Wir haben dieses Lied gesungen, weil das Thema des heutigen Gottesdienstes „Leben, Zufall oder Plan – das Wunder unseres irdischen Lebens“ lautet.
Vorher möchte ich noch ein paar Worte sagen. Es tut mir leid, wenn einige von Ihnen jetzt keinen Sitzplatz finden. Wir haben uns eigentlich immer bemüht, dass es bis halb zehn Uhr möglich ist, einen Platz zu bekommen. Danach haben wir gesagt, dass es schwierig wird, wenn der Gottesdienst bereits begonnen hat.
Falls ich einige von Ihnen noch dazu bewegen kann, etwas später aufzustehen, wäre das hilfreich. Wir haben etwa 150 Personen in den zweiten Gottesdienst „rüberbugsiert“, so ungefähr sonntäglich. Wenn es noch ein paar mehr werden, gibt es hier eine Entlastung.
Wer also gern mit gutem Gewissen ausschläft, der darf gerne sonntags zum zweiten Gottesdienst gehen. Wir versuchen, so gut wir können, Ihnen einen Sitzplatz zu verschaffen. Sollte es nach halb zehn Uhr trotzdem nicht klappen, bitten wir um Ihr Verständnis, dass es dann bei uns nicht mehr möglich ist.
Einführung in das Thema und organisatorische Hinweise
Wir haben als Predigttext heute nur einen Vers aus der Schöpfungsgeschichte: 1. Mose 1,27.
Gott schuf den Menschen zu seinem Bild, zum Bilde Gottes schuf er ihn. Er schuf sie als Mann und Frau.
Herr, erkläre uns das Wunder deiner Schöpferkraft. Amen.
Als Gesamtthema steht über unserer Predigtreihe „Mehr vom Leben haben“.
Ich hätte gern in der letzten Woche ein großes Band gemacht und dieses Motto unten an der Straße aufgehängt. So hätten wir die vorbeigehenden Menschen grüßen und ihnen sagen können, was wir eigentlich in diesem unscheinbaren Kirchlein verhandeln.
Es wird den Menschen unserer Zeit wieder zurufen: Wenn ihr wirklich zum Leben vordringen wollt, wenn ihr glücklich werden wollt, dann müsst ihr umkehren und die Stimme Gottes hören.
Die Herausforderung des Lebens und die Einladung zur Umkehr
Im Denken unserer Zeitgenossen ist vieles durcheinandergeraten. Wenn sie mit Menschen sprechen, merken sie oft, dass die meisten genau das Gegenteil denken und sagen: „Ach, wenn ich Christ werde, dann muss ich doch so viel von meinem Leben abschneiden. Dann wird es dürftig und kümmerlich. Dann muss ich verzichten und loslassen – ein armseliges Leben. Nein, das will ich nicht wählen.“
Man fragt sich, wie es eigentlich dazu kommen konnte, dass sich bei vielen, sicher nicht nur draußen, sondern jetzt auch unter Ihnen als Predigthörern, ein solches Bild ergeben hat. Wer trägt die Schuld daran? Waren es die Prediger, die das falsch ausgelegt haben? Ich meine, dass Jesus selbst die Schuld daran trägt. Er hat ja einmal von der engen Pforte gesprochen.
Für jeden Menschen, der vor dieser engen Pforte steht und nicht hindurchgeht, bleibt ein dumpfes Gefühl. Er denkt immer: Eigentlich müsste ich da hindurchgehen. Und wenn ich da hindurch wollte, müsste ich ja gewisse Dinge zurücklassen. Er hat oft gehört, dass das, was er zurücklässt, nur Gerümpel, Schmutz, altes Zeug, Dreck sei. „Lasst das doch hinten liegen, es ist doch in der Vergebung weggetan“, heißt es. Und dann tritt man durch die Tür.
