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Der 12-jährige Jesus im Tempel: Jesus auf dem Kreuzesweg

25.02.1962Lukas 2,50-51

Gnade sei mit uns und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt. Amen.

Wir hatten begonnen, die Geschichte vom zwölfjährigen Jesus im Tempel zu besprechen. Heute lesen wir Lukas 2,50: Da sagte Jesus zu seiner Mutter: „Warum habt ihr mich gesucht? Wisst ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist?“

Nun folgt der Text für heute: „Und sie verstanden das Wort nicht, das er mit ihnen redete. Und er ging mit ihnen hinab, kam nach Nazareth und war ihnen untertan. Seine Mutter aber bewahrte alle diese Worte in ihrem Herzen.“

Herr, heilige uns in deiner Wahrheit; dein Wort ist die Wahrheit. Amen.

Die Bedeutung der Ehrenschlange als Vorbild für Jesus

Bedeutungsvolle Berichte finden sich in der Bibel, manche davon sind für mich nicht immer leicht verständlich. Eine der merkwürdigsten Geschichten ist die von der Ehrenschlange. Ich fürchte, ich habe diese Geschichte schon unzählige Male zitiert, aber sie ist so wichtig, dass ich sie noch einmal kurz erzählen möchte.

Israel war auf dem Weg aus der Knechtschaft in Ägyptenland nach Kanaan. Auf dem Weg durch die Wüste versündigten sie sich gegen den lebendigen Gott. Daraufhin kam sein Gericht über sie. Es gibt Gerichte Gottes, und zwar schon in dieser Zeit. Das größte Gericht ist jedoch das, das man oft nicht bemerkt – ähnlich wie bei einer Überschwemmung.

Gottes Gericht kam über sie in Form von schrecklichen, fürchterlichen, feurigen Schlangen. Wer von ihnen gebissen wurde, starb. Panik brach im Lager aus. Da rief Mose, der Mittler, zu Gott für die Sünder. Er ist für uns wie der Sohn Gottes, der zur Rechten Gottes steht und uns vertritt.

Der Herr befahl Mose, ein Abbild dieses Fluches zu machen: eine Ehrenschlange. Diese sollte im Lager, in der Mitte, an einem Pfahl aufgehängt werden. Mose sollte durchs Lager ausrufen lassen, dass jeder, der den tödlichen Biss empfangen hat, auf diese Ehrenschlange blicken soll – und er wird heil.

Was mich an dieser Geschichte immer wieder wundert, ist Folgendes: Es reicht nur, auf diese Schlange zu schauen, weiter nichts!

Nun ist es so, dass diese Ehrenschlange, die dort aufgerichtet wurde, ein Vorbild für den Herrn Jesus ist. Meine Freunde werfen mir oft vor, dass ich reichlich viel aus dem Alten Testament herauslese, aber Jesus selbst hat das gesagt. Er sagte: So wie Mose in der Wüste eine Schlange aufrichtete, so muss auch ich am Pfahl, am Kreuz, erhöht werden, damit alle, die an mich glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben.

Im Zusammenhang hat Jesus das in dem Nachtgespräch mit Nikodemus deutlich gemacht. Es ist ganz klar, dass Jesus sagt, wir sollen das tun: „Aufschauen auf sein Kreuz.“ Wer fühlt, dass er von der alten Schlange, von der Finsternis verwundet ist, soll auf das Kreuz Jesu schauen.

Das sagt die ganze Bibel überall. Psalm 34 heißt: „Welche auf ihn sehen, die werden erquicket.“ Nur hinsehen, nur hinsehen – das ist unerhört.

Die Einfachheit des Glaubens und die Bedeutung des Kreuzes

Wenn ich darüber nachdenke, was die Menschen in ihrem religiösen Eifer alles erfunden haben – an religiösen Übungen, Pilgerfahrten und Quälereien – dann sagt die Bibel doch etwas ganz anderes: Hinsehen auf Jesus. Wer auf ihn sieht, wird erquickt, und sein Angesicht wird nicht zu Schanden.

