Ja, ich hoffe, ihr habt gut schlafen können und seid heute Morgen wieder frisch und ausgeruht für das, was dieser Tag wohl bringen wird. Ich hoffe auch, dass ihr euch an das erinnert, was wir gestern gemeinsam besprochen haben, denn daran werde ich jetzt direkt anknüpfen.
Gestern ging es um die Frage des Gender Mainstreaming und um den Begriff Gender als das sozial geprägte Geschlecht. Dahinter steht der Gedanke, dieses Geschlecht näher zu erforschen. Das heißt, auch die Unterschiede zwischen Mann und Frau genauer zu untersuchen und festzustellen.
In einer nächsten Stufe geht es darum zu sehen, inwiefern diese Festlegung des Verhaltens von Mann und Frau gesellschaftlich geprägt ist. Und in einer dritten Stufe – bis dahin sind wir gestern gekommen – geht es darum, diese Festlegung des sozialen Geschlechts aufzulösen.
Wenn man jetzt Anhänger des Gender Mainstreaming fragt, dann sehen sie das als Endergebnis der Emanzipation des Menschen an. Dabei geht es nicht speziell um die Emanzipation der Frau, sondern um die des Menschen allgemein.
Im Grunde genommen ist Gender Mainstreaming eine logische Fortsetzung, und jetzt werde ich wieder historisch: Es beginnt bei der französischen Revolution. Das ist ja schon zweihundert Jahre her. Damals entstand die Idee, dass der Mensch vollkommen gelöst werden soll von jeder Autorität, die außerhalb seines Lebens steht und es bestimmt. Er soll vollkommen autonom werden.
Das waren die Auswirkungen der Aufklärung, die sagte, der Mensch soll aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit herauskommen. Das geht noch weiter. Kennt ihr vielleicht noch die Definition von Immanuel Kant zur Aufklärung? Dahinter steckt der Gedanke, dass der Mensch unabhängig werden muss. Nur noch sein Denken und Empfinden entscheidet darüber, wie er sein Leben führt.
Das ist der Wahlspruch der Aufklärung, und dieser Gedanke zieht sich in den letzten zweihundert Jahren fast durch jeden Lebensbereich.
Historische Wurzeln und Grundgedanken des Gender Mainstreaming
Nun war es so, dass man diesen Lebensbereich von Familie, Ehe und Sexualität lange Zeit nicht dem Individualismus unterordnen konnte. Dies lag nicht nur an der Kirche und dem Glauben, die diesen Bereich stark geprägt haben, sondern auch an der Tradition der Gesellschaft. Familie und Ehe sind Bereiche, die jedem Menschen sehr nahekommen. Hier lassen sich Veränderungen schwerer durchsetzen als in der Politik, weil diese Themen so persönlich sind.
Doch jetzt meint man, dass die Zeit reif sei, Ehe und Familie der Beliebigkeit, der Freiheit und dem Individualismus des einzelnen Menschen zur Verfügung zu stellen. Ich glaube, das ist der eigentliche Grundgedanke hinter Gender Mainstreaming. Man will die Bevormundung des Menschen hinsichtlich seiner Partnerschaft und seiner Sexualität auflösen, um eine noch größere Freiheit zu schaffen für das, was der Mensch eigentlich will.
Das ist eine weitere Auswirkung der Französischen Revolution und der Aufklärung, die nun auch diesen Lebensbereich erfasst. Dies ist das, was hinter Gender Mainstreaming eigentlich steckt. Im dritten Schritt dieses Prozesses kommt es dann zum Ergebnis: die Auflösung der bestehenden Festlegungen und Festsetzungen.
Dies lässt sich an verschiedenen Stellen deutlich zeigen. So gab es beispielsweise vor zwei Jahren im Europäischen Parlament ein neues Gesetz, das verabschiedet wurde. Dieses Gesetz legt fest, dass in der Werbung, insbesondere in der Fernsehwerbung, ab diesem Zeitpunkt keine geschlechtsspezifischen Rollenmuster mehr gezeigt werden dürfen.
Zunächst wird dies als Aufforderung formuliert, später folgt eine Strafandrohung. Das heißt, wer diese Vorgaben nachhaltig missachtet, muss mit Bußgeldern der EU-Kommission rechnen.
Gesetzliche Maßnahmen zur Auflösung traditioneller Geschlechterrollen
Was heißt das im Detail? Das bedeutet, wenn wir das genauer betrachten, dass solche Veränderungen nicht plötzlich von heute auf morgen passieren, sondern allmählich, von Monat zu Monat, von Jahr zu Jahr. Seitdem ich dafür sensibilisiert bin, fällt mir das immer mehr auf.
Zum Beispiel darf in der Fernsehwerbung zukünftig kein Baumarkt mehr einen Mann im Blaumann mit einem Akkubohrer in der Hand zeigen. Warum? Weil das als geschlechtsspezifisch gilt. Warum sollten nur Männer Heimwerker sein? Nein, das muss geschlechtsspezifisch korrekt dargestellt werden. Damit keine traditionellen Rollenmuster geprägt werden, muss stattdessen eine Frau mit dem Akkubohrer gezeigt werden.
Ein großes deutsches Baumarktunternehmen ist mir dieses Jahr schon aufgefallen. In seinem Hauptprospekt ist vorne eine Frau abgebildet, natürlich im gleichen Outfit wie sonst, also mit Akkubohrer beziehungsweise Bohrmaschine und Arbeitskleidung.
Wie gesagt, heute muss man sich dafür rechtfertigen, wenn man so etwas anspricht, damit nicht der falsche Eindruck entsteht, man meine, Frauen könnten nicht heimwerken. Das ist nicht die Frage. Es geht vielmehr darum, dass man zwar Freiheit lassen will, aber indirekt eine Umerziehung über die Medien geplant ist. Genau das passiert nämlich.
