Herr, an diesem Abend wollen wir auf dein Wort hören, das du uns sagen möchtest. Wir kommen aus einem Tag, an dem wir viel geredet, viel geplant und viel gearbeitet haben. Doch jetzt wollen wir hören, was du uns sagst und was dein Wort für uns bedeutet. Vor allem wollen wir dich sehen und Frieden bei dir finden.
Dass du vergeben kannst, was heute nicht recht war, dass du zurechtbringst, wo wir falsch lagen, und dass wir neu aufblicken auf das, was du in deinen großen Plänen mit uns vorhast. Amen.
Wir setzen unsere Betrachtung im Epheserbrief fort, Kapitel 1, Verse 15 bis 23. Oh, da sind heute viele Stühle besetzt, Frau Deyle, vorne drei und hier noch ein paar. Einige haben heute schon Urlaub gemacht, deshalb sind nicht alle da.
Der Epheserbrief ist an die Gemeinde in Ephesus gerichtet, die wir durch den großen Aufruhr um die Diana kennen. Wir kennen das große Stadion in Ephesus. Die Stadt Ephesus wurde ausgegraben und zeigt sich als eine herrliche, große Stadt – eine der Riesenstädte der Antike.
Jetzt merken wir ein wenig, wie Paulus an diese Gemeinde denkt.
Dankbarkeit und Gebet als Ausdruck des Glaubens
Darum auch ich, nachdem ich gehört habe von dem Glauben bei euch an den Herrn Jesus und von eurer Liebe zu allen Heiligen, höre ich nicht auf, für euch zu danken.
Ich gedenke euer in meinem Gebet, dass der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, euch gebe den Geist der Weisheit und der Offenbarung, ihn zu erkennen.
Er gebe euch erleuchtete Augen des Herzens, damit ihr erkennt, zu welcher Hoffnung ihr von ihm berufen seid.
Wie reich die Herrlichkeit seines Erbes für die Heiligen ist und wie überschwänglich groß seine Kraft an uns, die wir glauben!
Diese Kraft ist die Macht seiner Stärke, die bei uns wirksam wurde, mit der er in Christus gewirkt hat. Durch sie hat er ihn von den Toten auferweckt und eingesetzt zu seiner Rechten im Himmel, über alle Reiche, Gewalt, Macht, Herrschaft und alles, was sonst einen Namen hat.
Nicht allein in dieser Welt, sondern auch in der zukünftigen.
Und alles hat er unter seine Füße getan und hat ihn gesetzt, der Gemeinde zum Haupt über alles, welches sein Leib ist, nämlich die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt.
Die Bedeutung des Gebets im Leben des Apostels Paulus
Am Apostel sollte man sich ein Beispiel nehmen. Wie lebt er als Christ? Er führt ein intensives Gebetsleben.
Wir haben ja oft Schwierigkeiten mit der Zeit. Liegt das am Aufstehen? Liegt es an den vielen drängenden Terminen? Ich meine, dass das, was ich zum Gebet gesagt habe, ganz eng damit zusammenhängt, dass wir dem Gebet oft nicht zutrauen, was Gott uns durch das Gebet schenken will.
Wie viel Zeit nehmen wir fürs Klagen und Jammern? Gott hat dem Gebet eine ganz besondere Verheißung gegeben. Paulus sagt, wie er betet – das erwähnt er sonst immer in seinen Briefen: „ohne Unterlass“. Bei ihm war das so. Hier höre ich nicht auf, er betet nonstop, pausenlos.
Wie kann man das tun? Bei ihm zieht sich das Gebet durch den Tag und durch die Nacht. Es ist ein fortwährendes Drandenken, Bitten und Seufzen. Er steht in einer ununterbrochenen Gebetsverbindung.
Es ist auch schön, wenn man mitten im Gedränge des Tages, in der Berufsarbeit, sagt: „Ich nehme mir Zeit zum Gebet.“ Es gibt einen Augenblick, wo man den Telefonhörer nicht abnimmt und auch in der Küche betet oder Fürbitte tut.
Man hat ja oft seine gewissen Ecken, etwa ein Küchenbuffet, wo hinter dem Glas die Gebetsanliegen hängen. Das ist eine schöne Sache, ob es Bilder von Patenkindern sind, für die man betet, oder ein Programm einer Veranstaltung, an die man denkt und für die man betet.
