Einführung zur Bedeutung der Taufe und des Glaubens
Lutherischer Pietist, ein Pfarrer der lutherischen Kirche, mit dem mich die Liebe zur Kindertaufe verbindet. Doch Taufe ohne ein eigenes Ja dazu, ohne Bekehrung, ist gleichsam ein Nichts.
Das sieht man auch bei Ustenow. Eine der übelsten Gotteslästerungen stammen von ihm. Vor seinem Tod hat er sich sehr, sehr grimmig gegenüber dem Glauben und Jesus Christus geäußert.
Taufe allein bringt nichts. Es geht darum, die Taufe anzunehmen und sein Ja dazu zu sagen – irgendwann.
Das nur als kleine Vorbemerkung.
Der Einzug Israels in das verheißene Land
Nun wenden wir uns dem Buch Josua zu. Falls noch Kraft vorhanden ist: Ich habe immer die Befürchtung, dass Sie nur aus Liebe und Barmherzigkeit noch einmal zu einem alten Seni hierher kommen. Ja, es tut mir gut, und ich bin froh darüber, aber Sie dürfen bald wieder gehen.
Sehen Sie, wir sind jetzt beim Volk Israel, das am Jordan steht, um endlich ins Land einzuziehen. Josua, der Nachfolger Mose, führt sie an. Nun lesen wir aus Josua 3,1-17, das unter dem Titel „Der gute Weg“ steht.
Ich lese:
Josua machte sich früh auf, und sie zogen aus Schittim und kamen an den Jordan. Er und alle Israeliten blieben dort über Nacht, bevor sie hinüberzogen. Nach drei Tagen gingen die Amtsleute durchs Lager und befahlen dem Volk: „Wenn ihr die Lade des Bundes, des Herrn, eures Gottes, seht und wie die Priester aus dem Stamm Levi sie tragen, dann brecht von eurem Ort auf und folgt ihr nach.
Doch zwischen euch und ihr soll ein Abstand von ungefähr zweitausend Ellen sein. Ihr sollt ihr nicht zu nahe kommen. Aber ihr müsst wissen, auf welchem Weg ihr gehen sollt, denn ihr seid diesen Weg bisher noch nicht gegangen.“
Josua sprach zu dem Volk: „Heiligt euch, denn morgen wird der Herr Wunder unter euch tun!“ Und zu den Priestern sagte er: „Hebt die Bundeslade auf und geht vor dem Volk her!“
Da hoben sie die Bundeslade auf und gingen vor dem Volk her. Und der Herr sprach zu Josua: „Heute will ich anfangen, dich groß zu machen vor ganz Israel, damit sie wissen, wie ich mit Mose gewesen bin. So werde ich auch mit dir sein.
Du sollst den Priestern, die die Bundeslade tragen, befehlen: Wenn ihr an das Wasser des Jordans kommt, bleibt im Jordan stehen!“
Josua sprach zu den Israeliten: „Hört die Worte des Herrn, eures Gottes! Daran sollt ihr merken, dass ein lebendiger Gott unter euch ist und dass er vor euch die Kanaaniter, Hethiter, Hiwiter, Perisiter, Gergesiter, Amoriter und Jebusiter vertreiben wird.
Siehe, die Lade des Bundes, des Herrschers über alle Welt, wird vor euch hergehen in den Jordan. Nehmt nun zwölf Männer aus den Stämmen Israels, je einen aus jedem Stamm.
Wenn dann die Fußsohlen der Priester, die die Lade des Herrn, des Herrschers über alle Welt tragen, im Wasser des Jordans stillstehen, wird das Wasser des Jordans, das von oben herabfließt, nicht weiterlaufen, sondern stehenbleiben wie ein einziger Wall.“
Als das Volk aus seinen Zelten auszog, um durch den Jordan zu gehen, und die Priester die Bundeslade vor dem Volk hertrugen, kamen sie an den Jordan und tauchten ihre Füße ins Wasser.
Der Jordan war die ganze Zeit während der Ernte über alle seine Ufer getreten. Doch das Wasser, das von oben herabkam, stand aufgerichtet wie ein einziger Wall, ganz fern bei der Stadt Adam, die zur Zeit Saritans liegt.
Das Wasser, das zum Meer hinunterlief, zum Salzmeer, nahm ab und floss ganz weg. So ging das Volk hindurch gegenüber vor Jericho.
Die Priester, die die Lade des Bundes des Herrn trugen, standen im Trockenen mitten im Jordan. Ganz Israel ging auf trockenem Fußboden hindurch, bis das ganze Volk über den Jordan gekommen war.