Wenn man sagen würde, es sei alles frei, dann könnte man auch sagen: Lasst doch dem Werbenden die Freiheit, ob er einen Mann oder eine Frau darstellt. Aber es gibt eine gewisse Sensibilisierung, die darauf abzielt, bestimmte Rollenmuster umzukehren, also das Gegenteil davon zu zeigen.
Das passiert zum Beispiel bei der Werbung. Bei Dokumentationen sind die Medienschaffenden nicht gezwungen, das umzusetzen; sie machen das freiwillig. Ich wollte mit diesem Beispiel zeigen, dass die Werbeindustrie durch gesetzliche Maßnahmen dazu verpflichtet wird, solche Vorgaben einzuhalten.
Medien als Instrument der gesellschaftlichen Prägung
Wir können jetzt noch weitergehen und gerne im Medienbereich bleiben. Ich glaube, dass unabhängig davon, welche Rollenbilder in der Werbung gedruckt oder im Fernsehen gezeigt werden, gerade die Darstellungen in scheinbar lebensechten, aber natürlich nicht wirklich realen Lebenssituationen das Leben der Menschen sehr stark prägen.
Dabei denke ich an das Konzept des Gender Mainstreaming, also an die Rollen, die in verschiedenen Spielfilmen, Dokumentationen oder Soaps dargestellt werden. Diese haben in der Vergangenheit sehr stark dazu beigetragen, dass ein homosexuelles Rollenbild akzeptiert und aufgenommen worden ist.
In meinem Buch vom letzten Herbst, in dem ich mich im zweiten Band „Moderne Medizin und Ethik“ mit Homosexualität auseinandersetze, zitiere ich vielfach aus Büchern von Homosexuellen und führenden Vertretern der Homosexuellenbewegung. Dabei sagen sie relativ offen: Wir haben es geschafft, ein positives schwules Lebensbild zu vermitteln, indem wir Hollywood für uns gewonnen haben. So drücken sie es aus. Sie meinen natürlich nicht nur Hollywood, sondern alle Medien im Großen und Ganzen.
Tatsächlich ist es so: Das Bild der meisten Menschen heute von Homosexualität wird durch die Medien geprägt. Denn die wenigsten haben wirklich engen Kontakt zu Homosexuellen. Jeder kann zwar sagen: „Ich kenne einen.“ Aber das ist so, als würde jemand sagen: „Ich kenne jemanden in Afghanistan“, ohne zu wissen, wie die Leute dort leben und denken.
Nein, der Ort, an dem die Menschen am meisten mit Homosexualität in Berührung kommen, sind die Medien.
Aber die Medien bieten kein realistisches Bild von Homosexualität. Sie zeigen ein künstlich medial aufbereitetes Bild, und zwar fast ausschließlich ein positives. Zum Beispiel gibt es eindeutige Statistiken, die zeigen, dass in homosexuellen Partnerschaften etwa doppelt so viel Gewalt vorkommt wie in heterosexuellen. Das wird nicht dargestellt. Ebenso wenig wird erwähnt, dass in homosexuellen Verbindungen auffällig mehr Drogen konsumiert werden als in heterosexuellen. Auch nicht, dass etwa 30 Prozent der Homosexuellen über 500 Sexualpartner in ihrem Leben haben.
Stattdessen wird eine Idylle gezeigt: „Der liebt halt einen Mann“ oder „eine Frau liebt eine Frau“ und sie seien sich genauso treu und lieben sich genauso. Das ist so nicht richtig. Auch wenn Heterosexuelle heute natürlich viel untreuer sind, als es die Bibel will, ist das weit entfernt von den Lebensformen vieler Homosexueller.
Was ich damit sagen will: Die Medien sind viel stärker, als wir uns eingestehen wollen, und prägen das Bild von Realität und Wirklichkeit – auch in Bezug auf Homosexualität. Die Medien haben es geschafft, uns Homosexualität als vollkommen normale und gleichwertige Lebensalternative vorzustellen. Und das ist problematisch.
Das wirkt natürlich bei Jugendlichen und Kindern noch viel intensiver. Wir sind alle in einer Zeit aufgewachsen, in der Homosexualität noch nicht selbstverständlich war. Das heißt, wir müssen erst einmal davon ausgehen, dass wir umerzogen werden müssen. Kinder, die das heute sehen, müssen gar nicht umerzogen werden. Sie werden von Anfang an in diese Sichtweise geprägt.
Man würde sich wundern, wenn man mal nachfragt, vielleicht bei den eigenen Kindern oder spätestens bei den Enkeln, wie selbstverständlich für sie ist, dass Homosexualität total normal und gar kein Problem ist. Manchmal merkt man das nicht, weil sie es einem nicht so deutlich sagen. Aber wenn sie mit ihren Freunden zusammen sind, erlebe ich immer wieder – sogar in manchen Jugendstunden in ganz konservativen Gemeinden –, dass sie das Problem gar nicht so sehr begreifen.
Manche sagen emotional: „Na ja, ich nicht, aber wenn die wollen, dann ist das schon in Ordnung.“ Ich erlebe immer mehr, dass das auch für andere Bereiche des Gender Mainstreaming gilt, weil auch diese durch die Gesellschaft umgeprägt werden.
Homosexualität ist in der Gesellschaft schon lange durch. Das ist keine große Diskussion mehr – außer vielleicht für einige wenige Christen, die sich aus gutem Grund engagieren. An dieser Diskussion beteilige ich mich auch.
Aber das betrifft die große Gesellschaft nicht mehr. Hier hat die Gesellschaft durch Fernsehfilme, nicht nur durch gesetzlich vorgeschriebene Werbung, sondern auch durch Fernsehdokumentationen, Filme, Talkshows und Ähnliches das Denken und Empfinden der Menschen verändert.
Gender Mainstreaming in Bildung und Erziehung
Ein weiterer Bereich sind die Lehrpläne. Die Lehrpläne der meisten Bundesländer schreiben vor, dass – je nachdem, in welchem Unterrichtsfach man unterrichtet – der Gedanke von Gender Mainstreaming vermittelt werden soll. Dabei wird nicht immer explizit für Gender Mainstreaming geworben, sondern die Gedanken dahinter werden vermittelt.
