Hallo, herzlich willkommen zu einer neuen Folge von machbar, dem Podcast für Alltagsmissionare. Ich bin Christian, und mit dabei ist heute David Krohn. Hallo, David.
Hi, Christian.
Cool, dass du dabei bist. Bei uns bekommst du Tipps, wie du deinem Nächsten einen Schritt näher zu Jesus führen kannst. Diesmal haben wir viele spannende Fragen rund um das Thema, wie der christliche Glaube in einer zunehmend nicht mehr christlichen Gesellschaft vermittelt werden kann. Ich freue mich sehr, dass du heute mit dabei bist, David.
Mit dem Podcast wollen wir natürlich möglichst vielen Christen in ihrer Alltagsmission helfen. Daher freue ich mich auch über deine Podcast-Bewertung. Wenn dir die Folge gefällt, teile sie gerne mit deinen Freunden. An dieser Stelle noch einmal vielen, vielen Dank für die vielen Erfahrungen, die ihr aus eurer Alltagsmission mit uns teilt.
Solche Storys veröffentlichen wir immer wieder gerne in unseren Newslettern und auch mit anderen in der Community. Denn als Alltagsmissionare sind wir ja nicht alleine. Natürlich freue ich mich auch, wenn du Fragen hast. Du kannst uns gerne schreiben. Die Infos dazu gibt es am Ende der Folge.
David, oder ist dir Dave lieber?
Also Daniel, mein Kollege aus der Redaktion, meinte, du wirst eher Dave genannt. Aber sag mal.
Dave ist super. Das kam durch die Jugendarbeit so rein. Früher war ich David, und die letzte, die mich noch David genannt hat, war meine Oma – und die hat es auch abgelegt. Also Dave ist gut.
Ich möchte dich gerne unseren Hörern und hier den Zuschauern vorstellen. Ich habe ein paar Fakten über dich gesammelt. Du kannst mich gerne korrigieren oder ergänzen.
Aufgewachsen bist du in einem frommen Elternhaus. Aber als Jugendlicher bist du in eine richtige handfeste Glaubenskrise geraten und hast dich eine ganze Weile vom Glauben abgewendet.
Mit zwanzig bist du dann zum Glauben zurückgekommen, weil du festgestellt hast, dass der Glaube an Jesus Christus nicht nur auf Gefühlen basiert, sondern auch intellektuell überzeugend ist.
Du bist Apologet aus Leidenschaft. 2019 hast du nach deinem ersten Staatsexamen im Lehramtsstudium noch ein Theologiestudium drangehängt und irgendwann die Arbeit als Pastor begonnen.
Du bist beim Apologetik Projekt involviert und schreibst dort viele Texte. Bei deiner Vorstellung auf der Webseite vom Apologetik Projekt schreibst du etwas ganz Besonderes, und ich möchte dich da mal zitieren.
Ich glaube, dass viele Menschen am Sinn ihres Lebens vorbeileben – Christen und Nichtchristen. Ich brenne dafür, dass Menschen genau das Gegenteil erleben: dass sie erkennen, welche Bedeutung ihr Leben hat, dass sie den Charakter Jesu Stück für Stück annehmen, authentisch leben dürfen und keine Masken tragen, und dass sie die Wahrheit dieses Lebens in Jesus Christus erkennen und festhalten.
Ich freue mich deswegen sehr, dass du hier bei uns bist. Mein Wunsch ist, dass du unseren Zuhörern durch unser Gespräch einen echten Nutzen bringst, der ihnen im Glauben hilft und sie auch in ihrer Alltagsmission unterstützt, diese geniale Botschaft von Jesus Christus mit anderen Menschen zu teilen.
Bevor wir loslegen, habe ich noch eine Frage, die bestimmt den einen oder anderen unserer Zuhörer interessiert. Wenn es um Apologetik geht – Apologetik ist auch so ein Fremdwort –, also um die theologische Disziplin, die sich mit der Verteidigung und Begründung des christlichen Glaubens gegenüber Kritik und Missverständnissen beschäftigt, welches Buch oder welchen YouTube-Kanal würdest du empfehlen und warum?
Vorab: Das Apologetik-Projekt verlinken wir sowieso, aber du darfst natürlich auch eigene Empfehlungen nennen.
Okay, was würdest du empfehlen?
Also das eigene Projekt kann ich natürlich empfehlen: das Apologetikprojekt auf Instagram, YouTube und TikTok. SchülerVZ gibt es ja nicht mehr, von daher sind wir da auch nicht vertreten.
Übrigens muss ich mal eben unseren Zuhörern sagen – aber auch an die Jüngeren gerichtet: SchülerVZ kennt ihr wahrscheinlich gar nicht mehr, das kennen nur wir. Okay, sorry, ich habe mich schon verraten.
Alles gut, genau. Man will ja alle Generationen mit einbeziehen, deswegen sage ich mal als kleine Lektion: SchülerVZ, da bin ich dabei.
Es gibt natürlich eine riesige Bandbreite an Büchern, die eine Einführung in dieses Thema bieten. Ich würde mal sagen, ein Klassiker, den man gelesen haben sollte, wenn man sich mit Apologetik beschäftigt, ist von C. S. Lewis: „Pardon, ich bin Christ“. Das ist wirklich ein Klassiker.
Das Buch ist auch für diejenigen geeignet, die Apologetik schon kennen und vielleicht mehr erwartet haben. Es ist einfach ein super Einstieg, um diese Art und Weise kennenzulernen, über den Glauben zu denken und zu sprechen. C. S. Lewis war sowieso ein brillanter Mann.
Das Buch ist noch recht zugänglich. Es gibt von ihm auch Bücher, die wesentlich schwieriger sind, aber genau dieses finde ich einen richtig guten Einstieg in das Thema. „Pardon, ich bin Christ“.
Dann, glaube ich, geht es relativ schnell darum, mit welchem Thema man sich genau beschäftigen möchte und welches Spezialgebiet einen begeistert. Da gibt es natürlich eine riesige Bandbreite – von Islamapologetik über psychologische Themen bis hin zu geschichtlichen Aspekten und so weiter.
Da müsste ich jetzt schon differenzieren, sage ich mal.
Okay, ja, cool, vielen Dank. Unsere heutige Folge hat drei Schwerpunkte.
Erstens: Die absolute Wahrheit des Evangeliums in einem Zeitalter der relativen Wahrheit – wie passt das zusammen? Darüber wollen wir sprechen.
Zweitens: Die nicht mehr christliche Gesellschaft, in der wir leben, oder wie Philipp Bartholomä es genannt hat, die nachchristliche Zeit.
Drittens: Die Bedeutung all dessen für uns als Christen und besonders vielleicht als christliche Gemeinde.
Du bist ja auch Pastor, ich selbst bin ebenfalls in der Gemeinde verantwortlich. Wir kennen ein bisschen die Herausforderungen, denen wir als Christen begegnen, gerade im Gemeindekontext.
Fangen wir mit dem ersten Punkt an. Die absolute Wahrheit des Evangeliums ist in einem Zeitalter der relativen Wahrheit eine Art Grundlage für unser Gespräch. Dave, das Buch „Der Siegeszug des modernen Selbst“ von Carl Truman ist dabei ein wichtiger Bezugspunkt. Wir blenden es euch hier ein. Ich habe leider mein Exemplar zu Hause vergessen, aber du kannst mal zeigen, dass du das Original sogar in Englisch hast.
Genau, ich habe es hier auf Englisch. Sehr cool, vielen Dank.
Als Einstieg stellt der Autor Carl Truman die Frage: Wie kann es sein, dass in unserer Gesellschaft heute die Aussage „Ich bin ein Mann, gefangen im Körper einer Frau“ irgendwie normal oder sogar sinnvoll klingt? Da frage ich mich, frage ich dich, Dave, was läuft da für ein Film? Wo sind wir in den letzten Jahren falsch abgebogen?
Ja, ich glaube, dass Truman sehr gut aufzeigt, dass es nicht nur eine einzelne Ausfahrt war, an der wir falsch abgebogen sind, oder dass jemand plötzlich eine Idee hatte und es dann plötzlich ganz anders wurde. Vielmehr ist es eine Verkettung von Gedanken, die aufeinander aufbauen. Truman zeigt auch sehr gut, dass immer mehr Dinge fallen gelassen wurden – vielleicht wurden gar nicht so viele neue Ideen hinzugefügt, sondern viele Selbstverständlichkeiten einfach aufgegeben. Dadurch entstand ein gedankliches Vakuum, das dann mit bestimmten neuen Ideen gefüllt wurde.