Oder wie wir es eben gehört haben: Lasst uns aufsehen auf Jesus, der das Kreuz getragen hat. Und genau das wollen wir heute Morgen im Gottesdienst tun – auf Jesus, den Gekreuzigten, sehen.

Eigentlich kann ich mir gar nicht vorstellen, was ein Gottesdienst sonst bedeuten sollte, als dass ich Ihren Blick auf Jesus, den Gekreuzigten, richte. Vielleicht sagen Sie: „Ja, Pastor Busch, du redest die ganze Zeit von Jesus dem Gekreuzigten, aber der Text, den du vorgelesen hast, handelt von einem zwölfjährigen Knaben Jesus.“

Meine Freunde, ich möchte Ihnen gern zeigen, dass der Herr Jesus als Zwölfjähriger schon auf dem Weg zum Kreuz ist. Davon spricht unser Text: Jesus auf dem Kreuzesweg. Ich darf noch einmal lesen: „Sie verstanden das Wort nicht, das er mit ihnen redete, und er ging mit seinen Eltern hinab und kam nach Nazaret und war ihnen untertan.“ (Lukas 2,50-51)

Jesus als Zwölfjähriger auf dem Kreuzesweg

Jesus auf dem Kreuzesweg

Ich brauche jetzt nur die drei Sätze des Textes zu unterstreichen, nacheinander. Erstens: Und sie verstanden das Wort nicht.

Das gehört zum Kreuzesweg des Sohnes Gottes, dass man ihn nicht erkennt und versteht. Aber ich muss, glaube ich, für die, die so einmalig hier sind, sind immer auch so ein bisschen, wie sagt man da, laufpuppenig, kommen zum Gottesdienst, eben kurz den Zusammenhang der Geschichte doch noch einmal erklären, damit sie besser mitkommen.

Es wird erzählt, wie Jesus als zwölfjähriger Knabe mit seinen Eltern von Nazaret nach Jerusalem pilgert, um am Passafest teilzunehmen. Bei dem Riesentrubel von tausenden Pilgern geht er, als das Fest zu Ende ist, den Eltern verloren. Sie suchen ihn drei Tage lang voller Angst und Schmerzen und finden ihn schließlich im Tempel. Maria stürzt auf ihn her mit Vorwürfen: „Warum hast du uns das getan? Dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht.“ Und der Knabe antwortet: „Mein Vater? Nein, das habe ich nicht gehört. Hier ist sein Haus, und hier bin ich zuhause, ich bin bei meinem Vater.“ Und sie verstanden das Wort nicht.

Ich sage jetzt noch mal: Das gehört zum Kreuzesweg unseres Heilandes, dass der Mensch nichts versteht. Das gilt für alles bei Jesus, was er isst, was er sagt und was er tut – das versteht der Mensch nicht. Die Bibel sagt, der natürliche Mensch vernimmt nichts, unser unerleuchteter, ungeistlicher Sinn kapiert nichts von der Offenbarung Gottes in Jesus. Das gilt namentlich von seinem Kreuz.

Die Bibel sagt: Sein Kreuz ist ein Ärgernis ohne Torheit. Religion ohne das Kreuz lassen wir uns gern gefallen, aber das Kreuz ist Ärgernis ohne Torheit. Die Bibel sagt so, meine Freunde: Wir sind Kinder Adams, der als erster ohne Gott und gegen Gott fertig werden muss, und er hat uns seinen Sinn vererbt. Wir sind von Natur verkauft unter die Sünde. Die Bibel spricht gar nicht großartig vom Menschen. Sokrates sagt, es gibt nichts Gewaltigeres als den Menschen. Die Bibel sagt: verkauft der Sünde. Und weil das so ist, sind wir von Natur blind und taub.

