Einführung und persönliche Anmerkungen zum Buch
Das Feedback, das ich gestern Abend nach dem Vortrag bekommen habe, war: „Gerald, da hättest du auch dein Buch vorlesen können.“ Ja, meine Güte, ich kann nichts dafür, dass es da Überschneidungen gibt. Ich habe es letztes Jahr schon einmal vorgestellt. Nach dem Kommentar wollte ich es noch einmal zeigen.
Also, ich habe tatsächlich irgendwann vor einiger Zeit ein Buch veröffentlicht, das ich geschrieben habe. Es heißt „Paulus persönlich“. Darin kommt natürlich auch viel aus dem 2. Korintherbrief vor, weil dieser Brief sehr persönlich ist.
Das Buch behandelt jedoch das ganze Leben von Paulus und nicht so sehr seine Theologie. In dieser Zeit werden wir viele Stellen durchnehmen, die darin nicht vorkommen. Es geht wirklich um sein Leben, seine Emotionen und seine Motivation. Warum hat er eigentlich diesen ganzen Stress auf sich genommen? All diese Dinge habe ich versucht, so ein bisschen in eine Reihenfolge zu bringen.
Wer jetzt das dringende Bedürfnis hat, bei dieser Freizeit so ein Buch zu kaufen: Ich habe zwei Exemplare dabei. Es gibt aber keinen Freizeitrabatt. Ich bekomme die Bücher auch nur zum ganz normalen Preis, wie sie in Deutschland verkauft werden. Ich kann sie euch einfach nur zu diesem Preis weitergeben.
Wie gesagt, zwei sind da. Wenn jemand eins mit nach Hause nehmen will, weil er gleich weiterlesen möchte über das, was wir hier gemacht haben, kann er eins haben.
Okay, das war der Werbeblock für diese Freizeit.
Emotionale Verletzlichkeit und das Risiko von Beziehungen
Ich kenne eine Frau, die es vielleicht so ausdrücken würde: Vor einigen Jahren habe ich mich auf eine tiefe Beziehung mit einer Freundin eingelassen. Ich wusste, dass sie die eine oder andere Schwierigkeit hat, und ich habe wirklich viel investiert – auch emotional. Doch ich wurde tief enttäuscht.
Inzwischen gibt es keinen Kontakt mehr, alles ist in die Brüche gegangen. Sie würde vielleicht sagen, dass sie sich nicht mehr auf so eine tiefe Beziehung einlassen wird – außer vielleicht zu ihrer Kernfamilie. Denn den Schmerz, den diese Erfahrung bei ihr ausgelöst hat, hat sie Monate oder immer wieder im Rückblick sogar Jahre gekostet, um ihn wirklich zu verarbeiten. Diesen Schmerz möchte sie sich nicht noch einmal antun.
Von nun an wird sie immer versuchen, sich ein Stück weit selbst zu schützen. In der Medizin oder Psychologie würde man das eine gewisse emotionale Distanz oder professionelle Distanz nennen, um nicht mehr so verletzt zu werden.
Wir haben jedoch gesehen, dass Paulus dies nicht tut. Er macht sich verletzlich und geht Beziehungen ein, obwohl er weiß, welches Risiko das bedeutet. Obwohl er weiß, wie viel Enttäuschung man erleben kann, wie viel Schmerz das mit sich bringt und wie viel Angst manchmal damit verbunden ist.
Das fordert mich heraus. Paulus, wie wir gesehen haben, hat mit großer Angst auf Titus gewartet. Er sollte ihm auf seiner Reiseroute entgegenkommen. Als Titus nicht nach Troas kam, mit den Nachrichten darüber, wie es in Korinth aussieht, glaube ich, dass Paulus keine Angst um Titus hatte. Seine Angst galt den Korinthern. Was bringt Titus für Nachrichten mit?
Die Ankunft von Titus und die Struktur des Zweiten Korintherbriefs
Als Titus nicht nach Troas kam, brach Paulus dort die Zelte ab, obwohl die Tür für das Evangelium offenstand. Er zog weiter auf der vereinbarten Reiseroute Richtung Mazedonien.
Als Titus auch dort noch nicht angekommen war, schrieb Paulus, dass er bedrängt war – von außen durch Bedrängnis und von innen durch Ängste. Schließlich kam Titus mit Nachrichten. Wir wissen nicht genau, wo sie sich trafen, vielleicht in Thessalonich. Endlich kamen Nachrichten aus Korinth, und damit sind wir an dem Punkt, an dem wir gestern Abend stehen geblieben sind.
Ich möchte jedoch noch einmal einen Schritt zurückgehen zu einem Satz aus 2. Korinther 7,8. Ihr werdet merken, dass ich heute weiter mache mit der Rekonstruktion dieser Geschichte, die wir gestern Abend begonnen haben. Wir bewegen uns heute hauptsächlich in Kapitel 2 und Kapitel 7.
Wenn ihr euch den 2. Korintherbrief im Überblick vorstellt, beginnt er vom Anfang bis ungefähr zur Mitte oder fast zum Ende von Kapitel 2 mit einer Erzählung. Diese Erzählung, beziehungsweise Teile davon, versuche ich zu rekonstruieren.
