Gott wird Mensch: Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter ist, Weg, Wahrheit und Leben.
Episode 301: Unglaube in Nazareth.
Einleitung: Heilungen im Matthäusevangelium
In den Evangelien gibt es immer wieder Berichte von Heilungen, bei denen man fairerweise sagen muss, dass sie zwar interessant sind, aber wenig Neues bringen. Zwei solcher Berichte finden sich im Anschluss an die Auferweckung der Tochter des Jairus im Matthäusevangelium.
Matthäus 9,27-31 berichtet: Als Jesus von dort weiterging, folgten ihm zwei Blinde, die schrien und sprachen: „Erbarme dich, Sohn Davids!“ Als er aber in das Haus gekommen war, traten die Blinden zu ihm, und Jesus fragte sie: „Glaubt ihr, dass ich dies tun kann?“ Sie antworteten ihm: „Ja, Herr.“ Dann berührte er ihre Augen und sprach: „Euch geschehe nach eurem Glauben.“ Ihre Augen wurden geöffnet, und Jesus bedrohte sie, indem er sagte: „Seht zu, dass niemand davon erfährt.“ Sie aber gingen hinaus und machten ihn bekannt in der ganzen Gegend.
Wenn wir uns diesen Bericht anschauen, ist es natürlich wunderbar, dass Jesus den beiden Blinden hilft. Inhaltlich enthält er jedoch wenig bis gar nichts Neues für uns. Die beiden werden geheilt, weil sie glauben, und sie sollen niemandem von ihrer Heilung erzählen – tun es aber trotzdem.
Bitte versteht mich nicht falsch: Ich möchte diesen Bibeltext nicht despektierlich behandeln. Ich gebe nur ehrlich zu, dass er nichts wirklich Neues enthält. Warum ist er dann im Matthäusevangelium? Das ist eine gute Frage. Eine mögliche Antwort könnte sein, dass der Text aus Gründen der Struktur hier eingefügt wurde. Das ist aber nur eine Spekulation, denn weiter hinten, in Kapitel 20, gibt es noch eine Heilung von zwei Blinden. Und...
Wiederholung und Kritik: Heilung eines Besessenen
Auch der nächste Text ist zunächst eine Wiederholung von Inhalten, die wir bereits behandelt haben.
Matthäus 9,32-34: Als sie aber weggingen, siehe, da brachten sie einen stummen Menschen zu ihm, der besessen war. Und als der Dämon ausgetrieben war, redete der Stumme. Die Volksmengen wunderten sich und sprachen: „Niemals wurde so etwas in Israel gesehen.“ Die Pharisäer aber sagten: „Er treibt die Dämonen aus durch den Obersten der Dämonen.“
Ihr merkt, das sind alles Themen, die wir schon hatten. Deshalb möchte ich weiterziehen. Jesus ist nämlich auch auf dem Weg, und zwar nach Nazaret.
Rückkehr nach Nazaret: Lehrtätigkeit und Erstaunen
Markus 6,1-2: Und er ging von dort weg und kam in seine Vaterstadt, und seine Jünger folgten ihm nach. Als Sabbat geworden war, fing er an, in der Synagoge zu lehren. Viele, die zuhörten, staunten und sagten: „Woher hat er das? Und was ist das für eine Weisheit, die ihm gegeben ist? Und solche Wunderwerke geschehen durch seine Hände!“
Jesus kommt also nach Hause. Wir wissen bereits, dass seine Familie mit dem Verhalten ihres Ältesten ein Problem hat. Vielleicht erinnert ihr euch noch an Markus 3,21. Dort lesen wir: „Und als seine Angehörigen es hörten, gingen sie los, um ihn zu greifen, denn sie sagten, er ist von Sinnen.“
Jetzt kommt also derjenige, den sogar seine Familie für sonderbar hält, in seine Vaterstadt – die nach unserer Vorstellung eher ein Vaterdorf war. Seine Jünger sind mit dabei. Es wird Sabbat, und Jesus geht in die Synagoge, um dort das zu tun, was ein Rabbi eben tut: er lehrt.
In der Synagoge trifft sich das ganze Dorf. Diesmal bleibt es ruhig. Vielleicht erinnert ihr euch noch an Lukas 4. Jesus hatte schon einmal in Nazaret in der Synagoge gelehrt. Wer nicht weiß, wovon ich spreche: Die Podcastepisoden 116 bis 118 beschreiben den Vorfall. Damals wollte sein eigenes Dorf Jesus umbringen.
Diesmal bleibt es bei Erstaunen und kritischen Kommentaren: „Woher hat er das?“ Immerhin kein Mordanschlag. Sie haben ihre Lektion, wenn man so will, gelernt.
Zweifel und Unverständnis: Die Perspektive der Dorfbewohner
Aber natürlich ist es für sie weiterhin schwierig zu verstehen, was da geschieht. Viele, die zuhörten, waren erstaunt und fragten: Woher hat er das? Was ist das für eine Weisheit, die ihm gegeben wurde? Und wie können solche Wunder durch seine Hände geschehen?
