Einführung und persönliche Erfahrung mit Jähzorn
Rund ums Thema Streit – Tipps von einem Ex-Jähzornigen. Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, Nachfolge praktisch: dein geistlicher Impuls für den Tag. Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um Tipps für Jähzornige.
Fassen wir kurz zusammen, was wir schon wissen: Erstens, nicht jeder Streit geht uns etwas an. Zweitens, Streitereien sind das Ergebnis böser Begierden. Drittens, der wichtigste Tipp beim Streiten ist: Hör auf, bevor es losgeht. Nutze den Moment, bevor es richtig losgeht, um dem Groll eine ordentliche Portion Selbstbeherrschung, Weisheit sowie Gottvertrauen und Gehorsam entgegenzusetzen.
Frage: Was tue ich, wenn ich es nicht schaffe, diesen Moment zu nutzen und es trotzdem immer wieder zu Streit kommt, obwohl ich das eigentlich nicht will?
Im Titel sage ich ja „Tipps von einem Ex-Jähzornigen“, und ich meine das leider sehr ernst. Ich hatte eine Jugend, die mich gelehrt hat, dass man Erwachsenen nicht trauen darf. Eine Folge dieser Erfahrungen war, dass ich in Beziehungen immer den Ton angeben wollte. Dominanz gab mir Sicherheit – so nach dem Motto: Wenn ich bestimme, dann bin ich sicher, dann tut mir keiner mehr weh.
Leider funktioniert auf dieser Basis eine Ehe nicht wirklich gut. Der Dominante will ja nicht einfach deshalb Recht haben, weil er in der Sache Recht hat, sondern weil er das Recht haben muss, um sich in der Beziehung sicher zu fühlen. Die Folge von diesem dominanten Verhalten war, dass ich mich schnell über jede Kleinigkeit mit meiner Frau gestritten habe – und das, obwohl ich zu dieser Zeit bereits Christ war.
Es war einfach so: Wenn der Zorn mich überkam, dann gab es irgendwie kein Halten mehr.
Also, was tun, wenn ich Christ bin, aber feststelle, dass ich zum Jähzorn neige? Wenn es da tief in mir drin eine Quelle des Grolls gibt, die viel zu leicht aufbricht? Wenn das Gebot „Ein Knecht des Herrn aber soll nicht streiten“ (2. Timotheus 2,24) mir so unwirklich vorkommt wie eine Fata Morgana?
Was mache ich dann?
Und bitte seht es mir nach, dass meine Tipps natürlich autobiographisch gefärbt sind – logisch.
Also: Acht Tipps für Jähzornige.
Acht praktische Tipps für den Umgang mit Jähzorn
1. Verantwortung übernehmen statt Rechtfertigung suchen
Erster Tipp: Spar dir jede Form von Rechtfertigung.
Der Jähzornige schafft es nicht, seinen Zorn so zu beherrschen, dass es nicht zum Streit kommt. Leider erlebe ich es immer wieder, dass Jähzornige nach dem Streit erklären, warum sie nicht anders konnten – eben sich rechtfertigen. Spar dir das.
Spar es dir, weil es dir und den Betroffenen nichts bringt. Es mag sein, dass du von deinen Gefühlen überwältigt worden bist. Es mag sein, dass du aktuell mit der Sünde des Jähzorns noch nicht fertig wirst. Es mag auch sein, dass du dich hast provozieren lassen. Aber all das ist nicht interessant.
Eine Erklärung ist für mich nur eine Form, Sünde unter den Teppich zu kehren. Wer keine Verantwortung für die Sünde übernehmen will, die er begangen hat, der rechtfertigt sich. Oder es ist jemand, der in den Augen anderer als jemand dastehen will, der nie einen Fehler macht. Immer sind es die anderen, die schuld sind an meinem Versagen – das steckt hinter Rechtfertigung.
Aber wie heißt es in Sprüche 14,17: „Der Jähzornige trägt Narrheit davon.“ Und wenn ich mich wie ein Narr aufführe, dann braucht es keine Erklärung dafür.
2. Um Vergebung bitten
Zweiter Tipp: Bitte Menschen immer wieder um Vergebung. Tiefsitzender Jähzorn ist eine Sünde, die man überwinden kann. Allerdings braucht es, wie mir scheint, Zeit.
Das gilt besonders dann, wenn der Groll lange kultiviert wurde, wenn es in meiner Biografie genug Erfahrungen gibt, die ihn nähren. Außerdem fehlt es mir im Leben oft an Humor, Gelassenheit, Selbsterkenntnis und Gottvertrauen.
Deshalb ist es umso wichtiger, dass ich mich nach jedem Streit – ich sage das noch einmal: nach jedem Streit – für mein Fehlverhalten entschuldige. Dabei sollte ich mich nicht rechtfertigen, sondern um Vergebung bitten.
Ich mag den Wolf in mir noch nicht bändigen können, aber ich muss für die Verletzungen immer wieder um Vergebung bitten.
