Seiter! Lass uns beten!
Ab Dank, Herr, dass wir so offen und einfach miteinander reden können – über all das, was wir im Leben erkennen dürfen. Schenk uns, dass unser Gedankengang von deinem Wort geprägt bleibt. Hilf uns, dass wir auf unserem Weg für die anderen eine Hilfe im Leben sind.
Danke, dass es diese Gemeinde hier gibt. Es ist eine große Freude zu sehen, wie du Menschen zusammengeführt hast. Auch als Gemeinde schenkst du uns im Geist eine solche Hilfe füreinander. Herr, ich bin sehr dankbar dafür.
Danke für deine Gegenwart. Amen.
Praktische Hinweise zur Seelsorge und Jüngerschaft
Noch etwas ganz Praktisches für die Seelsorge: Ich habe festgestellt, dass Seelsorge unter Schafen – also unter euch als Einzelpersonen – in der Realität eng mit Jüngerschaft verbunden ist.
Ich glaube, es ist sehr hilfreich, wenn sich zwei Brüder und auch zwei Schwestern gegenseitig unterstützen. Das bedeutet, in der Jüngerschaft miteinander die Bibel zu lesen, gemeinsam zu beten und sich offen auszutauschen. So lernt man, miteinander dem Herrn nachzufolgen.
Wichtig ist, dass diese Zweierschaft, in der sich zwei Menschen helfen, Jesus nachzufolgen und in der Beziehung mit Gott leben, nicht exklusiv wird. Das heißt, andere dürfen jederzeit dazukommen und mitmachen. Eine Zweierschaft kann sich so auch zu einer Dreierschaft oder mehr erweitern.
Wenn diese Gemeinschaft jedoch exklusiv wird, also nur auf zwei Personen begrenzt bleibt und andere nicht teilnehmen können, ist das nicht gut. Es schränkt ein und erschwert es anderen, Kontakt zu halten.
Ich finde es immer schön, wenn man in der Jüngerschaft miteinander lebt, um Jesus nachzufolgen. Dann geschieht Seelsorge ganz selbstverständlich, ohne dass man dafür unbedingt den Begriff „Seelsorge“ verwenden muss.
Beim Austausch, in Ehrlichkeit und im Gebet hilft man sich gegenseitig, mit Gottes Wort Wege zu finden, um Probleme zu lösen – aber eben nicht exklusiv.
In Gemeinden gibt es oft die Spannung, dass Jüngerschaften exklusiv werden. Das ist schade, weil dann andere außen vor bleiben und keine Möglichkeit haben, mitgenommen zu werden.
Das wollte ich nur als Einstieg in das ganz Praktische sagen.
Die Bedeutung der Vergangenheit in der Seelsorge
Das Praktische in der Seelsorge ist, dass bei jedem Menschen die Vergangenheit etwas in die Gegenwart mit hineinbringt. Diese Vergangenheit ist in der Seelsorge wichtig, denn man muss sie verstehen. Was jemand zuvor erlebt hat, bringt unbedingt verschiedene Arten von Gewohnheiten und eine bestimmte Denkweise mit sich.
Wir alle bringen eine Denkart aus unserer Familie mit, egal ob wir gute oder schlechte Beziehungen zu unseren Eltern hatten. Jede dieser Haltungen und Situationen hat eine Denkkraft in unserem Leben hinterlassen. Oft führt das zu bestimmten Reaktionen. Wenn man die Vergangenheit eines Menschen kennt, versteht man diese Reaktionen heute sehr gut. Denn viele mussten sich selbst einen Weg bahnen, um eine Identität zu finden. Dabei haben sie oft eine Identität gefunden, indem sie vieles, was sie früher angegriffen hat, einfach weggestoßen haben.
Die Vergangenheit ist also nicht dazu da, Entschuldigungen zu suchen. Vielmehr soll man sie verstehen, um besser nachvollziehen zu können, wer dieser Mensch heute ist, warum er so denkt und warum er diese Reaktionen zeigt. Wir alle sind von unserer Vergangenheit geprägt.
Darum ist es wunderbar, wenn ich jetzt an viele junge Ehen denke: Wenn ihr voll mit dem Herrn lebt, dann haben eure Kinder es richtig schön, wenn sie geboren werden. Denn sie wissen dann, was ein Vater ist. Sie erfahren, was eine liebende Autorität bedeutet. Sie lernen durch das Leben ihrer Eltern, wie es wirklich ist, was man einem kleinen Kind geben sollte – so, wie es in der Schrift steht. Das wird das Kind bis ins Alter hinein behalten.
Diese Kinder bekommen das Evangelium nicht einfach als Theorie vermittelt. Sie können es bei Vater und Mutter als ausgelebtes Evangelium sehen, als die Gnade Gottes. Diese Eltern leben nur von Vergebung und Gnade. Sie können alles haben: die Vergangenheit und den Glauben.
Ich merke oft in der Pionierarbeit, dass viele Menschen, die sich bekehren, oft schon um die fünfzig Jahre alt sind. Sie brauchen viel Zeit, um falsches Denken und Gewohnheiten, die tief verankert sind, loszulassen. Deshalb lege ich in der Pionierarbeit das wichtigste Gewicht auf die Kinder. Wenn diese Kinder das Evangelium bekommen, auch wenn sie später fünfzig sind, haben sie von klein auf das Wichtigste erhalten. So können sie mit einer anderen Denkweise in die Gesellschaft hineingehen.
Seelsorge ist also auch ganz praktisch: Die Vergangenheit bringt etwas in die Gegenwart. In jedem von uns hat die Vergangenheit etwas hinterlassen, das uns heute ausmacht. Die Vergangenheit hat uns geprägt.
Wie gesagt, in der Vergangenheit suchen wir keine Entschuldigungen. Jeder von uns muss Veränderungen leben. Wir versuchen auch nicht, die Schuld bei anderen zu suchen. Denn jeder hat Ungerechtigkeiten erlebt und muss lernen zu vergeben – auch wenn die anderen ihm wehgetan haben und er sie nicht ändern kann.
Die drei Lebenszeiten im Glauben und ihre Bedeutung für die Seelsorge
Es gibt also im Leben verschiedene Zeiten. Ich würde sagen, es gibt eine Zeit, die Vergangenheit, die wir bis zur Wiedergeburt gelebt haben. In dieser Vergangenheit erkennen wir, wie wir zuvor falsch gedacht haben. Dieses falsche Denken muss neu von Christus und durch sein Wort umgestellt werden.
Ich habe geschrieben: Die Vergangenheit ist die Zeit des Lebens vor der Wiedergeburt. Sie ist sehr oft eine Zeit, in der vieles bergab ging und kein Licht da war, um wahr zu werden. Falsches Denken, falsche Werte und dadurch verschiedene schlechte Gewohnheiten wurden eingeübt. Auch eine ganz falsche Vorstellung von Liebe, Freude, Frieden, Glück und Freiheit prägte diese Zeit.
