Ein Leben lebendig begraben – Die menschliche Ausgangslage
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus! Amen!
Lebendig begraben
Die Bergleute in Längede bei Peine hatten keine Chance. Das Ereignis liegt schon gut vierzig Jahre zurück, im Jahr 1963. Etwa 500 Kubikmeter Wasser, Schlamm und Geröll schossen plötzlich in den Schacht hinein. 129 Männer waren betroffen. 86 von ihnen konnten am ersten Tag gerettet werden, einige weitere in den nächsten Tagen. Einige fand man nie. Und dann waren noch elf Männer in sechzig Meter Tiefe verschüttet.
Keiner wusste von ihnen, keiner wusste, ob sie noch lebten. Sie waren lebendig begraben – eine Frage der Zeit, bis sie vor Hunger, Atemnot und Erschöpfung endgültig zugrunde gehen würden.
Lebendig begraben – das ist auch die Diagnose, die der Apostel Paulus den ganz normalen Menschen stellt, uns allen. Das ist Gottes Diagnose, die Paulus hier formuliert.
In unserer Predigtreihe in den letzten beiden Wochen haben wir gesehen, wie das zweite Kapitel des Epheserbriefes genau damit beginnt. Paulus erinnert seine Leser, also auch uns, an ihr früheres Leben, genauer gesagt an ihr Leben, bevor sie Christen wurden.
Was Paulus schreibt, ist weder zimperlich noch schmeichelhaft. Er sagt, der Mensch ist versklavt vom Zeitgeist, der seine Kultur beherrscht. Der Mensch ist versklavt, und wir haben genauer betrachtet, was das heißt: versklavt vom Teufel. Außerdem ist der Mensch versklavt von seiner eigenen gottlosen Natur. So steht es hier in den ersten drei Versen, die ich auch auf dem Zettel noch einmal abgedruckt habe.
Eigene gottlose Natur bedeutet, dass das menschliche Herz so geeicht und ausgerichtet ist, dass es immer um sich selbst kreist. Wir suchen nur unseren eigenen Vorteil und haben unseren eigenen Kompass. Gott verweigern wir die Ehre, die ihm zusteht.
Das Problem sitzt im Herzen und vergiftet von dort aus alle anderen Bereiche unseres Lebens: unser Denken, unser Fühlen, unser Handeln und unser Verhältnis zu all den anderen Faktoren, die zu unserem Leben dazugehören.
So macht Paulus es deutlich. Darum gibt es auch keine Hoffnung auf Selbsthilfe. Die Diagnose lautet: Tod. Der Mensch ist tot – lebendig begraben, würden wir sagen –, absolut getrennt von Gott, ohne lebendige Beziehung und Verbindung zu ihm.
Die einzelnen Sünden, die wir dann vollbringen, sind nur die Symptome und Folgen dieses Todeszustands, der unser Leben bestimmt: lebendig begraben.
Als Folge davon bleibt nur – das hatten wir am letzten Sonntag gesehen –, dass der Mensch verurteilt ist. Paulus sagt, wir sind von Natur aus Kinder des Zorns. Was wir als Menschen verdient haben, ist der Zorn des heiligen Gottes.
Das ist die Situation: lebendig begraben, unter dem Geröll – nicht von Wasser und Schlamm, sondern von Schuld und Sünde.
An einer wichtigen Stelle ist unsere Lage sogar noch schlimmer als die der Leute von Längede. Die Bergleute dort wussten, dass sie in der Falle steckten. Deswegen versuchten sie alles, um herauszukommen. Sie schrien, sie klopften. Ihre Notlage war offenkundig, deshalb riefen sie um Hilfe.
Die Bedrohung, von der der Apostel Paulus spricht, ist zunächst nicht so offensichtlich. Das ist das Problem. Mit dieser Bedrohung kann man eine Zeit lang ganz fröhlich leben, lebendig begraben, ohne es überhaupt zu merken.
Es ist eher wie eine schleichende Krankheit, die man am Anfang gar nicht bemerkt. Der Kranke hat scheinbar keinen Anlass, sich Sorgen zu machen oder sich darum zu kümmern. Und doch ist sein Todesurteil medizinisch schon längst geschrieben.
Das ist das Problem.
Paulus sagt: Ihr lieben Leser, das war eure Situation, bevor ihr Christen wurdet. Und das ist eure Situation noch immer, wenn ihr noch nicht Christen seid. Ihr seid Kinder des Zorns, steht unter dem gerechten Urteil des heiligen Gottes, und eure Situation ist ausweglos: tot.
Wo der Tod unwiderruflich eingetreten ist, da hat der Mediziner nichts mehr verloren. Höchstens noch als Pathologe, könnte man sagen. Aber dort ist alle Therapie ausgereizt und überholt.
Das sagt Paulus: Das war eure Situation.
Gottes Eingreifen aus Liebe – Die Wende im Leben
Und dann kommt der Abschnitt, über den wir heute miteinander sprechen dürfen. Dieser große Einschnitt beginnt in Vers vier. Bitte sehen Sie genau hin, was dort steht. Es ist wunderbar.
Paulus sagt: „Aber Gott, der reich ist an Barmherzigkeit, hat in seiner großen Liebe, mit der er uns geliebt hat, auch uns, die wir tot waren in den Sünden“ – wie in Vers eins gesagt – „mit Christus lebendig gemacht. Aus Gnade seid ihr selig“, das heißt gerettet worden. Er hat uns mit auferweckt und mit eingesetzt im Himmel in Christus Jesus, damit er in den kommenden Zeiten den überschwänglichen Reichtum seiner Gnade durch seine Güte gegen uns in Christus Jesus erzeige.
Jesus Christus, nun bitten wir dich, dass du uns hilfst, dieses Wort richtig zu verstehen und dass du selbst dadurch zu unseren Herzen redest. Amen!
