausharrt bis ans Ende, der wird gerettet werden.“
Vergebt mir, dass ich so viele Ausharren-Stellen mal zusammengezogen habe. Heute bekommt ihr also die absolute Übermasse; so viel bekommt ihr sonst nie wieder in einer Predigt. Aber das ist das, was hier steht: Ausharren!
Wer aber ausharrt bis ans Ende, der wird gerettet werden. Immer wieder dasselbe Thema: ausharren, ausharren, ausharren bis ans Ende. Einfach nicht aufgeben, in der Spur bleiben, egal was kommt, weitermachen.
Und ich hatte vorhin gesagt, es gibt drei Dinge, bei denen wir Ausharren lernen können: Erstens Schwierigkeiten, zweitens Glaubensvorbilder und drittens Gott selbst, der das in uns wirkt. Eigentlich gibt es nicht nur drei, sondern vier. Punkt vier ist eine Art Abwandlung von Punkt zwei, aber ich bringe ihn trotzdem, weil er toll ist – eher für die Eltern unter uns, aber er ist trotzdem gut.
Wir können uns nämlich selbst zu Vorbildern werden. Was meine ich damit? Ich meine Folgendes, und ich habe das aus dem Hebräerbrief. Im Hebräerbrief ermutigt der Autor die Empfänger, am Glauben dranzubleiben. Sie stehen kurz vor der Gefahr, sich wieder dem Judentum zuzuwenden und das mit Jesus sein zu lassen. Sie stehen kurz davor, und jetzt argumentiert der Autor folgendermaßen: Er erinnert sie und sagt zu ihnen in Hebräer 10 Folgendes: Ihr selbst könnt euch Vorbilder sein.
Also, ich lese mal vor, Hebräer 10, Vers 32: „Gedenkt aber der früheren Tage, in denen ihr, nachdem ihr erleuchtet worden wart, viel Leidenskampf erduldet habt!“ Und dann führt er auf, was das war: „Als ihr teils durch Schmähungen und Bedrängnisse zur Schau gestellt und teils Gefährten derer wurdet, denen es so erging. Denn ihr habt sowohl mit den Gefangenen gelitten als auch den Raub eurer Güter mit Freuden aufgenommen, da ihr wisst, dass ihr für euch selbst einen besseren und bleibenden Besitz habt.“
Worum geht es hier? Leute stehen kurz davor aufzugeben. Und der Autor sagt: Erinnert euch mal, gedenkt der früheren Tage. Im geistlichen Leben gibt es nicht nur die Tage, die unter der Überschrift Anfechtungen laufen. Es gibt auch die früheren Tage, die guten Tage – Tage, an denen man im Leidenskampf stand und etwas erduldet hat. Man schaut zurück und sagt: „Jo, da tat sich damals so was wie Waffenrüstung Gottes, stehen bleiben, egal was kommt.“ So ein bisschen Schild, Schwert oder Krieger des Lichts. Es gibt diese Momente, wo du dastehst und denkst: „Ich weiß gar nicht, wie ich das damals gemacht habe.“
Diese Momente nicht zu vergessen, heißt auch zu sagen: Ich hatte da in meinem Leben schon Anfechtungen, und ich müsste mich eigentlich nur genauso verhalten wie damals – dann wäre alles gut. Du kannst dir selbst zum Vorbild werden. Diese guten Tage sind ein Schatz. Gedenkt der früheren Tage.
Als ich das so durchdachte, dachte ich mir: Ja, man müsste sich wohl noch mehr Gedanken darüber machen, wo in meinem Leben es solche Momente gab. Ich glaube, es wäre gut, sich hinzusetzen und einfach zu überlegen: Wo hatte ich solche Erfahrungen? Wo ging es mir richtig schlecht, und ich habe festgehalten? Wenn ich das mir aufschreibe, wenn ich mich daran erinnere und diese Gedanken konserviere, kann ich mich vielleicht für zukünftige Anfechtungen tatsächlich ein Stückchen präparieren. Zumindest denkt das hier der Autor.
Und dann, während er das sagt – das war jetzt Hebräer 10, Verse 32-34 – kommt Vers 35: „Werft nun eure Zuversicht nicht weg.“ Ja, das ist das Gegenteil von Ausharren. Wenn ich Kompromisse eingehe, wenn ich aufhöre, Gott zu vertrauen, wenn ich meine Zuversicht wegwerfe, wenn ich mutlos, träge oder bitter werde, wenn dieses Gefühl sich einschleicht, von Gott bedroht zu sein – dann heißt es: Werft nun eure Zuversicht nicht weg.
