Einführung in das neue Gebot der Liebe
Johannes 13,34 ist ein Vers, der mir erst vor kurzem richtig bewusst geworden ist. Dort sagt Jesus: „Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebt, damit, wie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebt.“
Was an diesem Vers provokant ist, ist die Aussage „Ein neues Gebot gebe ich euch“. Was ist dieses neue Gebot? Dass ihr einander liebt.
Nun stellt sich die Frage: Was ist an diesem Gebot neu? Jesus spricht hier zu gläubigen Juden. Ein Jude kennt das Alte Testament und weiß, dass das nicht neu ist. Im fünften Buch Mose liest man das größte Gebot: „Schma Israel, höre, o Israel, Gott ist einer. Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, ganzer Seele, ganzem Gemüt.“ Das war ihnen bekannt.
Im dritten Buch Mose, Kapitel 19, Vers 18 steht: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Also, was ist neu?
Und wisst ihr, was neu ist? Nur eine kleine Sache ist neu: „Ein neues Gebot gebe ich euch, nämlich dass ihr einander liebt.“ Und jetzt kommt das Neue: „So wie ich euch geliebt habe.“ Das ist das Einzige, was neu ist in diesem Vers.
Jesus spricht hier von einem neuen Gebot. Er redet nicht nur darüber, einander zu lieben oder Gott von ganzem Herzen zu lieben. Er sagt: Liebt einander, aber wie? So wie ich euch geliebt habe. Das ist neu.
Das heißt, Jesus sagt im Neuen Bund, im Neuen Testament: Konzentriert euch nicht in erster Linie darauf, den Nächsten zu lieben oder Gott zu lieben, sondern konzentriert euch zuerst darauf, wie ich euch geliebt habe. Das heißt, wir sollen Empfänger seiner Liebe sein. Das ist das neue Gebot.
Die Unterscheidung zweier Liebesbegriffe im Griechischen
Um die Liebe Jesu zu verstehen, helfen uns zwei griechische Wörter sehr. Darauf möchte ich heute ein wenig eingehen. Die beiden Wörter sind für euch nichts Neues. Das eine Wort ist Eros, das andere Agape. Es gibt noch weitere Begriffe, aber für uns reichen diese beiden heute aus.
Das Wort Eros leitet sich ab von dem Begriff, aus dem auch das Wort „erotisch“ stammt. Das wissen die meisten, und es ist auch richtig. Doch Eros im Griechischen ist viel umfassender, als wir es allgemein verstehen.
Was bedeutet Eros oder erotische Liebe? Erotische Liebe wird geweckt, wenn ich – ich spreche jetzt von mir – eine attraktive Frau sehe, die ich als attraktiv empfinde. Die Attraktivität dieser Frau zieht meine oder auch andere Blicke auf sich. Natürlich funktioniert das genauso umgekehrt. Der wichtige Punkt ist: Die erotische Liebe hängt immer von der Attraktivität des Gegenübers ab. Je attraktiver die andere Person ist, desto mehr Liebe empfinde ich für sie. Je weniger attraktiv sie ist, desto weniger Liebe empfinde ich.
Vor kurzem wurde in Deutschland auf einer Jugendveranstaltung gepredigt. Dort gab es im Vorstand den Begriff „Germany’s Next Topmodel“. Das ist eine Sendung, bei der es für diejenigen, die sehr attraktiv sind, recht angenehm ist, teilzunehmen. Für diejenigen, die es nicht schaffen, ist es hingegen sehr schmerzlich.
Wichtig zu verstehen ist: Das Prinzip von Eros gilt nicht nur für die erotische Liebe, sondern funktioniert in fast allen Bereichen unserer Gesellschaft. Um in unserer Gesellschaft etwas zu gelten, um jemand zu sein, musst du heute attraktiv, dynamisch und erfolgreich sein. Wenn du das nicht bist, bist du „Fußvolk“. Fast alle von uns haben eine Eros-Karriere hinter sich oder sind mittendrin.