Von Ende Kapitel 2 bis Anfang Kapitel 7 schreibt Paulus ausführlich über das Thema Glaubwürdigkeit: Warum sein Dienst glaubwürdig ist, warum seine Liebe zu den Korinthern und seine Investition in sie glaubwürdig sind. Er zeigt, dass er keine schrägen Motive hat, sondern dass es ihm wirklich um sie geht. Dies werden wir in den nächsten Tagen betrachten.
Ab etwa Kapitel 7, Vers 4, bis zum Ende von Kapitel 7 nimmt Paulus seine Erzählung wieder auf. Dort erzählt er, dass Titus endlich angekommen ist. Paulus unterbricht seine Erzählung also am Ende oder kurz vor dem Ende von Kapitel 2 für einen längeren Abschnitt, in dem er sich verteidigt und seine Motive darlegt. Er erklärt den Kern seines Evangeliums und weitere wichtige Punkte, um dann in Kapitel 7 die unterbrochene Erzählung wieder aufzunehmen und zum Abschluss zu bringen.
Damit endet der erste große Block des 2. Korintherbriefs am Ende von Kapitel 7. Das ist der Aufbau: Anfang und Ende gehören zusammen, mit einem sehr umfangreichen Einschub in der Mitte.
Danach folgt ein ganz eigenes Thema: die große Sammlung für die bedürftigen Geschwister in Jerusalem und Judäa. Dabei geht es um Geld und Freigebigkeit. Für Paulus steht vor allem die weltweite Einheit aller Christen im Vordergrund. Er hatte vor Augen, dass die heidenchristlichen Gemeinden, die er gegründet hatte – und auch andere zu dieser Zeit wahrscheinlich –, zu wenig praktische Beziehung zu den ursprünglichen Gemeinden aus Jerusalem, also den Judenchristen, hatten.
Man akzeptierte sich zwar gegenseitig, aber praktisch gab es kaum Verbindung. Für Paulus war das eine große Gelegenheit: Einige der Heidenchristen hatten finanzielle Mittel, während die Christen in Judäa kaum Mittel hatten. So wollte er diese beiden Gruppen ganz praktisch zusammenführen, damit es von Anfang an keine zwei Gemeinderichtungen gab.
Immer wieder zeigt die Apostelgeschichte, dass Gott daran arbeitet, dass es nicht zwei oder mehr Gemeinderichtungen gibt, sondern eine weltweite Gemeinde. Ich glaube, das ist Paulus sehr wichtig in den Kapiteln 8 und 9. Diese Themen werden wir heute Morgen auch ein wenig anschauen.
Ab Kapitel 10 richtet Paulus seinen Blick verstärkt auf seinen nächsten Besuch in Korinth. Was muss vorbereitet werden? Der zweite Korintherbrief war ein Brief, der diesen nächsten Besuch vorbereiten sollte. An manchen Stellen sollte er die Geschwister fast warnen.
Das ist der Anfang von Kapitel 10 bis ungefähr Vers 11, und dann folgt das Ende des Briefes, also wieder, wie beim ersten Teil, eine Aufteilung: die Erzählung, die Vorbereitung des Besuchs, die ersten elf Verse von Kapitel 10, und dann von Kapitel 12 bis ungefähr Kapitel 13 das Schlusskapitel.
Auch hier gibt es einen umfangreichen Einschub, in dem Paulus wieder über seine Glaubwürdigkeit spricht. Dabei vergleicht er sich mit anderen Menschen, die damals unterwegs waren. Er bezeichnet sie meist nicht einmal als falsche Apostel, sondern nennt sie ironisch „Superapostel“. Er fragt, warum er glaubwürdiger sei als sie.
Das ist das Extrathema in der Mitte. Kapitel 8 und 9 bilden diesen Einschub. Ansonsten gibt es im ersten Teil des Buches, Kapitel 1 bis 7, eine Erzählung, die anfängt und endet, aber dazwischen unterbrochen ist. Im zweiten Teil, Kapitel 10 bis 13, gibt es eine Erzählung, die noch nicht stattgefunden hat – eine Vorausschau auf den nächsten Besuch. Diese beginnt in Kapitel 10, wird am Ende abgeschlossen und enthält erneut einen umfangreichen Einschub.
So sieht ungefähr die Struktur dieses Buches aus.
Die emotionale Wirkung des Briefes und Paulus’ innere Zwiespältigkeit
Aber noch einmal, wie gesagt, zurück zu einem Satz – einem sehr erstaunlichen Satz – in diesem Erzählteil aus dem zweiten Korintherbrief, Kapitel sieben.
Er schreibt in Vers 8 über die Zeit, als er auf Titus gewartet hat. Zu dieser Zeit hatte er diesen Brief durch Titus nach Korinth geschickt. Ein Brief voller Emotionen, voller Trauer, aufgewühlt, herausfordernd. Dabei versuchte er, seine Sorge und seine Liebe zu den Geschwistern zu zeigen. Er offenbarte irgendwie das, was ihn aufgewühlt hatte. Wie gesagt, wir haben diesen Brief nicht mehr, aber wir können ungefähr schließen, wie er war, aus dem, was er über diesen Brief sagt.
