Herzlich willkommen zum Podcast der EFA Stuttgart mit Thomas Powileit und Jörg Lackmann. Unser Podcast möchte zum praktischen Christsein herausfordern und zugleich zum theologischen Denken anregen.
Manchmal erlebt man die Sonnenseite des Lebens. Doch plötzlich wird die Hitze so stark, dass man sich wie in einer Wüste fühlt. Oft folgen dann lange, auszehrende Zeiten des Wartens, der Monotonie und der Hoffnungslosigkeit.
Ja, vielen Gläubigen vor uns ist es ähnlich ergangen. In diesem Podcast wollen wir gemeinsam auf ihre Warte- und Wüstenzeiten blicken. Dabei möchten wir auch sehen, wie Gott ihnen in diesen Wüsten begegnet ist und was diese Zeiten mit ihnen bewirkt haben.
Ja, Jörg, jeder wünscht sich doch irgendwie ein leichtes und schönes Leben. Aber offensichtlich sieht die Realität anders aus, oder? Auf dieser Erde ist das leichte und schöne Leben oft nicht gegeben. Das kommt erst in der Zukunft.
Ja, das Leben ist nicht immer einfach, das ist in der Tat so. Als ich vor Jahren selbst einmal eine lange Wüstenzeit durchmachte, habe ich etwas Wichtiges erkannt. In der Bibel gibt es viele Hinweise darauf. Ich stellte fest, dass das Bild, das ich vorher hatte – „Oh, jeder ist erfolgreich und hat sein Leben im Griff, diese Glaubenshelden“ – so nicht stimmt. Das liegt oft daran, dass wir die Geschichten vom Ende her lesen. Wir wissen, dass es am Ende gut ausgeht, und vergessen dabei die zehn, zwanzig oder sogar vierzig Jahre dazwischen, in denen eine Wüstenzeit herrschte.
Schon vor langer Zeit dachte ich immer wieder daran, darüber einmal eine Predigt zu halten und etwas dazu zu sagen. Ich habe es nie gemacht, weil ich immer zu perfekt sein wollte. Heute spreche ich eher im Plauderton darüber. Ich habe es aufgegeben, denn das Thema ist mir zu nah. Da muss ich jetzt einfach mal ran.
Ich habe ein Konzept entwickelt, das nicht zu sehr in die Tiefe geht. Wir schauen uns fünf Personen aus dem Alten und Neuen Testament an und stellen immer dieselben Fragen: Wer ist die Person? Wie lange dauerte die Wüstenzeit? Was ist während dieser Wüstenzeit passiert? Was hat geholfen? Was waren Gefahren? Warum hat Gott das zugelassen, wenn man es weiß? Was war das Ziel von allem?
Für jede Person habe ich mir am Ende einen Merksatz aufgeschrieben. Wir behandeln nicht jeden Punkt immer gleich. Dieses Vorgehen habe ich einmal auf einem Seminar von Benedikt Peters kennengelernt, und ich war damals total begeistert. Er hat später oder davor schon ein Buch herausgegeben, das heißt „Weder Diktatur noch Demokratie – Führung und Unterordnung im Volk Gottes“, also über Ältestenschaft und Gemeindeleitung und Ähnliches.
Bei diesem Seminar, das in Rehe stattfand, stellte er vom Alten Testament bis ins Neue Testament immer dieselben Fragen und schaute, wie jemand Gottes Volk geführt hat. Das war sehr spannend. Natürlich ging er nicht so tief ins Detail, er hatte mehr Zeit als ich jetzt. Aber allein dieses Antippen und sich dieselben Fragen für verschiedene Personen zu stellen, öffnet einem einen gewissen Horizont.
Deshalb möchte ich heute nicht zu tief gehen, sondern ein Bild zeichnen, wie man diese fünf Personen betrachtet, immer dieselben Fragen stellt und dann Gemeinsamkeiten entdeckt. Natürlich auch ein paar Unterschiede, aber man merkt auf einmal: Ah, interessant! Jeder von ihnen hatte eine Wüstenzeit. Das ist die Voraussetzung, deshalb habe ich sie ausgewählt. Was haben sie erlebt? Was war schwierig? Was hat sie herausgezogen?