Ich glaube, das lässt sich in der Geschichte sehr gut zeigen. Auch die moderne Philosophie und Psychologie spielen hier eine Rolle. Er nennt in seinem Buch zum Beispiel Rousseau, den ich damals in meinem Studium gelesen habe – ganz furchtbare Bücher. Aber er zeigt, dass immer wieder ein Vakuum entstand, in das neue Gedanken hineinkamen. Diese führten dazu, dass sich ein neues Selbstverständnis vom Menschen entwickelte. Dieses Selbstverständnis ist in der Geschichte relativ neu.
Okay, um die Frage noch konkreter zu beantworten: Du hast gefragt, wo wir falsch abgebogen sind. Ich denke, ein ganz großer Aspekt, den Truman nennt, ist die bewusste Abkehr von Traditionen, von bereits vorhandenen Gedanken und Glaubenssystemen. Wenn du mich fragst, was die größte Kurve war, würde ich sagen: die bewusste Abkehr vom Glauben, auch an etwas Transzendentes, Übernatürliches. Das ist für mich ein Schlüsselaspekt.
Wenn man die Geschichte betrachtet, zeigt Truman eine längere Entwicklung bis zu unserer heutigen Zeit. Der wesentliche Punkt ist, dass wir uns vom christlichen Glauben abgewendet haben.
Also, dass man sich von Gott abwendet?
Ja, genau. Denn damit fällt viel weg. Wenn ich mich von Gott abwende, verwerfe ich bestimmte Normen und Strukturen. Man kann von der Kirche halten, was man möchte. Aber auch die Kirche als gesellschaftliche Struktur hat in den letzten Jahrhunderten eine entscheidende Rolle gespielt. Mit der bewussten Abkehr von Gott fallen viele Dinge weg. Deshalb nenne ich das als einen Hauptgrund, auch wenn Truman das vielleicht nicht in genau diesen Worten ausdrückt. Er hat ja hunderte Seiten gebraucht, um das auszudrücken. Es so kurz zusammenzufassen, ist schon herausfordernd.
Die Kirche heute hat, wenn man sie rein von ihrer gesellschaftlichen Relevanz betrachtet, eigentlich kaum noch Bedeutung. Man braucht sie kaum noch. Andererseits haben viele Christen leider oft zu hören bekommen, dass der christliche Glaube nicht mehr zeitgemäß sei.
Was denkst du, was sind die wichtigsten Veränderungen in unserer Gesellschaft, die auch das Verständnis von Wahrheit und die Relevanz von Glauben beeinflussen?
Das Interessante, was ich momentan in ganz Europa beobachte – ich habe mich mit einigen europäischen Kollegen darüber ausgetauscht – ist, dass Menschen Spiritualität generell nicht ablehnen. Ich würde sogar behaupten, dass der Grundaspekt von Spiritualität in Europa wieder neu wächst. Das heißt, es ist nicht so, dass Menschen Spiritualität grundsätzlich doof finden.
Ich glaube vielmehr, dass die Ablehnung von Kirche und Christentum oft mit der Konfrontation mit bestimmten Dogmen zusammenhängt. So wie Truman das zeigt und wie es auch der Titel seines Buches „Der Siegeszug des modernen Selbst“ andeutet: Wenn das Selbst und das Selbstempfinden zum höchsten Gut werden, entsteht ein Konflikt, wenn dann ein Dogma oder eine Aussage kommt, die dem widerspricht. Das Christentum, besonders in den Aussagen von Jesus, widerspricht oft unserem intuitiven Empfinden.
Da entsteht ein Konflikt. Und viele lösen diesen Konflikt, indem sie sagen: „Na ja, dann ist halt das, was das Christentum sagt, falsch.“ Ich denke, darin manövriert sich die Gesellschaft langsam hinein: die konfrontativen und dogmatischen Wahrheitsansprüche des Christentums werden verworfen, weil sie unserem Empfinden widersprechen.
Natürlich suchen die Menschen dann auch intellektuelle Argumente, weil es ja nicht reicht zu sagen: „Ich finde das doof, also ist es nicht wahr.“ Das ist klar.
Wie können wir diesen Veränderungen begegnen? Manche Christen meinen, es hilft nur, die knallharte Wahrheit den Leuten einfach so direkt vor den Kopf zu sagen. Andere neigen dazu, nur noch Toleranz zu predigen. Vielleicht hat das auch dazu geführt, dass die Kirchen heute keine Relevanz mehr haben. Was denkst du, wie wir mit dieser Herausforderung umgehen sollten – besonders in Bezug auf das Evangelium und seine unveränderliche Wahrheit, die ja einfach nicht mehr zu passen scheint?
Ich würde sagen, das ist eine mehrdimensionale Sache. Es hängt auch mit der Frage zusammen, warum die Kirche nicht mehr relevant ist. Ein Hauptaspekt ist der Wahrheitsanspruch. Aber ich glaube auch, dass kulturelle Aspekte eine Rolle spielen. Wenn man das Gefühl hat, die Kirche hat nichts mehr mit unserer Kultur zu tun, dann verliert sie an Bedeutung. Die Kirche war eine Zeit lang sehr kulturstiftend, heute ist sie das nicht mehr.
Hast du ein Beispiel dafür?
Ja, zum Beispiel in der Musik. Wir haben viele musikalische Werke aus der Vergangenheit, die bis heute Bedeutung haben und klar kirchlich und religiös geprägt sind. Moderne Lobpreissongs hingegen haben in unserer Gesellschaft keine Relevanz. Sie werden nicht im Radio gespielt und schaffen es nicht in die Charts.
Wenn du also fragst, wie wir darauf reagieren können, stimme ich dir zu, dass es nicht darum geht, nur Toleranz zu predigen oder einfach lieb zu sein, damit die Leute uns mögen. Das ist nicht der Weg.
Vielleicht wäre ein erster Schritt, eine Analyse unserer Gesellschaft zu machen, so wie wir es in diesem Gespräch tun und wie ihr es in eurem Podcast immer wieder macht. Wir sollten klären: Wo stehen wir eigentlich als Gesellschaft? Wir brauchen eine Stimme, die nicht nur über der Gesellschaft steht – ich glaube, das Christentum ist so eine Stimme, die über Zeit und Raum existiert und dennoch in die Gesellschaft hineinwirkt.
Vielleicht sind wir Christen nicht immer gut darin, die Kultur zu verstehen und das passende Vokabular zu finden. Es geht nicht darum, um jeden Preis relevant oder hip zu sein, sondern darum zu verstehen, was die Grundthemen unserer Gesellschaft sind und wie diese mit dem Evangelium zusammenhängen.
Vielleicht wäre das ein erster Schritt: nicht nur zu überlegen, welche Botschaft wir verkünden, sondern wie wir diese Botschaft verkünden.
Ja, sehr gut. Wenn wir das jetzt mal ein bisschen konkreter machen, nehmen wir an, ich möchte mit meinem atheistischen oder agnostischen Nächsten ins Gespräch kommen. Was kann da hilfreich sein? Wie packst du das an, Dave? Gerade auch, wenn der andere vielleicht die Überzeugung hat, dass man tolerant sein muss und dass es keine absolute Wahrheit gibt.
Ich würde sagen, zunächst einmal zuhören. Das ist etwas, was man auch wieder neu lernen muss, gerade in unserer Gesellschaft. Wir sind eine sehr expressive Gesellschaft, auch wir Christen sind damit hineingekommen. Aber wir sind als Gesellschaft nicht so gut darin, zuzuhören. Vielleicht sollte man als Christ zunächst einmal sagen: Okay, vielleicht weiß ich, der andere ist Atheist, aber ich weiß gar nicht genau, was er jetzt glaubt. Denn auch im Atheismus gibt es ja gewisse Schattierungen und so weiter. Erst einmal zuzuhören und die richtigen Fragen zu stellen, das ist sehr entscheidend in unserer heutigen Zeit, wenn wir Menschen etwas weitergeben wollen.
Es geht nicht nur darum, etwas auszusagen, denn Informationsflut gibt es ja ohne Ende in unserer heutigen Zeit. Sondern darum, jemandem zu begegnen, der sich für dich interessiert und der Fragen stellt, die wirklich ins Zentrum gehen. Das erleben wir selten. Da würde ich ansetzen, wenn ich jetzt einen Kumpel habe und der ist Atheist, und ich will ihn irgendwie zu Jesus führen.