Dann schreibt er jetzt im Rückblick: „Denn wenn ich euch auch durch den Brief betrübt habe, so bereue ich es nicht.“ Und dann kommt dieser entscheidende kleine Zwischensatz: „Ich bereue es nicht, dass ich euch mit diesem Brief traurig gemacht, frustriert habe, auch wenn ich es zwischendurch bereut habe.“
Ich finde es krass, dass das so in der Bibel steht. Denkt mal darüber nach: Der Apostel hat einen Brief geschrieben. Mit all den Ängsten und Gedanken, die er sich gemacht hat, hat er sich zwischendurch überlegt: War das richtig? Hätte ich das so schreiben sollen? War das an manchen Stellen zu emotional? War es zu direkt? War es zu kritisch?
Er sagt, er habe es zwischendurch bereut. Er hatte zwischendurch den Eindruck, einen Fehler gemacht zu haben. Und dann, als Titus zurückkommt und erzählt, wie der Brief angekommen ist und was er ausgelöst hat, sagt er: Jetzt bereue ich es natürlich nicht mehr. Weil er sieht, wie Gott es gebraucht hat und was Positives daraus entstanden ist.
Aber überlegt mal: Hier ist ein Apostel – jemand, der so viel weiser ist als ich, sogar noch weiser als du – und der sich in einer Situation so viele Gedanken und Sorgen macht, dass er sagt: Wahrscheinlich habe ich einen Fehler gemacht mit diesem Brief.
Krass! Aber dann schreibt Gott uns ein Wort, und wir denken, wir dürften nicht in solche Situationen kommen. Wir dürften uns doch nicht sorgen, oder? Steht nicht im Philipperbrief: „Sorgt euch nicht“?
Ja, offensichtlich dürfen wir uns an manchen Punkten doch sorgen. Ich meine, Jesus betont, dass wir uns nicht um materielle Dinge sorgen sollen – was wir essen, was wir trinken, was wir anziehen. Aber ich glaube, wir dürfen uns Sorgen um Menschen machen. Wir dürfen uns Sorgen darum machen, dass wir in Beziehungen vielleicht Fehler machen.
Paulus hat sich darum gesorgt. Der Heilige Geist schreibt es extra auf, und es ist gut so. Es ist gut, dass wir so sein dürfen. Es ist gut, dass wir an solchen Punkten ehrlich sein dürfen.
Die Ankunft von Titus und die Erleichterung in Korinth
Okay, Titus kam. In 2. Korinther 7,6 schreibt Paulus: „Der aber die Niedergedrückten tröstet, Gott, tröstete uns durch die Ankunft des Titus.“
Und in Kapitel 7, Vers 4 steht: „Groß ist meine Freimütigkeit euch gegenüber, groß mein Rühmen über euch; ich bin erfüllt mit Trost, ich bin überströmend mit Freude.“
Das trotz all der äußeren Bedrängnis, die es immer noch gibt. Man merkt wirklich, was die Nachrichten, die Titus mitgebracht hat, ausgelöst haben. Diese Nachrichten waren nicht nur positiv, aber zumindest bezüglich dieses akuten Falls, dieser akuten Eskalation, waren sie positiv.
Nach all diesen Wochen der Sorge, der Angst, der Unruhe und sogar des Bereuens über das, was Paulus geschrieben hat, kommen jetzt Nachrichten, dass es positiv angekommen ist, dass die Mehrheit der Gemeinde das positiv aufgenommen hat. Man spürt förmlich, welche Last von Paulus fällt.
Er schreibt, dass er immer noch äußeren Druck hat – die Situation in Mazedonien, die Umgebung, die Gesellschaft ist nicht einfach. Trotzdem können nur so Worte wie „Ich bin überströmend, ich bin erfüllt“ ausdrücken, was das Emotionale mit ihm gemacht hat. Tonnen schwere Lasten fallen von ihm ab.
Ich muss daran denken, was Paulus an die Thessalonicher geschrieben hat, im ersten und zweiten Brief, die wir von ihm kennen. Dort hat er sich um andere Dinge Sorgen gemacht. Er hatte Angst, dass sie dem Druck nicht standhalten würden. Sie waren sehr jung im Glauben, und er fürchtete, dass der Druck von ihren Familien und der Gesellschaft sie sehr schnell wieder vom Glauben abbringen würde.
Er fand die Situation extrem unglücklich, dass sie als Missionare so schnell, nach nur ein paar Wochen oder wenigen Monaten, gehen mussten und diese jungen, unreifen Gläubigen sich selbst überlassen waren. Ganz andere Sorgen als hier.
Auch im ersten Thessalonicherbrief, Kapitel 3, drückt er aus, dass diese Sorgen ihn einfach fertiggemacht haben. Zweimal in wenigen Versen schreibt er: „Wir konnten es nicht länger aushalten.“
Zum Schluss haben sie Timotheus geschickt, einen damals sehr jungen Mann, der eigentlich im Missionsteam war, um praktisch zu helfen. Er war der Einzige, der nach Thessalonich zurückgehen konnte. Sie entschieden, ihn dorthin zu schicken. Paulus sagt: „Ich konnte es nicht länger aushalten.“
Als Timotheus dann mit guten Nachrichten aus Thessalonich zurückkam – dass es den Geschwistern gut geht, dass sie stabil sind trotz aller Verfolgung – sagt Paulus: „Jetzt leben wir wieder.“
Vorher konnte man das Leben nicht mehr so nennen, diesen Umgang mit den Sorgen, die sie so niedergedrückt hatten.