Mit wem fangen wir an? Mit Abraham, ganz am Anfang, im Alten Testament. Ich habe ihn „Abraham der Wartende“ genannt. Er war ursprünglich ein Heide, der von Gott auserwählt wurde, aus dem ein neues Volk entstehen sollte. Das war schon etwas Gewaltiges. Er erhielt sehr große Verheißungen von Gott: „Aus dir wird ein großes Volk kommen, ich werde dir ein Land geben, dir wird ein Land geschenkt, und du wirst gesegnet werden und zum Segen werden.“ Das steht in 1. Mose 12.
Abraham ging in Gehorsam nach dieser Gottesbegegnung als Heide aus Mesopotamien, dem heutigen Irak, weg. Danach hielt er sich eine Zeitlang in Haran auf, im heutigen Syrien. Dort blieb er eine Weile hängen. Er war damals fünfundsiebzig Jahre alt. Das ist wichtig für die Dauer seines Wartens.
Dann zog er weiter. Ihm war versprochen worden, dass aus ihm ein großes Volk entstehen würde. Das Problem war, dass er und seine Frau kinderlos waren. Wie sollte da ein großes Volk entstehen? Das ist spannend.
Man muss sich vorstellen: Als Heide begegnet er Gott, erhält gewaltige Verheißungen und trifft Gott mehrmals. Er baut Altäre und geht schon mal in das Land, das ihm versprochen wurde – Kanaan, das später Israel wird. Aber wie sollte das mit dem Volk funktionieren, wenn er keinen Sohn bekommt, der seinen Namen weiterführt? Eine Tochter hätte den Namen nicht weitergeführt, also musste ein Sohn her – aber es kam keiner.
Die Jahre vergingen: Ein Jahr, zwei Jahre, fünf Jahre, acht Jahre, zehn Jahre, dann dreizehn Jahre. Seine Frau sagte schließlich: „Im Mesopotamien, wo wir herkamen, gab es doch ein Gesetz, dass wenn ich dir eine Untergebene, eine Magd, gebe und sie ein Kind bekommt, gilt das als unser Kind.“ Das war damals tatsächlich so ein Gesetz, auch wenn wir das heute kaum nachvollziehen können.
Nach dreizehn Jahren des Wartens entschieden sie sich, es auf diese Weise zu versuchen. Dann kam Ismael zur Welt. Er war aber nicht der verheißene Sohn, den Gott für Abraham vorgesehen hatte. Der kam erst, als Abraham hundert Jahre alt war – er hat also fünfundzwanzig Jahre gewartet.
Einfach mal warten, obwohl Gott ihm klare Verheißungen gegeben hatte – das finde ich schon schwierig. Wir lesen das in der Bibel: Das sind klare Verheißungen. Aber Gott war vor ihm da, und er schloss mit ihm den Bund. Zwischendurch gab es einen Krieg, in dem Abraham seinen Neffen rettete, und er wurde unheimlich reich. Doch diese eine Sache, die notwendig war, passierte nicht.
Das ist natürlich zehrend, wenn man lange wartet. Ismael hat später viel Ärger gemacht, und das sehen wir heute noch im Nahen Osten. Das war eine Folge von Abrahams Unglauben. Es gab noch andere Herausforderungen: Gott versprach ihm ein Land, doch dann kam eine Hungersnot, und er musste nach Ägypten ziehen. Dort war auch Hagar, die Mutter Ismaels, eine Ägypterin, die er mitgenommen hatte.
Das war auch eine Herausforderung: Gott versprach ihm das Land, aber plötzlich musste er wegziehen, weil er dort keine ökonomische Grundlage mehr hatte. Er versprach ihm ein großes Volk, doch Abraham bekam einfach keinen Sohn. Sie probierten es immer wieder, aber Abraham und seine Frau wurden älter. Seine Frau war schon im Klimakterium – wie sollte das noch gehen?
Dann gab es noch andere Schwierigkeiten mit Pharao und Abimelech. Die wollten seine Frau, weil sie so hübsch war. Auch seine Söhne und Enkel hatten immer hübsche Frauen. Die Bibel erwähnt das, es war ein Muster bei den Leuten damals. Das waren Gefahren in dieser Zeit.
Abraham hat aber auch vieles sehr gut gemacht. Während er wartete, pflegte er immer seine Gottesbeziehung. Zum Beispiel wählte Lot, sein Neffe, das fruchtbare Land um Sodom, und Abraham sagte: „Mir egal, was du wählst, ich nehme den anderen Teil.“ Obwohl er der Ältere war und eigentlich das Erstwahlrecht hatte, vertraute er darauf, dass Gott ihn führen würde – egal wohin.
