Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 254: Johannes der Täufer im Gefängnis, Teil 2.
Zweifel und Erwartungen im Gefängnis
Johannes der Täufer sitzt im Gefängnis und beginnt, an Jesus zu zweifeln – an der Frage, ob Jesus wirklich der Messias ist. Johannes hatte eine bestimmte Vorstellung davon, wie der Messias seinen Dienst ausüben sollte. Diese Erwartung kollidiert jedoch heftig mit der Realität. Jesus und sein Wirken passen nicht in das von Johannes erwartete Schema.
Um es klar auszudrücken: Natürlich passte Jesus in das göttliche Schema. Er war die Erfüllung der alttestamentlichen Prophezeiungen und tat genau das, was er vom Vater sah. Doch manchmal meinen wir Menschen, wir wüssten, was richtig ist. Wir erwarten, dass Gott sich unserer Sichtweise anschließt. Und dann sind wir enttäuscht, wenn Gott seinen ganz eigenen Plan verfolgt – einen Plan, in dem unsere vermeintlich weisen Gedanken keine Rolle spielen.
Genau das passiert hier. Deshalb ist es sehr wichtig, dass wir mit Johannes folgende Lektion lernen: Wir sind nicht die „Checker“ oder ein bisschen biblischer. Wie im 2. Korinther 5,7 geschrieben steht: „Denn wir wandeln im Glauben und nicht im Schauen.“ Egal, wie viel Bibel wir lesen, wie viele Bibelstellen wir auswendig lernen, wie viele Predigten wir hören oder welche theologischen Bücher wir lesen – aus unserer menschlichen Perspektive ergibt diese Welt keinen Sinn.
Die Grenzen menschlichen Verstehens
Salomo hat völlig Recht, wenn er schreibt: Prediger 8,17: „Da sah ich am Ganzen des Werkes Gottes, dass der Mensch das Werk nicht ergründen kann, das unter der Sonne geschieht. Wie sehr der Mensch sich auch abmüht, es zu erforschen, so ergründet er es nicht. Und selbst wenn der Weise behauptet, es zu erkennen, er kann es doch nicht ergründen.“
Wenn es um die Frage geht, warum Gott mit dieser Welt so umgeht, wie er es tut, dann kann uns kein Mensch darauf eine Antwort geben. Wir sind als Menschen nicht dazu fähig, diese Frage zu ergründen. Das Gesamtbild der Heilsgeschichte entzieht sich unserem Verstehen.
Das heißt aber, ich lebe in einer Welt, die, so wie ich sie erlebe, irgendwie keinen Sinn ergibt. Genau das meint Salomo im Buch Prediger mit dem Begriff „nichtig“. Die Welt, in der ich lebe, ist nichtig. Sie ist wie ein Knäuel aus Kabeln, die sich ineinander verheddert haben.
Es ist wichtig, dass wir nicht denken, die Bekehrung ändere daran etwas. Auch als Kinder Gottes werden wir das Ganze des Werkes Gottes nicht verstehen.
Zweifel als Teil des Glaubensweges
Und es ist noch schlimmer: Wir werden ganz persönliche Momente erleben, die uns emotional und psychisch so sehr überfordern, dass wir für einen kurzen Augenblick daran zweifeln, ob Gott es noch gut mit uns meint und ob er noch weiß, was er tut.
Je vertrauter unsere Beziehung zu dem Herrn Jesus ist, desto schmerzhafter und herausfordernder sind solche Momente. Je mehr wir es gewohnt sind, die Güte Gottes zu schmecken, in seiner Gnade zu leben und den Impulsen des Heiligen Geistes zu folgen, desto falscher fühlt es sich an, wenn wir Gottes Handeln nicht mehr verstehen.
Aber genau darum geht es, wenn Paulus schreibt: „Denn wir wandeln durch Glauben, nicht durch Schauen.“ Es ist ein großes Geschenk, zu verstehen, dass sich Gott nicht begreifen kann und nicht begreifen muss. Es reicht, wenn ich ihm vertraue.
Es geht darum, dass wir im Glauben davon überzeugt sind, dass er weiß, was er tut.
Wie Jesus Johannes im Gefängnis begegnet
Und da sind wir wieder bei Johannes im Gefängnis. Wie begegnet Jesus seinen Zweifeln?
Erstens lässt er Johannes etwas ausrichten. Die Jünger von Johannes dem Täufer sollen ihrem Rabbi berichten, was sie erleben: Blinde werden sehend, Lahme gehen usw. Warum sollen sie Johannes etwas erzählen, das er doch schon längst weiß? Die Antwort lautet: Das Problem liegt nicht in dem, was Jesus tut, sondern darin, was Johannes darüber denkt.
