Ein Aussätziger kam zu Jesus. Er bat ihn inständig und sagte: „Wenn du willst, kannst du mich rein machen.“ Jesus hatte Mitleid mit ihm, streckte die Hand aus, berührte ihn und sagte: „Ich will, sei rein!“
Sogleich verschwand der Aussatz, und der Mann war wieder gesund. Jesus schickte ihn sofort weg und sagte: „Sieh zu, dass du niemandem etwas sagst. Geh aber zeige dich dem Priester und bringe das Opfer dar, das Mose vorgeschrieben hat, damit es ein Zeugnis für sie ist.“
Doch der Mann ging hinaus und verkündete die Nachricht so sehr, dass Jesus nicht mehr offen in der Stadt auftreten konnte. Er blieb draußen in der Einsamkeit, und die Leute kamen von überall her zu ihm.
Begegnung mit einem Ausgestoßenen
Und es kam zu Jesus ein Aussätziger. Er bat ihn, kniete nieder und sprach zu Jesus: „Willst du, so kannst du mich reinigen.“
Und es jammerte Jesus. Er streckte die Hand aus, rührte ihn an und sprach zu ihm: „Ich will’s tun, sei rein!“ Sogleich wich der Aussatz von ihm, und er wurde rein.
Doch Jesus drohte ihm und trieb ihn alsbald von sich und sprach zu ihm: „Sieh zu, dass du niemandem etwas sagst. Geh hin, zeige dich dem Priester und opfere für deine Reinigung, was Mose geboten hat, ihnen zum Zeugnis.“
Der Mann aber ging fort und fing an, viel davon zu reden und die Geschichte bekannt zu machen. So konnte Jesus fortan nicht mehr öffentlich in eine Stadt gehen, sondern war draußen an einsamen Orten. Doch sie kamen zu ihm von allen Enden.
Ich weiß jetzt nicht, was sie heute Abend umtreibt, weiß nicht, was sie heute beschäftigt hat. Aber eines sollen sie wissen: Die Dinge, die uns heute wichtig waren, sind eigentlich gar nicht wichtig vor der Macht und Schönheit Jesu. Er ist die Mitte der Welt, alles Geschehens, auch die Mitte der Zukunft. Es ist immer wieder wichtig, sich das klarzumachen.
Wir nehmen die kurze Spannung unseres Lebens so ernst: Die jungen Leute büffeln für ihre Prüfungen, die anderen sorgen sich um ihren Berufsplatz oder ihre Gesundheit. Dass Sie mir einmal einen Augenblick innehalten, finde ich toll. Sie nehmen sich heute Abend die Zeit und sagen: Ich möchte auf Jesus blicken. Wir hatten ja an der Offenbarung den Blick so schön auf den Herrn aller Herren, den König aller Könige.
Im Evangelium ist so groß beschrieben, wie Jesus, der Sohn Gottes, in unsere Welt kommt und uns diese wichtige Enthüllung gibt, wer Jesus ist. Leider herrscht in unserer Welt, bis hinein in christliche Kreise, eine große Ungewissheit über Jesus. Alle anderen Fragen sind so unwichtig: welche Partei man wählt, wie die nächste Regierung aussieht, ob es mit dem Euro klappt, was die Menschen beschäftigt. Selbst die schlimmsten Nachrichten über Atomvergiftung oder anderes sind eigentlich ganz unwichtig vor der großen Frage, ob ich heute die Macht und Schönheit Jesu entdecke, ob ich Erfahrungen mit diesem Herrn Jesus mache, der gegenwärtig ist.
Das Evangelium erzählt uns die Geschichte von diesem Aussätzigen. Interessant ist, dass das Markus-Evangelium sehr gekürzt ist, wir haben es ein paarmal gelesen. Im Matthäusevangelium steht ein bisschen mehr, und zwar so, dass Matthäus festhält, dass dieses Wunder sich unmittelbar nach der Bergpredigt ereignet. Dort steht auch, dass Jesus gepredigt hat. Markus überspringt die Bergpredigt; nicht, weil er sie nicht für wichtig hält, sondern er fasst sie zusammen. Jesus lehrte vom Reich Gottes, dem neuen Grundgesetz der Königsherrschaft Gottes aufzurichten.
Hier kommt ein verzweifelter, hoffnungsloser Mensch. Wissen Sie, was hoffnungslos ist? Ein Mensch, dem diese Welt nichts mehr bieten kann, ein Mann, der ausgestoßen ist bei lebendigem Leib: Aussatz. Das können wir uns heute kaum noch vorstellen. Immer wieder bewegt es mich, wenn man irgendwo noch eine Aussätzigenkolonie findet. Rumänien hatte noch die letzte europäische, in Afrika gibt es immer wieder solche Orte. Ich habe einmal eine auf einer Insel im Grenzgebiet zwischen Uganda und Ruanda gesehen: furchtbar verstümmelte Gestalten. Es hat mich tief bewegt, wie sie sangen: „Welch ein Freund ist unser Jesus“, mit ihren ganz zugewachsenen Augenhöhlen und verstümmelten Gliedmaßen.
Der Aussatz brachte die Not mit sich, dass diese Menschen aus der Gesellschaft ausgestoßen wurden und kein Lebensrecht mehr hatten. Früher war man auch hilflos gegenüber dieser Krankheit. Heute gibt es Möglichkeiten. Sie wissen, dass man Aussatz schon durch richtige Ernährung heilen kann. Aussatz kann nur bei gewissen Mangelzuständen der Ernährung ausbrechen. Deshalb können allein die Pfleger schon sorgen, dass sie nicht angesteckt werden. Es ist also keine unmittelbare Ansteckungsgefahr, wenn man nicht gefährdet ist durch schlechte Ernährung. Aber das wusste man damals nicht, und Aussatz war ein Todesurteil. Noch viel schlimmer: Man lebte zwar noch eine Zeit lang, aber man war irgendwo in der Aussätzigenkolonie, meist in einer Hütte vor dem Dorf. Dort wurde man hinausgetan.
Die Aussätzigen mussten Glocken tragen, und sobald sie sich Menschen näherten, mussten sie rufen: „Unrein, unrein!“ Die Leute sprangen vor ihnen weg, stellten das Essen hin, und dann kamen sie, schrien „Unrein, unrein!“, nahmen das Essen und rannten davon. Feste wurden in ihrer Nähe gefeiert, sie waren nicht dabei, hörten die Lieder, durften nicht mehr dazugehören. Beim lebendigen Leib ausgegrenzt. Es gab keine Möglichkeit, aus dieser furchtbaren Isolation herauszukommen. Sie saßen nebeneinander in der brütenden Hitze in ihrer Hütte, schauten einander an, sahen nur bei sich selbst all die Symptome dieser schrecklichen Krankheit. Sie konnten sich keinen Mut zusprechen, es gab keine Hoffnung auf Besserung. Sie warteten nur, bis das grausame Leben ein Ende hat.
Diese Aussätzigen sind ein Sinnbild vieler verzweifelter Menschen. Wenn wir an die Alten denken, die pflegebedürftig sind und wissen, es wird nicht mehr besser, sie warten auf ihre Todesstunde. Oder an Krebskranke im Endstadium: Es ist furchtbar, man wartet und weiß nicht, wie alles werden soll.
Wenn Sie das 3. Mose 13 aufschlagen, dort steht in Vers 45, wie man Aussatz erkennt. Das ganze Kapitel 13 ist ein Aussatzkapitel, und es wird beschrieben, wie man in Zweifelsfällen feststellen kann, ob es wirklich Aussatz ist. Es war schwierig, bei den vielen Hautkrankheiten zu erkennen, ob es wirklich der gefährliche Aussatz ist.
Wer nun aussätzig ist, soll zerrissene Kleider tragen, das Haar und den Bart verhüllen und rufen: „Unrein, unrein!“ Solange die Stelle an ihm ist, soll er unrein sein, allein wohnen, und seine Wohnung soll außerhalb des Lagers sein.
Und solch ein Mensch trifft auf Jesus. Nun müssen Sie sich klar machen, woher der Glaube dieses Mannes kommt. Das zeigt das Evangelium sehr eindrücklich. Glaube ist nicht erklärbar. Glaube ist etwas Unbegreifliches, deshalb sprechen wir von einem Wunder, und so wird alles nur verdeckt.
Wie kommt dieser Mann überhaupt auf die verrückte Idee, als ob Jesus ihm helfen könne? Wir müssen uns immer noch vorstellen, dass wir in einer glaubenslosen Zeit leben, in der viele Christen Jesus gar nichts mehr zutrauen, sogar leugnen, dass er der Sohn Gottes ist und ihm jede Vollmacht absprechen.
Wie kommt dieser Aussätzige dazu, Jesus so zu vertrauen? Die ganze Geschichte des Evangeliums ist die Verkündigung der Frohbotschaft des Heils und des Glaubens von Menschen. Die Kernfrage ist: Glauben wir? Wenn der Menschensohn wiederkommt, wird er auch Glaubenfinder sein.
Es geht heute Abend um Ihren Glauben, um Ihr Jesusverhältnis. Können Sie Jesus so vertrauen wie dieser Aussätzige? Wie kam er überhaupt dazu? Er hat wahrscheinlich gar nicht viel von Jesus gewusst, war wahrscheinlich nicht einmal dabei, als Jesus die Bergpredigt gehalten hat.