Erinnerungen an Denkmäler und ihre Bedeutung
In der Stadt bewegten meine Kinder besonders viele Dinge. Über zwanzig Jahre lang waren wir oft in der Innenstadt von Stuttgart unterwegs, um Denkmäler anzuschauen. Kinder schauen sich etwas ja nicht nur einmal an, sondern sie fragen immer wieder dasselbe.
Wenn wir zum Alten Schloss in Stuttgart kamen – vielleicht kennen Sie sich dort ein wenig aus – fragten sie: „Wer ist denn der da auf dem Pferd?“ „Das ist der Eberhard im Bart.“ „Wer ist der?“ Es reichte nicht zu sagen: „Ja, der hatte schon damals einen Bart.“ Nein, ich musste erklären, dass er von Urach seine Residenz nach Stuttgart verlegte, Württemberg nicht nur regierte, sondern auch die beiden Grafschaften wieder vereinigte. So festigte er das unteilbare Württemberg bis zum heutigen Tag. Das Ländchen Baden haben wir erst später einverleibt und heimgeholt ins Reich. Aber das ist eben der Eberhard im Bart.
Dann gingen wir rüber zum Karlsplatz. Dort steht auch eine Figur, und die Kinder fragten: „Papa, was ist denn das?“ Jeder meint, das sei der Kaiser Karl. Beileibe nicht! Auf dem Karlsplatz in Stuttgart steht Kaiser Wilhelm I. Warum das so ist, weiß man eigentlich nicht. Man steht also auf dem Karlsplatz vor Wilhelm. Schon als junger Prinz wollte er die Militärrevolution im Jahr 1848 in Berlin niederschlagen. Denn wer konnte das besser als ein Württemberger? Doch er erlitt eine grässliche Niederlage. Alles war ein roher Fehlschlag, und er musste nach England fliehen. Später ging er nach Königsberg und wurde dort erneut eingesetzt.
Er berief den berühmten Kanzler Bismarck und verzichtete sogar auf seine Jugendliebe, die wunderbare Frau Elisa – aus Staatsgründen. Was für Waschlappen! Richtig, aus Staatsgründen verzichtete er und vermählte sich mit Augusta von Sachsen-Weimar, die außer einem guten Namen eigentlich nichts besaß, vor allem nichts im Kopf.
Dann kamen wir auf den Schillerplatz. Der Schillerplatz ist natürlich bekannt. Schiller und Hegel – das ist bei uns die Regel, nicht wahr? Schließlich gingen wir zum Schlossplatz. Dort steht die Siegessäule. „Papa, was ist denn das?“ – „Das ist die Siegessäule zu Ehren König Wilhelms I. und seiner fünfundzwanzigjährigen Regierungszeit.“
Hinter dem Alten Schloss liegen drei große Steine. Vielleicht haben Sie sie schon einmal gesehen: drei große Quadersteine. „Papa, was ist denn das?“ Genau das konnte ich nie erklären. Aber ganz ähnlich war es in Gilgal. Dort lagen zwölf Steine aufeinander, zwölf Blöcke geschichtet.
„Papa, was ist denn das?“ Ich lese aus Josua 4,20: „Und die zwölf Steine, die sie aus dem Jordan genommen hatten, richtete Josua auf in Gilgal und sprach zu Israel: Wenn eure Kinder später einmal ihre Väter fragen, was bedeuten diese Steine, so sollt ihr ihnen kundtun und sagen: Israel ging auf trockenem Boden durch den Jordan. Als der Herr, euer Gott, den Jordan vor euch austrocknete, bis ihr hinübergegangen wart, wie der Herr, euer Gott, es am Schilfmeer getan hatte, dass er vor uns austrocknete, bis wir hindurchgegangen waren, damit alle Völker auf Erden die Hand des Herrn erkennen, wie mächtig sie ist, und den Herrn, euren Gott, allezeit fürchten.“
Die Bedeutung von Gedenksteinen und Erinnerungen im Glauben
Vater und Sohn stehen vor diesen zwölf Steinen, vor diesem Denkmal, und der Sohn fragt: „Vater, was ist das?“
Der Vater antwortet: „Jetzt pass auf, nimm zuerst einmal Platz. Das ist eine längere Geschichte, so schnell kann ich dir das gar nicht erklären.“
Dann setzen sie sich unter einen schattigen Baum, und der Vater erzählt folgendes:
„Immer am zehnten Tag des ersten Monats, es war am zehnten Januar, kommen hier viele, viele Menschen zusammen. Sie feiern einen Gottesdienst mit Liedern, Posaunen, Predigt und einer Prozession. Das einzige Thema, das jedes Jahr wiederholt wird, ist die Geschichte des guten Gottes und die Geschichte eines guten Weges. Es ist die Geschichte des guten Gottes und eines guten Weges, der mitten durch den Jordan führte.