Die Wirkung des Briefes in Korinth und die Reaktion der Gemeinde
Und so ähnlich ist es hier, allerdings aus ganz anderen Gründen. Was hat Titus erlebt, als er mit diesem Brief unterwegs war? Paulus hatte ihn geschrieben – einen Brief, den er mit Tränen verfasst hatte. Er wollte damit seine Liebe zeigen. Er wollte die Gemeinde nicht fertig machen, sondern sehr offen darlegen, was ihm Sorgen bereitet, was ihn betrübt und was er eigentlich nicht tolerieren konnte. Aber er tat es aus Liebe, um ihnen zu zeigen, dass sie ihm etwas bedeuten.
Was hatte Titus erlebt, als er mit diesem Brief nach Korinth kam? Die Reaktion war ganz anders als das, was Paulus sich in seinen schlaflosen Nächten vorgestellt hatte. Es kam ans Licht, dass es diesen Beleidiger gab, der Paulus persönlich angegriffen hatte. Außerdem gab es eine große schweigende Mehrheit, die dem einfach zugesehen hatte.
Offensichtlich war es so, dass der größere Teil der Gemeinde das, was passiert war, schlecht fand. Sie waren ein Stück weit bedrückt, weil sie nicht reagiert hatten. Paulus schreibt über Titus’ innere Gefühle, die ihm gegenüber überströmend sind. Im Kapitel 7, Vers 15 erinnert er sich an den Gehorsam aller und daran, wie sie ihn empfangen hatten – mit Furcht und Zittern. Offensichtlich haben sie gespürt, dass sie etwas falsch gemacht hatten.
Die Mehrheit der Gemeinde, wahrscheinlich nicht alle, stand weiterhin loyal zu Paulus. Sie waren vielleicht zu feige oder zu träge gewesen, was auch immer der Grund war. Aber sie fürchteten ihn nach wie vor und sahen ihn als ihren Apostel und Gemeindegründer an. Sie erwarteten den Besuch seines Gesandten und seinen Brief mit Furcht und Zittern. Was genau sie erwarteten, ist unklar.
Paulus hatte Angst, dass sie die Beziehung abbrechen könnten. Vielleicht fürchteten sie, dass er die Beziehung abbrechen würde. Und sie fragten sich, ob sie dann überhaupt noch offiziell Teil der christlichen Bewegung sein würden, wenn der Apostel die Beziehung zu ihnen abbricht.
Sie nahmen seinen Gesandten wirklich als apostolischen Gesandten im positiven Sinn auf. Sie waren sehr erleichtert, dass der Brief die Beziehung nicht abbrach. Es war kein Brief, der sie alle aus der christlichen Gemeinschaft ausschloss. Stattdessen war es ein Brief, der um sie warb. Ein Brief, der viele Emotionen, aber auch viel Liebe und positive Gefühle offenbarte.
Wahrscheinlich war das, was Titus ihnen vorgelesen hatte, für die meisten von ihnen erst einmal eine große Erleichterung. Sie zeigten ihren Sinneswandel und ihre Reue.
Die Umkehr und der Gemeindeausschluss
Paulus macht eine Aufzählung dessen, was Titus bei seinem Besuch erlebt hat und welche Reaktionen er in der Gemeinde erfahren hat. Ich lese dazu ausschnittsweise noch einmal aus Kapitel 7, Verse 8 bis 10:
„Denn wenn ich euch auch durch den Brief betrübt habe, so reut es mich nicht, denn ich sehe, dass jener Brief euch zumindest für eine Zeit betrübt hat. Jetzt freue ich mich nicht, dass ihr betrübt worden seid, sondern dass ihr zur Buße betrübt worden seid. Denn ihr seid gottgemäß betrübt worden, denn die Betrübnis gottgemäß bewirkt eine nie so bereuende Buße zum Heil.“
Buße bedeutet einfach Umkehr. Paulus sagt, dass der Brief offensichtlich wirklich diese Reaktion ausgelöst hat. Vieles war wohl schon vorbereitet, sonst hätten sie Titus nicht mit Furcht und Zittern erwartet. Aber dieser Brief hat letzten Endes bei der Mehrheit der Gemeinde endgültig ein Umdenken und eine Umkehr bewirkt. Das Wort „Buße“ heißt also Umdenken, Umkehren.
Paulus beschreibt das als göttliche Traurigkeit. Wenn man kritisiert wird, tut das im ersten Moment niemandem gut. Emotional ist es immer schwierig, mit Kritik umzugehen. Paulus sagt aber, wenn die Traurigkeit wirklich ein Umdenken und eine Umkehr bewirkt, dann ist es eine Traurigkeit, eine Frustration, die von Gott kommt. Wenn es nur zerstört, dann ist es vielleicht nicht von Gott gekommen. Zumindest konnte Gott dann nicht wirken. Manchmal liegt es auch an uns.