Vielleicht hat er nur durch Freunde davon gehört, vielleicht hat ihm jemand zugerufen bei der Essensübergabe: „Da ist einer!“ Er hat etwas gehört, vielleicht wusste er von den großen Verheißungen der Propheten, dass der Messias kommen soll. Aber dieses Vertrauen auf Jesus zu setzen – da warten wir ja immer noch auf eine Bestätigung, einen Beweis. Das hatte dieser Mann nicht.
Was mich am meisten überrascht: Er hat von Jesus her nicht einmal ein Wort gehabt. Wenn Jesus gerufen hätte: „Kommt her, ihr Aussätzigen, ich will euch heilen!“ – es steht kein Wort davon bei Jesus. Wir haben keinen Anhaltspunkt, dass Jesus so etwas je gesagt hat. Er hatte auch kein Beispiel, dass jemand vor ihm geheilt wurde. Er war der Erste.
Wenn schon jemand vor ihm geheilt worden wäre, hätte er es verstehen können und sagen: Ich möchte genau das Gleiche erleben wie mein Freund. Aber er war absolut der Erste. Und das ist es, was die Bibel immer wieder schildert: den Glauben.
Sie kennen das von Abraham. Gott sprach zu Abraham: „Geh in ein fremdes Land, ich will dich zum großen Volk machen.“ Ich hätte gelacht und gesagt: „Lieber Gott, ich brauche Beweise!“ Aber die Bibel sagt: Abraham glaubte dem Herrn. Dieser unbedingten Autorität und Glauben.
Jetzt wissen Sie, wie oft wir das in letzter Zeit betont haben. Ich glaube, es war in einer Predigt, wo ich auf Hebräer 11 verwiesen habe. Glaube ist ein Überwältigtwerden von der unsichtbaren Wirklichkeit.
Wenn Sie glauben wollen und sagen: „Ich kann nicht glauben“, dann bleiben Sie stehen vor der Größe und Schönheit Jesu und sinnen Sie über ihn nach. Fangen Sie nicht an, mit Menschen zu argumentieren, die zweifeln. Sie kommen nur vom Hundertsten bis zum Tausendsten, das hat keinen Wert.
Machen Sie Menschen Modensach, lesen Sie das Evangelium, bleiben Sie mit Ihrem Leben vor Jesus stehen. Und irgendwo lässt Jesus versuchenden Menschen das aufleuchten, und er schenkt diese Erkenntnis ganz wunderbar, dass Menschen Jesus erkennen.
Ein ganz wunderbares Wort: Was heißt Jesus erkennen? Was haben wir in Jesus begriffen? Jesus war doch äußerlich wie ein anderer Mensch. Was haben sie erkannt? „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“, so wie Petrus es dann in seinem Bekenntnis in Caesarea Philippi sagt (Matthäus 16,16): „Du bist Christus.“
Um diese Sache geht es: Haben Menschen heute Christuserkenntnis? Alle anderen Fragen sind nebensächlich. Vor allem ich, dass hier so viele angehende Theologen sind: Es ist so wichtig, dass wir diese Sache in den Mittelpunkt unserer ganzen Arbeit stellen.
Leider gibt es hier eine Fehlentwicklung in unserem Denken, dass man meint, von anderswo könne man das Geheimnis entdecken. Ich kann das Geheimnis Jesu nur betend entdecken, nur auf den Knien, wissend, dass ich Staub und Asche bin.
Ich kann es nicht mit dem Vorschlaghammer entdecken, nicht mit dem Schraubenzieher, nicht durch Herumpobeln. Ich kann nur davorstehen und sagen: „Jesus, gib mir Einblick in dein Wesen!“
Wenn man dann die Geschichten liest, wie Blaise Pascal oder andere große Denker, Augustinus, Jesus entdeckten – auf seinem Wort, oder wie Jesus mit ihnen umging, überrascht über die Güte Jesu –, das war meist der Punkt, wo Menschen entdeckten, wer Jesus ist. Weil Jesus so wahnsinnig gütig zu ihnen war.
In der damaligen Zeit war es völlig undenkbar, dass ein Aussätziger geheilt wird. Das möchte ich auch einmal klar sagen, damit es nicht missverständlich ist. Manche meinen, dass einem dauernd solche Wunder passieren. Es gab auch esoterische Spielereien. Aber ein Aussätziger konnte nicht gesund werden.
Denken Sie nur an die Geschichte im Alten Testament, wie der General Naaman zum König von Israel schickte, er wolle vom Aussatz rein werden. Die Hausgehilfin, die Gefangene aus Israel, sagte zu Naaman, dass es einen Propheten in Israel gibt.
Naaman ging natürlich zum israelischen König und dachte, der ist es sicher. Was machte der König? Als er hörte, dass Naaman vom Aussatz rein werden will, zerriss er seine Kleider (2. Könige 5): „Bin ich denn Gottesschreiter, dass ich vom Aussatz rein machen sollte?“
Also Gott kann das, sonst niemand. Prophet Elisa tat es. Wir wissen, um welches Wunder es geht. Umso erstaunlicher ist der Glaube dieses Aussätzigen.
Das Wunder des Glaubens ist mir jedes Mal groß, wenn ich es entdecke, bei einem schwer kranken Menschen, der glauben und in Jesus gewiss sein kann. Das Größte, was man haben kann, ist der Glaube, der die Welt überwindet. Diese Verbundenheit mit Jesus ist so groß.
Glauben, Vertrauen und gehorsames Folgen Jesu sind schon ganz groß, wenn man ein Kind trifft, das Jesus glauben kann und ihm vertraut – oft beschämend. Es gibt nichts Größeres als den Glauben. Dieser Glaube überwindet die Welt.
Noch einmal: Wir können den Glauben nicht erklären, es ist ein Wunder Jesu. Deshalb hat Martin Luther in der Erklärung des Glaubensartikels gesagt: „Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus meinen Herrn glauben oder zu ihm kommen kann, sondern der Heilige Geist hat mich durchs Evangelium berufen.“
Da liegt das Wort des Evangeliums. Der Heilige Geist bindet sich an dieses Wort. Lesen Sie die Bibel! Und Sie können jedem, der sucht, sagen: Lies die Bibel, lies einfach allein die Bibel, bete darüber, und Jesus wird sich dir offenbaren. Es gibt keinen anderen Trick.
Das gilt natürlich nicht nur beim Aussatz. Menschen kommen zum Glauben an Jesus, wenn sie ihre Lage entdecken, dass sie hoffnungslos sind. Ich habe oft den Eindruck, dass viele Menschen deshalb gar nicht zum Glauben kommen, weil sie sich zufrieden geben und sagen: „Ich bin doch ein netter Kerl, alles ist schön.“
Dieser Aussätzige ist ein sehr interessantes Bild für uns. Sie alle sind in einer großen Lebenskrise zum Glauben an Jesus gekommen, wo sie radikal gefragt haben: „Wo geht mein Leben hin?“
Sehr interessant ist, dass die Erkenntnis der Sünde zur Glaubenserkenntnis dazugehört. Das Wissen, dass ich mich aus der furchtbaren Umklammerung der Teufelsmacht in meinem Leben gar nicht selbst befreien kann. Wenn man drin hängt und sagt: „Ich schaffe es nicht“, und dann auf Jesus blickt und sagt: „Du bist der Einzige, der Macht hat, mich zu befreien.“
Ohne diese tiefe Erkenntnis der eigenen Hoffnungslosigkeit und des eigenen Elends kann man nicht zu Jesus kommen. Das ist jetzt nicht übertrieben oder herbeigezogen, sondern wichtig zu wissen.
Ich weiß nicht, ob dieser Aussätzige zum Glauben an Jesus gekommen wäre, wenn er irgendwo profitabel mit seiner Familie gelebt hätte. Die Not hat ihn letztlich zu dieser Klarheit gedrängt: „Ich muss doch wissen, gibt es noch irgendeine Hoffnung?“
Und woher hat er die? Weil er irgendetwas wusste: Es gibt Heil, es gibt noch Heil. Was ist das Heil? Gibt es Liebe Gottes in unserer Welt?
Deshalb bestreite ich immer, dass diese Sprüche, wenn Leute sagen: „Wo ist der liebe Gott, so lieb und so weiter“, diese Zweifel an Gott sind ja noch gar nicht radikal gefragt. Glaubende Menschen fragen radikal und brechen durch bis zur tiefsten Tiefe und sagen: „Was ist mein Leben? Ich kann gar nicht mit meinem Leben selbst bestehen. Was ist das? Selbst wenn ich alle Güter der Welt anhäufen könnte, wofür würde ich leben? Was ist, wenn ich sterbe? Wohin komme ich? Und ich muss wissen: Gibt es hier wirklich eine Liebe Gottes, in die ich mich bergen kann?“
Darum ist es im Evangelium am allertiefsten gefragt. Ich bin so froh, dass ich immer wieder durchdringen darf und andere helfen dürfen und sagen: „Frag nur ein bisschen tiefer.“ Es ist ja nicht bloß so, dass man bei schlimmen Erlebnissen, bei Krankheit, fragt: „Warum gibt mir Gott so viel Böses?“ Frag doch einmal in deinem Leben.