Als sie mittendrin waren, beauftragte Joshua zwölf Männer, jeweils einen Stein mitzunehmen und hier in Gilgal ein Denkmal zu bauen. Preis dem Herrn!
Gewiss lebten die Israeliten damals nicht von der Erinnerung. Niemand sollte von der Erinnerung allein leben. Ach, wie schön, gut und herrlich damals alles war! Aber sie lebten von der Vergegenwärtigung. Der alte Gott lebt noch.
Die Denksteine waren Gedenksteine, sie waren Bedenksteine. Der, der damals durchgeholfen hat, Bub, der kann auch heute noch helfen. Das musst du dir merken: Der, der damals durch den Jordan hindurchgeholfen hat, kann dir auch heute durch alle Schwierigkeiten hindurchhelfen. Das kann er auch heute noch tun.
Solche Denkmäler sind notwendig – nicht um Grafen, Fürsten, Könige oder Kaiser groß zu machen, sondern um Gott zu preisen.
Die Frage ist: Haben wir eigentlich noch solche Denkmäler oder vielleicht nur Denkzeichen oder Denkzettel? Es muss uns doch immer wieder zu denken geben.“
Persönliche Erinnerungen an Zeichen und Wunder Gottes
Einer erzählte mir, dass der in Stuttgart hochverehrte König Wilhelm II. mit seinen beiden Schmitzspitzern zwei weiße Hunde hatte, die unvergesslich in Stuttgart waren. Er habe jedoch kein angemessenes Denkmal in der Stadt. Das sei doch schlimm. Man hätte wenigstens dort einen Hund auf ein Denkmal stellen können, um an ihn zu erinnern. Wirklich schlimm, dass Wilhelm kein Denkmal in Stuttgart hat.
Wo niemand weiß, was das für ein Gunstbeweis sein soll, sehe ich für mich immer noch die zwei Türme der Stiftskirche als zwei ausgestreckte Zeigefinger, die auf den Herrn zeigen. Für mich sind sie immer ein Denkzettel gewesen, wenn ich in die Stadt hinunterfuhr und die Türme sah, die hinaufzeigen.
So gibt es ja auch andere Denkzeichen im Leben. Ich denke an die Fahrt von Neckertänzlingen zu Neckertänzlingen. Dort gibt es an einer ganz bestimmten Stelle eine Leitplanke, bei der man nicht mehr sieht, dass sie ersetzt wurde – es ist zu lange her. An dieser Stelle wurde ich von einem anderen Auto in die Leitplanke gedrückt. Die Fahrerin des anderen Autos starb, und ich lag schwer verletzt auf dem Pflaster mit einem zerstörten Auto.
Dass ich noch einmal davongekommen bin, ist auch ein Wunder Gottes. Wenn ich heute an dieser Stelle vorbeifahre, danke ich Gott. Für mich ist das ein Denkstein, eine Denklatte für mein Leben.
Jedes Mal, wenn ich die Schleierhalle in Stuttgart höre, denke ich daran. Für mich ist die Schleierhalle ein Denkraum, ein Denkzettel, unvergesslich damals. Als sie ganz neu war, hatten wir dort vier Abende veranstaltet, wir nannten es „Welcome“ – eine Großveranstaltung für junge Leute mit Sport und Wort. Wir hatten Ulrich Barzany und andere eingeladen. Junge Leute kamen, acht Abende lang, und am letzten Abend war es übervoll.
Ich sprach mit dem Polizeikommandanten und fragte, ob sie nicht noch ein paar Leute reinlassen könnten. Schließlich öffneten sie noch einmal und erlaubten, dass in das Oval zwischen den Radrennbahnen noch einmal tausend oder fünfzehnhundert junge Leute kamen. Das war ein wunderschönes Bild zum Abschluss, wo das Fest am schönsten war.
Kaum hatte es begonnen, kam der Polizeipräsident mit dem Zuständigen für die Halle zu mir und sagte, dass eine Bombendrohung beim Süddeutschen Rundfunk eingegangen sei. Wie geprüft wurde, hieß es, es sei echt. Die ersten Polizisten standen bereits mit ihren Spürhunden im Keller. Ich müsse jetzt entscheiden: Die Bombe sollte um 20:46 Uhr explodieren. Entweder ich mache weiter und riskiere, dass etwas passiert, oder ich breche die Veranstaltung ab – aber das würde Panik auslösen. Ich müsse wählen.
Ich bat um fünf Minuten Zeit. Ich sehe mich heute noch mit Ulrich Barzani und weiteren Freunden hinter einer Säule knien. Auf den Knien baten wir Gott, uns bei der Entscheidung zu helfen. Dann beschlossen wir, weiterzumachen, weil die Panik die größere Gefahr war.