Eros beginnt bereits im Elternhaus. Um bei den Eltern gut anzukommen, um als tüchtiger Junge vom Vater anerkannt zu werden oder als gutes Mädchen von der Mutter, musst du artig, gehorsam und fleißig sein. Je fleißiger und artiger ein Kind ist, desto mehr Liebe erhält es. Wenn es jedoch ständig widerspenstig ist und rebelliert, bekommt es weniger Liebe. Das ist Eros – es funktioniert immer so.
Also beginnt es im Elternhaus, nicht bei jedem, aber bei sehr vielen. Es geht weiter in der Schule. Um beim Lehrer gut anzukommen, musst du fleißig und strebsam sein und gute Noten schreiben. Umgekehrt, um bei den Mitschülern gut anzukommen, musst du Blödsinn treiben – dann bist du der Held. Aber es ist immer dasselbe Prinzip: Du musst attraktiv sein für die Person oder die Gruppe, damit du gut ankommst und Wertschätzung bekommst.
Dann geht es weiter am Arbeitsplatz. Um beim Chef Anerkennung zu bekommen, musst du Leistung zeigen. Du musst teamfähig sein. Je weniger Leistung du bringst, desto weniger Wertschätzung erhältst du. Das ist das Prinzip von Eros. Je attraktiver du bist – durch dein Aussehen, durch deine Leistung, durch dein Sein –, desto beliebter bist du. Das ist immer das Prinzip von Eros.
Interessanterweise gilt dasselbe auch für die Religion. Jetzt muss ich Gott noch beweisen, dass ich ein guter Christ bin. Martin Luther hat im Kleinen Katechismus geschrieben: „Ich glaube, dass ich von Gott geschaffen bin.“ Wir haben das umgekehrt. Wir sagen: Ich schaffe es, damit Gott an mich glaubt. Nun muss ich Gott auch noch etwas beweisen.
In der Philosophie und Religion geht es darum, möglichst viel Gotteserkenntnis zu haben. Dann bist du ein besonders Heiliger. Das ist alles Eros. Ich beweise durch meinen Glauben, durch meine Erkenntnis, durch mein Tun, dass ich es wert bin, geliebt zu werden.
Im Deutschen haben wir sogar das Wort „liebenswürdig“. Wir sagen: „Das ist ein liebenswürdiger Mensch, der ist würdig, geliebt zu werden.“ Oder wir sagen: „Das ist ein liebenswerter Mensch, der ist es wert, geliebt zu werden.“ Das ist alles Eros. Ich muss attraktiv sein, um geliebt zu werden.
Dieses Denken hat Jesus Christus total auf den Kopf gestellt.
Die bedingungslose Liebe Gottes – Agape
Die Bibel verwendet hier ein anderes Wort für Liebe, und zwar das Wort Agape. Nicht, weil es ein speziell biblisches Wort wäre, sondern weil es der unverbrauchtere griechische Begriff ist, der im Neuen Testament verwendet wird.
Der Unterschied ist folgender: Agape bedeutet, dass Gott mich nicht liebt, weil ich so liebenswert oder liebenswürdig wäre, sondern dass Gott mich liebt und ich deshalb wertvoll bin. Das ist der entscheidende Unterschied.
Schlagen wir einmal 1. Johannes 4,7-10 auf. Diese Verse sind fantastisch:
1. Johannes 4,7: „Geliebte, lasst uns einander lieben, denn die Liebe ist aus Gott, und jeder, der liebt, ist aus Gott geboren und erkennt Gott.“
Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt. Warum nicht? Weil Gott Liebe ist.
In diesen Versen wird die Liebe Gottes zu uns offenbart: Gott hat seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt, damit wir durch ihn leben.
Vers 10 sagt: „Hierin ist die Liebe, nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat.“
Das sind gewaltige Wahrheiten, über die man einen Schritt zurücktreten und wirklich nachdenken muss.
Nicht darin besteht die Liebe, dass wir Gott geliebt haben – das ist nicht Liebe. Sondern darin, dass er uns geliebt hat – das ist Liebe.
Jesus gibt uns ein neues Gebot: „Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander liebt, wie ich euch geliebt habe.“
Das ist der Ausgangspunkt: Immer mit seiner Liebe beginnen, niemals mit unserer eigenen.
Das ist neu im Neuen Bund. Gott liebt uns nicht, weil wir liebenswert sind, sondern wir sind so viel wert, weil Gott uns liebt.