Es ist wunderbar, wenn wir Fürbitte tun. Ich habe den Eindruck, dass bei den meisten von Ihnen die großen Wirkungen Gottes durch die Fürbitte geschehen sind. Man kann oft in ihrem Leben zurückverfolgen, wie treue Beter in ihren Familien – Großmütter, Tanten – für sie gebetet haben.
Sie können wirklich erleben, wie durch das Gebet geistliche Frucht geschieht. Ich habe Ihnen einmal erzählt, wie eine Gemeinde in Korea das zum Anlass nimmt, am Karfreitag eine besondere missionarische Aktion zu machen und Leute zu besuchen. Dabei laden sie sie konkret ein, sich ganz Jesus zu verschreiben.
Aber sie müssen sich vorher verpflichten, täglich für diese Leute ein Jahr lang zu beten, bevor sie das erste Wort zu ihnen sagen. Und das ist sicher gar nicht schlecht: mehr beten, bevor man redet. Die Fürbitte, die konkrete Fürbitte, wirkt große Wunder.
Ich leide auch immer etwas darunter, wenn uns in den Gebetsgemeinschaften der Stoff ausgeht. Wir haben uns doch eigentlich vorgenommen, für so viele Leute zu beten. Wir waren eine Woche in der Gebetsgemeinschaft, fünf Männer aus einem kleinen Kreis, und da haben wir schon wieder jemanden vergessen, etwa Annette Steiner.
Es ist einfach wichtig, dass wir an alle denken, die Gott uns aufs Herz gelegt hat. Es ist doch wirklich so: Jetzt will Gott an ihr handeln. Warum tut Gott das nicht ohne Gebet? Er könnte, aber er will es nicht. Er will es nach unserem Gebet tun.
Dankbarkeit und Gemeinschaft als geistliche Kraftquelle
Ich höre nicht auf, für euch zu danken. Beim Paulus steht der Dank ebenfalls sehr weit oben. Haben Sie schon einmal für die Mitchristen gedankt? Haben Sie gedankt, dass Sie heute Abend einige von ihnen treffen? Haben Sie sich vor Gott an der Gemeinschaft gefreut? Wahrscheinlich haben wir das noch nicht richtig entdeckt.
Ich sagte ja am Anfang, vor drei Wochen, dass der Epheserbrief besonders ein Brief ist, der die Gemeinschaft so herausstellt. Es ist eine ganz große Gabe, dass Gott mir Menschen zur Seite stellt. Oft kennen wir sie nicht, und deshalb sind wir so einsam. Lieber Herr, ich danke dir, dass du mir so viele Menschen zur Seite stellst. Das ist ein ganz, ganz großer Schatz.
Ich genieße das immer in der Liebe der Gemeinde, in der großen Bruderschaft. Ich wünsche Ihnen, dass Sie das auch so in der Gemeinde erfahren. Deshalb sind die Witze, dass man aufeinander zugeht und sich ein wenig nach dem anderen erkundigt, gar nicht dumm. Natürlich gibt es Situationen, in denen einer sagt: „Jetzt geben Sie mir schon zum dritten Mal die Hand“, oder „Kennen Sie mich oder nicht?“, oder „Ich will nicht gegrüßt werden“ – was auch immer. Aber das macht nichts.
In den meisten Fällen ist es eine ganz, ganz wichtige Sache, dass ich mich freue: Da ist jemand, der mit mir des Weges geht. Da ist jemand, der mich braucht, den ich im Glauben stärken darf und der auf meinen Zuspruch wartet. Wie schön ist das! Ich sehe mit großer Freude, wie das durch die Gemeinde geht: das Füreinanderbeten, das Aneinanderdenken, auch in schwierigen Augenblicken.
Wie habe ich mich gefreut, dass unser lieber Bruder Vater geworden ist, unser lieber Benedikt. Er grüßt die liebe Frau herzlich. So wunderbar ist es, dass man sich mitfreuen kann und dann sagt: Auch so ein kleines Kind wollen wir doch einschließen in die Freude, ins Dankgebet und in die Fürbitte. All das gehört mit dazu.
Ich höre nicht auf, für euch zu danken. Das Dankgebet hat nicht nur einen Platz am Anfang unseres Gebets, sondern die Freude soll sich durch den ganzen Tag hindurchziehen. Man freut sich ja auch, wenn man plötzlich jemanden im Straßenverkehr sieht und er hat hinten seinen Fischaufkleber auf dem Auto oder eine andere Parole. Das ist ein Bruder, der des Weges geht.