Ich war froh, als junger Mann durch manche persönliche Nöte und durch Evangelisationen an den Punkt geführt worden zu sein, wo man sich entscheiden muss: Gibt es etwas, oder gibt es nichts mehr, was dich trägt?
Und da steht der Aussätzige. Das ist der Punkt, wo Menschen zum Glauben kommen.
Wir haben jetzt über das Vertrauen gesprochen – das ist unglaublich, dieses Vertrauen. In unserer Zeit gibt es viele modische Wörter, da heißt Glauben nicht für Wahrhalten. Natürlich heißt Glauben auch, Wahrheiten für wahrzuhalten. Glauben gehört auch dazu, dass ich Dinge fest erkenne und weiß: Jesus ist der Heiland. Davon gehe ich aus. Er hat die Macht Gottes.
Wenn das nicht klar ist, kann man auch nicht glauben. Wenn Jesus nicht der Sohn Gottes ist, kann er mir auch nicht helfen.
Mir nützt niemand, der im Grab verwest ist. Das erklärt, warum die Glaubenslosigkeit so um sich greift. Es ist nicht die Frage, dass irgendetwas in der Kirche schlecht organisiert ist, sondern die Kirchen verschweigen den Menschen das rettende Evangelium: Jesus ist der Sohn Gottes, er ist der Herr, der wiederkommende Herr, ihm ist alle Gewalt gegeben, und vor ihm ist die Hoffnung der Menschen.
Die Idee, dass sich Menschen das verständlich machen können, ist dumm. Ich kann es den Menschen gar nicht verständlich machen. Ich muss predigen, und der Geist Gottes wird es erleuchten.
Das war so schön: Frau Bayer war bei einer Beerdigung dabei und sagte hinterher: „Die Menschen, die da stehen, können es gar nicht verstehen, wenn wir am Grab von Jesus reden.“ Genau! Es ist ein Wunder, dass es irgendwo wieder bei einem der Groschen fällt, so wie er bei ihm gefallen ist.
Sie können nur ein Zeuge sein, das andere muss der Geist Gottes tun. Sie können niemanden zum Glauben führen, nur durch Ihr Zeugnis.
Das Vertrauen ist so groß, und das Vertrauen muss so groß sein, sonst hat es keinen Wert.
Dann das Dritte, was wir erkennen: In welcher Bescheidenheit er redet: „Willst du, so kannst du.“
Deshalb sagte ich vorhin: Glauben muss auch etwas für wahrhalten. Glaube ist nicht bloß ein blindes Schauen irgendwohin. So ein Glaube ist ein ganz gewisses Wissen: Jesus ist der bevollmächtigte Messias. Ohne Klarheit an dieser Stelle kann man nicht glauben.
Er weiß, wenn Jesus will, gibt es keine Dunkelheit, die ihn aufhält, keine Teufelsmacht, die ihn aufhält. Jesus ist der Größte und Wichtigste, der in dieser Welt überhaupt da ist.
Deshalb ist für uns das Reden von Jesus das Größte. Am Ende der Zeit wird das Letzte sein, dass sich vor ihm alle Knie beugen. Das Zeugnis des ganzen Neuen Testaments ist eindeutig: „Willst du, so kannst du.“
Aber er weiß, er kann vor Gott nichts fordern, er ist abhängig davon, ob Jesus will. Er ist bereit, auch seine Krankheit anzunehmen.
Ich möchte an dieser Stelle noch etwas einschieben: Für uns ist es sehr oft wichtig, dass wir uns im Glauben an Jesus ergeben und unser Schicksal annehmen.
Es ist sicher so, dass wir manches akzeptieren müssen – auch Behinderungen, Schwächen, Situationen. Aber ich möchte doch sagen, dass Johann Christoph Blumhardt uns viel gelehrt hat.
Er war eigentlich ein rationaler Theologe, der nicht leicht tat am Anfang seines Wirkens. Über die schwere Krankheit eines Gemeindeglieds in Möttlingen wurde er immer mehr in die Entscheidung gestellt: Muss ich diesen Menschen so leiden lassen, oder gibt es jetzt schon Zeichen der Siegesmacht Jesu?
Ich möchte heute ganz deutlich sagen: Wir sagen ja immer wieder, es gibt keinen Zwang zum Heilen, und wir können nie sagen, dass jeder, der glaubt, gesund wird. Das wäre Unsinn. Aber wir dürfen auch stark kämpfen.
Wir dürfen sagen: Herr, wir wollen deine Herrlichkeit sehen! Ich bin ein alter Mann geworden, aber ich will noch einmal für unser Stuttgart hoffen, dass eine Erweckung ausbricht. Dafür arbeiten wir.
Herr, lass doch noch einmal deine Herrlichkeit über Stuttgart sichtbar werden, über unser gottloses Volk! Du hast doch alle Macht im Himmel und auf Erden.
Ich bete oft um eine Erweckung, nicht als Tradition, sondern weil ich Großes erwarte. Ich freue mich, wenn unser Harry von Tür zu Tür geht und Erfahrungen macht, wenn dann reiche Zahnärzte sagen: „Ha, ich bin aus der Kirche ausgetreten.“ Und dann wird es Harry sagen, und wir beten für den Mann.
Kirche braucht niemand einzutreten, aber dass er Jesus findet. Wir geben niemanden auf. Wir wollen noch einmal etwas von der Herrlichkeit Jesu erleben, so wie dieser Mann es entdecken musste: Ich will mit Jesus noch einmal großes Leben.
Es geht nicht bloß darum, ob ich gesund oder krank bin, ob meine Wehwehchen aufhören. Es geht darum, ob die Herrlichkeit Jesu und unsere Welt durch ihn verändert werden. Natürlich ist es eine Welt, die zum Gericht geht, aber das hat Jesus hier und da getan, und er hat die Macht dazu.
Wir dürfen große Dinge von ihm erwarten. Das war für Blumhardt so wichtig: Er sagte, Christen erwarten gar nichts Großes mehr. Er gab noch einmal einen Impuls, der auch in der Mission wirkte.
Natürlich gab es Diskussionen, etwa bei Ludwig Krapf, dem Missionar, der sagte: „Ich möchte Gott nicht zu einem Wunder zwingen.“ Natürlich wollen wir das nicht. Aber ich darf auch über viel Not und Glaubenslosigkeit noch einmal die großen Taten Jesu erbitten.
Wenn man das so sieht wie gestern Abend, als ein ganzer Saal bei einer Mitarbeiterbesprechung junger Leute saß, ist das herrlich.
Ich wünsche mir, dass in jeder Gemeinde Stuttgarts so etwas aufbricht, und junge Menschen Jesus als ihren Retter finden. Wir wollen, dass überall in Stuttgart wieder lebendige Bibelstunden sind. Wenn hier eine junge Generation ist, wollen wir mit Jesus Großes erwarten: dass Menschen sich bekehren.
Das ist die Hoffnung. Wir wollen uns nie abgeben, dass der Teufel alles in seiner Hand hat und überall triumphiert und bloß noch das Geld das Sagen hat.
Blumhardt hat gesagt, die ganze Kreatur leidet mit, weil Christen nicht die Dynamik haben, jetzt etwas von der Siegeskraft Jesu zu erbitten, wenn sie die Not der Schwermütigen, der Belasteten, der Kranken sehen.
Sicher können wir es bei Behinderten sichtbar machen: In der Liebe und Zuwendung etwas von der Herrlichkeit Gottes und der Liebe Jesu über ihnen zeigen, die Erlösung, die Gott schenken will.
Wir warten sehnlich darauf und mit Ungeduld: „Komm doch bald, Herr Jesus, lass diese schreckliche Zeit zu Ende sein!“
Deshalb ist das ungestüme Glauben dieses Mannes für uns ein Impuls. Wir wollen wieder Großes von Jesus erwarten.
Das Lied, dass Jesus siegt, bleibt ewig ausgemacht. Die ganze Welt wird seufzen und warten auf das Erlösungsjahr.
Herr, es muss doch bald so sein, dass du wiederkommst und diese ganze Lüge und Verdrehung ein Ende machst. Es ist etwas Schönes, auch Großes zu erwarten, und der Herr hat das hier und da bestätigt.
Wir wollen das in ganzer Freiheit tun: „Willst du, so kannst du.“ Aber wir wollen Gott nie zwingen, Erfüllungsgehilfe unserer Wünsche zu sein. Es geht um ein Stück sichtbar werdender Herrlichkeit Jesu.
Jetzt kommt der nächste Punkt: „Es jammerte ihn.“ Das Jammern ist nicht das schwäbische „Jomern“, sondern ein Wort, das bei Jesus vorkommt. Es ist, meiner Kenntnis nach, ein Wort, das nur bei Gott oder Jesus in der Bibel verwendet wird.
Es drehte ihm das Herz im Leib herum. Wenn Jesus das Elend von Menschen sieht, lässt es ihn nicht kalt. So wird vom Gottessohn gesprochen. Es ergreift ihn, es packt ihn ein Erbarmen, übersetzt Gerhard Meyer in seinem Kommentar.