Es sind also nicht nur seine Worte, also seine Bibelauslegung, die Verblüffung auslösen. Auch die Heilungen von Kranken sorgen für großes Erstaunen.
Warum sind die Leute so überrascht? Ganz einfach: Weil sie ihn kennen – zumindest glauben sie, ihn zu kennen.
Markus 6,3: „Ist dieser nicht der Zimmermann, der Sohn der Maria und ein Bruder des Jakobus, Joses, Judas und Simon? Und sind nicht seine Schwestern hier bei uns?“ Sie nahmen Anstoß an ihm.
Wir halten fest: Jesus war kein Einzelkind. Er hatte mindestens sechs Geschwister – vier Brüder und mindestens zwei Schwestern.
Der Judas, der hier genannt wird, ist übrigens der Autor des Judasbriefes. Jakobus wird später eine führende Rolle in der ersten Christengemeinde in Jerusalem übernehmen. Von ihm stammt der Jakobusbrief.
Die Bedeutung des Berufs und familiäre Ablehnung
Das nächste, was wir festhalten müssen, ist der Beruf „Zimmermann“. Für die Einwohner von Nazaret ist Jesus der Zimmermann. In Matthäus 13 wird er als „Sohn des Zimmermanns“ bezeichnet. Das klingt so, als wäre Josef bereits tot und Jesus hätte bis zum Beginn seines Dienstes mit Anfang dreißig den Beruf seines Vaters ausgeübt.
Dabei müssen wir verstehen, dass die Berufsbezeichnung „Zimmermann“ nicht mit unserem heutigen Verständnis eines Holzhandwerkers übereinstimmt. Das griechische Wort „Tekton“ ist viel allgemeiner und bedeutet Bauhandwerker.
Dann heißt es hier: „Und sie nahmen Anstoß an ihm.“ Was Jesus sagt und tut, passt den Einwohnern von Nazaret überhaupt nicht. In Markus 6,4 sagt Jesus zu ihnen: „Ein Prophet ist nicht ohne Ehre, außer in seiner Vaterstadt und unter seinen Verwandten und in seinem Haus.“
Das ist ein immer wieder interessanter Vers. Jeder ehrt einen Propheten, also jemanden, der von Gott gebraucht wird – außer die Leute, die ihm am nächsten stehen: die Vaterstadt, die Verwandten, das Haus, also die Familie. Und das wissen wir ja schon.
Es sind seine Geschwister und seine Mutter, die ihn für verrückt halten. Das Prinzip, das Jesus hier vorstellt, ist allgemeingültig: Wenn Gott einen Menschen außergewöhnlich gebraucht, dann werden die Menschen, die ihn von klein auf kennen, es am wenigsten glauben.
Für die Einwohner von Nazaret und für seine Verwandtschaft bleibt Jesus immer der kleine Jesus, der Sohn des Zimmermanns – egal, wie viele Kranke er gesund macht oder wie viele Bibelstellen er erklärt.
Begrenzte Wunder und der Einfluss des Unglaubens
Markus Kapitel 6,5: Und er konnte dort kein Wunderwerk tun, außer dass er wenigen Schwachen die Hände auflegte und sie heilte.
Kein Wunderwerk im Sinne von keinem richtigen Wunderwerk. Bei Matthäus heißt es: „Und er tat dort nicht viele Wunderwerke wegen ihres Unglaubens.“ Der Unglaube verhindert, dass mehr geschieht als ein paar Krankenheilungen.
Dieser Unglaube basiert auf dem Denken: „Dieser Jesus kann nichts Besonderes sein, weil ich ihn schon als kleinen Jungen kannte.“ Und das ist natürlich ein ungewöhnlicher Gedanke, oder? Schließlich muss doch jede große Persönlichkeit einmal klein gewesen sein. Es muss also Leute geben, die sie schon als Kind erlebt haben.
Jesu Reaktion und praktische Konsequenzen
Markus 6,6: Und er wunderte sich über ihren Unglauben. Dennoch zog er durch die umliegenden Dörfer und lehrte.
Jesus wundert sich über den Unglauben der Menschen, doch das Prinzip bleibt gültig. Wenn Gott beginnt, dich außergewöhnlich zu gebrauchen, um sein Reich zu bauen, dann kannst du davon ausgehen, dass gerade die Menschen, die dir am nächsten stehen, deine Berufung als Letzte akzeptieren werden.
Das ist auch der Grund, warum Außenstehende oft leichter deine Familie mit dem Evangelium erreichen können als du selbst. Sei nicht frustriert – es ist einfach so. Der Prophet gilt nichts im eigenen Land. Das ist bedauerlich, aber nicht zu ändern.
Was kannst du jetzt tun? Du könntest dir Zeit nehmen, um für deine Familie und Verwandtschaft zu beten. Sicherlich sind noch nicht alle gläubig.
Abschluss und Segenswunsch
Das war es für heute.
Ein guter Tipp für den Montag: Nimm dir Zeit, alle Termine und Aufgaben der Woche in Ruhe durchzugehen.
Der Herr segne dich, lasse seine Gnade erfahren und lebe in seinem Frieden. Amen.