Aber weil er immer nur vor der Tür steht, vor dieser engen Pforte, meint er, das sei ein ganz dunkles Loch. Je mehr er daraufstarrt, desto unheimlicher wird es ihm, und er hat Angst, hindurchzugehen.
Wir sagen: Geht doch durch, es führt zum Leben! Nein, er sieht immer nur das Loch und meint, das sei ein langer Tunnel, und er werde immer nur durchs Dunkle geschleust.
Wir wollen es heute jedem sagen: Wer durch diese Tür hindurchgeht, braucht keine Angst zu haben. Es ist nur ein Schritt, und dann steht er in der Weite eines neuen Lebens mit Gott. Er muss sich nicht verstümmeln, er muss nicht auf allen vieren kriechen. Es ist nur ein Schritt durch diese Pforte, zu der uns Jesus einlädt.
Dann tritt er in die Weite des Lebens. Und jeder, der durch diese Tür hindurchgetreten ist, kann es bezeugen und sagen: „Da fing für mich das Leben erst richtig an, da wurde es erst schön.“ Jeder Tag, an dem ich nicht mit Jesus gelebt habe, war ein verlorener Tag.
Die Einladung zum Leben durch die enge Pforte
Ich möchte heute an diesem Wort, das wir von der Erschaffung des Menschen haben, drei Eigenheiten dieses neuen Lebens aufzeigen.
Das verstehen nur diejenigen, die eine Ahnung von der Schönheit des neuen Lebens mit Gott haben.
1. Das geplante Leben
Erstes: Es ist ein geplantes Leben. Dass das menschliche Leben von Gott geplant sei, ist schwer zu fassen. Ich möchte erklären, warum.
Ich war ein Kind von fünf Jahren, und in dieser Zeit haben sich mir unauslöschliche Bilder eingeprägt. Erst vor ein paar Tagen wurde mir das wieder bewusst, als ich mit ein paar Freunden sprach und von einem Eindruck erzählte. Es war in den letzten Tagen, als die deutsche Front zurückrückte. Da waren Lanzer bei uns im Haus. Sie wollten noch Zivilistenkleidung haben und ihre Uniform ausziehen. Wir versorgten sie sogar noch mit Äpfeln.
Dann sah ich, wie einen von ihnen die Feldjäger griffen. In dem lieblichen schwäbischen Dörflein dort oben auf der Alb erschossen sie ihn. Sein Leib wurde auf die Miste eines Bauernhofs geworfen. Dort lag er nun einen Tag und eine Nacht, so dass jeder ihn sehen konnte. Menschliches Leben – so ein Bild vergisst man nicht.
Ich weiß noch, wie ich das als Student empfand, als ich zum ersten Mal den Film "Nacht und Nebel" sah, diesen schrecklichen KZ-Film mit den Dokumentaraufnahmen. Ich frage mich immer noch: Kann das ein Mensch überhaupt ertragen? Sicher sagen wir, man muss einem Menschen zeigen, was in der Welt geschieht. Aber wenn man sieht, wie mit einer Planierraupe Hunderte von Leichen in ein Massengrab geschaufelt werden, was ist dann mein menschliches Leben?
Da kann einer predigen, so schön er will, die Bilder löscht keiner mehr aus. Und ich spüre, mein Leben heute ist so sinnlos, mitten in den Milliarden Menschen.
Es ist jetzt zwanzig Jahre her, da gab es unter den Illustrierten noch eine freiwillige Selbstkontrolle – oh, welche schöne Zeiten! Da wurde selbständig kontrolliert, was man fotografieren und veröffentlichen darf und was nicht. Diese Selbstkontrolle zerbrach damals an einem Bild, das der Stern veröffentlichte. Es zeigte ein polnisches Mädchen, das eine tote Schwester auf dem Arm trug.