Warum nicht? Der Vers geht weiter: „Werft nun eure Zuversicht nicht weg, die eine große Belohnung hat, denn Ausharren habt ihr nötig, damit ihr, nachdem ihr den Willen Gottes getan habt, die Verheißung davontragt.“ Ausharren habt ihr nötig – und zwar, weil die Zeiten der Hebräer schlecht und schlimm sind.
Und soll ich euch ein Geheimnis verraten? Es braucht manchmal gar keine Verfolgung, es geht viel trivialer.
Zum Thema Ausharren: Du musst nicht darauf warten, dass jemand an deiner Tür klopft und sagt: „Ich nehme dir jetzt alles weg, was du hast.“ Es geht viel einfacher.
Leben ist erschreckend lang. Ehrlich, ich habe das erst so mit fünfzig kapiert. Du wirst fünfzig und denkst, wenn du Pech hast, war das gerade Halbzeit. Ja, ehrlich, überleg mal: Leben ist erschreckend lang – zumindest deutlich länger, als man immer so denkt. Ob uns das nun passt oder nicht, vor uns liegen Lebensabschnitte, die einfach nur allein deshalb, weil wir älter werden, eine Herausforderung darstellen.
Der Prediger sagt das ganz schön pointiert, wenn er formuliert, wenn er von Jahren spricht, „von denen du sagen wirst, ich habe kein Gefallen an ihnen“ (Prediger 12,1-8). Ja, das reicht schon. Also spätestens im Alter musst du Ausharren gelernt haben.
Deswegen tut es gut, tatsächlich einmal von hier vorne zu betonen, wie wichtig es ist, dass wir Ausharren als einen Aspekt unseres Glaubens lebensernst nehmen. Es wird immer wieder Zeiten geben, in denen uns das Glauben einfach schwer gemacht wird.
Jetzt will ich auch sagen: Wir mögen diese Zeiten sehr, sehr unterschiedlich empfinden. Ich habe das zu jedem einzelnen Aspekt, glaube ich, auch schon gesagt. Es gibt da Unterschiede unter uns. Es gibt einfach Geschwister, die haben weniger Probleme mit Ausharren. Die gehen durch so Dinger durch, und du denkst: „Was bist denn du für ein Bulldozer?“ Und dann gibt es Leute, die sind einfach super schnell entmutigt.
Einmal mehr, wenn ich das so sage, merken wir, dass wir nicht alle gleich belastet sind in jedem Aspekt unseres Lebens. Wir merken, wie sehr wir Gemeinschaft brauchen. Wir sind tatsächlich nur zusammen stark genug, um zusammen anzukommen. Wir brauchen uns in jedem einzelnen Aspekt unseres geistlichen Lebens immer als Team.
Deswegen seid schön vorsichtig, wenn vielleicht jemand sagt: „Ausharren ist nicht so mein Thema, da bin ich so der Typ, das passt mir eher.“ Und es gibt diese Leute, wo du wirklich davorstehst und denkst, sie schockt gar nichts mehr. So nach dem Motto: „Nicht so, ist nicht so mein Ding.“
Lasst uns, wenn wir so drauf sind, ganz, ganz arg vorsichtig sein, dass wir nie vergessen, wie unterschiedlich wir sind. Wisst ihr, wir haben unterschiedliche Bedrängnis- und Stresslevel. Da gibt es den einen, der schon alle Viere von sich streckt und sagt: „Ich kann nicht mehr.“ Und der andere sagt: „Jetzt wird es gerade ein bisschen warm, vielleicht kommt noch was.“
Deswegen bitte ganz, ganz arg vorsichtig mit Sätzen wie: „Das wird schon wieder.“ Halte dich eher ein Stück zurück. Oder noch besser: „Hab dich mal nicht so.“ Oder die Krönung ist wahrscheinlich: „Da habe ich schon ganz andere Schwierigkeiten gemeistert.“
Wenn dir so etwas auf der Zunge liegt, lass es bitte sein. Du darfst gerne Lastenträger sein, und du darfst den anderen ansprechen. Du darfst sagen: „Hey, wirf deine Zuversicht nicht weg, das ist unser Job.“ Aber pass auf. Im Galaterbrief heißt es mal: „Jeder wird seine Bürde tragen“ (Galater 6,5). Es reicht, wenn du deine und er seine trägt, dann ist das gut.
