Wir haben gerade Worte aus Matthäus 21 gehört. Der aufmerksame Zuhörer und Bibelleser wird sich vielleicht gedacht haben: Moment mal, da gibt es doch ein Problem. Welche Verse wurden genau übersprungen? Von letzter Woche bis heute haben wir heute ab Vers 33 gehört, aber letzte Woche ging es bis Vers 22.
Will Walde wirklich Verse überspringen? Auf gar keinen Fall. Heute werden wir etwas ausprobieren. Uns wird nicht nur der heutige Lesungstext beschäftigen, sondern auch die zehn Verse davor. Das bedeutet, wir betrachten Matthäus 21, Vers 23 bis 46. Halleluja!
Die Stimmung ist vielleicht ein bisschen gedämpft. Einige denken vielleicht: Waldemar, was hast du in der vergangenen Woche genommen, dass du noch mehr Verse für eine Predigt auswählst? Wir machen das aus dem Grund, weil es im Prinzip eine große Sinneinheit ist. Dabei werden wir nicht bei jedem Vers genauso ausführlich verweilen wie letzte Woche, als es schon bei den ersten Versen sehr intensiv wurde.
Wir befinden uns in der Situation, in der Jesus nach Jerusalem geht. Das Ende seines Dienstes bahnt sich allmählich an. Matthäus 28 ist nicht mehr fern. Das bedeutet, dass das Evangelium auch bald abgeschlossen sein wird, in einigen Kapiteln.
Jesus ist an seinem Zielort angekommen, in Jerusalem. Und wir lesen in Matthäus 21, Vers 23 folgendes:
Die Herausforderung der Autorität Jesu
Als Jesus in den Tempel kam und lehrte, traten die Hohenpriester und die Ältesten des Volkes zu ihm und fragten: „In welcher Vollmacht tust du diese Dinge? Und wer hat dir diese Vollmacht gegeben?“
Diese Frage ist berechtigt. Die Ältesten und Hohenpriester wollen wissen: Warum machst du all diese Dinge? Wer autorisiert dich dazu? Wer hat dir das Recht gegeben, dich so zu verhalten?
Wenn wir uns die Passagen davor noch einmal in Erinnerung rufen, sehen wir, wie Jesus nach Jerusalem hineingeritten ist – auf einem Esel. Das hatte für die Juden damals einen sehr prophetischen Charakter. Sie fragten sich: Will er etwa andeuten, dass er derjenige ist, auf den wir warten?
Dann lässt er sich als König feiern, als Sohn Davids, und damit als Messias Israels. Anschließend kommt er in den Tempel und macht dort Tabula rasa. Er wirft alles um, was nicht hineingehört. Hat ihm niemand gesagt, dass er das machen soll?
Nachdem er das getan hat, kommen Kranke zu ihm, und er heilt sie. Kinder rufen ihm zu: „Hosanna dem Sohn Davids!“ Jetzt ist er ständig im Tempel, predigt und lehrt. So kann sich nur jemand verhalten, der auch autorisiert ist, dies zu tun.
Die Hohenpriester und Ältesten fragen sich: „Jesus, was fällt dir ein, hierher zu kommen und das zu tun, was du tust?“ Wir dürfen nicht vergessen: Die Hohepriester und Ältesten sind laut Vers 23 die formale Tempelleitung.
Und plötzlich ist Jesus so mächtig unterwegs, dass sie irritiert sind. Eigentlich haben wir hier das Sagen. Wir bestimmen, was passiert und was nicht. Und jetzt kommst du und wirfst buchstäblich alles um und setzt eine ganz neue Agenda. Wer hat dich autorisiert?
Sich der Leitung so zu widersetzen oder sie zu übergehen, erfordert mindestens einen göttlichen Auftrag. Ich kann die Männer gut verstehen. Ich würde auch seltsam schauen, wenn ein Gast – und wir haben heute einige Gäste, die ich nicht kenne – plötzlich aufstehen würde, Tabula rasa machen würde, und dann singen Leute, vielleicht Kinder, Loblieder.
Dann schubst er mich zur Seite und beginnt, eine Stunde zu predigen. Ja, wir sind gastfreundlich, aber irgendwann hört der Spaß auf. Wer hat dir eigentlich das Recht gegeben, so mit uns hier umzugehen und die Agenda zu bestimmen? Wer hat hier eigentlich das Sagen?
Deshalb fragen sie ihn: Wer hat dir die Vollmacht, die Autorität, die Macht gegeben, so zu handeln? Aber wir dürfen nicht meinen, dass diese Männer das mit einem gläubigen Interesse gefragt haben.