Beispiel zur Veranschaulichung von Eros und Agape
Vielleicht ein Beispiel zum Unterschied zwischen Eros und Agape: Ich nehme zwei Ehefrauen an, die beide eine hingebende Liebe zu ihren Ehemännern haben.
Die eine Frau ist immer unruhig, besorgt und ängstlich. Die andere Frau hingegen ist voller Zuversicht und strahlt Frieden aus. Worin liegt der Unterschied?
Die Frau, die ständig besorgt wirkt, unterstützt ihren Mann, damit er sie liebt. Das ist Eros. Die andere Frau, die Freiheit ausstrahlt, unterstützt ihren Mann, weil er sie liebt. Das ist Agape.
Warum lebst du für und mit Gott? Lebst du, damit er dich liebt, oder weil er dich liebt? Freunde, der Unterschied ist wie Tag und Nacht. Gott liebt mit Agape.
Gottes Liebe als bewiesene Realität
Frage: Wie können wir wissen, dass Gott uns mit Agape liebt? Warum wissen wir das?
Ich gebe euch zwei Bibelverse. Johannes 3,16 kennt jedes Kind: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern ewiges Leben haben.“
Wichtig ist ein Wort hier: „So sehr hat Gott die Welt geliebt.“ Es steht nicht „So sehr hat Gott die Christen geliebt“ oder „so sehr hat Gott die Gläubigen geliebt“, sondern „so sehr hat Gott die Welt geliebt“. Das griechische Wort ist Kosmos, und Kosmos steht für die gottlose, die gottesfeindliche Welt. Diese hat Gott geliebt.
Um es auch völlig unmissverständlich zu machen, schlagt bitte Römer Kapitel 5 auf. Es ist ein phantastisches Kapitel. Der Römerbrief ist sowieso ein Wahnsinn, aber Kapitel 5 ist einfach enorm. Man sollte es langsam durchlesen und wirklich erkennen, was dort steht.
In Römer 5,6 lesen wir: „Denn Christus ist, als wir noch kraftlos waren, zur bestimmten Zeit für Gottlose gestorben.“ Dann lesen wir in Vers 8: „Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus, als wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist.“
Wie viel mehr werden wir nun, da wir durch sein Blut gerechtfertigt sind, durch ihn vom Zorn gerettet werden? In Vers 10 heißt es: „Denn wenn wir, als wir Feinde waren, mit Gott versöhnt worden sind...“
Zu welchem Zeitpunkt hat Jesus alles für uns gegeben? Zu der Zeit, als wir Feinde waren, kraftlos, gottlos und Sünder. Was Paulus hier sagt, ist: Bitte versteht, Christus hat dich geliebt, als du sein Feind warst. Da hat er sein Leben für dich gegeben – nicht erst, als du nett geworden bist.
Manchmal denken Christen: „Ja, ja, die Dauernhof-Mitarbeiter wird Gott schon lieben, aber Gott kennt mich – was für ein hoffnungsloser Ehemann, Vater, Mitarbeiter ich bin.“ Das heißt, wir glauben: Ja, Gott liebt jene, die ein gutes und gerechtes Leben führen. Und ja, wenn du ein gutes und gerechtes Leben führst, liebt Gott dich trotzdem. Aber Gott liebt dich auch, wenn du sein Feind bist. Das ist die klare Botschaft von Römer 5.
Das heißt, Gott liebt uns mit Agape. Er liebt uns nicht, weil wir so liebenswert wären, sondern er liebt uns als seine Feinde. Paulus argumentiert im Römer 5 folgendermaßen: Wenn Gott uns schon geliebt hat, als wir noch seine Feinde waren, wie viel mehr wird er uns jetzt lieben, nachdem wir mit ihm versöhnt sind? Das ist die Argumentation aus Römer Kapitel 5.
Seht ihr, wenn ein Mensch einen anderen liebt, einfach aus eigenem Willen, dann freut er sich, wenn der andere in seiner Nähe ist. Du kommst ins Zimmer, er kommt ins Zimmer, dann lacht er. Du fragst: „Warum lachst du?“ Er sagt: „Weil du da bist.“
„Ich habe noch gar nichts getan.“ – „Ja, das musst du auch nicht, aber du bist da. Und darum lache ich.“ Kennt ihr diese Liebe? Nicht, weil der andere etwas tut, nicht weil er es wert ist, sondern einfach, weil er ist.
