Willkommen und Grundorientierung
Am Dauernhof, besonders für die, die ganz neu hier sind – und diese Woche sind es viele, was ich ganz wunderbar finde – hoffe ich, dass ihr euch inzwischen wohlfühlt und eine gute Zeit habt.
Bei uns steht einfach das Wesentliche im Mittelpunkt: Gott und sein Wort. Das wollen wir immer in der Mitte behalten, ganz egal, welche Programme wir machen oder welche Aktivitäten wir unternehmen.
Als ich noch jünger war – ich muss ehrlich zugeben, ich bin jetzt nicht mehr allzu jung, ich bin ja schon 50 Jahre alt – da haben mich Männer beeindruckt, die fähig waren. Das heißt selbstständige, unabhängige, fähige Männer haben mich damals sehr beeindruckt.
Aber ich muss sagen, jetzt, wo ich älter geworden bin, beeindrucken mich Männer viel mehr, die barmherzig sind. Barmherzige, ehrliche Männer beeindrucken mich heute viel mehr als nur fähige.
Die Haltung der Ehre und Selbstwahrnehmung
Und als Menschen, die wir Jesus und sein Wort ernst nehmen – und ich glaube, die meisten von uns tun das, einige von euch kenne ich ja – glauben wir, dass wir als Menschen nicht dazu geschaffen sind, allen Ruhm und alle Ehre auf uns selbst zu beziehen.
Wir glauben, dass, wenn andere Menschen uns applaudieren und uns Ruhm zollen, wir dann sagen: Danke für das Kompliment, das war echt nett von dir. Aber wir sagen auch, dass die Ehre letztlich Gott, unserem Vater, gebührt.
Wir freuen uns über Applaus und Komplimente, keine Frage. Darüber soll sich jeder Mensch freuen. Aber wir horten sie nicht. Die Korinthergemeinde hat es so schön gesagt: Wenn ich einen Blumenstrauß geschenkt bekomme, nehme ich ihn an, bedanke mich dafür und gebe ihn weiter an Jesus.
Nun, unabhängig davon, wie ernst du die Bibel nimmst oder nicht, wirst du mir wahrscheinlich zustimmen, was ich sage. Wir alle kennen Menschen, die extrem viel über sich selbst reden. Du musst mal nachdenken – in deiner Familie, in deinem Arbeitskreis oder Freundeskreis vielleicht.
Sie reden sehr viel darüber, was sie geleistet haben. Sie zeigen gerne Fotos, wie schön ihre Frau und wie super ihre Kinder sind. Sie zeigen dir, wie groß ihr Haus ist, welche wichtigen Leute sie kennen und welchen Einfluss sie haben. Darüber reden sie gerne.
Sie reden viel über sich selbst. Und wenn sie dann fertig geredet haben, fragen sie oder sagen sie: „So, jetzt habe ich genug über mich geredet, was hältst du eigentlich von mir?“ Das heißt, es geht immer nur um mich.
Im Deutschen gibt es ein Sprichwort: „Ich, mich, mein, mir – Herr segne diese vier.“ Und mit solchen Menschen, die andauernd über sich selbst reden, haben wir etwas gemeinsam: Sie gehen uns mit der Zeit auf die Nerven. Sie sind extrem anstrengend.
Es ist zwar so, dass manche dieser Menschen wirklich viel geleistet und vollbracht haben. Aber es fällt uns sogar schwer zu sagen: „Es ist gewaltig, was du alles getan hast.“ Denn dann wissen wir, dass er noch zwei Stunden weiterredet, was er alles getan hat – und das wollen wir vermeiden.
Das sind die Leute, die jedes Mal, wenn du eine Geschichte erzählst, eine noch bessere haben. Aber – und das ist der Punkt – nichts, was sie sagen oder geleistet haben, beeindruckt uns. Wir sind einfach froh, wenn sie weiterziehen.
Und es ist völlig egal, wie groß ihre Firma ist, wie schön ihre Freundin oder wie schnell ihr Auto ist – es geht uns auf die Nerven. Und warum ist das so? Weil sie die Ehre ständig sich selbst geben.