Die Notausgänge wurden geöffnet, und ich sah draußen ein Heer von Blaulicht, Polizei, Krankenwagen und Hilfsdiensten. Diese Zeit vergesse ich nicht mehr. 20:46 Uhr verging, und es passierte nichts.
Später traf ich einen der führenden Polizisten wieder. Er sagte: „Behaupten Sie nicht, dass nichts gefunden wurde. Solche Dinge werden nicht gemeldet, aber es war damals brenngefährlich. Gott hat uns durchgeholfen.“
Sehen Sie, wo sind Ihre Denkzeichen? Wo kommen sie immer wieder her? Doch Gott hat geholfen. Sie brauchen Denkstätten, Denkzettel. Es muss immer wieder das Denken geben, dass Gott Sie bis zum heutigen Tag hindurchgebracht hat.
Der Weg zum Jordan – Herausforderungen und Erwartungen
Drei Schritte: Der Weg zum Jordan, der Weg durch den Jordan und der Weg vom Jordan.
Der Weg zum Jordan. Wir erinnern uns an die Kundschafter im Lager. „Das Land ist unser, der Sieg ist gewiss“, so verkündeten es die, die ins Lager zurückkamen. Da herrschte Hochstimmung, Siegesjubel, High Life im Lager. Zeltheringe wurden herausgezogen, Zelttücher gerollt, Zeltmasten verladen. „Sie zogen aus“, steht hier geschrieben.
Hinter diesem Satz verbirgt sich eine riesige Logistik, eine Truppenbewegung und Truppenverschiebungen von enormem Ausmaß. Wer sich so erinnert, war, wie wir es als Buben gesehen haben, wie wir verfolgt haben, wie so ein Zirkus am Bahnhof ankam und wie der dann verfrachtet wurde bis auf den Festplatz, der weiß, dass das schon ein Riesenunternehmen war – so ähnlich, bloß alles hoch zehn, vielleicht mal alles hoch zwanzig. Wenn nun diese ganze Masse des Volkes bewegt wurde, um an den Jordan zu gelangen und durch den Jordan hindurch zu ziehen.
Und sie kamen an den Jordan. Klar, wenn der Sieg gewiss ist, müsste doch eine Siegesstraße mitten hineingehen nach Kanaan, so wie die Via Appia die Siegesstraße in Rom war, auf der die siegreichen Heimkehrer schließlich unter dem Jubel der Zuschauer einzogen. So musste es doch eine Via Appia durch den Jordan geben, hinein in das verheißene Land.
Aber sie kamen an den Jordan. Wenn der Sieg gewiss ist, dann müsste das ein Highway sein, der direkt in den Himmel führt, den wir jetzt betreten. Wenn der Sieg gewiss ist, dann sind die Schlachten, Schwierigkeiten und Probleme vor uns wie weggefegt. Und es kann nur noch eine Grundmelodie geben: Heil dir im Siegerkranz.
Sie zogen aus und sie kamen an den Jordan. Sie kamen nicht an Oasen, Weinberge, Olivenhaine, an die Flüsse von Milch und Honig. Das müssten sie doch erwarten können. So müssen auch wir erwarten können, dass wir an der Seite des Siegers Jesus mit hineinspazieren – zwar nicht ins Schlaraffenland, aber doch heimspazieren ins Vaterland.
Aber sie kamen an den Jordan, an brodelnde Wassermassen, die ihren Weg suchten. Sie kamen an die Grenze, Pässe wurden nicht ausgestellt. Sie kamen an ein unüberwindbares Hindernis, das sie nicht mit ihrer eigenen Kraft überwinden konnten.
Liebe Freunde, wir kommen immer wieder an den Jordan, wir kommen immer wieder an den Jordan. Unsere Lebenspläne zeigen keine Durchgangsstraßen, keine Highways, keine Avenues, keine Autobahnen, die ohne Ampeln und Kreuzungen direkt in die Ewigkeit führen. Unser Leben ist ein einziger Hindernislauf.
Das ist unser Leben: ein einziger Hindernislauf, bei dem eine Hürde nach der anderen aufgebaut ist. Und wenn wir meinen, wir hätten die letzte Hürde genommen, auch die letzte Krankheit sei überstanden, dann stehen wir vor dem größten und dunkelsten Jordan – dem reißenden Fluss des Todes.
Der Jordan ist eine Tatsache, der Jordan gehört zu Gottes Wegen, der Jordan liegt in Gottes Plan. Wehe uns, wenn wir ängstlich vor dem Jordan ausreißen wollten! Stellen wir uns vor, die Israeliten wären vor lauter Angst rückwärts marschiert – sie wären elendlich in der Wüste umgekommen.
Die Bedeutung des Jordans als Prüfstein des Glaubens
Aber warum, warum eigentlich dieser Jordan? Warum diese Grenzen, warum diese Hindernisse in ihrem Leben? Vielleicht stehen Sie in diesen Tagen vor solch einem dunklen Jordan, den Sie nicht so durchqueren vermögen.