„Aber Gott!“ Jetzt beschreibt Paulus, wie Gott diese Situation wendet. Es gibt doch noch Hoffnung. Sie werden sehen, wie diese drei Punkte, die wir hier zusammenfügen, einen zusammenhängenden Satz ergeben.
Gottes Motiv: Liebe und Barmherzigkeit
Das erste Aber: Gott ist erstens von Liebe bewegt. Bevor Paulus nun beschreibt, wie Gott eingreift und was Gott tut, spricht er über Gottes Motiv. Warum macht Gott das eigentlich?
In Vers 4 fragt Paulus: Was bewegt Gott? Er sagt, Gott ist reich an Barmherzigkeit und hat uns mit großer Liebe geliebt. Noch einmal, in Vers 7, spricht Paulus davon, dass Gottes Gnade überschwinglich reich ist und dass er voller Güte zu uns ist.
Auf den ersten Blick scheint das ein Widerspruch zu sein. Paulus endet damit, dass wir Kinder des Zorns sind. Jeder, der Kinder erzieht, weiß, dass manchmal ein gerechter Zorn nötig ist. Nicht ein Zorn, der blind macht und unbeherrscht handelt, sondern ein Zorn als angemessene Reaktion auf Unrecht.
Auch bei Gott gehören beides untrennbar zusammen. Gottes Zorn ist berechtigt und verdient, wie wir gesehen haben. Sein Zorn ist nicht die Folge mangelnder Selbstbeherrschung, sondern das zwingende Ergebnis seiner Heiligkeit und Gerechtigkeit. Deshalb muss er einen heiligen, gerechten Zorn gegen alles Böse hegen.
Jetzt dieser Kontrast: Ihr wart Kinder des Zorns, aber Gott ist von Liebe bewegt. Liebe Gemeinde, merken Sie sich das bitte: Nur wer den Zorn Gottes kennt, kann seine Liebe wirklich ermessen. Wo man Gottes Heiligkeit nicht kennt oder verharmlost, wird die Rede von Gottes Liebe zu einer leeren Formel, die alles irgendwie überdeckt.
Erst wenn wir verstehen, wie unsere Situation im Licht des Wortes Gottes wirklich ist, wie Gott uns einschätzt – so wie Paulus das in den ersten drei Versen beschreibt – erst dann können wir würdigen und wertschätzen, was Gott uns anbietet.
Das macht Paulus ganz klar. Er sagt: Aber Gott bietet – was bietet er? Er ist reich an Barmherzigkeit. Dieser Begriff Barmherzigkeit ist heute ungewöhnlich. Was bedeutet Barmherzigkeit? Barmherzigkeit heißt, dass sich ein Starker zu einem Schwachen herabbeugt.
Das ist Barmherzigkeit: Da sind ein Reicher und ein Armer. Der Reiche ist eigentlich nicht verpflichtet zu helfen. Der Arme ist an seiner Situation selbst schuld, hat sein Geld verspielt oder verprasst und beschimpft den Reichen noch: Dir geht es gut, mir schlecht.
Und was macht der Reiche? Er kann das Elend des Armen nicht ansehen und beugt sich zu ihm herab. Noch genauer: Da beugt sich ein Unschuldiger, ein Geschädigter, zu einem Schuldigen, zu dem, der ihn geschädigt hat.
Das ist vereinfacht erklärt: Ich ramme das Auto von jemandem, und der Besitzer bezahlt dann meine Reparatur für den Schaden an meinem Auto, obwohl ich sein Auto beschädigt habe. Das ist eine schwache Erklärung dessen, was Barmherzigkeit bedeutet: ein gnadenvolles Sich-Herabneigen, nicht herablassend, sondern voller Mitgefühl.
Das hängt zusammen mit dem anderen Begriff, den Paulus hier verwendet: der Gnade. In Vers 5 heißt es: „Aus Gnade seid ihr selig geworden“, und noch einmal in Vers 7, sowie in Vers 8, den wir in 14 Tagen sehen werden.
Gnade heißt unverdiente Gunst. Mehr noch: Gnade bedeutet nicht nur, ich bekomme etwas, das ich nicht verdient habe. Gnade bedeutet hier, ich bekomme das Gegenteil von dem, was ich verdient habe.
Wie der Liederdichter sagt: „Ich hatte nichts als Zorn verdient und soll bei Gott in Gnaden sein.“ Also bekomme ich das totale Gegenteil von dem, was ich verdient hätte – eine schwere Strafe – und werde überreich beschenkt. Das macht Gottes Liebe.
Ja, das will Paulus hier sagen. Die große Frage ist: Warum macht Gott das? Die Antwort ist: Gott ist reich an Barmherzigkeit in seiner großen Liebe, mit der er uns geliebt hat.
Das Wort, das im Griechischen für Liebe steht, ist Agape. Im Griechischen gibt es verschiedene Ausdrücke für Liebe: Agape, Eros, Philia – mit ganz unterschiedlichen Bedeutungen.
Das Wort hier, Agape, ist die Liebe, die sich selbst schenkt, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Es ist eine Liebe, die nicht objektorientiert ist. Unsere Liebe ist meistens objektorientiert: Wir lieben, was wir schön finden, oder die, die wir schön finden, und das, was uns angenehm ist.
Agape ist genau das Gegenteil. Sie gründet nicht im Gegenstand der Liebe, sondern in der Person dessen, der liebt. Das ist hier gemeint. Agape bedeutet: Gottes Liebe kommt aus Gott heraus, sie schenkt sich selbst und ist absolut unverdient.
Sehen Sie, der Zorn Gottes ist eine logische Folge. Nach allem, was Paulus in den Versen 1 bis 3 beschrieben hat, ist der Zorn, den Gott gerechtfertigt gegen den Sünder hegt, logisch und schlüssig.
