Herr Präsident! Ja, ich habe darüber nachgedacht, wie es bei der ersten Malachi-Konferenz vor sieben Jahren in Hohe Grete war. Das Eingangsreferat trug den Titel „Das Evangelium des Paulus – heute noch aktuell?“.
In diesem Referat hörten wir einiges über Fehlentwicklungen in der Christenheit im Allgemeinen und auch im evangelikalen Bereich im Besonderen. Das machte uns sehr traurig. Andererseits wurde auch besprochen, wie wir dem entgegensteuern können.
Am Ende des Referats wurde darauf hingewiesen, dass nach Überzeugung des Vortragenden der entscheidende Fehler, das große Defizit unter den Christen, mangelnde Gottesfurcht sei. Mangelnde Gottesfurcht wurde als zentrales Problem benannt. Wir im Malachikreis möchten gerne dazu beitragen, wieder stärker zu dieser Gottesfurcht zurückzuführen.
Damals ging es am Ende auch darum, das dreifache „Du aber“ aus dem Zweiten Timotheusbrief für uns deutlich zu machen. Auch wenn in unserer Umgebung vielleicht nicht so viele Geschwister sind, die diesen Wunsch haben, wirklich so eng wie möglich am Wort Gottes orientiert den Weg mit dem Herrn zu gehen, so ist doch der einzelne durchaus in der Lage, einen solchen Weg zu gehen.
Dies gilt auch in einer Zeit, in der viele nicht mehr nach dem Willen Gottes fragen. Der einzelne kann trotzdem einen Weg wählen, der dem Herrn gefällt, weil der Herr dann mit uns geht.
Und das Thema von heute Abend geht ebenfalls in diese Richtung.
„Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Erkenntnis“, heißt es hier in meiner Übersetzung in Sprüche 1,7. „Weisheit und Zucht verachten nur die Narren.“ Gottesfurcht ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche biblische Seelsorge. So lautet eigentlich das Gesamtthema. Der Schwerpunkt liegt zunächst darauf, herauszuarbeiten, was Gottesfurcht ist und welche Bedeutung sie in der praktischen Seelsorge hat.
Ich möchte auch einige Verse aus dem Neuen Testament lesen, bevor wir ins Thema einsteigen. Diese Verse stehen im Titusbrief, Kapitel 2, Vers 11: „Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend allen Menschen, und unterweist uns, damit wir die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnen und besonnen, gerecht und gottesfürchtig leben im jetzigen Zeitlauf, während wir die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus erwarten.“
Wir werden heute Abend viele Bibelstellen miteinander lesen. Einige werde ich zitieren. Ich habe das Ganze auch auf einem Zettel zusammengefasst, den man am Ende mitnehmen kann, um das zuhause noch einmal durchzuarbeiten. Es ist ein sehr umfangreiches Thema. Es kann sein, dass einige am Ende des Abends sagen: „Das war doch reichlich viel, wie soll ich das alles behalten?“ und so weiter.
Mir geht es jedoch darum, aufzuzeigen, dass Gottesfurcht eines der Hauptthemen der Heiligen Schrift ist. Wir werden natürlich sehr viel aus dem Alten Testament hören. Deshalb habe ich ganz zu Beginn auch diese Stelle aus dem Neuen Testament zitiert. Sie macht deutlich, dass Gottesfurcht keinesfalls im Gegensatz zur Gnade und zur Liebe Gottes steht.
Wir werden im Laufe der nächsten sechzig Minuten sehen, dass sich beides ergänzt. Wahre Gottesfurcht kann tatsächlich nur von Menschen erbracht werden, die sich der Gnade Gottes völlig bewusst sind, auf die Gnade Gottes hoffen und die Voraussetzungen erfüllen, damit Gott seine Gnade an sie erweisen kann.
„Dem Demütigen schenkt Gott Gnade“ und lässt ihn auch in der Gottesfurcht wachsen.
Ich habe meine Ausführungen in vier Unterthemen aufgeteilt.
Das erste und ausführlichste Thema heißt: Was ist Gottesfurcht?
Das zweite Thema lautet: Wie wirkt sich Gottesfurcht aus?