Viele Leute in der Publizistik sagten: Das geht zu weit. Das darf man nicht immer zeigen. Es ist so schrecklich, wenn man sich an solche Bilder gewöhnt, wenn sie auf jedem Frühstückstisch serviert werden. Und nun sind wir das gewöhnt, wir sind abgebrühte Leute geworden. Was ist mein Leben, was ist Tod, was ist Sterben, was ist Folter, was ist Brutalität?
Wie viele Menschen haben in den letzten Tagen schon gesagt, ganz lässig: "Ich fahre mit der Straßenbahn, ich habe neulich probiert, mir das Leben zu nehmen." Wir haben uns daran gewöhnt, in der Planlosigkeit zu leben, unser Leben zu nehmen und ja, sogar mit dem Gedanken zu spielen, es wegzuwerfen, weil wir gar nicht mehr fassen können, dass es von Gott geplantes und gewolltes Leben ist.
Wie soll ich denn begreifen können, dass mein Leben von Gott geplant ist? Wer kann das fassen? Einige unter uns werden jetzt lächeln und sagen: Nicht mal meine Eltern haben mich gewollt. Als ich meine Geburt ankündigte, war das ein Schrecken, ein Unheil. Meine Eltern haben das nie verhehlt, sie sagten: "Schade, dass du geboren bist." Und das ist furchtbar, wenn man nicht einmal von seinen Eltern gewollt wurde.
Aber wie soll ich jetzt sagen können: Du bist von Gott geplant, von Gott gewollt? Wir rühren da an die letzten Geheimnisse unseres Lebens, und das hat jetzt nichts mehr mit Denken oder Spekulation zu tun. Ich kann nur noch sagen: Gottes Wort sagt uns, es war Gottes Plan und Wille, unserem Menschen Leben zu schaffen. Gott sprach: "Lasst uns Menschen machen." Mein Leben ist nicht ein Zufallsprodukt, sondern Gott will etwas Großes daraus machen.
Wer so närrisch ist und Gottes Wort weglegt, der kann nur zur wohlstandsbasierten Torheit greifen. Er tut mit seinem Leben nichts, verkauft es irgendwo oder verdingt es, oder wirft es am Ende noch weg, weil er sagt, es ist nichts drin, es ist ein entleertes Leben. Wenn ich das nicht mehr weiß – dass Gott mich gewollt, geplant und geschaffen hat – dann ist alles verloren.
Wenn das Thema heute heißt: Leben – Zufall oder Plan, dann wackelt es mächtig mit dem Zufall, an den so viele geglaubt haben. Ich will mich da jetzt gar nicht lange darüber auslassen, ich bin in der Naturwissenschaft nicht so bewandert, um das richtig erklären zu können.
Ich merke das bei meinen Konfirmanden. Wir hatten neulich ein Gespräch darüber, und ich benutzte ein einprägsames Bild: Die Entstehung des menschlichen Lebens als Zufall ist vergleichbar mit einer Handgranate, die in eine Buchdruckerei fliegt. Durch Zufall explodieren die Setzerkästen, die Buchstaben fliegen zufällig auf Bogenpapier, und die Bogenpapiere fliegen zufällig zueinander. Die Buchstaben ordnen sich paarweise so zufällig, dass sinnvolle Worte entstehen. Am Ende fliegt der ganze Packen noch zufällig durch Leim, und herauskommt ein deutsch-englisches Wörterbuch, ziemlich fehlerlos geschrieben.
Dann lachten alle und sagten: Das kann doch nicht sein! Ich habe mir gestern extra von einem Fachmann die Zahl geben lassen, wie hoch nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung die Chance ist, dass nur ein Eiweißmolekül aus Zufall entsteht. Dazu wäre eine Materiemasse nötig, die größer ist als 10 hoch 82 Lichtjahre – größer als das ganze uns bekannte Universum. Und um diese Wahrscheinlichkeit eintreten zu lassen, wäre ein Zeitablauf nötig als Zufall von 10 hoch 240 Milliarden Jahren, nur um ein Eiweißmolekül aus Zufall entstehen zu lassen.