Zum Beispiel wird im Sexualkundeunterricht ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass Frauen und Männer nicht mehr festgelegt dargestellt werden dürfen. Stattdessen sollen die Kinder sensibilisiert werden, ob sie vielleicht in sich erkennen, dass sie sich eher zu einem anderen Geschlecht hingezogen fühlen.
Darauf folgen Aufforderungen an Lehrer und Eltern: Wenn du das bemerkst, musst du dein Kind darin unterstützen. Andernfalls diskriminierst du das Kind und bist verantwortlich dafür, dass es später Persönlichkeitsdefizite entwickelt, weil du unterdrückst, was eigentlich im Kind steckt. Du musst es erkennen. Es gibt heute Erziehungsbücher, die darauf hinweisen, dass man solche Dinge möglichst schon bei kleineren Kindern erkennen muss.
Nehmen wir an, du hast ein Kind in der ersten Klasse, sechs oder sieben Jahre alt, und dein Sohn beginnt, mit Barbiepuppen zu spielen. Dann solltest du sensibel werden und erkennen, dass vielleicht die weibliche Seite in ihm zum Vorschein kommt oder er anders gepolt ist. Das kann verschiedene Ursachen haben: Er könnte homosexuell sein oder im falschen Körper leben, also eigentlich ein Mädchen im Körper eines Jungen.
Das ist kein Quatsch, sondern wird ernsthaft diskutiert. Das merken viele vielleicht auch in den Medien: Die neuen Herausforderungen drehen sich oft um Transsexualität. Das Thema kommt immer häufiger auf.
Ich erinnere mich, dass meine Kinder mir mehrfach solche Dinge aus der Schule mitgebracht haben. Sie besuchen bewusst eine christliche Schule, doch auch dort werden Jugendzeitschriften ausgetauscht. Eine meiner Töchter kam zum Beispiel mit einer Ausgabe der Bravo nach Hause, in der ein zweiseitiger Artikel mit dem Titel „Ich bin im falschen Körper geboren“ stand.
Darin wurde ein Junge interviewt, der sagte, er habe immer gewusst, dass er eigentlich ein Mädchen sei. Die Redaktion machte das sehr einfühlsam: Der Junge wurde mit langem Zopf und Kleid fotografiert. Wäre er in Jungskleidung mit kurzen Haaren abgebildet worden, wäre der emotionale Aspekt des Artikels wesentlich schwächer gewesen.
Der Bravo-Psychologe gab dann auch Tipps: „Deine Eltern verstehen dich meistens nicht, aber wenn du dich so fühlst, dann geh doch zur Beratungsstelle, die hilft dir, dich durchzusetzen und so zu leben, wie du wirklich bist.“ So wurde das dargestellt.
Meine Tochter war fest davon überzeugt, dass das stimmt: Hier sei ein armes Mädchen gefangen im Körper eines Jungen. Für ein Mädchen in der Pubertät ist das besonders schlimm. Jungen sind ohnehin eine andere Spezies, und sich dann noch vorzustellen, dass man so „eklig“ sei wie manche Jungen – ehe sie besonders anziehend werden – ist in dieser Zwischenphase besonders problematisch.
Ich habe versucht, sie lange zu überzeugen, dass das so nicht ist – manchmal auch ein bisschen polemisch, um eine Reaktion herauszufordern. Ich sagte zum Beispiel: „Was ist, wenn ich jetzt sage, ich bin der Kaiser von China? Kommst du dann auch zu mir und sagst: ‚Okay, du bist der Kaiser von China, alles klar, spürst du es dir‘?“
Oder: „Was ist, wenn du jemandem begegnest, der heute sagt, er sei ein Hund? Sagst du dann auch: ‚Okay, jetzt darfst du mich davon abbringen, jetzt musst du ihm eine Hundehütte bauen und Schappi kaufen‘?“ Nein, dann würde man sagen, derjenige braucht eine psychiatrische Behandlung, weil er ein Problem hat.
Aber warum soll man jemanden, der offensichtlich ein Junge ist, akzeptieren, wenn er sagt: „Ich bin ein Mädchen“? Wir merken, dass diese Diskussion heute immer schwieriger wird, weil schon viel Arbeit geleistet wurde, sodass auch viele Christen heute sagen: „Ja, aber das ist doch so.“
Warum? Weil das, was ein Mensch als spontanes Gefühl empfindet, als Wahrheit genommen wird – selbst wenn die äußere biologische Tatsache dagegen spricht. Die Wahrheit ist demnach, was ein Mensch fühlt.
Dabei müssen wir fragen: Warum denn? Menschen empfinden vieles, und psychiatrische Kliniken sind voll von Menschen, die Dinge empfinden, die nicht real sind. Was ist mit Pädophilen? Die empfinden sexuelle Anziehung zu Kindern. Warum werden sie heute psychiatrisch behandelt? Müssen wir ihnen nicht auch Freiheit zugestehen?
Oder was ist mit Menschen, die Zoosexualität betreiben? Das bedeutet, Sex mit Tieren zu haben. Auch darüber wird heute im Internet ausführlich diskutiert, und es wird erwartet, dass dies bald als nächste Stufe von Gender Mainstreaming akzeptiert wird.
Noch wird Zoosexualität als abartig angesehen und als krankhaft abgelehnt. Aber vor zwanzig oder dreißig Jahren war das bei Homosexualität ähnlich. Ich kann garantieren, dass es nur noch wenige Jahre oder Jahrzehnte dauern wird, bis es normal ist, dass jemand, der sich eher zu seinem Schäferhund hingezogen fühlt als zu einem Menschen, diese Gefühle auch sexuell ausleben darf.
Denn warum sollte man jemandem vorschreiben, was er empfindet und was er tun darf? Wenn jemand verliebt in seinen Hund ist, soll er ihn heiraten und mit ihm zusammenleben dürfen.