Sie wussten, dass, wenn Jesus sich auf Gott beruft, er damit Gotteslästerung betreibt. Wenn er sagt: „Ich bin autorisiert vom Allerhöchsten und deshalb bin ich hier“, dann wäre das Blasphemie. Und dafür würde man ihn hinter Gittern bringen oder sogar töten.
Das ist ja später auch passiert: Jesus wurde hingerichtet – wegen Blasphemie. Deshalb wollten sie ihn mit dieser Frage auf eine Falle locken. Sie wollten eine unbedachte Antwort provozieren, um ihn gleich zur Strecke bringen zu können.
Ganz am Ende des Textes, in Vers 46, heißt es: „Und als sie ihn zu greifen suchten, fürchteten sie die Volksmenge, denn sie hielten ihn für einen Propheten.“ Die ganze Dynamik ist: Wir wollen diesen Mann fangen und zur Strecke bringen.
Es ist kein gläubiges Interesse, wie: „Sag mal, wer bist du eigentlich? Wir haben dich hier noch nie gesehen, aber du tust wunderbare Dinge und lehrst großartige Sachen. Wir wollen mehr von dir hören. Vielleicht beginnt hier etwas Neues.“
Doch Jesus fällt nicht darauf herein. Stattdessen antwortet er, wie man es von einem geschulten und guten Rabbi erwarten kann. In den Versen 24 bis 27 antwortet Jesus, indem er eine Gegenfrage stellt.
Jesu Gegenfrage als Antwort auf die Herausforderung
Jesus antwortete ihnen: „Auch ich will euch eine Frage stellen. Wenn ihr sie mir beantwortet, werde auch ich euch sagen, in welcher Vollmacht ich diese Dinge tue.“
Seine Frage war ein Rätsel: „Woher war die Taufe des Johannes – vom Himmel oder von Menschen?“
Sie überlegten bei sich selbst und sagten: „Wenn wir sagen, vom Himmel, wird er fragen: Warum habt ihr ihm dann nicht geglaubt? Wenn wir aber sagen, von Menschen, müssen wir die Volksmenge fürchten. Denn alle halten Johannes für einen Propheten.“
So antworteten sie Jesus: „Wir wissen es nicht.“
Da sagte er zu ihnen: „So sage auch ich euch nicht, in welcher Vollmacht ich diese Dinge tue.“
Diese Situation ist irgendwie auch witzig. Jesus antwortet, indem er eine Frage stellt. Sie wollen von ihm hören, in welcher Autorität er diese Dinge tut.
Wir werden sehen, dass das Matthäusevangelium mit den Worten endet, in Matthäus 28: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden.“ Das ist kein Geheimnis für den Leser des Matthäusevangeliums. Von den ersten bis zu den letzten Seiten zeigt sich, dass Jesus sich so artikuliert und verhält, als sei er derjenige mit der Autorität.
Zum Schluss sagt er es auch seinen Jüngern: „Ihr sollt wissen, die Autorität, die ich habe, regiert im Himmel und auf Erden.“
Doch an dieser Stelle antwortet Jesus noch nicht so klar. Stattdessen stellt er eine Gegenfrage. Das ist kein Ausweichmanöver. Jesus weicht ihnen nicht aus.
Er macht klar, dass diese Männer, die mit einer scheinbar interessierten Frage kommen, eigentlich ein Problem mit jeder göttlichen Autorität haben. Man könnte meinen, sie haben nur Schwierigkeiten mit Jesus, aber tatsächlich widersprechen sie jeder Bewegung göttlicher Autorität.
Ihre Irritation beginnt nicht erst bei Jesus. Sie widerstreben jeder Autorität Gottes, wo immer diese über ihr Leben herrschen möchte.
Deshalb bezieht sich Jesus auf Johannes. Wer das Matthäusevangelium kennt, weiß, dass Jesus einen Vorläufer hatte – Johannes den Täufer, seinen Cousin.
Johannes zog durchs Land, predigte in der Wüste und verkündete, dass jemand kommen werde: der Messias. Er bereitete den Weg vor und rief dazu auf, die Herzen darauf vorzubereiten. Die Zeit sei gekommen, auf die alle gewartet hatten: die Erfüllung des göttlichen Versprechens, der Retter werde kommen und alles wieder gut machen.
Das ist die Botschaft von Johannes in einfachen Worten. Er bereitete alles vor, und Jesus knüpft an Johannes und seine Autorität an.
Jesus fragt die religiöse Elite: „Von woher war denn die Autorität Johannes’? War seine Botschaft nur ein Hirngespinst? Handelte er in göttlicher Mission?“
Johannes tauft und bereitet auf den Messias vor. Wenn Jesus die Szene betritt, predigt er dieselbe Botschaft wie Johannes. Sie sind im Einklang. Wer Johannes glaubte, landete früher oder später bei Jesus.