Ich glaube nicht, dass wir uns hier weiter damit auseinandersetzen müssen, als ob die Frage von der Naturwissenschaft herkäme. Die Frage kommt daher, wo wir es in der Schriftlesung gehört haben, wo ein Mensch sagt: "Mein Recht geht an meinem Gott vorüber, mein Leben ist so sinnlos und leer. Was soll denn mit meinem Leben sein?"
Dann darf ich ihm zurufen und sagen: Du bist ein von Gott gewollter und geplanter Mensch. Dahinter steht eine Absicht, dass du heute lebst, in diesem Jahr 1977. Und das sind keine leeren Sprüche. Diese Bänder, die da hinten aufgenommen werden, werden später unseren Kranken vorgespielt.
Da ist eine 97-jährige Frau, die vor 14 Tagen sagte: "Ich will sterben, wann darf ich denn endlich heimgehen?" Und wir sagen ihr: Wenn Gott dir noch Tage in dieser Welt schenkt, dann hat er einen Plan mit dir, und er will dein Leben füllen.
Dann ahnen wir etwas von diesem Wunder unseres Gottes, wenn er in unser Leben hineingreift, dass er selbst das Leben angeschlagener oder körperlich geschwächter Menschen so reich machen kann, dass sich junge sechzehnjährige Mädchen umtreten und sagen: "So viel Lebenskraft wollte ich auch noch mal haben!" Diese strahlende Freude, die von dort kommt.
Das ist das Wunder, wenn Gott ein Leben füllt. Wenn er das geschehen lässt, dann bekommen die auf den Herrn Harrenden neue Kraft, auch wenn die jungen Männer, die sonst so protzig daherkommen, müde werden, matt werden und hinfallen wie ein Adler, der mit seinem Flug über die hohen Täler geht.
Das gibt es bei uns im Christenleben: Alte Menschen, die sagen: "Ich bin unnütz." Doch jede Stunde ihres Lebens wird von Gott gefüllt. Wir singen das Lied: "Nicht durch Zufall stehe ich da, Gott hat mich gemacht."
Dieses Bekenntnis sollen sie in der nächsten Woche pfeifen, wenn sie draußen stehen und an die Begrenzungen ihres Charakters, ihrer Kraft, ihrer Persönlichkeit, ihres Vermögens stoßen. Dann wissen sie: So hat mich Gott hineingestellt, und er hat einen Plan mit mir. Er gibt meinem Leben einen Sinn.
Ich bin gespannt, bis ich mehr von diesem großen und gewaltigen Plan Gottes entdecke. Sie können hinausziehen in eine Welt, die gar nicht begrenzt ist, sondern in der sie Mauern überspringen können, weil der Herr sie mitnimmt. Er sagt: "Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden." Er will Ihr irdisches Leben bedeutsam und wichtig machen.
2. Das geformte Leben
Kommen wir zum zweiten Punkt: Es ist ein geformtes Leben. Das erste war ein geplantes Leben, nun geht es um ein geformtes Leben.
Wir wundern uns immer wieder, wie oft wir bei Gesprächen hier auf die Forschungen von Darwin und Hegel stoßen. Meist sind das ja nur ganz einfache Sätze. Gestern Abend hat mir jemand gesagt: „Ich kann nicht glauben.“ Warum nicht? In der Bibel steht, der Mensch sei aus Lehm geformt und aus Fleisch gemacht. Wenn solche Glaubenshindernisse auftreten, dann bin ich auch hilflos.
Sehen Sie, was sagt denn hier unser Schöpfungsbericht? Bleiben wir einmal bei den Erkenntnissen Darwins und Heckels, die sicher manche unserer Zeitgenossen noch prägen. Sie sagen, der Mensch entsteht durch Zuchtauswahl vom Tier. Das Stärkste, Größte, Beste und Schönste setzt sich im Kampf unserer Tage durch. Dass wir tatsächlich im Existenzkampf stehen und dass es ein Ringkampf ist, bei dem es um alles oder nichts geht, das würde die Theorie von Darwin und Heckel eigentlich noch ganz aktuell machen.