Ich nehme bewusst krasse Beispiele, um wachzurütteln. Diese Auffassung, dass jemand, der sich als Frau fühlt, obwohl er ein Mann ist, nicht in Frage gestellt werden darf, wird uns häufig als Wahrheit vermittelt. Aber das ist es nicht.
Wir merken, dass Menschen ihre Empfindungen nicht anders hatten vor dreitausend Jahren als heute. Gott sagt zu dem einen Nein und zu dem anderen Nein. Wir müssen nicht leugnen, dass das Gefühl da ist, aber in unserer postmodernen Zeit gilt das Gefühl als unhinterfragbare Wahrheit.
Das merken wir auch im Bereich des Glaubens. Wenn jemand sagt: „Ich kann nicht glauben“, bedeutet das meist, dass er innerlich Zweifel hat. Und das heißt: „Ich überdecke meinen Zweifel mit dem Gefühl, dass etwas nicht stimmt.“
In manchen bayerischen Jugendlichen, die befreundet sind, höre ich: „Ich liebe den anderen“, und zwei Tage später: „Ich hasse den anderen.“ Das liegt daran, dass Liebe heute stark definiert wird durch das momentane Gefühl oder die Emotion.
Ich habe viele gläubige Ehepaare getroffen, die sich nach ein oder zwei Jahren scheiden lassen, selbst aus konservativen Gemeinden, weil sie sagen: „Ich liebe den anderen nicht mehr.“ Dabei ist Liebe hier nur die emotionale Hingezogenheit zum anderen.
Biblisch gesehen hat das nichts mit Liebe zu tun. Das ist eher Sentimentalität oder sexuelle Anziehung. Was würden wir sagen, wenn Jesus sagt: „Ich habe euch geliebt, als ihr meine Feinde wart“? Wo ist da die emotionale Anziehung?
Der höchste Ausdruck der Liebe ist, dass Jesus ans Kreuz ging und sich festnageln ließ. Was hat das mit Emotionen zu tun? Sicherlich hat Jesus gelitten. Er sagt selbst: „Wenn es möglich wäre, lasst den Kelch an mir vorübergehen.“ Aber trotzdem wollte er das Gute für uns, um unserer selbst willen. Das ist Liebe.
Und das ist auch die einzige Liebe, die eine Ehe trägt. Die Liebe, die uns in den Medien vermittelt wird – besonders in Bezug auf gegengeschlechtliche Liebe – ist meist nur ein Traumprodukt, das nie hält, selbst bei Schauspielern, die es nur vorspielen.
Das ist das Produkt einer romantischen Hollywood-Ehe, die es tatsächlich nur im Fernsehen gibt – und auch nur bis zur Hochzeit, oft sogar nur bis zum Zusammenziehen. Was danach kommt, wird meist ausgeblendet, obwohl logischerweise die Trennung folgen müsste.
Stellen wir uns eines dieser Liebespaare vor: Die Frau hat drei Kinder, der Mann arbeitet acht oder neun Stunden bei Ford und kommt nach Hause. Da ist keine Romantik und keine Liebe mehr. Sie fahren nicht mit dem Cabriolet an der Atlantikküste entlang, schauen sich tief in die Augen und fallen übereinander her, sobald die Kirchentür zu ist. Das geht nicht mehr. Und alt werden sie auch nicht miteinander. Alt sein und Liebe – das gibt es so nicht bei diesen Paaren.
Das wird später noch ein Thema sein. Doch viele junge Menschen, auch Christen, sind total von diesem Bild geprägt und suchen genau danach. Sie haben den Eindruck: „Ich liebe den anderen.“ Was sie damit meinen, ist: „Ich fühle mich im Moment sexuell und emotional zu jemandem hingezogen.“
Dagegen habe ich prinzipiell nichts, aber das ist keine Grundlage für eine echte Beziehung. Diese Gefühle kommen und gehen in relativ kurzer Zeit – bei allen. Das hat weder mit biblischer Liebe noch mit Realität zu tun.
Mit diesem Beispiel wollte ich deutlich machen, dass wir heute sehr stark darauf ausgerichtet sind, dass deine Emotionen und dein momentanes Gefühl die unantastbare Wahrheit sind. Das darf man auf keinen Fall verändern oder „vergewaltigen“.
Deshalb sagen heute viele: „Wenn ich den anderen nicht mehr liebe, ist die Ehe vorbei. Du kannst mich nicht zwingen, dich zu lieben oder dich zu bemühen.“ Die Grundlage ist weg, also ist die Beziehung vorbei.
Dasselbe gilt auch für den Bereich Gender Mainstreaming: Wenn ich innerlich fühle, ich bin eigentlich eine Frau, dann darfst du mich nicht infrage stellen. Das wäre diskriminierend, und dann bist du der Böse, nicht ich.
Das ist übrigens schon in der Rechtsprechung durchgesetzt. Wenn jemand transsexuell ist und du diese Person angreifst, ist das heute juristisch strafbar. Das heißt, das, was du tust, ist rechtswidrig.
Rechtliche Entwicklungen und gesellschaftliche Veränderungen
In den USA und Kanada ist man in dieser Hinsicht bereits weiter. Dort gab es schon erste Fälle, in denen Menschen verurteilt wurden, weil sie bestimmte Entwicklungen nicht akzeptiert haben.
Ein Beispiel aus Kanada: Eltern hatten ihre Lehrerin beziehungsweise ihren Lehrer nicht mit dem neuen Geschlechtstitel angesprochen. Die Geschichte verlief so: Der Lehrer hatte in den Sommerferien eine Geschlechtsumwandlung vollzogen und kam danach als Lehrerin zurück in die Schule. Die Eltern hatten die Unverschämtheit, die Lehrerin weiterhin als Lehrer anzusprechen – also „Herr Smith“ statt „Frau Smith“. Der Lehrer empfand dies als diskriminierend, weil seine neue Identität nicht akzeptiert wurde. Die Eltern wurden daraufhin verklagt und verurteilt. Das Geld wurde einer transsexuellen Hilfegruppe zugesprochen, damit diese ihre Arbeit fortsetzen kann.