Ich habe mich gefreut, als ich neulich in der Charlottenstraße vor mir an einem Golf einen „Hilfe für Brüder“-Aufkleber sah, ohne die Leute zu kennen. Es ist doch schön zu wissen, dass das auch Menschen sind, die mit einem des Weges gehen.
Wir sollten die Gemeinschaft viel mehr nutzen. Da hast du Menschen an der Seite, du bist gar nicht allein. Wenn man einen Gebetskreis hat, sei es im Betrieb, im Krankenhaus oder an einem anderen Arbeitsplatz – was für ein Wunderbares! Man geht miteinander des Weges.
Heute haben wir vom Gebet gesprochen, vom Dankgebet und von der Fürbitte füreinander.
Der Glaube an Jesus als zentrale Grundlage
Und nun sagt er, nachdem ich von eurem Glauben gehört habe – von welchem Glauben? Vom Glauben an den Herrn Jesus.
Weil bei uns das Glauben oft so kompliziert ist, noch einmal ganz simpel: Für uns ist wichtig, wie jemand bei Jesus steht.
Da gab es ja jetzt eine Diskussion. Sie haben in der Zeitung über die freie evangelische Schule gelesen. Das ist ein Kreis von Gemeindegliedern, auch von Leuten, die zu unserem Bibelkreis gehören und die dabei sind, eine Planung zu machen. Aber das ist jetzt gerade in Stuttgart mit anderen Planungen zusammengestoßen. Es gab ein Gespräch zwischen den beiden Gruppen.
Da hat einer der Verantwortlichen gesagt: Es sei doch wichtig, wenn man einen Lehrerberuf ausübt, zu fragen, wie er zu Jesus steht. Kaum war dieser Satz ausgesprochen, ging schon ein Gezeter los.
Also, das ist heute in christlichen Kreisen ganz arg umstritten: Wie steht jemand zu Jesus? Das ist nämlich die Kernfrage. Wie stehst du zu Jesus? Alle anderen Dinge kann man relativ anders ordnen.
Für Paulus war das das Wichtigste. Er wusste, wie die Leute zu Jesus stehen, wie sie im Glauben Jesus vertrauen, wie sie sich Jesus unterordnen und wie sie mit Jesus im Alltag leben. Ganz einfach: Daran hat er sich gefreut.
Wir werden nie alle Probleme lösen, die man im Glauben auftürmen kann. Aber was uns wichtig ist: Wenn jemand mit Jesus geht, wenn jemand Jesus vertraut, wenn jemand sich von Jesus rufen lässt, mit Jesus nachfolgt und mit Jesus geht.
Paulus hat sich gefreut, wie die Leute von Ephesus mit Jesus gegangen sind, wie sie ein klares Verhältnis zu Jesus haben – vom Glauben an den „Herrn Jesus“. Das Wort „Herr Jesus“ heißt ja immer die Autorität. Es ist nicht der „Mister Jesus“, sondern es heißt der König.
Sie wissen, dass im Alten Testament sechstausendmal das Wort „Herr“ vorkommt. Es drückt aus, dass Gott der unumschränkte Herrscher ist. Dieser Titel wird nun auf Jesus übertragen: göttlicher Gebieter, Herr und König.
Für uns ist das auch ein Punkt. Wir werden ja immer mehr merken, wie die Autorität Jesu unter den Christen umstritten ist. Manche sagen: „Ja, Jesus war doch nichts Besonderes.“ Und da kommen die jungen Leute und sagen: „Mein Rallye-Lehrer hat gesagt, das wisse man gar nicht, ob Jesus überhaupt etwas Besonderes war.“
Doch, Jesus meint, dass er Herr ist und König. Wir wissen, dass die erste Christenheit schon zu Jesus gebetet hat: „Komm, Herr Jesus!“
Sie haben göttliche Namen für Jesus angewandt und haben in aramäischer Sprache gesagt: „Maranatha, komm bald, Herr Jesus.“ „Mar“ ist im Aramäischen das höchste Prädikat und der Ehrentitel, den man Jesus überhaupt sagen kann.
Sie haben zu Jesus gebetet, weil er göttliche Autorität hat. Und das war schon etwa zwanzig Jahre nach Jesu Tod. Paulus hat den Brief im 1. Korintherbrief zwanzig Jahre nach dem Tod Jesu geschrieben – absolut, ganz früh, völlig klargelegt.