Wir möchten hier nicht in die naturwissenschaftlichen Detailfragen eintauchen. Vielmehr wollen wir genauer wissen, was den Menschen eigentlich vom Tier unterscheidet. Oder ist der Mensch nur ein besonders schönes Schwein, ein besonders netter Esel oder ein besonders nettes Kamel – so sagt man ja manchmal. Es interessiert uns, denn es gibt ja nette Tiere, und ich liebe Tiere. Aber was ist das Besondere am Menschen?
Gerade um diese Jahrhundertwende war es vielleicht kennzeichnend, dass man als wesentliches Merkmal des Menschen erkannte, dass er aufrecht geht – etwas, was ein Tier nicht macht. „Bauch rein, Brust raus“ galt als Kennzeichen des Menschen und seiner Würde. Es ist mir jetzt fast peinlich, denn wir stehen heute oft so schlapp herum und geben ein schlechtes Abbild der Menschenwürde ab. Aber es gab eine Zeit, in der man versuchte, gerade darin einen Wert des Menschen zu entdecken.
Andere sagen, der Mensch habe seine Freiheit. Tatsächlich gibt es diese Freiheit beim Tier nicht. Das Tier handelt nach Instinkt. Der Parkschwan brütet auf Bierflaschen, das macht ihm nichts aus, das ist Instinkt. Er sitzt darauf und merkt gar nicht, dass es keine Eier sind. Die Fliege fliegt in die Flamme, weil sie nur das Sonnenlicht als Orientierung hat und für diese Gefahr nicht gewappnet ist. Man kann die Beispiele beliebig fortsetzen.
Ein Tier wird immer dem Wildwechsel im Wald folgen, auch wenn dazwischen die schönste Straße liegt und viele Unfälle passieren. Das kann man dem Tier nicht abgewöhnen, einem Menschen aber schon. Ein Mensch kann verantwortlich und frei handeln und sein Leben gestalten.
Was ist das Kennzeichen des Menschen? Ich bin immer noch nicht ganz glücklich mit einer einfachen Antwort. Wir können vieles herausgreifen. Es gibt ein ganz neues Modewort in der Forschung: „Menschenneotenie“. Dabei wird gesagt, der Mensch ist nie fertig, er ist ein Jahr zu früh geboren. Eigentlich müsste er noch ein Jahr unter dem Herzen seiner Mutter leben. Er bleibt ein Leben lang viel zu anfällig und ungeschützt.
Das ist heute typisch, wie seelische und körperliche Krankheiten zunehmend zunehmen. Der Mensch ist für die Anforderungen unserer Tage gar nicht gebaut. Es geht über seine Kraft hinaus, es zerreibt ihn. Und nun muss er in dieser Welt leben. Da hilft uns auch nicht die Lehre Heckels weiter, dass der Mensch sich im Existenzkampf als Supermensch durchsetzen muss. Auch eine abgewandelte Philosophie Nietzsches vom Übermenschen hilft uns nicht.
Wir meinen doch täglich, mit Kraft und Verbissenheit etwas durchsetzen zu müssen. Doch einmal werden uns Worte aus der Bibel aktuell, wenn Jesus davon spricht, dass wir wie Kinder werden sollten: „Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet...“ Jesus appellierte nie an unsere Energie oder Tatkraft. Nicht ein Wort findet man da. Stattdessen erklärte er uns das Kindsein als Vorbild, wie Kinder auf seinen Schoß klettern und sich von ihm segnen lassen.