Als das Evangelium in das Leben kam, konnte man die Scherben des Lebens vor Gott bringen. Halleluja! Das habe ich noch hingeschrieben, ganz wichtig. Doch das Wichtigste, was ich gesagt habe: Vieles ist von dieser falschen Denkart geprägt. Wir bekommen ein neues Leben, und die Denkweise muss jetzt durch das Evangelium und die Bibel geprägt werden.
Das war die erste Zeit. Es gibt eine zweite Zeit in unserem Leben, das ist das, was wir heute sind. Das ist die Zeit nach der Wiedergeburt, in der das neue Leben begonnen hat. Die Wiedergeburt markiert den Beginn des Lebens auf Erden in der Phase des Wiederaufbaus. Es geht nicht um eine Verbesserung der alten Natur, die am Sterben ist, sondern um den Aufbau eines neuen Lebens.
Dieser Aufbau wird noch gehindert von eingeprägten falschen Gedanken und schlechten Gewohnheiten. Das alte Wesen ist gestorben, und wir sollen verschiedene Dinge noch töten. Wir sollen die alte Natur als tot betrachten und die alten Kleider ablegen. De jure, also vor dem Gericht Gottes, sind wir gestorben. Aber de facto, also tatsächlich, sind wir noch am Sterben, gekreuzigt mit Christus, und sollen das Falsche noch töten.
Ich kenne die ganze theologische Debatte, ob wir mit der alten Natur gestorben sind oder nicht. Mir scheinen verschiedene Texte, zum Beispiel Römer 6, ganz klar lesbar zu sein: Wir sind mitgekreuzigt. Das heißt, wir sind noch in dieser Situation gekreuzigt.
Wenn man heute stirbt, was bedeutet das? Wer hat die Antwort? Nein, wir kommen vielleicht in dasselbe. Ja, genau. Ganz gut. Römer 6! Du bist in der guten Linie mit der Frage.
Römer 6,5 und folgende: "Denn wenn wir mit ihm verwachsen sind zur Ähnlichkeit seines Todes, so werden wir es auch zu der seiner Auferstehung sein. Wir wissen doch, dass unser alter Mensch mitgekreuzigt worden ist, damit der Leib der Sünde außer Wirksamkeit gesetzt sei, sodass wir der Sünde nicht mehr dienen. Denn wer gestorben ist, der ist von der Sünde losgesprochen. Sind wir aber mit Christus gestorben, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden. Da wir wissen, dass Christus von den Toten erweckt wurde und nicht mehr stirbt, der Tod herrscht nicht mehr über ihn. Denn was er gestorben ist, das ist er der Sünde gestorben, ein für allemal. Was er aber lebt, das lebt er für Gott. Also auch ihr, haltet euch selbst dafür, dass ihr für die Sünde tot seid, aber für Gott lebend in Christo Jesu, unserm Herrn."
Gestorben sein heißt also, uns zu halten, weil wir Christus angenommen haben, uns persönlich anzuschauen als der Sünde gestorben. Was heißt das? Das heißt, der Tod hat keine Macht mehr über uns. Wir müssen nicht obligatorisch sündigen. Die Sünde gehört nicht zum neuen Leben. Aber wir sündigen noch, weil wir gekreuzigt sind. Wir sind noch nicht vom Kreuz heruntergekommen. Wir sind gekreuzigt – das heißt mit ihm im Leiden.
Mit ihm im Leiden, bis wir auch von diesem Leib befreit werden, siehe 1. Korinther 15, und den himmlischen Leib bekommen, wo wir dann absolut in die Vollkommenheit hineinsteigen. Im Moment sind wir in diesem Leiden, wo wir de jure vor Gott dem Vater als das alte Wesen gestorben angesehen werden. Vor dem Gericht Gottes sieht Gott uns durch Christus. Darum sieht Gott uns mit unserem neuen Leben.
Gott der Vater sieht uns ohne Sünde, denn er schaut uns durch Christus an. Deshalb können wir die Freiheit haben, vor den Thron Gottes zu treten. Sonst würden wir tot vor dem Thron Gottes liegen. Aber der Vater sieht uns durch das Schwert Christi, gekreuzigt mit ihm.
Wenn man dann weiterliest, könnte man Kolosser 3,4-17 lesen: "Wenn Christus euer Leben offenbar werden wird, dann werdet auch ihr mit ihm offenbar werden in Herrlichkeit. Tötet nun eure Glieder, die auf Erden sind!" Vor einem Toten braucht man nicht zu töten.
Die Bibel sagt, wir sind tot, und man soll töten. Wir sind gekreuzigt, und in dieser Situation, wo wir mit Christus gekreuzigt sind, lebt in uns noch etwas. Es ist am Abklingen, wie bei der Kreuzigung, wo noch Stunden vergehen. Es ist die Zeit, in der wir noch in unserem Körper sind. In dieser Zeit haben wir die Verantwortung zu töten.
"Tötet nun eure Glieder, die auf Erden sind: Unzucht, Unreinheit, Leidenschaft, böse Lust und Habsucht, welche Götzendienst ist, in welchen Dingen der Zorn Gottes über die Kinder des Ungehorsams kommt, in welchen auch ihr einst gewandelt seid, als ihr darin lebtet. Nun aber legt das alles ab!" – das heißt, die alten Kleider ablegen und die neuen Kleider anziehen.
Das kennst du auch aus den Briefen: "Lege ab und ziehe Neues an." Aber immer auch in dieser Zeit, in der wir leben bis zu unserem physischen Tod, leben wir in der Zeit des Gekreuzigten. Versteht das richtig: Wir sind in unserem Zustand nicht gestorben, sondern erst gekreuzigt.
Gekreuzigt, ja! Denn Römer 6 sagt ja in Vers 2: "Wie sollten wir in der Sünde leben wollen, der wir doch gestorben sind?" Oder Vers 7: "Wer gestorben ist, der ist frei geworden von der Sünde. Sind wir aber mit Christus gestorben, so glauben wir auch, dass wir mit ihm leben werden."
Das klingt, als seien wir bereits gestorben, als sei die Sünde gestorben. Wenn wir gestorben sind, sind wir frei von der Sünde. Sind wir frei von der Sünde? Wer will aufstehen? Ich sitze hin! Wir befinden uns im Sterben, ja? Ja, wir sind gekreuzigt, wir sind am Sterben. Und das ist unser Leiden.
Man kann das nicht nur geistlich interpretieren. Unsere Stellung ist ja frei von der Sünde. Wir sind nicht, wie du gesagt hast, gezwungen, in unserer neuen Natur zu sündigen. Ja, das stimmt. Aber in der Realität sind wir noch nicht gestorben, sondern gekreuzigt. Das ist der Grund, warum wir noch sündigen und warum wir ablegen sollen.
Das findest du auch in 1. Korinther 15. Vielleicht muss ich zuerst noch bei Kolosser bleiben, Entschuldigung. Ich komme dann zu 1. Korinther 15.
Was ist das Zweite, immer spannend? Von welchem Buch? Kolosser 2,12. Ja, Kolosser 2,12 ist spannend. Am Kreuz zu hängen war immer spannend.