Ich will einmal darüber nachdenken, warum denn diese Jordans in unserem Leben sind, warum diese Hindernisse, die es auch unserem Glauben so schwer machen. Warum?
Die Antwort steht hier, Vers 10: Ihr sollt erkennen, dass ein lebendiger Gott unter euch ist. Aus diesem und keinem anderen Grund führt Gott an den Jordan, damit wir sehen und merken, dass Gott da ist – ein lebendiger Gott. Nicht einer, der über dem Sternfeld, in einem Sternzelt irgendwo thront, sondern der unter euch lebt, unter euch wirkt und unter euch seine Straße zieht.
Gott sei Dank ist er nicht über uns geblieben, sondern er ist zu uns heruntergekommen. Als unser Bruder hat er unter uns gelebt, gelitten und ist gestorben. Er weiß, unser Herr weiß, was der Jordan ist. Er kennt den Jordan, Jesus kennt den Jordan. Aber auch er kannte die tiefe Angst vor ihm: „Herr, willst du, so nimm diesen Kelch von mir.“ Aber er musste ganz hinein, untergetaucht werden, darin sterben.
Doch er ist wieder auferstanden und lebendig geworden. Am dritten Tag ruft unser Herr von der anderen Uferseite zu: „Ich bin der Weg, ich bin der Weg. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und ich gebe ihnen die Durchfahrt. Ich gebe ihnen das ewige Leben, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen, niemand, auch kein reißender Jordan.“
Verstehen Sie, Ihr reißender Jordan wird Sie nicht aus seiner Hand reißen können. Er ist nicht stark genug. Nichts, nichts kann Sie trennen von diesem Herrn, wenn Sie ihm gehören.
Es wird extra ausgeführt, dass der Jordan Hochwasser geführt habe. Es steht extra hier: Das Tal war überstimmt. Wenn Tropen auf dem Hermon den Schnee schmelzen lassen, so wie jetzt in diesen Tagen droben auf der Alb, dann ist der Jordangraben mit Wasser überfüllt. Und ausgerechnet zur Zeit des Hochwassers sollen die hinüber – ausgerechnet zur Zeit des Hochwassers! Schon der normale Wasserstand würde genügen, aber dann auch noch dies.
Aber sie haben doch gelernt, und das gilt es zu buchstabieren: Die Wasserwogen im Meer sind groß, aber der Herr ist größer in der Höhe. Diesen Satz gilt es immer wieder neu zu buchstabieren: Die Wasserwogen sind groß, aber der Herr ist größer.
Verstehen Sie, ich sage immer: In seiner Hand liegt die Welt – das ist unsere Weltlage. In seiner Hand liegt mein Leben – das ist meine Lebenslage. Und wenn alles schreit und brüllt, die Not ist groß, die Wasser sind groß, so weiß ich doch: Der Herr ist größer.
Doch das gilt: Viele Dinge sind groß, furchterregend groß, aber der Herr ist größer. Das ist der Sinn des Jordans, dass kurz vor dem Ziel auch noch dem Letzten die Augen dafür aufgehen sollen, dass ein lebendiger Gott unter euch ist.
Die Wartezeit am Jordan als Prüfung und Heiligung
Und noch etwas ist auf dem Weg zum Jordan zu beobachten: Drei Tage sitzen die Leute am Ufer. Drei Tage schauen sie sich die Augen aus, drei Tage Wartezeit. Erst dann gibt Gott den Befehl zum Weitermarsch.
Oh, diese Wartezeiten – kennen Sie sie? Oh, diese Wartezeiten im Glauben! Wer kennt sie nicht? Wer ist nicht auch schon auf der Wartebank gesessen oder sitzt gerade in diesen Tagen darauf? Warten vor unserem Jordan – das Leben ist schrecklich, das Warten ist schrecklich.
Aber damals, nach drei Tagen, war die Wartezeit zu Ende. Gott beendet die Wartezeit, Gott beendet jede Wartezeit. Es müssen nicht drei Tage sein, es können drei Wochen, drei Monate, drei Jahre oder sogar drei Jahrzehnte sein. Gott hat seine eigene Zeitrechnung, und tausend Jahre sind vor ihm wie ein Tag.
Wie viele Mütter und Großmütter kenne ich, die sagen: „Seit dreißig Jahren bete ich für meinen Sohn.“ Sie sitzen an diesem Jordan, an diesem Jordan beten sie für ihren Sohn, und nichts, nichts bewegt sich.