Beim dritten Thema gehe ich darauf ein, wie christliche Therapie die Gottesfurcht zerstört. Dabei spreche ich über Therapieansätze, die aus der Psychoanalyse und Psychotherapie stammen, aber christlich verbrämt werden. Im Gegensatz dazu versuche ich aufzuzeigen, was die Bibel zu diesem Thema sagt. Viele von uns sind damit konfrontiert und wissen oft nicht, wie sie sich gerade bei seelischen Problemen verhalten sollen.
Das vierte Thema trägt den Titel: Wie kann Gottesfurcht wachsen? Hier geht es darum, wie wir dahin kommen, dass unser Leben von Gottesfurcht geprägt ist. Außerdem wird gezeigt, wie sich die damit verbundenen Eigenschaften und Resultate in unserem Leben manifestieren.
Zum Ersten also: Was ist Gottesfurcht?
Zunächst möchte ich auf eine Begebenheit im Alten Testament hinweisen. Diese steht in 2. Könige 22, Vers 11 und geht dann in Kapitel 23 über, wo die Folgen davon gezeigt werden. Dort haben wir den jungen König Josia. Ich denke, vom Namen her dürfte er uns allen bekannt sein. Er hatte einen sehr gottlosen Vater, der am Ende seines Lebens allerdings noch zum Glauben kam. Das ist ein Wunder der Gnade Gottes, das wir im Leben von Manasse und dann Josia sehen können.
Josia wird auf eine Weise mit dem Gesetz Gottes konfrontiert, die in der Bibel beschrieben wird. Bis dahin kannte er es nicht. Als Folge davon zerriss er seine Kleider, tat Buße und beugte sich darunter. Er nahm Gottes Wort ernst.
Für mich ist das das erste Kennzeichen: Er nimmt Gott beim Wort. Er setzt sich nicht einfach darüber hinweg. Er deutet es auch nicht so lange um, bis es all seine Stärke und Kraft verliert. Stattdessen nimmt er die Bibel – wie wir heute sagen würden – wörtlich. Er nimmt Gott beim Wort und tut Buße.
Diese Buße zeigt sich dann im nächsten Kapitel, 2. Könige 23. Dort wird das ganze Kapitel ausführlich beschrieben. Leider haben wir jetzt nicht die Zeit, alles vorzulesen. Das schaffen wir wegen der Zeit nicht. Aber es muss unbedingt mal nachgelesen werden, wie Josia vorgeht und die Götzen abschafft, die Höhen und alles Mögliche.
Es wird beschrieben, was sich schon in Israel breitgemacht hatte – eine fürchterliche Situation. Diese kann man sehr gut auf unsere heutige Situation anwenden, auch im christlichen Lager. Was sich in den Kirchen abspielt, kommt teilweise schon in die Freikirchen hinein und macht auch vor unseren Türen nicht Halt.
Menschlich betrachtet wäre das eine hoffnungslose Lage. Doch der Mann greift durch, weil er einfach überwältigt ist von der Gegenwart Gottes. Er hat Vertrauen in das Wort Gottes, dass Gott sich zu dem hält, der sich zu ihm hält. Wer sich auf Gott verlässt, ist niemals verlassen und darf damit rechnen, dass der Herr eingreift – auch wenn das menschlich gesehen große Konsequenzen für uns mit sich bringen kann.
Das Gegenteil davon, Gott nicht ernst zu nehmen und sich über seine Vorschriften hinwegzusetzen, sehen wir bei einem anderen König. Dies wird zwar an vielen Beispielen deutlich, aber an einem besonders krassen Beispiel wird es uns in Jeremia 36 gezeigt. Dort ist von König Joachim die Rede, der von Jeremia die Botschaft Gottes hört und eine Buchrolle mit Gottes Wort erhält.
In Kapitel 36, Vers 23, wird beschrieben, wie er sich die Botschaft vorlesen lässt. Immer wenn einige Abschnitte gelesen sind, zerreißt er das Gehörte und wirft es ins Feuer, um Gottes Wort zu verbrennen. Anschließend wird gesagt, dass er keine Buße tat und sich nicht demütigte unter das Urteil Gottes. Er nahm Gott nicht ernst.