Das zeigt ein tiefes Gottvertrauen. Überall baute er Altäre und erlebte Gott immer wieder. Ein Leben im Gehorsam und Glauben – bis auf diesen einen Punkt.
Dann wartete er fünfundzwanzig Jahre. Das finde ich besonders interessant. Schließlich bekam er den Sohn, und irgendwann sagte Gott zu ihm: „Opfere diesen Sohn.“ Da fragt man sich, was das soll.
Interessanterweise steht im Hebräerbrief, Kapitel 11, dass Abraham das tun konnte, weil er an eine Auferstehung glaubte. Hier wird vieles offenbart, was wir im Alten Testament nicht direkt lesen. In der Urgeschichte ist das so, dass später viel mehr offenbart wurde, als wir wissen.
Je weiter wir uns von unserer heutigen Zeit entfernen, desto weniger wissen wir. In der Zukunft ist es genauso. An den Rändern werden die Informationen dünner. Abraham wusste deshalb auch, warum Abel wusste, dass sein Opfer gut war und nicht schlecht. Das wussten sie damals, weil Gott es ihnen gesagt hatte – nur wurde nicht alles aufgeschrieben.
Dieses lange Warten von fünfundzwanzig Jahren – Abraham starb mit 175 Jahren. Damals wurden die Menschen noch älter. Er hatte praktisch hundert Jahre gewartet und besaß nur eine Begräbnisstätte in dem Land als Eigentum. Nichts sonst. Er war Nomade.
Er hat die Verheißung also nicht mehr gesehen. Der Schreiber des Hebräerbriefs sagt, Abraham schaute auf die zukünftige Stadt, das himmlische Jerusalem. Er wusste, dass er der Gründer dieses Volkes war – das war das Gewaltige, was Gott mit ihm getan hat.
Aber er wird die Verheißung nicht selbst erleben. Das wusste er, weil Gott ihm gesagt hatte, dass das Volk 400 Jahre außerhalb leben würde, bis die Sünde der Ammoniter voll ist. Erst danach bekommt es das Land.
Das wusste Abraham von Anfang an. Er wird es nicht erleben. Das ist eine schwierige Zeit. Keine Zeit des Leidens im eigentlichen Sinn, aber langes Warten macht das Herz krank, wie es in den Sprüchen heißt.
Das war bei Abraham der Fall. Ein Merksatz für mich wäre: Manche Menschen werden die Erfüllung der Verheißung nicht mehr sehen. Das kann man aus dem Leben Abrahams mitnehmen.
Ja, das ist natürlich schwer, wenn es Verheißungen gibt, die Gott selbst – das darf man nicht vergessen – mir gegeben hat. Und ich warte und warte, und es tut sich nichts. Abgesehen vom Konflikt bei Abraham mit Ismael war seine Familie intakt. Er hatte nicht die massivsten Verletzungen.
Aber wie ist es, wenn ich jahrelang vielleicht auch an Verletzungen leide und warten muss, bis sich Situationen klären? Was macht das mit einem? Hast du da auch jemanden, den du aus deiner Gedankenkiste ziehen kannst?
Ja, da können wir gleich den Urenkel, Joseph, aus der Familie Abrahams nehmen. Das ist natürlich ein ganzes Stück härter, wenn du dann noch Leid erleben musst. Bei ihm war es eine schwierige Familienkonstellation. Das ergab sich durch seinen Vater, der zwei Frauen und zusätzlich zwei Mägde hatte. Insgesamt waren es zwölf Brüder von vier Frauen.
Das ist immer schwierig. Wenn es mehrere Ehefrauen gibt, entstehen Konflikte. Das lesen wir durch die ganze Bibel hindurch. Ich habe auch schon von Kulturen gehört, in denen es mehrere Frauen gibt, und welche Problematiken das mit sich bringt.
Das Schlimme war: Joseph war von der Lieblingsfrau seines Vaters, er war der zweitjüngste Sohn, und sein Vater bevorzugte ihn immer. Das ist in dieser Familienkonstellation Gift. Es ist ohnehin schon schwierig genug, dass die Geschwister ordentlich miteinander umgehen. Wenn dann noch jemand bevorzugt wird, wird die Situation noch angespannter.
Joseph hatte auch Verheißungen und Träume von Gott für die Zukunft. Ich weiß nicht, ob er manchmal zu unsensibel war, wie er das weitergegeben hat, oder ob es in Ordnung war. Ich bin da nicht ganz schlüssig, ehrlich gesagt.