Die Bibel sagt, in einem Schlafzustand, ja, sie sagt sogar, wir sind tot für Gott. Das sind wir so lange, bis der Geist Gottes uns erleuchtet. Das ist das große Wunder in einem Menschenleben. Damit fängt die Wiedergeburt an: dass der Geist Gottes uns erleuchtet.

Die Erleuchtung durch den Heiligen Geist an Sinnesorganen

Ich möchte Ihnen das etwas deutlicher erklären. Ich möchte Ihnen zeigen, wie man das Evangelium mit Augen, Ohren und Geschmack wahrnimmt.

Sehen Sie, das Evangelium ist, ich möchte es so sagen, eine Melodie, eine herrliche Melodie, ein Lied, eine Symphonie. Darin erklingen Töne von Gotteskindschaft, Erbarmen, neuem Leben und Hoffnung.

Aber ein tauber Mensch kann die schönste Symphonie nicht hören. Die Bibel sagt, dass wir von Natur aus taub sind. Selbst wenn ein Engel vom Himmel das Evangelium verkündet, schallt es an uns vorbei. Es dringt nicht in uns ein, weil wir taub sind. Erst wenn der Heilige Geist in unserem Leben wirkt und uns die inneren Ohren öffnet, hören wir dieses herrliche Lied. Dann nehmen wir die wundervolle Melodie von Erlösung, Gotteskindschaft und lebendiger Hoffnung wahr. Ja, dann singen wir dieses Lied mit.

Gott schenkt uns die geöffneten inneren Ohren.

Nun muss ich von den Augen sprechen. Sehen Sie, für ein unruhiges Gewissen gibt es kein schöneres Bild als das Bild des gekreuzigten Sohnes Gottes. Wahrhaftig, er trug unsere Krankheit. Die Strafe lag auf ihm, damit wir Frieden finden. Für ein bedrücktes Gewissen ist das das Schönste, was man sehen kann. Ein Liederdichter singt: „Alle Tage wird dies Bild schöner meinen Blickend.“

Aber meine Freunde, ein blinder Mensch kann das schönste Bild nicht erkennen. Da könnte ein Picasso-Gemälde im Wert von 500 Mark vor seiner Nase hängen, es würde ihm nichts sagen. So sind wir von Natur aus blind. Wir kennen das nicht, bis der Geist Gottes uns die inneren Augen öffnet.

Wer will das schon lange? Es gibt viele Menschen, die sich dagegen sperren. „Nur das nicht! Was gäbe es für eine große Veränderung in meinem Leben!“ Sie wehren sich dagegen, so wie jemand, der sich gegen eine Kuchengabel wehrt, die ihm ins Ohr gesteckt wird. Da hat man nichts dagegen, oder? Aber um Gottes Willen nicht erleuchtet zu werden – also verschließen wir uns.

Wenn der Geist Gottes uns aber erleuchtet, meine Freunde, dann gehen uns die inneren Augen auf. Wir sehen den König mit der Dornenkrone in seiner wunderbaren Schönheit.

Nun rede ich vom Geschmack. Es gibt Liederdichter, die haben das Evangelium mit einem starken Freudenwein verglichen. Die Bibel sagt auch Ähnliches. Sie spricht von Menschen, die dem Herrn gehören: Sie werden trunken von den reichen Gütern deines Auges. Sie werden trunken von den reichen Gütern deines Auges.

Aber wenn ein Mensch keine Geschmacksnerven hat, dann schmeckt er nichts. Richtig, dann schmeckt er nichts.