Und wenn man fragt, was die Würde des Menschen ist, dann ist das die Würde und das größte Wunder im Leben eines Menschen: wenn er vor Gott so klein wird wie ein Kind. Das ist uns allen nicht passend. Wir wollen lieber Gottes starke Männer oder seine Leibwächter sein. Doch Kind sein – das klingt so kindlich. Genau darum geht es: dass ich vor ihm so klein werde wie ein kleiner ABC-Schütze, ein lernbegieriger Schüler, der sagt: „Herr, ich kann keinen Schritt gehen.“
Wir haben richtig Angst, morgens auf die Straße zu gehen und zu sagen: „Ich kann das nicht, wenn ich nicht vorher Stille gehabt habe mit meinem Herrn und nicht weiß, dass seine segnende Hand jetzt auf mir ruht.“ Wie eine Frühgeburt, die man in die Brutkasten legt. Dann wird uns ganz viel vom Neuen Testament plötzlich lebendig, wenn Jesus von der neuen Geburt spricht – dass unser Leben nie abgeschlossen ist.
Es geht nicht nur darum, ein paar Fehler im Leben zu korrigieren oder einige schlechte Charaktereigenschaften auszubügeln. Das ist viel tiefer. Wir sind ganz kleine Persönlichkeiten, die gerade erst zu leben angefangen haben, wie kleine Babys, die man in einen Brutkasten legt und die langsam wachsen und zunehmen dürfen.
Wie furchtbar ist es, wenn es fromme Menschen gibt, die sich schon für fertig halten und die man immer korrigieren und prägen muss. Geformtes Leben – Gott schuf den Menschen, und er ist noch gar nicht fertig. Durch den Riss, der damals durch Adam kam, sind wir gerade aus der prägenden Schöpferhand Gottes weggerissen.
Wann endlich merken wir, dass wir umkehren müssen, damit Gott uns wieder wie ein Lehmklotz modellieren und formen kann? Das ist die Bekehrung: Ich fange an, wieder nach ihm zu fragen und bitte ihn: „Herr, präge du dein Wesen in mich hinein. Ich will so ein weicher Knetblock für dich sein, eine weiche Masse, in die du deine Spuren hineinzeichnen kannst.“
Da werden uns Worte lebendig: „Bei dir, Herr, ist die Quelle des Lebens.“ Ich finde das draußen in der Welt nicht, sondern nur, wenn ich mit dir verbunden bin. Dort kann ich wachsen und zunehmen, dort kann ich lachen und mich freuen.
Dann lesen wir auch mit ganz neuen Ohren in der Bibel, wie die entscheidende Änderung im Leben eines Menschen beschrieben wird. Es ist nicht, dass er sich neue Vorsätze macht, sondern dass der Herr ihm ein neues Herz gibt. Dort wird ein Mensch neu geschaffen und neu geformt.
Wir sehen das immer ganz falsch, wenn wir den Menschen als ein fertiges Wesen ansehen. Keiner verlangt von seinem zweijährigen Kind, dass es einen guten Schulaufsatz schreiben oder Auto fahren kann. Was verlangen wir von Menschen?
Wie wunderbar ist es, dass wir das ein Leben lang wissen dürfen: Wir bleiben Menschen, an denen Gott arbeiten will. Und darum gibt es bei uns so wenig fröhliches Christenleben, weil wir viel selbst machen und gar nicht merken, dass wir uns in die Hand Gottes geben wollen, die uns formen kann.
3. Das zielgerichtete Leben
Noch ein letztes: ein zielgerichtetes Leben, ein geplantes Leben, ein geformtes Leben. Wir haben ja alle Ziele im Leben. Ohne Ziele kann man seine Planungen nicht richtig einrichten. Welcher Schüler hat nicht das Ziel, an jenem Tag vorne zu stehen, um einen Preis aus der Hand des Herrn Schuldirektors in Empfang zu nehmen? Aber oh Schreck, man kommt nicht dahin.