Dann würde ich nicht anfangen mit: „Hey, weißt du was, Jesus liebt dich, aber wenn du nicht an ihn glaubst, kommst du in die Hölle und tu doch bitte Buße.“ Erstens sind das alles Begriffe, mit denen er nichts anfangen kann. Zweitens versteht er nicht, welche Gedanken dahinterstecken. Und ich weiß auch gar nicht, wo er steht.
Deswegen würde ich anfangen, indem ich eine entscheidende Frage stelle: „Was glaubst du denn, was passiert, wenn du stirbst?“ Das ist eine sehr zentrale Frage des Lebens. Sie stellt sich, glaube ich, jede Kultur zu jeder Zeit. Diese Frage ist immer im Raum, um erst einmal herauszufinden: Ah, okay, vielleicht hat der andere schon etwas erkannt, was wahr ist. Dann brauche ich es mir ja gar nicht mehr einprügeln – also in Anführungszeichen. Das wollen wir doch sowieso nicht, Dave. Das wollen wir sowieso nicht.
Aber ich muss ihn nicht davon überzeugen. Ja, das stimmt. Ich muss nicht mit dieser Wahrheit kommen und versuchen, ihn davon zu überzeugen. Sondern dann sehe ich: Ah, der ist schon von etwas überzeugt, was wahr ist. Und dann werde ich irgendwann auf Aspekte stoßen, wo ich merke: Hm, das ist nicht wahr. Da kann man sehr gut ansetzen und sagen: Pass auf, das sehe ich anders. Wie würdest du darauf eingehen, wenn ich jetzt sage: Ich glaube, da gibt es eine Alternative?
Du merkst, es ist sehr stark kommunikativ. Vielleicht müssen wir das lernen: eine Kommunikationskultur, in der wir auch erst einmal Zuhörer sind, ohne unsere Botschaft zu verstecken.
Ich habe kürzlich einen Film gesehen, in dem du gerade den Aspekt des Zuhörens ausführst. Den Aspekt des Zuhörens habe ich auch in einer Podcast-Folge über Francis Schaeffer gehört. Von ihm wurde gesagt, dass er ein exzellenter Zuhörer war, dass er gute Fragen gestellt hat und Menschen wirklich sehr genau zugehört hat.
Ich glaube, das ist ein sehr wichtiger Aspekt, wie du auch sagst, den wir neu lernen müssen. Wir sind immer schnell dabei, unsere Message rauszubringen und den Leuten zu sagen, was wir glauben. Vielleicht kommt das auch ein bisschen daher, weil wir in so einer lauten Welt leben. Einer muss lauter sein als der andere, damit er überhaupt gehört wird. Und es ist doch so eine wichtige Nachricht, die wir haben.
Aber zuhören und gute Fragen stellen – das können wir auch von Jesus lernen. Er hat das auch gemacht: gute Fragen stellen.
Ja, darf ich dich mal persönlich fragen? Du führst ja auch viele Debatten, also apologetisch sitzt du immer wieder Leuten gegenüber, die eine ganz andere Weltanschauung haben als du. Was sind da vielleicht Fehler, die du gemacht hast und aus denen du gelernt hast, von denen wir auch lernen können?
Hm, ich würde da differenzieren, sage ich mal, zwischen zwei Sachen. Es gibt natürlich methodische Fehler, die ich gemacht habe. Ich würde aber erst mal mit einem inneren Fehler anfangen. Ich glaube, einer der größten Fehler für Evangelisation und auch Apologetik ist Stolz.
Da bin ich auf jeden Fall schuldig geworden, gerade wenn man weiß, man ist rhetorisch fitter, man hat mehr Wissen, man merkt, der andere kann da nicht mithalten. Dann ist Stolz trotzdem die falsche Motivation. Trotzdem sind wir so oft in Gefahr, an diese Schiene zu gehen, innerlich, uns über den anderen zu erheben.
Das würde ich sagen, ist der größte innere Fehler, den ich gemacht habe. Neben der anderen Seite, dass man Angst vor Menschen hat. Ich glaube, beides ist schlecht. Angst vor Menschen brauchen wir nicht zu haben, die kochen auch nur mit Wasser. Und auf der anderen Seite ist Stolz keine gute Motivation, um Menschen für Jesus zu gewinnen.
Auch wenn man dann vielleicht eine Debatte gewinnt, kann man in der gewonnenen Debatte auch einen Menschen verlieren. Und das ist ja nicht das Ziel. Also das wäre für mich der größte innerliche Fehler.
Jetzt würde ich methodisch sagen: Zwei große Fehler, die ich definitiv gemacht habe, sind Halbwissen rausposaunen und Dosenantworten geben.
Halbwissen sollte man nicht rausposaunen, das macht einen selbst unglaubwürdig. Lieber noch mal ein Jahr lang ein Thema gut studieren und dann argumentieren, aber nicht mit Halbwissen kommen. Das ist methodisch schlecht.
Das andere sind Dosenantworten. Was ist das? Also quasi, dass ich vor dem Gespräch eigentlich schon weiß, was ich sagen will, egal was der andere sagt. Das nenne ich Dosenantworten, die schon fertig verpackt sind.
Denn ich glaube, dass Menschen merken, gerade in dieser Kultur, die ja auch Truman beschreibt, dieser Kultur des überbetonten Selbst und des überbetonten Authentischen, ist es sehr wichtig, Menschen zu vermitteln, dass ich an einem echten Gespräch interessiert bin.
Der andere darf nicht das Gefühl haben: „Ja okay, der redet eigentlich gar nicht mit mir, sondern der öffnet gerade nur seine fünf Pakete, die er schon vorbereitet hat.“
Ich habe eine Zeit lang zum Beispiel Theater gespielt. Beim Theater ist es so – ich weiß nicht, ob du schon öfter mal im Theater warst, so richtig schöne Bühnenstücke geguckt hast oder auch im Kino –, da ist dasselbe.
Es gibt so Momente, wenn Leute ganz schlecht schauspielern, dass man mitten in diesem Stück oder Film wie so aufwacht und realisiert: „Ich bin im Kino“ oder „Ich bin im Theater“ und es ist ja ein Film, die spielen das ja nur. Und dann ist man irgendwie raus, aus dem Ganzen.
Ein sehr guter Schauspieler lebt seine Rolle quasi. Das ist jetzt natürlich ein Vergleich, der nicht ganz passt, weil wir sollen ja keine Rolle spielen. Aber es geht einfach darum, dass der andere merkt, es ist eben nichts Hingeklatschtes, nichts, wo man sagt, das ist einstudiert.
Denn sobald ich merke, dass das etwas Einstudiertes ist, hat das mit mir nichts mehr zu tun. Man soll schon Argumente gut vorbereiten, das ist ja auch in der Apologetik Wissen, was die Argumente sind. Aber ein Gespräch zu führen, das ist entscheidend – auch mit diesen Argumenten.
Ja, vielen Dank, sehr gut. Wir kommen nun zum zweiten Punkt, der nicht mehr christlichen Gesellschaft. Schauen wir uns genauer an, wie wir dorthin gelangt sind und wo wir heute als Gesellschaft stehen.
Für unsere Hörer, die gerne viel und auch manchmal anspruchsvoll lesen, empfehle ich unbedingt das Buch „Siegeszug des modernen Selbst“ von Karl Truman. Für diejenigen, die sich tiefergehend mit dem Thema beschäftigen wollen, aber es vielleicht etwas einfacher bevorzugen, weil das Buch wirklich anspruchsvoll ist – stimmst du mir da zu? Du hast es sogar im Englischen gelesen, Hut ab! Vom gleichen Autor gibt es eine eingedampfte Version, die auch sprachlich einfacher gehalten ist und nicht ganz so anspruchsvoll ist. Dieses Buch heißt „Fremde neue Welt“. Beide Bücher verlinken wir euch natürlich in den Show Notes.
Die Bücher konzentrieren sich auf die sogenannte sexuelle Revolution. In der Einleitung von „Siegeszug des modernen Selbst“ schreibt Truman unter anderem, dass die sexuelle Revolution sowohl Symptom als auch Ursache für die Kultur sei, die uns heute umgibt – eine Kultur, in der wir leben, von den Sitcoms bis hin zum Parlament. Was meint er damit?
So wie ich Truman verstehe, ist diese Art der sexuellen Revolution zunächst ein Ausdruck des übersteigerten expressiven Selbst. Das heißt, meine Sexualität will ich nicht mehr nur heimlich oder im Verborgenen leben. Die Menschen merken, dass Sexualität eine enorme Kraft hat und eine große Bedeutung für das persönliche Empfinden spielt. Deshalb soll sie auch expressiv ausgedrückt werden.
