Einführung in das Gottesurteil und historische Beispiele
Wenn man sich nicht die Finger verbrennen wollte und an einer heiligen Sache nicht Unschuldige schuldig sprechen wollte, dann rief man ein Gottesurteil an.
Manchmal war das Gottesurteil recht läppisch, wie etwa beim Aufstand des armen Konrad. Im Remstal hatten sich die armen Landwirte zurecht heftig aufgeregt, weil Herzog Ulrich neue Gewichte in Umlauf gebracht hatte. Sie fühlten sich betrogen, um es vornehm auszudrücken. Auf Schwäbisch hätte man es anders formuliert.
Also sagten sie: Das lassen wir uns nicht gefallen, das ist ein schlimmes Unrecht. Aber gegen den Herzog etwas zu sagen, war gefährlich. Deshalb riefen sie lieber Gott an und wollten nun klar auf dem Tisch haben, ob sie Recht haben oder ob der Herzog Recht hat.
Sie vereinbarten sozusagen vor Gott: Wir werfen die neuen Gewichte des Herzogs, die Gewichtssteine, in die Rems zu Flissle. Wenn die Gewichte schwimmen, hat der Herzog Recht. Wenn sie untergehen, haben wir Recht.
Die Gewichte sind untergegangen. Daraufhin sagten sie: Jetzt los, Revolution gegen den Herzog! Wissen Sie, unter welchem Bibelwort das heute noch an der Rathaustür von Beutelsbach steht? Si deus pro nobis, quis contra nos.
Damals sprachen die Menschen in Beutelsbach zwar nicht Latein, aber sie wollten es ganz feierlich ausdrücken: Wenn Gott für uns ist, wer kann dann überhaupt noch gegen uns sein? Und Gott hatte es doch klar gezeigt, als die Gewichte untergingen. Er ist für uns, da kann niemand mehr gegen uns sein – auch nicht die Soldaten des Herzogs.
Doch 14 Tage später wurden die zwanzig Anführer neben der Stadtkirche von Schorndorf geköpft. Man kann sich gewaltig die Finger verbrennen, sogar an einem selbst an den Haaren herbeigezogenen Gottesgericht.
Das Gottesgericht im Kontext der Passion Jesu
Wenn wir uns in dieser Passionswoche daran erinnern, was unserem Herrn Jesus Christus widerfahren ist, wird es höchste Zeit zu verstehen, dass die frommen Israeliten damals nicht anders weiterkamen, als indem sie sagten: „Wir vollziehen Gottes Gericht.“
Ob Jesus wirklich der Sohn Gottes ist, konnten sie nicht eindeutig sagen. Zwar empfanden sie es als Gotteslästerung, wenn dieser Zimmermannsgeselle aus Nazareth behauptete, er sei der Sohn Gottes. Doch er hatte auch einige Wunder vollbracht, und viele Menschen folgten ihm nach. Dadurch verloren sie an Unterstützung im Volk.
Sie sagten sich: „Wenn wir diesen einfachen Mann jetzt beseitigen, verlieren wir Anhänger. Aber Gott kann ja für ihn eintreten, wenn er will.“ So dachten sie daran, ihn einmal zu kreuzigen. Wenn Gott Lust zu ihm hat, könne er ihn ja vom Kreuz herabsteigen lassen.
Das ist eine Denkweise, die ähnlich gestrickt, aber noch viel furchtbarer ist als das Gottesgericht in Beudelsbach. Ist Ihnen das vertraut? Die Vorstellung, dass Gott, wenn er Lust hat, eingreifen und Jesus herabsteigen lassen soll.
In jedem Evangelienbericht wird erwähnt, dass seine Feinde und später Jesus selbst unter dem Kreuz sagten: „Wenn er der Sohn Gottes ist, dann soll er jetzt herabsteigen.“ Schließlich habe er anderen geholfen, aber sich selbst kann er nicht helfen.