Liebe Freunde, es gibt keine Wartezeit, die nicht eines Tages beendet wird. Es wird niemand ewig auf der Wartebank sitzen. Noch kein Glaubender ist sitzen geblieben und vergessen worden. Auch im Warten soll erkannt und gelehrt werden, dass Gott unter uns ist und dass er seine Befehle erteilt, wann er will.
Wenn die Stunden sich gefunden haben, bricht die Hilfe mit Macht herein, um dein Kümmern zu beschämen. Es wird unversehens geschehen.
Und wer unter uns immer noch wartet vor dem Jordan, und wer von uns immer noch vor dem allerletzten Jordan wartet – und wir alle warten –, der sollte jenen Befehl hören, der hier steht: Heiligt euch! Das ist die Aufgabe im Warten: Heiligt euch!
Schon am Sinai erging dieser Befehl. Wissen Sie, was Heiligung heißt? Ganz einfach: Heiligung ist Kleiderwäsche, ist Reinigung der Kleider und Bereitsein für Gott – nicht nur der äußeren Kleider, sondern auch der inneren Kleider.
Aber hier ist noch mehr gemeint als das Waschen der Kleider und kultische Handlungen. Das ist der Wille Gottes: eure Heiligung. Das meint das große Reinemachen mit dem Blut Jesu und das Bereitsein für Gott, der jederzeit rufen kann.
Wer am Jordan wartet – und wir warten alle zumindest vor dem allerletzten und dunkelsten Jordan, dem Tod –, der hat eine Hauptaufgabe: Reinigt euch, reinigt euch!
Illustration zur Notwendigkeit der inneren Reinigung
Eine kleine Geschichte zum Durchatmen.
Mit meinen Kleidern war es nicht so weit her. Wenn man viele Kinder hat, muss man dort einkaufen, wo es billiger ist. Deshalb schickte mich meine Frau immer zum Ausverkauf, zum C&A, wenn dort ein gutes Angebot war. Dort war ich dann meistens und kaufte so für etwa 50 Mark tolle Stücke, oft mit zwei Hosen, manchmal mit einigen Fehlern.
Doch eines Tages sollte ich auch einmal etwas Richtiges bekommen. Ich glaube, wir sind nur einmal zu zweit zum Einkaufen gefahren. Wir gingen zum Breitling, einem guten Geschäft in Stuttgart. Ich weiß gar nicht, ob es das noch gibt. Dort kauften wir eine Jacke, die wirklich etwas Besonderes war – eine gelbe Jacke. Sie war teuer, und ich sah aus wie der Schaumeister Gottschalk. Ich kann Ihnen sagen, es war wirklich teuer.
Ich war stolz. Zum ersten Mal hatten wir eine Jacke von Breitling, nicht von C&A oder dem Kaufhof. Ich habe sie nur ganz selten ausgeführt. Dann, bei einem Empfang des Bischofs, zu dem ich auch eingeladen war, dachte ich: Ich komme nicht in Schwarz, ich komme in Gelb.
Ich saß ziemlich weit vorne, und bis heute weiß ich nicht, wie es passiert ist: Bei der Suppe fiel mir der Löffel aus der Hand in die andalusische Tomatensuppe. Ich war rot gesprenkelt, sah aus wie ein Wildschwein.
Dann ging ich hinaus und versuchte, die Flecken mit Wasser zu entfernen – kalt, warm, alles ohne Erfolg. Ich sah aus, als wäre ich völlig beschmutzt. Zu Hause hätte ich heulen können. Meine Frau sagte nur eins: „Da hilft nur chemische Reinigung, nur chemische Reinigung.“
Sie brachte die Jacke weg, und sie kam sauber zurück. Nicht mehr so wie ganz früher, aber doch sauber – dank der chemischen Reinigung.
So ist es nicht nur mit unseren gelben Jacken, sondern auch mit unserem Leben, unserem inneren Leben. Wir sind gesprenkelt von der Sünde, tief gesprenkelt. Und nichts bringt die Flecken weg – kein Wasser, keine Säure, keine Lauge, gar nichts.
So stehen wir vor unserem Herrn – nicht nur beim Bischofsempfang, sondern beim Empfang bei Gott – mit unserer versauten Lebensjacke.
Es gibt nur eines: die chemische Reinigung. Entzünde mich mit Isop, das ist die Chemie. Entzünde mich mit Isop, damit ich rein werde und schneeweiß, durch Christi Blut und Gerechtigkeit.
So können wir weiß werden, so können wir rein werden – angesichts des letzten und größten Bischofs dieser Welt, diesem Herrn und Gott.
Sehen Sie, das ist unsere Aufgabe: uns zu heiligen, solange wir in Wartezeiten sitzen. Diese Zeit zu nutzen und nicht zu klagen, zu weinen oder zu jammern, sondern zu sagen: Herr, mach du mich rein, mach du mich rein von allem, was mich beschmutzt.