Das ist, finde ich, der Aspekt, der auch stark ins Politische hineinspielt. Denn es müssen Gesetze geschaffen werden, die diese Freiheit ermöglichen – die Freiheit für Menschen, sich selbst auszudrücken und ihre eigene Identität zu leben. Und ich würde sagen, der Begriff Identität ist hier eine andere wichtige Seite. Es ist das Innere, das starke Verständnis davon, dass Identität und Sexualität fast untrennbar miteinander verbunden sind. Das ist ein wesentlicher Teil der sexuellen Revolution.
Es geht also nicht mehr nur um sexuelle Praktiken oder Neigungen, sondern heute sprechen wir stark von sexueller Identität, was über die reine Orientierung hinausgeht. In diesem Zusammenhang, etwa bei LGBTQ-Themen, geht es nicht nur um Neigung, sondern auch um die Frage: Wer bin ich als Mensch? Das ist auch eine anthropologische Frage, sozusagen: Wer ist der Mensch überhaupt? Für mich ist das das innere Empfinden.
Wenn das zusammenkommt – also die Auffassung, dass wir uns expressiv äußern müssen, dass Identität und Sexualität untrennbar verbunden sind und eng verschweißt sind –, dann führt das natürlich zu einer stark sexualisierten Gesellschaft. Diese Gesellschaft dreht sich sehr viel um dieses Thema, weil die Frage der Identität für viele Menschen nicht geklärt ist.
Wir sehen also eine Entwicklung dahin, dass Körper, Geschlecht und Sexualität die Identität bestimmen. Das expressive Selbst meint, dass das, was ich fühle und über mich denke, bestimmend ist. Und das behalte ich nicht für mich, sondern trage es nach außen. Das muss auch mein Nächster akzeptieren. Muss er das nur akzeptieren oder auch gutfinden? Er sollte es auf jeden Fall akzeptieren. Vielleicht nicht jeden einzelnen Aspekt gutfinden, aber doch, dass der andere sich ausleben kann.
Das ist, glaube ich, der Toleranzbegriff. Viele Menschen sagen: „Das ist nicht meins, für mich persönlich, aber ich finde es super, dass du das machst.“ Das ist, glaube ich, der Gedanke von Toleranz – dem anderen seine Freiheit zuzugestehen und sich an der Freiheit des anderen zu freuen. So ist auch mein Empfinden.
Je mehr Freiheit jemand propagiert, desto stärker ist der Toleranzbegriff an dieser Stelle. Man denkt, dass die Forderung nach Freiheit unsere Toleranz herausfordert. Dann sagen Menschen: „Oh ja, da merke ich, dass meine Toleranz herausgefordert wird, aber ich will lernen, tolerant zu sein und dir diese Freiheit ermöglichen.“
Ich glaube, dass im starken Zusammenhang gilt: Je mehr Freiheit propagiert wird, desto toleranter ist man. Ob das natürlich eine echte Freiheit ist, ist ein anderes Thema.
Truman beschreibt nicht nur, wie es dazu kam, sondern auch, welche theologischen Konsequenzen die sexuelle Revolution hat. Was ist für dich als Kernaussage herausgestochen, Dave?
Ich würde sagen, insgesamt ist in Trumans Werk, das auch mit Theologie zusammenhängt, die Anthropologie zentral. Für alle, die das Fachwort nicht kennen: Anthropologie ist die Lehre vom Wesen des Menschen. Das ist es, was ich besonders aus Truman herausgenommen habe: Dieses Selbstverständnis ist nicht nur etwas ganz Individuelles, sondern wir finden mittlerweile in unserer Gesellschaft einen Konsens darüber, wer der Mensch ist.
Das finde ich hochgradig interessant, auch wie Truman das Ganze dann auf Politik überträgt, etwa auf Münzen und so weiter. Die Folge ist: Wenn unsere Identität nicht mehr von einem Gott abhängt – was genau der Punkt ist –, wenn also keine externe Instanz unsere Identität bestimmt, sondern nur das Innere, dann muss der Staat und das Sozialwesen dennoch einen Raum schaffen, in dem diese Art von Mensch leben kann.
Dabei wird stark verworfen, dass es objektive Aussagen über die Welt und den Menschen gibt, die die Identität des Menschen bestimmen. Das ist für mich eine theologische Frage: Es gibt jemanden, nämlich Gott, der den Menschen geschaffen hat und Aussagen über ihn trifft, weil er ihn gemacht hat. Der Mensch kann sich seine Identität nicht selbst aussuchen, sondern diese Identität hat ihren Ursprung in Gott.
Hier sehe ich einen der großen Scheidepunkte, die Truman darstellt: Was ist die Identität des Menschen und wie wird sie bestimmt? Externe Faktoren werden gestrichen. Heute, in der Debatte um Gender, wird etwa die biologische Identität abgewertet und die innere, sexuelle Identität aufgewertet. Das hat alles damit zu tun, dass das Äußere nicht wählbar ist. Ich kann nicht entscheiden, welche Ethnie ich habe oder in welchem Land ich geboren bin, aber ich kann entscheiden, wie ich mit meinen Gefühlen umgehe.
Deshalb glaube ich, dass das ein ganz großer theologischer Faktor ist.
Mich interessiert deine Meinung, Dave: Wo siehst du die Gefahr in diesen Ansichten für uns heute und wie beeinflussen sie die christliche Welt?
Ich denke, Truman stellt sehr gut dar, dass daraus psychologische Folgen entstehen, die große Gefahren mit sich bringen. Wir haben ein inneres Empfinden, das meine Identität bestimmt. Aber es bringt nichts, wenn ich das nur für mich behalte. Das merken die Menschen auch. Dann wird es langweilig, weil ich mich immer selbst bestätigen muss.
Ich will auch Bestätigung von anderen. Deshalb muss ich mich stark expressiv äußern und erwarte Zustimmung. Die Folge davon ist, und das zeigt Truman auch, eine Fragmentierung unserer Gesellschaft. Das sehe ich als große Gefahr.
Fragmentierung gibt es immer in Gesellschaften. Ich bin auch kein Freund einer erzwungenen Monokultur, in der alle gleich sein und dasselbe glauben müssen. Aber wenn jeder sich selbst als eine Art Insel der Wahrheit sieht, dann haben wir lauter Inseln, die kaum noch miteinander verbunden sind – außer dadurch, dass sie sich gegenseitig ihre Freiheit zuschreiben.
Das bedeutet für mich letztlich eine große Einsamkeit. Obwohl wir in einer Welt leben, die so gut vernetzt ist wie nie zuvor, zeigen psychologische Studien deutlich, dass Einsamkeit ein großes Thema ist.
Das ist ein Dilemma. Man könnte sich mit jedem Menschen auf der Welt über Social Media verbinden – und trotzdem fühlen wir uns einsam. Warum? Ich glaube, die große Gefahr dieser Bewegung ist, dass der Mensch sich selbst verliert und am Ende mit vielen Fragezeichen dasteht. Die ganze Welt sagt ihm: „Diese Fragen kannst nur du selbst beantworten.“ Damit bist du allein – was für eine Last.
Genau, das ist eine Riesenlast.
Was wird das mit unserer Gesellschaft machen? Das finde ich krass, wenn man darüber nachdenkt, vor allem wenn diese Entwicklung so weitergeht. Gerade durch das Internet und die sozialen Medien sind wir so wahnsinnig vernetzt. Doch gleichzeitig werden wir immer einsamer in unserer eigenen kleinen Welt, die wir über unsere Gefühle definieren.
Man bekommt vielleicht Zuspruch von außen, aber wirklich verbinden kann man sich nicht, weil der andere anders fühlt.
Ein sehr bekannter Autor, Hartmut Rosa, hat vor kurzem ein Buch veröffentlicht, das heißt „Demokratie braucht Religion“. Es ist ein kleines Büchlein, in dem er genau diesen Gedanken beschreibt. Er spricht vom Resonanzgedanken: Wir müssen mit etwas verbunden sein. Wenn wir nur mit uns selbst verbunden sind, reicht das nicht.
Er sagt, dass das momentan ein Monopol der Religionen ist, besonders des Christentums. Dort wird vermittelt, dass wir als Menschen untrennbar miteinander verbunden sind. Wir sind untrennbar verbunden mit einem Schöpfer und sollen eine Beziehung zu diesem Schöpfer aufbauen.