Nun beschreibt Paulus, was Titus erlebt hat – die neue Einstellung der Gemeinde. Er rahmt die Verse 8 bis 10 mit den Versen 7 und 11 ein, also mit dem Vers davor und dem Vers danach. Ich lese Vers 7:
„Als Titus uns kundtat eure Sehnsucht“ – sie hatten eine Sehnsucht nach einer ungetrübten Beziehung zu Paulus. So wie Paulus eine tiefe Sehnsucht nach einer ungetrübten Beziehung zu ihnen hatte, hatten viele von ihnen eine Sehnsucht nach einer ungetrübten Beziehung zu ihrem Apostel.
Ihr Weg lag darin, dass sie wirklich über die Verletzung trauerten, die Paulus in ihrer Mitte erlebt hatte, und diese zugelassen hatten. Sie brachten ihr Bereuen zum Ausdruck. Das war ein entschiedener Einsatz für Paulus, sodass er sich umso mehr freute. Sie waren jetzt bereit, sich entschieden zu ihm zu stellen, sich hinter ihn zu stellen, Angriffe zu beantworten und zu unterbinden. Sie waren einen ganzen Schritt weiter als bei Titus’ Besuch und kurz danach.
In Vers 11 nimmt Paulus diese Aufzählung noch einmal auf und wiederholt Teile davon:
„Denn siehe, eben dieses, dass ihr gottgemäß betrübt worden seid, wie viel ernsthaftes Engagement hat es bei euch bewirkt, sogar Verteidigung.“
Sie hatten endlich begonnen, sich entschieden auf seine Seite zu stellen und für ihn einzutreten. Sie brachten sogar ihren Unwillen aktiv zum Ausdruck, wie Paulus angegriffen wurde und wie mit ihm umgegangen wurde. Es gab sogar Furcht – wir hatten von Furcht und Zittern gelesen, mit denen sie Titus empfangen hatten. Außerdem gab es Sehnsucht und entschiedenen Einsatz, wie in Vers 7 schon erwähnt. Manche Punkte wiederholt Paulus hier.
Als Letztes nennt er sogar Bestrafung, gerechte Bestrafung. Sie hatten sich entschieden, ihre Passivität zu verlassen – und zwar nicht nur, indem sie eine klare Position für Paulus einnahmen, sondern indem sie den Angreifer offensichtlich für eine Zeit aus der Gemeinschaft ausschlossen.
Der Gemeindeausschluss ist eigentlich kein Thema des 21. Jahrhunderts, aber leider war es ein Thema im Neuen Testament. Hier gab es einen Gemeindeausschluss, nicht in erster Linie wegen Unmoral, sondern wegen Angriffen auf einen christlichen Leiter, die wahrscheinlich wirklich unter die Gürtellinie gingen.
Sie hatten sich durchgerungen, eine Bestrafung auszusprechen. Paulus fand das angemessen und lobte sie dafür. Er freute sich über ihre Entschiedenheit, mit der sie endlich in dieser Sache Stellung bezogen und das sehr deutlich gemacht hatten.
Am Ende von Kapitel 7, Vers 11, schreibt Paulus:
„Ihr habt in allem deutlich gemacht, dass ihr in dieser Sache rein seid.“
Die Balance zwischen Konsequenz und Vergebung
Wenn wir jetzt kurz zurück zu Kapitel 2 gehen, wo Paulus diesen Erzählstrang beginnt – auch wenn die Reihenfolge nicht ganz chronologisch ist – sehen wir einen wirklich schönen Aspekt dieser Geschichte.
Paulus war sehr dankbar, dass endlich eine klare Linie gezogen wurde, dass man eine klare Position bezogen hatte. Aus den Berichten von Titus hatte er den Eindruck, dass jemand ausgeschlossen worden war – zu Recht. Jemand, der ihn verletzt und angegriffen hatte, jemand, der die ganze Eskalation und Krise zwischen der Gemeinde und ihrem Gründer, ihrem Apostel, ausgelöst hatte.
Doch Paulus bekam aus der Erzählung von Titus auch den Eindruck, dass dieser Ausschluss nicht nur bei der Gemeinde als Ganzes etwas bewirkt hatte, sondern tatsächlich auch bei demjenigen, der ausgeschlossen wurde. Im Neuen Testament ist der Gemeindeausschluss ja nicht dazu da, jemanden fertigzumachen oder einfach loszuwerden. Manchmal ist er notwendig, damit sich negative Dinge in der Gemeinde nicht ausbreiten. Aber das Kernziel eines Gemeindeausschlusses ist es, den Betroffenen aufzurütteln. Er soll wirklich erkennen: „Ich habe vielleicht ein paar enge Freunde, die mich immer ermutigen und sagen, ich solle nicht aufgeben und dass ich auf dem richtigen Weg bin, aber die Gemeinde als Ganzes sieht das anders.“
Die Gemeinde sieht das Verhalten als etwas, das im christlichen Kontext nicht tolerierbar ist. Das Ziel ist, diesen Eindruck zu vermitteln, damit derjenige zum Nachdenken und Umdenken kommt. Das ist vielleicht das Beispiel im Neuen Testament, in dem dieses eigentliche Ziel eines Gemeindeausschlusses tatsächlich erreicht wurde. Solche Beispiele gibt es nicht viele.