Johannes sagt in Johannes 3,30: „Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen.“ Damit ist nicht ein Diätprogramm gemeint, sondern der Einflussbereich.
Der Einfluss, den Johannes bisher hatte, wird weniger, weil seine Mission erfüllt ist. Jesus ist jetzt da. Johannes war nur derjenige, der auf Jesus hinwies.
Indem Jesus auf Johannes zielt, fragt er die religiöse Elite: „Wie geht ihr mit dem um, was Gott tut? Gibt es bei euch Offenheit für Gottes Wirken? Welchem Reich dient ihr?“
Ihr habt nicht nur ein Problem mit mir, sondern ein grundsätzliches Problem mit Gott.
Wenn sich die Führer eindeutig zu Johannes positionieren, steht die Frage im Raum: Warum folgten sie Johannes damals nicht? Warum waren sie rebellisch gegen ihn?
Sie hätten sagen können: „Es ist eine neue Zeit angebrochen, wir müssen uns vorbereiten, denn der König mit der Macht wird kommen.“
Doch sie haben Johannes übergangen.
Wenn sie Johannes Recht geben, müssen sie auch Jesus Recht geben.
Sie müssten als Machthaber ihre Macht abgeben, sich Jesus unterordnen und anerkennen, dass er die Autorität über den Tempel, die göttliche Lehre und ihr Herz hat.
Dazu sind sie natürlich nicht bereit.
Aber sie wollen sich auch nicht gegen Johannes stellen, denn dann droht ein Volksaufstand. Die Menschenmenge ist begeistert und gebannt.
Man kann sich schwer vorstellen, was es bedeutet, wenn eine solche Masse in Bewegung ist und man sich plötzlich dagegenstellt.
Sie befinden sich in einer Situation, in der sie nur verlieren können. Sie müssten ihren Status und ihre Macht aufgeben.
Doch sie sind süchtig nach ihrem Status und ihrer Stellung im Volk.
Sie sind nicht bereit, sich für die Wahrheit zu entscheiden.
Diese religiösen Führer haben kein Interesse daran, Menschen in Gottes Gegenwart zu führen.
Sie gehen den Weg des geringsten Widerstands.
Sie fürchten Menschen und wägen ständig ab, was andere von ihnen denken.
Sie navigieren durchs Leben, ohne Fehler zuzugeben.
Sie hätten hier die Möglichkeit, zu sagen: „Wir haben uns geirrt, es tut uns leid.“
Doch sie sind selbstgerecht und stolz.
Sie werden niemals öffentlich zugeben, dass sie einen großen Fehler gemacht haben.
Ihr einziges Ziel ist es, ihre eigene Position zu stärken und andere dafür zu benutzen.
Sie suchen nur ihren Vorteil.
Diese Menschen kennen Gott nicht, lieben ihn nicht und wollen ihn nicht – trotz ihrer höchsten Stellung im jüdischen Volk.
Hier sitzen die Gottlosen.
Statt sich von den Leitern führen zu lassen, dreht Jesus den Spieß um und führt nun diese vor.
Das Gleichnis von den zwei Söhnen und die Kritik an der religiösen Elite
Vers 28 bis 32
Nachdem er ihnen gesagt hat, dass er ihnen nicht sagen wird, mit welcher Vollmacht er hier handelt, wenn sie nicht aufrichtig und ehrlich sein können, erzählt er ihnen das erste Gleichnis.
„Was meint ihr aber hierzu? Ein Mensch hatte zwei Söhne. Er trat zum Ersten und sprach: ‚Mein Sohn, geh heute hin und arbeite im Weinberg.‘ Der aber antwortete und sprach: ‚Ich will nicht.‘ Danach bereute es ihn jedoch, und er ging hin. Dann trat er zum Zweiten und sprach ebenso. Der aber antwortete und sprach: ‚Ich gehe her.‘ Doch er ging nicht. Wer von den beiden hat den Willen des Vaters getan?“
Sie sagen: „Der Erste.“
Jesus spricht zu ihnen: „Wahrlich, ich sage euch, dass die Zöllner und die Huren euch vorangehen werden in das Reich Gottes. Denn Johannes kam zu euch im Weg der Gerechtigkeit, und ihr glaubtet ihm nicht. Die Zöllner aber und die Huren glaubten ihm. Euch aber, als ihr es saht, bereutet ihr auch nicht, so dass ihr ihm geglaubt hättet.“
Wir haben ja am Eingang des Gottesdienstes gehört, was das Thema heute ist: Zöllner und Huren kommen rein, Heuchler bleiben draußen. Und schon diese Anmerkung: „Oh, das ist so ein heftiger, starker Titel, es ist so unangenehm, irgendwie auszusprechen.“
Hau das mal so raus, der Waldemar – nein, der Jesus! Was Jesus hier treibt, ist heftig. Wenn ich Jesus wäre, ich würde das so nicht machen. Jesus, keine gute Idee so, damit machst du dir keine Freunde. Such doch erst mal mit der anderen Seite irgendwie, man sagt im Englischen „middle ground“, etwas, das uns verbindet und eine gute Atmosphäre schafft, worauf du etwas aufbauen kannst.