Wir verbinden uns mit etwas, das über uns steht. Das ist heute sozusagen ein Monopol des Christentums in Europa: Es sagt, es gibt nicht nur eine politische oder gesellschaftliche Idee, sondern eine Person, mit der wir uns verbinden können – eine Quelle für Identitätsstiftung, Sinn und all diese Dinge.
Dort sehe ich eine große Chance für das Christentum.
Aber die Frage bleibt: Wie wird sich die gesellschaftliche Fragmentierung weiterentwickeln? Das erleben wir ja auch politisch. Es ist sehr interessant, etwa bei den europäischen Wahlen zu beobachten, wie viele junge Leute Kleinstparteien gewählt haben.
Es gab Umfragen, die zeigen, dass gerade junge Leute nicht mehr die großen Parteien wählen, sondern Kleinstparteien. Warum? Weil sie etwas suchen, das genau ihrer Überzeugung, ihrer Identität und ihrem Empfinden entspricht. Junge Menschen merken: „Ich will keine Kompromisse bei meiner Identität eingehen.“ Große Parteien müssen Kompromisse machen, um möglichst viele Menschen anzusprechen. Das widerspricht aber dem persönlichen Empfinden. Also sucht man eine Partei, die noch mehr dem eigenen Empfinden entspricht.
Das führt zu politischer Fragmentierung.
Es ist sehr interessant zu sehen, dass wir auf verschiedenen Ebenen Fragmentierungen in der Gesellschaft haben, die am Ende nicht zur Toleranz führen, sondern zur Koexistenz. Dabei verbinden wir uns nicht mehr gegenseitig, sondern sagen nur noch: „Wir sind da und dulden uns.“ Das ist Koexistenz, aber keine Toleranz.
Wenn wir jetzt darauf zurückblicken, auch im Hinblick auf unsere Rolle als Christen und als Kirche – insbesondere als Weltkirche – sowie auf unsere nichtchristliche oder nachchristliche Gesellschaft, stellt sich die Frage: Was hätten wir anders machen sollen? Oder anders gesagt: Was haben wir falsch gemacht?
Das ist natürlich sehr schwierig zu beantworten, denn erstens sind das Bewegungen, die in verschiedenen Kontexten entstanden sind, in denen auch das christliche Umfeld unterschiedlich ist. Spontan würde ich sagen, dass es nichts grundsätzlich Falsches war, was wir getan haben. Aber ich sehe momentan eine Gefahr darin, dass sich die christliche Gemeinschaft, sozusagen die christliche Szene, zunehmend fragmentiert. Es gibt viele Abspaltungen und Zerwürfnisse untereinander.
Zudem neigen Christen oft dazu, sich als eine eigene Insel zu sehen, die sich von der Welt abschottet. Das ist ein theologisches Dilemma. Die Bibel sagt einerseits, dass wir uns nicht der Welt gleichmachen sollen und die Welt nicht lieben sollen. Andererseits heißt es aber auch, dass wir zwar nicht von dieser Welt sind, aber dennoch in dieser Welt leben. Vielleicht sollten wir diesen Aspekt mehr betonen: Wir sind in dieser Welt und müssen daher eine Rolle in unserer Gesellschaft einnehmen.
Vielleicht liegt hier ein Fehler, den manche Kirchen gemacht haben: Sie ruhen sich darauf aus, eine fragmentierte Insel zu sein und hoffen, dass Menschen mit ihren Schiffen zu ihnen kommen. Stattdessen sollten wir unsere Boote aussetzen und die anderen Inseln besuchen, um zu verstehen, was in der Welt passiert. Wir müssen Teil der Kultur sein und uns aktiv einbringen.
Ihr habt ja, glaube ich, auch eine Podcast-Folge zu diesem Thema gemacht. Ich mache hier mal Werbung für euren Podcast, in dem es um Christen in Vereinen und in der Kultur geht. Das finde ich sehr gut und kann das total unterstützen.
Ich selbst bin zum Beispiel im Schachverein, und die Leute dort wissen, dass ich Christ bin. Aber ich bin dort nicht der Prediger oder Pastor, sondern einfach Dave, der ganz okay Schach spielt. Ich kann dort als Teil der Kultur sein und trotzdem Gespräche über Jesus führen, ohne dass ich als jemand gesehen werde, der nicht dazugehört. Ich gehöre dazu und bin Teil dieses Vereins, obwohl ich Christ bin. Vielleicht müssen wir als Christen solche Situationen noch mehr schaffen.
Natürlich haben verschiedene Kirchen unterschiedliche Herausforderungen. Mir geht es nicht darum, bestimmte Kirchen schlechtzumachen. Auch in den Landeskirchen gibt es unterschiedliche Bewegungen. Ich denke, dass die katholische Kirche besonders mit der kulturellen Anknüpfung zu kämpfen hat, weil die liturgische Form oft von Menschen, die sich nicht damit beschäftigen, nicht verstanden wird.
Es gibt also verschiedene Bewegungen und Herausforderungen in den Kirchen. Aber allgemein gesagt sollten wir auch sichtbar sein in der Gesellschaft – und zwar nicht nur als Menschen, die gerne Schach spielen oder in einem Tennisverein sind oder häkeln. Sondern als Christen, die sagen: Wir haben eine Rolle in dieser Gesellschaft. Diese Rolle müssen wir vielleicht neu entdecken.
Wenn du vom Schachverein sprichst, wie läuft das da genau ab? Beim Schach spielt man ja eigentlich still, oder? Bei den Profis sieht man, dass sie nach einem Zug oft eine Weile schweigen. Redet ihr denn im Verein auch?
Im Verein läuft das etwas anders. Es gibt sogenannten Trashtalk, also kleine Sprüche während des Spiels – natürlich nicht bei Turnieren. Dann hört man schon mal Kommentare wie: „Ach, das willst du machen? Das ist ja süß!“ Es ist eher ein psychologisches Kräftemessen. Die Gespräche finden aber meistens nach den Spielen statt, wenn man zum Beispiel drei Partien verloren hat und keine Lust mehr auf das Spiel hat. Dann trinken die Leute auch mal ein Bier zusammen.
Wenn ich dich richtig verstehe, sagst du, dass wir als Christen diese Möglichkeiten nutzen sollten. Wir sind in dieser Welt, auch wenn wir nicht von dieser Welt sind. Wir haben eine ewige Hoffnung, die über diese Welt hinausgeht. Deshalb sind wir auch Einflussnehmer in dieser Welt.
Wir müssen uns daran machen, Menschen in ihrer Lebenswelt zu verstehen. Das ist ein Thema, über das wir hier im Podcast immer wieder sprechen. Deshalb ist es mir so wichtig, mit dir über dieses Thema zu reden: die fremde, neue Welt, in der wir leben. Das fordert uns Christen heraus, zu verstehen, wie es überhaupt dazu kommt, und sich nicht zurückzuziehen in die eigene Bubble oder auf die christliche Insel.
Stattdessen müssen wir uns rauswagen – in den Schachclub, in andere Vereine und Gemeinschaften, wo Menschen sind, die anders denken als wir. Dort können wir uns mit ihnen und ihren Fragen auseinandersetzen.
Und vielleicht kommen wir damit auch zum dritten Punkt: Die Bedeutung für uns Christen und christliche Gemeinden, also die Findung der eigenen Identität, hängt ganz klar mit dem Verständnis dessen zusammen, was Jesus für mich, für uns am Kreuz getan hat. Es geht also um die fundamentalen Wahrheiten des Christentums.
Wie können wir gut damit umgehen, wenn unser Gegenüber sagt: „Ich erfinde mich selbst“ oder „Ich bin mein eigener Maßstab“ beziehungsweise „Meine Identität ist diese oder jene“? Ich denke, und das ist natürlich auch ein Gegenpol zu dem, was ich bisher gesagt habe, dass manche jetzt vielleicht denken: „Oh, der Dave ist ja soft und führt nur Gespräche.“ Nein, wir brauchen schon auch Argumente. Deshalb betreibe ich auch Apologetik.
Das heißt, hier würde ich wirklich sagen: Wir müssen diesen Gedanken in unserer Gesellschaft verstehen und ihm etwas entgegensetzen. Das ist notwendig. Wir müssen wirklich wissen, zum Beispiel gerade bei der Frage „Wer ist der Mensch?“. Das ist die große Herausforderung.