Denn ihr wisset weder Tag noch Stunde, dann kommt der Weg durch den Jordan, der Weg durch den Jordan.
Der Weg durch den Jordan – Gottes Führung und Wunder
Ich sehe die Männer am Fluss vor mir. Aufgeregt gehen sie auf und ab. Gibt es denn keine Brücke? Gibt es denn keine seichte Stelle? Gibt es denn keine Furt? Doch das Wasser schäumt und braust, kein Durchkommen.
Müssten sie nicht rufen: Pioniere nach vorne, baut eine Behelfsbrücke! Oder Schwimmer nach vorne, die könnten wenigstens ein Seil durch die Fluten legen, an dem man sich hinüberhängen könnte. Oder Schiffsbauer nach vorne, die sollten einen Seenotrettungskreuzer oder ein Floß bauen, um die Leute überzusetzen.
Aber es heißt hier: Lade nach vorne, Bundeslade nach vorne. Auch das können sie kaum glauben — eine Holzkiste, die wohl schwimmt, aber doch sicher ganz wegschwimmt. Sie trägt doch nicht einen einzigen Mann hinüber. Sie enthält zwei wichtige Tafeln, und die sind da auch noch verloren. Wer kam denn auf diese Schnapsidee, die Holzkiste nach vorne zu bringen? Das ist garantiert ein echter Schlag ins Wasser.
So denken sie, und so denken wir auch. Die Lade, die viele Namen hat — Lade des Zeugnisses, Lade des Bundes, Lade des Bundes Jahwes — diese Lade war der Thronsessel Gottes. Diese Lade verband dieses Volk mit seinem Gott. Er musste nach vorne, dieser Gott sollte die Spitze bilden, er geht immer voran.
Man mag über die einfachen Gemüter dieser Leute lächeln, die ihren Gotteskasten vorantragen. Aber wir sollten lieber unseren Kleinglauben beschämt beweinen, der nicht mehr damit rechnet, dass Gott nicht nur unter uns ist, sondern sogar vor uns ist.
Die Gegenwart Gottes ist Realität, Freunde, die Gegenwart Gottes ist Realität. Im Geist ist er unter uns, und im Sakrament ist er da. Jesus, geh voran auf der Lebensbahn!
Wen und was holen wir nach vorne, wenn es zum dunklen Strom geht? Ärzte nach vorne, die müssen jetzt nur noch helfen, wenn es so schlecht geht. Sachverständige müssen nach vorne, Spezialisten müssen nach vorne. Und die müssten sagen: Herr, geh du voran, wenn es an den Jordan geht. Bilde du die Spitze, mische du ganz vorne mit.
Der lebendige Gott will doch nicht irgendwo im Tross hinten mitmarschieren, sondern er will doch gerade dabei sein und vorne sein. Vorne wird die Lade von zwölf Priestern ins Wasser getragen.
Sie mögen den Atem angehalten haben bei diesem Selbstmordunternehmen — einfach mit einer Holzkiste hinein ins Wasser. Aber dann hat Gott das Wasser angehalten, da blieb das Wasser stehen. Unglaublich, unfassbar, ungeheuer — da blieb das Wasser stehen.
Israel geht trockenen Fußes durch das Flussbett. Sicher kann man das erklären. Findige Forscher stießen auf einen arabischen Geschichtsschreiber namens Nuwayyjr. Er berichtet, dass vom 7. auf den 8. Dezember 1266 der Lauf des Jordans für zehn Stunden aussetzte, weil ein Stück des Ufers weiter oben in das Flussbett gestürzt war und wie ein Damm die Fluten eine Zeit lang aufgehalten hatte.
Das ist öfter geschehen, geschah auch zum letzten Mal im Jahre 1927, als Erde hineinrutschte und somit der Jordan unterbrochen war. Es ist niemandem verwehrt, für Josua 3 einen ähnlichen Vorgang zu vermuten, wenn dabei festgehalten wird: a) Es ist eben eine Vermutung, aber keine historische Tatsache, und b) Freunde, dass das Wunder damit keineswegs kleiner geworden ist.
Warum ist es ausgerechnet zu der Zeit hineingerutscht? Warum wurde es ausgerechnet zu der Zeit aufgehalten? Warum konnten sie ausgerechnet zu der Zeit durchmarschieren? Nicht wahr, 22 Mal kommt hier vor: hindurchgehen.
Gott hat ihn durchgeführt, Gott hat ihm durchgeholfen, Gott hat seine Hand im Spiel. Das ist das Wunder bis heute: dass er dorthin durchführt, wo wir keinen Weg und keinen Steg mehr sehen.
Prälat Hardenstein, einer der großen Prediger auf der Stiftskante in Stuttgart nach dem Krieg, hat gesagt: Glauben heißt, mit dem zu rechnen, was Gott fertigbringt. So einfach: Glauben heißt, mit dem zu rechnen, was Gott fertigbringt.