3. Sünde ehrlich bekennen und Vergebung annehmen
Dritter Tipp: Bekenne deine Sünde und komm zum Kreuz. Nicht mit guten Vorsätzen, sondern mit einem ehrlichen Bekenntnis deiner Sünde.
Nimm dir Zeit, dem Herrn Jesus deine Sünde ausführlich zu bekennen. Nimm dir auch Zeit, dich vor dem Kreuz darüber zu freuen, dass wir aus Gnade leben und dass deine Sünde erledigt ist. Nimm die Vergebung an.
Freue dich darüber, dass du von deiner Ungerechtigkeit gereinigt wurdest und dass alles wieder gut ist. Wenn du deine Sünde bekennst, versprich Gott nicht, dass du es nächste Woche besser machen wirst. Lass das bitte.
Vergebung ist kein Deal, Vergebung ist ein Geschenk.
4. Bibelverse als geistliche Waffe nutzen
Vierter Tipp: Lerne Bibelverse auswendig und wiederhole sie.
„Typisch Jürgen“, wirst du vielleicht denken. Kann sein, aber Jähzaun ist eine Form von Versuchung, und Versuchung überwindet man durch Wahrheit. Der Herr Jesus schleudert dem Teufel in der Wüste immer wieder ein „Es steht geschrieben“ entgegen.
Wo es Versuchung zur Sünde in meinem Leben gibt, dort brauche ich gute Munition für die Verteidigung. Deshalb lerne Bibelverse auswendig. Lerne Bibelverse, die Zorn verurteilen und Liebe fordern.
Lass Wahrheit in dein Denken, damit es von Grund auf erneuert wird. Wiederhole regelmäßig die auswendig gelernten Verse. Benutze sie als Bildschirmschoner, hänge sie in Form von Zetteln in der Wohnung auf und erinnere dich daran.
Unterschätze bitte nie die Kraft, die vom Wort Gottes ausgeht.
5. Gemeinschaft suchen und Unterstützung annehmen
Fünfter Tipp: Body Power – Suche dir Verbündete.
In der Gemeinschaft der Gemeinde steckt Kraft. Dort gibt es begabte Geschwister, die dich ermutigen, mit dir beten und dir wertvolle Tipps geben können.
Geh offen mit deiner Not um und lass dir helfen. Genau dafür ist die Gemeinde da.
Und denke bloß nicht, dass du ein so großes Problem wie Jähzorn alleine bewältigen musst. Das stimmt nicht.
6. Ehe bewusst stärken
Sechster Tipp: Stärke deine Ehe. Dieser Tipp richtet sich an verheiratete Menschen mit Jähzorn.
Achte besonders auf folgende Aspekte in deiner Ehe: Bewunderung, Dankbarkeit, Zärtlichkeit, gemeinsame Zeiten zu zweit, Romantik und echte Liebe. Wenn unser Verhalten die Ehe belastet, müssen wir doppelt daran arbeiten, viele schöne Momente zu schaffen. Diese Momente geben unserem Partner Hoffnung und uns beiden Kraft.
Vergiss nicht, dass ein streitender Ehepartner entzweit. Das gilt auch dann, wenn man um Vergebung bittet. Deshalb braucht es besonders viele gute Gefühle, viel Bewunderung, schöne Worte und Romantik, um dem Auseinanderdriften entgegenzuwirken.
7. Durchhaltevermögen im Glaubenskampf
Siebter Tipp: Gib nicht auf, halte durch. Das klingt leichter, als es tatsächlich ist. Eine Sünde immer wieder zu begehen, ganz offensichtlich zu versagen – und dann noch einmal zu versagen – macht keinen Spaß.
Aber vergiss bitte nicht: Wir haben einen Vater im Himmel, der uns bedingungslos liebt. Er weiß um unseren Kampf und freut sich an der Liebe, die wir dadurch zeigen, dass wir nicht aufgeben.
Vertraue darauf, dass der Durchbruch kommt – auch wenn es, wie in meinem Fall, Jahre dauern kann.
8. Selbstreflexion und Gottes Trost suchen
Achter und letzter Tipp: Lerne dich selbst kennen.
Mach dich mithilfe guter Bücher, Seelsorger oder Lebensberichte auf die Suche nach dem Bedürfnis, das durch dein zorniges Auftreten gestillt wird. Du bist nicht jähzornig, weil du bewusst alle Beziehungen um dich herum zerstören oder schädigen möchtest.
Deshalb ist es wichtig, dass du dich selbst ein wenig besser kennenlernst. Lass dich dann von deinem Vater im Himmel trösten. Finde in ihm den, der dir besser als jeder grollige Zornausbruch das geben kann, was du wirklich brauchst.
Abschluss und Einladung zur Reflexion
Was könntest du jetzt tun? Du könntest darüber nachdenken, wer in deiner Umgebung leicht zornig wird und wie du diese Person ermutigen könntest.
Das war es für heute. Wenn dich das Thema Gefühle interessiert, dann höre dir die Predigtreihe über negative Gefühle an. Du findest sie auf YouTube, auf Frogwords.de oder in der App.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.