Wir müssen nicht nur wissen, was die Gesellschaft glaubt – das müssen wir, glaube ich, verstehen lernen, warum Menschen so denken – sondern wir müssen umso mehr verstehen, was die Bibel und der christliche Glaube zum Menschen sagen. Dann entsteht unweigerlich ein Kontrast im Gespräch. Diesen müssen wir gegenhalten.
Wir müssen sagen: Das ist eine Wahrheit, zu der wir stehen. Diese Wahrheit können wir auch ein Stück weit begründen, nicht nur mit der Bibel, sondern wir können auch aufzeigen, dass sie sich bewährt. Das ist kein Traumgebilde, sondern du kannst das ausleben und wirst merken, dass es sich mit deiner Realität verbindet.
Das heißt, wir müssen diese Wahrheit vorleben und proklamieren. Die Frage ist natürlich, in welcher Form. Die Kirche, so wie du es vorher schon gesagt hast, hat heute nicht mehr die große Relevanz. Die Institution Kirche kann nicht mehr so auftreten im Sinne von: „Hey, wir sind hier tonangebend.“
Wir müssen Wege finden, wie wir diese Wahrheit trotzdem proklamieren können, ohne uns dabei lächerlich zu machen. Denn wenn wir auftreten, als wären wir die großen Macher in der Welt, funktioniert das nicht mehr. Das ist in Europa jedenfalls so, hier werden wir langsam eine Minderheit.
Wir müssen vielleicht auch lernen, in dieser Rolle neue Dinge zu sagen und in der Gesellschaft aufzutreten. Ich sehe das gerade auch an Ereignissen wie Olympia. Dort gab es ja auch großen Aufschrei, dass Menschen sagen: „Hey, das ist nicht okay.“ Ich finde es gut, dass sie nicht einfach alles niederbrennen, zum Beispiel Paris.
Ich möchte nur klarstellen: Ich finde es sehr gut, dass sie Paris nicht niederbrennen. Aber es ist wichtig, dass die Leute aufstehen und sagen: „Okay, das, was dort proklamiert wird, ist nicht richtig, das ist falsch.“ Und wir halten dem etwas entgegen. Das braucht es auch in einer Gesellschaft.
Ja, genau, das ist eine schwierige Spanne. Das ist keine leichte Aufgabe. Und da denke ich gerade an Jugendliche und junge Leute, die extrem verunsichert sind. Wir sprachen gerade schon darüber, wie wir als Gemeinden, wie du das machst, Dave, als Pastor in deiner Gemeinde, Jugendliche und junge Erwachsene genau dahin unterstützen können.
Es geht darum, wie Gemeinden bei der Frage der Identität, der Eigenidentität und Selbstfindung helfen können. Gerade bei Kindern und Jugendlichen ist das ein ganz wesentliches Thema. Es wird stark beeinflusst von dieser fremden, neuen Welt, diesem expressiven Denken.
Wie können wir die jüngere Generation dabei unterstützen? Ich würde jetzt versuchen, sehr praktische Dinge zu nennen. Ich habe immer den Vorwurf, dass ich ein starker Theoretiker bin. Das bin ich auch, von meinem ganzen Denken her. Deshalb muss ich bewusst alles ganz herunterbrechen.
Hier ein ganz praktischer Tipp, ein paar Hacks von Dave, die ich für wichtig halte – auch für Leute in der Gemeinde. Erstens: Es braucht gute Vorbilder. Für junge Leute gilt: Sucht euch Vorbilder und lernt von ihnen.
Paulus sagt im Neuen Testament: „Ihr habt viele Zuchtmeister in Christus, aber wenig Väter und Mütter.“ Ich sage das jetzt mal in Social-Media-Begriffen: Ihr könnt zu jedem Thema hundert YouTube-Videos schauen, und es gibt hundert Meinungen. Ihr habt kein Problem, euch Meinungen oder Informationen reinzuziehen. Das ist heute nicht die Herausforderung.
Wenn unsere Herausforderung die Einsamkeit in der Gesellschaft ist, dann brauchen wir gute Vorbilder, die nahbar sind. Das heißt an die älteren Christen: Werdet Vorbilder für junge Leute! Schnappt euch auch junge Leute und sagt: „Hey, ich investiere in dich, ich ermutige dich.“
Ich glaube, Ermutigung ist ein Riesenaspekt in einer Gesellschaft, die hoffnungslos ist. Gerade auch mit Klima und so weiter. Das spiegelt sich auch im Christentum wider, wo manchmal ein Gefühl von Hoffnungslosigkeit herrscht – obwohl das Christentum ja die Hoffnungsbotschaft ist.
Also: Ermutigung zu spenden. Die Leute, die schon ein bisschen länger jung sind, sollten die jungen Leute ermutigen. Und die jungen Leute sollten sich Vorbilder suchen, von denen sie inspiriert sind und von denen sie lernen können. Sie sollten sagen: „Okay, von dem lerne ich jetzt einfach mal, und den schaue ich mir an, wie er das macht.“
Das heißt, wir müssen als Christen sichtbar sein – auch für andere Christen –, damit sie sehen, wie wir Dinge machen. Das ist für mich ein ganz wichtiger Aspekt. So entsteht auch untereinander wieder eine Verbundenheit, auch zwischen Generationen. Für mich ist das ein Schlüsselaspekt.
Das andere ist, glaube ich, die Art und Weise zu ändern, wie man über Glauben spricht. Ganz lange war die Frage: „Was glaubst du?“ Mittlerweile kommt die Frage hinzu: „Warum glaubst du das?“ Und sich mit dieser Frage zu beschäftigen, ist wichtig.
Ich habe eben schon gesagt: Ihr habt genug Informationen, die ihr euch reinziehen könnt. Macht das. Bildet euch wirklich gut weiter mit verlässlichen Quellen. Das hängt auch wieder mit den Vorbildern zusammen.
Fragt Leute, von denen ihr wisst: „Hey, die haben es drauf, die kennen sich mit dem Thema aus. Was sind gute Dinge, die ich mir reinziehen kann?“ Und dann zieht euch diese Dinge rein. Lest Bücher, nicht nur YouTube-Videos. YouTube-Videos sind teilweise super Zusammenfassungen von Büchern, aber lest auch Bücher.
Vertieft euch in Themen! Leute werden merken, auch in unserer oberflächlichen Informationsgesellschaft, dass da mehr dahintersteckt. In erster Linie lest natürlich eure Bibel. Lest sie nicht nur populär, sondern mehr. Ihr müsst wissen, was ihr glaubt, sonst könnt ihr nicht über euren Glauben sprechen.
Umso mehr in unserer Gesellschaft, je fragmentierter wir sind, erwarten Leute, dass jeder Christ Experte für seinen eigenen Glauben ist. Das heißt, wir müssen wissen, was wir glauben und warum wir es glauben.
Das ist ja auch das, was Apologetik beschreibt. So heißt es in 1. Petrus 3,15: „Seid allezeit bereit zur Verantwortung gegenüber jedermann, der Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist.“
Daraus kommt das Wort Apologetik: jederzeit bereit sein, eine Antwort geben zu können. Nicht auf jede einzelne Frage, wir müssen nicht alle Theologen werden, aber bilde dich weiter, damit du wirklich Antwort geben kannst, was und warum du glaubst.
Das waren für mich so drei erste Tipps. Vielen Dank – sehr gut, sehr praktisch.
Was denkst du, Dave, wie können wir als Christen heute effektiv für eine Rückkehr zu biblischen Prinzipien in dieser säkularisierten Gesellschaft eintreten? Du hast eben dazu aufgefordert, manche machen das, zum Beispiel in Paris. Aber wie können wir gleichzeitig ein Ort und eine Gemeinschaft sein, die alle willkommen heißt? Eine Gemeinschaft, in der sich auch Menschen wohlfühlen, die vielleicht nicht direkt unseren Überzeugungen zustimmen, aber auf der Suche sind – auf der Suche nach Gott, auch wenn sie das vielleicht noch gar nicht wissen?
Wie können wir beides miteinander verbinden? Verstehst du die Herausforderung? Wenn ich von der Kanzel predige und dabei sehr deutlich werde, wie kann ich dann gleichzeitig jemanden willkommen heißen, der sich mit dem Gesagten überhaupt nicht identifiziert? Das ist ja ein extremes Beispiel.