Paulus sagt, er habe den Eindruck, dass sich die Person wirklich verändert hat, dass sie umgedacht hat und bereut, was sie getan und gesagt hat. In Kapitel 2, Vers 6 schreibt er: „Für jemanden wie ihn ist diese Strafe durch so viele ausreichend.“ Das war für ihn ein harter Schlag, weil die Mehrheit der Gemeinde sich so deutlich gegen ihn gestellt hatte. Paulus meint, das hat Wirkung gezeigt, und er glaubt, dass es genug ist.
Er hatte Angst, dass, wenn man das noch länger durchzieht und ein Exempel statuieren will, der Betroffene ernsthaft Schaden nehmen könnte – emotional oder im Glauben.
Dann schreibt Paulus in Kapitel 2, Vers 7: „Ihr sollt jetzt im Gegenteil eher vergeben und ermuntern, damit jemand wie er nicht durch übermäßige Traurigkeit untergeht.“ Er ermutigt die Gemeinde, zu beschließen, ihn zu lieben. Das ist eine schöne Formulierung, denn hier sieht man wieder, dass Liebe nicht nur etwas Emotionales ist. Es ist ein bewusster Beschluss: „Wir wollen ihn lieben und wieder aufnehmen.“
Wenig später, in Vers 10, schreibt Paulus: „Wenn ihr etwas vergebt, dem vergebe auch ich, damit wir nicht vom Satan überlistet werden, denn seine Gedanken sind uns nicht unbekannt.“ Satan möchte, dass Menschen durch solche Situationen dauerhaft geschädigt werden.
Paulus sagt, wir wissen das, und wir müssen den schmalen Grat finden: konsequent zu sein und Dinge in der Gemeinde nicht zuzulassen, die dort keinen Platz haben. Aber gleichzeitig müssen wir den Punkt finden, an dem wir jemanden wieder aufnehmen, wenn er seine Veränderung und Reue ernst meint. Wir sollen ihn von Herzen mit offenen Armen aufnehmen.
Diesen schmalen Grat müssen wir finden, denn sonst erreicht Satan sein Ziel und schädigt oder zerstört Menschen auf einer Seite oder der anderen.
Ich finde das beeindruckend. Paulus war der Hauptleidtragende in diesem Konflikt, und trotzdem sagt er: „Liebt ihn, nehmt ihn auf, ich trage ihm nichts nach. Ihr kennt ihn besser. Wenn ihr sagt, es ist Zeit, ihm zu vergeben, dann bin ich bereit, ihm zu vergeben.“ Das finde ich wirklich schön – einen wunderbaren Abschluss dieser spannenden und krassen Geschichte.
So war die Eskalation dieses Konflikts nach einigen Wochen und Monaten tatsächlich bereinigt. Superschön! Paulus sagt, er hält es kaum aus vor Freude.
Vorbereitung auf den nächsten Besuch und die anhaltenden Probleme
Wir wissen nicht genau, ob Paulus den Brief in einem Stück geschrieben hat oder in mehreren Etappen. Ich glaube jedoch, dass es sich um einen Brief handelt, der irgendwann als solcher abgeschickt wurde. In der Kirchengeschichte wurde das manchmal angezweifelt, aber ich bin überzeugt, dass der zweite Korintherbrief tatsächlich ein Brief ist. Ob er ihn in einer Sitzung verfasst hat oder ob zwischen den einzelnen Teilen Wochen lagen, ist unklar.
Wenn wir uns jedoch die Kapitel ab Kapitel zehn anschauen, entsteht der Eindruck, dass die anfängliche Euphorie, die Paulus in Kapitel sieben beschreibt, bei ihm etwas nachgelassen hat. Er denkt über seinen nächsten Besuch in Korinth nach. Zurzeit befindet er sich in Mazedonien und überlegt, wie es sein wird, wenn er bald nach Korinth reist. Dabei wird ihm klar, dass sich vieles nicht geändert hat.
Es gab heftige Probleme in Korinth. Paulus unternahm deshalb einen Kurzbesuch, der sehr konfliktreich war. Danach kam es zu einer Eskalation, die zwar bereinigt wurde, aber nicht so, dass alles gut war. Vielmehr befand sich die Situation wieder auf dem Status, der den Besuch notwendig gemacht hatte. Der Höhepunkt der Probleme war zwar vorbei, doch die Dauersituation blieb bestehen.
Nun stellt sich die Frage, wie Paulus mit dieser anhaltenden Situation umgehen soll, in der vieles nicht in Ordnung ist und vieles angesprochen werden muss. Sein letzter Versuch war gescheitert. Wie soll er den nächsten Besuch vorbereiten? Diese Fragen standen im Raum. Es gab viele Bereiche, in denen weiterhin Rede- und Klärungsbedarf bestand.
Ich möchte noch einige Sätze aus dem späteren Teil des Briefes zitieren, die wir gestern Abend schon kurz besprochen hatten: Kapitel zwölf bis vierzehn, wo Paulus schreibt: „Siehe, ich stehe bereit, dieses dritte Mal zu euch zu kommen.“ Und in Kapitel zwölf bis zwanzig heißt es: „Denn ich fürchte, dass ich euch, wenn ich komme, vielleicht nicht so antreffe, wie ich mir das vorstelle, und dass ihr mich nicht so erlebt, wie ihr euch das wünscht.“
Das ist eine unangenehme Situation. Paulus empfindet die Lage zwischen allen Beteiligten immer noch als schwierig. Wenn man das Ende dieses Briefes liest, wird deutlich, dass es weiterhin zwei Hauptthemen gab.