Jesus hat gar kein Interesse, mit diesen Leuten einen Middle Ground zu finden, etwas, das sie verbindet und verbindet. Er hat überhaupt keine Lust darauf, darauf einzugehen, sondern er kommt extrem radikal um die Ecke und haut ihnen diese Sätze vor den Latz.
Jesus bringt in seinem Gleichnis das Bild eines Weinbergs. Die Juden wussten sehr wohl, wenn Jesus anfängt, ein Gleichnis über den Weinberg zu erzählen, worüber er gerade spricht. Im Gegensatz zu uns kannten sie das Alte Testament sehr gut und wussten, was die damaligen Propheten immer erzählt haben.
Es war gängig und typisch, das Motiv, das Bild des Weinbergs für das Volk Gottes zu gebrauchen. Immer wieder wurde in den prophetischen Texten gefragt: Bringt dieser Weinberg Frucht? Ist es ein verdorbener Weinberg? Wie wird er gepflegt? Wie sieht dieser Weinberg aus?
Und zack wurde das dann übertragen auf die Bevölkerung, auf das, was die Gläubigen auszeichnet, wie Gottes Volk unterwegs ist, ob es ein schöner Weinberg ist, der wächst und gedeiht.
Ihr könnt euch vielleicht noch an letzte Woche erinnern mit dem Feigenbaum – auch eine extrem harte Passage, wo Jesus über einen Feigenbaum spricht und das als Bild vergleicht, wie es geistlich in den Gläubigen zu seiner Zeit aussieht.
In diesem Weinberg stellt Jesus fest, dass es zwei unterschiedliche Reaktionen in der Bevölkerung gibt, wie man darauf reagiert, was der Herr des Weinbergs will.
Es gibt zwei unterschiedliche Reaktionen: Die einen sind schnell bereit und geben ihre Zusage: „Ja, wir sind dabei.“ Kennt ihr solche Leute, die immer sehr schnell sagen: „Ja, ich bin dabei“, und danach waren sie nie wieder gesehen? Einige ducken sich schon weg. Solche Leute gibt es auch unter uns.
Jesus bringt solche Dinge nicht einfach nur so. Wir kennen das aus dem Alltag. Jeder hat schon Personen im Kopf. Das Witzige ist, wenn wir darüber nachdenken, haben wir uns selber nie im Verdacht. Wir denken immer nur über Bruder X und Schwester Y, über unsere Nachbarn – Leute, die es schnell zusagen, aber deren Versprechen keinen Wert hat.
Sie haben zwar gesagt, dass sie es tun, sie haben die Worte wohl gewählt, einen schönen Satz gesagt, das, was der Vater hören wollte. Aber ihr Versprechen war null und nichtig. Sie haben nur schöne Worte gesagt, aber dahinter war keine Substanz.
Die anderen sind nicht von Anfang an stark dabei, sie sind von Anfang an hartherzig. „Mein Sohn, geh heute hin, arbeite im Weinberg.“ Der antwortete: „Ich will nicht.“ Wer kennt so etwas aus seiner persönlichen Erfahrung? „Mach das doch jetzt, mein Sohn, meine Tochter!“ – „Ich will nicht.“ Alle gucken schon ihre Kinder an und wollen hier etwas klären.
Wir kennen auch diese Reaktion. Wenn wir das jetzt geistig vergleichen, ist das schon eine harte Nummer, so einfach „Ich will nicht“ zu sagen. Aber das Entscheidende an dieser Personengruppe ist, dass sie es bereuen.
Das bedeutet, dass sie ihre Entscheidung neu bewerten und dass es ihnen leid tut, dass sie so prompt dagegen geschossen haben: „Ich will nicht.“ Dann sagen sie: „Moment mal, was habe ich da eigentlich gerade gemacht? Was habe ich da gesagt? Das war nicht in Ordnung, es war nicht okay. Es ist nichts Falsches an dem, worum ich gebeten wurde. Es ist legitim, es ist richtig. Ich folge gerne.“
Jesus fragt: „Wer von den beiden hat den Willen des Vaters getan?“
Das sehr Tröstliche an diesem Beispiel, das Jesus hier bringt: Perfekte gibt es nicht. Zeichne kein Bild von einem dritten Sohn, mit dem wir uns am liebsten identifizieren würden: „Jawohl, ich mache es und bin immer dabei.“ So ein Musterschüler, so ein Musterkind.