Wissen Sie, wo Sie es auch noch haben? Etwa im Gleichnis vom barmherzigen Samariter. Ich behaupte, Jesus erzählt das Gleichnis, weil er der Samariter ist, der Ausgestoßene, der Verachtete.
Sobald er den Daliegenden sieht, nicht sagt: „Wie bringe ich mich in Sicherheit?“, sondern das Jammern packt ihn, und er kann erst nicht wegsehen, wie Menschen in unserer Welt zugrunde gehen. Jesus leidet.
Wie William Booth es erlebt hat, als er die Betrunkenen im Kandel sah: Er ging nicht lächelnd vorbei, sondern hob sie auf, wusch sie und legte sie auf ein Bett. Er hatte das Jammern Jesu, das echte Mitleiden mit den Verlorenen und Gestrandeten.
Wir können es gar nicht so, aber das ist Jesu Art. Wenn er das sieht, sieht Jesus es. Wie er einen Schuss Gras jagt im Schlossgarten oder im Stadtgarten: Jesus leidet mit der Not von Menschen heute und kann nicht daran vorbeigehen.
„Sie jammerte ihn.“ Wir haben es in der ganzen Bibel, als Mose am Berg Sinai stand und Gott sich ihm offenbart: Er sagt, er kann es nicht mehr ansehen, wie sein Volk leidet, darum ist er gekommen.
Dann ruft er ihn. Oder als Gideon berufen wird, sagt Gott: „Ich kann es nicht mehr sehen, wie mein Volk leidet.“ Gott kann es nicht mehr sehen.
Wir sind doch gar nicht die Akteure. Gottes Erbarmen ist so groß. Und wo Sie um Menschen Sorge tragen, viele von Ihnen seien esbätische Zehnjafer, lieben Menschen, wissen Sie, dass Gott noch viel schwerer die Not der Gottlosigkeit und Sünde zu tragen hat.
Da sitzen wir ganz richtig, wenn wir an dieser Stelle Gott bitten, unseren Heiland Jesus, um dessen Willen, weil du ein Herz hast.
Beim Jeremia steht in Jeremia 8,21: „Mich jammert von Herzen, dass mein Volk so ganz zerschlagen ist. Ich krümme mich und entsetze mich.“ Das ist Gottes Klage, und er leidet auch in den Nöten der Menschen.
Wir müssen die ganze biblische Wahrheit wieder herausfinden, damit wir wissen, was eigentlich in unserer Welt los ist.
Wir haben einen ganz falschen Blick auf Jesus, wie er heute leidet an der ganzen Sünde und Gottlosigkeit der Welt.
Darum streckt Jesus die Hand aus. Und jetzt kommt das Tolle: Jesus fasst den Aussätzigen an.
Bei der Evangelisation von Billy Graham wurde erzählt, dass einer der Eidshelfer jeden zuerst in den Arm nimmt, um ihm zu sagen: „Ich nehme dich an, gerade weil du eine ansteckende Krankheit hast.“
So macht es Jesus. Gerade wenn man beim Aussätzigen davonrennt, fasst er ihn an. Für Jesus gibt es keine Unreinheit mehr.
„Ich will, sei rein!“ Sofort wird er rein. Wir wissen, dass Jesus das tun kann. Er hat auch damals nicht alle Aussätzigen geheilt, aber er kann seine Herrlichkeit wunderbar offenbaren.
Wir dürfen Großes von ihm erwarten. Es genügt sofort, auf der Stelle. Und er wurde rein. Das ist wahr, und das passiert, weil Jesus Wunder tun kann.
Es bleiben einzelne Zeichen, die seine Herrlichkeit offenbaren. Aber es wird einmal groß sein, wenn in der Ewigkeit alle Not und alles Leiden ein Ende hat.
Jetzt Vers 43: Sie sehen, ich möchte mich nicht überall aufhalten, aber an ein paar Stellen doch noch.
Ganz merkwürdig: Jesus bedroht ihn, treibt ihn fort. Im Griechischen steht sogar, dass Jesus ihn anfaucht.
Er bedroht ihn und verbietet ihm, bei ihm zu bleiben. Warum? Drastischer kann Jesus nicht sein.
Jesus kennt unsere Art. Für uns ist das Wunder alles. Für Jesus nicht. Jesus hat große Angst, dass der Mann einen Zirkus macht und bloß herumbrüllt: „Ich bin gesund, ich bin gesund!“
Das ist uns das Wichtigste. Sie wissen, wenn Sie das machtvolle Eingreifen Jesu erlebt haben, wie schnell alles andere wegfällt.
Was will Jesus? Jesus will Buße predigen. Er will keine Schau, keine Wunderschau.
Es ist erschütternd, wie viele große Evangelisationsfeldzüge durch falsche Wunder verführt wurden. Es wird immer wieder sein.
Durch Wohlbefinden und Suche nach materiellen Vorteilen – Jesus sagt kein Wort zu ihm: „Bitte nicht!“
Jetzt überrascht es Sie vielleicht: Wir sollen doch Mission treiben. Aber auch in der Mission will Jesus, dass wir Menschen zur Erkenntnis der Sünde führen und zur Buße.
Wir sollten ihnen nicht ein Wohlstandsevangelium predigen. Das ist in Amerika sehr weit verbreitet, in vielen Kirchen.
Wenn Sie das mal am Fernsehschirm hören, können Sie es im Superchannel sehen: „Wenn du Jesus folgst, gibt es keine Nöte in der Ehe mehr, du hast nur liebe Kinder, keine Geldprobleme, dein Konto ist immer voll.“ Das stimmt nicht.
Wer Jesus nachfolgt, hat auch Leiden und Probleme, auch wenn er Wunder erlebt.
Darum will Jesus nicht, dass so in der Welt ein Gerücht erschallt.
Das will er nicht. Das ist wichtig.
Ganz abgesehen davon hat Jesus noch den Weg zum Kreuz vor sich. Dieses Verbot, darüber zu reden, hat einen ganz klaren Grund im Evangelium: Es soll deutlich sein. Jesus muss zuerst den Weg durchs Leiden gehen.
Die Jünger verstanden das nicht mehr. Sie sagten: „Du musst groß herauskommen. Das widerfahre dir nicht!“
Jesus sagte: „Es ist teuflisch, was du willst.“
Für uns ist es wichtig zu wissen, was Jesus für unsere Zeiten vorhat.
Wir dürfen alles behalten: die Macht Jesu und seine absolute Autorität, wie er uns führt und bestimmt, was dran ist.
Jesus will Mission, aber nicht auf Kosten der Buße. Er will keine religiöse Schau, die uns blendet, sondern dass die Botschaft vom Reich Gottes verkündet wird – und das Gesetz Gottes.
Darum ist interessant: Er befiehlt diesem Mann und sagt: „Du mach bitte keine Schau!“ Und was soll er tun? „Geh zum Priester.“
Das war damals so etwas wie das Gesundheitsamt, aber die Priester sind gleichzeitig die Leute des Gesetzes.
Es ist erstaunlich, wie Jesus das Gesetz erfüllt. Er ist nicht gekommen, es aufzulösen, sondern zu erfüllen.
Jesus erfüllt das Gesetz und stellt es auf eine neue Weise mit seiner Auferstehung wieder her. Er stellt die Christen in diesen neuen Bund hinein.
Aber er sagt, der Mann soll das Gesetz erfüllen, zum Priester gehen. Die Priester werden fragen, was mit ihm geschehen ist, damit sie Jesu Taten erzählen.
Das ist das Große, was wir verkünden sollen: von Jesus der Welt erzählen.
Offenbar hat dieser Aussätzige das nicht getan. Er ging fort und fing an, viel davon zu reden und die Geschichte bekannt zu machen, aber nicht zu den Priestern zu gehen.
Jesus war es wichtig, das Zeugnis auch vor den Priestern am Tempel in Jerusalem abzulegen, seine Opfer zu bringen, bis zum Schluss auch das zu tun. Weil Jesus erfüllen will und nicht auflösen.
Jetzt haben wir heute eine Menge in dieser Geschichte gehabt, so kurz sie war. Es ist eine herrliche Geschichte, auch im Matthäus- und Lukasevangelium noch einmal erzählt.
Eine Geschichte des Glaubens, des Vertrauens und doch etwas Erschütterndes, wo ein Mensch nicht zum Gehorchen kommt.
Sie wissen, wie ich Ihnen immer gesagt habe: Zum Glauben gehört Gehorsam, die Jesusnachfolge, das Hineingenommenwerden in den Willen Jesu.
So groß der Glaube war, an der entscheidenden Stelle versagt er.
Vielleicht ist das verständlich, weil es uns so wichtig ist: „Ich bin gesund, ich bin gesund.“
Doch es ist noch größer, Bote des Reiches Gottes zu sein.
Jesus konnte seinen Plan nicht mehr fortführen, von dem er vorher gesagt hatte (Vers 38), dass er in die nächsten Städte gehen will.
Er konnte sich nicht mehr blicken lassen, weil alles Denken nur auf die Lösung der körperlichen Nöte fixiert war.