Das ist der Grund, warum ich euch Prediger 8,17 vorgestellt habe. Wenn wir an Gott zweifeln, weil er nicht tut, was wir von ihm erwarten, dann liegt das Problem immer auf unserer Seite. Und zwar genau dort, wo wir eine Erwartungshaltung haben, die sich nicht mit dem Wort Gottes deckt. Seien wir ruhig ehrlich: Manchmal schleicht sich Wunschdenken, Zeitgeist oder eine einseitige Bibelauslegung in unser Denken ein.
Und dann kann es uns genauso ergehen wie Johannes.
Die Bedeutung eines zweiten Blicks
Und wir tun deshalb wirklich gut daran, in Ruhe darüber nachzudenken, was Jesus sagt. So sind wir nicht überrascht, wenn unser Leben völlig aus den Fugen gerät – und das, obwohl wir doch alles in unseren Augen richtig gemacht haben.
Es gibt einen Grund, warum das Neue Testament uns mehrfach auffordert, nüchtern und besonnen zu sein. Wir dürfen erwarten, dass sich Gott an sein Wort hält, aber eben nicht an unsere falsche Interpretation seines Wortes.
Deshalb ist der zweite Blick so wichtig. Wenn ich erlebe, dass Gott nicht auf die Weise funktioniert, wie ich mir das wünsche, dann sollte ich zuerst noch einmal in die Bibel schauen. Wahrscheinlich werde ich dann feststellen, dass ich etwas in die Bibel hineingelesen habe, was dort gar nicht steht.
Das ist der erste Punkt: ein zweiter Blick ins Wort Gottes.
Die Haltung des Glaubens gegenüber Gottes Wegen
Der zweite Punkt betrifft eine Einstellung, die wir als Gläubige grundsätzlich einnehmen müssen.
In Matthäus 11,6 heißt es: „Und glücklich ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt.“
Eine Vorbemerkung: Gottes Wege sind höher als unsere Wege. Das liegt daran, dass Gott eben Gott ist und den Überblick hat. Wenn wir das glauben, bedeutet das auch, dass wir Gottes Gedanken oft nicht verstehen. Gott geht mit der Welt Wege, die uns auf den ersten Blick nicht einleuchten.
Dieses Phänomen ist ganz allgemein im Umgang mit Gott zu beobachten. Es wird jedoch besonders bedeutsam, wenn es um das Thema Errettung geht – vor allem bei der Frage, was es braucht, um die Menschheit zu erlösen. Gerade in diesem Bereich geht Gott einen sehr speziellen und ganz eigenen Weg.
Jesus als Stein des Anstoßes
Paulus wird später über das Volk Israel schreiben, und zwar im Römerbrief Kapitel 9, Verse 32 und 33. Er sagt: „Sie, das sind die Israeliten, haben sich an dem Stein des Anstoßes gestoßen. An Jesus, wie geschrieben steht: ‚Siehe, ich lege in Zion einen Stein des Anstoßes und einen Fels des Strauchelns, und wer an ihn glaubt, wird nicht zu Schanden werden.‘“
Dieses Zitat ist eine Mischung aus Jesaja 28,16 und Jesaja 8,14. Jesus ist der Stein des Anstoßes, an dem man sich stoßen kann. Das ist tatsächlich ganz leicht zu verstehen. Der Herr Jesus passt sich nämlich nicht unseren Vorstellungen und Wünschen von einem guten oder religiösen Leben an.
Er tut das nicht, wenn es um unsere Errettung geht, aber auch sonst nicht. Der Herr Jesus tut den Willen des Vaters, und alles andere ist ihm tatsächlich erst einmal egal. Deshalb ist es so wichtig, dass wir gut auf ihn hören.
Glückseligkeit im Vertrauen auf Gott
Matthäus 11,6: „Und glückselig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt.“
Wenn wir mit unserem Schicksal hadern, an Gott zweifeln oder ihm Vorwürfe machen, kann uns dieser Vers Orientierung geben. Glückselig ist, wer an Gott keinen Anstoß nimmt. Glückselig ist, wer Gott Gott sein lässt.
Gott hat am Kreuz bewiesen, dass er weiß, was er tut. Deshalb dürfen wir ihm auch im Blick auf unseren Alltag völlig vertrauen.
Abschluss und Ausblick
Was könntest du jetzt tun? Du könntest dir überlegen, an welchen Stellen du bereits deine eigenen Wünsche in die Bibel hineininterpretiert hast.
Das war's für heute. Meine Frau hat mich gebeten, darauf hinzuweisen, dass auf frogwords.de auch Fragen zur Bibel beantwortet werden. Diese Fragen und Antworten findest du in der Rubrik „Bibel“ bei den einzelnen biblischen Büchern.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