Die Folgen der Selbstverherrlichung
Das ist der Punkt: Wenn eine Person die Ehre immer auf sich selbst bezieht, geschieht etwas mit ihr – sie wird zunehmend unattraktiv. Menschen, die sich selbst die Ehre geben, erleben ein Paradox. Denn wenn du dir selbst die Ehre gibst, meinst du vielleicht, dich größer zu machen. Tatsächlich wirst du aber immer kleiner, weil immer mehr Menschen dich vermeiden. Du wirst unattraktiver, wenn du dir selbst die Ehre gibst.
Niemand sagt zum Beispiel: „Ich freue mich so auf das Wochenende mit Hans, Franz und Sepp, weil einer von ihnen dauernd über sich selbst redet.“ So fühlt man sich nicht wohl in dieser Gesellschaft.
Christen glauben, dass alle Talente, alles Können und alle großen Leistungen, die wir vollbringen, letztlich Gaben Gottes sind. Im Jakobusbrief lesen wir: „Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben herab.“ (Jakobus 1,17) Jede gute Gabe kommt also von Gott.
Oder im fünften Mose, Kapitel 8, Vers 17-18, steht ein Vers, den ich immer gerne vorlese – auch für mich selbst: „Sage nicht in deinem Herzen: Meine Kraft und die Stärke meiner Hand haben mir dieses Vermögen verschafft. Sondern du sollst an den Herrn, deinen Gott, denken, dass er es ist, der dir die Kraft gibt, Vermögen zu schaffen.“ (5. Mose 8,17-18)
Ich habe Neuigkeiten für dich: Du hast keinen einzigen Euro selbst verdient. Warum nicht? Weil du deine Hände nicht selbst gemacht hast. Hast du deine Augen selbst gebastelt? Nein, alles ist ein Geschenk.
Im Buch der Sprüche heißt es: „Das hörende Ohr und das sehende Auge – der Herr hat beides gemacht.“ (Sprüche 20,12) Wenn Gott es gemacht hat, gibt er mir auch die Kraft, Vermögen zu schaffen. Ich habe keinen Euro selbst verdient – alles ist ein Geschenk.
Wenn wir mit Jesus leben, lernen wir oft unbewusst, dass all das Große, das wir vollbracht haben, letztlich Gott geehrt werden soll. Ich glaube, wenn ich Jesus nicht kennengelernt hätte, hätte ich das nie gelernt. Ich wäre viel zu stolz und eigensüchtig dafür gewesen.
Beispiel aus dem Sport: Gaby Douglas
Ein gutes Beispiel haben wir im letzten Jahr bei den Olympischen Spielen in London 2012 gesehen. Dort gewann eine US-amerikanische Kunstturnerin zwei Goldmedaillen. Ihr Name ist Gaby Douglas. Sie ist Christin und sagte im Interview vor der ganzen Welt, vermutlich vor Millionen von Zuhörern, Folgendes, nachdem sie zwei Goldmedaillen gewonnen hatte:
„Eine Olympiasiegerin zu sein, ist ein unglaubliches Gefühl. Ich gebe Gott alle Ehre. Es ist eine Art Win-Win-Situation. Die Ehre steigt zu ihm auf, und der Segen fällt auf mich herab. Alles in mir soll Gott preisen, damit ich niemals vergesse, was er mir Gutes getan hat.“
Das war ihr Interview. Als Christen das im Fernsehen hörten, jubelten sie. Atheisten hingegen fragten sich, was Gott mit ihrer Leistung zu tun habe, und ärgerten sich darüber, dass sie Gott ins Spiel brachte.
Warum hat Gaby Douglas das gesagt? Weil wir als Christen glauben, dass die Ehre für alles, was wir sind und tun, letztlich Gott gebührt. Darum hat sie es gesagt. Wir wissen, dass wir ohne Gott nichts tun können, und wir reflektieren den Applaus, den wir bekommen, zurück an Gott.
Das Prinzip der Ehre in der Musik und im Alltag
Einige von euch lieben sicher klassische Musik. Ich muss sagen, ich bin da ein bisschen ein Banause. Johann Sebastian Bach schrieb am Ende jedes seiner Werke die Abkürzung "sdg", was für "Soli Deo Gloria" steht – allein Gott die Ehre. Damit drückt er aus, dass Gott für das Werk, das er gerade geschrieben hat, geehrt wird.