Die Liebe Gottes ist nicht logisch abgeleitet von etwas, das Gott in der Welt vorfindet, sondern sie kommt, wenn man so will, senkrecht von oben nach unten, direkt aus dem Himmel.
Diese Liebe ist völlig inkonsequent, könnte man sagen. Das ist das große Aber, das der lebendige Gott mitten in dieser Welt aufrichtet: Aber Gott ist von Liebe bewegt.
Der Grund für Gottes Liebe liegt allein in Gott selbst. Alles, was Gott dann tut, hat hier seine Quelle.
Gott hätte auch allein wegen seiner Heiligkeit gegen die Sünde vorgehen müssen, weil er Unrecht nicht dulden kann. Auch nur aufgrund seiner Heiligkeit hätte Gott gegen die Sünde handeln können.
Aber was wäre die Folge gewesen, wenn Gott nur als der Heilige und nicht zugleich als der Liebende gehandelt hätte? Er hätte einfach den Sünder bestraft und ausgelöscht. Dann wäre der Heiligkeit Gottes Genüge getan, das Sündenproblem wäre gelöst.
Aber Gott wollte das Problem nicht so lösen, weil er uns als seine Geschöpfe liebt. Diese Liebe hat ihn dazu bewegt, so vorzugehen, wie Paulus hier schreibt.
Diese Kombination von Liebe und Heiligkeit ist einmalig.
Sie alle kennen wahrscheinlich das berühmte Weihnachtslied von Paul Gerhardt. Darin fragt er fassungslos: „Herr, was hat dich eigentlich dazu gebracht, in diese Welt zu kommen? Was hat dich bewegt, so viel Schmerz und Not auf dich zu nehmen?“
Und dann dichtet Paul Gerhardt:
„Nichts hat dich getrieben zu mir vom Himmelszelt als das geliebte Lieben, damit du alle Welt in ihren tausend Plagen und großen Jammerlast, die kein Mund kann aussagen, so fest umfangen hast.“
Verstehen Sie? Nichts hat dich getrieben als deine für uns völlig unvorstellbare Liebe.
Und so hast du diese Welt mit ihrer Jammerlast – die wir uns selbst zugefügt und zu verantworten haben – durch deine Liebe so fest umfangen. Du bist so nah gekommen, hast dich so weit zu uns herabgelassen und eine Lösung für unser Todesproblem geschaffen.
Gott ist von Liebe bewegt – das ist das erste Grundlegende, was Paulus hier sagt.
Die Verbindung mit Christus als Lebensquelle
Und dann zeigt er in einem zweiten Schritt, wozu diese Liebe nun fähig ist. Das ist das Zweite, wenn Sie mitschreiben: Gott bindet uns zweitens, bewegt von Liebe, mit Christus zusammen. Das sind die Verse 5 und 6:
Auch uns, die wir tot waren in den Sünden, hat er mit Christus lebendig gemacht. Aus Gnade sind wir selig geworden, und er hat uns mit auferweckt und mit eingesetzt im Himmel, in Christus.
Wie komme ich auf diese Formulierung, dass Gott uns mit Christus zusammenbindet? Wenn Sie den griechischen Text anschauen würden, dann sehen Sie, dass Paulus dreimal ein Verb mit der Vorsilbe „mit-“ verwendet. Im Griechischen kommt diese Vorsilbe syn oder sym in Wörtern vor, die wir alle kennen, wie Symphonie – der Zusammenklang – oder Sympathie – die Zuwendung, die Zuneigung –, oder Synchron, wo ein Text genau auf den anderen gesprochen wird.
Paulus benutzt diese Vorsilbe syn oder sym hier für drei verschiedene Wörter. Gott hat uns mitlebendig gemacht mit Christus, er hat uns mit auferweckt, er hat uns mit eingesetzt im Himmel. Das bedeutet: Gott bindet uns hier in einer ganz bestimmten Weise mit Christus zusammen. Er gibt uns Anteil an seinem Sohn Jesus Christus – das kennzeichnet Christen. Gott bindet uns an seinen Sohn.
Nun müssen wir fragen: Wie geschieht das? Paulus braucht diese drei Wörter, um das zu beschreiben. Stellen Sie sich folgendes Bild vor: Mitten in der Wüste ist eine Quelle, eine Quelle, die frisches Wasser sprudelt. Nun sorgt Gott dafür – das ist Christus –, dass unsere ausgetrockneten Schläuche an diese Quelle angeschlossen werden. So finden wir neues Leben. So kann man sich das vorstellen.
Gott bindet uns mit Jesus Christus zusammen – und zwar auf eine dreifache Weise. Das Erste, was Paulus hier sagt, ist: Er hat uns mit Christus lebendig gemacht. Das ist ganz logisch. Das Einzige, was einem Toten hilft, ist, dass er wieder lebendig gemacht wird. Sonst können Sie mit einem Toten nichts anderes mehr machen, als ihn zu beerdigen. Wenn Sie einem Toten helfen wollen, ist das Einzige, was ihm hilft, dass er wieder lebendig gemacht wird.
Und genau das hat Gott getan. Paulus sagt: Seht ihr, als ihr Christen wurdet, da wurde es möglich, dass Gott euch mit Jesus zusammenbindet. Ihr wart tot in eurer Sünde, absolut abgetrennt von Gott. Wenn ihr in diesem Zustand geblieben wäret, wärt ihr schnurstracks in eurem vielleicht noch 40, 60 oder 80 Jahre dauernden Leben in die Hölle hineingelaufen – auf ewig.