Ja, ich glaube, du hast das Problem schon gut beschrieben. Die Frage ist nicht das „Was“. Wir sollen nicht von dem abweichen, was wir sagen. Vielleicht müssen wir aber hinterfragen, wie wir es sagen. Es gibt ein sehr altes Kirchendokument, die Didache, eines der ältesten Kirchendokumente, das wir kennen. Es beginnt mit dem Satz: „Es gibt einen Weg des Lebens und einen Weg des Todes.“ Dann beschreibt dieses Dokument den Weg des Lebens, und das ist das Gebot der Liebe: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst, liebe Gott von ganzem Herzen, ganzer Seele, ganzer Kraft; tu Gutes denen, die dich hassen; segne die, die dich verfluchen usw.
Vielleicht müssen wir diese Worte von Jesus ernster nehmen. Wir nehmen oft viele Worte von Jesus ernst, gerade wenn es um Gebote geht. Aber vielleicht müssen wir gerade dieses Gebot, weil Jesus es als das Wichtigste proklamiert hat, umso ernster nehmen und uns selbst hinterfragen: Lieben wir wirklich diese Menschen?
Das ist meine Erfahrung. Ich rede viel mit Menschen, auch aus sehr kaputten Hintergründen. Ich evangelisiere unter anderem online, in Videochats und ähnlichen Formaten. Ich versuche einfach, Wege und Mittel zu finden, um zu den Leuten zu kommen. Die Leute sind ja im Internet, also gehe ich auf solche Plattformen. Dort sage ich klare Sachen. Aber ich glaube, Menschen merken, wenn man es in Liebe tut – wenn man es nicht gegen sie ausspricht, sondern für sie.
Vielleicht ist das etwas, woran wir uns selbst auch hinterfragen müssen, auch unsere Theologie teilweise prüfen sollten: Ist das Gebot der Liebe wirklich das höchste Gebot für uns? Was bedeutet das dann? Heißt Liebe nur, dass ich dir die Wahrheit sage? Das mag sein, aber es reicht wahrscheinlich nicht, wenn ich jemandem ins Gesicht schreie: „Ich liebe dich doch, deshalb sage ich dir die Wahrheit!“ Nein, Liebe ist auch sanftmütig, freundlich, rechnet das Böse nicht zu – all diese Dinge.
Das wäre für mich ein wichtiger Punkt. Du hast von der Kanzel gesprochen, und klar, ich predige auch. Ich glaube tatsächlich, dass es ein Ausdruck von Liebe ist, eine Sprache zu wählen, die Menschen verstehen. So merken sie, dass ich nicht über ihre Köpfe hinweg rede, sondern zu ihnen. Ich vermittle ihnen, dass ich nicht ihr Ankläger bin, bleibe aber dennoch bei den Aussagen, an die ich glaube.
Ich hatte in der Jugendarbeit zum Beispiel eine Predigt über Homosexualität. Danach kam ein junger Mann zu mir und sagte: „Ich bin nicht einverstanden mit dem, was du gesagt hast. Wenn du das nicht widerrufst, werde ich gehen und nie wiederkommen.“ Ich habe ihn angesehen und gesagt: „Hey, ich bin bereit, mit dir stundenlang Gespräche zu führen. Aber ich kann nicht sagen, dass ich jetzt von dem abweiche, was ich gesagt habe.“ Dann ging er und kam nicht wieder.
Das heißt, wir müssen auch damit rechnen, dass Menschen wegen dieser Botschaft gehen. Aber sie sollen nicht gehen, weil wir lieblos sind.
Genau. Das erinnert mich an die Begegnung, die Jesus mit dem jungen Mann hatte, der so reich war. Jesus sah ihn an und hatte ihn lieb, aber der junge Mann war nicht bereit und ging weg. Jesus lief ihm nicht nach und sagte: „Warte, warte, wir finden eine Lösung.“ Nein, die Wahrheit hat er in Liebe gesagt – was für diesen jungen Mann wirklich wichtig war. Aber er ging weg und traf seine eigene Entscheidung.
Das ist ein super Beispiel. Eine sehr gute Stelle für diesen Punkt.
Ja, wie können wir als Christen effektiv Einfluss nehmen in einer zunehmend säkularisierten Gesellschaft? Gibt es historische Beispiele, die dir einfallen, Dave, für erfolgreiche christliche Einflussnahme auf gesellschaftliche Veränderungen, die du nennen könntest?
Eine sehr interessante Figur für mich ist Martin Luther King. Auch wenn er natürlich für manche umstritten sein mag, war er Baptistenpastor und hat definitiv Einfluss auf die Gesellschaft in einer absolut bahnbrechenden Art und Weise genommen. Er hat im Grunde genau das gemacht, was wir eben besprochen haben, so glaube ich jedenfalls. Er hatte eine ganz klare Botschaft, aber er hat keinen Hass gepredigt.
Natürlich sind wir jetzt nicht alle Martin Luther King oder Kanzelprediger. Es geht ja vielmehr darum, wie wir im Alltag Einfluss auf die Gesellschaft nehmen können. Wann nehmen wir denn Einfluss auf die Gesellschaft? Wenn wir Einfluss auf Menschen nehmen. Deshalb müssen wir herausfinden, was unsere individuelle Berufung ist.
Wir brauchen definitiv Christen in der Politik, in der Medizin, in der Forschung und in der Wissenschaft. Besonders an den Universitäten brauchen wir gläubige Professoren, Doktoren und Dozenten. Es ist wichtig, dass jeder für sich die Frage stellt: Was ist mein Platz in dieser Gesellschaft, der auch mir von Gott gegeben ist? Das ist eine sehr wichtige Frage.
Ich glaube, wenn man diese Frage für sich beantwortet, erlebt man auch Begegnungen, bei denen man merkt, hier kann ich Einfluss nehmen. Ich möchte nicht jedem einreden, dass jeder der neue gesellschaftliche Revolutionär wird. Aber vielleicht kannst du deinen Arbeitsplatz verändern. Vielleicht kannst du deine Schule verändern, sodass plötzlich ein Gebetskreis entsteht, weil du Einfluss auf Menschen nimmst – einfach indem du das auslebst, was du glaubst.
Wenn Leute mit dir reden, merken sie, dass es nicht irgendein dahingeschwafelter Glaube ist, sondern dass du Argumente hast, Gründe zu glauben. Dass das alles ein in sich stimmiges Konzept ist, das auch mit deinem Leben zusammenpasst. Dann verspreche ich dir, werden Menschen da andocken.
Die Bibel sagt zwar: Wenn sie Jesus gehasst haben, werden sie uns auch hassen. Das stimmt, viele Menschen finden diese Botschaft absolut bescheuert. Aber ganz viele Menschen suchen eigentlich genau das, was wir proklamieren.
Du kannst deinen Arbeitsplatz verändern. Stell dir vor, es gibt einen täglichen Gebetskreis in der Mittagspause an deinem Arbeitsplatz, zu dem drei Kollegen kommen. Das kann eine ganze Atmosphäre verändern. Stell dir vor, du implementierst ein morgendliches Gebet mit deinen Mitarbeitern als Chef, ohne jemanden zu zwingen. Plötzlich verändert das die Arbeitskultur, weil eine Kultur von Jesus in die Kultur hineinkommt, in der wir arbeiten.
Ich würde gar nicht anfangen zu sagen: „Ich muss jetzt die ganze Gesellschaft verändern“ oder „Ich muss dafür sorgen, dass niemand mehr in Deutschland abtreibt.“ Das sind natürlich sehr hohe Ziele. Fang doch da an, wo du stehst, und überlege, wo Menschen sind, bei denen du die richtigen Fragen stellen kannst, die richtigen Dinge sagen und kleine Initiativen starten kannst. Diese können langfristig zu sehr viel führen.
Und es muss nicht einmal eine Gebetsgruppe im Unternehmen sein. Das ist vielleicht schon ein großer Schritt. Ich hatte mal jemanden in einem Interview, der erzählte, dass für ihn einmal im Jahr ein Highlight in seiner Firma war, die Weihnachtsfeier auszurichten. Er hatte eine führende Position und hat dort kleine Elemente der christlichen Botschaft eingebracht. Das ist eine tolle Möglichkeit, die sich bietet.
Also es muss nicht immer etwas ganz Frommes sein wie eine Gebetsgruppe. Aber es sind praktische Wege, um Einfluss zu nehmen.
Vielen Dank für die sehr guten und praktischen Gedanken.
Ja, ich fand das eigentlich schon einen sehr guten Schluss. Vielleicht noch zwei abschließende Fragen an dich, Dave: Was ist deine eigene größte Herausforderung bei der ganzen Thematik?