Übrigens ist es ein wunderbares Wort, dass selbst die Kritiker Jesu nichts anderes gegen ihn vorbringen konnten. Die Quintessenz seines Lebens war, dass er den anderen geholfen hat.
Die Schrift als Grundlage für das Gottesgericht gegen Jesus
Die frommen Israeliten konnten sich damals auf eine Schrift berufen, die damals bekannt war. Nur wenigen von uns ist sie heute bekannt. Sie ist in den Apokryphen überliefert. Der Pfarrer Schwarz hat extra nachgefragt, ob ich das auch wirklich meine – jawohl, das meine ich.
Man könnte einen langen Vortrag über die Apokryphen halten. In England sagen fromme Leute, man dürfe sie überhaupt nicht lesen, da sie nicht der Heiligen Schrift gleichzusetzen seien. Doch erst dann verstehen wir, was damals mit dem Mord an Jesus geschehen ist.
Im Buch der Weisheit, Kapitel 2, heißt es: „Alles, was wir tun, wird richtig sein, denn es zeigt sich, dass Schwäche nichts ausrichtet.“ Beim Prozess ist es nicht so. Wenn wir ihn laufen lassen, gewinnt Israel und die Leute geloben.
Lasst uns dem Gerechten auflauern! Es geht heute um den Gerechten, Jesus, den Gerechten – das entscheidende Stichwort. „Lasst uns dem Gerechten auflauern, denn er ist uns lästig und widersetzt sich unserem Tun. Er hält uns vor, dass wir gegen das Gesetz verstoßen. Er behauptet, Gott zu kennen und tut so, als sei er Gottes Sohn.“
Das passt alles zusammen. Wahrscheinlich wurde es etwa 250 Jahre vor Jesus niedergeschrieben. Dieses Buch war damals im Umlauf. Die frommen Israeliten konnten sich darauf berufen und sagten: „So machen wir es, genau so.“
Er gibt vor, Gottes Sohn zu sein. Er wird uns zum Vorwurf bei allem, was wir denken. Er ist uns unleidlich, wenn er sich nur sehen lässt, denn sein Leben unterscheidet sich von dem der anderen. Ganz anders sind seine Wege. Er prahlt damit, dass Gott sein Vater sei.
„So lasst uns doch sehen, ob sein Wort wahr ist und prüfen, was bei seinem Ende geschehen wird. Ist der Gerechte Gottes Sohn, so wird Gott ihm helfen und ihn erretten aus der Hand seiner Feinde. Wir wollen ihn durch Schmach und Qual auf die Probe stellen, damit wir erfahren, wie viel er ertragen kann, und prüfen, wie geduldig er ist. Wir wollen ihn zu schimpflichem Tod verurteilen. Dann wird, wie er sagt, eben gnädige Heimsuchung widerfahren.“
Aber die gerechten Seelen sind in Gottes Hand. Das müsste bei ihnen dauernd klingeln, warum der Herr Jesus als letztes Wort gesagt hat: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist.“
Es geht um die Frage: Ist er der Gerechte? Dann steigt doch herunter, dann hilft dir doch Gott. Gottesgericht, Gottes Urteil.
Das Urteil des Gottesgerichts und die Auferstehung
Wie ist das Urteil ausgegangen, sodass die Mitglieder des Parlaments, des Synhedriums, den römischen Soldaten Geld gegeben haben mit der Aufforderung, nicht zu sagen, dass Jesus auferstanden sei? Das darf doch nicht wahr sein! „Tot ist tot, da helfen keine Pillen.“ Das Gottesurteil lautet: Er ist ein Spötter, ein Betrüger, ein Scharlatan. Deshalb hat Gott ihm nicht vom Kreuz heruntergeholfen. Aus ist’s!
Die ersten Christen haben dies bezeugt, schon Petrus in der großen Predigt an Pfingsten. Er sagte: „Ihr habt den Gerechten verleugnet.“ Stichwort: der Gerechte. Pilatus bat darum, dass Jesus ausgeliefert werde, aber Gott hat diesen Gerechten auferweckt.