So erscheint dem unerleuchteten natürlichen Menschen das Evangelium geschmacklos. Das Wort „geschmacklos“ hat eine doppelte Bedeutung. Sie können es in beiden Bedeutungen verstehen. Der unerleuchtete natürliche Mensch sagt: „Das Evangelium ist geschmacklos.“

Bis der Geist Gottes uns die Augen öffnet und uns einen neuen Sinn schenkt, begreifen wir den Freudenwein nicht. Dann erkennen wir: Er schenkt mir voll ein, du erquickst meine Seele. Dann beten wir: „Mit deinem Freudenwein erquicke mich.“

Das Unverständnis von Maria und die Hoffnung auf Erleuchtung

Sie verstanden das Wort nicht, denn ihre Augen waren gehalten. Sie sahen nur Knaben und nicht, wie Johannes, seine Herrlichkeit. Ihre Ohren waren ebenfalls gehalten, sie verstanden sein Wort nicht; sie verstand es nicht.

Maria war ein natürlicher, unerleuchteter Mensch. Dennoch hat sie so viel begriffen, dass die Worte dieses Knaben nicht einfach dummes Geschwätz waren. Das gibt es auch, sonst hätte es hier nicht ständig solche Worte gegeben. Sie behielt diese Worte in ihrem Herzen. Aber sie wusste noch nichts von der Erleuchtung durch den Heiligen Geist.

Meine Freunde, Gott gebe, dass ihr Leben nicht vorübergeht, ohne dass euch die Augen geöffnet werden für diesen Heiland, unsere einzige Chance.

Es gibt ein stolzes, wundervolles Wort im 1. Johannes 5,20, und ich wünsche uns allen, dass wir es nachsprechen können. Es heißt: „Wir wissen, dass Gottes Sohn gekommen ist und uns einen Sinn gegeben hat, damit wir den Wahrhaftigen erkennen.“ So sprechen die Leute, die erleuchtet worden sind: „Wir erkennen den Wahrhaftigen.“ Und dieser zeigt auf Jesus: „Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben.“

Meine Freunde, wenn ich so rede, werfen mir manche Leute manchmal vor, ich hätte hochmütig gesprochen. Darauf möchte ich kurz antworten: Christen sind in sich selbst sehr klein, Jesus-Jünger sind es, weil sie wissen, dass an ihnen und ihrem Leben nichts auf dieser Welt ist. Karl hat es Christus mir gegeben, dass da Liebe sei, und das wissen sie zu rühmen.

Darum reden sie hochherzig, aber nicht aus Hochmut, Denken oder Diskutieren, sondern weil sie wissen, dass der Sohn Gottes gekommen ist und uns einen Sinn gegeben hat, damit wir in Wahrheit erkennen können.

Gott schenke euch, dass ihr das sagen könnt, dass ihr aus aller nebulosen Religiosität und Christlichkeit herauskommt. Wir wissen: Ein Sinn, der durch Erleuchtung gegeben ist, lässt uns erkennen.

Das Herabsteigen Jesu nach Nazaret als Teil des Kreuzweges

Aber nun zum Zweiten: Das zweite Wort, das ich in seinem Text unterstreichen möchte, um zu zeigen, dass Jesus hier auf dem Kreuzweg ist. Jesus ist auf dem Kreuzesweg.

Das zweite Wort, das ich hervorheben möchte, lautet: „Und er kam nach Nazaret.“ Das war ein Herabsteigen. Eben hat er noch so majestätisch im Tempel gesprochen: „Dies ist meines Vaters Haus. Hier bin ich zu Hause.“ Das gehörte ihm, wie die Güter des Vaters dem Sohn früher gehörten. Er sagte: „Ich gehöre auf die Seite Gottes, euch allen gegenüber.“ Er hat also majestätisch geredet.

Und nun geht er nach Nazaret, nach Nazaret in Galiläa. Galiläa lag im Norden, umschlossen vom heidnischen Gebiet. Das Heidentum sickert dort ein – mit all seinen schrecklichen Dingen. Galiläa wurde von den Bürgern Jerusalems sehr verachtet. So sehr, dass sogar der Prophet Jesaja verächtlich vom heidnischen Galiläa spricht, obwohl es doch zu Israel gehört.