Wir kennen ein Stück weit diese Liebe von unseren Kindern. Die sind manchmal überhaupt nicht liebenswert. Man könnte sie aus dem Fenster werfen, so ihr Verhalten. Aber wir freuen uns dennoch, dass sie da sind – nicht zu jeder Minute, aber meistens.
Bei uns schlägt Eros immer wieder durch, das ist so. Wir sind Menschen, und Gott weiß das auch.
Gottes Liebe als Tat am Kreuz
Die nächste Frage lautet: Wie hat Gott seine Agape-Liebe bewiesen?
Dazu möchte ich noch einmal 1. Johannes 4,9 und 10 lesen. Alex, du bist ja ganz schön fit mit den Bibelstellen – das ist super.
Wir lesen also 1. Johannes 4,9: „Hierin ist die Liebe Gottes zu uns geoffenbart worden, dass Gott seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat.“
Seht ihr, das Fantastische bei Gott ist: Er sitzt nicht einfach im Himmel, schaut herunter und sagt: „Liebe Menschen, ich sehe, euch geht es ein bisschen schlecht, aber ich habe eine gute Botschaft: Ich liebe euch.“ Das wäre zwar nett, aber Gott muss seine Liebe beweisen.
Stell dir vor, ich sage: „Ich liebe die Hannelore.“ Dann fragst du dich vielleicht: „Das ist ganz nett, aber merkt sie das auch?“ Wenn ich Hannelore liebe, muss sich meine Liebe in einer Tat zeigen. Nur zu sagen „Ich liebe dich“ ist völlig sinnlos, wenn sich die Liebe nicht in einer Tat offenbart.
Hier lernen wir: „Hierin ist die Liebe Gottes offenbar geworden, dass Gott seinen eingeborenen Sohn gegeben hat.“ Das heißt, Gott hat nicht nur gesagt: „Ich liebe euch.“ Er hat uns bewiesen, wie sehr er uns liebt, indem er sein Leben gab – als wir seine Feinde waren.
Zum Zweiten: Wie kann man Liebe messen? Wenn man Liebe messen könnte, dann nur durch die Intensität.
Wenn ich zum Beispiel meinen Nachbarn zufällig treffe, ihn beim Autofahren rausfahre, ihm zuwinke und „Guten Morgen“ sage, ist das nett. Aber ob das Liebe ist, ist eine andere Frage. Wenn ich das jeden Tag mit meiner Frau machen würde – „Hallo, liebe Frau“ – wäre das ihr wahrscheinlich zu wenig.
Das heißt: Die Intensität bestimmt das Maß der Liebe. Wenn dein Nachbar dich grüßt, ist das nett und völlig okay. Viel mehr braucht man mit manchen Nachbarn gar nicht. Wenn dir aber jemand Zeit schenkt und sagt: „Weißt du was, komm mal auf einen Kaffee, lass uns reden“, ist das schon eine große Wertschätzung.
Wenn sich jemand entschließt, sein Leben mit dir zu teilen, ist das hingebende Liebe. Aber wenn jemand sein Leben für dich gibt, ist das die äußerste Liebe. Genau das hat Gott für uns getan – er hat sein Leben für uns gegeben.
Darum ist und bleibt das Kreuz der Ausdruck der Intensität der Liebe Gottes.
Bevor wir über Heiligung sprechen, bevor wir darüber reden, Jesus ähnlich zu werden usw., müssen wir immer mit der Liebe beginnen, die Gott zu uns hat. Wenn wir das nicht tun, wird Christsein fast ausnahmslos immer ein Krampf.
Warum wir Gottes Liebe oft nicht annehmen
Man könnte meinen, dass diese Liebe doch eigentlich jeder Mensch haben möchte. Wer kann schon so unvernünftig sein, diese Liebe nicht zu wollen?
Deshalb möchte ich noch zwei Gründe nennen, warum wir diese Liebe nicht wollen, obwohl sie das Schönste ist, was einem Menschen passieren kann.