Dort steht, dass wir mit ihm auferweckt worden sind und dass wir durch den Glauben an die wirksame Kraft Gottes auferweckt sind. So habe ich das für mich als Schlüssel gesehen: Wir sind mit ihm gekreuzigt und werden mit ihm in dem Moment auferweckt, in dem ich glaube.
Hier ist Glaube der Schlüssel: In dem Moment, in dem ich durch den Glauben die Auferweckung in Anspruch nehme, wird das neue Leben zur Realität. Durch den Glauben kann ich das in Anspruch nehmen und ein Leben leben.
In dem Moment, in dem der Glaube in mir wirksam ist, lebt Christus in mir, und ich lebe in diesem neuen Leben. Wenn der Glaube in mir schwach wird, also wenn ich nicht mehr in Verbindung mit Jesus bin, lebe ich nicht mehr in diesem Leben.
Durch den Glauben nehme ich diese Realität in Anspruch. Aber das würde bedeuten, dass der gestorbene alte Mensch wieder auferweckt werden kann, wenn ich in Unglauben falle.
Wir haben zwei Naturen, das denke ich ganz klar. Durch den Glauben kann ich in der neuen Natur leben, und wenn ich im Unglauben lebe, lebt die alte Natur auch.
Okay, dann ist die alte Natur nicht tot? Nein, in dem Fall nicht. Da sind wir wieder am Kreuz.
Das ist die Theologie, die wir in München haben – die sogenannte Münchner Theologie. Ich habe diesen Punkt... Die Münchner Theologie.
Wir haben eine Stiftung, die sich damit beschäftigt hat. Das Thema wurde bei uns so diskutiert. Es gab eine Person aus anderen Ländern, die sagte, wir hätten nur eine Natur. Das sprach uns an.
Ich bin mit dieser Person dann herumgegangen und habe alle unsere Lehrer gefragt. Alle sagten, wir haben zwei Naturen, und beide leben. Durch den Glauben kann ich in der neuen Natur leben.
Aber es ist nicht so, dass die alte Natur weg ist. Wir leben als Gekreuzigte, aber ich denke, wir leben unter dem Kreuz nicht so, wie das Kreuz selbst lebt.
Klar, meine alte Natur soll am Kreuz liegen, aber die neue Natur soll leben. Sie soll aktiv sein, nicht am Kreuz hängen. Jesus hängt ja auch nicht mehr am Kreuz.
Wenn Jesus in mir wirkt, wirkt er nicht als Gekreuzigter, sondern als Auferstandener. Das widerspricht sich nicht, das ist ganz richtig.
Es ist derselbe Gedanke, nur mit einem anderen Aspekt: Solange wir im Leib sind, wie 1. Korinther 15 sagt, leben wir als Gekreuzigte. Deshalb dürfen wir nie denken, dass wir schon völlig ohne Sünde sind, solange wir atmen.
Das ist die Gefahr der Theologie, die sagt, die alte Natur sei ganz gestorben und wir hätten nur noch die neue. Wenn man die eine Natur eliminiert und nur noch die andere sieht, kommt man zu einer falschen Auslegung von 1. Johannes, wo behauptet wird, man sündige nicht mehr.
Darum ist es für mich wichtig, bewusst zu wissen, dass wir, wie Römer sagt, mit Christus gekreuzigt sind, nicht unter dem Kreuz. Das ist ein Bild.
Ja, wir sind mit ihm gekreuzigt, und das Kreuz gilt für die ganze Zeit, bis er zurückkommt. Jeder ist mit ihm gekreuzigt.
Aber das sind Bilder. Wenn du zum Beispiel 1. Korinther 15 nimmst – ich streite nicht über theologische Fragen. Ich liebe Jesus, ich kann nichts anderes.
Es ist gefährlich zu sagen, die neue Natur schließe die alte aus. Das ist absolut nicht, was ich sage.
Der ganze Kontext, was ich ausdrücken will, ist: Es gibt drei Zeiten im Leben. Das ist wichtig für die Seelsorge.
Die erste Zeit ist vor der Wiedergeburt, wo es zu den Scherben kommt, aber viele Elemente bleiben. Auch wenn man sagt, die alte Natur ist gestorben, wäre man frei von allen falschen Gewohnheiten.
Ich habe noch keinen gefunden, der frei von allen falschen Gewohnheiten ist. Dann müsste ja alles gestorben sein, und es wäre nicht schwer, das neue Leben zu leben.
Warum ist dann noch so viel da, mit dem man kämpft? Warum kommen bei mir noch Bilder von vor der Bekehrung, wenn das doch gestorben ist?
Darum muss ich töten. Es gibt Dinge in mir, die ich töten muss, wo ich innerlich mit meinem Willen dagegen angehe.
Zum Beispiel: Vergessen ist etwas total Aktives im Leben. Wenn mich jemand ungerecht behandelt hat, auch im alten Leben vor der Wiedergeburt, habe ich ihm vergeben. Vergebung ist Realität, aber vergessen ist aktiv.
Das heißt: Wenn der Gedanke wiederkommt, halte ich mit dem Willen dagegen und sage: Nein, der darf nicht kommen.
Vergessen ist aktiv im Sinn, dass man es nicht mehr laut erzählt. Vergessen geht nicht einfach so weg, indem man sagt: Ich habe vergessen.
Das beweist, dass das Alte nicht tot ist, dass das Alte nicht gestorben ist, sondern dass ich töten muss.
Jetzt lebe ich im Neuen, mit neuen Prinzipien und einem neuen Geist. Das Leben hat drei Zeiten: vor der Bekehrung, von der Bekehrung bis zum physischen Tod und dann die Vollkommenheit.
Das Problem ist oft, dass diese drei Zeiten in der Seelsorge nicht respektiert werden.
Dann verlangt man zum Beispiel von einem Kind, das nicht bekehrt ist, Dinge, die nur für einen Bekehrten sind. Man erwartet von jemandem, der in einer Zeit des Lebens ist, eine Haltung, die zu einer anderen Zeit gehört.
Oder Christen erwarten eine Haltung, die zur mittleren Zeit gehört, und erwarten Heilung, die zum Himmel gehört. Auch das ist falsch!
Es gibt Leute, die nie in einer Gemeinde bleiben, weil sie die Gemeinde mit dem Blick des Himmels anschauen. Sie sehen alles als Kult und super, wo nur noch Liebe ist.
Das wird wunderbar sein, aber das ist nicht die Zeit, in der wir jetzt sind.
In der Seelsorge ist es wirklich wichtig, diese Zeiten nicht zu verwechseln. Sonst leben wir nur mit Bitterkeit oder Illusionen.
Es gibt Christen, die in die Depression fallen, weil sie in einer anderen Zeit leben wollen und keine Geduld mehr haben, in ihrem Leben weiter zu verletzen, besser gesagt, zu töten.
Ich sage "verletzen", denn es gibt Dinge, die bei mir nicht getötet sind. Ich muss immer wieder dagegen ankämpfen.
Ich wäre froh, wenn es genügen würde, das Alte zu töten.
Diese falschen Bilder von den Zeiten können uns entweder in Demut führen oder in die Depression, wo wir an der Realität unseres Lebens verzweifeln.