Was war Jesus wichtig? Eine Sühne zu schaffen für ein verlorenes Menschengeschlecht, eine Versöhnung zwischen Gott und einer verlorenen Menschheit durch sein Sterben am Kreuz.
Eine ganz gefährliche Krise der Sendung Jesu, des Gottessohnes.
Die Geschichte des Aussätzigen im Evangelium
Das Evangelium erzählt uns die Geschichte von einem Aussätzigen. Interessant ist, dass das Markus-Evangelium diese Geschichte stark gekürzt hat. Wir haben sie schon mehrfach betrachtet. Im Matthäus-Evangelium steht etwas mehr, und zwar so, dass Matthäus festhält, dass dieses Wunder unmittelbar nach der Bergpredigt geschah.
Auch hier wird erwähnt, dass Jesus gepredigt hat. Markus hingegen überspringt die Bergpredigt ganz. Nicht, weil sie für ihn unwichtig wäre, sondern weil er sie zusammenfasst. Er berichtet, dass Jesus vom Reich Gottes lehrte. Das war der Inhalt, das neue Grundgesetz der Königsherrschaft Gottes aufzurichten.
In diese Situation kommt ein verzweifelter, hoffnungsloser Mensch. Wissen Sie, was hoffnungslos ist? Ein Mensch, dem diese Welt nichts mehr bieten kann. Ein Mann, der bei lebendigem Leib ausgestoßen ist – ein Aussätziger.
Das können wir uns heute kaum noch vorstellen. Es bewegt uns immer wieder, wenn man irgendwo noch Aussätzigenkolonien findet. In Rumänien konnte man noch die letzte europäische sehen, in Afrika gibt es immer wieder solche Orte. Ich habe einmal eine solche Kolonie auf einer Insel im Grenzgebiet zwischen Uganda und Ruanda gesehen. Dort waren furchtbar verstümmelte Menschen. Es hat mich tief berührt, wie sie sangen: „Welch ein Freund ist unser Jesus“, trotz ihrer ganz zugewachsenen Augenhöhlen und verstümmelten Gliedmaßen.
Der Aussatz brachte eine große Not mit sich, denn diese Menschen wurden aus der Gesellschaft ausgestoßen und hatten kein Lebensrecht mehr. Früher war man auch hilflos gegenüber dieser Krankheit. Heute wissen wir, dass es Möglichkeiten zur Heilung gibt.
Sie wissen, dass Aussatz durch richtige Ernährung heilbar sein kann. Aussatz tritt nur bei bestimmten Mangelzuständen in der Ernährung auf. Deshalb können allein die Pfleger dafür sorgen, dass sie sich nicht anstecken. Es besteht also keine unmittelbare Ansteckungsgefahr, wenn man nicht durch schlechte Ernährung gefährdet ist. Das wusste man damals jedoch nicht.
Aussatz war damals ein Todesurteil. Noch viel schlimmer: Man lebte oft noch eine Zeit lang, meist in einer Hütte vor dem Dorf – in der Aussätzigenkolonie. Dort wurden sie hinausgetrieben. Die Aussätzigen mussten Glocken tragen. Sobald sie sich Menschen näherten, mussten sie rufen: „Unrein, unrein!“
Die Leute sprangen vor ihnen weg. Man stellte das Essen hin, und dann kamen die Aussätzigen, schrien „Unrein, unrein!“, nahmen das Essen mit und rannten davon. In ihrer Nähe wurden Feste gefeiert, doch sie waren nicht dabei. Sie hörten die Lieder, durften aber nicht mitfeiern. Sie waren beim lebendigen Leib ausgegrenzt.
Es gab keine Möglichkeit, aus dieser furchtbaren Isolation herauszukommen. Sie saßen nebeneinander in der brütenden Hitze in ihren Hütten. Sie sahen einander an, sahen bei sich selbst all die Symptome dieser schrecklichen Krankheit. Sie konnten sich gegenseitig keinen Mut zusprechen. Es gab keine Hoffnung, dass sich etwas bessert. Sie warteten nur darauf, dass dieses grausame Leben ein Ende findet.
Diese Aussätzigen sind ein Sinnbild für viele verzweifelte Menschen. Wenn wir an die Alten denken, die pflegebedürftig sind und wissen, dass es nicht mehr besser werden kann. Sie warten eigentlich nur auf ihre Todesstunde. Oder wir denken an Krebskranke im Endstadium. Das ist furchtbar – man wartet und weiß nicht, wie alles werden soll.
Gesetz und Ausgrenzung
Wenn man das 3. Buch Mose, Kapitel 13, aufschlägt, findet man dort in Vers 45 eine Beschreibung, wie man den Aussatz erkennen kann. Das gesamte Kapitel 13 behandelt das Thema Aussatz und erklärt, wie man in Zweifelsfällen feststellen kann, ob es sich wirklich um Aussatz handelt oder nicht.
Es war damals schwierig, bei den vielen verschiedenen Hautkrankheiten zu unterscheiden, ob es sich um den gefährlichen Aussatz handelt. Wer aussätzig ist, soll zerrissene Kleider tragen, das Haar und den Bart verhüllen und „Unrein, unrein“ rufen. Solange die Krankheit bei ihm ist, gilt er als unrein, soll allein wohnen und seine Unterkunft außerhalb des Lagers haben.
Ein solcher Mensch begegnet nun Jesus. Dabei ist wichtig zu verstehen, woher der Glaube dieses Mannes stammt. Das Evangelium zeigt das auf eindrucksvolle Weise.
Der unerklärliche Glaube
Glaube ist nicht erklärbar. Glaube ist etwas so Unbegreifliches, dass wir oft von einem Wunder sprechen. Doch das verdeckt eigentlich alles nur.
Wie kommt dieser Mann überhaupt auf die verrückte Idee, dass Jesus ihm helfen könne? Wir müssen uns immer noch vorstellen, dass wir in einer glaubenslosen Zeit leben, in der so viele Christen Jesus gar nichts mehr zutrauen. Manche leugnen sogar, dass er der Gottessohn ist, und sprechen ihm jede Vollmacht ab.
Wie kommt dieser Aussätzige also dazu, Jesus so zu vertrauen? Die ganze Geschichte des Evangeliums ist die Verkündigung der Frohbotschaft des Heils und des Glaubens von Menschen. Die Kernfrage ist: Glauben wir? Wenn der Menschensohn wiederkommen wird, wird er auch Glaubenfinder sein.
Es geht heute Abend um Ihren Glauben, um Ihr Verhältnis zu Jesus. Können Sie Jesus so vertrauen wie dieser Aussätzige? Wie kam er überhaupt dazu? Wahrscheinlich wusste er nicht viel von Jesus. Er war vermutlich nicht einmal dabei, als Jesus die Bergpredigt gehalten hat.
Vielleicht hat er nur durch Freunde von Jesus gehört. Vielleicht hat ihm jemand zugerufen, als er Essen übergab: „Da ist einer!“ Er hat etwas gehört und vielleicht wusste er von den großen Verheißungen der Propheten, dass der Messias kommen soll. Doch dieses Vertrauen auf Jesus zu setzen, darauf warten wir oft noch auf eine Bestätigung, auf einen Beweis. Diesen Beweis hatte dieser Mann auch nicht.
Was mich am meisten überrascht: Er hat nicht einmal ein Wort von Jesus gehört. Es gibt keinen Bericht, dass Jesus jemals gerufen hätte: „Kommt her, ihr Aussätzigen, ich will euch heilen!“ Wir haben keinen Anhaltspunkt, dass Jesus so etwas gesagt hat. Er hatte auch kein Beispiel, dass jemand vor ihm geheilt worden wäre. Er war der Erste.
Wenn jemand vor ihm geheilt worden wäre, hätte er es verstehen können, wenn er gesagt hätte: „Ich möchte genau das Gleiche erleben, was mein Freund erlebt hat.“ Aber er war absolut der Erste. Und das ist es, was die Bibel immer wieder schildert: der Glaube.
Sie kennen das von Abraham. Gott sprach zu Abraham: „Geh in ein fremdes Land, ich will dich zum großen Volk machen.“ Ich hätte wahrscheinlich gelacht und gesagt: „Lieber Gott, ich brauche Beweise.“ Doch die Bibel sagt: Abraham glaubte dem Herrn. Dieser unbedingten Autorität und diesem Glauben.
Jetzt wissen Sie, wie oft wir das in letzter Zeit betont haben. Ich glaube, in einer Predigt habe ich Sie auf diese Stelle verwiesen: Hebräer 11. Glaube ist ein Überwältigtwerden von der unsichtbaren Wirklichkeit.
Wenn Sie glauben wollen und sagen: „Ich kann nicht glauben“, dann bleiben Sie stehen vor der Größe und Schönheit Jesu und sinnen Sie über ihn nach. Fangen Sie nicht an, mit Menschen zu argumentieren, die zweifeln. Sie kommen dabei nur vom Hundertsten ins Tausendste, und das hat keinen Wert.
Machen Sie Menschen Modensache, lesen Sie das Evangelium und bleiben Sie mit Ihrem Leben vor Jesus stehen. Irgendwo lässt Jesus versuchenden Menschen das aufleuchten. Er schenkt diese Erkenntnis ganz wunderbar, sodass Menschen Jesus erkennen.