Was war die Ursache eures Todes? Das haben wir in Versen 1 bis 3 ganz deutlich gesehen: Es war die Schuld. Unser böses Herz, diese Schuld, die uns begraben hat unter sich – begraben bei lebendigem Leib, tot bei lebendigem Leib.
Wenn uns jemand da wieder rausholen will, wenn uns jemand befreien will von diesem Berg von Schutt, der uns erstickt und tötet, was muss er dann machen? Er muss den Schutt beiseite rühren. Er muss die Sünde, die uns gefangen hält, wegräumen. Wir werden nur dann wieder lebendig, nur dann aus diesem lebendig Begrabensein herausgeholt, wenn jemand diese Schuld wegnimmt. Und das hat Jesus getan.
Paulus sagt hier: Seht hin, Jesus hat euch aus dem Tod herausgeholt. Gott gibt euch Anteil an dem Sühnetod von Jesus. Ihr bekommt das, was Jesus mit seinem perfekten, vollkommenen Leben bezahlt hat – das Opfer, das er gebracht hat, um die Strafe zu tragen. Das wird euch zugerechnet.
Das meint Paulus, wenn er sagt: Er hat uns mit Christus lebendig gemacht. Er hat uns Anteil an dem Ertrag seiner Kreuzigung gegeben. Er hat den Schuttberg unserer Schuld, der uns erstickte, beiseite geräumt.
Im Kolosserbrief Kapitel 2 gebraucht Paulus genau dasselbe Wort. Dort sagt er, Gott hat uns mitlebendig gemacht, indem er uns alle Übertretungen vergeben hat, indem er die Anklageschrift ausgelöscht und an das Kreuz genagelt hat. Das bedeutet mitlebendig gemacht: Die Sünde, die uns tötet, ist in ihrer vernichtenden Kraft entmachtet.
Jetzt haben wir Anteil an Christus. Wir sind angeschlossen an diese ewig sprudelnde Quelle der Vergebung. Damit ist klar: Wenn jemand Christ wird, geschieht Totenauferweckung. Es geschieht nicht weniger als Totenauferweckung.
Wir bekommen Anteil an dem Erlös der Kreuzigung Jesu. Wo ein Mensch zum Glauben an Jesus Christus findet, da ist das ein kreativer Akt Gottes. Da entsteht etwas völlig Neues.
Um das noch zu unterstreichen, brauchen wir einen zweiten Begriff. Er hat uns nicht nur mit Christus lebendig gemacht, sondern auch mit auferweckt. Gott gibt uns also nicht nur Anteil an der Kreuzigung Jesu, sondern auch an seiner Auferstehung.
Er hat uns mit auferweckt. Wissen Sie, was das bedeutet? Das bedeutet unheimlich viel für unser Leben. Natürlich steht jedem von uns der leibliche Tod noch bevor, wenn Jesus nicht voll wiederkommt. Aber er hat uns auferweckt.
Jesus hat uns die leibliche Auferweckung garantiert. Das heißt: Wenn Sie im Glauben an Jesus Christus sterben, ist garantiert, dass Sie – ich sage es jetzt mal übertragen – im Himmel wieder aufwachen, dass Sie einen neuen Leib bekommen und dass alles auf ewig gut wird. Das ist garantiert.
Er hat uns mit Christus auferweckt, uns Anteil gegeben an der Auferstehung Jesu – ein neues Leben geschenkt. Dieses neue Leben beginnt schon hier. Wenn Sie zu Jesus Christus gehören, wenn Sie wirklich Christ sind, dann sind Sie hier in gewisser Hinsicht schon jetzt auferweckt. Das ist gewissermaßen die Vorstufe des ewigen Lebens.
Woran wird das deutlich? Es gibt bestimmte Kennzeichen des neuen Lebens, die in Ihrem Leben anfangen zu greifen und sich durchzusetzen. Sie haben zum Beispiel eine neue persönliche Beziehung zu Gott, wenn Sie auferweckt sind und Anteil an der Auferstehung haben.
Sie haben ein ganz anderes Verständnis und Bewusstsein von Gottes Wirklichkeit und von Gottes Nähe. Bis dahin haben Sie vielleicht so gelebt: Ja, der Herrgott ist irgendwo da, und es ist ganz gut, ab und zu mal zu beten. Aber Sie haben nicht wirklich in einer lebendigen, persönlichen Beziehung mit Gott gelebt, in der Sie wussten: Er hört meine Nöte, ich kann ihm vertrauen, er ist mein Vater, er sorgt für mich.
Das bedeutet: Auferweckt zum neuen Leben – schon jetzt. Sie haben auch ein neues Verhältnis zur Ewigkeit. Sie wissen, das Schönste kommt noch. Die Ewigkeit bekommt für den Christen ein ganz anderes Gewicht.
Natürlich sind wir auch Menschen, wir hängen an diesem Leben und an bestimmten Freuden, die dieses Leben bringt. Es ist ja auch nicht alles böse. Gott schenkt uns vieles, woran wir uns freuen dürfen, was zur Schöpfung gehört und was wir im Sinne Gottes genießen und gebrauchen können.
Aber als Christen haben wir prinzipiell ein anderes Verhältnis zur Ewigkeit als vorher. Das gehört zu diesem neuen Leben dazu.
Wir haben als Christen auch ein neues Interesse an der Bibel. Wir sind bereit, die Bibel als persönliche Autorität zu akzeptieren. Vorher war die Bibel vielleicht ein interessantes religiöses Buch, das sich lohnt, ab und zu mal zu lesen.
Wenn wir aber mit Christus auferweckt sind, wird die Bibel für uns das Wort des Lebens, aus dem wir schöpfen dürfen. Wir wissen, diesem Wort sind wir verpflichtet, weil der lebendige Gott uns mit seiner Wahrheit durch unser ganzes Leben führen will.