Es gibt überhaupt keinen Zweifel von der Bibelauslegung her, dass im Neuen Testament die Göttlichkeit Jesu ganz oben ansteht. Hier sagt Paulus, das freut mich so, dass ihr Jesus als dem Herrn vertraut, dem Gebiet eures Lebens, dem unumschränkten Herrscher der Welt.
Das ist für uns ganz wichtig: Die Einzigartigkeit Jesu. Niemand sonst als Jesus allein kann in unserem Leben bestimmend sein. Es geht nicht um Religion, es geht um Jesus.
Bruderliebe als Ausdruck gelebten Glaubens
Und von der Liebe zu allen Heiligen – das sind die zwei Seiten: Auf der einen Seite die Glaubensverbindung mit Jesus, auf der anderen Seite die herzliche Bruderliebe zu den Mitgeschwistern.
Warum sagt Paulus eigentlich nicht „Liebe zu allen Menschen“? Warum nicht? Weil die allgemeine Menschenliebe oft nur ein Spruch ist. Wie möchte man mit fünf Milliarden Menschen ein Liebesverhältnis aufbauen? Heute sagt jeder, er sei lieb zu allen Menschen, dabei ist jeder Individualist und hat seine Haustür abgeschlossen.
Wo lebt man denn wirklich Liebe mit Menschen? Wir haben ja schon Schwierigkeiten, Liebe in unseren engsten Familienbeziehungen zu zeigen. Deshalb ist es unehrlich, immer so zu tun, als ob wir zu allen Menschen Liebe hätten. Mit welchen Menschen? Welche kennen Sie überhaupt? Wen grüßen Sie überhaupt noch? Liebe zu allen Menschen?
Für Paulus war es ganz wichtig, dass wir wenigstens mit den Blutsverwandten, mit den Christen, eine herzliche Verbindung haben. Ich finde das wunderschön, wenn man das immer wieder praktiziert – an allen Orten, wo man hinkommt, mit denen, die den gleichen Glaubensweg gehen. Dort übt man seine Liebe und erlebt Gemeinschaft wirklich. So wird man immer beschenkt und bereichert.
Deshalb spricht Paulus von den Heiligen. Noch einmal: Mit den Heiligen sind nicht Leute gemeint, die fehlerlos sind, sondern solche, die durch das Blut Jesu geheiligt sind.
Das Gebet für Erkenntnis und geistliche Erleuchtung
Ich höre nicht auf, zu danken, und ich gedenke auch in meinem Gebet. Was bittet er? Was bittet er?
Darf ich Sie noch einmal kurz mitnehmen und in Erinnerung rufen, dass das ganz schwache Christengemeinden waren? Erinnern Sie sich noch: In Ephesus waren sie gerade der Verfolgung entronnen. Über ihnen hing noch die ganze Feindschaft des Römischen Reiches. Das waren Leute, die hatten nicht einmal ein Gebäude, sie hatten nur ihre Wohnungen. Sie hatten keinerlei Organisation, es waren noch gar keine Strukturen gewachsen von Gemeinde. Es waren nur Leute hier und da, die sich wie in einem Hauskreis trafen.
Aber das hat Paulus schon genügt, dass er sie als Gemeinde sieht. Sie haben eine Verbindung zu Jesus, sie haben Liebe untereinander. Jetzt bittet er, dass sie ihren Reichtum entdecken, so dass das Schlimme passiert, dass wir immer den Reichtum in dieser irdischen Kirchengröße suchen.
Sie wissen, dass ich da immer große Sorge habe. Da liegt nicht das, was uns Christenreich macht. Ich sehe das als eine notwendige Form an, aber wir tragen auch immer schwer an den irdischen Strukturen – und übrigens in allen Gemeinden, in allen Gemeinden. Viele baptistische Gemeinden in unserem deutschen Land sind genauso von der liberalen Theologie heimgesucht. Wir haben dort genauso die Probleme. Wir sehen mit Schrecken wieder und wieder, wie auch führende Baptisten in den oft genannten Einrichtungen, die uns auch sehr viel Not machen, der Kirche wieder die erste Geige spielen.
Das ist nicht eine Frage, welcher Kirchenzugehörigkeit man gerade angehört. Das mag bei der ersten Generation einer Neugründung noch etwas besser sein, aber viel auch nicht. Es ist dann sehr viel Stolz und Hochmut. Wir müssen immer wieder sehen, dass die irdischen Organisationen so viel vom Wesen dieser Welt an sich tragen – so wie wir ja auch sehr viel vom Wesen der Welt an uns tragen.