Die Erkenntnis Jesu als Christus
Ein ganz wunderbares Wort. Was bedeutet es, Jesus zu erkennen? Was haben wir in Jesus wirklich begriffen? Äußerlich sah Jesus doch aus wie ein anderer Mensch. Was haben die Menschen damals erkannt?
Petrus sagte in seinem Bekenntnis in Caesarea Philippi: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“ (Matthäus 16,16). „Du bist Christus“ – um diese Erkenntnis geht es. Die entscheidende Frage ist, ob Menschen heute eine solche Christuserkenntnis haben. Besonders ich frage das, denn hier sind viele angehende Theologen versammelt. Es ist doch so wichtig, dass wir diese Erkenntnis in den Mittelpunkt unserer Arbeit stellen.
Leider gibt es hier eine große Fehlentwicklung in unserem Denken. Man meint oft, das Geheimnis Jesu könne man von außen entdecken, durch andere Wege oder Methoden. Doch das Geheimnis Jesu kann ich nur betend entdecken. Ich kann es nur auf den Knien erkennen, im Bewusstsein, dass ich Staub und Asche bin.
Ich kann es nicht mit Gewalt oder technischen Mitteln erfassen. Nicht mit einem Vorschlaghammer, einem Schraubenzieher oder durch Herumprobieren. Ich kann nur davorstehen und sagen: „Jesus, gib mir Einblick in dein Wesen!“
Wenn man dann die Geschichten liest, wie Blaise Pascal oder andere große Denker wie Augustin Jesus entdeckten – durch sein Wort oder durch den Umgang mit ihm –, wird deutlich, dass die Güte Jesu der entscheidende Punkt war. Die meisten Menschen erkannten, wer Jesus ist, weil er ihnen gegenüber so unendlich gütig war.
Die Unmöglichkeit der Heilung und das Wunder des Glaubens
In der damaligen Zeit war es völlig undenkbar, dass ein Aussätziger geheilt wird. Das möchte ich auch einmal klarstellen, damit nicht missverständlich wird, dass manche meinen, dass einem ständig solche Wunder passieren. Es gab damals auch einige esoterische Spielereien. Aber ein Aussätziger konnte nicht gesund werden.
Denken Sie nur an die Geschichte im Alten Testament, in der der General Naaman zum König von Israel geschickt wird, weil er vom Aussatz geheilt werden möchte. Die Hausgehilfin, eine gefangene Frau aus Israel, sagt zu General Naaman, dass es einen Propheten in Israel gibt.
General Naaman geht natürlich zum israelischen König und denkt, dass dieser die Heilung bewirken kann. Doch was macht der König, als er davon hört? Er zerriß seine Kleider. So steht es in 2. Könige 5: „Bin ich denn Gottessprecher, dass ich vom Aussatz reinigen könnte?“ Also kann das nur Gott, sonst niemand.
Der Prophet Elisa tut es schließlich. Wir wissen, um welches Wunder es geht. Umso erstaunlicher ist der Glaube dieses Aussätzigen. Das Wunder des Glaubens beeindruckt mich jedes Mal sehr, wenn ich es bei einem schwer kranken Menschen entdecke. Wenn er glauben kann und in Jesus gewiss ist, besitzt er das Größte, was man haben kann.
Der Glaube überwindet die Welt. Diese Verbundenheit mit Jesus ist so groß. Glauben, Vertrauen und das gehorsame Folgen Jesu sind schon etwas ganz Großes. Besonders, wenn man ein Kind trifft, das an Jesus glauben kann und ihm vertraut, ist das oft beschämend für Erwachsene. Denn es gibt nichts Größeres als den Glauben.
Dieser Glaube überwindet die Welt.
Die Rolle des Heiligen Geistes im Glauben
Also noch einmal: Wir können den Glauben nicht erklären. Es ist ein Wunder Jesu. Deshalb ist es klassisch, wie Martin Luther es in der Erklärung des Glaubensartikels formuliert hat. Wir können es mal miteinander besprechen: „Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann, sondern der Heilige Geist hat mich durchs Evangelium berufen.“
Da liegt das Wort des Evangeliums. Der Heilige Geist bindet sich an dieses Wort. Lesen Sie die Bibel! Und Sie können jedem, der sucht, empfehlen, einfach allein die Bibel zu lesen, darüber zu beten, und Jesus wird sich dir offenbaren. Es gibt keinen anderen Trick.
Das gilt natürlich nicht nur beim Aussatz. Menschen kommen zum Glauben an Jesus, wenn sie ihre Lage entdecken und erkennen, dass sie hoffnungslos sind. Ich habe oft den Eindruck, dass viele Menschen deshalb gar nicht zum Glauben kommen können, weil sie sich mit sich selbst ganz zufrieden geben und sagen: „Ich bin doch ein netter Kerl, und alles ist so schön.“
Dieser Aussätzige ist ein sehr interessantes Bild für uns. Sie alle sind in einer großen Lebenskrise zum Glauben an Jesus gekommen, als sie sich plötzlich radikal gefragt haben: „Wo geht mein Leben hin?“ Sehr interessant ist, dass die Erkenntnis der Sünde zur Glaubenserkenntnis dazugehört. Das Wissen, dass ich mich aus dieser furchtbaren Umklammerung der Teufelsmacht in meinem Leben gar nicht selbst befreien kann.
Wenn sie in dieser Lage sind und sagen: „Ich schaffe es nicht“, dann blicken sie auf Jesus und sagen: „Du bist der Einzige, der Macht hat, mich zu befreien.“ Ohne diese tiefe Erkenntnis der eigenen Hoffnungslosigkeit und des eigenen Elends kann man nicht zu Jesus kommen.
Das ist nicht übertrieben oder herbeigezogen, sondern es ist wichtig zu wissen. Ich weiß nicht, ob dieser Aussätzige zum Glauben an Jesus gekommen wäre, wenn er irgendwo friedlich mit seiner Familie gelebt hätte. Die Not hat ihn letztlich zu dieser Klarheit gedrängt. Er musste doch wissen: Gibt es noch irgendeine Hoffnung? Und woher hat er sie?
Weil er irgendetwas weiß: Es gibt ein Heil, es gibt noch ein Heil. Was ist das Heil? Gibt es die Liebe Gottes in unserer Welt?
Die radikale Frage nach Gott und Leben
Deshalb bestreite ich immer, dass diese Sprüche, wenn Leute sagen: „Wo ist der liebe Gott? So lieb und so weiter“, diese Zweifel an Gott sind ja noch gar nicht radikal gefragt.
Glaubende Menschen fragen radikal. Sie dringen bis zur tiefsten Tiefe vor und fragen: Was ist mein Leben? Ich kann gar nicht mit meinem Leben selbst bestehen. Was ist das? Und selbst wenn ich alle Güter der Welt anhäufen könnte, wofür würde ich leben? Was ist, wenn ich sterbe? Wohin komme ich?
Ich muss wissen: Gibt es hier wirklich eine Liebe Gottes, in die ich mich bergen kann? Darum wird im Evangelium am allertiefsten gefragt. Ich bin so froh, dass es immer so schön ist, dass ich durchdringen darf und dass die anderen helfen dürfen und sagen: Frag nur ein bisschen tiefer.
Es ist ja nicht bloß so, dass man bei schlimmen Erlebnissen, etwa Krankheit, fragt: Warum gibt mir Gott so viel Böses? Frag doch einmal in deinem Leben.
Ich war froh, als junger Mann durch manche persönliche Nöte und durch Evangelisationen an diesen Punkt geführt worden zu sein, an dem man sich entscheiden muss: Gibt es etwas, oder gibt es nichts mehr, was dich trägt?
Da steht die Aussetzung, und das ist der Punkt, an dem Menschen zum Glauben kommen.
Vertrauen und Wissen im Glauben
Und wir haben jetzt über das Vertrauen gesprochen – das ist unglaublich, dieses Vertrauen. In unserer Zeit gibt es viele modische Wörter. Glauben bedeutet nicht einfach nur „für wahr halten“. Natürlich gehört dazu auch, dass man etwas für wahr hält. Glauben bedeutet aber auch, dass ich Dinge fest erkenne und weiß: Jesus ist der Heiland. Jawohl, davon gehe ich aus, er hat die Macht Gottes.
Wenn das nicht klar ist, kann man auch nicht wirklich glauben. Wenn Jesus nicht der Sohn Gottes ist, dann kann er mir auch nicht helfen. Mir nützt niemand, der im Grab verwest ist. Das ist die Not der Christen, und darum greift die Glaubenslosigkeit so um sich.
Es ist doch nicht die Frage, dass irgendetwas in der Kirche schlecht organisiert ist, sondern dass die Kirchen den Menschen das rettende Evangelium verschweigen. Jesus ist der Sohn Gottes, er ist der Herr, der wiederkommende Herr. Ihm ist alle Gewalt gegeben, und vor ihm liegt die Hoffnung der Menschen.
Die Vorstellung, dass Menschen das Evangelium einfach verstehen können, ist falsch. Ich kann es den Menschen gar nicht verständlich machen. Ich muss predigen, und der Geist Gottes wird es erleuchten.