Wir müssen begreifen, dass dies ein Jesus-Titel war, der bei uns verloren gegangen ist: Jesus der Gerechte. Stephanus hat in seiner großen Verteidigungsrede, als er angeklagt wurde – der Märtyrer Stephanus – in Apostelgeschichte 7 gesagt: „Ihr habt den vernichtet, den schon die Propheten als den Gerechten angekündigt haben.“ Wieder das Stichwort „der Gerechte“.
Und wenn Paulus aus seinem Leben erzählt, berichtet er, wie in Damaskus Hananias zu ihm kam und sagte: „Gott hat dich von Ewigkeit erwählt, damit du den Gerechten sehen wirst.“ Mir wäre es so wichtig, dass wir heute ganz neu begreifen: Jesus der Gerechte.
Wir haben ja heute nur noch wenige Jesustitel: Heiland, der Erlöser. Welche Jesustitel kennen Sie sonst noch? Erretter, Messias, der Eckstein, Erlöser, der Menschensohn, Gottessohn, der Morgenstern. Man sollte der Bibel neu lauschen, denn dort gibt es herrliche Titel, die im Bekenntnis vorkommen. Wir haben es in Kappadozien gelernt: Die ersten Christen um das Jahr 500 sagten „Licht vom Licht“, „wahrer Gott vom wahren Gott“ – lauter Jesusbegriffe.
Aber einer der schönsten Jesusbegriffe ist „der Gerechte“. Leider kennen wir vom großen Lied „Jesus Christus herrscht als König“ von Philipp Friedrich Hiller nur wenige Verse. Es gibt noch viel mehr Verse, und in einem dieser Verse heißt es: „Der Gerechte macht Gerechte.“ Jesus selbst will nicht nur allein der Gerechte sein, sondern er macht auch unwürdige Menschen gerecht. Ein wunderbarer Titel: der Gerechte Jesus.
Jesus als Fürsprecher und ohne Sünde
1. Johannes 2 sagt: „Und wenn wir sündigen, haben wir einen Fürsprecher beim Vater, Jesus.“ Wie geht es weiter? Übersetzt bei Luther heißt es: „Der Gerechte ist eigentlich der Gerechte.“
Man merkt, dass sich die Urchristenheit sehr darauf berief, Jesus als den Gerechten zu sehen. Er wurde in diesem Gottesurteil als der Gerechte, als der Sohn Gottes erwiesen, als Gott ihn aus dem Grab herausgeholt hat – nicht vom Kreuz herunter. Jesus hat bis zum Tod am Kreuz gelitten, aber deshalb hat ihn Gott erhöht. Er ist der gerechte Jesus.
Die Sache selbst, auch ohne den Begriff des gerechten Jesus, wird in der Bibel immer wieder bezeugt. Jesus wurde versucht wie wir, aber ohne Sünde. Wo wird uns das am deutlichsten berichtet? Schon in der Versuchungsgeschichte, gleich am Anfang, bevor Jesus große Taten getan hat. Der Versucher setzte alles daran, ihn auf seine Seite zu ziehen. Jesus, ich bin der Fürst dieser Welt, du kannst die ganze Welt bekommen. Du kannst die Welt nach deinem Willen gestalten, ohne Kriege, ohne Seuchen. Nur eines musst du tun: vor mir niederfallen. Denn er ist ein Herr von Teufels Gnaden. Das wäre furchtbarer als alles Durcheinander in Sarajevo.
Jesus wurde versucht wie wir, doch ohne Sünde. Es gibt noch einen schönen Hinweis: Als Jesus einmal die hassverzerrten Gesichter seiner Kritiker vor sich sah, fragte er: „Könnt ihr mir denn eine Sünde zeigen?“ Das steht im Johannesevangelium, Kapitel 8. Wenn ich so gefragt hätte, wäre ich gleich ganz anders dran gewesen. Wer kann mir denn irgendetwas Falsches nachweisen? Ganze Korporalschaften, ganze Kompanien würden aufstehen und berichten, wie böse ich war, wie meine Augen funkelten – furchtbar. Wenn meine Kinder erst anfangen würden, meine Schwamm drüber.