Zwischenmenschlich wissen wir: Egal, ob du Christ bist oder nicht, Eigenlob stinkt. Das ist allgemein bekannt. Doch das gilt auch für die Beziehung zu Gott. Unsere Bestimmung ist nicht, uns selbst zu gratulieren, sondern zu reflektieren und Gott die Ehre zurückzugeben, die ihm gebührt.
Ein Mensch, der Gott die Ehre gibt, wird, ganz interessant, gesünder, attraktiver und tut anderen Menschen wohl. Gott zu ehren ist also keine Einschränkung, bei der man sich selbst nicht ehren darf. Nein, es ist eine Freiheit, die dich attraktiv macht. Das ist das Geheimnis dabei.
Übrigens dient jedes Gebot Gottes nur zu unserer Freiheit. Es macht uns gesünder und attraktiver für andere Menschen.
Entscheidungen und die Frage nach der Ehre Gottes
Übrigens ist die Frage „Was bringt Gott die Ehre?“ eine extrem wichtige Frage bei Entscheidungen.
Ich möchte ermutigen, dass du dich beim nächsten Mal, wenn du an einer Weggabelung stehst und dich entscheiden musst, nicht zuerst fragst, was richtig oder falsch ist. Frage dich stattdessen zuerst: Welcher Weg bringt Gott mehr Ehre? Was ehrt Gott mehr?
Wenn du eine Beziehung eingehst, frage dich: Ehrt es Gott, wenn ich das tue? Wenn du ein Geschäft oder ein Business eingehst, frage dich ebenfalls: Ehrt es Gott, wenn ich das eingehe?
Wisst ihr, warum diese Frage so wichtig ist? Sie ist oft viel entscheidender, als wenn du dich fragst, ob etwas richtig oder falsch ist. Denn ich kann fast immer argumentieren, warum etwas richtig oder falsch sein könnte.
Frage dich vielmehr: Was bringt Gott die Ehre?
Wir wissen, dass Menschen, die sich immer selbst applaudieren und dabei versuchen, größer zu werden, eigentlich immer kleiner werden. Andererseits werden Menschen, die den Applaus reflektieren und an andere weitergeben, immer schöner.
Das Vorbild Jesu und die Haltung der Demut
Und das beste Beispiel ist Jesus selbst. Ich lese euch vor aus Philipper Kapitel 2, Verse 5 bis 9. Dort ist dieses Prinzip von Jesus wunderbar aufgeschrieben.
Philipper 2,5: „Habt diese Gesinnung in euch, die auch in Christus Jesus war: Er, der in Gestalt Gottes war, hielt es nicht für einen Raub, gottgleich zu sein. Aber er machte sich selbst zu nichts und nahm Knechtsgestalt an, indem er den Menschen gleich geworden ist. Und der Gestalt nach wurde er wie ein Mensch befunden. Er erniedrigte sich selbst bis zum Tod, ja zum Tod am Kreuz.“
Dann steht dort: „Darum hat Gott ihn hoch erhoben und ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist.“ Warum wurde Jesus hoch erhoben? Weil er sich selbst erniedrigen konnte. Das heißt: Menschen, die sich selbst zurücknehmen können, werden erhöht.
Ich zitiere sehr gern einen gewissen Engländer, Malcolm Muggeridge, der 1990 gestorben ist. Er war Autor und Journalist und früher Agnostiker, das heißt, er hat das Christentum verleugnet. Er sagte einmal: „Christianity is a load of rubbish“ – Christenheit ist ein Haufen Blödsinn. Doch in den 1960er Jahren kam er zum Glauben an Jesus.