Im Neuen Testament finden wir ein tragisches Beispiel eines ähnlichen Verhaltens bei einem Ehepaar: Ananias und Saphira, in Apostelgeschichte 5. Sie glaubten, Gott hinters Licht führen zu können oder waren nicht überzeugt, dass Gott durch den Heiligen Geist seine Boten darauf aufmerksam machen kann, wenn Heuchelei in der Gemeinde auftritt. Es geht um die Diskrepanz zwischen Schein und Sein, die wir auch heute erleben.
Dort wird geschildert, wie ihnen gesagt wird: „Ihr seid übereingekommen, den Heiligen Geist zu belügen.“ So kann man nicht mit Gott umgehen. Dieses Verhalten zeigt einen Mangel an Gottesfurcht. Es ist, als würde man Sonntagschristentum praktizieren, Frömmigkeit nur nach außen hin imitieren und vor anderen glänzen, während es im Geheimen anders aussieht.
In Apostelgeschichte 5 trifft ein furchtbares Urteil diese beiden Menschen. Ob sie errettet waren oder nicht, gibt Gott nicht preis, diese Frage bleibt offen. Das Gericht, das sie trifft, ist zunächst ein zeitliches Gericht, aber Gott greift ein.
Wir wissen aus 1. Korinther 11, wo es um die Teilnahme am Abendmahl geht, dass einige auf eine Weise teilnahmen, die dem Herrn nicht gefiel. Paulus sagt: „Deswegen ist ein Teil von euch krank, und einige sind entschlafen.“ Hier wird deutlich, dass diejenigen, die entschlafen sind, offensichtlich nicht das Heil verloren haben. Sie haben jedoch die Möglichkeit verloren, weiterhin den Herrn zu bezeugen und etwas als Belohnung am Richterstuhl Christi zu empfangen.
Diese Möglichkeit wurde ihnen durch ihr schändliches Verhalten bei der Teilnahme am Mahl des Herrn, dem sogenannten Brotbrechen, genommen.
Gottes Wort ernst zu nehmen, ist das erste Zeichen der Gottesfurcht. Im Buch der Sprüche finden wir viele Stellen, die dieses Thema behandeln. Einige davon werde ich im Laufe des Abends zitieren, besonders wenn es um das zweite Kennzeichen der Gottesfurcht geht.
Gottesfurcht bedeutet, das Böse zu hassen und zu meiden. Ich denke, dass wir alle die Stellen aus dem Buch Hiob kennen, in denen dieses Zeugnis über Hiob ausgestellt wird. Wir wissen von der Begegnung Gottes mit Satan und all den Versuchungen, die darauf folgten. Doch Hiob hatte dieses Kennzeichen: Er mied das Böse.
Im Buch Hiob wird deutlich, dass auch er ein Sünder war. Am Ende bekennt er das sehr deutlich und spricht von seinem Erlöser. Ich glaube, dass das Hauptziel des Buches Hiob nicht nur darin besteht, zu zeigen, wie Gott einen Menschen durch Krankheit und Schwierigkeiten verändert. Zwar ist das ein wichtiges Ziel, doch für mich ist das Hauptziel, dass auch der gerechteste Mensch, dem man nichts vorwerfen kann und für den Gott selbst ein großartiges Zeugnis ausstellt, den Erlöser braucht. Genau das bezeugt Hiob: „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt.“
Obwohl Hiob oft von seinen guten Werken spricht, wusste er letztlich, dass die Rettung nur durch den Erlöser möglich ist. Was ihn auszeichnete, war, dass er das Böse hasste und versuchte, es zu meiden.
In Sprüche 8,13 finden wir einen ähnlichen Hinweis. Wer die Bibel hat, kann ja mitblättern. Dort heißt es: „Die Furcht des Herrn bedeutet, Böses zu hassen. Hochmut und Stolz und bösen Wandel und ein ränkevoller Mund, das hasse ich!“ Die Furcht des Herrn lässt uns das Böse verabscheuen.