Wir kommen zum Schluss. Bei all den geistlichen Aspekten, um die es in dieser Predigtreihe geht, habe ich immer die Frage gestellt: Wo führt eine Überbetonung hin?
Was ich damit meine, ist: Wo liegen die Gefahren, wenn ich mein Glaubensleben zu sehr auf Bedrängnisse fokussiere? Wenn ich also ständig darüber nachdenke, ob ich jetzt vom Glauben abfallen könnte – in diese Richtung.
Zuerst einmal klingt das nicht gesund. Eine solche Überbetonung, diese ständige Angst davor, vom Glauben abzufallen, ist belastend. Wenn diese Predigt dazu geführt hat, dass du jetzt denkst: „Hoffentlich verliere ich morgen nicht meinen Glauben“, dann möchte ich auf die erste Predigt dieser Reihe hinweisen. Sie hieß „Heilsicherheit“. Sie wurde ganz bewusst an den Anfang gestellt, damit jeder, der möchte, noch einmal reinhören kann. Wir machen diese Reihe, damit wir im Glauben sicherstehen. Darum geht es die ganze Zeit.
Wie gesagt, wenn du jetzt hier ein bisschen Probleme bekommst, weil du glaubst, dass Christen oder Geschwister, die du kennst und die du immer als Geschwister eingestuft hast, ihren Glauben verloren haben oder auf Irrlehrer reingefallen sind, die Welt liebgewonnen haben – ich habe Namen auf meiner Gebetsliste –, dann möchte ich auch sagen: Es ist nicht leicht, verloren zu gehen. Dieser Eindruck darf am Ende dieser Predigt nicht entstehen.
Wir haben einen Vater im Himmel, der alles daran setzt, dass wir es ans Ziel schaffen. Solange wir seine Hand halten und ehrlich sind, solange brauchst du dir keine Sorgen zu machen – auch wenn du nur mit deinem kleinen Finger festhältst.
Trotzdem bleibt die Frage: Wofür führt diese Überbetonung hin? Eine Überbetonung von Ausharren – also dieses „Die Welt nur noch als Mühe und Last sehen, durch die man sich irgendwie durcharbeiten muss“ – führt leicht in ein Christentum, in dem es an Freude fehlt.
Die Mühen des Lebens, seien sie vermeintlich oder tatsächlich, ersticken die Freude. Die ständige Beschäftigung mit den Mühen kann die Freude am Leben und an den guten Momenten ersticken. Dann passiert es leicht, dass aus einem eigentlich schönen, bunten Leben etwas ganz Graues wird, das keinen Spaß mehr macht.
Wenn man nicht aufpasst, können sich an dieser Stelle zwei unangenehme Begleiter einstellen: zum einen der Zynismus, bei dem man beginnt, Menschen zu verachten, und zum anderen der Fatalismus, bei dem man die Schönheit des Lebens verachtet.
Bitte seid an dieser Stelle vorsichtig. Wenn man in diese Richtung geht, sind schnell Gefühle wie Ohnmacht, Hoffnungslosigkeit, Wut, Frust, Einsamkeit und Angst mit dabei.
Deshalb bitte ich euch: Das möchte ich mit dieser Predigt nicht provozieren.
Ein zweiter Punkt scheint mir folgender zu sein: Die Betonung von Ausharren geht gerne einher mit der Überbetonung von Sünde. Oft stellt sich dann auch die Frage: „Habe ich die Sünde gegen den Heiligen Geist begangen?“ Ich glaube, das ist eine der Fragen, die ich am häufigsten per E-Mail bekomme – die Sünde gegen den Heiligen Geist.
Auch dazu möchte ich Folgendes sagen: Wenn du dich in diese Richtung bewegst, dann wird aus einer Religion der Beziehung eine Religion des Sündenmanagements. Das ist aber nicht das Christentum. Deswegen möchte ich zum Schluss einen doppelten Hinweis geben.