Dies ist ein Beispiel für Entwicklungen, auf die man sich in Deutschland in Zukunft einstellen muss. Viele dieser Dinge klingen für uns zunächst seltsam. Warum? Man muss bedenken, dass gerade eine junge Generation geprägt wird. Die älteren Generationen merken das oft nicht, und ehe sie es bemerken, sind sie nicht mehr da. Dann ist die Sache vorbei, und es entsteht eine neue Gesellschaft.
Ein weiteres Beispiel stammt aus Schweden. Dort gab es im letzten Jahr eine Klage von Eltern, die ihrem Kind einen Namen eines anderen Geschlechts geben wollten. Ich erinnere mich nicht mehr genau, ob es sich um einen Jungen oder ein Mädchen handelte – das spielt letztlich keine Rolle mehr. Die Eltern wollten ihrem Kind einen Namen geben, der nicht dem biologischen Geschlecht entsprach. Zum Beispiel einen Jungen „Monika“ nennen. Das meldeten sie beim Standesamt an, doch der Standesbeamte verweigerte die Namensgebung. Der Fall ging bis zum höchsten Gericht in Schweden. Dieses entschied, dass es diskriminierend sei, Eltern den Namen ihres Kindes vorzuschreiben. Die Eltern dürfen ihrem Kind den Namen geben, den sie wollen. Es soll keine geschlechtsspezifische Namenszuweisung mehr geben.
Seitdem gibt es in Schweden keine Regelung mehr, welcher Name einem Kind gegeben werden darf. Natürlich gibt es Ausnahmen, wenn ein Name erniedrigend für das Kind ist, aber keine geschlechtsspezifischen Einschränkungen mehr.
Gestern habe ich noch mit einem Schüler gesprochen, der hier vorne war – Alex. Er ist vor einigen Jahren aus der Gesamtschule in Duisburg gegangen. Dort wurde die Schule umgebaut, und es gibt keine getrennten Toiletten mehr für Mädchen und Jungen. Warum? Das ist gesetzlich vorgeschrieben in Nordrhein-Westfalen: Bei Neubauten dürfen keine getrennten Toiletten mehr für Jungen und Mädchen eingerichtet werden.
Der Grund: Es gilt als diskriminierend, ein Geschlecht festzulegen. Es gibt ja viele Zwischenstufen. Was ist mit dem, der äußerlich ein Junge ist, sich aber innerlich als Mädchen fühlt? Auf welche Toilette geht er? Oder umgekehrt? Was ist mit intersexuellen Personen? Man kann nicht fünf, sechs oder sieben verschiedene Toiletten mit kleinen Bildchen versehen. Deshalb gibt es eine Toilette für alle.
Das kommt uns oft seltsam vor, besonders denen, die in einer anderen Zeit aufgewachsen sind. Die Zeit verändert sich rasant an uns vorbei. Wir sind längst erwachsen und steuern auf das Rentenalter zu, während eine junge Generation ganz anders aufwächst und tickt.
Letzten Sommer habe ich mit Lehrern der christlichen Georg-Müller-Schule in Bielefeld gearbeitet. In einem zweitägigen Seminar zum Thema Gender-Mainstreaming gab ich ihnen den Arbeitsauftrag, ihre Schulbücher auf dargestellte Rollenmuster zu analysieren. Dabei ging es um Bilder in der Grundschule und Texte in weiterführenden Schulen.
Was glaubt ihr, was dabei herauskam? Genau, solche Rollenmuster tauchen immer wieder auf. Speziell in Bezug auf Geschlechtlichkeit interpretieren Schulbuchverlage bewusst Rollenmuster um – von der Grundschule bis zur weiterführenden Schule.
Wir haben einige Bücher gemeinsam durchgesehen. In einer Geschichte in der Grundschule geht es um eine Familie, die etwas erledigt, zum Beispiel abwaschen. Wer wird dort als derjenige dargestellt, der abwäscht? Ganz klar: die Frau. Ich möchte betonen, dass ich damit nichts Negatives sagen will. Es geht nicht darum, zu behaupten, Männer könnten nicht abwaschen, sondern um die Darstellung.
In einem anderen Bild wird ein Auto repariert. Wer liegt unter dem Auto und repariert es? Auch hier ist es eine typische Rollenzuschreibung. Diese Beispiele stammen aus der Realität, nicht aus der Fantasie, und Kindern wird spielerisch vermittelt, dass es keine Rollenzuschreibungen in Verhalten oder Auftreten geben soll. Es geht darum, wie man sich fühlt und empfindet – man soll ganz frei sein.
Interessant ist, dass solche Muster selbst in Bereichen auftauchen, die vermeintlich weit entfernt von Gender-Mainstreaming sind, wie zum Beispiel Mathematik. Natürlich sind Sozialwissenschaften oder Deutsch noch direkter betroffen, aber selbst in scheinbar neutralen Fächern findet man solche Beeinflussungen.
Warum ist das so? Die Vorschriften des Kultusministeriums bezüglich der Anforderungen an Schulbücher enthalten genau diese Vorgaben. Man merkt das oft gar nicht bewusst.
Ich habe mit jemandem gesprochen, der Jugendarbeit in einer Gemeinde macht. Diese Jugendarbeit ist häufig unterwegs und arbeitet mit staatlichen Stellen zusammen, die Unterstützung gewähren. Wenn man zum Beispiel einen Ausflug plant, bekommt man nur dann Geld, wenn man bestimmte Kriterien erfüllt. Der Mitarbeiter berichtete, dass er in den letzten Jahren immer ein Formular ausfüllen musste, in dem gefragt wurde, wie Gender-Mainstreaming berücksichtigt wird. Das steht zwar nicht explizit so drauf, aber es ist der Hintergrund.