Deshalb hat Paulus auch gar nicht viel mitgegeben. Es ist interessant, wie Paulus die Gemeinden aufgebaut hat. Er hat die Ämter und Funktionen geordnet. Das ist ganz wichtig: die Seelsorgeämter, das Lehramt, das Evangelisationsamt hat er eingesetzt. Aber wir sollten immer wieder aufpassen, dass wir nicht so viel Wert legen auf diese irdischen Ämter. Die werden immer wieder die Nöte der Zeit und der Welt an sich tragen.
Ihm war es wichtig, dass sie offene Augen haben, um Christus zu erkennen. Man kann nicht genug die Herrlichkeit Jesu über sich sehen. Diese schwachen Gemeinden, diese Gemeinden in der Verfolgung – ich bete, dass sie ja gegenwärtig immer merken, wie groß Christus ist.
Also dieses Gebet ist mir heute auch wichtig, über unseren deutschen Gemeinden, über unserem Deutschland, dass diese Christen noch einmal wissen, wer Jesus ist.
Die Notwendigkeit geistlicher Klarheit und Herzensöffnung
Er gebe euch erleuchtete Augen des Herzens. Viele Christen verhalten sich so, als wäre das Evangelium etwas Dunkles und die Bibel schwer verständlich. Das ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr haben wir einen Deckel auf den Augen. Wir erkennen nicht die Größe und Macht Jesu in unserer Zeit.
Wenn heute in unseren Gemeinden etwas fehlt, dann ist es das Vertrauen auf Jesus. Wir rechnen zu wenig mit Jesus im Alltag. Ich bete dafür, dass ihr Jesus ständig vor Augen habt und immer wisst, dass er die Mitte ist. Dass wir weniger von uns selbst sprechen und mehr von ihm.
In der Biografie von Johannes Busch hat Wilhelm Busch einen schönen Satz geschrieben: Er sagte nie „Kirche“, wenn er „Jesus“ hätte sagen müssen. Verstehen Sie diesen Satz? Es ging ihm nicht um irdische Formen, sondern darum, dass Jesus vor unseren Augen groß wird.
Ganz ähnlich war es auf der großen Weltkirchenkonferenz in Neu-Delhi. Dort war der berühmte Evangelist Daniel T. Niles, der kurz darauf starb. Während der Konferenz sagte er oft: „Don't look on us, look on him.“ Schaut nicht auf uns, sondern auf ihn!
Es ist immer so, wenn Christen zusammenkommen und die Schwierigkeiten sehen, wenn wir uns als anders wahrnehmen als die anderen, dann entstehen konfessionelle Gegensätze. Doch lasst uns auf Jesus blicken! Ich hoffe, dass auch Sie immer wieder diesen Blick haben, dass Jesus in der Mitte steht.
Ich weiß, wie es in Hauskreisen oft zugeht. Man verliert sich in der Problematik, und dann heißt es: „Lasst uns doch immer auf Jesus blicken.“ Hoffentlich habt ihr die Gabe, immer wieder auf die Mitte zu führen.
Ich kenne das auch aus unserem Jugendbibelkreis, wo wir freie Gespräche führen. Manche sind richtig ärgerlich, wenn ich immer wieder sage: „Leute, lasst doch mal die Frage.“ Ich möchte den jungen Leuten immer wieder Jesus vor Augen stellen. Deshalb sind wir doch zusammen: um ihn zu sehen.
Doch es gibt etwas, das den Blick auf Jesus hindert. Die Sache ist eigentlich klar: Jesus zu erkennen. Aber etwas blendet uns, klebt uns einen Deckel auf die Augen. Dieses Etwas liegt auf unserem Herzen.
Es ist zum Beispiel offensichtlich, dass wir Jesus nicht entdecken können, wenn wir in Schuld leben. Wenn wir im Ungehorsam sind, können wir Jesus nicht sehen. Wenn wir nicht gereinigt sind, bleibt uns Jesus verborgen.
Diese Trägheit liegt an unseren Herzensaugen. Dabei hat das Herz nichts mit Gefühl oder Gemüt zu tun. Herz meint unser Gewissen, unser innerstes Wollen. Dort muss die Verbindung zu Jesus klar sein.