Der erste Grund ist, dass wir eine Lüge glauben. Ich erkläre gleich, was ich damit meine. Der zweite Grund ist, dass wir biografisch eine solche Liebe nicht kennen.
Zum ersten Punkt: Wir glauben eine Lüge, und zwar die Lüge Satans. Satan ist eine rätselhafte Figur in der Schöpfung Gottes. Bereits Adam und Eva sind ihm auf den Leim gegangen. Wenn man den Anfang der Bibel liest, was hat Satan Eva versprochen? In Kapitel 3 – ich lese euch nur diesen Vers vor, Genesis 3, den ihr nachlesen könnt, Erste Mose 1 bis 6 – sagt die Schlange zu Eva: „Hat Gott wirklich gesagt, ihr dürft nicht essen?“ Dann sagt die Schlange im Vers 4: „Nein, ihr werdet nicht sterben. Gott weiß, dass an dem Tag, an dem ihr davon esst, eure Augen aufgetan werden und ihr sein werdet wie Gott, erkennend Gutes und Böses.“
Und die Frau hat dann gegessen. Satan versprach ihnen also, sie würden sein wie Gott.
Eine Frage: Was haben Eva und Adam nach dem Sündenfall wirklich erkannt, dass sie wie Gott seien? Nein, sie haben erkannt, dass sie nackt waren. Sie hatten einen Erkenntnisgewinn – aber nicht, dass sie wie Gott waren, sondern dass sie nackt waren. Das haben sie erkannt.
Bis heute glauben wir einer Täuschung, einer Lüge, nämlich wie Satan Eva verführt hat. Er versprach ihr: „Du wirst sein wie Gott.“ Interessanterweise waren Adam und Eva ja bereits wie Gott, denn sie waren im Ebenbild Gottes geschaffen. Aber wisst ihr, was Adam und Eva sein wollten? Sie wollten das Abbild Gottes sein. Das Ebenbild reflektiert nur etwas, ein Abbild will Gott ersetzen.
Die Lüge Satans ist also: Wenn du sündigst, hast du Spaß, Freude, Erkenntnis, Weisheit und vieles mehr.
Das Problem bei diesem Versprechen ist, dass die Sünde es nie halten kann. Sieh dir an, was die Sünde verspricht: Es klingt gut, aber sie kann es nicht erfüllen.
Ich möchte es euch so erklären: Angenommen, Satan hätte die Wahrheit gesagt – das kann er anscheinend nicht. Er hätte zu Eva gesagt: „Eva, ich habe ein Angebot an dich.“ Eva fragt: „Okay, was ist es? Was willst du mir anbieten?“ Die Schlange sagt: „Iss von dieser Frucht, von der Gott gesagt hat, du sollst nicht essen. Wenn du sie isst, wirst du alt und runzlig, du wirst einsam sein, ihr werdet euch gegenseitig beschuldigen, Hass, Neid und Zorn werden euer Leben regieren, und am Ende werdet ihr zu Staub werden und sterben.“
Was wäre mit diesem Angebot passiert? Eva hätte gesagt: „Du hast einen Knall, du kannst abhauen.“
Bis heute wenden sich Menschen von Gott ab, weil sie der Sünde glauben. Denn das, was die Sünde verspricht, klingt gut, aber sie kann es nicht halten.
Hans-Joachim Eckstein hat es so schön gesagt: „Weil die Menschen das Leben lieben und die Liebe leben wollen, wenden sie sich von dem ab, der das Leben und die Liebe ist.“
Jetzt fragt man sich: Warum ist der Mensch so unvernünftig und tut das? Weil er der Lüge der Sünde glaubt. Das ist der Punkt. Das, was die Sünde verspricht, klingt gut, aber sie kann es nicht erfüllen.
So suchen die Menschen in einer gottlosen Welt, was ihnen eigentlich nur Gott geben kann. Und sie finden dann in der gottlosen Welt das, was sie eigentlich nie wollten. Das ist der Wahnsinn dabei.
Zum einen glauben wir also immer noch der Lüge, dass die Sünde uns all diese Erfüllung und schönen Dinge schenken kann. Sie kann es aber nicht halten.