Ein Problem vieler Christen, die ich in der Seelsorge getroffen habe, ist, dass sie ihre Theologie systematisch machen, aber nicht mit ihrem persönlichen Leben in Einklang bringen.
Das ist die Gefahr. Man muss aufpassen, dass das theologische System wirklich stimmt. Das war eine Debatte unter Theologen, bei der ich dabei war.
Wenn das Systematische genau stimmen soll, zwingt uns das, nicht ganz ehrlich zu sein in dem, was wir erleben.
Wir müssen aufpassen, dass wir in unserer Schwachheit und unserem Kämpfen ganz ehrlich sind.
Wenn wir ehrlich sind, wissen wir auch, wie sehr wir Gottes Hilfe brauchen, um unseren Willen einzusetzen, um das Alte zu töten, um innerlich weiterzukämpfen und die neuen Kleider anzuziehen.
Das ist alles ein Weg, der uns in die Wahrheit führen soll.
Ich möchte jetzt keine theologischen Debatten führen. Es ist wichtig, die Verschiedenheit zu akzeptieren, das ist kein Problem.
Aber bei uns gibt es schon wirre Gedanken zu diesem Thema. Ah, okay. Da habe ich euch noch mehr verwirrt, oder?
Nein, das war nicht nötig. Es ist interessant.
1. Korinther 15,31 sagt Paulus: "Täglich sterbe ich." Luther wurde angeklagt, dass er so etwas in seiner Theologie sagte.
"Täglich sterbe ich, so wahr ihr Brüder mein Ruhm seid in Christus Jesus, unserem Herrn."
Dann 1. Korinther 15,40-50: "Es gibt himmlische Körper und irdische Körper. Aber anders ist der Glanz der himmlischen Körper, anders der der irdischen. Einen anderen Glanz hat die Sonne, einen anderen Glanz der Mond, einen anderen Glanz haben die Sterne; ein Stern unterscheidet sich vom anderen durch den Glanz.
So ist es auch mit der Auferstehung der Toten: Es wird gesät verweslich und wird auferstehen unverweslich. Es wird gesät in Unehre und wird auferstehen in Herrlichkeit. Es wird gesät in Schwachheit und wird auferstehen in Kraft. Es wird gesät ein natürlicher Leib und wird auferstehen ein geistlicher Leib.
Gibt es einen natürlichen Leib, so gibt es auch einen geistlichen Leib. So steht auch geschrieben: Der erste Mensch Adam wurde zu einer lebendigen Seele, der letzte Adam zu einem lebendig machenden Geist.
Aber nicht das Geistige ist das Erste, sondern das Seelische, danach kommt das Geistige. Der erste Mensch ist von der Erde, irdisch; der zweite Mensch ist der vom Himmel.
Wie der irdische geschaffen ist, so sind auch die irdischen, und wie der himmlische beschaffen ist, so sind auch die himmlischen.
Und wie wir das Bild des irdischen getragen haben, so werden wir auch das Bild des himmlischen tragen.
Das aber sage ich, Brüder, dass Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht ererben können, auch wird das Verwesliche nicht erben die Unverweslichkeit."
Wir sind, solange wir in diesem Körper sind, nicht im Maß der Geistlichkeit des anderen Körpers.
Darum steht: Der Körper, den wir jetzt haben, ist der Körper, der das Maß des Seelischen hat, und der andere wird das Maß des Himmlischen haben.
Zuerst ist das Seelische da, und in dem, was wir heute sind, zeigt Paulus, dass er jeden Tag stirbt.
Er stirbt jeden Tag. Also gehört er auch zu den Gekreuzigten und wird dann die andere Dimension in einer anderen Zeit erleben.
Das ist die Zeit der Vollkommenheit, die danach kommt.
Er probiert die Erklärung theologisch von einer Seite oder der anderen.
Mir scheint es in der Seelsorge wichtig, diese Dreiteilung der Zeiten beizubehalten, damit wir Menschen helfen können.
Viele kämpfen mit Gewohnheiten aus der Vergangenheit. Wenn man ihnen einfach sagt, das gehört zu deinem alten Wesen und ist gestorben, werden sie deprimiert, weil es immer wiederkommt.
Wenn sie aber wissen, dass sie in einer Situation stehen, in der sie immer wieder töten müssen, wie Kolosser es sagt, dann können sie damit umgehen.
In Kolosser spricht Paulus von Unzucht, Unreinheit, Leidenschaft, böser Lust und Habsucht. Er fordert zum Töten auf.
Man könnte sagen: Unzucht gehört doch zum Fleisch, das nicht zum alten Wesen gehört, das gestorben ist.
Aber ich glaube, diese Teilungen gehören in der Schrift zusammen. Sie sind eng miteinander verbunden.
Es gibt die Dreiteilung in der Theologie von Leib, Seele und Geist, und die Zweiteilung von Leib, Seele, Mithran und Geist.
Es gibt große verschiedene Schulen, und diese Teilungen haben Gemeinden getrennt.
Da müssen wir aufpassen. Verschiedene Gemeinden können verschiedene Denkweisen haben.
Die Realität scheint mir aber eine zu sein: Ich habe aus der Vergangenheit verschiedene Dinge, die ich töten muss.
Ich musste mit manchen Theologen in den letzten Jahren ehrlich sein: "Sei mal ehrlich, wie geht es dir? Bist du wirklich gestorben?"
An ihrer Reaktion merkte ich, dass sie nicht gestorben sind, sondern wie ich noch töten müssen.
Diese drei Zeiten müssen wir kennen. Auch die Illusion der himmlischen Zeit hat schon viele Gemeinden gespalten.
Manche Gemeinden wollen nur die Reinen am Tisch haben. Sie sagen: "Wir haben den Tisch, die anderen nicht, die Brüder können nicht an den Tisch kommen, wir sind die Reinen."
Das ist eine Verwechslung mit der dritten Zeit.
Man sollte zurückschalten und sagen: Es gibt noch sieben andere, die einen runden Tisch haben, nicht nur einen eckigen. Auch sie sind heilig.
Kommt zurück in die Realität!
In der Realität unseres persönlichen Lebens trifft uns die Freiheit Gottes.
Was mich frei macht, ist zuzugeben, dass ich unterwegs und Sünder bin.
Was mich frei macht, ist zuzugeben, dass ich Unrecht habe.
Das macht mich frei.
Der Satz, der mich in meiner Ehe frei macht, ist: "Schatz, vergib mir, du hast Recht."
Das ist der Satz, der frei macht.
Der Satz, der nicht frei macht, ist: "Ich habe Recht, jetzt musst du." Da bin ich wieder gebunden. Da muss ich beweisen, dass ich Recht habe.
Diese Ehrlichkeit brauchen wir.
In dieser Ehrlichkeit brauchen wir die Gedanken an diese Zeiten, damit wir nicht in falschen Druck kommen, sondern in der Freiheit der Gnade leben.
Die Freiheit der Gnade ist nicht das Leichtnehmen der Sünde. Die Sünde ist tragisch und schlimm gegen Gott.
Aber die Freiheit der Gnade ist, zu akzeptieren, dass das Blut Jesu genügt.