Das ist eine Frage an uns. Manchmal merken wir, dass wir an Randdingen kleben. Wir müssen wieder brennend auf die Mitte Jesus hin ausgerichtet sein, damit auch andere, die zu uns kommen, es spüren.
Wir haben ein Thema: Wir wollen von der Größe Jesu reden, von seiner Liebe zu uns, wie er uns niemals loslässt, wie seine Hand nie von uns weicht, von seinem Erbarmen, das auch den Letzten hält.
Auch denjenigen, der sagt: „Ich bin es doch gar nicht wert.“ Die Menschen sollen sehen, wie unendlich groß sein Erbarmen mit uns ist.
Er gebe euch erleuchtete Augen – oder, wie es im alten Luthertext heißt: Er erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr erkennt, zu welcher Hoffnung ihr von ihm berufen seid.
Die Hoffnung der Berufung und das Erbe der Heiligen
Der Text ist mir wichtig, denn das ist unser Hochzeitstext. Es war uns wichtig als Lebensmotto, dass Gott uns immer diesen Blick frei macht, damit wir die Hoffnung unserer Berufung erkennen.
Gott hat uns einmal auf die Bahn gestellt und gesagt: „Ich habe einen Plan mit euch und will ihn zu Ende führen.“ Dann sind wir doch nur diejenigen, die hinterherlaufen müssen.
Ich möchte immer nur sehen: Jesus, wo willst du hin? Ich muss doch nicht planen, denn er hat seine Regie. Jetzt möchte ich ihm einfach hinterhergehen.
Und die Herrlichkeit seines Erbes – wie herrlich das Erbe ist, das er für uns bereitet! Er führt uns doch dorthin, wo schon alles bereit ist. Wir sind gar nicht die Macher, wir sind auch nicht diejenigen, die schuften. Stattdessen legt er uns in den Schoß und lässt uns erleben, wie das ist.
Also: mehr Jesus entdecken. Wir haben noch nicht einmal einen Bruchteil von Jesus entdeckt. Oft meinen wir, wir wären am Ende. Und wenn dann die später kommt, fängt er wieder mit seiner Lehre an – jetzt wieder Jesus, Jesus, Jesus.
Wir haben doch noch gar nichts von der Herrlichkeit Jesu entdeckt. Ganz schwach haben wir ihn erst erkannt. Wir haben ein Thema, und auf das wollen wir immer kommen: dass wir von Jesus reden.
Wenn ich ihn sehe, dann sehe ich in meinem Leben klar – dann weicht die Dunkelheit, die Traurigkeit, die Depression. Wenn ich Jesus sehe, dann kann ich wieder zur Freude kommen.
Die Kraft der Auferstehung und ihre Wirkung im Leben der Gläubigen
Wie überschwänglich groß seine Kraft an uns ist. Nun geht es um die Kraftwirkung Jesu. In unseren Tagen gibt es immer wieder Leute, die uns daran erinnern, dass wir so wenig mit den Wundern Jesu rechnen. Das überrascht mich. Ich rechne sehr viel mit den Wundern Jesu, sonst würde ich ja nicht beten.
Hier geht es um eine Kraftwirkung. Im Griechischen steht dafür immer das Wort, das dynamisch ist, also die ungeheure Sprengkraft beschreibt. Welche Sprengkraft? Die Sprengkraft, die einst schon bei der Auferweckung Jesu am Werk war. Mit dieser Energie will Jesus heute wirken. So wie damals Gott Jesus aus dem Grab herausgeholt hat, so möchte er auch in unseren Tagen wirken.
Ich habe große Erwartungen an Jesus, sonst würden wir ja gar nicht anfangen zu arbeiten. Er kann große Dinge tun. Jetzt rechnen wir mit dieser großen, mächtigen Wirkung, mit der er in Christus gewirkt hat. Durch sie hat er ihn von den Toten auferweckt und zu Rechten im Himmel eingesetzt.
Diese Kraft, die so groß ist, wirkt seit der Auferstehung Jesu. Sie wird uns eines Tages aus dem Tode reißen. Diese Kraft möchte auch heute wirksam sein. Nur werden wir uns hüten, Gott vorzuschreiben, was und wie er heute wirken will. Aber rechnen tun wir mit der großen Wirkung Gottes.
Jesus Christus herrscht als König. Alles wird ihm untertan, alles legt Gott ihm zu Füßen. Das geschieht heute mitten in unserer Welt. Und dass wir dies dann erleben, dass die Mauern fallen, das kann Gott in einem Nu bewirken. Möglichst zum Segen unseres Volkes und nicht zum Fluch. Aber Gott kann es. Gott kann ganz andere Mauern noch zertrümmern. Gott kann die Geschicke der Welt wenden.