Das eine Thema war, dass es in der Gemeinde immer noch einige Fälle gab, in denen Sünden nicht bereinigt waren und schlechtes Verhalten anhaltend war. Es waren sicher nicht nur ein oder zwei Fälle, vielleicht nicht die Mehrheit, aber doch genug, um darüber sprechen zu müssen. Die Frage war, wie die ganze Gemeinde damit umgehen sollte. Wenn es nicht nur Einzelfälle sind, sondern sich Tendenzen verbreiten, wird die Situation umso schwieriger. Denn fast jeder ist mit jemandem in der Gemeinde verwandt, der betroffen ist. Das macht die Lage nicht einfacher.
Zum anderen gab es Menschen im Umfeld der Gemeinde, die irgendwie ihren Fuß in der Tür hatten. Sie wollten gezielt Einfluss gewinnen und versuchten, die Autorität von Paulus zu untergraben, um selbst mehr Macht zu erlangen.
Auf der einen Seite standen also unangenehme Gespräche über Fehlverhalten, auf der anderen Seite gab es Leute, die behaupteten, sie seien viel bessere Führungspersönlichkeiten als Paulus. Diese beiden Dinge zusammen ergaben eine ziemlich toxische Mischung.
Mit dieser Situation musste Paulus umgehen, und er versuchte, sie irgendwie anzusprechen und zu lösen.
Konflikte und Herausforderungen in der Gemeinde
Schauen wir uns zuerst kurz den ersten Punkt an: 2. Korinther 12,20. Wir haben diesen Vers schon begonnen, in dem Paulus sagt, dass er vielleicht bei seiner Ankunft so auf die Gemeinde trifft, wie er es sich nicht vorstellt. Er wünscht sich, dass die Gemeinde ihn nicht so erlebt, wie sie es vielleicht fürchten – nämlich geprägt von Streit, Eifersucht, Zornausbrüchen und Selbstsucht.
Es gab nach wie vor Gruppierungen innerhalb der Gemeinde. Zwischen diesen Gruppen herrschte Streit und Eifersucht. Dies führte manchmal zu Zornausbrüchen, vor allem in Gesprächen. Ob das auch während des Gottesdienstes geschah, wissen wir nicht genau, wahrscheinlich eher in den Pausen.
Darüber hinaus gab es Selbstsucht. Einige Leute fühlten sich nicht ausreichend beachtet und wollten mehr Einfluss gewinnen. Paulus nennt auch hässliche Dinge wie Verleumdung und üble Nachrede, die er aufführt. Die Atmosphäre war vergiftet.
Zudem gab es prinzipielle Probleme, die Paulus mit zwei Worten beschreibt, die man mit „Arroganz“ und „Chaos“ übersetzen kann. Keine besonders schöne Beschreibung für eine Gemeinde, oder? Wenn jemand euch als Gemeinde einen Brief schreiben würde und sagen würde, dass eure Gemeinde von Arroganz und Chaos geprägt ist, wäre das eher unangenehm.
Noch schlimmer war jedoch, dass es nach wie vor unbereinigte moralische Probleme gab. Paulus spricht im 1. Korintherbrief einen extremen Fall an, von dem ich vermute, dass er zu dieser Zeit bereits bereinigt war. Doch es gab nicht nur Einzelfälle, sondern auch Menschen, die sich Christen nannten und fest zur Gemeinde gehörten, die moralisch nicht einwandfrei lebten. Diese Verfehlungen waren nie wirklich bereinigt worden, es gab keine sichtbare Buße darüber.
Paulus war zutiefst frustriert, dass so etwas in einer Gemeinde toleriert wurde, die er selbst gegründet und geprägt hatte. Er bringt seine Sorge in 2. Korinther 12,21 zum Ausdruck: „Ich fürchte, dass, wenn ich komme, mein Gott mich euretwegen demütigen wird und ich über viele trauern muss.“ Er bezieht sich auf diejenigen, die zuvor gesündigt haben und keine Buße getan haben.
Die Themen, die Paulus anspricht, sind moralische Unreinheit, sexuelle Unmoral und Zügellosigkeit. Diese Verfehlungen waren in der Gemeinde ein großes Problem.
Paulus’ Haltung zur Autorität und sein Appell an die Gemeinde
Und jetzt, wie soll er damit umgehen? Er hatte diesen zweiten Besuch gemacht, diesen Kurzbesuch. Dabei hatte er bestimmte Dinge angesprochen. Letzten Endes, bei allen Konflikten und Schwierigkeiten, sagte er: Ich erwarte jetzt nicht, dass ihr in diesen drei Tagen eine Entscheidung trefft. Aber ihr müsst damit umgehen. Denkt über das nach, was ich gesagt habe, denkt über die Prinzipien Gottes nach. Wenn ich das nächste Mal komme, muss das aufgeräumt sein. Andernfalls werde ich mit Autorität auftreten und das in apostolischer Autorität klären müssen. Das war die Drohung, die für seinen nächsten Besuch im Raum stand.