Mir ging es im Leben so: Am Anfang hatte ich Mühe, zuzugeben, was Sünde bei mir ist. Viele Argumente, so einfach.
Dann kam die Buße.
Nach einiger Zeit mit Christus hatte ich Mühe zu akzeptieren, dass die Gnade genügt.
Ich war so enttäuscht von mir, weil manche Sünden immer wiederkommen.
Ich dachte: Jetzt frage ich wieder um Vergebung, Gott hat doch bestimmt mal genug und sagt: Jetzt genügt es mir.
Dann hatte ich Mühe zu glauben, dass das Blut Jesu wirklich genügt und ich ihm danken und glauben kann, dass er wieder vergeben hat.
Ich weiß, morgens in meinem Büro, ich war auf den Knien. Ich hatte ein kleines Büro, zwei Meter mal drei, am Waldrand.
Wir waren als Team, und ich wollte eine Ecke für mich. Ich hatte aus Brettern am Waldrand ein Büro gebaut.
Bevor ich ins Büro ging, hatte ich etwas zu hart gesagt. Ich sagte: "Herr, Ursula!" Dann ging ich ins Büro, fiel auf die Knie, weinte und sagte: "Ich werde mich nie ändern. Jetzt fange ich den Tag wieder mit Mist an. Warum bin ich so? Herr, ich komme wieder mit der Sünde meiner Härte zu dir. Herr, hilf mir, vergib mir, wenn es noch möglich ist."
Ich hörte keine laute Stimme, aber in meinen Gedanken kam etwas, bestimmt vom Heiligen Geist: "Du kommst nicht wieder. Du kommst zu dieser Sünde, denn alles, was vergeben ist, existiert nicht mehr. Du meinst, es ist wieder, aber du kommst erst wieder. Du kommst jetzt einfach mit der Sünde."
Das hat mir so gut getan. Ich sagte: "Ach, das gibt es doch nicht, so eine Liebe?"
Doch, klar, es steht geschrieben: Es wird ins Meer geworfen, wo es am tiefsten ist, kann niemand mehr holen.
Du meinst, es ist schon x-mal, und für dich als Mensch ist es schon x-mal, aber von meinem Thron der Gnade kommst du mit dieser Sünde.
Alles andere der Vergangenheit weiß ich nicht mehr. Das Blut Jesu hat es gedeckt, alles ist vergeben.
Das hat mir Mut gemacht.
An diesem Morgen war es für mich wie eine neue Begegnung mit dem Herrn und seiner Gnade.
Ich fragte: "Gibt es das, dass man so ein Herz wie du haben kann, Herr, das mit dem, was du gelitten hast, sagt, dass die Gnade genügt?"
Ich kann auch ganz aktiv in meinen Gedanken sagen: Es ist nicht wieder, sondern ich komme zu dir, wenn ich akzeptiere, dass das, was hinter mir liegt, vergeben, vergessen und nicht mehr resistiert ist.
Das ist unerhört.
So kann man, wie wir gesungen haben, einen neuen Tag der Gnade erleben.
Die Sünde von gestern oder vorgestern, um die man gebeten hat, braucht einen nicht mehr zu beschäftigen, denn sie ist total vergeben.
Die Zeit der Gnade ist eine ganz besondere Zeit, in der wir leben dürfen. Es ist wunderbar.
Die erste Zeit ist die Zeit unseres Lebens bis zur Wiedergeburt.
In dieser Zeit wird vieles eingeübt, je nach Milieu, Kultur, Erziehung, Familie oder Nichtfamilie.
Diese ganze Zeit dauert bis zur Wiedergeburt.
Dann kommt die Zeit, in der wir das neue Leben durch den Herrn, den Heiligen Geist, erhalten – die Wiedergeburt.
Diese Zeit dauert bis zu unserem physischen Tod.
In dieser Zeit sind wir gekreuzigt und töten noch verschiedene Dinge von unserem alten Wesen, haben aber schon das neue Leben in Christus.
Dieses neue Leben wird natürlich durch Gehorsam genährt.
Durch den Gehorsam treibt der Heilige Geist die Heiligung weiter.
Die Vollkommenheit kommt in der dritten Zeit, wenn wir unseren Körper ablegen oder er verwandelt wird.
Dann kommt die Zeit der Vollkommenheit, in der wir bei Christus sind, wo es nur noch Liebe gibt.
Ich kann mir kaum vorstellen, wie wunderbar das sein wird.
Wir werden neue Instrumente bekommen und vor dem Thron Gottes und des Lammes miteinander das neue Lied singen.
Wir werden im Universum dröhnen, mit Tränen der Freude vor ihm stehen und ihn anbeten.
Das ist die Zeit der Vollkommenheit.
In der mittleren Zeit gibt es verschiedene theologische Bilder und Ansichten, um das zu erleben und zu verstehen.
Umgang mit Sünde in der Seelsorge: Eigene Schuld und erlittene Verletzungen
In der Seelsorge ist es wichtig, zwei Aspekte der Sünde zu beachten: die Sünden, die wir selbst begangen haben, und die Sünden, die andere uns zugefügt haben. Auf Französisch gibt es den Ausdruck "péché subi" für erlittene Sünde. Es ist entscheidend, diese beiden Seiten zu verstehen und zu berücksichtigen.
In der Seelsorge geht es nicht darum, einen Schuldigen zu finden. Jeder Mensch ist ein Sünder und soll seine Sünden bekennen. In Jeremia 31,29-30 steht geschrieben: „In jenen Tagen wird man nicht mehr sagen: ›Die Väter haben saure Trauben gegessen, und den Kindern sind die Zähne stumpf geworden‹. Sondern jeder wird an seiner eigenen Missetat sterben. Wer saure Trauben isst, dem werden die Zähne stumpf.“ Auch in Hesekiel 18,4 heißt es: „Siehe, alle Seelen gehören mir. Wie die Seele des Vaters mein ist, so ist auch die Seele des Sohnes mein. Die Seele, die sündigt, soll sterben.“
Wenn Menschen ihr Herz öffnen und ihre Geschichte erzählen, werden oft sowohl die eigenen Sünden als auch die Verletzungen durch andere offenbar. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass das Erzählen der Vergangenheit nicht immer objektiv ist. Menschen erzählen ihre Geschichte immer im Licht dessen, was sie heute wissen und fühlen. Nach meiner Bekehrung habe ich meine Vergangenheit erzählt und dabei manches übertrieben, weil ich damals noch nicht sensibel genug war, dass Überschreibung einer Lüge gleichkommt.
Heute sieht meine Darstellung der Vergangenheit anders aus als kurz nach meiner Bekehrung. Wenn ich heute Zeugnisse lese, die ich kurz nach meiner Bekehrung gegeben habe, tut mir das manchmal leid, weil die Realität nicht ganz so war. Aber ich habe meine Vergangenheit stets im Licht der Gegenwart erzählt. Das ist auch in der Seelsorge wichtig zu verstehen. Wenn jemand erzählt, was er erlebt hat, dann ist diese Erzählung immer von der aktuellen Haltung und Situation gefärbt.