Es geht darum, die Aufgaben von Männern und Frauen zu hinterfragen und zu verändern. In einem Fall hatte er mit Jugendlichen eine Hilfsaktion in der Ukraine gemacht. Dabei wurde dokumentiert, dass die Mädchen vorwiegend in der Küche waren und Essen zubereiteten, während die Jungen Kisten trugen. Daraufhin wurde ihm gesagt, dass er, wenn er weiterhin Unterstützung erhalten möchte, an dieser Rollenverteilung arbeiten müsse und Veränderungen anstreben solle.
Ich habe auch mit einem Mitarbeiter der Freien Theologischen Hochschule (FTH) gesprochen. Sobald die Hochschule staatlich anerkannt wurde, erhielt sie einen Fragebogen, in dem es darum ging, wie Gender-Mainstreaming bei den Studenten umgesetzt wird. Das Wort „Gender-Mainstreaming“ steht nicht immer explizit darin, aber die Fragen zielen genau darauf ab. Ziel ist es, die Studenten nicht mehr geschlechtsspezifisch zu prägen, sondern ihnen zu helfen, ihre Freiheit zu entwickeln und ihr wahres Selbst zu finden.
Gestern hast du gesagt, dass Gender-Mainstreaming in anderen Kulturen, zum Beispiel in französischsprachigen Ländern, kaum noch eine Rolle spielt. Was passiert denn in Deutschland, dass Kinder solche Probleme bekommen?
Uns Christen wird noch eine Chance gegeben, uns kritisch zu äußern. Wenn wir uns zum Islam bekehren, dürfen wir das noch sagen. Dann hätten wir noch zwei Generationen Zeit, bevor wir auch gendergerecht umgepolt werden müssen. Das wird ganz klar gesagt.
Momentan sieht man jedoch einen Trend, der zu größeren Spannungen führt. Bei Muslimen und anderen Immigranten gibt es eher eine Rückbesinnung auf konservative Muster. Das führt dazu, dass der Unterschied zwischen der allgemeinen Gesellschaft und den Immigranten größer wird, nicht kleiner.
Das betrifft auch die Religiosität: Viele junge Muslime, die vor 20 Jahren wenig Interesse am Islam hatten, sind heute durch Prediger wie Pierre Vogel wieder begeistert vom Glauben. Das gilt nicht nur in Deutschland, sondern auch in islamischen Ländern.
Die Gesellschaft driftet also immer stärker auseinander, auch in Deutschland, was zusätzliche Spannungen erzeugt. Gender-Mainstreaming berücksichtigt diese Entwicklungen nicht. Es richtet sich vor allem an die Mehrheitsgesellschaft.
Christen werden dabei nicht als Sondergruppe wahrgenommen. Ihnen wird diese Sonderstellung nicht eingeräumt, weil sie sich kulturell kaum unterscheiden. Außerdem sind Christen selbst sehr heterogen.
Heute gibt es sogar evangelikale Schwulengruppen, wie die Gruppe „Zwischenraum“, die ich gestern genannt habe. Wie soll man da in der Öffentlichkeit noch auftreten und sagen, Evangelikale seien gegen diese Rollenmuster? Das funktioniert nicht, denn die eigenen Leute treten ja dagegen an.
Das macht es schwieriger, sich in der Öffentlichkeit zu identifizieren. Eine kleine Sonderstellung haben noch die Katholiken, weil sie einen Papst an der Spitze haben. Der deutsche Katholik mag das anders sehen, und viele Katholiken teilen das nicht, aber zumindest die Bischofskonferenz steht hinter dem Papst. Ihnen wird so ein kleiner Sonderbonus eingeräumt.
Ansonsten gelten Christen als Diskriminierer und Intolerante, auch wenn sie sich als evangelikal bezeichnen.
Ambivalenzen und persönliche Einschätzungen zum Gender Mainstreaming
Prinzipiell würde ich sagen, dass ich es eigentlich als positiv empfinde, keine festgeschriebenen Rollen zu haben. Zum Beispiel bei der Klassenfahrt: Wenn man vorher überlegt, wer kocht, sagen die Jungen immer, die Mädchen sollen das machen. Genauso beim Putzen – auch hier sagen die Jungen, die Mädchen sollen putzen.
Ich finde es richtig, dass man darauf wartet, dass Jungen beide Formen der Arbeit übernehmen. So war es auch bei einem Umweltprojekt, bei dem wir draußen arbeiten mussten. Die Mädchen sagten, sie wollten lieber putzen, aber das gab es nicht. An diesem Tag arbeitete jeder draußen.
Sie würde sagen, dass das nur schlecht sei. Ich würde das nicht so einseitig sehen. Hier greife ich auf meinen zweiten Punkt zurück: Manche Verhaltensweisen von Mann und Frau sind gesellschaftlich geprägt, ohne dass es so sein müsste. Das stimmt.
Nur was Gender Mainstreaming bewirkt – und das habe ich an einzelnen Beispielen versucht deutlich zu machen – ist, dass es gar keine feststehenden Rollenmuster mehr gibt. Alles ist vollkommen frei. Und das halte ich für falsch. Auch biblisch glaube ich, dass das falsch ist.
Sie betont, dass derjenige, der im normalen Rollenmuster bleibt, eigentlich nicht derjenige ist, der das nachzieht. Ja, natürlich. Die nächste Stufe ist dann, dass bestimmte Rollenmuster auf den Kopf gestellt werden. Man muss dann wieder versuchen, hier umzuerziehen.
Dabei soll das eigentliche Anliegen, das, was in einem selbst drinsteht, ausgedrückt werden. Das stimmt dann ja gar nicht. Denn im Grunde genommen werden auch die, die beim bestehenden Rollenmuster bleiben wollen, gesagt: Nein, das ist falsch, das ist schlecht, das ist nicht so. Du musst es unbedingt anders antrainieren.
Hier merken wir, dass das Ganze eine ganz künstliche Sache ist. Eine, die letztlich gar nicht auf das Innere des Menschen achtet. Das ist vollkommen unsinnig, denn alle Berichte über Pädagogik und die Entwicklung des Geschlechts zeigen, dass sich das Geschlecht an Vorbildern und an äußerem Input entwickelt, den man bekommt.