Seine Brüder hatten jedoch richtigen Hass auf ihn und wollten ihn erschlagen. Ich glaube, Ruben hat sich für ihn eingesetzt. Letztlich verkauften sie ihn aber nur in die Sklaverei. Joseph war damals siebzehn Jahre alt – kein gestandener Mann, der das schon schaffen kann. Siebzehn ist zwar schon älter, aber in dem Alter ist es trotzdem schwierig.
Ich habe mal gehört – ich habe es jetzt nicht nochmal nachgeschaut –, dass er dreizehn Jahre als Sklave in Ägypten war. Eine sehr lange Zeit, über ein Jahrzehnt. Zuerst war er Sklave bei Potiphar. Dort arbeitete er sich hoch, weil Gott zu ihm stand. Gott gab ihm überall Gunst, sodass er überall aufstieg. Gott war mit ihm.
Dann kam eine falsche Anschuldigung, weil eine Frau ihn hübsch fand und etwas von ihm wollte, was er nicht geben konnte. Daraufhin war er mehrere Jahre im Gefängnis. Da kann man sich natürlich fragen: Was soll das jetzt? Habe ich jemandem etwas getan? Warum hassen mich meine Brüder so? Warum steht Gott mir nicht bei, wenn diese Frau mich falsch anschuldigt? Musste sie mir das antun? Konnte sie sich nicht jemanden von außerhalb suchen? Warum passiert mir das?
Joseph prophezeite dem Bäcker und dem anderen Gefangenen, ob sie sterben würden oder nicht. Sie versprachen ihm zu helfen, doch dann vergaßen sie es wieder. Warum sitzt er so verbittert in seiner Gefängniszelle die ganze Zeit?
Ich habe mal eine Predigt gehört, die ich so toll fand. Da kam Bob Fedderhoff, ein Amerikaner in unserer Gemeinde, und predigte zum Thema „Feeling a hungry world“. Sein Ziel war es, dass Gott mit ihm von Anfang an vorhatte, einer hungrigen Welt Nahrung zu geben.
Denn es kam eine Hungersnot, und alle Länder drumherum mussten nach Ägypten, wohin Joseph als Sklave verschleppt wurde. Inzwischen war er aufgestiegen, weil Gott ihm auch im Gefängnis beigestanden hatte.
Der Pharao hatte einen Traum, den niemand deuten konnte. Jemand erinnerte sich an Joseph im Gefängnis, der Träume deuten konnte. So stieg Joseph bis fast an die Spitze des Volkes und des Staates auf.
Dann konnte er alle Völker drumherum versorgen, die Hunger litten. Auch seine Brüder kamen zu ihm, und es gab Versöhnung. Das Ziel Gottes mit Joseph, das er natürlich am Anfang nicht kannte, war, diesem Volk und allen anderen Völkern Nahrung zu geben.
Durch den Traum legten sie Vorräte für sieben Jahre an – sieben Jahre lang Nahrungsvorräte. Joseph wusste, dass sieben schlechte Jahre kommen würden, und legte Vorräte an. Das war Gottes Werk.
Wenn wir an Abraham denken, wurde ihm verheißen, dass er viele Jahre auch in Ägypten sein werde. Er schickte praktisch Joseph als Vorrat voraus, um den Israeliten einen Platz in Ägypten zu bereiten. Weil Joseph so hoch angesehen war, erlaubte der Pharao, dass die 70 Leute – es waren damals nicht mehr – nach Ägypten ziehen durften.
Joseph wurde für die Heilsgeschichte benutzt. Er wurde gebraucht, um alle Völker zu nähren. Aber er musste dreizehn Jahre lang Hass, Verleumdung, das Gefängnis und das Sklavendasein ertragen. Das war Gottes Schule für ihn.
Aber wie soll man das in der Zeit verstehen? Am Ende gab es Versöhnung. Und den Satz finde ich spannend: „Ihr dachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen.“ Das war der Mottosatz seines Lebens.
Ich glaube, das hat Joseph in der ganzen Zeit gelernt. Er richtete sich trotz allem Schwierigen auf Gott aus.
Mein Merksatz wäre: Manche Menschen werden viel Böses von Menschen erleiden müssen, während sie für Gott leben – so wie Joseph es tat.
Ich finde es auch spannend, dass es „Josefs Naturen“ gibt. Das heißt, egal unter welchen schwierigen Umständen sie leben, sie leben dort für Gott. Man merkt, dass manche Menschen dann eine gewisse Zuneigung zu ihnen haben, und es geht entsprechend weiter.