Es ist interessant, wenn man über Gott nachdenkt. Die Bibel sagt, und das ist erstaunlich, im ersten Johannesbrief zweimal: Gott ist die Liebe.
Und wisst ihr, was hier überraschend ist an der Aussage? Gott ist sonst gar nichts, er ist nur Liebe.
Das Interessante ist: Menschen sind auf der Suche nach Liebe und laufen von dem weg, der die Liebe ist. Das ist die Ironie der Sünde.
Wir glauben also eine Lüge und lassen uns oft nicht auf die Liebe Gottes, auf Agape, ein.
Der zweite Grund, warum sich nicht jeder Mensch auf diese Agape-Liebe stürzt, die wir in Jesus Christus gesehen haben, ist, dass wir biografisch in unserem Leben eine solche Liebe noch nie erfahren haben. Wir wissen nicht, was es ist, es ist uns fremd.
Ich bin hundertprozentig überzeugt, dass es in diesem Raum einige Menschen gibt, die noch nie Agape unter Menschen erlebt haben. Dein ganzes Leben war geprägt von Kindheit, Schule, Arbeit bis zum Ehepartner durch Eros. Du musst immer etwas sein oder tun, damit du dem anderen gefällst und geliebt wirst – das ist Eros. Und du kennst Agape nicht.
Es ist so fremd, dass du das jetzt auch in das Christliche hineinträgst und sagst: „Jetzt muss ich auch noch meine stille Zeit machen, Gottesdienst gehen und all das tun, damit Gott auch zufrieden mit mir ist.“
Das ist der Wahnsinn, und daran zerbrechen viele Christen. Dass diese Christen sich dann vom Glauben abwenden, kann ich vollkommen verstehen.
Unglücklicherweise ist es so, dass diese Welt von Eros regiert ist. Dann hört man auch: „Gott hat brave Kinder lieb.“ Das ist völlig unbiblisch. Ja, die hat er auch lieb, aber Gott hat seine Feinde lieb.
Leider fangen wir dann an, mehr zu fasten, mehr zu beten und zu glauben, damit wir Gott ein bisschen was abringen können – sei es seine Liebe oder sonst etwas.
Gebet um Erkenntnis der Liebe Gottes
Ich möchte schließen mit einem Gebet, das ich oft vorlese. Es ist mein Lieblingsgebet von Paulus, eines der vier aufgeschriebenen Gebete von ihm. Schlagt mal auf Epheser Kapitel 3 auf.
Vielleicht habt ihr es schon mal von mir gehört, aber das macht nichts. Es steht ja sowieso in Paulus’ Wort. Epheser 3, Vers 14 und folgende: Paulus schreibt hier ein Gebet auf, das er selber betet.
Epheser 3, Vers 14: „Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater, von dem jede Vaterschaft in den Himmeln und auf der Erde benannt wird.“
Hier steckt etwas ganz Wesentliches drin. Paulus sagt also: „Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater“ – im Vers 14 – „von dem jede Vaterschaft im Himmel und auf der Erde benannt wird.“
Ein Fehler, den wir oft machen, besonders wenn wir schlechte Erfahrungen mit männlichen Figuren gemacht haben, ist, dass wir das Bild dieser männlichen Figuren automatisch und unbewusst auf Gott, den Vater, übertragen.
Was Paulus uns hier aber sagt, ist: Wir müssen es umgekehrt machen. Wir leiten die Vaterschaft nicht von irdischen Vätern ab, sondern vom himmlischen Vater wird jede Vaterschaft im Himmel und auf der Erde benannt.
Das heißt, wenn du wissen willst, wie ein Vater ist, schau nicht auf irdische Väter. Schau auf Christus, denn Christus hat gesagt: „Wer mich sieht, der sieht den Vater.“ So ist ein Vater.
Wenn du gute Erfahrungen mit irdischen Vätern hast, wunderbar! Dann multipliziere das Gute hundertmal – und dann bist du ungefähr beim himmlischen Vater. Und umgekehrt gilt das natürlich auch mit weiblichen Personen.