Das ist auch der Glaube Ihres Lebens. Glauben Sie dem, was Gott in Ihrem Leben, auch im Leben Ihrer Kinder, noch fertigbringt. Wir rechnen nicht mit Wundern, mit Zauber, mit Hokuspokus, aber mit einem Herrn, der durch den Jordan führt, mit einem Herrn, der durch das Wasser führt.
Sollten wir weniger als das Volk Israel erfahren dürfen? Jesus sagt vor dem Grab des Lazarus: Habe ich dir nicht gesagt, so du glauben würdest, du solltest die Herrlichkeit Gottes sehen?
Der Weg vom Jordan – Fortsetzung des Glaubensweges
Drittens und zuletzt geht es um den Weg vom Jordan, den Weg zum Jordan, den Weg durch den Jordan und nun den Weg weg vom Jordan. Auch jetzt hatten sie noch nicht alles hinter sich. Es ging weiter: neue Aufgaben, neue Prüfungen, neue Hindernisse. Das Land war voller Feinde. Der Hindernislauf geht weiter.
Liebe Freunde, Gott führt sein Volk, aber er führt es nicht spazieren. Er schickt sein Volk in ein besetztes Land. Doch gerade dort sollen sie sich an den Durchmarsch erinnern – deshalb das Denkmal mit den zwölf Steinen. Nie sollen sie es vergessen: Er kann es schaffen, er kann hinüberführen. Jesus geht nicht nur voraus, er ist schon auf der anderen Seite und wartet.
So steht es in Johannes 21: „Da es Morgen war, stand Jesus am Ufer.“ Das ist die Erfahrung: Jesus ist schon auf der anderen Seite des Jordans. Gottes Wege führen durch das Dunkel, aber sie enden im Licht.
Wir sind müde Krieger, ängstliche Helden, Verteidiger der eigenen Stellungen. Nur nicht das Ufer verlassen, nur keinen Fuß in den Jordan setzen. Wer sich nicht in den Jordan hineinbegibt, dem kann auch dieser Jesus nicht hindurchhelfen. Das Wagnis ist gefragt.
Haben Sie keine Angst vor Ihrem Jordan? Treten Sie hinein, und Sie werden die Erfahrung machen, dass das Wasser steht. Sie werden den erkennen, der am anderen Ufer auf Sie wartet.
Auch ich habe Angst vor dem letzten Jordan – jeder hat Angst. Aber ich habe die Gewissheit, dass ich im letzten Augenblick, wenn alle Sünden schwinden, am anderen Ufer, am neuen Ufer, den Herrn sehen werde. Der Herr ist da, der mich geführt hat und der mich erwartet. Er führt durch Dunkel zum Licht, lässt Schloss und Riegel springen – das wollen wir fröhlich singen.
Abschluss und Gebet
Noch einmal zurück nach Gilgal, dem Denkmal. Der Vater fragt: „Bub, hast du verstanden? Bub, hast du das kapiert?“ Doch wir sollen es an diesem Abend verstanden haben, was er sich vorgenommen hat und was er haben will. Das muss doch endlich zu seinem Zweck und Ziel kommen. Amen!
Wir wollen beten.
Herr, jeder von uns hat seinen Jordan. Du weißt, was uns bange macht und wo wir meinen, nicht hindurchgehen zu können. Die Wasser sind zu hoch, die Hindernisse zu schwierig, die Probleme unlösbar. Schenke uns in diesen Tagen neuen Mut, hineinzutreten und dir zuzutrauen, dass du auch durch den dunkelsten und letzten Jordan führst.
Wir befehlen uns dir an, heilige uns. Wir befehlen dir unsere Familien an, unsere Kinder, unsere Söhne und Töchter, unsere Enkel. Heilige sie, rühre die Kranken an, die Alten und die Sterbenden. Führe uns durch dies alles näher zu dir, bis wir dich einschauen dürfen in deiner himmlischen Herrlichkeit. Amen.
Schön, ich hätte als Liedvorschlag nun „Sich der Tage“ als Abendlied. Oder hast du ein anderes? Also 668 zum Abschluss, um den Segen zu bitten:
Herr, wir bitten dich, segne uns und behüte uns, lass leuchten dein Angesicht auf uns und sei uns gnädig. Erhebe dein Angesicht über uns und gib uns Frieden. Amen.
Jetzt wünschen wir Ihnen eine gute Nacht und sagen Ade bis morgen früh. Um neun Uhr fünfzehn geht es hier weiter, aber die Hausgäste sind natürlich auch morgen zum Frühstück herzlich willkommen, ab acht Uhr. Also gute Nacht!