Ich glaube, wir werden nur in dem Maße frei von ständigem Hineingleiten in böse Verhaltensweisen, in Gebundenheit und Leidenschaft, wie wir lernen, das Böse zu hassen. Es ist dieser bekannte Prozess: Sünde erkennen, bekennen, hassen und lassen. Wir werden im Laufe des Abends noch einmal darauf zurückkommen.
Ich kann das Böse nur lassen, wenn ich es hasse. Ich muss lernen, das zu hassen, was der Herr hasst, was in seinen Augen verabscheuungswürdig ist. Das gilt auch im Hinblick auf Leidenschaften, mit denen ich vielleicht noch zu tun habe, und irgendwelche Gebundenheiten.
Kindergottes werden ja auch nicht sofort davon frei. Manches geht von heute auf morgen, bei manchem müssen wir kämpfen, manches dauert jahrelang. Bei manchem müssen wir vielleicht fasten und beten. Aber wir werden nur in dem Maße Sieg erringen, wie wir wirklich diesen Hass, diesen Abscheu gegenüber dem entwickeln, was Gott nicht meint und selbst hasst.
Wahre Gottesfurcht führt uns dahin, weil wir merken, dass wir nur Gemeinschaft mit unserem Herrn haben können, wenn wir Böses in unserem Leben nicht dulden. Natürlich wissen wir, dass wir nie endgültig frei werden. Aber ich denke, dass im Laufe unseres Lebens die Siege zunehmen und die Niederlagen abnehmen sollten. Gleichzeitig sollte das Empfinden für das, was dem Herrn nicht gefällt, ständig wachsen.
Wenn wir den Eindruck haben, dass wir im Alter viel böser sind als früher, dann sollte das eigentlich nicht das normale Empfinden sein. Ein wachsendes Empfinden für Gottesfurcht und das Ablehnen des Bösen ist das Ziel.
Ich nenne diese beiden Verse in der kleinen Schrift über Gebetserhöhung als letzten Punkt, als siebten Punkt, wenn es um die Heiligung geht. Dort spricht Gott zum Volk Israel und hält ihnen vor: „Was schreit ihr zu mir in euren Gebeten? Was liegt ihr mir in den Ohren?“ Entscheidend ist nicht die Länge des Gebetes, auch nicht die Lautstärke, sondern reine Hände und ein reines Herz.
Diese Verse sollten wir uns wirklich hinter die Ohren schreiben und öfter einmal lesen, damit wir nicht vergeblich beten. Wir dürfen der Überzeugung sein, dass der Herr unser Gebet erhört, auch wenn es vielleicht eine Zeit lang dauert, bis wir von der Gebetserhöhung erfahren. Aber er wird eingreifen.
Auch Jesaja 66 enthält einen wunderbaren Hinweis: Diese Ehrfurcht vor Gott. „Bei wem Gott wohnt, auf den will ich blicken“, heißt es in Jesaja 66, Vers 2. Weiter heißt es: „auf den Elenden und den, der zerschlagenen Geistes ist, und der da zittert vor meinem Wort.“ Das ist Gottes Furcht.
Man geht nicht leichtfertig darüber hinweg. Auch die Frage der Worttreue in der Bibelübersetzung ist keine nebensächliche Frage. Wir wollen genau wissen, was Gott wirklich gesagt hat. Nicht im Sinne von „Der Teufel hat Gottes Wort in Frage gestellt“, sondern damit wir an der Quelle sind, so nah wie möglich bei unserem Herrn.
Denn er selbst hat gesagt: „Der ist es, der mich liebt, der mein Wort hat und es hält.“ Das ist die wahre Liebe zu unserem Herrn – der da zittert vor meinem Wort.
Sprüche 28, Vers 13 sagt: „Wer seine Übertretung bekennt und sie lässt, der wird Barmherzigkeit erlangen.“ Auch das hängt mit Ehrfurcht und Gottesfurcht zusammen. Es ist kein leichtfertiges Bekenntnis, um dann lustig so weiterzumachen wie vorher, ohne Veränderung.
Wie oft hören wir das oder erleben es bei Menschen, von denen wir hören, sie hätten sich bekehrt. Wenn wir ihren Lebensweg nach der Bekehrung betrachten, haben wir oft den Eindruck, es gehe genauso weiter wie vorher – keine Veränderung.