Aber Jesus durfte gar nicht wagen zu fragen: „Wer kann mir eine Sünde zeigen, ein böses Wort, eine falsche Tat, eine falsche Entscheidung?“ Da gäbe es ein dickeres Buch als ein Telefonbuch. Aber beim Herrn Jesus hieß es: „Könnt ihr mir eine Sünde zeigen?“ Und sie schwiegen. Nicht einmal die alten Nachbarn von Nazareth konnten sagen: „Ja, ja, da hat er uns mal angelockt oder in eine Falle gelockt, als wir da gespielt haben.“ Nein, in Nazareth nichts. Der gerechte Jesus, der ohne Sünde war, sündlos, versucht wie wir, doch ohne Sünde.
Also, wie gesagt, eine ganz breite Bezeugung dieser Tatsache. Noch einmal ist klar: Weisheit 2 und Weisheit 3 haben schon vorgezeichnet, dass einmal ein Gottesurteil stattfinden kann, bei dem man testen kann, ob derjenige, der angibt, er sei der Gerechte, der Sohn Gottes, wirklich auch ist.
„Wir wollen ihn prüfen mit Schmach, und Gott kann ja dann zu ihm stehen, wenn er will.“ Gott ist diesem Jesus beigestanden und hat erwiesen, dass er der Sohn Gottes ist.
„Der gerechten Seelen sind in Gottes Hand“, so heißt es in Weisheit 3, Vers 1. Dabei ist es etwas unnatürlich, dass bei der heutigen Kapiteleinteilung der Zusammenhang auseinandergerissen wurde. Um das Jahr 1200 herum hat man die Kapitel so getrennt, damit man besser beim Aufschlagen findet. Eigentlich gehört das im Zusammenhang: „Die Arbeit der gerechten Seelen sind in Gottes Hand.“
Die Apostelgeschichte und die Erhöhung Jesu
Jetzt verstehen Sie: Ich lese Ihnen gleich zwei Abschnitte aus der Apostelgeschichte vor. Bei solchen Zusammenkünften müssten wir ja immer die Bibel dabei haben – es sei denn, wir würden die Bibel wie die Juden auswendig kennen. Dann bräuchte man ja keine Bibel mitbringen.
In Apostelgeschichte 5,29 heißt es: Als die Verantwortlichen in Israel sagten: „Seid still in Bezug auf Jesus! Ihr dürft an ihn glauben, aber haltet den Mund!“, antworteten Petrus und die Apostel: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ Wenn Gott in seinem Urteil gesagt hat, dass Jesus der Sohn Gottes ist, dann müssen wir das auch weitergeben.
Verstehen Sie, dieser Satz gehört in den Zusammenhang: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. Der Gott unserer Väter hat Jesus auferweckt, den ihr ans Holz gehängt und getötet habt. Diesen Jesus hat Gott durch seine rechte Hand erhöht. Das ist nicht nur ein schönes Bild mit der rechten Hand, sondern bezieht sich darauf, dass die gerechten Seelen in Gottes Hand sind. Damals hat die Hand Gottes eingegriffen.
Durch die Hand Gottes ist Jesus erhöht worden – zum Fürsten und Heiland. Schon vorher, in Apostelgeschichte 3,13, heißt es: „Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, der Gott unserer Väter, hat seinen Knecht Jesus verherrlicht.“ Hier wird Jesus als der Knecht Gottes bezeichnet, den ihr überantwortet und verleugnet habt – vor Pilatus, als dieser ihn eigentlich loslassen wollte.