Dieses Wort vom heidnischen Galiläa hat Matthäus aufgenommen. Wir lesen im vierten Kapitel des Matthäusevangeliums von „dem heidnischen Galiläa“. Doch Matthäus sieht darin auch eine Verheißung: Ein leuchtender Stern erscheint.

Galiläa war ein verachtetes Land. Und in diesem verachteten Galiläa war Nazaret ein verachtetes Drecknest. In Israel gab es das Sprichwort: „Was kann von Nazaret Gutes kommen?“ Das war ein Abstieg von dem, der vom Tempel sagte: „Meines Vaters Haus.“ Und der nun nach Nazaret kommt.

Meine Freunde, das war eine Etappe auf seinem Weg herab. Dieses Herabsteigen beginnt, als er in der ewigen Welt ist. Für mich ist die Bibel maßgeblich, die von Anfang an von Jesus spricht: „Er war im Anfang bei Gott.“ Einen Jesus, den wir zurechtschneiden, zurechtdenken und zurechtzimmern, den brauche ich nicht mehr.

Die Rede ist von dem, den die Bibel bezeugt: Er war im Anfang bei Gott. Was bedeutet seine Menschwerdung? Ein Herabsteigen. Die Bibel sagt, er entäußerte sich selbst, nahm Knechtsgestalt an und wurde den Menschen gleich. Er kommt nach Nazaret.

Sein ganzes Leben ist ein Herabsteigen. Wie ist er herabgestiegen, als er sich zu den Zöllnern und Sündern gesellte – zum Gesindel, dass die Pharisäer murren ließ: „Dieser nimmt die Zöllner an und isst mit ihnen!“ Ja, er steigt noch weiter herab. Er tut Dienerdienste an seinen Jüngern und wäscht ihnen die Füße, weil kein anderer Sklave da ist.

Diese ganze Herabsteige-Laufbahn endet damit, dass er zwischen zwei Verbrechern hingerichtet wird. Wir sehen: Der Weg nach Nazaret ist ein Stück dieses Kreuzwegs.

Die Notwendigkeit des Herabsteigens Jesu für die Rettung

Und nun muss ich Ihnen an dieser Stelle etwas Merkwürdiges erzählen. Sehen Sie, als ich in der Vorbereitung zu meiner Predigt so weit gekommen war, stellte ich mir diese Gemeinde im Geist vor. Ich dachte: Jetzt werden so und so viele abschalten und sagen: „Mensch, was bedeutet uns heute, in Zeiten von Weltumrundungen, Riesenunglücken und Katastrophen, dass Jesus herabgestiegen ist?“ Ich fürchtete, dass viele bei so einer dogmatischen Unternehmung abschalten würden.

Dann wurde ich unruhig, denn nichts ist schlimmer, als wenn man an den Menschen vorbeipredigt. Also lief ich hinaus, um noch einmal zu überlegen, ob ich deutlicher sagen könnte, was ich meine. Ich verschob es ein klein bisschen, damit Sie gar nicht merken, worum es geht, damit ich nicht indiskret bin.

In genau diesem Augenblick wurde hinter mir ein junger Mensch hereingeführt, der völlig verzweifelt war. Er war in abscheuliche Sünde verstrickt, entsetzt über sich selbst und sah keinen Ausweg. Er hatte Abscheu vor der Sünde in seinem Gewissen und fühlte diesen Abscheu auf einmal als gerechtfertigt an. Es wurde ihm klar: Gott ist weg und wirft mich fort. Es war eine sehr tiefe Verzweiflung.

In diesem Moment wurde mir klar, dass ich solchen Menschen predigen muss. Sattem Brot hinzustellen hat keinen Sinn, aber hungrigen Menschen, solchen wie diesem, muss ich predigen. Solchen Menschen werden verstehen, was es bedeutet: Wir haben einen göttlichen Helfer, der aus der ewigen Welt kam und hinabsteigt in die letzte Tiefe zu den Sündern.