Er war übrigens auch derjenige, der Mutter Teresa groß und bekannt gemacht hat. Er konnte sehr gut schreiben. Er schrieb:
„Wir blicken zurück auf unsere Geschichte – was sehen wir? Königreiche kommen und gehen, Reichtümer werden angehäuft und wieder verschwendet. Wir erleben das gerade in der EU extrem. Ich blicke zurück auf meine eigenen englischen Mitbürger, die einst ein Viertel der Welt beherrschten. Ich habe einem verrückten Österreicher zugehört – in dem Fall war ich nicht derjenige, der in der ganzen Welt ein tausendjähriges Reich ankündigte. Ich sah einen italienischen Clown, der unser Kalendersystem erneuern wollte, wenn er an die Macht kommt. Ich traf einen mörderischen Mann im Kreml, der von der intellektuellen Elite als weiser als Salomo bezeichnet wurde.“
Dann schreibt er weiter: „Alles in einem Leben, alles weg, verflogen mit dem Wind. England ist heute nicht mehr als ein Teil einer kleinen Insel an der Küste Europas. Hitler und Mussolini sind tot, ihre Namen sind heute Schimpfwörter. Stalin ist ein verbotener Name im Regime, das ihr half, aufzubauen – alles in einem Leben, alles in einem Menschenleben, aus und vorbei.“
Und dann schreibt er: „Hinter dem Schein dieser selbsternannten Supermänner der Welt steht die gigantische Figur jener Person, von der, in der und durch welche die Menschheit immer noch Grund zur Hoffnung hat: die Person Jesus Christus. Ich präsentiere ihn als den Weg, die Wahrheit und das Leben.“
Jemand hat einmal gesagt: Hätten wir vor 2000 Jahren gelebt und eine Wette abgeschlossen, wer die Welt am meisten beeinflussen wird – das römische Imperium mit all seiner Macht oder ein Zimmermannsohn mit ein paar mittellosen Fischern – wir hätten damals alle auf das römische Reich gewettet, hundertprozentig.
Und doch, zweitausend Jahre später, geben wir unseren Kindern Namen wie Markus, Johannes, Lukas, Maria. Unsere Hunde nennen wir Caesar und Nero. Das ist ein guter Indikator dafür, wer die Welt wirklich beeinflusst hat.
Der Mensch als Beziehung und die Gefahr der Selbstverherrlichung
Es ist so: Wenn wir Gott die Ehre geben, öffnet sich der Sinn für unser Leben. Ich lebe nicht nur für mich selbst, sondern ich stehe in Beziehungen. Und das muss man in der Tiefe verstehen: Der Mensch ist Beziehung.
Seht ihr, der Mensch ist nicht einfach nur da und hat dann noch Beziehungen. Nein, der Mensch ist Beziehung. Das heißt, der Mensch wird in der Bibel ausschließlich über Beziehungen definiert – auch Gott selbst. Wie definiert sich Gott? Als Vater, als tröstende Mutter, als liebender Freund, als Bruder, als Ehemann? Immer wieder präsentiert sich Gott in Beziehung. Das ist nämlich, was wir sind.
Ein Mensch, der die Ehre nur für sich selbst hortet, lebt nicht in Beziehung. Das ist der Trugschluss dabei. Heute erleben wir sehr viel Selbstverherrlichung. In den nächsten zwei Wochen haben wir hier neben den Olympischen Spielen auch das größte Skievent der Welt. Dort gibt es viel Selbstverherrlichung – gar nicht einmal von den Spitzensportlern, oft sind es andere Leute, die sich so darstellen.
Interessant ist, wie Jesus Selbstverherrlichung definiert. Das hat mich fasziniert. Wenn ihr eine Bibel dabei habt, schlagt bitte Johannes 12,23-25 auf. Hier definiert Jesus Selbstverherrlichung.
Jesus aber antwortet und spricht: „Die Stunde ist gekommen, dass der Sohn des Menschen verherrlicht werde.“ Hier ist das Wort. Jesus sagt also: Ich werde verherrlicht – Selbstverherrlichung. Jetzt lesen wir weiter: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein. Wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht. Wer sein Leben liebt, der verliert es. Und wer sein Leben in dieser Welt hasst, wird es zum ewigen Leben bewahren.“
Hassen hat hier nichts mit emotionalem Hass zu tun, sondern bedeutet, das Eigene zurückzustellen, an zweiter Stelle zu setzen. Es geht also nicht nur um mich und mein Ich, sondern um viel mehr. Jesus definiert Selbstverherrlichung, indem er sagt, dass es mit Selbersterben, mit sich selbst zurücknehmen zu tun hat.
Geht ein paar Seiten weiter zu Johannes 21,18. Auch das ist faszinierend. Dort sagt Jesus etwas über Petrus. Johannes 21,18-19: „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Als du jünger warst, gürtetest du dich selbst und gingst, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich gürten und hinbringen, wohin du nicht willst.“
Dies sagte er, um anzudeuten, mit welchem Tod Petrus Gott verherrlichen sollte. Interessant: Jesus sagt, Petrus, du wirst mich in deinem Tod verherrlichen. Das gibt uns eine völlig neue Perspektive auf Selbstverherrlichung.