Übrigens: Was hat die Frau des Pilatus gesagt? „Habe du nichts zu schaffen mit diesem Gerechten!“ Merken Sie, wie dieses Stichwort immer wieder in der Bibel auftaucht? Höchste Zeit, dass wir uns klar machen: Ihr habt den Knecht Jesus überantwortet und verleugnet vor Pilatus, als dieser ihn loslassen wollte. Aber ihr habt den Heiligen und Gerechten verleugnet und darum gebeten, dass man euch den Mörder schenke. Den Fürsten des Lebens habt ihr getötet, doch Gott hat ihn auferweckt. Dessen sind wir Zeugen.
Sehen Sie, wie viele Titel Jesus trägt: Fürst des Lebens, Knecht Gottes, der Gerechte. Sogar die Frau des Pilatus hat diesen Begriff benutzt: „Habe du nichts zu schaffen mit diesem Gerechten!“ Durch die Hand Gottes ist Jesus erhöht worden. Die Hand Gottes hat eingegriffen und diesen Prozess entschieden. Er ist der Gerechte.
Die Bedeutung des gerechten Jesus für unser Leben
Jetzt, was hat das für einen Nährwert? Was bringt uns das? Oder ist das nur ein bisschen geistlich-religiöses, theologisches Wissen? Ein theologisches Wissen, das keine Konsequenzen für uns hat, können wir gleich vergessen. Das lassen wir in Büchern stehen.
Denken Sie einmal daran, dass Gott seinem Knecht Abraham gleich auf den ersten Seiten der Bibel sagt: „Du, ich bin traurig, dass ich Menschen geschaffen habe.“ Über Sodom und Gomorra, diese gottlosen Städte, muss Gott leider das Gericht ausüben. So kann es nicht weitergehen.
Es steht in der Bibel auf den ersten Seiten, und gleichzeitig wird erwähnt, dass Homosexualität in Sodom üblich war. Entschuldigung, das dürfte man heute gar nicht mehr laut sagen. So eine Geschichte ist doch Intoleranz Gottes.
Abraham sagt zu Gott: „Lieber Gott, da unten lebt mein Neffe Lot, und er hat diese schönen Städte, dieses wunderbare Ackerland. Das kannst du nicht verderben, lieber Gott, wenn fünfzig Gerechte in dieser Stadt wären. Würdest du denn um der fünfzig Gerechten willen die ganze gottlose Stadt retten?“ Abraham bat nicht darum, dass die fünfzig gerettet werden, sondern um der fünfzig willen.
Gott sagt Ja. Abraham rechnet an Lot seine Schwiegersöhne, seine Töchter, Frau, Knechte. Vielleicht sind es nur 45, und er handelt mit Gott herunter bis zu zehn. „Wenn zehn Gerechte drin sind, wirst du um der zehn Gerechten willen die gottlose Stadt retten.“
Liebe Schwestern und Brüder, was bedeuten für Stuttgart hundert oder zweihundert Gerechte, wenn wir es doch wären, geltgerecht? Ich frage mich immer, warum Abraham nicht noch weiter heruntergehandelt hat mit Gott, und gefragt hat: „Und wenn bloß einer da wäre?“
Ich weiß nicht, wie es mit der Frau von Lot ist, ich weiß nicht, wie es mit den Schwiegersöhnen und Töchtern ist, aber Lot wird es doch sein, einer. Was hätte Gott geantwortet? Jetzt wird es interessant: „Und wenn ein Gerechter drin wäre, würde ich die ganzen gottlosen Städte um des einen Willen retten.“
Bei dieser Geschichte, wie oft gesagt wird, wie Abraham handelt wie ein Viehhirte des Orients mit Gott, begreifen viele gar nicht, dass da eine Tendenz drin ist, die schon auf Jesus hinweist. Wie ist das, wenn ein Gerechter da ist? Kann dieser eine Gerechte selbst schuldige Menschen retten?
Lot war kein Gerechter, deshalb stehen all die Geschichten über Lot drin, über die sich manche schon geärgert haben. Aber deshalb steht in der Bibel: „Und wenn wir sündigen, haben wir einen Fürsprecher beim Vater, Jesus, der gerecht ist“ (1. Johannes 2,1) – einer, der vor Gott eintritt und uns nicht umkommen lässt.