Wenn wir auferweckt sind zu diesem neuen Leben, haben wir auch neue Standards, neue Maßstäbe, mit denen wir die Dinge dieser Welt bewerten. Das sieht man an einer Stelle: Die entscheidende Frage für uns als Christen ist jetzt immer: Was sagt Gott dazu?
Das ist unser Maßstab. Früher sind wir vielleicht Trends, unserer Erziehung, unserem Geschmack oder bestimmten Vorbildern gefolgt. Das war ja auch nicht alles falsch. Aber jetzt wird das alles übertroffen durch die entscheidende Frage: Was sagt Gott dazu? Was will mein Vater für mein Leben?
Wir haben neue Standards, neue Maßstäbe.
Zu diesem neuen Leben gehört auch, dass wir als Christen Sehnsucht nach einem reinen Herzen haben. Wir wissen, dass wir uns immer noch besudeln durch falsche Gedanken, falsche Worte, falsche Taten. Aber wir wollen das so gern, was Jesus in der Bergpredigt sagt: Selig sind, die reinen Herzens sind.
Wir wollen lernen, ohne Sünde zu leben, auch wenn wir wissen, dass wir immer wieder hineinfallen. Es ist uns ein Anliegen, Gott nicht zu betrügen und seinen guten Maßstäben nicht zuwiderzuhandeln – um Gottes Willen. Wir möchten gerne ein reines Herz bekommen.
Zu diesem neuen Leben gehört auch, dass es uns ein Anliegen ist, dass andere dieses neue Leben finden. Es ist uns nicht mehr egal, ob jemand Christ, Moslem, Hindu, vermeintlich Atheist, postmoderner Querkopf oder was auch immer ist.
Das ist uns nicht egal. Wir zwingen natürlich niemanden, wir respektieren jeden in seiner Meinung. Aber es ist uns ein innerstes Bedürfnis, dass der andere auch zu dieser Quelle lebendigen Lebens findet, die wir entdecken durften. Das ist Kennzeichen des neuen Lebens.
Unser Wille ist neu ausgerichtet im Hinblick auf die Wahl unseres Ehepartners, unseres Berufs, unserer Kindererziehung. Was ist Gottes Wille für mich? Das ist die Frage, die den Christen leitet.
Natürlich gibt es auch noch die alten Seiten, die an das frühere, an das tote Leben erinnern. Man kann sich das vielleicht an der Eroberung Kanadas 1759 durch die Briten klarmachen.
Da gab es diese eine berühmte Entscheidungsschlacht in Quebec. General Wolfe schlug dort seinen französischen Widerpart. Das war der entscheidende Sieg von Quebec. Dadurch wurde Kanada britischer Besitz. Die Besitzverhältnisse wurden grundsätzlich geändert, und Kanada war an dieser Stelle nicht mehr französischer Besitz.
Wohlgemerkt, es waren damit noch nicht alle Probleme gelöst. In den Jahren danach gab es immer wieder Nachhutgefechte gegen Widerstandsnester französischer Herkunft, die sich dort noch hielten. Es gab immer wieder neue Gemetzel. Aber doch gab es seit der Entscheidungsschlacht 1759 eine völlig neue Situation: Kanada war nicht mehr französisch, sondern britisch.
Diese neue Realität wurde nach und nach in der Alltagswirklichkeit umgesetzt und verwirklicht.
Das ist ein guter Vergleich dafür, was mit dem Menschen passiert, der von Gott mit auferweckt wird durch Christus. Die Lage ist grundsätzlich verändert. Die Entscheidungsschlacht von 1759 ist gelaufen. Christus hat uns lebendig gemacht, hat uns rausgezogen, hat uns zu Kindern Gottes gemacht. Das ist alles schon Wirklichkeit über unserem Leben, das ist die neue Rechtslage.
Und das setzt sich nun schrittweise auch in unserem Alltag durch. Es gibt immer wieder Nachhutsgefechte, Gemetzel und Punkte, an denen wir merken, dass wir an alten Sünden kleben. Es gibt Punkte, an denen wir sehen, wie unser Denken an vielen Stellen noch ausgerichtet ist.
Wir begegnen einem für uns immer noch unerklärlichen Egoismus, Hass, Bequemlichkeit und vielem mehr. Das ist wahr. Aber die Entscheidungsschlacht ist gelaufen.
Gott will schenken, dass sich dieses neue Leben nun auch in unserer Alltagspraxis – auch in unserer Alltagspraxis als Gemeinde – immer stärker durchsetzt. Dass wir auch in der Art und Weise, wie wir miteinander umgehen, immer stärker geprägt werden von diesem neuen Leben.
Dieses neue Leben ist gekennzeichnet von Gottes Geduld, von der Demut, die er uns lehren will, von der Fürsorge, von der Bereitschaft, vom eigenen Vorteil abzusehen, von der Bereitschaft zur Hingabe, zur Demut und zum Dienst. Das soll sich immer mehr in unserem Leben durchsetzen.
Paulus sagt: Ihr habt schon Anteil. Ihr habt Anteil an der Kreuzigung, Christus hat für eure Schuld bezahlt. Ihr habt Anteil an der Auferstehung. Er hat euch jetzt schon dieses neue Leben geschenkt. Ihr habt Anteil daran, und es wird einmal vollkommen sichtbar werden in der Ewigkeit.
Dann werdet ihr auch einen neuen Leib bekommen – sagt Paulus an anderer Stelle – einen Leib, der nicht mehr krank wird. Dann gibt es keine Blinddarmoperationen oder ähnliche Probleme mehr.
Ihr habt schon Anteil daran, und dieses neue Leben soll sich auch jetzt schon in der Realität eures Alltags durchsetzen.