Wenn man das Leben Jesu betrachtet, erkennt man: Erfolg bedeutet bei Jesus zu geben und zu opfern. Das ist Erfolg. Siegen bedeutet zu sterben. Herausragen bei Jesus bedeutet zu dienen. Es ist faszinierend, wenn man die Evangelien liest: Ruhm bedeutet, im Stillen zu leben. Ein Mensch, der im Stillen lebt, der ist berühmt.
„Cool sein“ – wer will schon nicht cool sein? Wir wollen alle cool sein, jung und alt. In der Bibel heißt das, freundlich und anständig zu leben. Dann bist du cool. Erhaben sein bedeutet, demütig zu sein. Verherrlichung wird manchmal am deutlichsten im Leid erkennbar.
Es sind diese Arten von Menschen, die mich am meisten beeindrucken und mir ein Beispiel sind.
Beispiel Janusz Korczak: Menschlichkeit im Leid
Ein Beispiel aus der Geschichte, das noch nicht allzu lange zurückliegt, ist der polnische Jude Janusz Korczak.
Wie viele von euch waren schon in Jerusalem im Holocaustmuseum? War schon jemand von euch in Yad Vashem? Ich kann nur jedem empfehlen, diese Orte einmal zu besuchen und sich das anzuschauen.
Janusz Korczak war ein sehr bekannter Erzieher und Autor pädagogischer Bücher. Während des Zweiten Weltkriegs kümmerte er sich um jüdische Waisenkinder in Warschau. Er war so bekannt, dass die Nazis ihn nicht einfach beseitigen konnten. Deshalb boten sie ihm an, zu fliehen und so sein Leben zu retten.
Doch er entschied sich, bei den Kindern in Warschau zu bleiben. Die traurige Geschichte ist, dass alle Kinder, um die er sich kümmerte, sowie er selbst, in Treblinka ermordet und vergast wurden.
Das bedeutet: Indem er bei den Kindern blieb, konnte er kein einziges Kind retten. Aber er konnte verhindern, dass sie allein sterben mussten. In der Todesstunde hatten sie jemanden, dessen Hand sie halten konnten.
Die Frage ist: War sein Tod umsonst? Hat er versagt? Die Antwort lautet: Nein. Er ist bis heute eines der größten Vorbilder wahrer Menschlichkeit.
Im universalen Rahmen hat Gott genau dasselbe für uns getan. Statt dass wir den Lohn der Sünde – das ist der Tod – alleine bezahlen müssen, ist Jesus zu uns gekommen und bei uns geblieben. Er ist mit uns und für uns gestorben. Das ist die größte Liebe.
War der Tod Jesu umsonst? Hat er versagt? Ich denke nicht. Bis heute ist er die Hoffnung für Millionen von Menschen. Die Hoffnung, dass es jemanden gibt, der uns hierher gestellt hat – für einen Sinn und ein Ziel. Und dieses Ziel hat oft auch mit dem Sterben zu tun.
Martin Luther und die Bedeutung des Sterbens
Über Martin Luther habe ich kürzlich gehört, dass gesagt wird: Der Teufel habe einmal an seine Tür geklopft und gefragt, ob hier Doktor Martin Luther wohne. Daraufhin habe Luther geantwortet, dass dieser längst gestorben sei und hier nun Jesus Christus wohne.
Das Sterben des alten Menschen ist die größte Selbstverherrlichung.
Gott verherrlichen im Leid und im Tod
Nun noch zum Schluss: Wie können und wie sollten wir Gott im Leid und im Tod verherrlichen? Wie funktioniert das?
Zum einen betrifft es unseren körperlichen Tod. Jesus sagte zu Petrus: „Du wirst mich verherrlichen in deinem Tod.“ Mit manchen Menschen ist es schwer, über den Tod zu sprechen. Sie vermeiden das Thema. Bei anderen ist der Tod bereits so nah und greifbar. Ich nehme an, bei einigen von euch sind es vielleicht Eltern oder Großeltern, bei denen nur noch Monate oder wenige Jahre bleiben. Das kann natürlich bei jedem so sein, aber bei manchen ist es besonders deutlich: Derjenige ist nicht mehr lange hier.