Wir warten auf seinen Sohn vom Himmel, Jesus, der uns vor dem zukünftigen Zorn rettet (1. Thessalonicher 1,10). Der Gerechte rettet.
Jesaja 53 und das Erlösungswerk des Gerechten
Wenn in unserer Todesnot all die vielen Versäumnisse unseres Lebens aufstehen und wach werden, kann es sein, dass wir vorher noch sagen: „Ich habe das nicht gewusst.“
Im Alter wiederholt Gott durch Träume und im Bewusstsein manche Situationen, die wir längst verdrängt haben, und lässt sie wieder aufwachen. Dann stellt sich die Frage: Gibt es bloß eine Rettung?
Herr, du bist gerecht, und ich klammere mich mit meiner ganzen Schuld und dem Versagen meines Lebens an dich. Wir haben dich als Fürsprecher beim Vater. Du darfst den Mund auftun, denn du bist der Gerechte.
Was folgt daraus? Wir kommen zu einer anderen Zentralstelle der Bibel: Jesaja 53. Dieser Abschnitt wird in diesen Tagen mit Recht immer wieder zitiert. Dort ist vom allerverachtetsten und unwertesten Menschen die Rede.
Jesaja 53 fehlt in den Lesungen der Juden, in ihren offiziellen Schriftlesungen ist dieser Abschnitt ausgelassen, weil er zu deutlich auf Jesus hinweist – das Wort vom Allerverachtelsten und Unwertesten.
Der Normaljude hat diesen Abschnitt oft noch gar nicht gelesen oder zur Kenntnis genommen. Dort heißt es: „Er ist um unsere Missetat willen verwundet, um unsere Sünde willen zerschlagen, die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten.“
Und jetzt Vers 10: „So wollte ihn der Herr zerschlagen mit Krankheit, weil er sein Leben zum Schuldopfer, zur Erlösung gegeben hat.“
Jesus hat das aufgenommen: „Ich bin gekommen, nicht mehr dienen zu lassen, sondern zu dienen, mein Leben zu geben als Erlösung.“
Dieser Abschnitt spricht vom Schuldopfer, vom Lösungsopfer. Weil er sein Leben zum Schuldopfer gegeben hat, wird er Nachkommen haben, lange leben, und des Herrn Plan wird durch seine Hand gelingen.
Gottes Plan ist der Hand Jesu anvertraut – das ist tröstlich. Der Plan Gottes wird gelingen, er liegt nicht in den Händen der Menschen.
Vers 11 sagt: „Weil seine Seele sich abgemüht hat, wird er das Licht schauen und die Fülle haben.“
Durch seine Erkenntnis wird er mein Knecht, der Gerechte – hier wieder das Stichwort „der Gerechte“.
„Er wird mein Knecht, der Gerechte, den vielen Gerechtigkeit schaffen, denn er trägt ihre Sünden.“
Es ist also nicht nur so, dass er als Fürbitter für uns eintritt, sondern der Gerechte – wie Hiller sagt – macht gerecht.
Er ist gerecht, ein Helfer wert. Schon in der Adventszeit singen wir: „Freuen wir uns an dem Wort: Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer.“
Und dann heißt es in einem Choral: „Uns macht gerecht der treue Knecht, der für uns ist gestorben.“
Das ist eine ganz wichtige Sache: Dass wir gerecht gemacht werden.
Die Gerechtigkeit Jesu als Geschenk
Jetzt könnten wir wieder darüber sprechen, wie wir noch viel länger beieinander sein sollten. Dieses Stichwort vom Machen Gottes zieht sich quer durch die Bibel. Wir können nur mit dem umgehen, was Gott geschaffen hat, wie kleine Handwerker, die ein bisschen basteln. Aber schaffen kann nur Gott.