Gut, aber wir sind ja bei verschiedenen Personen. Joseph war ja nicht der Einzige, der wegen anderer leiden musste. Das war bei ihm ein großes Thema in seinem Leben. Da gibt es sicher auch noch andere.
Gibt es jemanden, den du da noch im Hinterkopf hast, den du reinnehmen möchtest?
Ja, es gibt mehrere. Joshua würde ich mal sagen. Das will ich nicht so tief machen, das mache ich demnächst. Ich habe einen Podcast, der jetzt eine Joshua-Serie hat, die will ich mir anhören. Finde ich sehr spannend. Aber ich habe es jetzt nicht in der Tiefe ausgearbeitet.
Diese Vorstellung: Du bist einer von zwei Kundschaftern mit Kaleb zusammen, die sagen, wir gehen jetzt in dieses verheißene Land ein. Das war nach zwei Jahren Wüstenwanderung. Und dann sagt das ganze Volk: „Nö, machen wir nicht.“ Gott will sie erst vernichten, Mose setzt sich für sie ein – auch so ein anderer mit Wüstenerfahrung. Und er muss vierzig Jahre lang in der Wüste rumlaufen, nur weil die anderen ungehorsam waren.
Ich finde das so deprimierend. Weißt du, du hast den Weg des Glaubens, du wolltest ihn gehen. Und nur weil die anderen nicht wollen, musst du jetzt vierzig Jahre lang hier herumlaufen. Du hängst einfach mit drin.
Ja, also ich finde das eine schlimme Vorstellung.
Nee, nee, kann mir das vorstellen. Gut, er hat während der Zeit Gott gedient. Er war die rechte Hand von Mose. Er war auch interessant: Er saß in der Stiftshütte drin. Später ging das ja nicht mehr, da bist du gestorben. Aber damals saß Mose drin und er auch. Also er hat schon enorm viel gelernt. Mit Kaleb hat er garantiert öfter mal geredet, der hatte ja auch den Glauben gehabt.
Als er ins neue Land kam, hat er auch einmal gesagt: „Wir müssen uns jetzt entscheiden als Volk, wollen wir Gott dienen oder nicht?“ Und er hat gesagt: „Ich und mein Haus werden Gott dienen.“ Das war immer seine Grundhaltung.
Mein Merksatz war für mich: Manche Menschen leiden, weil sie das ausbaden müssen, was andere falsch machen. Und das ist so. Es kann sein, dass ich – ich habe nicht genug geguckt, wie alt er wurde – wahrscheinlich ein Drittel seines Lebens hat er leiden müssen, weil andere die Fehler machen. Er musste die Fehler der anderen ausbaden.
Aber es ist bei Josua dann doch so, dass er am Schluss in das Land hineinkommt. Sein Mentor Mose durfte dann nicht hinein. Er durfte nicht einen außergewöhnlichen Einzug in Anspruch nehmen oder so. Und Gott hätte ihn natürlich benutzt. Er war dann auch ein Führer eines Volkes.
Wobei wir jetzt mehrere haben, die hier Führer des Volkes wurden. Das gilt natürlich auch für ganz normale Menschen. Ja, aber die sind halt nicht ganz so im Fokus. Oder von denen gibt es auch biografische Daten, aber nicht so viel wie jetzt hier, wo dann noch das ganze Buch Josua durchgegangen werden könnte. Da hat er auch viel erlebt, Höhen und Tiefen. Es war eine Vorbereitung Gottes.
Aber wir wollen uns ja ein bisschen auf diese Warte- und Wüstenzeiten im Leben konzentrieren und sehen: Das muss nichts heißen, dass ich böse bin. Sondern es kann wirklich einfach eine Situation sein, in die ich hineingestellt werde in meinem Leben.
Das ist natürlich bitter, wenn ich jetzt aufgrund des Leides oder der Schuld der anderen ein Stück weit leide. So ist es ja dann auch beim Joseph gewesen und beim Josua oder so. Aber wenn ich selbst verschuldet in Probleme gerate, ist es ja irgendwie noch anders. Weil ich dann denke: Okay, das muss ich jetzt die Suppe auslöffeln, die ich mir eingebrockt habe, oder?
Und wo ist dann das Ende? Wie geht man damit um? Hast du da auch jemanden als Beispiel?
David würde ich als Beispiel nehmen. Er durchlief verschiedene Phasen. Die erste Phase war die Zeit, in der er bereits gesalbt worden war, aber noch 15 Jahre warten musste, bis er den Thron bestieg. Diese Phase war gut.