Als Kinder Gottes haben wir die Freiheit, selbst im Sterben Gott zu verherrlichen. Wir wissen: Ich gehe nach Hause. Ich habe Frieden. Paulus sagt im Philipperbrief so schön: „Mein Leben ist Christus und Sterben ist mein Gewinn.“ Glaubst du das? Wenn du morgen beim Skifahren ums Leben kommst, hast du gewonnen. Gratulation! Wir lachen darüber, aber es ist wirklich so.
Ein lieber Freund von mir, der Theologieprofessor Hans-Joachim Eckstein, sagt es so treffend: Christen sterben zwar, aber sie sind keine Sekunde tot. Du bist nie mehr tot, denn du bist immer bei Christus. Das heißt: Wenn man Jesus kennt, kann man auch im Tod Gott verherrlichen.
Manche von uns haben den körperlichen Tod vielleicht noch nicht so nah vor Augen. Aber vielleicht müssen manche von uns dem Streben nach Komfort und Luxus sterben. In unserer westlichen Welt sind auch wir Christen extrem versucht, alle Entscheidungen nur noch danach zu treffen, was am angenehmsten und leichtesten erscheint.
Wäre es für dich in Ordnung, wenn Gott zu dir sagt: „Bianca, Franz, Sepp – wie auch immer du heißt – nächstes Jahr brauche ich dich für zehn Jahre in China“? Wäre das okay für dich? Oder wäre es unbequem? Treffen wir unsere Entscheidungen nur noch danach, was bequem ist, dann könnte es sein, dass wir diesem Streben absterben müssen – und damit Gott verherrlichen.
Jesus hat gesagt: „Nehmt auf euch mein Joch.“ Er hat auch gesagt: „Mein Joch ist leicht.“ Aber er sagte Joch, nicht Sofa. Es ist ein Joch. Manche von uns müssen vielleicht dem Glauben absterben, ein privilegierter Mensch zu sein.
Seien wir ehrlich: Manche von uns glauben, etwas Besonderes zu sein. Wir heben uns ab vom Fußvolk, fühlen uns herausragend – aus welchen Gründen auch immer. Ich habe eine gute Botschaft für dich: Du bist es nicht – und ich auch nicht. Wir sind alle gleich – nämlich Menschen.
Es ist allerdings so, dass wir schon als Kinder aufwachsen, während unsere Eltern uns sagen: „Du bist etwas Besonderes.“ Das stimmt auch – du bist etwas Besonderes. Aber das ist der andere auch. Ich bin nicht mehr besonders als der andere.
Wir wachsen so auf, dass wir glauben, wir seien die Stars im eigenen Film, und die anderen um uns herum dürfen gerne Nebenrollen spielen. Das ist falsch.
Ich kann mich erinnern: Ich bin auch beim Bergrettungsdienst. Nach einem Einsatz am Berg trafen wir uns noch auf der Berghütte, haben herumgealbert und Witze erzählt. Einer erzählte einen Witz, der auf Kosten einer Frau ging, die in der Küche arbeitete – einer Ausländerin. Die meisten lachten.
Später fragte ich einen meiner Kameraden: „Hättest du den Witz auch witzig gefunden, wenn die Witzfigur nicht diese Frau gewesen wäre, sondern deine Ehefrau?“ Er antwortete: „Nein, eigentlich nicht.“ Da sagte ich: „Warum nicht? Ist eine Ehefrau mehr wert als diese Frau in der Küche?“
Aber sieh dir an, wie wir denken. Wenn du glaubst, du hebst dich ab vom Fußvolk, dann musst du diesem Glauben absterben, wenn du Gott verherrlichen möchtest. Denn es ist nicht so. Du bist nur ein normaler Mensch wie alle anderen auch. Vielleicht kannst du etwas besser, was andere nicht können, aber dafür können andere etwas besser, was du nicht kannst. Es bleibt sich immer gleich.
Vom Sterben eines Traumes
Es kann auch sein, dass – und das ist vielleicht das Schwierigste – ein Traum stirbt. Für manche, auch hier im Raum, ist es vielleicht der Traum oder der Wunsch nach einem Ehepartner.