Oder ich dachte am Freitagabend, als Anton Schulte von der Ehe sprach: Wie ist das jetzt für einen Menschen? Da hat doch jeder schon gedacht: „Ich will es auch haben, dass ich nach 25 Jahren meine Frau in den Arm nehmen kann und sagen kann, keiner in der Welt ist so glücklich wie wir.“ Und dann wurde es die Hölle, und man ging auseinander. Ziele, die zerbrachen. Unser Leben ist angefüllt mit lauter Zielen, die zerbrachen.
Dieses Wort geht Sie jetzt an, wenn Sie sagen: „Mein Beruf ist mir zersprungen, in meinem Leben sind mir Pläne zerfallen.“ Es geht gar nicht um die Ziele, die wir uns selber setzen. Es gehört zu unserem menschlichen Leben, dass uns viele Ziele gar nicht erreichbar sind.
Dann sagen manche: „Ach, lass doch der Jugend noch so ein paar Zielvorstellungen.“ Man nennt das heute Ideologien. Die brauchen das, sie müssen sich daran erbauen. Ich höre so viele bedeutende Persönlichkeiten, die das heute sagen: „Lass doch der Jugend, die muss ja schwärmen können, auch für nicht Erreichbares. Sie braucht diese unnatürlichen, unwirklichen Zielvorstellungen.“ Ich bin anderer Meinung. Ob man sich als junger Mensch anlügen soll, mit Vorstellungen, von denen man schon gleich weiß, sie werden doch nie erfüllt?
Gerade dort kommen ja die Torheiten dieser marxistischen Utopien in unseren Tagen her, unter denen wir leiden. Ja, was denn dann? Da enthüllt uns die Bibel nüchtern, wer der Mensch ist. Das wird so trocken gemacht, dass viele feinfühlige Ästheten in unseren Tagen die Bibel wegwerfen. Da steht drin, wer der Mensch wirklich ist. Da wird die Maske vom Gesicht gezogen, und es werden uns keine Illusionen mehr gelassen.
Schonungslos wird davon gesprochen, wie selbst fromme Menschen scheiterten, wie ein David das nicht fertigbrachte, was er sich als Ziel setzte. Ja, und dann? Dann geht das weiter bis zum Kreuz Jesu, wo die ganze menschliche Art sich austobt, dem Hass, wo man sagt: „Das gibt es doch gar nicht“, und das ist mein Menschenleben.
Dort wird uns gesagt: Das ist Kennzeichen für das Menschenleben, sie sind alle abgewichen, da ist keiner, der Gutes tut. Sondern doch, doch, es gibt doch noch mehr? Nein, sagt die Bibel, es gibt keinen, der Gutes tut, auch nicht einen, auch nicht einen.
Menschen reden über das Gute im Menschen oder über den Menschen und seine Ziele, die so fern sind von der Realität, wie der Biertischstratege von der Bonner Politik. Dort kann man gut reden, wenn man über den Menschen redet. Die Bibel weiß, wer der Mensch ist.
Und Jesus hat den Menschen unserer Tage genauso in die Augen gesehen und erkennt mich. Und wenn ich mich selber im Spiegel betrachte, dann sehe ich ja nur ein ganz schwaches Bild von dem, was eigentlich Jesus in dem Augenblick sieht.
Was sagt er mir denn dann? Dann sagt er mir, dass er mich in sein Bild hinein verwandeln will. Das ist das zielgerichtete Leben. Ich darf mich in die Hände dieses großen Meisters geben, und er will mich modellieren und formen, dass wir ihm ähnlich werden, Jesus ähnlich.
In Wort und Werk und allem Wesen sei Jesus, und sonst nichts zu lesen. Wie geschieht denn das? Dadurch, dass er uns seinen Geist ins Herz gibt, dass sein Wort uns prägen und formen kann. Nicht anders, nicht mit Verkrampfung, nicht mit Anstrengung, sondern mit diesem Sich-Aussetzen, sich in die Hand Jesu Hineingeben.