Wir haben einen göttlichen Helfer, der sich mit uns Sündern solidarisch erklärt, Schuld auf sich nimmt und deren Durchbrecher ist – so heißt es in der Bibel. Und vor uns herauf fährt ein anderes Leben.

Sehen Sie, wir haben vor kurzem das schreckliche Bergwerksunglück in Völklingen erlebt. Sie haben sicher die Berichte gelesen. Es hat mich wieder sehr erschüttert. Es genügte nicht, dass die Retter einen Strick unterhalb des Schachts ließen und die Leute dann nach oben holten. Das genügte nicht. Sie mussten selbst hinabsteigen in die brennende Tiefe, wenn sie retten wollten.

Und der Sohn Gottes ist aus der ewigen Welt hinabgestiegen bis in den Tod am Kreuz, in die brennende Tiefe der Sündenwelt, wo die Flammen der Hölle im Gewissen oft schon brennen. Wie viele sitzen hier und spüren diese Flammen der Hölle schon in ihrem Gewissen, weil alles voll Schuld ist!

In solche Tiefen muss der Sohn Gottes hinabsteigen, wenn er retten will. Ich kann Sie nur bitten: Überlassen Sie sich jetzt diesem Retter. Rufen Sie ihn an, klammern Sie sich an ihn. Sagen Sie: „Gib mir Leben!“ Legen Sie ihm alles hin, was an Ihnen ist. Machen Sie ihm nichts mehr vor. Werfen Sie sich ihm zu Füßen und klammern Sie sich an sein Kreuz. Aber machen Sie es ernst mit ihm.

Die Unterordnung Jesu unter seine Eltern als Ausdruck des Gehorsams

Ich möchte noch ein drittes Wort sagen: Jesus auf dem Kreuzesweg. Sie verstanden sein Wort nicht. Er kam hinab nach Nazaret, und das dritte, was ich Ihnen zeigen möchte, ist das dritte Wort, das ich Ihnen streiche. Es lautet: Er war ihnen untertan. Das ist das dritte Wort, das Sie sagen. Joseph, Maria, Jesus – er war ihnen untertan.

Ich weiß nicht, wie weit ihr mir zuhört, meine Freunde, aber ich könnte mir vorstellen, dass ihr bei diesem Wort – ich meine jetzt diese Jungs – ein leichtes Unbehagen habt und denkt, das riecht verzweifelt nach Musterknabe: Er war ihnen untertan, nicht? Ich habe bei diesem Satz als Junge immer ein Unbehagen empfunden. Vielleicht lag das an dem Abstand, den ich von diesem Jesus hatte.

Ich bitte Sie, schieben Sie das mal beiseite und hören Sie hin, was hier steht. Hier ist etwas ganz Großes: Dieser zwölfjährige Knabe ist entschlossen, den Willen Gottes zu tun. Es gibt ein Gebot Gottes, das heißt: Du sollst Vater und Mutter ehren. Und dieser Junge ist entschlossen, dieses Gebot Gottes zu erfüllen. Das ist Gottes Beitrag zur Generationenfrage: Du sollst Vater und Mutter ehren. Und Jesus ist ihnen untertan, obwohl sie nichts verstehen und nichts begriffen haben. Er ist untertan. Warum? So steht es im Gebot Gottes. Er ist gehorsam.

Und dies ist nun sehr, sehr wichtig für uns, nicht nur als Vorbild, meine Freunde, sondern in einem viel tieferen Sinne. Das ist wichtig für unsere Seligkeit, und hoffentlich kann ich Ihnen das jetzt noch in der Kürze deutlich machen.

Sehen Sie, dieser Knabe fängt an, dem Willen Gottes zu gehorchen. Wir sind Gott nicht gehorsam, wir nicht. Seien Sie mal ehrlich: Habt ihr das Gebot Gottes, Vater und Mutter zu ehren, immer gehalten? Haben wir das immer gehalten? Und wie steht es mit den anderen Geboten? Haben Sie die Gebote Gottes gehalten? Den Feiertag geheiligt, den Namen Gottes nicht missbraucht, nie gelogen, kein falsches Zeugnis gegeben und ein reines Herz bewahrt?