Seht ihr, wir wachsen mit dem Traum auf, dass wir eines Tages die Traumfrau oder den Traummann finden und dann glücklich bis ans Lebensende sind. Interessanterweise sagen wir schon zu unseren Kindern: „Ja, wenn du mal verheiratet bist.“ Wir sagen nicht: „Falls du mal heiratest.“ Es ist für uns selbstverständlich, dass sie heiraten.
Wir sagen: „Na, du wirst so eine fantastische Mutter, wenn du mal groß bist.“ Und die Medien tragen ihren Teil dazu bei, dass jede oder jeder die Traumfrau oder den Traummann findet.
Wenn das dann nicht geschieht, fühlen wir uns betrogen. Wir sind schockiert und denken: „Gott und das Leben haben mich vergessen und betrogen.“ Das ist ein Wahnsinn. Warum denken wir so? Weil uns das so eingeredet wird.
Tatsache ist: Nicht alle von uns sind verheiratet, und nicht jeder von euch wird heiraten. Kannst du dir eine Zukunft vorstellen, in der du nicht verheiratet bist, aber ein erfülltes Leben führst und Gott die Ehre gibst? Warum nicht?
Es kann sein, dass wir einem Traum sterben müssen. Natürlich ist es gut zu träumen, und Gott kann Träume zurückgeben, keine Frage. Aber wir sollten nie an Träumen festhalten. Sonst fällt es uns schwer, Gott zu verherrlichen.
Leider, das muss ich sagen, honorieren und würdigen wir das Single-Sein in unserer Gesellschaft nicht so, wie Gott es tut. Es stimmt, in der Bibel ist klar, dass Gott Mann und Frau geschaffen hat. Aber die Bibel würdigt und ermutigt sogar das Single-Sein. Das ist in unserer Gesellschaft, auch in christlichen Kreisen, zum Teil vergessen worden.
Dann gibt es andere, die verheiratet sind und davon träumen, Single zu sein. Wahrscheinlich sind ein paar hier auch dabei. Ich weiß, dass ihr da seid. Ihr überlegt, wie es wohl wäre, wieder alleine zu sein – das wäre auch ganz nett.
Ich habe eine Ermutigung: Auch diesen Traum kannst du sterben lassen. Du kannst mit deinem Partner alt werden und dabei Gott die Ehre geben. Es ist möglich.
Andere träumen davon, Kinder zu haben, und bekommen keine. Oder der Traum von einer Karriere erfüllt sich nicht.
Wisst ihr, wie wir Gott die Ehre geben? Indem wir ihm einfach das danken, was er uns jetzt gegeben hat. Heute sagen wir: „Herr, du weißt, was ich mir wünsche. Aber ich danke dir für das, was ich sein darf, hier und jetzt.“
Anstatt alle Energie darauf zu verwenden, etwas zu sein, das ich vielleicht nie werde, ist es viel gesünder, dankbar anzunehmen und zu reflektieren, was Gott mir gegeben hat.
Praktische Tipps für ehrliche Demut
Ein paar praktische Tipps, um ehrliche Demut zu kultivieren, die uns helfen, eine ehrliche Demut zu lernen.
Erstens: Tue gute Dinge im Geheimen, sodass niemand es weiß. Gib zum Beispiel jemandem tausend Euro, von dem du weißt, dass er es braucht. Schreibe dabei keinen Bibelvers mit deiner kleinen Unterschrift dazu. Denn sobald du das tust und die Person es erfährt, wem fühlt sie sich verpflichtet zu danken? Dem, der unterschrieben hat. Wenn aber nichts dabei steht, wem wird sie danken? Gott, dem die Ehre gebührt.
Heute, gerade unter Politikern, sagt man oft: Tue Gutes und lass es jeden wissen. Das ist zwar gut für die Empfänger, und ich bin froh, dass sie es tun. Aber für dein eigenes Herz ist es gesünder, nicht zu verraten, von wem es stammt. Du wirst dadurch gesünder und attraktiver.
Was auch hilfreich ist: Versuche, die Stärken anderer wahrzunehmen, damit wir sie ermutigen können. Wir neigen in der deutschen und österreichischen Kultur eher dazu, Schwächen zu sehen und diese zu kritisieren. Ich glaube, es wird allgemein besser, worüber ich sehr dankbar bin. Aber wir haben noch immer eine etwas kritische Kultur. Darum tut es gut, die Stärken des anderen zu sehen. Schwächen hat ja jeder, auch du. Aber man kann auch auf die Stärken schauen und diese dann ermutigen.