Manchmal müssen wir uns auch selbst fragen: Wie ist das in unserem Leben mit dieser oder jener Sache? Treffen wir nur eine Auswahl von Geboten des Herrn, die uns sowieso liegen, die unserem Temperament oder unserer Veranlagung vielleicht entgegenkommen und die nicht so schwer zu erfüllen sind, und lassen andere unter den Tisch fallen?
Zittern wir vor seinem Wort? Nicht im Sinne von Angst vor Gott als einem Tyrannen, sondern weil wir ihn lieben. Wollen wir ihn nicht betrüben – wenn ich einmal diesen alten Ausdruck benutzen darf.
Liebe will dem anderen Freude bereiten, und der Wunsch des anderen – in diesem Fall sind es nicht nur Wünsche, sondern bindende Gebote für uns. Die Liebe freut sich, wenn ihr Gelegenheit gegeben wird, sich in irgendeiner Weise zu betätigen.
Wir dürfen die Gesetze des Herrn, die Gebote des Herrn, seine Anweisungen und seine Befehle – von denen es auch im Neuen Testament eine ganze Menge gibt – als Möglichkeiten auffassen, die Gott uns gibt, um diese Liebe zu ihm unter Beweis zu stellen. Ist sie wirklich echt?
„Lasst uns nicht lieben mit Worten“, sagt Johannes, „sondern in Tat und Wahrheit.“ Gottes Furcht führt uns dahin.
In 5. Mose 10, Vers 12 und in 1. Petrus 2, Vers 17 wird das besonders unterstrichen. Gottesfurcht ist nicht nur eine Empfehlung im Sinne von: „Wenn du diesen Weg befolgst, wird es einfacher, leichter, du erreichst schneller dein Ziel, es geht besser in deinem Leben und so weiter.“
Gottesfurcht ist ein Befehl, nicht nur eine Empfehlung.
Sprüche 14, Vers 27 zeigt die andere Seite: Wenn wir von Befehlen hören, klingt das nicht immer positiv. Aber Gottesfurcht ist zum einen ein Befehl des Herrn, zum anderen führt die Befolgung dieses Befehls nicht ins Unglück, sondern zum wahren Glück.
In Sprüche 14 heißt es, dass Gottesfurcht eine Quelle des Lebens ist – was für eine herrliche Aussage schon im Alten Testament: Gottesfurcht, eine Quelle des Lebens.
Wer denkt nicht daran, was der Herr Jesus über sich selbst sagt im Neuen Testament, im Johannes-Evangelium, wenn es um das Lebenswasser geht? Oder auch in der Offenbarung: wahre Gottesfurcht.
Ohne Gottesfurcht – und das war der Eingangsvers – gibt es keine wahre Erkenntnis.
Das ist einer der Gründe, warum die Evolutionslehre total in die Irre führt und absoluter Nonsens ist. Es ist erstaunlich, wie vernünftige Menschen diesen Unsinn glauben können, etwa die Selbstorganisation der Materie.
Gottesfurcht nimmt die Bibel beim Wort. Durch den Glauben verstehen wir, dass Gott die Welt gemacht hat (Hebräer 11,1). Der Glaube öffnet uns diese Dimension, sodass wir erkennen können, wer der Urheber von allem ist.
Das ist nicht gegen die Vernunft, auch wenn es unsere Vorstellungskraft sprengt. Niemand kann in ewigen Dimensionen denken. Wir sind an die Zeit gebunden in unserem Denken.
Aber das ist der Weisheitsanfang. Wem es an Gottesfurcht mangelt, der kann sich so klug dünken, wie er will. Er ist in den Augen Gottes ein Narr, weil er das Entscheidende nicht begriffen hat und weil ihm die entscheidende Beziehung fehlt, die in die Ewigkeit hineinreicht.
Gottesfurcht ist der Weisheitsanfang.
Das heißt aber auch, dass wir im geistlichen Bereich als Christen keine Fortschritte machen, wenn wir uns nicht immer wieder vor dem Herrn einfinden und neu erkennen, wer er ist und welch ein Anrecht er an unser Leben hat.