Kennt ihr solche Geschwister, die Mustergeschwister sind? Ich nicht. Also, falls mein Bruder das später sieht: Ich habe dich lieb.
Perfekte gibt es nicht. Beide Gruppen haben Fehler. Beide sind fehlerhaft in ihrem Verhalten und in ihrer Reaktion. Was für eine Frechheit, so kalt und hart dem Vater im Himmel abzusagen: „Ich will nicht.“
Doch diejenigen, die im Willen Gottes unterwegs sind, sind die, die ihre falschen Entscheidungen erkennen, einsehen, beim Namen nennen und sich davon abwenden.
Es ist eine so wichtige Passage, denn wenn du ein gottesfürchtiges Herz hast, das den Wunsch hat, im Willen Gottes zu leben, gibt es eigentlich nichts Wichtigeres, als sich diese Frage zu stellen: Lebe ich im Willen Gottes?
Es geht hier nicht um Perfektion. Jesus zeichnet zwei Söhne, die beide irgendwie komisch unterwegs sind, aber eine Person hat die Möglichkeit, im Willen Gottes zu leben. Und das ist nicht die Person, die immer allzeit glatt ist, bei der alles super läuft und deren Zeugnis nur aus Einsen besteht – auch das geistliche Zeugnis.
Sondern die, die es richtig verbockt hat, die richtig dreist war, die aber dann zur Umkehr kommt. Diese Person ist im Willen Gottes unterwegs, im Willen des Vaters. Was für eine gute Nachricht!
Der Wille Gottes ist nicht nur für diejenigen, von denen wir denken: „Na ja, die haben überall ihre geistlichen Abzeichen.“ Sondern wenn du selbst so ein Sohn oder so eine Tochter bist, die in Rebellion gegen Gott gelebt hat oder noch lebt, aber zur Umkehr kommt, dann hast du hier von Jesus die Einladung: Dein Leben kann in den Willen Gottes kommen.
Es ist nicht so, dass du es vergeigt hast und es nicht mehr gelingen wird. Für den Rest deines Lebens steht über dir, dass du ein Versager bist und ein Versager bleibst, egal was jetzt noch kommt.
Preise den Herrn, dass es im Reich Gottes nicht zu solchen Festlegungen kommt. Wir werden sehen, wie Jesus damit umgeht.
Selbst die allerletzten, die zur Umkehr kommen und zum Vater gehen, das sind diejenigen, über die Jesus sagen kann: Sie tun den Willen des Vaters.
Und Jesus prangert hier die Leiter an. Ihr redet zwar davon, Gottes Willen zu tun. Ihr könnt alles sehr gut zitieren und beten, ihr seid die Weltmeister auf den Bühnen. Ihr redet zwar davon, aber eigentlich seid ihr weit entfernt von dem, was ihr mit eurem Mund redet und predigt.
Er zeigt ihnen: Ihr lebt in einer heftigen Selbsttäuschung und erkennt es nicht. Ihr denkt, ihr seid die Manifestation des Willens Gottes und präsentiert euch vor den Menschen. Ihr glaubt sogar noch daran, dass ihr den Willen Gottes verkörpert.
Dabei täuscht ihr euch von morgens bis abends selbst. Jesus reizt sie extrem und macht klar: Im Gegensatz zu euch gehört das Reich Gottes den Zöllnern und den Huren.
100 Prozent sicher! Die Sicherheit, in der ihr euch wiegt, wo ihr meint, das sei eure Rangstellung, das, was ihr verdient, das, was euch zukommen wird – so sicher ihr euch seid, so sicher sage ich euch: Diese Sicherheit gehört den Zöllnern und den Huren, die ihr ganzes Leben verkorkst haben, aber es dann bereuen.
Dann merken sie: Ich bin nicht im Einklang mit meinem Vater im Himmel. Ich möchte umkehren, zurück zu ihm. Ich möchte jetzt ein Leben leben, das ihm gefällt und worüber er sich freut.
Diesen wird diese Sicherheit geschenkt, die ihr für euch beansprucht, aber fälschlicherweise beansprucht.
Jesus bringt hier Personengruppen zur Sprache, die diese religiösen Leiter maximal getriggert haben. Er hat nicht einfach irgendwelche Personengruppen genannt, sondern diejenigen, die für die gläubigen Juden wirklich Abschaum waren.