Es war so schön: Frau Bayer war bei einer Beerdigung dabei und sagte danach, die Menschen, die dort standen, könnten es gar nicht verstehen, wenn wir am Grab von Jesus sprechen. Genau! Es ist ein Wunder, wenn irgendwo wieder der Groschen fällt, so wie er bei ihm gefallen ist.
Sie können nur ein Zeuge sein. Das andere muss der Geist Gottes tun. Sie können niemanden zum Glauben führen, sondern nur durch Ihr Zeugnis.
Glaube als demütiges Anerkennen der Macht Jesu
Und das Vertrauen ist so groß, und das Vertrauen muss so groß sein, sonst hat es keinen Wert.
Dann das Dritte, was wir hier erkennen: In welcher Bescheidenheit er redet. „Willst du, so kannst du.“ Deshalb sagte ich vorhin: Glauben muss auch etwas für wahr halten. Glaube ist nicht bloß ein blindes Schauen irgendwohin. So ein Glaube ist ein ganz gewisses Wissen. Jesus ist der bevollmächtigte Messias. Ohne Klarheit an dieser Stelle kann man nicht glauben.
Er weiß, wenn Jesus will, gibt es keine Dunkelheit, die ihn aufhält, keine Teufelsmacht, die ihn aufhält. Er ist der Größte und der Wichtigste, der in dieser Welt überhaupt da ist. Deshalb ist für uns das Reden von Jesus das Größte. Es wird am Ende der Zeit das Letzte sein. Vor ihm werden sich alle Knie beugen. Das Zeugnis des ganzen Neuen Testaments ist eindeutig in dieser Sache: Willst du, so kannst du.
Aber er weiß auch: Ich kann vor Gott nichts fordern. Ich bin abhängig davon, ob er will. Er ist bereit, auch seine Krankheit anzunehmen.
Die Balance zwischen Vertrauen und Ergebung
Ich möchte an dieser Stelle etwas einschieben und noch darüber sprechen. Für uns ist es sehr oft wichtig, dass wir uns im Glauben an Jesus ergeben und uns in unser Schicksal fügen. Es ist sicher so, dass wir manches akzeptieren müssen – etwa Behinderungen, Schwächen oder schwierige Situationen.
Dennoch möchte ich sagen, dass uns besonders das, was Johann Christoph Blumhardt erlebt und gelehrt hat, viel zu sagen hat. Johann Christoph Blumhardt war ein rationaler Theologe, der anfangs seines Wirkens nicht leichtgläubig war. Doch durch die schwere Krankheit eines Gemeindeglieds in Möttlingen wurde er immer mehr vor die Entscheidung gestellt: Muss ich diesen Menschen so leiden lassen, oder gibt es schon Zeichen der Siegesmacht Jesu?
Ich möchte heute ganz deutlich sagen: Wir sagen ja immer wieder, es gibt keinen Zwang zum Heilen. Wir können auch nie behaupten, dass jeder, der glaubt, gesund wird – das wäre Unsinn. Aber wir dürfen auch ganz stark kämpfen. Wir dürfen sagen: Herr, wir wollen deine Herrlichkeit sehen.
Ich bin ein alter Mann geworden, aber ich will noch einmal für unser Stuttgart hoffen, dass eine Erweckung ausbricht. Dafür arbeiten wir. Herr, lass doch noch einmal deine Herrlichkeit über Stuttgart sichtbar werden, über unser gottloses Volk. Du hast doch alle Macht im Himmel und auf Erden.
Ich bete oft um eine Erweckung – nicht aus Tradition, sondern weil ich Großes erwarte. Ich freue mich, wenn unser Harry von Tür zu Tür geht und dabei Erfahrungen macht. Wenn dann reiche Zahnärzte sagen: „Ha, ich bin aus der Kirche ausgetreten“, dann wird Harry das erzählen, und wir beten für diesen Mann. Kirche braucht man nicht, um Jesus zu finden.
Wir geben niemanden auf. Wir wollen noch einmal etwas von der Herrlichkeit Jesu erleben. So wie dieser Mann es entdecken muss, will ich mit Jesus noch einmal großes Leben erfahren. Dabei geht es nicht nur darum, ob ich gesund oder krank bin oder ob meine Wehwehchen aufhören. Es geht darum, ob die Herrlichkeit Jesu in unserer Welt sichtbar wird.
Natürlich ist unsere Welt eine, die zum Gericht geht. Aber Jesus hat hier und da schon gehandelt und hat die Macht dazu. Wir dürfen große Dinge von ihm erwarten.
Das war für Blumhardt sehr wichtig: Er sagte, die Christen erwarten gar nichts Großes mehr. Er gab einen Impuls, der auch in der Mission wirkte. Natürlich gab es Diskussionen, die Sie etwa bei Ludwig Krapf, einem Missionar, finden. Er sagte: „Ich möchte Gott nicht zu einem Wunder zwingen.“ Natürlich wollen wir das nicht. Aber wir dürfen über viel Not und Glaubenslosigkeit noch einmal die großen Taten Jesu erbitten.
Wenn man das so sieht wie gestern Abend, als ein ganzer Saal bei unserer Mitarbeiterbesprechung der jungen Leute saß, ist das herrlich. Ich wünsche mir, dass in jeder Gemeinde Stuttgarts so etwas aufbricht und junge Menschen Jesus als ihren Retter finden.
Wir wollen, dass überall in Stuttgart wieder lebendige Bibelstunden stattfinden. Wenn hier eine junge Generation ist, wollen wir mit Jesus Großes erwarten. Dass Menschen sich bekehren – das ist unsere Hoffnung. Wir wollen uns nie damit abfinden, dass der Teufel alles in seiner Hand hat, überall triumphiert und nur noch das Geld das Sagen hat.
Blumhardt hat gesagt, die ganze Kreatur leidet mit, weil die Christen nicht die Dynamik haben, um die Siegeskraft Jesu zu erbitten. Wenn sie die Not der Schwermütigen, der Belasteten und Kranken sehen, dann sollten sie auch darum bitten.
Sicher, wenn wir es nur bei den Behinderten sichtbar machen, in der Liebe und Zuwendung, dann zeigen wir etwas von der Herrlichkeit Gottes und der Liebe Jesu. Wir machen die Erlösung deutlich, die Gott schenken will.
Wir warten sehnlich darauf, manchmal auch mit Ungeduld: Komm doch bald, Herr Jesus, und lass diese schreckliche Zeit zu Ende sein!
Deshalb ist dieses ungestüme Glauben dieses Mannes für uns ein Impuls. Wir wollen wieder Großes von Jesus erwarten. Das Lied „Jesus siegt“ bleibt ewig bestehen. Die ganze Welt wird es hören, während wir seufzen und auf das Erlösungsjahr warten.
Herr, es muss doch bald so sein, dass du wiederkommst und diese ganze Lüge und Verdrehung ein Ende machst.
Es ist etwas Schönes, auch Großes zu erwarten. Der Herr hat das hier und da bestätigt, und wir wollen das in aller Freiheit tun. Willst du, so kannst du. Aber wir wollen Gott nie zwingen, Erfüllungsgehilfe unserer Wünsche zu sein. Es geht um ein Stück sichtbar werdender Herrlichkeit Jesu.
Jesu Mitgefühl und Berührung
Und jetzt kommt der nächste Punkt: Es jammerte ihn. Das Jammern ist nicht das Jomern aus dem Schwäbischen, sondern ein Wort, das bei Jesus vorkommt. Nach meiner Kenntnis ist es eigentlich ein Wort, das in der Bibel nur bei Gott oder Jesus verwendet wird.
Es drehte ihm das Herz im Leib herum. Wenn Jesus das Elend der Menschen sieht, lässt es ihn nicht kalt. So wird vom Gottessohn gesprochen: Es ergreift ihn, es packt ihn ein Erbarmen. Gerhard Meyer übersetzt in seinem Kommentar: „Es packte ihn ein Erbarmen.“ Wissen Sie, wo Sie das auch noch finden? Etwa im Gleichnis vom barmherzigen Samariter.
Ich behaupte immer, dass Jesus das Gleichnis erzählt hat, weil er der Samariter ist – der Ausgestoßene, der den am Boden Liegenden sieht. Nicht wir sind die Samariter, wir sind ja gar keine barmherzigen Samariter. Er ist der Ausgestoßene, der Verachtete. Sobald er den sieht, fragt er nicht, wie er sich in Sicherheit bringen kann. Stattdessen packt ihn das Jammern. Er kann nicht sehen, wie Menschen in unserer Welt zugrunde gehen.
Jesus leidet. Und wie es William Booth erlebt hat, als er die Betrunkenen im Kandel sah: Er ging nicht lächelnd vorbei, sondern hob sie auf, wusch sie und legte sie auf ein Bett. Er hatte das Jammern Jesu, das echte Mitleiden.
Mit den Verlorenen und Gestrandeten – wir können das gar nicht so, aber das ist Jesu Art. Wenn er das sieht, sieht Jesus es, wie er einen Schussgras jagt im Schlossgarten oder was da im Stadtgarten. Jesus leidet mit der Not der Menschen heute und kann nicht daran vorbeigehen. Es jammerte ihn.