Anteil an der Himmelfahrt – Leben im neuen Machtbereich
Dritte und letzte Verdeutlichung
Er sagt, was es bedeutet, dass Gott uns mit Jesus zusammenbindet, könnt ihr auch daran erkennen, dass er euch jetzt schon mit eingesetzt hat in den Himmel. Er hat euch mit eingesetzt im Himmel, in Christus Jesus. Das heißt, er hat euch nicht nur Anteil gegeben an der Kreuzigung Jesu, er hat euch nicht nur Anteil gegeben an der Auferstehung Christi, sondern er hat euch schließlich auch Anteil gegeben an der Himmelfahrt Christi.
Verstehen Sie, jedes dieser Wörter bezeichnet eines dieser großen Ereignisse: mit eingesetzt in den Himmel, in die himmlische, ewige Welt Gottes, die für uns noch unsichtbar ist. Und das hat Auswirkungen für die Zukunft und für die Gegenwart.
Für die Zukunft bedeutet eingesetzt im Himmel, wir werden ewig bei ihm sein. An einer anderen Stelle hat Paulus mal gesagt, Gott hat uns den Pass für die himmlische Heimat jetzt schon in die Tasche gestellt. Philippa 3, Vers 20 können Sie das nachlesen. Der Christ hat den Pass für die himmlische Heimat schon jetzt in der Tasche.
Das ist so ähnlich, als wenn zur Zeit des Kalten Krieges einer, der in Ostberlin eigentlich gefangen war im System der DDR, nach Westberlin flüchtete, der irgendwie den Gürtel durchbrach und hineinkam in das sichere Westberlin. Dann war er zwar immer noch umstellt von der Unfreiheit des Kommunismus, aber er war dort in gewisser Weise schon in Sicherheit. Er hatte den Pass für die Bundesrepublik in die Tasche gesteckt bekommen, und er wusste: Wenn irgendwas ist, dann fliegen die mich raus, dann fliegen die mich endgültig raus aus diesem Kessel. Ich bin Bürger des freien Westens.
Und so geht es den Christen schon jetzt in dieser Welt. Wir sind umstellt von allen möglichen bösen Dingen, aber wir sind jetzt schon Leute, die den Pass für den Himmel in der Tasche haben, die den Schutz des Himmels genießen und die genau wissen: Wenn es ganz schlimm kommt, wenn hier alles zusammenbricht, dann kriegt er uns raus.
Gott bringt uns auf ewig in seine Sicherheit. Und das meint Paulus, wenn er sagt, Gott hat euch mit in den Himmel versetzt. Und das hat auch Auswirkungen für die Gegenwart schon.
Christen, ihr lebt jetzt schon in einem neuen Machtbereich. Der Teufel hat keine letzte Macht mehr über euch. Diese drei Mächte – der Zeitgeist, unsere eigene böse Natur, der Teufel und die Dämonen – das ist ganz wichtig, was Paulus hier sagt: Ihr seid jetzt schon mit versetzt in den Himmel, in Christus. Das heißt, der Teufel ist zwar der Fürst dieser Welt, aber er hat dem Himmel nichts zu sagen. Und wer zu Jesus gehört, der steht schon nicht mehr im Machtbereich des Teufels.
Er kann zwar – das macht das Neue Testament immer wieder klar – vom Teufel noch angegangen werden, versucht werden, in seiner Freude beeinträchtigt werden und in gewisser Hinsicht geschlagen werden. Das kann passieren, aber er kann keine letzte Macht mehr über dich haben, wenn du zu Jesus gehörst. Du bist schon jetzt in einem neuen Machtbereich, und er hält dich fest.
Das ist eine total veränderte Realität, wenn du schon jetzt Bürger des Himmels bist und nicht mehr unterworfen den kaputten und zerstörenden Strukturen dieser Welt bist. Das ist Gottes Antwort.
Paulus hat sich ganz viel Mühe gegeben, wirklich all diese drei Aspekte deutlich zu machen: Du hast Anteil an der Kreuzigung, deine Schuld ist vergeben, die dich begrub unter ihrem Schutt und dir den Atem nahm und dich erstickte, ohne dass du es vielleicht gemerkt hast. Du hast Anteil an der Auferweckung, du hast schon jetzt Anteil an diesem neuen Leben, das einmal in Perfektion sichtbar werden wird – auch an deinem Leben, auch an deinem Körper, auch an allem, was zu dir gehört.
Und du hast Anteil an der Himmelfahrt Jesu. Du bist jetzt schon versetzt mit ihm in den Himmel, insofern als du seinem Machtbereich zugehörst und die Garantie bekommst: Du wirst auf ewig bei ihm sein.
Wenn Sie Christ geworden sind, dann ist das alles in Ihrem Leben passiert. Und die Frage an uns ist: Wie sehr machen wir uns das eigentlich bewusst? Wie sehr ist das eigentlich in unserem Denken präsent?
Wir haben immer so harmlose, platte Vorstellungen. Paulus will uns hier die Augen aufreißen und sagen: Schau doch hin, was Gott in deinem Leben alles getan hat, wie viele Dinge zwischen Himmel und Erde verändert worden sind dadurch, dass er dich zu seinem Kind gemacht hat.
Dank ihm dafür, staune darüber. Das ist der große Dienst, den Paulus uns hier leistet. Er hilft uns, realistischer unsere eigene Situation zu verstehen.
Gottes Ziel mit unserer Errettung – Seine Herrlichkeit erweisen
Und hier könnte eigentlich Schluss sein mit der Predigt und mit dem Text von Paulus. Der Satz ist ja auch zu Ende, also wäre es eigentlich ein ganz guter Einschnitt. Aber das wäre nicht ganz richtig, hier vor unserem letzten Punkt zu stoppen. Paulus macht mit dem ersten Wort von Vers 7 deutlich, dass Gott damit noch ein ganz bestimmtes Ziel verfolgt. Dieses Wort ist sozusagen ein Signalwort.