Meine Freunde, es steht so mit uns: Auch wenn wir den besten Willen haben, bleiben wir Gott jeden Tag einen Rest schuldig – jeden Tag. Und die Reste häufen sich. Und wir haben ja gar nicht den besten Willen, wir haben bösen Willen. Und selbst wenn wir den besten Willen hätten, blieben wir Gott noch jeden Tag einen riesigen Rest schuldig. Das läuft darauf hinaus, dass wir Gott jeden Tag einen Rest schuldig bleiben.

Ein Rest schuldig, schuldig, schuldig, schuldig ruft unser Gewissen. Lasst uns endlich mal rufen: schuldig wird es heißen über uns an jenem Tage, wenn die Bücher aufgetan werden und unser Leben ins Licht gestellt wird. Dann wird es heißen: schuldig. Gott gebe, dass sie endlich ihre Situation begreifen: schuldig! Schauen Sie, ob irgendwo ein Helfer ist – es ist keiner da. Es heißt, wir sind alle schuldig, wir sind allzumal Sünder.

Wir haben den Ruhm, den wir über Gott haben sollten, nicht. Sagen Sie nicht: So schlimm ist das nicht! Sehr schlimm! Wie wird individuell gerichtet? Ganz persönlich. Das Schuldigt geht jeden Einzelnen an, kein anderer. Doch der eine, Jesus, als Zwölfjähriger – sehen wir ihn schon gehorsam dieses Gebot Gottes erfüllen.

Und nun müsst ihr mal das Neue Testament daraufhin durchsehen, was von Jesus erzählt wird, wie sein ganzes Leben gehorsam ist gegen den Vater. In der Versuchungsstunde, in der ihm die herrlichsten Angebote gemacht werden, sagt er nein zum Gebot Gottes. Am Kreuz, wo man hassen möchte in der Qual, sagt er: „Liebe eure Feinde.“ Er betet für sie. Bis zum letzten Atemzug ist Jesus gehorsam.

So, dass er selber seine Feinde fragen konnte: „Wer kann mir eine Sünde zeigen?“ Und keiner kann ihm etwas sagen. Wer könnte so etwas aufzeigen unter seinen Bekannten? Wer kann mir eine Sünde zeigen? Jesus kann es nicht – unter seinen Feinden zieht er leidensstumm.

Und sehen Sie, darum ist Jesus würdig – oh, das ist mir so wichtig, bitte hören Sie mir noch zu – darum ist Jesus würdig und geschickt, er, der Sündlose, das Versöhnungsopfer zu werden, das Sünder mit dem heiligen Gott versöhnt.

Sehen Sie, im Alten Testament steht in den Opfervorschriften von den Versöhnungsopfern: „Ihr sollt aber ein solches Lamm nehmen, das ohne Fehl ist.“ Und nun zeige ich das Kreuz Jesu. Sehen Sie ihn an, der die Henker-Dornenkrone getragen hat. „Ihr sollt ein solches Lamm nehmen, das ohne Fehl ist.“ Siehe, da ist Gottes Lamm, das fehlose Lamm, welches der Welt Sünde trägt.

Wo könnten wir heilig Platz finden unter diesem Kreuz?

Schlussgebet

Lassen wir uns beten. Herr Jesus, ich danke Dir gemeinsam mit allen, die Dich kennen und lieben, dass Du durch ein einziges Opfer alles vollendet hast, um uns zu heiligen.

Ich danke Dir, dass Dein Weg von Anfang an ein Weg zum Kreuz war – zu Deinem schrecklichen Kreuz und zu meinem Heil. Öffne uns die Augen dafür. Amen.