Wenn jemand beim Erzählen hochmütig wirkt, braucht es viel Geduld beim Zuhören. Man hat vielleicht das Gefühl, die Person übertreibt, weil sie so erzählt, als hätte sie schon vierzig Jahre Erfahrung, obwohl sie erst zwanzig ist. Doch wir können nicht einfach sagen, dass sie übertreibt, sondern müssen zuhören. Wenn jemand gerade in einer depressiven Phase ist, wird er meist nur Negatives erzählen: „Ich war in der Schule nichts wert, meine Eltern haben mich nie geliebt“ und so weiter. Jahre später, wenn es ihm besser geht, hört man plötzlich: „Ich hatte so gute Eltern.“ Hat die Person gelogen? Nein, sie hat ihre Geschichte in der jeweiligen Situation erzählt, so wie sie sie damals erlebt und gesehen hat.
In der Seelsorge ist es wichtig, Menschen nicht anzuklagen, wenn sie negativ oder übertrieben erzählen. Wenn jemand sehr negativ berichtet, zeigt das oft, dass er im Moment mit Selbstwertproblemen kämpft und nicht mehr glaubt, etwas wert zu sein. Das sagt man ihm nicht sofort, aber es ist ein wichtiger Hinweis für die weitere Begleitung.
Ein Prahler erzählt sein Leben anders als ein Optimist oder ein Pessimist. Ein Pessimist sieht oft nur das Schlechte, aber das heißt nicht, dass nichts wächst. Auch ein kranker Mensch erzählt sein Leben anders, besonders wenn er gerade leidet. Im Leiden kann die Sicht auf das Leben verzerrt sein. Ich habe selbst erlebt, dass ich manchmal dachte, ich hätte alles falsch gemacht. Zum Teil war das wahr, aber oft war es übertrieben. Auch die Sicht auf Gott kann im Leiden falsch sein, und man fragt sich, warum Gott einen nicht mehr liebt. Doch Leiden ist niemals ein Beweis dafür, dass Gott uns nicht liebt. Im Gegenteil: Es ist ein Beweis seiner beständigen Liebe, unabhängig von der Situation.
Die aktuelle Herzenseinstellung färbt das Erzählen der Vergangenheit. Diese Färbung hilft in der Seelsorge, besser zu verstehen, was jemand in der Gegenwart erlebt. Im Hebräerbrief steht, dass Gottes Erziehung auch Leiden beinhaltet. Wenn wir diese Erziehung erfahren, dürfen wir wissen, dass wir Gottes Kinder sind. Es gibt keine unnötigen Leiden, sondern erzieherische Leiden. Gott erzieht uns zum Besten und will uns für zukünftige Situationen besser gebrauchen.
Wir haben oft nur Blick auf heute und gestern, nicht aber auf morgen. Ein einfaches Beispiel: Ich sollte nach Genf in eine Gemeinde gehen, die gespalten ist und viele Probleme hat. Die Mails, die ich bekomme, zeigen, dass es noch mehr Schwierigkeiten gibt. Ein Kollege hat mich aus der Gemeinde herausgeschickt. Das ist nicht angenehm, aber ich verstehe jetzt, warum. Ich habe dem Herrn gesagt: „Jetzt ist alles klar. Es ist nicht die Schuld meines Kollegen, sondern eine Erziehung.“ Der Kollege muss nun vor Gott mit seinen Gedanken zurechtkommen.
Ich soll in diese Gemeinde gehen, wo viel kaputt ist, um zu helfen. Zuerst muss ich erleben, was totale Ungerechtigkeit bedeutet, Leiden ohne Verteidigung. Wenn mir jemand in Genf dann sagt, alles sei gerechtfertigt und vergeben, verstehe ich, dass es dort nicht die Möglichkeit gibt, sich auszutoben. Die Sünde, die gegen uns begangen wird, ist nicht unsere Sünde, aber unsere Reaktion darauf ist Sünde. Hier braucht es einen langen Weg und Gottes Hilfe, damit unsere Reaktionen unter das Kreuz kommen.
In Hiob 42,11 steht: „Alle seine Brüder, alle seine Schwestern und alle seine früheren Bekannten kamen zu Hiob, aßen mit ihm im Haus und trösteten ihn wegen all des Unglücks, das der Herr über ihn gebracht hatte.“ Das zeigt die Souveränität Gottes. Im Himmel gibt es einen Dialog zwischen Gott und dem Teufel. Gott fragt, ob der Teufel Hiob gesehen hat, der ein frommer Mann ist. Der Teufel behauptet, Hiob diene Gott nur, weil er gesegnet ist. Doch wenn Gott alles wegnimmt, wird Hiob Gott verfluchen. Der Teufel irrt sich.
Hiob muss durch schwere Prüfungen gehen, die Gott zulässt. Seine Frau fordert ihn auf, aufzugeben, aber Hiob bleibt Gott treu – nicht weil es ihm gut geht, sondern weil Gott Gott ist. Er bringt Opfer für seine Kinder, auch wenn diese gesündigt haben könnten, weil er Gottes Heiligkeit achtet. Die Freunde von Hiob vertreten die damalige Theologie: Wenn jemand sündigt, geht es ihm schlecht; wenn nicht, geht es ihm gut. Das führt zu einem Streit.
Am Ende spricht Gott selbst zu Hiob und zeigt ihm, dass er nicht alles verstehen kann. Gott kündigt einen Erlöser an, den „Goel“, was in der Bibel zum ersten Mal erwähnt wird. Hiob erkennt, dass Gott über allem steht – auch über dem Unglück, das er erlebt hat. Hiob ist ein Diener, der zeigt, dass der Teufel ein Lügner ist. Auch heute kann man sich vorstellen, dass es im Himmel solche Gespräche gibt, in denen der Teufel behauptet, Christen glauben nur, weil sie gesegnet werden.
Alle Leiden Hiobs standen unter Gottes Kontrolle. Das gibt mir Mut. Ich konnte einem Chirurgen sagen: „Dieser Körper gehört Gott, Sie können ruhig operieren.“ Die Souveränität Gottes ist über allem. Viele Christen sollten das verstehen und so leben – auch im Angesicht des Todes. Die Stunde unseres Weggehens gehört Gott, und wir werden zu ihm kommen.
Ich habe fast eine Predigt über Hiob gehalten, aber es ist schön zu sehen, wie Gottes Souveränität wirkt. Hiob wusste nichts von der himmlischen Konferenz, das wissen wir nur. Es muss schrecklich gewesen sein. Doch Gott stärkte Hiobs Glauben, damit er durch die schlimmsten Prüfungen geht. Was mich besonders beeindruckt, ist, dass Gott nicht auf Hiobs Rebellion reagierte. Er hatte es nicht nötig, auf unsere Reaktionen zu reagieren. Das zeigt die Größe Gottes und seiner Liebe.
Ich kenne Zeiten, in denen ich gegen Gott rebellierte und sagte: „Soll ich dir dienen, wenn du mir so viel Leid schickst?“ Gott reagierte nicht darauf. Sonst wäre ich längst nicht mehr am Leben. Gott handelt aus Aktion, nicht aus Reaktion.