Punkt eins: Um noch einmal kurz zur Sünde gegen den Heiligen Geist etwas zu sagen: Solange du noch betroffen fragst, ob du vielleicht die Sünde gegen den Heiligen Geist begangen haben könntest, bist du ganz weit davon entfernt, sie auch nur im Ansatz zu tun. Ich sage diesen Satz noch einmal, weil er so wichtig ist. Wir brauchen ihn auf Kassette, auf Tape, auf MP3 – wir brauchen ihn im Netz. Die Frage kommt einfach zu oft.
Noch einmal: Solange du noch betroffen fragst, ob du vielleicht die Sünde gegen den Heiligen Geist begangen haben könntest, bist du ganz weit davon entfernt, sie auch nur im Ansatz zu tun.
Warum? Die Sünde gegen den Heiligen Geist begehen nämlich Menschen, die wissentlich und willentlich dafür sorgen, dass der Heilige Geist sie gerade nicht von Sünde überführt. Solange du also noch von Sünde überführt wirst und das Thema Sünde für dich noch ein Thema ist, brauchst du dir über die Sünde gegen den Heiligen Geist überhaupt keine Gedanken zu machen. Du bist ganz, ganz weit davon entfernt!
Zweiter Punkt: Im Christentum geht es nicht darum, möglichst wenig zu sündigen. Okay, ich gebe zu, es geht auch nicht darum, die Sünde zu übertreiben. Aber trotzdem: Es geht im Christentum nicht darum, möglichst wenig zu sündigen, sondern darum, im Licht zu wandeln.
Der Wandel im Licht ist kein Wandel im Perfektionismus. Er setzt voraus, dass ich nicht sündigen will – das ist meine Einstellung. Aber was mache ich an der Stelle, wo ich es nicht schaffe? Ganz einfach: Der Wandel im Licht ist dadurch gekennzeichnet, dass ich Sünde nicht verheimliche, sondern sie bereue, bekenne und dann ist es auch gut.
Bitte, lasst uns Sünde nicht so hochhängen. Sünde ist auch nur etwas, das man bekennen kann. Dann wird sie vergeben, und dann ist es gut.
Das sind die zwei Punkte, die mir wichtig sind: Zum einen, dass wir vor der Sünde gegen den Heiligen Geist keine Angst haben, und zum anderen, dass wir nicht aus dem Christentum eine Religion des Sündenmanagements machen. Es geht um Beziehung.
Im Rahmen dieser Beziehung spielt es eine Rolle, dass wir nicht sündigen wollen und dass wir Sünde bekennen und wieder in Ordnung bringen. Aber dann ist es auch gut. Verstehst du? Dann ist es auch mal vorbei.
Es wäre so, als würde ich die Frage, ob ich den Müll rausbringe, zum Kernthema meiner Ehe machen. Nein, mache ich nicht. Ich bringe ihn raus, und wenn ich es mal vergesse, bringe ich es in Ordnung und mache es später. Aber es gibt andere Schwerpunkte.
Deswegen fällt euch beim Vaterunser auf: Dort kommt zuerst Anbetung, dann Fürbitte, dann Bitte. Und irgendwo, wo man denkt, man ist fast schon durch, fängt man an, über Sünde nachzudenken. Das ist so die vierte Nachkommastelle, wo man sagt: Ja, das müssten wir auch noch klären. Es ist auch gut, wenn du das jeden Tag klärst.
Aber wichtig ist: Anbetung ist wichtig. Dass du für die Geschwister eintrittst und sie liebst, ist wichtig. Dass du selbst schaust, wo du Gott brauchst, ist wichtig. Und dann, ja, da ist auch noch etwas schiefgelaufen – okay.
Das wollte ich einfach noch einmal ganz deutlich sagen: Dass wir an der Stelle nicht das Ausharren überbetonen und plötzlich nur noch über Sünde reden. Seid da ein bisschen vorsichtig.
Abschließende Frage: Was entsteht aus dem Ausharren, wenn man sich auf eine gesunde Weise darauf einstellt, den Herausforderungen des Lebens mit Glauben zu begegnen?
Das, was daraus erwächst, ist die Gewissheit, dass sich dieses verrückte Leben nur an der Seite Gottes bewältigen lässt. Wenn ich das erkannt habe, entsteht der Wunsch nach einer tiefen, lebendigen und gesunden Gottesbeziehung.
Genau das steckt hinter dem nächsten Begriff in unserer Reihe. Dieses Thema wollen wir beim Thema Gottseligkeit miteinander betrachten. Amen.
Vielen Dank an Jürgen Fischer, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!
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