Das Geschlecht und das geschlechtsspezifische Verhalten kommen nicht aus dem Inneren, sondern von außen. Was jetzt geschieht, ist keine größere Freiheit. Vielmehr werden die Menschen durch andere gesellschaftliche Strömungen geprägt, wie sie sich als Frau oder Mann zu verhalten haben.
In Wirklichkeit kommt nicht heraus, was in ihnen drin ist. Stattdessen werden Kinder nun nach einem neuen Rollenmuster geprägt, das neue ideologische Ideen vertritt. Darin sind sich Gläubige und Nichtgläubige vollkommen einig.
Sexuelle Orientierung, wie man das nennt, entsteht nicht plötzlich aus dem Nichts. Traditionell entsteht sie aus dem Vorbild von Vater und Mutter. Das sind die ersten Menschen, die Kinder kennenlernen: der erste Mann und die erste Frau. Das ist die Ausgangsposition.
Diese wird von den Kindern später variiert und umgebaut. Wenn das aber von vornherein schon aufgelöst wird, weil es traditionelle Familien nicht mehr geben soll – da sie zu festgelegt sind, was Mann und Frau tun sollen – dann gibt es für die Kinder keine Vorbildfunktion mehr. Dann gibt es nur noch das Neutrum.
Dieses Neutrum definiert sich immer wieder neu. Das führt zu einer sehr instabilen Persönlichkeit. Man geht davon aus, dass es in Zukunft nicht mehr den Schwulen oder den Heterosexuellen geben wird, sondern dass man für eine gewisse Phase seines Lebens schwul oder heterosexuell ist. Das ändert sich immer wieder.
Dahinter steckt eine vollkommen instabile Persönlichkeit. Nicht eine, die wirklich frei ist, sondern eine, die auf jedes Gefühl und jede Emotion achtet, weil nichts mehr ihr äußerlich Festigkeit gibt. Das Einzige, was noch echt ist, ist das, was ich im Moment fühle. Und wenn ich das im Moment fühle, dann ist es so.
Auffällig ist, dass in den letzten Jahren immer mehr Männer, auch in christlichen Kreisen – ich kenne einige aus meiner Umgebung – in der Midlife Crisis, also in den 40ern, plötzlich entdecken, dass sie eigentlich schwul sind oder eigentlich eine Frau sind. Und zwar auch Gläubige, nicht nur Nichtgläubige.
Diese Gläubigen ziehen von zu Hause aus und fühlen sich nun frei, endlich aus ihrer Gefangenschaft befreit. Psychologisch müsste man einfach sagen: Du bist ein Mann in der Midlife Crisis. Das ist ganz normal. Du stellst dir jetzt die Frage, wie es weitergeht, ob du alles erreicht hast und dass dein Leben bald vorbei ist.
Viele Männer haben in diesem Alter eine solche Krise. Beruflich merken sie, dass sie am Ende angekommen sind, die anderen überholen sie. Familiär: Die Kinder werden groß, was kommt jetzt? Dann wird ihnen von außen gesagt, es gäbe neue Chancen und Möglichkeiten.
Dass Leute in der Mitte ihres Lebens eine Krisensituation haben, ist total normal. Was diese Leute brauchen, ist nicht, auszubrechen. Meistens machen sie dabei alles kaputt. Die Kinder müssen in psychiatrische Behandlung, weil sie durch diesen Vorgang durcheinander sind. Das soziale Niveau sinkt.
Der Mann ist oft mit einer ganz jungen Freundin zusammen – sie sind ja immer jung – plötzlich erkennt er, dass er auch noch zwanzig ist und heiratet einen Zwanzigjährigen. Oder er erkennt, dass er plötzlich einen Mann liebt. Das hält meist ein paar Jahre, dann ändert sich das wieder.
Das bedeutet, dass Menschen in einer Krisenphase, die innerlich nicht mehr wissen, wer sie sind, was sie sind, gesagt wird: Das, was du als Unsicherheit in dir spürst, ist die Realität. Folge dem, alles andere ist Vergewaltigung.
Das betrifft Jugendliche in der Pubertät, die sich in einer Verunsicherungsphase befinden. Es trifft aber auch Menschen in anderen Verunsicherungsphasen ihres Lebens. Statt ihnen von außen einen Rahmen und Kontinuität zu bieten, wird das als Gefängnis interpretiert, und ein inneres Gefühl wird verabsolutiert.
Das ist das eigentliche Problem. Ob man nun festlegt, dass Männer abwaschen und Frauen abwaschen oder beide abwaschen – das sind Äußerlichkeiten. Wobei ich schon sagen würde: Wenn die nicht so wichtig sind, warum legt man dann so viel Wert darauf, alles umzuerziehen?
Ich würde sagen, das muss nicht sein. Wenn wir dann sehen, dass es direkte Werbeveranstaltungen gibt, manchmal sogar Zwang, Mädchen in Rollen zu drängen, die früher Männerrollen entsprachen, dann zeigt das, dass die Freiheit nicht wirklich gilt.
Wenn das alles wirklich so frei wäre, warum zwingt man sie dann? Sie zwingen sie, weil es bisher noch bestehende Rollenmodelle gibt. Aha, also gilt Freiheit doch nicht für alle, sondern die bestehenden Rollenmodelle müssen abgeschafft werden.
Dann merken wir, wie ideologisch das ganze Programm ist. Im Kern wird nicht wirklich eine vollkommene Freiheit geschaffen, sondern es werden einfach neue Rollenmodelle definiert, die bewusst im Gegensatz zur Vergangenheit und zur christlichen Rollenzuschreibung stehen.
Ich sage mal, um die Hülle zu brechen, kommt Licht hinein. Wirklich auch Blödsinn und Veränderung, weil schon Durcheinander vorhanden ist. Wir haben gestern Abend noch kurz im kleinen Kreis darüber gesprochen.