Später, nach seiner Sünde mit Batseba, folgte eine Phase der Schuld. Das ist natürlich eine ganz andere Geschichte.
Die erste Phase finde ich besonders interessant. Er wurde gesalbt, Saul war nicht mehr gut unterwegs, und David musste sogar vor ihm fliehen. Er hatte mehrfach die Möglichkeit, Saul zu töten und so den schnellen Weg zum König zu gehen – die Abkürzung. Doch er weigerte sich, weil er wusste, dass Gott souverän ist. Gott setzt Könige ein und setzt sie auch wieder ab.
Diese Phase des Wartens war sehr wertvoll. Ich muss dabei immer an einen Bruder denken, der mal beim großen Verband war. Als er etwa 35 oder 40 Jahre alt war, wollte er, dass die alte Garde langsam mehr Verantwortung abgibt. Doch die alte Garde tat nichts, es waren eben Patriarchen, die Achtzigerjahre, vom alten Schlag. Schließlich trat er aus. Dabei hätte er nur ein paar Jahre warten müssen, bis sie zurücktraten. Er war zu ungeduldig. Das fand ich immer sehr tragisch, denn er hatte eine echte Möglichkeit.
David hat das anders gemacht. Er hat fünfzehn Jahre gewartet – das war der gute Teil.
Dann kam die Phase des Müßiggangs, als er König war. Oft ist es so, dass Erfolg auch Schwierigkeiten mit sich bringt. Plötzlich hatte er Erfolg, oder er hätte eigentlich im Krieg sein sollen. Stattdessen ging er auf seinem Dach spazieren und sah eine Frau baden. Sie war nackt, weil sie sich in ihrem Hof wusch – das war normal und keine Schuld von ihr.
David hätte nicht hinunterblicken und sie anschauen sollen. Doch er tat es. Er nutzte seine Macht aus, schlief mit ihr und ließ ihren Mann umbringen.
Gott richtete ihn dafür, und das war seine eigene Schuld. Sein Kind starb deswegen. Das wird oft übersehen: Sein eigener Sohn entfachte einen Bürgerkrieg gegen ihn. Das war die Strafe, die Gott vorhergesagt hatte, weil David Gott durch sein Handeln als König verächtlich gemacht hatte. Das steht eindeutig in der Bibel.
David musste fliehen, war wieder wie am Anfang, aber diesmal selbstverschuldet. Dann gab es den berühmten Fluch von Khem, der ihn verfluchte. Seine Begleiter wollten ihn töten, doch er sagte, das sei berechtigt. Er wusste um seine Schuld.
Später sagte er zu Salomo: „Ich darf ihn nicht töten, aber du kannst es dann machen.“ Das ist eine andere Geschichte.
Zum Ende seines Lebens hin war das alles selbstverschuldet. Was soll man dazu sagen? David suchte Buße, erfuhr Vergebung, aber die Folgen blieben manchmal. Trotzdem diente er Gott, und Gott nannte ihn seinen Freund. Das zeigt beides: Schuld und Gnade.
Wir können nicht erwarten, dass alle Folgen unserer Schuld einfach weggenommen werden. Das gibt es nicht. Es gab viele Jahre, in denen David durch diese Folgen leiden musste. So war es.
Was wäre dein Merksatz für David? Manche Menschen versagen nach der Wüstenzeit, wenn es ihnen wieder gut geht. So war es bei ihm. Während der Wüstenzeit war er vorbildlich. Aber als es ihm besser ging, wurde es schwierig.
Das ist eine echte Gefahr: Wenn die Wüstenzeit endet, denken wir, jetzt können wir es uns gut gehen lassen. Dann werden wir nachlässig. In der Wüstenzeit lernt man, nah bei Gott zu sein, weil man nichts anderes hat. Wenn die Wüstenzeit dann wegfällt, verfallen wir oft wieder in alte Muster.
Dann werden Äußerlichkeiten wichtig, wir gönnen uns Luxus und vergessen Gott. Die Wüstenzeit ist nie ganz weg, keine Frage. Aber ein Teil davon ist dann weg. Und dann passiert so etwas wie bei David.
Trotzdem durfte auch er Gott zurückfinden. Gott schickte extra einen Propheten. Das ist die Hoffnung darin: Gott lässt einen nicht fallen.