Wir finden das in der ganzen Bibel. Als Mose am Berg Sinai stand und Gott sich ihm offenbarte, sagte er: „Ich kann es nicht mehr ansehen, wie mein Volk leidet, darum bin ich gekommen.“ Und dann ruft er ihn. Oder als Gideon berufen wird, sagt Gott: „Ich kann es doch nicht mehr sehen, wie mein Volk leidet.“ Gott kann es nicht mehr sehen.
Wir sind doch gar nicht die Akteure. Gottes Erbarmen ist so groß. Und wenn Sie um Menschen Sorge tragen – viele von Ihnen sind esbätische Zehn Jaferen, die Menschen lieben – wissen Sie, dass es für Gott noch schwerer ist, die Not der Gottlosigkeit und der Sünde zu tragen.
Da sitzen wir ganz richtig, wenn wir an dieser Stelle Gott bitten, unseren Heiland Jesus, um dessen Willen, weil er ein Herz hat. Beim Jeremia finden wir das in Jeremia 8,21. Ich habe die Stelle nicht mehr im Kopf, aber es heißt: „Mich jammert von Herzen, dass mein Volk so ganz zerschlagen ist. Ich kräme und entsetze mich.“ Das ist Gottes Klage. Er leidet auch in den Nöten der Menschen.
Die heilende Berührung und das Wunder der Reinigung
Wir müssen die ganze biblische Wahrheit wieder entdecken, damit wir verstehen, was eigentlich in unserer Welt vor sich geht. Wir haben einen völlig falschen Blick auf Jesus und darauf, wie er heute unter der ganzen Sünde und Gottlosigkeit der Welt leidet.
Darum streckt Jesus seine Hand aus. Und das Erstaunliche ist: Jesus berührt die Menschen. Bei der Evangelisation von Billy Graham wurde einmal erzählt, dass einer seiner Helfer jeden zuerst in den Arm nahm, um ihm zu zeigen: „Ich nehme dich an, gerade weil du eine ansteckende Krankheit hast.“ So macht es auch Jesus. Gerade wenn man vor dem Aussätzigen davonläuft, fasst er ihn an.
Für Jesus gibt es keine Unreinheit mehr. Er sagt: „Ich will, sei rein!“ Und sofort wird der Mensch rein. Wir wissen, dass Jesus das tun kann. Er hat damals nicht alle Aussätzigen geheilt, aber er kann seine Herrlichkeit wunderbar offenbaren. Wo dürfen wir Großes von ihm erwarten?
Es genügt, dass es sofort geschieht. Und der Mensch wird rein. Das ist wahr. Das passiert, weil Jesus Wunder wirken kann. Diese Wunder sind einzelne Zeichen, die seine Herrlichkeit offenbaren. Aber es wird einmal groß sein, wenn in der Ewigkeit alle Not und alles Leiden ein Ende hat.
Jesu strenge Weisung und die Gefahr des Ruhms
Aber jetzt Vers 43: Sie sehen, ich möchte mich nicht überall aufhalten, aber an ein paar Stellen doch noch. Jetzt ist es ganz merkwürdig: Jesus bedroht ihn, Jesus treibt ihn fort. Was hier eigentlich im Griechischen steht, ist noch viel schlimmer. Jesus faucht ihn an – das steht eigentlich so da. Er bedroht ihn, und die letzte Autorität ist es, die ihm verbietet, bei ihm zu bleiben.
Warum? Drastischer kann Jesus gar nicht mehr sein. Jesus kennt unsere Art. Für uns ist das Wunder das Ein und Alles, für Jesus nicht. Jesus hat große Angst, dass der Mann einen Zirkus macht und bloß herumbrüllt: „Ich bin gesund, ich bin gesund.“ Das ist uns das Wichtigste. Sie wissen, wenn Sie das machtvolle Eingreifen Jesu erlebt haben, wie schnell das auch bei uns wird, dass alles andere wegfällt.
Was will denn Jesus? Jesus will Buße predigen. Er will keine Schau machen, keine Wunderschau. Es ist erschütternd, wie viele große Feldzüge des Evangeliums durch falsche Wunder verführt wurden. Es wird auch immer wieder sein, durch das Wohlbefinden und durch das Suchen nach materiellen Vorteilen. Jesus sagt kein Wort zu ihm: „Bitte nicht.“
Jetzt überrascht es Sie vielleicht: Wir sollen doch Mission treiben. Aber auch in der Mission will Jesus, dass wir Mission treiben, aber nicht, indem wir den Menschen sagen: „Wenn du Jesus folgst, dann wird in deinem Leben alles happy, und du wirst glücklich.“ Sie sollen Menschen zur Erkenntnis der Sünde führen und zur Buße. Und wir sollten ihnen nicht ein Wohlstandsevangelium predigen.
Das ist ja in Amerika sehr weit verbreitet, in vielen Kirchen. Wenn Sie es mal so am Fernsehschirm hören, zum Beispiel im Superchannel, können Sie manchmal so etwas hören: „Wenn du Jesus folgst, gibt es keine Nöte in der Ehe mehr, du hast bloß noch liebe Kinder, und du wirst nie Geldprobleme haben, dein Konto wird immer voll sein.“ Das stimmt ja alles nicht. Wer Jesus nachfolgt, hat auch Leiden und Probleme, auch wenn er Wunder mit Jesus erlebt.
Darum will Jesus nicht, dass auf diese Weise in der Welt ein Gerücht erschallt. Das will er nicht, und das ist wichtig. Ganz abgesehen davon hat Jesus vor sich noch den Weg zum Kreuz. Dieses Verbot, darüber zu reden, hat einen ganz klaren Grund im Evangelium, damit es ihnen deutlich wird: Jesus muss zuerst den Weg durchs Leiden gehen.
Das haben die Jünger nicht mehr verstanden. Sie sagen: „Ja, du musst ganz groß rauskommen. Das widerfahre dir nur nicht.“ Und Jesus hat das teuflisch abgelehnt, was sie wollten. Es ist für uns auch wichtig. Wir wissen gar nicht, was Jesus für unsere Zeiten vorhat. Aber wir dürfen alles behalten: die Macht Jesu und auch seine absolute Autorität, wie er uns führt und bestimmt, was dran ist.
Jesus will Mission, aber nicht auf Kosten der Buße. Er will keine religiöse Schau, die uns blendet, sondern er will, dass eine Botschaft vom Reich Gottes verkündigt wird – und das Gottesgesetz. Darum ist es interessant: Er befiehlt diesem Mann und sagt: „Du, mach bitte keine Schau!“ Und was soll er tun? Geh zum Priester. Das war damals so etwas wie das Gesundheitsamt, aber die Priester sind ja gleichzeitig die Leute des Gesetzes.
Es ist erstaunlich, wie Jesus das Gesetz erfüllt. „Ich bin nicht gekommen, es aufzulösen, sondern zu erfüllen.“ Jesus erfüllt das Gesetz und stellt es auf eine ganz neue Form wieder her mit seiner Auferweckung. Er stellt die Christen in diesen neuen Bund hinein, aber sagt, er soll das Gesetz erfüllen. Geh zum Priester, und dann werden die Priester euch fragen: „Was ist mit euch geschehen?“ Damit sie die Jesustaten erzählen.
Das ist das Große, was wir verkünden: Wir sollen von Jesus der Welt erzählen. Und das hat dieser Aussätzliche offenbar nicht getan. Er aber ging fort und fing an, viel davon zu reden und die Geschichte bekannt zu machen. Er ist nicht zu den Priestern gegangen.
Jesus war es wichtig, das Zeugnis auch vor den Priestern am Tempel von Jerusalem abzulegen und seine Opfer zu bringen, bis zum Schluss auch das zu tun. Denn Jesus will erfüllen und nicht auflösen.
Glaube und Gehorsam in der Nachfolge
Heute haben wir in dieser Geschichte viel erlebt, obwohl sie kurz ist. Es ist eine herrliche Erzählung, die sowohl im Matthäusevangelium als auch im Lukasevangelium vorkommt. Sie handelt vom Glauben, vom Vertrauen – und doch gibt es etwas Erschütterndes: Ein Mensch kommt nicht zum Gehorchen.
Sie wissen, wie ich Ihnen immer gesagt habe: Zum Glauben gehört das Gehorchen, die Nachfolge Jesu, das Hineingenommenwerden in den Willen Jesu. So groß der Glaube auch war, an der entscheidenden Stelle versagte er.
Vielleicht ist das verständlich, weil uns die Gesundheit so wichtig ist. „Ich bin gesund, ich bin gesund“ – das ist oft unser Wunsch. Doch es ist noch größer, ein Bote des Reiches Gottes zu sein. Jesus konnte seinen Plan nicht mehr fortführen, obwohl er zuvor gesagt hatte (Vers 38): „Ich will noch in die nächsten Städte gehen.“ Er konnte sich gar nicht mehr blicken lassen, weil alles Denken nur auf die Lösung der körperlichen Nöte fixiert war.
Was aber war Jesus wichtig? Er wollte eine Sühne schaffen für ein verlorenes Menschengeschlecht, eine Versöhnung zwischen Gott und der verlorenen Menschheit stiften – durch sein Sterben am Kreuz. Das war eine ganz gefährliche Krise der Sendung Jesu, des Gottessohns.