Ich glaube nicht, dass dahinter eine ganz bewusste Strategie der Abhängigmachung steht. Aber ich glaube, dass das die automatische Folge sein wird. Wenn nichts mehr in meinem Leben echte Kontinuität bietet – du sagst, das ist so, das bleibt so, und so will ich leben – dann werden Menschen anfälliger und offener für Außensteuerung.
Diese Außensteuerung geschieht heute schon stark durch die Medien, vor allem die Massenmedien. Ein Mensch, der keine eigene Kontinuität mehr in sich hat, wird umso anfälliger für das, was von außen an ihn herangetragen wird.
Manche gesellschaftlichen Entwicklungen sind manchmal ungefährlich, aber ich finde sie gerade deshalb erschreckend. Die Medien schaffen es, das Denken der Menschen zu beeinflussen, sodass diese wirklich überzeugt sind, dass etwas so ist.
Ich habe das zum Beispiel bei der Sache mit den Missbrauchsvorwürfen in der katholischen Kirche erlebt. Viele Evangelikale plappern ohne Nachdenken alles nach, was in irgendwelchen Talkshows gesagt wurde, noch bevor irgendein Priester rechtskräftig verurteilt wurde oder nachgewiesen wurde, dass es so war.
Für die meisten war es völlig klar: Die Katholiken sind alle Kinderschänder. Warum? Weil das so in die Medien transportiert wurde.
Als Bush Präsident in den USA war, habe ich mich oft geärgert, auch über Christen, die so schnell nachgetreten haben. Es war regelrecht eine Mode, man nannte es in den USA „Bush Slashing“. Das war richtig modern: Hau noch einen drauf, denn Bush ist ja blöd.
Das war bei vielen Leuten so deutlich, dass alle, die gar keine Ahnung von Politik hatten, wussten, dass Bush blöd ist. Ich bin ja kein Bush-Fan, aber das war nur Medien gemacht.
Genauso war es bei Obama. Er wurde schon gefeiert, bevor er gewählt wurde. In Berlin wurde er wie ein Regierungschef empfangen, obwohl die Deutschen keine Ahnung von seinem Programm hatten. Sein Hauptinhalt war „Yes, we can“ – das war alles.
Er bekam den Friedensnobelpreis, obwohl er noch nichts getan hatte. Er versprach, Guantanamo aufzulösen – es existiert immer noch. Er versprach, den Krieg im Irak zu beenden – der Krieg in Afghanistan existiert weiterhin.
Ich will nicht sagen, dass er nicht gelogen hat – das tun alle Politiker, um gewählt zu werden. Aber ich möchte zeigen, dass die Medien ihn stilisiert haben. Selbst der Spiegel hatte damals ein Titelbild mit der Aufschrift „Messias Obama“.
Da dachte ich: Genau, die haben es verstanden. Er wurde von den Medien als Messias und Retter der Welt gefeiert, obwohl er nichts getan hat.
Er hat die USA in ein Rekorddefizit geführt. Es gab nie so viele Schulden wie unter ihm. Hat das jemand kritisiert? Nein. Bush hatte schon viele Weichen für die Wirtschaftskrise gestellt, die ja schon 1998 begonnen hatte.
Bei Bush kritisierten alle, dass er Schulden aufnahm. Bei Obama feierten alle ihn, obwohl er ebenfalls Schulden aufnahm. Das hat nichts mehr mit Realität zu tun.
Einer tut dasselbe wie der andere, aber hier geht es darum, dass man ein Feindbild hat und einen anderen als Ideal darstellt. Die Medien schaffen es, das in die Köpfe der Menschen zu pflanzen, sodass sie wirklich glauben, es sei so.
Nachprüfen tut das heute kaum noch jemand. Die Menschen werden stark gesteuert.
Wenn ich euch jetzt ansehe, denke ich wieder an Haiti. Wer denkt heute noch an das Erdbeben in Haiti? Keiner, außer denen, die dort gewesen sind.
Warum? Weil es inzwischen schon die Flut in Pakistan gibt. Und Pakistan ist in einem halben Jahr auch vergessen. Das interessiert keinen mehr.
Die Menschen in Haiti sind heute noch genauso arm dran wie vor einem halben Jahr. Das heißt, die Schäden sind nicht von einem Tag auf den anderen weg. Natürlich sind einige Spenden geflossen, die schlimmsten Schäden sind beseitigt. Aber die Häuser sind zerstört, die Arbeitsplätze weg.
Das zeigt, wie stark wir mediengesteuert sind. Was die Medien als Realität vermitteln, wird zur Realität.
Das Medienthema möchte ich später noch einmal aufgreifen, deshalb nicht zu viel jetzt.
Aber was ich deutlich machen wollte: Auch bezüglich Gender Mainstreaming werden Dinge als real und wahr dargestellt, die es so nicht sind. Und das war ja auch dein Wort dazu.
Tatsächlich entsteht eine größere Verführbarkeit und Manipulierbarkeit des Menschen. Je mehr äußere Dinge, die das Leben strukturieren, weggenommen werden – egal, ob sie echt sind oder nicht – desto manipulierbarer wird der Mensch.
Der Mensch kann nicht vollkommen frei leben. Er sucht immer nach Außenorientierung. Wenn er sie nicht durch Gott, Tradition oder Gesellschaft bekommt, dann bekommt er sie woanders.
Das sind entweder die Peer Group, die bei Jugendlichen bestimmt, oder die Medien. Je mehr andere Dinge verschwinden, desto größer wird der Einfluss dieser Faktoren.
Die Idee, dass ein Mensch vollkommen frei aus sich selbst heraus entsteht – die Tabula rasa, der Mensch ist vollkommen leer und erfindet sich selbst – das ist ein Phantasieprodukt. Das gibt es nicht.
Aber darüber können wir nach der Pause weiter über Gender Mainstreaming sprechen.
Denn ihr habt jetzt, wie das normal ist, eine kleine Pause. Ihr erinnert euch noch an die Schule: Normalerweise gibt es jetzt ein paar Minuten Pause.