Ja, wir sind also immer noch bei Warte- und Wüstenzeiten und betrachten, was diese Phasen im Leben einzelner Menschen bewirken.
Wir haben uns einige Persönlichkeiten aus dem Alten Testament angeschaut, bei denen Gott diese Wüstenzeiten bewusst eingesetzt hat. Dabei haben wir gesehen, dass diese Zeiten oft Jahrzehnte dauerten. In dieser Zeit haben die Betroffenen gewartet, wurden geprägt und haben ihre Lektionen gelernt. Gleichzeitig hat Gott sie zum Segen für andere gemacht. Ein Beispiel dafür ist Joseph. Er versorgte die Welt nicht nur mit äußerem Brot, sondern wenn man sein Leben als Vorbild für Jesus sieht, wird deutlich, dass Jesus letztlich derjenige ist, der uns versorgt – auch mit Brot in geistlicher Hinsicht.
Das war das Alte Testament. Hast du auch Beispiele aus dem Neuen Testament?
Ja, da nehme ich nur Johannes den Täufer als Abschluss.
Übrigens macht das auch der Hebräerbrief im Alten Testament so: Er bringt viele Menschen einzeln und sagt dann, dass es noch viele weitere gibt. Danach zählt er einige auf. Ich zähle vielleicht noch ein paar auf.
Hiob zum Beispiel. Ich weiß nicht, wie lange sein Leiden dauerte – zwei Jahre vielleicht, keine Ahnung, oder vier Jahre. Also eine kürzere Zeit, dafür sehr intensiv und leidensreich. Durch das Leiden hindurch fand er zu Gott.
Hiskia finde ich total tragisch. Er hat als König eine wunderbare Reform gemacht, wurde dann aber sehr krank. Er bat Gott um ein weiteres Leben, 15 Jahre, und bekam diese Zeit auch geschenkt. Doch in diesen 15 Jahren machte er seine Fehler. Manchmal sollten wir vielleicht ein Schicksal, wie hier seine Krankheit und seinen Tod, besser annehmen, als um eine Verlängerung zu bitten. Das ist schwierig.
Jeremia würde ich auch noch nennen. Er hat unheimlich unter seinem Dienst gelitten, weil er keinen Erfolg sah. Er war treu, doch es ist unglaublich schwierig, wenn man dient und nur Anfeindungen erlebt. Er wurde sogar ins Gefängnis geworfen – in eine Zisterne, also eine Art Matschgrube, wenn sie leer war.
Gehen wir ins Neue Testament, zu Johannes dem Täufer. Sehr interessant, denn er ist, wenn ich mich recht erinnere, der einzige Mensch, der schon von Geburt an mit dem Heiligen Geist erfüllt war. Es gibt gewaltige Verheißungen in Lukas 1. Dort wird sein Vater, das Ehepaar Zacharias und Elisabeth, beschrieben. Sie waren schon lange aus dem gebärfähigen Alter heraus und hatten ihr ganzes Leben für ein Kind gebetet. Dann kam Gott irgendwann, als alle Hoffnung schon vorbei schien, und sagte: Ihr bekommt jetzt ein Kind. Das überraschte Zacharias so sehr, dass er nicht sofort glaubte und für einige Monate sprachlos war.
Das war auch sehr überraschend. Es ist manchmal schwierig, wenn man seine Hoffnung schon aufgegeben hat. Johannes war ein Wunschkind, das zu spät kam – ja, zur falschen Zeit kam. Sehr interessant sind auch seine geistlichen Eltern. Der Vater war Priester, und beide waren sehr geistlich.
Johannes hatte schon bei seiner Geburt große Verheißungen. Es wurde ihm prophezeit, dass er ein Prophet sein wird, Wegbereiter des Messias, dem Volk Erkenntnis des Heils und Vergebung der Sünden bringen wird. Er wird ein Nasiräer sein, also ein Asket. Das bedeutet, er sollte seine Haare lang wachsen lassen, keinen Alkohol trinken und keine Totbrüchen essen. Ein Leben der Askese und des Verzichts wurde ihm vorhergesagt.
Außerdem wurde ihm zugesagt, dass er ein großer Prophet sein wird, der das Volk bekehrt, die Väter zu den Söhnen führt und auf Christus vorbereitet. Die Verheißung war riesig.
Dann lesen wir, dass er vor seinem öffentlichen Auftreten in der Wüste war. Wie lange, wissen wir nicht. Äußerlich lebte er in der Wüste, trug einen Kamelhaarmantel und aß Heuschrecken – was dort übliches Essen war, allerdings nicht jede Heuschreckenart. Er trug einen Gürtel, also keine weichen Kleider, wie Jesus später sagte. Er lebte nicht im Luxus, sondern wirklich in der Wüste.