Gott sah an alles, was er gemacht hatte – gleich auf der ersten Seite der Bibel heißt es: „Siehe!“ Und auf der letzten Seite der Bibel steht: „Ich mache alles neu.“ Dazwischen sagt Paulus, dass Gott ihn stark gemacht hat. Im Psalm 100 heißt es, dass Gott uns gemacht hat, nicht wir selbst, und dass wir sein Volk sind – das große Machen Gottes.
Zu Petrus wird gesagt, als er sagte: „Geh hinaus von mir, ich bin ein sündiger Mensch“, dass Jesus ihn zum Menschenfischer machen will. Jesus kann aus dem Verkorksten meines Lebens etwas machen, sodass wir gerecht werden.
Wir denken bei Gerechtigkeit oft an das Bild der Justitia, der Gerechtigkeit mit der Waagschale. Unser Denken ist dadurch ein bisschen verdorben. Zu oft denken wir: In meinem Leben gibt es auch manches, was nicht gut ist, dieser Schmutz. Aber es gibt auch Momente, in denen ich lieb zu meiner Mutter war oder für meine Kinder gesorgt habe – das ist sozusagen das Sparguthaben, damit sie sich später an der Erbschaftsgeschichte in die Haare kriegen können.
Wir schauen immer, wie die beiden Waagschalen stehen. Es zieht zwar vieles nach unten, aber manches hebt auch wieder an. Na ja, das ist doch ganz gut, oder?
Bei der Vergebung, die uns Gott gewährt, denken wir dann: Er nimmt den ganzen Dreck raus, und jetzt ist wieder alles ausgeglichen. Aber das ist wie mit Punkten in Flensburg: Am nächsten Tag fahre ich schon wieder in den Radarfall. Es hört nicht auf bis an mein Lebensende, dass die Schale mit den negativen Handlungen meines Lebens – all die Untreue, der Hass, der Neid, der Kleinglaube – nach unten zieht.
Dabei sagt Jesus eigentlich: „Komm, nimm die Bilder weg. Ich gebe dir so viel Gerechtigkeit, wie du überhaupt fassen kannst. Ich habe nur Gerechtigkeit, und die kriegst du von mir. Pack’s, so viel du es überhaupt mitnehmen kannst. Komm, pack’s, meine Gerechtigkeit.“ Da brauchst du gar nicht mit Waagschalen kommen.
Zinzendorf hat ein schönes Lied gedichtet: „Christi Blut und Gerechtigkeit, das ist mein Schmuck und Ehrenkleid.“ Damit hat er aufgenommen, dass wir gar nicht mehr mit Waagschalen oder mit den Armen denken sollen, sondern wie in Jesaja 61, geschmückt mit dem Gewand der Gerechtigkeit.
Eigentlich wissen nur noch wir Pfarrer oder Diakone, was ein Gewand ist – so ein Talar, der bis unten reicht, sodass man nicht mehr sieht, ob darunter gebügelte Hosen sind oder nicht. Ein schönes schwarzes Gewand liegt darüber und deckt alles zu.
So will der Herr Jesus, der Gerechte, uns in das Gewand seiner Gerechtigkeit einhüllen – von allen Seiten. In der Offenbarung heißt es von denen, die vor dem Thron Gottes stehen, dass sie in weißen Gewändern sind. Diese weiße Leinwand ist die Gerechtigkeit Gottes.
Da wird gar nicht mehr gefragt: „In deinem Leben ist auch manches falsch gewesen.“ Sondern: „Herr, ich möchte umgeben sein, um und um, von deiner Gerechtigkeit. Schmücke mich mit deiner Gerechtigkeit. Verbirg alle meine Sünden in deiner Gerechtigkeit.“
Das ist der Nährwert. Was hat man davon, wenn Jesus der Gerechte ist?
Der Gerechte macht gerecht – Ein Lied als Ausdruck des Glaubens
Jesaja 53, der Gerechte wird viele gerecht machen. Deshalb hat Philipp Friedrich Hillert in seinem großen Lied diesen einen Vers, den ich vorher schon angedeutet habe, so schön in einen Zusammenhang gebracht.