Wenn die Gläubigen beten, dann bewegt sich die Stätte. Natürlich erwarten wir viel. Ein Zeichen der großen Energie Gottes, der großen Machtwirkung Gottes, ist doch, dass ich glaube, dass ich aus dem Zweifel herausgerissen wurde. Das ist nämlich ein Wunder Gottes, das größte Wunder.
Seine Gnade verstehen, aus meiner Skepsis herauszukommen und fest ihm vertrauen zu können – das hat er gewirkt. Das steht da im Vers 19: überschwänglich groß. Diese Worte sind uns manchmal so abgegriffen, aber wir müssen sie wieder hören, was sie sind.
Ich darf sehen, wie ohne Grenze, überschäumend er wirkt. Wir erleben das auch in unserem Leben, wie Gottes Macht unbegrenzt unter unserem Wirken ist. Also mehr Aufblicken zu Jesus, mehr Staunen über die Wirkungen Jesu. Was er kann, was er tun und wirken kann, ist ohne Ende.
Wir waren heute Mittag bei der Seniorenbibelstunde, und da hat eine liebe Frau, die mit uns in Israel war – unsere Mutter Mozart, die auch hier wieder ist – mich daran erinnert und gesagt: Es ist doch auch so toll, was Miss Ladagda als blinde Frau in Bethlehem gemacht hat. Was Gott in so ein Leben hineinlegt – ein Wrack als Mensch – und sie wird zum Segen für so viele Leute, weil sie Gott vertraut.
Das ist immer unsere Ermutigung. Das sind doch gar keine großen Giganten, sondern einfach Leute, die mit der Kraft Jesu rechnen. Und wie viele von Ihnen erleben das: Morgens im Bett können sie sich kaum erheben vor Schmerzen, vor Schwäche, vor Krankheit, und dann erleben sie die Kraftwirkungen Gottes.
Wir erleben ja die Kraftwirkungen Gottes, dass er unsere schwachen Worte, unseren Dienst benutzt und daraus Wunderbares wirkt, Menschen anspricht. Sie schreiben ein Kärtchen mit zitternder Schrift, und Gott benutzt es und wirkt mit seiner Dynamiskraft darin. Das tut er doch.
Das ist eine schäbige Versammlung. Da stehen wir in der Kirche mit allen Mängeln und Fehlern. Bei uns klappt das nicht so – äußerlich ist das kein Genuss. Aber der Herr wirkt mit seiner Kraftwirkung, so wie er in unserem Leben gewirkt hat.
Es kann ein unansehnlicher Dienst sein, und Gott wirkt in Kraft und in Herrlichkeit. Es muss also gar kein Pathos in der Stimme sein, sondern es liegt an dieser unsichtbaren Wirkung, mit der Gott Menschen aufrichtet.
Gehen Sie doch zu den Krankenbetenden, sagen Sie das Wort, und Gott macht mächtig sein Ja dazu und wirkt in Kraft, so wie er in Christus gewirkt hat. Und ich darf immer stärker werden, äußerlich immer schwächer, aber immer mehr mit der Kraft Jesu rechnen. Immer mehr vertrauend auf die Wirkung an Jesus.
Darum werden wir nicht müde, sagt Paulus, sondern wir dürfen müde werden und sagen: Es ist alles so schwierig, ich erreiche gar nichts. Aber weil er wirkt, wissen wir, dass nichts vergeblich ist.
Die Herrschaft Jesu über alle Mächte und Reiche
Und jetzt sagt er noch: So schön, wie Jesus über alle Reiche, Gewalt, Macht und Herrschaft eingesetzt ist. Das passt heute zum morgigen Tag. Für unseren Herrn ist es ein Kleines, Mauern zu zerbrechen. Das hätten wir ja gar nicht gedacht, dass unser Herr wirklich einen Honecker zur Mina machen kann.
Verstehen Sie, wie der da heute wie der letzte Bettler da herschleicht, bewacht von sowjetischen Soldaten? Ich muss Ihnen fast sagen, manchmal tut er mir arg leid. Sagen Sie, es sei nicht nötig, aber ich meine, es ist doch so eine menschliche Tragik, wenn sich Leute so ganz runtergesetzt werden, wie einst Nebukadnezar.