Drittens ist es gut, Gott für die eigenen Schwächen, Fehler und die unguten Seiten zu danken und über sich selbst lachen zu können. Das ist wahnsinnig gut. Wie geht es dir zum Beispiel beim Skifahren, wenn du wieder einmal stürzt? Ärgerst du dich, weil jemand zugeschaut hat? Oder bleibst du liegen und lachst darüber? Ich wünsche euch das Zweite.
Viertens: Reflektiere den Applaus und die Anerkennung zurück auf Gott. Es ist unheimlich gesund, das zu tun. Es macht uns attraktiver und gibt Gott die Ehre. Dazu sind wir Christen geschaffen. Wir sollen die Ehre nicht für uns behalten, weil es uns nicht gut tut, sondern sie dem geben, dem sie gebührt und der damit umgehen kann.
Es ist ja auch so: Bei manchen Stars sieht man, dass sie nicht damit umgehen können. Sie werden ungesund und unglücklich, weil wir Menschen nicht geschaffen sind, die Ehre zu horten. Wir sind geschaffen, sie zu reflektieren.
Die Weisheit des Wortes Gottes und Gebet zum Abschluss
Was mich immer fasziniert am Wort Gottes: Jesus hat immer Recht. Je älter ich werde, desto mehr sage ich: Diskutiere mit jedem Menschen, aber diskutiere nie mit Jesus. Er hat immer Recht. Und er hat wirklich immer Recht. Das fasziniert mich so sehr.
Unsere Interpretation kann man hinterfragen, aber Jesus selbst ist unheimlich klug. Sein Wort gibt uns Leben – das ist das Wichtigste. Es ist aber auch extrem klug, um recht und wahr zu leben.
Ich bete: Lieber himmlischer Vater, wir möchten dir einfach danken, dass wir hier gemeinsam auf dich hören können, auf dein Wort. Herr, danke, dass alle guten Gaben von dir kommen. Es ist eine Gabe, ein Geschenk von oben. Wir haben unsere Hände nicht selbst gemacht, unsere Augen und Ohren auch nicht. Es ist alles ein Geschenk.
Danke für das, was wir verdienen dürfen, für das Vermögen, das wir uns schaffen dürfen, für die Erfolge, die wir feiern dürfen, für den Applaus, den wir bekommen. Danke für all das. Und wir wollen es dir zurückgeben, weiterreichen an dich, denn du bist der, der uns alles geschenkt hat.
Danke, Vater, dass wir in dir gesund werden dürfen – gesund werden von einem falschen Egoismus, von der Egofalle. Gesund werden dürfen davon, immer auf sich selbst schauen zu müssen, immer Angst zu haben, zu kurz zu kommen. Herr, danke, dass du uns davon heilen kannst durch deinen Geist, der Kraft hat, der Macht hat, uns zu erneuern.
Und danke für deinen Geist, Herr Jesus, der wirklich wirkt. Wir wollen uns dir aussetzen und dir Freiraum geben, das in unserem Leben zu tun, was du gerne tun möchtest.
So danke ich für die lieben Leute hierher, auch diese Woche. Ich befehle sie dir an und wünsche mir einfach, dass sie wirklich eine gute Woche haben, in der sie durchatmen können, dich mehr lieben lernen, sich selbst höher achten lernen und damit auch den Nächsten lieben können.
Das wünsche ich mir für mich selbst, für die Mitarbeiter, für meine Familie und für die Gäste hier. Wir legen dir auch unsere Nachbarn hin, den Planei, die Nachbarn rundherum, die jetzt so beschäftigt sind. Herr, segne sie, bewahre sie vor dem Bösen, schenke ihnen gutes Gelingen in der Arbeit und ein gutes Miteinander.
Ich bete, dass auch diese Weltmeisterschaft dir Ehre bringen kann. Ich bete um gute Gespräche, um eine Offenheit für dich und dein Wort. Bei allen Menschen, die da sind, ob Sportler oder Zuschauer, ob Organisatoren oder wer immer dabei sein mag: Herr, mögest du sie segnen. Mögest du auch uns gebrauchen, um deine Liebe hier weiterzugeben.
Dafür beten wir im Namen Jesu Christi. Amen.