Wenn wir das vom Neuen Testament her betrachten, können wir zum Beispiel in den ersten Korintherbrief hineinschauen. Dort gibt es auch etliche Probleme in der Gemeinde. Paulus schreibt an einer Stelle: „Ihr seid um einen Preis erkauft worden, verherrlicht nun Gott in eurem Leib.“ Um einen Preis erkauft worden – wir gehören Gott.
Je mehr wir Gemeinschaft mit ihm pflegen, desto deutlicher und klarer öffnet er unser geistliches Verständnis. So können wir die Dinge verstehen, die entscheidend sind. Der Herr wird uns größer, das Heil erscheint uns immer herrlicher, das Staunen über die Größe Gottes nimmt in unserem Leben zu. Ebenso wächst die Kraft, Nein zu sagen zu den Versuchungen, die an uns herangetragen werden.
In 2. Mose 20, Vers 20 wird im Hinblick auf Gottesfurcht noch etwas sehr Interessantes gesagt. Dort heißt es, dass das Gesetz gegeben wurde und die Wirkung der Gesetzgebung auf das Volk beschrieben wird. Das Volk hat Angst, mit Gott zu reden. Es bittet Mose, für sie einzutreten.
Mose sagt in Vers 20 zum Volk: „Fürchtet euch nicht, denn nur um euch zu prüfen ist Gott gekommen und damit die Furcht vor ihm euch vor Augen sei, damit ihr nicht sündigt.“ Die Furcht vor Gott soll also ständig vor euren Augen sein und euch begleiten, damit ihr nicht sündigt.
Das ist sicher nichts Neues für uns, aber wir müssen uns trotzdem immer wieder daran erinnern. Wir sagen das den Kindern folgendermaßen: Denk daran, egal wo du bist, Jesus ist bei dir. Er schaut dir über die Schulter, wenn du dich am Computer ins Internet einloggst und gewisse Dinge anklickst.
Allein das Wissen um die Gegenwart des Herrn hindert uns daran, auf gewisse Seiten zu stoßen. Es hilft uns, Nein zu sagen in der Versuchung. Bei Kleinkindern gibt es viele andere Dinge, die sie lernen müssen, aber immer wieder gilt: Der Herr ist bei uns, er beobachtet uns, er freut sich über das, was wir aus Liebe zu ihm tun, und er ist traurig, wenn wir ihn vergessen und so leben, als ob er nicht existierte – wenn wir seine Gegenwart vergessen haben.
Gottesfurcht ist ein Sündenblocker. Sie hilft uns, den Weg zur Ehre Gottes zu gehen und Nein zu sagen.
Im Psalm 2, Vers 11 und 1. Petrus 1, Vers 17 wird noch etwas zum Thema Gottesfurcht hinzugefügt. Es ist nämlich die richtige Haltung, um Gott zu nahen und ihm zu dienen. Wir wollen Menschen werden, die der Herr gebrauchen kann – Instrumente in seiner Hand, geeignet zu jedem guten Werk, völlig geschickt, wie wir, falls die Zeit noch reicht, am Ende dieses Abends noch aus 2. Timotheus 3, Vers 16 hören werden.
Also: die richtige Haltung, um Gott zu dienen – wir sind für ihn da.
Warum hat der Herr uns bei der Bekehrung nicht sofort zu sich geholt? Was wird von den Thessalonichern gesagt? Dass sie hier waren, um dem lebendigen Gott zu dienen. Von den Heiden hatten sie sich bekehrt, von den Götzen, um dem lebendigen Gott zu dienen und seinen Sohn Jesus Christus aus dem Himmel zu erwarten.
Gottesdienst wird durch Gottesfurcht gefördert.
In Hebräer 12 gibt es einen interessanten Hinweis. Diese Stelle ist die einzige im Hebräerbrief, in der Gottesfurcht erwähnt wird – vielleicht gibt es noch eine zweite ähnliche Stelle. Es geht darum, dass Gottesfurcht auch zu großer Dankbarkeit führt.