Das ist wohl die Antwort auf die Frage. Der Niklaus Ketteli hat eine gute Methode: Wenn er nicht mehr weiß, wo er ist, sagt er, „wir beten“, und während die Leute beten, sucht er wieder seinen Platz. Das ist eine gute Methode, auch beim Überweisen von Gedanken.
Wir hatten über die drei Zeiten gesprochen und wollten weitermachen. Dann wurde noch einmal verlangt, die drei Zeiten zu erklären. Danach sprach ich über die Sünden, die man selbst begangen hat, und die Sünden, die man erlitten hat. Das Leiden ist erzieherisch, wie im Hebräerbrief beschrieben.
Natürlich kann man dazu noch Fragen stellen, aber ich brauche nichts weiter zu suchen, um christlich zu leben. Es gibt auch andere Gebete, etwa das Gebet um das Halten der Nägel – das wirft andere Fragen auf, die noch nicht so bekannt sind.
Es interessiert mich, wie das Leben aussieht, in dem wir jetzt leben müssen und wollen, in dem auch ein verborgenes Leben ist, und wie das Leben aussieht, wenn Jesus in uns lebt. Der Same ist manchmal krank, aber erst wenn wir ans Kreuz denken, wird das klar. Wir müssen da noch einmal genauer darauf eingehen.
Das hat mich überhaupt nicht gestört, im Gegenteil, es war absolut kein Problem.
Das neue Leben in Christus trotz des gekreuzigten Zustands
Das Leben, das wir haben, gerade wenn wir als Gekreuzigte leben, ist schwer vorstellbar. Wie kann ein neues Leben in einem Gekreuzigten eigentlich aktiv sein? Ich glaube, wir wissen, dass das neue Leben, das in uns lebt, eine Auferstehung ist – ein anderes Leben. Dieses andere Leben beginnt schon in der Zeit, in der wir noch gekreuzigt sind und das Alte am Sterben ist.
Es ist ein wenig schwierig, diese beiden Zustände zusammenzudenken, aber eigentlich gehören sie zusammen. Das neue Leben kann auch durch Schwierigkeiten hindurchgehen. Ich vergleiche es manchmal mit dem auferstandenen Christus, der keine Tür brauchte, um in ein Haus zu gehen. Die alten physikalischen Gesetze galten für ihn nicht mehr. So ist es auch mit uns: Wenn wir gekreuzigt sind, leben wir noch in der Welt, in der die alten Gesetze uns plagen.
Das Neue, das Jesus uns gibt – das neue Leben mit dem Heiligen Geist – folgt anderen Gesetzen. Es lebt mit einer anderen Denkweise und einem anderen Sinn. Beides praktisch zusammenzubringen, ist schwierig. Das Bild vom Gekreuzigten macht es kaum möglich, beides gleichzeitig zu erfassen. Aber wir können es zumindest begreifen. Für mich ist es wichtig zu wissen, dass der Gekreuzigte im Leiden steckt. Dieses Leiden ist nicht beendet.
Ich meine hier nicht das physische Leiden, sondern das seelische Leiden, das mich manchmal fast in Verzweiflung stürzt. Ich sehe, was noch getötet werden muss, was noch lebt und leidet, was noch da ist. Gleichzeitig habe ich das andere Leben, das auch schon da ist. Es möchte explosiv und ohne Bremse ausbrechen aus dem Gekreuzigten, ist aber noch begrenzt durch das, was noch nicht getötet ist.
Das ist ein wenig wie die harte Schale einer Nuss, die noch da ist. Das Innere, der Keim, ist zerbrechlich, aber er wird der Nussbaum. Diese harte Schale hält das Innere noch zurück. So ist es auch mit dem Alten, das noch da ist, aber gekreuzigt. Der harte Hals, das Widerstandleisten, ist noch da. Doch das neue Leben, das zart und liebevoll ist, durchbricht diese Härte.
Dieses Prinzip ist in der ganzen Natur zu finden: Das Sterben ist nicht ganz abgeschlossen, und das Neue beginnt schon. Wenn eine Erdbeerpflanze eine neue Pflanze hervorbringt, stirbt sie erst ganz, wenn die neue Pflanze vollkommen eigenständig ist. Für uns wird das im Himmel so sein: Dort ist das Neue dann ganz autonom und das Alte ist weggenommen.
Es gibt verschiedene Bilder dazu. Wichtig sind Gehorsam und Buße, auch der Wille zur konkreten Arbeit am Töten des Alten. Das habe ich mit dem Bild vom Gärtner beschrieben: Sünde, Buße, Frieden, Vergebung.
Dann stellt sich die Frage, wo die Texte herkommen, die Flucht thematisieren – Fliehe, fliehe, fliehe. Die Leidenschaft der Jugend, die Idolatrie, der Götzendienst – all diese Fluchten, die im Neuen Testament vorkommen. Dieser Zyklus wiederholt sich. Das Töten ist die Arbeit, die wir tun müssen, um nicht zu fliehen, wenn wir zu schwach sind. Das ist dann unsere Verantwortung.
Balance im geistlichen Leben: Selbstbild und Abtöten des Ich
Ich hätte noch eine Frage dazu. Es ist ja so, dass wir irgendwo gegen uns selbst kämpfen müssen und unser Ich gewissermaßen „töten“ sollen. Wie würdest du sagen, dass man da eine gute Balance finden kann? Es ist ja nicht so, dass wir als Person einfach verschwinden.
Wir müssen auch wissen, wie wir ein gutes Selbstbild bewahren können. Wer bin ich jetzt, wenn ich mich erfüllen soll oder Dinge erfüllen soll? Wo soll ich verschwinden? Das ist ja eigentlich auch keine gute Balance. Was würdest du dazu sagen?
Ich sehe diese Haltung im Galaterbrief beschrieben, in der französischen Bibel. Dort steht: „Marchez selon l’esprit et vous n’accomplirez pas les idées de la chair“ – lebt nach dem Geist und erfüllt nicht die Begierden des Fleisches (Galater 5,16). Das bedeutet also Orientierung im Leben: Ich lebe nicht gegen das Negative, sondern für das Gute.
Die Identität ist nicht eine Gegen-Identität, sondern eine positive. Das heißt, die Konzentration liegt auf Gehorsam zu Gottes Wort, vorwärts in diesem Leben. Es geht nicht darum, ständig zu überlegen, was ich nicht darf, sondern die Orientierung ist positiv im Gehorsam.
Du merkst es selbst: Wenn Christen gehorsam sind, zum Beispiel im Zeugnisgeben oder in der Evangelisation, dann haben sie ihre Orientierung im Geist. Vieles andere zieht sie gar nicht mehr an. Die Orientierung auf Gehorsam zu Gottes Wort im Geist macht, dass sie dem anderen nicht mehr gehorchen müssen.
Das ist die positive Art vom „Abtöten“. Abtöten heißt, sich von sich selbst abzuwenden und eine neue Orientierung zu finden. Wenn ich einfach nur fliehe, um zu fliehen, werde ich wieder angezogen werden. Aber wenn ich fliehe, um gehorsam zu tun und Positives zu tun, dann werde ich von verschiedenen Dingen befreit.