Es geht ja unheimlich schnell auch mit einem Saddam Hussein, den Mächten und Gewalten der Welt. Was ist das, wenn man den Körper von Hitler hinaustut und dann Benzin drübergießt und anzündet? Was ist unser Leben in dieser Welt?
Ich habe immer so gern die Bilder angeschaut, wie Lenin im Mausoleum mit seiner spitzen Nase liegt. Es ist bloß noch ein verwesender Leib. Aber die Herrschaft Jesu bleibt. Und das ist so schön, wenn wir die Lieder singen, dass Jesus Sieg bleibt, ewig ausgemacht.
Unser Glaube braucht immer wieder die Siegesfreude Jesu. Die ganze Welt ruht doch in seiner Hand. Und auch wenn die Welt am Ende in eine furchtbare, weltumfassende, dämonische Entwicklung fällt, Jesus bleibt Herr. Er wird kommen und diese Welt richten.
Wir singen ihm heute unser Lied und sagen: Du wirst doch mit dieser Welt zu Ende kommen, du bist über alle Reiche, Gewalt und Herrschaft. Du regierst von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Es ist schön, wenn man dann die Offenbarung liest und sich freut, dass am Ende Jesus sein Reich aufrichtet auf dieser Welt. Was kann ihm denn noch aufhalten? Was soll sich ihm denn noch entgegenstellen?
In dieser Welt ist es ihm ein Kleines. Er hat alle Schlüssel zu den Herzen der Menschen. Er kann wirken. Wir sollten mehr beten. Ich denke, das Gebet ist die Hauptmacht heute, den Willen und den Arm Jesu zu bewegen.
Christus als Haupt der Gemeinde und die harmonische Gemeinschaft
Gott hat alles unter die Füße Jesu getan und ihn zum Haupt über die Gemeinde gesetzt. Oft verstehen wir das mit dem Haupt falsch – besonders, wenn es um die Ehe geht. Dann denken wir Männer manchmal, das Haupt sei eine Art Herrschaft, bei der die Frauen wie ein Putzlappen behandelt werden. Doch das ist nicht gemeint.
Ein Haupt verhält sich nicht so, dass es den Leib demütigt. Im Gegenteil: Für mich bedeutet das Harmonie, und ich hoffe, das gilt auch für Sie – eine harmonische Beziehung zwischen Haupt und Leib. Wenn Paulus sagt, der Mann sei das Haupt der Frau, meint er nie eine Kommandozentrale, die den anderen entwürdigt. Er spricht vielmehr von einer harmonischen Zusammenarbeit zwischen beiden.
Hier geht es darum, wie Christus über uns herrscht und uns erfüllt. So sollen auch wir wirken. Das wird noch deutlicher, wenn wir über die Ehe sprechen. Aber jetzt geht es darum, wie Christus als Haupt in der Gemeinde wirkt, als derjenige, der über alles herrscht.
Ich habe einmal eine Predigt gehalten, die sich nur mit dem Wort „Haupt“ beschäftigte. Dabei habe ich gern folgendes Beispiel verwendet: Wenn man über die Grenze geht, was passiert dann? Der Zöllner interessiert sich nicht für den Bauch, auch wenn der schön ist. Er will nur den Kopf sehen – auf dem Passbild. Der Kopf ist der Ausweis, das Erkennungszeichen. Die Füße sind nicht abgebildet, auch wenn sie schön sind, sie interessieren den Zöllner nicht.
Genauso ist es in unserem Leben: Jesus ist der Kopf der Gemeinde. Er bestimmt, wer das Haupt der Gemeinde ist. Es wäre schlimm, wenn man sagen würde: „Der ist der Kopf der Jugendarbeit“ oder „Der ist der Kopf der Gemeinde“. Nein, der Kopf der Gemeinde muss der Herr Jesus sein – unverwechselbar.
Er muss die Denkzentrale sein, er muss uns bestimmen und in der Mitte stehen. So dass man überall sagt: Da ist Jesus. Auch wenn man die Menschen sieht, soll man erkennen, dass er in allem alles erfüllt.
Das Wort „Fülle“ kommt im Neuen Testament häufig vor. Es ist ein Wort, das an die großen himmlischen Gaben anknüpft und eigentlich nur für die neue Herrlichkeit Gottes verwendet wird. Jetzt wirkt Jesus schon in unerschöpflicher Weise. Daran dürfen wir uns freuen.