Ich will gerade die Verse lesen, in denen es heißt:
Gebt ihr Sünder ihm die Herzen,
klagt ihr Kranken ihm die Schmerzen,
sagt ihr Armen ihm die Not.
Wunden müssen Wunden heilen,
Heilsöl weiß er auszuteilen.
Leben schenkt er nach dem Tod.
Jetzt kommt dieser Vers:
Komm zum Tod, verdammt Geschlechte,
der Gerechte macht Gerechte,
Heilige aus der Sünder Rotz.
Komm, du wirst noch angenommen,
komm beherzt, er heißt dich kommen,
sag ihm nur: Mein Herr und Gott,
so wie es der Thomas gesagt hat:
Mein Herr und Gott.
Du brauchst nicht viel zu sagen,
du brauchst nicht zu sagen:
Herr Jesus, nimm meine Sünde weg,
ich möchte zu dir gehören.
Jesus, du machst doch Gerechte,
mich unwürdig machst du gerecht.
Komm zum Tod, verdammt Geschlechte,
der Gerechte macht Gerechte.
Eil, es ist nicht Zeit zum Schämen,
willst du Gnade, du sollst nehmen,
willst du Leben, das soll sein,
willst du … Du wirst sehen, soll der Wunsch aufs Höchste gehen.
Willst du Jesus? Er ist dein.
Soll der Wunsch aufs Höchste gehen,
willst du Jesus? Ja, ich bin gekommen zu dienen,
zur Erlösung für die Vielen,
der aber schuld ist, ich.
Der Gerechte mache Gerechte,
brauche nur sagen: Mein Herr und Gott.
Wäre schön, wenn wir jetzt diesen einen Vers singen würden.
Ich sage Ihnen, nach der Melodie „Jesus Christus herrscht als König“, wo es heißt:
Komm zum Tod, verdammt Geschlechte,
der Gerechte macht Gerechte,
Heilige aus der Sünderrott.
Noch einmal:
Kommt zum Tod, verdammt Geschlechte,
der Gerechte macht Gerechte,
Heilige aus der Sünderrott.
Kommt zum Tod, verdammte Geschlechte,
der Gerechte macht Gerechte,
Heilige aus der Sünderrott!
Komm, du wirst noch angenommen,
komm beherzt, er heißt dich kommen,
sag ihm nur: Mein Herr und Gott.
Komm, du wirst doch angenommen,
komm beherzt, er heißt dich kommen,
sag ihm nur: Mein Herr und Gott!
Schlusswort und Ausblick
Und jetzt schlagen Sie bitte auf Seite 254 auf, damit wir das Schlusslied singen können. Ich stehe auch auf der tiefsten Stufe. Ich will glauben und diesen gerechten Jesus annehmen. Nummer 254. Ja, ich stehe auf der tiefsten Stufe. Ich will glauben, reden und rufen, auch wenn ich noch Pilger bin. Jesus Christus, Herr und König, alles sei in unserer Gemeinschaft von Ehrenliebe.
Jesus, du Gerechter, jetzt wollen wir dir sagen: Sei du mein Herr, mein Gott. Nimm all das Falsche des Lebens auf dich, all das Ärgerliche, das andere Menschen stört. Nimm es hinein und schenke uns deine Vergebung. Gib uns Anteil an deiner Gerechtigkeit. Vielen Dank dafür. Amen.
Ich möchte Ihnen wünschen, dass Sie jetzt einfach auf diesen Weg des gerechten Jesus gesetzt werden. Dass es in Ihrem Hinterkopf klingelt, wenn Sie in der Bibel wieder auf den Gerechten stoßen oder im Gesangbuch. Sie werden merken, wie selten das ist. Sie dürfen diesen Gedanken auch immer wieder in Ihr eigenes Gebet aufnehmen: Du, gerechter Jesus. Nehmen Sie diesen Ehrentitel Jesu einfach in Ihr Gebet auf.
Jetzt haben wir eine Pause, und Herr Pfarrer Schwarz wird sagen, wie es weitergeht.