Das allerletzte Gesindel, das überhaupt keinen Anspruch haben darf und sich nicht einmal anmaßen darf, einen Anspruch zu erheben. Das sind diejenigen, mit denen sich Jesus anfängt zu identifizieren, die er als verbunden mit sich und dem Vater im Himmel sieht.
Jesus kommt nach Jerusalem. Die religiöse Erwartungshaltung in diesen Tagen ist extrem hoch. Jesus freut sich darüber, dass die Kranken und sozial Ausgegrenzten zu ihm kommen, damit er sie heilen kann.
Er freut sich darüber, dass Kinder ihn lobsingen, obwohl Kinder in diesen Tagen überhaupt nichts gezählt haben.
Als wenn das noch nicht genug wäre, kommen hier noch zwei Gruppen: zum einen die Zöllner, die in heftiger finanzieller Korruption gelebt haben und die Bevölkerung mit Extrasteuern ausgebeutet haben, und zum anderen diejenigen, die sich in sexuelle Perversionen hineingelassen haben, in sexuelle Unmoral gelebt haben und vielleicht sogar davon gelebt haben als Prostituierte.
Junge, was ist das für eine Armee, die sich Jesus da zusammenbaut: aus Kranken, Kindern, Zöllnern und Huren.
Das sind die Personengruppen, die uns für das Reich Gottes präsentiert werden.
Wen suchen wir eigentlich für das Reich Gottes? Mit wem pflegen wir Gemeinschaft? Wem wünschen wir uns eigentlich im Reich Gottes?
Ich glaube nicht, dass das solche Personengruppen sind. Leider.
Wenn wir ein Herz haben wie Jesus, werden wir auch solche Personengruppen liebhaben und uns darüber freuen, wenn sie anfangen, Jesus nachzufolgen und zurück zum Vater im Himmel zu kommen.
Das sind Leute, von denen diese religiösen Leiter nichts erwartet haben. Sie haben sie abgewertet, verachtet. Diese Versager haben keine Chance bei Gott – aber das sind diejenigen, die von Gott geehrt werden.
Das ist eine große Ermutigung für uns, besonders wenn wir versagt haben.
Unser Sonntagsgottesdienst bildet oft gar nicht unsere emotionale Befindlichkeit ab, wie es uns wirklich geht.
Glaubt mir, wir haben alle keine Ahnung, wie es uns in Wahrheit geht. Wir wissen nicht, durch welche Kämpfe wir gehen, mit welchen Schwachheiten und Fehlern wir zu kämpfen haben.
Wir sitzen hier, singen und freuen uns aneinander. In Wahrheit gehen viele nach Hause und sind sehr betrübt, weil sie das Gefühl haben, bei den anderen läuft alles, aber bei mir ist, verzeiht den Ausdruck, die Kacke am Dampfen.
Dann fühlen wir uns isoliert, denken, nur wir sind verlassen, nur wir sind verloren, nur wir haben keinen Zugang zu den Segnungen, während bei den anderen alles gut läuft.
Wir haben keine Ahnung, wie miserabel es vielen unter uns geht. Wir kämpfen untereinander, hier miteinander, wie Hunde. Wir haben keine Ahnung.
Viele arrangieren sich damit, in Illusionen zu leben und geben sich dieser Illusion hin, dass es bei den anderen gut ist, oder sie kehren das Gute nach außen, damit ja niemand sieht, wie es ihnen wirklich geht.
Dann denken wir auch, das hat keinen Platz, kann nicht so kommen, wie ich bin, so verdorben, wie ich bin.
Jesus predigt auf diese Art und Weise nicht umsonst.
Wir sind die Zöllner und die Huren.
Und wenn jetzt jemand aufstehen möchte und sagen will: „Vergleich mich nicht mit denen, auf diesem Niveau bin ich nicht“, dann darf er jetzt aufstehen und gehen.
Denn das Reich Gottes ist genau für diese Leute da.
Und wenn du denkst, dass du besser bist als sie, dann brauchst du das Evangelium anscheinend nicht.
Jesus ist nur für diese Sorte Menschen gekommen, die es komplett vergeigt haben, die komplett gegen die Wand gefahren sind und sagen: „Mein Leben ist unheilig, ich bin unrein, und ich bin nicht besser als ein Zöllner oder eine Hure.“
Wir sind auf demselben Niveau. Nur weil man das vielleicht äußerlich nicht sieht, bedeutet das nicht, dass es geistlich nicht genauso ist.
Ich kann mir nur vorstellen, wie es Matthäus gegangen ist, als er das gehört und niedergeschrieben hat. Matthäus, der uns diesen Bericht gibt, war selbst ein Zöllner. Wie er aus diesem ganzen Business kam, mit der Falschheit, der Korruption, der Fassade.