Das war ja schon bei Jesus so, wie er sich danach gesehnt hat, als Zwölfjähriger zu sein in dem, das seines Vaters ist. Weil er geformt sein wollte nach dem Ebenbild Gottes. Wie er Nacht für Nacht auf den Schlaf verzichtet hat, nur um mit Gott allein zu sein, weil er geformt sein wollte von seinem Vater im Himmel in das Bild Gottes hinein.
Wir stehen vor der großen Chance, umgewandelt zu werden. Wir gehen nicht davon aus, vom alten Zerrbild Adams. Paulus sagt im Römerbrief, Gott hat an dem neuen Menschen Jesus dargestellt, was Gerechtigkeit ist, so wie ein Mensch vor Gott richtig ist. Und sein ganzes Ziel ist es, uns in dieses Bild hinein zu prägen.
Wir sind es heute noch nicht, wir sind unterwegs. Aber ich wünsche mir nur, dass Sie sich ganz in diese Hand Jesu geben und sagen: „Ich will Sie fassen, ich will durch die enge Pforte, ich will hinein in die Fülle des Lebens. Ich weiß, wo es liegt: im geplanten Leben, im geformten Leben, im zielgerichteten Leben.“
Das ist das Ziel meines Lebens: dass wir ihm gleich sein werden. Es ist noch nicht erschienen, was wir sein werden. Wir wissen aber, wenn es erscheinen wird, dass wir ihm, Jesus, gleich sein werden. Amen.
Gebet und Segensworte zum Abschluss
Herr, du verschließt uns den Mund, wenn wir uns entschuldigen wollen, als ob wir nur Menschen wären. Du hast es zum Größten gemacht, dass wir nach deinem Bild geschaffen sind.
Herr, verzeih uns, dass wir uns mit viel weniger begnügt haben – mit einem dürftigen, kleinkarierten, irdischen und vergänglichen Leben. Ruf du uns immer wieder heraus aus der Enge unseres kleinen bürgerlichen Lebens, damit wir deinen Ruf begreifen und erkennen, wie du durch deine ganze Kraft uns verwandeln und verändern kannst, um uns in dein Bild hineinzubilden.
Du weißt auch, wo jeder von uns jetzt so viel Not hat mit unserem alten Wesen. Wir danken dir zuerst, dass du Schuld vergibst – auch diesen großen Stolz, mit dem wir unser Leben allein meistern wollten und von dir, der Quelle, weggelaufen sind. Nimm du alles weg, damit wir ganz an dir hängen können. Dann gebrauche unser Leben und mach etwas daraus zu deinem Lob und zu deiner Ehre.
Wir danken dir auch jetzt für diese Evangelisation, dass sie in diesem Frieden, in dieser Ruhe ohne Störung stattfinden konnte. Wir bitten dich auch für heute Abend, aber auch für alle, die hier einen Anfang mit dir gemacht haben: Lass sie nicht steckenbleiben auf ihrem Weg, sondern hilf du ihnen, in die ganze Freude einzutreten, die Schönheit eines Lebens mit dir zu entdecken und glückliche und fröhliche Menschen zu werden.
Herr, du weißt, was jeden von uns jetzt noch bewegt. Dir legen wir auch unsere Kranken hin, die Menschen, für die wir zu sorgen haben, unser Volk, unsere Stadt, die Verantwortungsträger, die Männer an den Hochschulen und Ausbildungsstätten, die Lehrer, denen die Jugend zur Erziehung anvertraut ist. Herr, wir bitten dich: Lass du diese Menschen wieder erkennen, dass es Werte gibt, die du setzt und die erst unser Menschenleben groß und bedeutsam machen.
Wir danken dir, dass du uns zu deiner Ewigkeit berufen hast und dass wir dieses Ziel vor Augen haben.
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme,
dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Er, Jesus, ist unser Friede. Er geht mit ihnen und legt seine segnende Hand auf sie – nicht nur heute, morgen, sondern alle Tage bis an das Ende der Welt.
Herr, segne uns und behüte uns.
Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Herr, hebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.