Dann betet Paulus weiter – es ist ein ewig langer Satz, aber unglaublich schön. Alex, schau mal auf Vers 16 bis 19:
„Er gebe euch nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit mit Kraft gestärkt zu werden durch seinen Geist an dem inneren Menschen, dass der Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne und ihr in Liebe gewurzelt und gegründet seid, damit ihr imstande seid, mit allen Heiligen völlig zu erfassen, was die Breite und die Länge, die Höhe und die Tiefe ist, und zu erkennen, die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus, damit ihr erfüllt werdet zur ganzen Fülle Gottes.“
Ein sehr langer Satz, aber Paulus betet Folgendes: Er sagt, Gott, der Vater, gebe euch nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit Kraft, gestärkt zu werden durch seinen Geist.
Das heißt, es geht hier um die Kraft des Heiligen Geistes. Paulus sagt: „Ich bete, dass ihr die Kraft des Heiligen Geistes bekommt.“ Wozu?
Damit Christus durch den Glauben in euren Herzen wohnt und ihr in Liebe gewurzelt und gegründet seid. Worin sollen wir gewurzelt und gegründet sein? In Liebe.
Und jetzt kommt der nächste Punkt: In welcher Liebe?
Damit ihr imstande seid, mit allen Heiligen völlig zu erfassen – was sollen wir erfassen? – was die Breite und die Länge und die Höhe und die Tiefe ist. Welche Höhe, Breite, Länge, Tiefe?
Jetzt kommt ein Satz, den ich sehr liebe: „Um zu erkennen, die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus.“
Wie kann ich etwas erkennen, was die Erkenntnis übersteigt? Unmöglich! Wisst ihr, was ich dazu brauche? Die Kraft des Heiligen Geistes.
Darum sagt Paulus: „Ich bete für die Kraft des Geistes, damit ihr das erkennt, was ihr nicht erkennen könnt.“ Und was ist das? Die Liebe des Christus.
Darin sollt ihr so gewurzelt und gegründet sein, dass euch nichts mehr aus dem Boot hauen kann – in dieser Liebe.
Darum übrigens sagt Paulus: Breite, Länge, Höhe und Tiefe – vier Dimensionen. Mathematiker können in vier Dimensionen rechnen, aber wir können nicht in vier Dimensionen denken. Es übersteigt unsere Erkenntnis.
Und genau dafür betet Paulus.
Wenn ihr euch einen Gefallen tun wollt als Ehepartner, dann betet füreinander um die Kraft des Heiligen Geistes, damit ihr erkennt, was ihr nicht erkennen könnt – nämlich die Liebe des Christus.
Und was ist das Ziel? Damit ihr erfüllt werdet zur ganzen Fülle Gottes.
Das geschieht nur in der Liebe. Darum kann man nie zu viel über Liebe reden.
Manchmal hört man heute: „Ja, das Christsein wird so verweichlicht, die reden dauernd über Liebe.“ Das ist kein korrekter Satz.
Denn wenn Gott Liebe ist und sonst gar nichts, müssen wir über Liebe reden. Das ist keine verweichlichte Gesellschaft, das ist das, worin wir gründen – und darum gründet Freiheit.
Kommen wir zurück zur Ehefrau, die eine Freiheit und Frieden ausstrahlt. Warum? Weil sie weiß: „Ich bin geliebt.“
Wenn du dir die Liebe immer erkaufen oder erst erkämpfen musst, wirst du keine Freiheit haben. Und dasselbe gilt in unserer Beziehung zu Gott.
Schlussgebet
Lieber Vater,
es ist so spannend, dich besser kennenzulernen – dich und deine Liebe, die alle Erkenntnis übersteigt.
Ich bete für mich, meine Frau, meine Familie und die Mitarbeiter. Ebenso bete ich für jede einzelne Herrscherin heute, um die Kraft des Heiligen Geistes.
Möge der Heilige Geist uns helfen, das zu erkennen, was wir selbst nicht erfassen können: die Länge, die Breite, die Höhe und die Tiefe der Liebe Christi. So wollen wir erfüllt werden mit der Fülle und in dieser Liebe verwurzelt und gegründet sein – in jeder Lebenslage.
Herr, um diese Gnade bitten wir dich und beten um die Kraft des Heiligen Geistes.
Danke für unser Zusammensein und für dein Wort. Amen.