Zum Beispiel in Epheser 4, dort wird beschrieben, wie wir als Christen alte Verhaltensweisen ablegen sollen. Ich weiß nicht mehr genau, ob es Kapitel 4, Vers 22 oder 23 ist, aber es geht darum, dass wir nicht so leben sollen wie die Welt. Das ist unsere Freiheit.
Dann kommt es zu praktischen Umsetzungen in ganz klaren Situationen, wo Paulus seine Theologie in der Ethik erklärt. Die Theologie wird oft in der Ethik sichtbar, also in der Praxis umgesetzt. Die Ethik stimmt immer, wenn wir die Lehre verstehen.
In Epheser 4, Vers 25 heißt es: „Darum legt die Lüge ab.“ Das ist ein Gebot, das schon im Alten Testament steht. Es ist gegen das Negative. Und weiter: „Redet die Wahrheit, jeder mit seinem Nächsten, denn wir sind untereinander Glieder.“
Hier zeigt Paulus, wie du mit dem Positiven leben kannst, um das Negative wegzunehmen. Lege die Lüge ab – das ist das Gesetz. Aber wie kommst du von der Lüge weg? Wenn dein Problem die Lüge ist und du als Christ wieder einmal lügst und denkst, du musst einfach weniger reden, dann ist das falsch.
Die Bibel sagt: Rede die Wahrheit. Wenn du schweigst, wirst du wieder lügen. Übe die Wahrheit, und denk daran, dass die anderen deine Brüder sind. Das steht im Text. Mit dem Reden der Wahrheit wirst du von der Lüge befreit.
Die Natur würde sagen: „Nach einer Enttäuschung durch Lüge musst du schweigen.“ Gottes Wort sagt aber: Rede die Wahrheit, übe die Wahrheit, lebe nach dem Geist, und du wirst nicht mehr in Lügen verfallen.
Ebenso heißt es: „Wer gestohlen hat, der stehle nicht mehr.“ Das ist nichts Neues unter der Sonne, sondern ein Gebot aus dem Alten Testament. Stattdessen soll er sich bemühen, mit den Händen etwas Gutes zu erarbeiten, damit er dem Bedürftigen etwas geben kann.
Das war auch mein Prinzip mit den Leuten bei uns. Ich musste Werkstätten einrichten, eine Autowerkstatt und eine Schreinerei, um ihnen wieder zu helfen. Dort konnten sie mit Stunden und Arbeit weiterkommen.
Ein Prinzip war: Wenn jemand gestohlen hat, wird er nicht frei, wenn er nichts tut. Eine Hand, die nimmt, will etwas ohne Mühe bekommen. Diese Hand muss arbeiten, steht im Text. Sie soll etwas tun, damit sie mit der eigenen Arbeit anderen helfen kann.
Die Hand öffnet sich für den anderen. Vorher war sie geschlossen für sich selbst, jetzt öffnet sie sich zum Geben. In der Schreinerei haben die Leute einfache Dinge gemacht, einen Tisch, ein Bett und einen Schemel.
Sie mussten immer zwei Stück herstellen: eins für sich selbst, wenn sie wieder in ihr normales Leben zurückgingen, und eins, das sie an jemanden gaben, der nichts hatte. Das kam aus diesem Text.
Ich wollte, dass sie lernen, zu sehen, wie befreiend es ist, zu geben und zu erleben, dass ein anderer durch das, was man mit den eigenen Händen gemacht hat, etwas bekommt.
Auch für diejenigen, die viel reden, wie ich zum Beispiel, gibt es einen Text: Epheser 4, Vers 29. „Kein schlechtes Wort soll aus eurem Mund kommen, sondern nur das, was gut ist zur Erbauung, wo es nötig ist, damit es den Hörern Gnade bringt.“
Diejenigen, die viel reden und die Gabe dazu haben, wissen, dass sie üben müssen. Es ist leicht, dass das Reden anderen im Glauben hilft, dass es erbaulich und mutmachend ist.
Mein Vater hat mir da viel geholfen, als ich im Dienst angefangen habe. Er sagte zu mir: „Dani, du redest sehr viel. Aber weißt du, du kannst auch viel reden, sodass es den Leuten Mut macht. Bitte den Herrn, dass er dir hilft, dass dein Reden mutmachend wird.“
Das ist ein interessanter Gedanke. Es hat mir geholfen, auch bei meinen Mitarbeitern und Praktikanten. Wenn man anderen Mut macht, ist man nie daneben. Alle Menschen brauchen neuen Mut und Ermutigung. Wenn du beim Reden Ermutigung gibst, bist du nie daneben.
Schön zu wissen!
Jetzt ist es zu spät? Nein, die praktische Zielfolge kommt noch. Ich habe noch viel zur praktischen Zielfolge zu sagen. Aber das ist jetzt die praktische Zielform, verstehst du? Ganz praktisch mit den Leuten, mit dir, und durch grafische Darstellungen kannst du ihnen die theologischen Prinzipien erklären, warum sie da sind.
Da kommst du von der Schreinerbank und von der Hand genau rüber zum Leben, zum Geist oder zum Fleisch. Du verstehst? Und dann kommst du zum neuen Leben, wo die Hände das Ganze durchlaufen. Das ist das Wunderschöne.
Abschließende Hinweise und Ankündigungen
Okay, herzlichen Dank. Du hast noch Anzeigen, Robi Joanes.
Also nur ganz kurz: Der Daniel hat etwas mitgebracht. Im letzten Rundbrief der Missionsgesellschaft sind interessante Sachen enthalten. Jeder darf sich gerne einen mitnehmen, wenn er möchte.
Das zweite ist: Heute Abend findet noch eine Runde statt, bei der es um das Thema Partnerschaft geht – um Ehe, Prinzipien für das Eheleben und die Partnerschaft. Es ist wichtig zu betonen, dass nicht nur diejenigen kommen dürfen, die bereits in einer Partnerschaft sind oder verheiratet sind. Die Runde ist offen für jeden, der Interesse hat, gerne zuhören möchte und Fragen stellen kann.
Daniel wird auch etwas aus seiner Erfahrung weitergeben. Ich denke, wir sollten die Chance nutzen, noch einmal ein bisschen Input zu bekommen. Niemand muss, aber jeder darf. Bis um halb acht hier.
Danke.
Und noch eine wichtige Ansage: Keiner darf den Raum verlassen. Es tut mir leid, dass ihr jeden Tag damit belästigt werdet, aber es gibt eine kleine Faustnacht jetzt herum. Wir müssen schon morgen die Abrechnung mit dem Hausvater machen, deswegen müsst ihr heute alle Römer bezahlen.
Ich werde jetzt noch einmal Mittag essen – wieder Datteln – und am Abendessen auch noch mal Zeit haben. Wenn ihr Geld holen müsst, habt ihr am Nachmittag Zeit dafür. Ich hoffe, dass ihr alle heute bei mir eine Zahl Fieber im Nachhinein bekommt.