Man merkt, wie die Wüste ihn geformt hat. Er war nicht von Menschen abhängig. Was er den Menschen sagte, hatte Gewicht. Er rief alle zur Buße auf. Er war der Prophet, der als Wegbereiter zur Bekehrung dienen sollte. Seine Macht lag darin, dass er sich nicht an Menschen orientierte oder politisch agierte. Er wuchs in der Wüste auf, hatte nur Gott und sich selbst. Diese Vorbereitung war spürbar. Er ließ sich von Gott formen.
Er sammelte Jünger und wies sie auf Jesus hin, wie es seine Aufgabe war. Was ich enorm finde: Als Christus immer größer wurde, wusste Johannes genau, wer er ist. Er sagte: „Ich bin nicht der Christus, er muss wachsen, ich muss abnehmen.“
Zu dieser Zeit gab es eine gewaltige Erweckungsbewegung im ganzen Land. Jünger kamen zu ihm, und er forderte alle auf, Buße zu tun – auch die Mächtigen. Doch plötzlich setzte Gott Johannes in die zweite Reihe. Ich persönlich hätte gedacht, wenn ich schon von Geburt an mit dem Heiligen Geist erfüllt bin und der Wegbereiter des Messias bin, dann erlebe ich doch das kommende messianische Friedensreich mit dem Messias zusammen.
Aber was tat Gott? Er ließ Johannes ins Gefängnis werfen und setzte ihn in die zweite Reihe. Das darf doch nicht wahr sein, denkt man. Das hatte Gott ihm vorher nicht gesagt.
Johannes hatte eine gewaltige Aufgabe voll erfüllt, doch dann kam die Gefangenschaft, und das war wirklich schwierig. Er geriet innerlich ins Straucheln, wie er selbst sagt. Die Frage war: Warum geschah das?
Warum kam Johannes ins Gefängnis? Manche würden heute sagen: Selbst schuld. Es ging um eine rein politische Sache. Johannes sagte Herodes, dass seine Ehe ungültig sei, weil er seine Verwandte geheiratet hatte – was vom Gesetz verboten war. Manche würden heute sagen: Das gehört nicht zum Evangelium, halt den Mund. Johannes tat es trotzdem und kam deshalb ins Gefängnis. Das war auch seine Aufgabe.
Er war der Wegbereiter, der Freund des Bräutigams, der bei der Hochzeit dabei ist. Aber danach wurde er – ich sage es mal ganz brutal – entsorgt. Das ist Gott nicht angemessen, aber so könnte Johannes es empfunden haben.
Merksatz: Manche Männer müssen zum Höhepunkt ihrer Aufgabe in die zweite Reihe treten. Auch das ist schwierig. So war es bei Johannes. Er musste akzeptieren, in der zweiten Reihe zu stehen. Doch Gott hat ihn auch dort gebraucht und benutzt.
Wir haben uns nun einige Warte- und Wüstenzeiten in verschiedenen Leben angesehen und festgestellt, dass sie zu Gottes Konzept gehören.
Gut, ich kann nicht einfach selbst dafür sorgen, dass ich in solche Zeiten komme. Aber Gott benutzt diese Zeiten durchaus, um mich geistlich zu prägen. Vielleicht dienen sie auch dazu, dass wir nicht zu schnell „in den Himmel wachsen“, sondern dass wir ein wenig gestutzt werden. So kann Gott uns zu brauchbaren Werkzeugen machen.
Das können wir auf jeden Fall lernen.
Das war dann schon wieder der Podcast der evangelischen Freikirche Evangelium für alle in Stuttgart. Wir hoffen, ihr konntet einen Impuls für euch mitnehmen. Wenn ihr selbst in Zeiten steht, die ihr nicht so gut versteht, dann vertraut darauf, dass Gott einen Plan mit euch hat und mit euch weitergeht.
Vielleicht erlebt ihr gerade so eine Warte- oder Wüstenzeit. Oft erkennt man das aber erst im Nachhinein und nicht, während man mittendrin steckt.
Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollen, oder Anmerkungen zum Podcast, schreibt uns gerne unter podcast@efa-stuttgart.de.
Wir wünschen euch Gottes Segen und dass ihr erlebt, wie er euer Leben verändert und prägt.