Im 2. Korinther 13,1 heißt es: „Dieses dritte Mal komme ich zu euch, und ich habe es bereits vorher gesagt und sage es auch jetzt: Wie bei meinem zweiten Mal anwesend, so auch jetzt abwesend, diesmal schreibe ich es euch speziell denen, die vorher gesündigt haben, aber auch allen übrigen, dass ich, wenn ich wiederkomme, nicht schonen werde.“
Er hatte, wie gesagt, viel Geduld gezeigt, doch diese wurde falsch ausgelegt. Man unterstellte ihm, dass er keinen Mut habe, Dinge wirklich mit Autorität zu lösen. Es wurde gesagt, wenn er anwesend ist – ich meine, wenn er abwesend ist –, klingen seine Briefe immer sehr autoritativ und gewichtig. Kommt er dann persönlich, wirkt er irgendwie sanft, harmoniebedürftig und setzt sich nicht durch. Paulus sagt, man hat ihn falsch verstanden. Seine Geduld wurde als Schwäche ausgelegt.
Im 2. Korinther 10,1 schreibt er: „Der ich angeblich anwesend zwar demütig, abwesend aber mutig bin.“ Und in Vers 10 desselben Kapitels heißt es: „Denn die Briefe, sagt man, sind gewichtig und stark, die persönliche Gegenwart aber schwach und die Rede verachtenswert.“
Sein persönliches Auftreten war jedoch kein Ausdruck von mangelnder Selbstsicherheit. Er war geduldig und handelte nach dem Vorbild Jesu. Im 2. Korinther 10,1 beginnt er: „Ich selbst aber, Paulus, ermahne euch durch die Sanftmut und Milde des Christus.“ Er erklärt, dass er so geduldig und mild aufgetreten sei, wie er nur konnte, weil er weiß, dass Geduld und Milde die Art Jesu sind. Man soll erst Fragen stellen, bevor man urteilt. Es war keine Schwäche, sondern Jesu Weise, vorzugehen – nicht sofort hart zu reagieren, sondern erst zu mildern.
Natürlich konnte das nicht auf Dauer so bleiben. Paulus fordert die Gemeinde heraus, möglichst selbst etwas zu tun. Er sagt, er möchte gar nicht mit Autorität auftreten müssen. Ihm wäre es am liebsten, wenn sie alles bereinigen würden, sodass er kommen kann, alles in Ordnung ist und er wieder milde sein kann. Dann könnten sie sich meinetwegen weiter einbilden, dass er schwach sei.
Im 2. Korinther 10,2 schreibt er: „Bitte, ich möchte nicht anwesend mutig sein müssen, mit dem Selbstvertrauen, das ich wohl gegenüber einigen wagen werde.“ Am Ende des Briefes wiederholt er das in Kapitel 13, Vers 9: „Denn wir freuen uns, wenn wir schwach sind, ihr aber mächtig seid. Deswegen schreibe ich euch das Abwesen, damit ich bei Anwesen nicht streng verfahren muss nach der Autorität, die mir der Herr gegeben hat – zum Aufbau eigentlich und nicht zum Niederweisen.“
Paulus würde viel lieber aufbauen als niederreißen. Das hat er auch schon im Kapitel 10 gesagt. Er sieht immer wieder Parallelen vom Anfang des Kapitels 10 und vom Ende dieses Abschnitts. In Vers 8 heißt es: „Unsere Autorität, die der Herr uns eigentlich zum Aufbauen und nicht zum Niederreißen gegeben hat.“ Aber falls nötig, würde er mit Autorität auftreten.
Im Vers 11 fordert er dazu auf, Folgendes zu bedenken: „Wie wir abwesend im Wortlich, also in Briefen, sind, so werden wir auch anwesend in der Tat sein.“ Sie werden mit Autorität auftreten, nicht nur im Brief, sondern auch persönlich, wenn es notwendig ist.
Dann erklärt er, mit welcher Autorität er das tun wird. Ich lese 2. Korinther 10,4-5: „Denn die Waffen unserer Kriegsführung sind nicht in erster Linie menschlich, sondern mächtig in Gott, zum Niederreißen von Festungen, indem wir Gedankengebäude niederreißen und jede Bastion, die sich gegen die Erkenntnis Gottes erhebt, und jeden Gedanken gefangen nehmen in den Gehorsam des Christus.“
Das Ende dieses Verses wird oft aus dem Zusammenhang gerissen, um zu behaupten, man solle seine eigene Gedankenwelt kontrollieren. Doch hier geht es nicht darum. Der Zusammenhang ist, dass Paulus bereit ist, in dieser Gemeinde auch mit Argumenten Krieg zu führen. Er spricht von Kriegsführung. Eine wirkliche Diskussion. Er sagt, sie haben Argumente von Gott, die all eure Gedankengebäude zum Einsturz bringen. Diese Argumente sollen zeigen, welche Gedanken wirklich göttlich sind und welche nur eure Fantasie.
Paulus sagt, und sie werden das tun. Er ist darauf vorbereitet, letztlich auch angemessene Strafen für diejenigen zu verhängen, die nicht busfertig sind. Im Kapitel 10, Vers 6 heißt es: „Und wir stehen bereit, allen Ungehorsam zu bestrafen.“
Abschluss und Pause
Und jetzt braucht ihr eine Pause. Machen wir eine Pause!