Wir neigen sehr schnell dazu, und besonders die Deutschen sind dafür bekannt, ein undankbares Volk zu sein. Je größer die Gottesfurcht, desto größer die Dankbarkeit. Denn je mehr wir Gott erkennen, desto mehr staunen wir darüber, dass wir dazugehören dürfen. Wir haben eben etwas von der Erwählung gehört, von dem Wunder, das Gott an uns getan hat. Das führt zu einer tiefen Dankbarkeit.
Dankbarkeit wirkt auch als Schutzschild gegen die Sünde und gegen leichtfertiges Sündigen. Sie erinnert uns daran, dass derjenige, der uns so viel Gutes erwiesen hat, uns jeden Tag immer wieder neu Gutes tut. Ein Bruder stellte dazu ganz zu Recht die Frage: Wer von uns wagt zu behaupten, es gäbe einen Tag in seinem Leben, an dem er nicht gesündigt hätte? Wir leben jeden Tag von der Vergebung unseres Herrn. Das allein kann schon zu großer Dankbarkeit führen und macht uns stark im Kampf gegen die Sünde.
In den Sprüchen wird häufig gesagt, dass Gottesfurcht besser ist als Reichtum. Diese Feststellung ist gerade für Europa heute äußerst wichtig. Sie fordert uns heraus, vom äußeren Reichtum wegzusehen und uns um den eigentlichen Reichtum zu kümmern. Denn auch der Arme, der reich in Gott ist, ist wesentlich reicher als der Reiche, der arm in Gott ist und keine Verbindung zu Gott hat.
Das Gegenteil zeigt der reiche Kornbauer im Neuen Testament, in Lukas 12. Dort wird geschildert, dass er seinem Reichtum vertraute. Der Herr sagt zu ihm: „Du Thor, du Thor, in dieser Nacht wird man deine Seele von dir fordern. Und wozu der ganze Reichtum?“
Übrigens gibt es sehr viele Aussagen darüber in den Psalmen. Es lohnt sich, die Psalmen einmal daraufhin zu lesen. Was die Psalmisten über den irdischen Reichtum sagen, ist sehr interessant. Denn Reichtum spielte im Alten Testament schon eine gewisse Rolle. Er wurde ursprünglich als Segen für ein gottesfürchtiges Leben ausgewiesen – für den gottesfürchtigen Juden. Doch in den Psalmen wird dieser Reichtum relativiert, denn es gibt etwas Wichtigeres als irdischen Reichtum. Das ist nicht das Entscheidende.
Der rechte Schatz wird in Jesaja 33,6 beschrieben. Ich werde jetzt nicht sagen, was dort steht, aber es ist ein sehr interessanter Vers, der zeigt, was der wahre Schatz ist.
Im Psalm 19 schließlich, mit dem ich diesen ersten Abschnitt abschließe, wird darauf hingewiesen, dass Gottesfurcht bis in die Ewigkeit reicht und Ewigkeitswert hat. Sie gilt nicht nur für diese Zeit, sondern für die Ewigkeit!
Wie wirkt sich Gottesfurcht aus?
Aus dem Gesagten ergeben sich zwangsläufig bestimmte Verhaltensweisen, die teilweise bereits angedeutet wurden. Zum Beispiel führt Gottesfurcht zu einem heiligen Wandel, bei dem Sünde nicht geduldet wird. Dies wird in 2. Mose 20 noch einmal deutlich hervorgehoben.
Im Neuen Testament wird dieser Zusammenhang an vielen Stellen betont, besonders wenn es um die Heiligung geht. Die Heiligung wird dabei mit dem Genuss der Gemeinschaft Gottes verbunden. So heißt es beispielsweise: „Jagt dem Frieden nach und der Heiligung, ohne die niemand den Herrn sehen wird“ (Hebräer 12).
Gottesfurcht verleiht auch den Mut, sich ungerechten Forderungen zu widersetzen. Diesen Aspekt hatten wir bisher noch nicht betrachtet. Ich habe hier zwei Beispiele aufgeführt, die das verdeutlichen: Zum einen die hebräischen Hebammen in 2. Mose 1. Wir wissen um das Gebot...