Warum hat Gott das jetzt alles so gemacht? Er hat es aus Liebe getan, er hat an uns in dieser machtvollen Weise gehandelt. Aber, so signalisiert der Anfang von Vers 7, er hat damit noch ein ganz bestimmtes Ziel verfolgt. Dieses Ziel wollen wir uns noch anschauen.
Gott bewegt sich aus Liebe, bindet uns mit Christus zusammen und beweist damit seine Größe. Er will in den kommenden Zeiten den überschwänglichen Reichtum seiner Gnade durch seine Güte gegen uns in Christus Jesus erzeigen. Erst hier ist der Satz zu Ende. Das heißt: Mit unserer Errettung verfolgt der lebendige Gott ein Ziel, das über uns hinausgeht, das noch über sie hinausgeht.
Gott will uns überreichlich beschenken mit seiner Liebe. Aber es gibt ein Ziel darüber hinaus. Hier steht: Gott will etwas erzeigen, etwas erweisen, etwas demonstrieren. In einer englischen Übersetzung steht „to display“, also Gott will etwas sichtbar machen durch sein Handeln an uns. Was nämlich? Er will sichtbar machen, wie überragend groß der Reichtum seiner Gnade und seines unverdienten Geschenks ist.
Es geht darum, Gott sichtbar zu machen. Verstehen Sie, es geht hier um Gottes eigene Ehre, um Gottes eigene Macht, um Gottes eigene Herrlichkeit, um Gottes eigenen Charakter. Den will er beweisen, erweisen, demonstrieren, indem er uns auf diese Weise rettet und aus der Not herausholt.
Es wird auch ein Zeitpunkt genannt, wann das besonders zum Tragen kommen soll: In den kommenden Zeiten will Gott das erweisen, das heißt in der Ewigkeit. Dann, wenn der letzte und endgültige Vorhang aufgeht, wenn die Weltgeschichte gelaufen ist und alle Entscheidungen gefallen sind, will Gott mit dem, was er an uns Christen getan hat, seine Größe, Herrlichkeit, Liebe, Gnade und Güte beweisen.
Er will es beweisen vor aller Welt, und er wird es beweisen vor allen Engeln, vor allem Engeln und Mächten. Das ist eine ganz ungewöhnliche, atemberaubende Wahrheit, die Gott uns hier durch Paulus offenbart.
Unsere erste Reaktion ist vielleicht, dass uns das seltsam vorkommt, unverständlich. In einem Kommentar, der sonst ganz gut ist, wurde diese Aussage völlig übergangen, so als ob der Autor des Kommentars damit überhaupt nichts anfangen konnte. Und so geht es uns auch erst mal.
Man fragt sich: Was muss Gott beweisen? Wir fangen mit unserem Denken immer bei uns selbst an. Und wissen Sie, dadurch werden wir oft sehr kleinkariert in vielen Sachen. Es ist doch seltsam, dass Gott alles Mögliche macht, um unsere Rettung zu vollbringen. Das stimmt ja auch. Aber das leuchtet uns irgendwie ein, obwohl es ja alles andere als naheliegend ist.
Dass der lebendige Gott um meinetwillen Himmel und Erde in Bewegung setzt, ist alles andere als normal. Aber darüber stolpern wir nicht so schnell, das erscheint uns vielleicht sogar naheliegend, weil wir einfach so unheimlich an uns selbst und unseren eigenen Nabel gebunden sind.
Aber hier, in Vers 7, da kommt in uns vielleicht sogar die Frage hoch: Hat Gott das denn nötig, seine Größe so herauszustellen? Gott hat überhaupt nichts nötig, Gott ist absolut souverän, völlig allmächtig. Das ist eine völlig falsche Frage.
Gott will, dass wir sehen: Gott ist Gott. Gott gebührt alle Ehre. Um Gott dreht sich die Weltgeschichte. Wir sind um Gottes Willen da, er hat uns geschaffen. Ihm verdankst du alles.
Und er begegnet dir mit einer Liebe, die alle Begriffe und alle Vorstellungen sprengt. Dadurch, dass Gott dich errettet und dich zum Glauben an seinen Sohn Jesus Christus finden lässt, soll seine Gnade, seine Ehre, seine Größe und seine Heiligkeit aufleuchten. Das ist der letzte Sinn des Universums.
Verstehen Sie: Als der Sündenfall damals passierte – wir wissen nicht, warum Gott das zugelassen hat, aber es ist passiert – da begann der große Kampf gegen Gottes Ehre. Darum ging es eigentlich.
Da startete damals der Teufel einen großen Feldzug des Misstrauens und der Verdächtigung. Da ging es los. Von da an wurde Gottes Ehre in den Schmutz gezogen, Gottes Liebe in Zweifel gezogen, Gottes Schöpfermacht lächerlich gemacht und Gottes Gnade schnöde ignoriert.
Nicht nur der Teufel rebellierte gegen Gott, sondern auch seine eigenen Geschöpfe, wir Menschen. Wir wurden zu seinen Feinden, die ihm misstrauten oder ihn links liegen ließen. Wir wurden zu seinen Verächtern, die ihn ignorierten, zu seinen Geschöpfen, die sich nicht mehr um ihn scherten, obwohl sie ohne ihn elend zugrunde gehen mussten.
Die Folge war die ewige Verdammnis. Aber Gott schickte seinen Sohn, seinen eigenen Sohn, hinein in diese Welt, um unsere Feindschaft auf sich zu nehmen, um unsere Ignoranz, Gemeinheit, Gedankenlosigkeit und Gottlosigkeit zu sühnen.