Ich glaube tatsächlich, die größte Herausforderung für mich ist, nicht in der Bubble zu bleiben, also tatsächlich aktiv Menschen zu suchen, mit denen ich über Jesus reden kann. Für mich persönlich ist das natürlich auch durch alles, was ich mache. Ich fühle mich sehr sicher in meinem Glauben, in meinen Argumenten, ich weiß, was ich sagen kann. Die Menschenfurcht ist schon weniger geworden, also das ist jetzt nicht mehr so die Herausforderung für mich.
Aber die Möglichkeiten zu suchen für Gespräche erfordert manchmal eben auch unkonventionelle Sachen, das habe ich gemerkt. Also keine Ahnung: Ich habe da alle möglichen Sachen schon gemacht. Im McDonald's habe ich schon mit Jugendlichen irgendwie Bibel gelesen und so, und dann sehen das Leute und sprechen uns an und so. Alle möglichen Dinge auszuprobieren, auch kreativ zu werden, das ist für mich eine große Herausforderung irgendwie.
Weil man kann sehr schnell und sehr einfach sagen: Ach komm, ich bin doch hier in meiner christlichen Gemeinschaft, gerade ich auch als jemand, der in der Kirchenleitung mit drin ist, da habe ich doch alles. Und da können wir auch selber unsere eigenen Angebote schaffen. Ich könnte ja auch einen Schachverein in meiner Kirche gründen. Okay, aber das ist nicht zielführend. Es wäre einfacher, aber nicht zielführender.
Also das ist für mich eine der größten Herausforderungen, für mich persönlich, um in Kontakt zu kommen mit Menschen: einfach Wege zu finden, wie komme ich ins Gespräch mit Menschen, wo bin ich auch anwesend in der Gesellschaft. Ja, das würde ich sagen, ist so eine der größten Herausforderungen.
Neben, würde ich mal sagen, neben dem, dass natürlich auch die gesellschaftlichen Probleme und Nachrichten und so weiter so schnell kommen und die Themen auch so schnell wechseln. Die neuesten Umfragen zeigen zum Beispiel, dass Klima wieder gar nicht so das Thema ist, dass jetzt irgendwie Flüchtlingskrise wieder und Einwanderung Thema ist. Also auch diese gesellschaftlichen Themen, die wechseln halt, und da irgendwie auch Schritt zu halten, das ist auch nicht so einfach.
Da kommen die Technologien noch und die Herausforderungen damit. Irgendwie habe ich den Eindruck, es wird immer schneller alles.
Ja, ja. Und zweite Frage: Welchen Tipp hast du für unsere Podcast-Hörer? Also einen Tipp, mit dem sie gleich was anfangen können, der so, ja, wir sagen immer, für jeden machbar ist. Gleich loslegen.
Ja, ich muss mir was Gutes überlegen. Ich habe viele Sachen im Kopf. Ich nenne mal zwei Sachen, okay, zwei Tipps.
Der erste Tipp ist: Tatsächlich lies ein apologetisches Buch. Das können Sachen sein, eben wie ich vorgesagt habe, C.S. Lewis, pardon, "Ich bin Christ", das können Sachen sein von Timothy Keller, der wunderbare Sachen geschrieben hat, gerade auch in Verbindung von Gesellschaft und Glaube, kann ich stark empfehlen. Es gibt Sachen von Frank Turek, auch aus Amerika. Im Deutschen haben wir noch nicht so viel da, wir hoffen auch mit unserem Projekt da ein bisschen mehr in Deutschland was zu bewegen.
Lies ein Buch. Nimm dir einfach vor, ein Buch zu lesen, das einfach dieses Thema behandelt, wie kann ich meinen Glauben begründet weitergeben. Und ich glaube, es wird dich inspirieren. Also das nimm dir einfach vor und nicht irgendwie dann ein Jahr lang brauchen, um dieses Buch zu lesen. Natürlich liest jeder unterschiedlich schnell, aber nimm dir wirklich vor zu sagen, ich lese das irgendwie, keine Ahnung, immer von zwei Wochen oder so, ich lese dieses Buch.
Wenn wir Inspiration in diesem Bereich brauchen, sonst kommen wir auch schnell wieder in diese Einsamkeit und in dieses "Oh, was soll ich jetzt machen" und so weiter. Deswegen: Lass dich inspirieren, lies ein Buch.
Der zweite Tipp ist: Es geht auch viel in eurem Podcast um Evangelisation. Das ist ja auch so das Thema. Und jetzt Apologetik ist ja auch eine bestimmte Art von Evangelisation und von Gesprächsführung.
Nimm dir einfach zwei, drei Leute, geh in die Stadt, nimm dir irgendwie einen Nachmittag und sagt: Wir werden heute Nachmittag mit einem Menschen über Jesus reden. Einfach mal loslegen.
Das wäre mein Tipp. Bar. "Aber ich kann das nicht." Genau, genau. Einfach loslegen, einfach loslegen. Ihr werdet überrascht sein, ihr werdet überrascht sein, wenn ihr diesen ersten Schritt wagt. Das ist das Schwierigste. Das Schwierige ist nicht, wenn ihr mal im Gespräch seid, das verspreche ich euch. Wenn ihr mal im Gespräch seid.
Die Bibel sagt sogar irgendwie: Ja, wenn ihr von dem hohen Rat geschleppt werdet, habt keine Angst, was ihr sagen sollt, Gott kann euch auch Dinge zeigen usw. Da werdet ihr merken, dann seid ihr im Gespräch.
Loslegen ist das Schwierige. Deswegen mein Tipp: Legt los, und am besten kann man das einfach mit einem Termin und mit mehreren Leuten, weil dann ist man irgendwie verpflichtet. Das heißt, irgendwie sagen: Okay, zwei Kollegen, wir gehen in die Stadt.
Und jetzt vielleicht nicht irgendwie mit Schemel auf der Straße und predigen, sondern einfach: Wir gehen mal irgendwo hin. Vielleicht gibt es jemanden, der alleine ist, vielleicht gibt es jemanden, der auf der Straße sitzt.
Mein Jesus hat sich diesen Menschen zugewandt. Jesus hat sich nicht in die Villen und so weiter eingeladen, sondern er hat eben Leute auf der Straße angesprochen, die blind waren und nichts zu essen hatten und so.
Vielleicht da einfach zu sagen: Hey, wir sind hier in dieser Stadt, wir sind hier in dieser Welt, wir sehen hier Leid, wir sehen hier Not, komm, wir gehen zu einem Menschen, wir tun ihm Gutes. Gerade bei Leuten auf der Straße: Gebt ihm zu essen, am besten kein Geld geben, das ist meistens nicht so hilfreich, gebt ihm zu essen und redet mit ihm.
Werdet mit ihnen über Jesus, gebt ihnen die Liebe Gottes weiter, betet mit ihnen, und ihr werdet merken, das macht richtig Laune. Und vielleicht werden dann auch Gespräche kommen, manchmal mit Leuten, die Kontra geben. Und dann habt ihr ja zum Glück ein Buch gelesen. Richtig fit argumentativ, aber nicht an die Wand diskutieren.
Genau, nicht an die Wand diskutieren. Schon klar hinstehen, auch hier nicht alles sich gefallen lassen, aber das wären so meine Tipps, sage ich mal, die man jetzt relativ schnell umsetzen könnte.
Kauf dir ein apologetisches Buch und nimm dir zwei Leute und mach einfach mal das, was Jesus gemacht hat: Sprich mit Leuten über Gott.
Sehr gut, vielen Dank, Dave, vielen Dank auch für deine Ausführung zu diesem spannenden, aber ja schon auch herausfordernden Thema und für deine vielen Anregungen und Tipps.
Ja, ich möchte auch euch danken fürs Zuhören. Natürlich bin ich voll gespannt, wie du mit den Herausforderungen umgehst, die diese fremde neue Welt so mit sich bringt.
Schreib mir einfach eine Mail an machbar@heukebach.org und teile deine Erfahrungen. Da bin ich echt gespannt drauf.
Für jede Einsendung gibt es ein tolles Gebetstagebuch. Ja, ich habe auch hier ein Gebetstagebuch. Ja, das haben wir neu, kriegst du kostenfrei zugeschickt natürlich. Und denk an deine Adresse, dass ich auch weiß, wo das Ding hingehen soll.
Ja, und ansonsten bedanke ich mich sehr fürs Zuhören und sage einfach: Bis zum nächsten Mal.
Danke dir auch, Dave, dass du mit dabei warst.
Vielen Dank dir, Christian.