Wie er das gehört hat, wie Jesus über ihn und seine Kollegen spricht, und wie er das aufschreibt, ganz genau wissend: Das schreibe ich jetzt für die Christen in alle Ewigkeit fest, damit Zöllner, die so unterwegs sind wie ich, wissen: Bei Jesus ist Gnade zu finden, bei Jesus ist Erbarmen zu finden.
Jesus sucht nicht die Selbstgerechten, er sucht nicht die Heuchler.
Wer in seiner Selbstgerechtigkeit steht und sagt: „Ich habe es verdient, in die Nähe Gottes zu kommen aufgrund meiner Vita“, dem sei gewiss: Jesus wird an dir vorübergehen.
Jesus wird dir keine Gnade schenken, weil du nicht nach Gnade fragst.
Die Herzen der Heuchler sind sogar so hart, wie wir hier in diesem Text sehen. Jesus prangert das heftig an.
Diese Herzen werden nicht weich, selbst dann nicht, wenn die Herzen der Versager zu Gott umkehren.
Sie könnten ja sagen: „Wir sehen, dass sogar die Abgestoßenen, die Gottlosen, eine Umkehrbewegung zu Gott haben. Auf einmal wollen sie Gottes Wort hören, Gott gefallen, Gott lieben.“
Vielleicht wäre das ein Moment, wo man sagt: „Aha, vielleicht ist da doch etwas, vielleicht könnte mein Herz weich werden für die Bewegung, die Gott hier gerade initiiert.“
Doch selbst als sie das sehen, verspüren sie keine Gnade in sich, kein Reuegefühl.
Sie leben in einer toten Religion voller Selbstgerechtigkeit, die keine Gnade für Versager kennt.
Es ist eine tote Religion, die nur Heuchelei und Scheinheiligkeit kennt.
Und als ob das noch nicht reicht, setzt Jesus nach und zeigt, wie ernst er es meint mit dem, was er diesen religiösen Gesetzlichen vermitteln möchte.
Wir lesen die Verse 33 bis 39.
Das Gleichnis vom bösen Weinberg und die Ablehnung Gottes
Hört ein anderes Gleichnis: Es war ein Hausherr, der einen Weinberg pflanzte, einen Zaun darum setzte, einen Kelter darin grub und einen Turm baute. Dann verpachtete er ihn an Weingärtner und reiste außer Landes.
Als aber die Zeit der Früchte nahte, sandte er seine Knechte zu den Weingärtnern, um seine Früchte zu empfangen. Doch die Weingärtner nahmen seine Knechte: den einen schlugen sie, den anderen töteten sie, wieder einen anderen steinigten sie.
Wiederum sandte er andere Knechte, mehr als die ersten, und sie taten ihnen ebenso. Zuletzt aber sandte er seinen Sohn zu ihnen und sagte: "Sie werden sich vor meinem Sohn scheuen."
Als aber die Weingärtner den Sohn sahen, sprachen sie untereinander: "Dieser ist der Erbe. Kommt, lasst uns ihn töten und sein Erbe in Besitz nehmen." Und sie nahmen ihn, warfen ihn zum Weinberg hinaus und töteten ihn.
Jesus verwendet nun wieder ein Gleichnis mit einem Weinberg – und es ist ein sehr enttäuschender Weinberg, zumindest was dort alles so passiert. Die Parallelen zu den alttestamentlichen Texten sind nicht zu übersehen. Wenn man zum Beispiel das Buch Jesaja gelesen hat, insbesondere Jesaja 5, wird man sehen, dass Jesus sein Gleichnis beginnt, als würde er quasi von Jesaja abschreiben. Jeder weiß dann, dass das eine alttestamentliche Bedeutung hat, was hier auch kommt. Für die Juden sind diese Parallelen offenkundig.
Was sehen wir hier in diesem Gleichnis, das Jesus bringt? Er beschreibt Gott und sein Handeln. Gott ist der Aktive. Er ist nicht derjenige, der andere einen Weinberg bauen lässt, sondern er ist derjenige, der den Weinberg selbst baut. Er pflanzt, er setzt den Zaun, er gräbt den Kelter, er baut den Turm und verpachtet den Weinberg. Gott tut, er tut, er tut – er schafft und schafft.
Gott investiert sich, ohne dass der Weinberg – das Bild für das Volk Gottes – etwas dazu tun kann, um sein Volk zu sein. Das zeigt die pure Gnade, die Gott für sein Volk hat. Er ist ein gnädiger Gott, der sich komplett verausgabt und investiert, damit sein Volk lebt, gedeiht und für ihn lebt.