Damit brachte er diese große Wende: Rettung aus Gnade. Und wo immer das jetzt geschieht, wo ein Mensch umkehrt zu Jesus Christus und sagt: Ich brauche dich als meinen Retter und bete dich an als meinen Herrn, da dient es dazu, dass Gottes Ehre, Gnade und Herrlichkeit deutlich wird.
Dass Gott seine Gnade demonstriert, seinen Ruhm und seine Güte erweist und die Herrlichkeit, Heiligkeit und die Liebe seines Charakters aufstrahlen lässt.
So sagt Paulus: Gott beweist seine Größe an uns. Und er wird dies in umso größerer Klarheit und Vollkommenheit tun, dann in der Ewigkeit, in den kommenden Zeiten.
Eine ganze Ewigkeit wird nicht ausreichen, um Gottes Güte, die er an uns verlorenen Sündern, die er gerettet hat, zu erweisen und zu besingen.
Ein Bild der Rettung – Die Dalbuschbombe und die persönliche Entscheidung
Dr. Paul Gibson war viele Jahre lang Präsident eines theologischen Seminars in der ehrwürdigen Stadt Cambridge. Als er kurz vor seiner Pensionierung verabschiedet wurde, widmete man ihm ein Bild, das ein Künstler von ihm gemalt hatte. Dieses Bild wurde feierlich in der berühmten Ridley Hall aufgehängt.
Von all den vergangenen Präsidenten hing dort auch das Porträt von Dr. Paul Gibson. Wie es sich für einen höflichen Briten gehört, bedankte er sich für das Geschenk, lobte den Künstler und sagte: In einigen Jahren werden die Leute vor diesem Bild stehen und nicht fragen, wer dieser Mann ist, sondern vielmehr, wer dieses wunderbare Porträt gemalt hat.
So, wie das Bild die Qualität des Malers demonstriert, wird an unserer Rettung die Qualität des Retters sichtbar. Dieses Bild des Mannes weist über sich hinaus auf den Maler, der es geschaffen hat. Paulus sagt, dass unsere Rettung – dass Gott uns aus Liebe mit Christus zusammengebunden und aus aller Verlorenheit herausgerissen hat – auf die Qualität des Retters hinweisen soll, der dies an uns getan hat.
Unsere Rettung dient dazu, dass Gott gepriesen und gelobt wird in alle Ewigkeit. Damit kommen wir zum Schluss für heute und wollen Paulus dankbar sein, dass er uns diese riesige Perspektive eröffnet und uns so in Gottes Wahrheit hineingenommen hat. Wir wären von uns aus nie darauf gekommen.
Wir haben gesehen, dass Paulus an der entscheidenden Stelle bohrt. Er setzt beim größten Problem der Menschheit an und zeigt, wie Gottes Souveränität dagegenkommt, mit allem aufräumt und alles wieder gut machen kann. Gott bewegt, Gott wird bewegt von Liebe. Er bindet uns mit Christus zusammen, gibt uns Anteil an seiner Kreuzigung, an seiner Auferstehung und an seiner Himmelfahrt. Damit beweist er seine Größe.
So bleibt am Ende nur eine Frage: Sind Sie schon mit Jesus Christus zusammengebunden? Haben Sie Anteil an seiner Kreuzigung, weil er sein Leben für Sie gab? Haben Sie das im Glauben ergriffen? Haben Sie Anteil an seiner Auferstehung? Das ist die logische Folge davon, dass er Sie zu neuem Leben auferweckt hat.
Haben Sie schon jetzt Anteil an seiner Himmelfahrt, indem Sie den Pass für die Ewigkeit in der Tasche haben? All das hängt davon ab, ob Sie an Jesus Christus hängen. Das ist die einzige Möglichkeit, aus dem Dilemma der Verse eins bis drei herauszukommen. Es ist wirklich die einzige Möglichkeit, der tödlichen Falle zu entkommen.
So wie es für die elf Männer von Lengede auch nur eine einzige Möglichkeit gab, aus der Falle zu entkommen. Sie wussten um den Ernst ihrer Lage, gaben verzweifelte Klopfzeichen. Die Helfer gaben nicht auf. Nach zehn Tagen, in denen man nichts von ihnen gehört hatte, hörten sie mit speziellen Geräten endlich diese Klopfzeichen.
Dann konnten sie den Ort der Eingeschlossenen lokalisieren. Sie gruben einen engen Schacht in die Tiefe und ließen durch diesen Schacht die sogenannte Dalbuschbombe hinab – ein ganz enger Torpedo, der nur einem einzelnen Menschen Platz bot.
Jeder Bergmann flüchtete einzeln in diesen Torpedo und wurde nach oben gezogen – in die Freiheit, ins Licht, in die Rettung. Was für ein großartiges Bild für das, was der lebendige Gott durch seinen Sohn Jesus Christus getan hat!
Er hat noch mehr getan: Er hat nicht nur ein Gerät zu uns hinabgeschickt, sondern seinen eigenen Sohn. Wer sich jetzt zu Jesus flüchtet und an ihn anklammert – das kann jeder nur allein tun –, der wird herausgezogen. Herausgezogen aus der Grube seiner Schuld, aus der Angst vor dem Tod und aus dem Gericht des ewigen Gottes.
Warum hat Gott das getan? Gott, der reich an Barmherzigkeit ist, hat uns in seiner großen Liebe, mit der er uns geliebt hat, auch uns, die wir tot waren in den Sünden, mit Christus lebendig gemacht. Aus Gnade seid ihr selig geworden.
Er hat uns mit auferweckt und mit eingesetzt in den Himmel, in Christus Jesus, damit er in den kommenden Zeiten den überschwänglichen Reichtum seiner Gnade durch seine Güte an uns zeigt – in Jesus Christus. Ihm sei alle Ehre. Amen.