Dann sendet der Herr des Weinbergs Knechte – die Propheten –, die immer wieder zum Volk gegangen sind, um die Frucht zu ernten. Sie rufen: "Kehrt um zu Gott! Lebt für ihn! Seht ihr nicht, wie Gott sich in euch investiert hat, wie er euch errettet hat, wie er euch aus Ägypten herausgeführt hat?" Die ganze Geschichte Israels wird immer wieder durch die Propheten erklärt.
"Habt ihr schon vergessen, was Gott getan hat? Bringt die Frucht, kommt zurück, lebt für Gott!" Gott ist geduldig. Er sendet einen Knecht nach dem anderen, manchmal sogar mehrere gleichzeitig, die unterwegs sind, um zu rufen: "Kommt zurück zu Gott! Gott liebt euch. Er hat sich in euch investiert. Kommt zurück, bringt Frucht und lebt für Gott."
Gott ist ein geduldiger Gott. Das lesen wir auch in 2. Petrus 3,9: "Der Herr verzögert nicht die Verheißung, wie es einige für eine Verzögerung halten, sondern er ist langmütig euch gegenüber, da er nicht will, dass jemand verloren geht, sondern dass alle zur Buße kommen."
Das ist die Motivation, warum Jesus noch nicht gekommen ist: Er wartet und hält aus, weil er nicht möchte, dass jemand verloren geht, sondern dass alle zurückkommen und ein Leben für Gott führen.
Dennoch rebellieren die Führer hemmungslos gegen ihren Herrn, gegen ihren Schöpfer. Sie rebellieren gegen ihren Erretter, der sie aus der Sklaverei befreit hat, und wenden sich mit Haut und Haar gegen ihn. Sie wollen den Weinberg, aber nicht den Herrn des Weinbergs.
Sie sagen nicht: "Wir geben den Weinberg auf, weil uns das nichts nutzt." Nein, sie wollen alle Segnungen und den Status haben, aber eigentlich nichts mit dem zu tun haben, von dem alles kommt. Selbst seinen Sohn töten sie – außerhalb des Weinbergs, wie es hier heißt.
Leider haben wir nicht die Zeit, darauf intensiv einzugehen, aber Jesus spricht hier zum ersten Mal in einer Bildrede öffentlich davon, dass er der Sohn des Vaters ist. Er deutet schon an, welchen Tod er sterben wird.
Nicht umsonst sagt er hier, dass der Sohn außerhalb des Weinbergs getötet wird. Genau das wird später mit Jesus passieren: Außerhalb von Jerusalem wird er mit dem Kreuz getragen und auf Golgatha gekreuzigt, außerhalb der Stadttore.
Jesus deutet hier auf sehr prophetische Weise an, was mit ihm geschehen wird.
Die Konsequenzen für die Weingärtner
Vers 40 bis 41
Wenn nun der Herr des Weinbergs kommt, was wird er mit den Weingärtnern machen? Sie antworten ihm, dass er jene Übeltäter übel umbringen wird. Den Weinberg wird er an andere Weingärtner verpachten, die ihm die Früchte zu ihrer Zeit abgeben werden.
Es ist eigentlich zum Heulen: Diese Führer sind so verblendet. Sie leben in einer harten, selbstgerechten Selbsttäuschung, dass sie während des Gleichnisses nicht einmal merken, dass es um sie geht. Sie sind selbst diejenigen, die ihr Urteil über sich sprechen.
Er wird die Übeltäter zu Recht übel umbringen und das, was ihnen galt, anderen geben. Sie erkennen, dass dies eine gerechte Tat Gottes ist und dass niemand ihm sagen könnte: „Was tust du?“
Der verworfene Stein als Grundlage des Glaubens
Vers 42-46
Und dann haben wir schon den ganzen Predigttext gelesen. Jesus spricht zu ihnen: „Habt ihr nie in den Schriften gelesen?“ Jetzt zitiert er aus dem Alten Testament: „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, dieser ist zum Eckstein geworden. Von dem Herrn her ist er dies geworden, und er ist wunderbar in unseren Augen.“
Deswegen sagt Jesus: „Das Reich Gottes wird von euch weggenommen und einer Nation gegeben werden, die seine Früchte bringen wird. Und wer auf diesen Stein fällt, wird zerschmettert werden; aber auf wen er fallen wird, den wird er zermalmen.“
Als die Hohenpriester und die Pharisäer seine Gleichnisse gehört hatten, erkannten sie, dass er von ihnen redete. Als sie ihn zu ergreifen suchten, fürchteten sie die Volksmengen, denn sie hielten ihn für einen Propheten.
Jesus zitiert hier ein Bibelwort von damals und vergleicht sich mit diesem Stein. Dieser Stein ist wichtig, wurde aber von den Bauleuten verworfen. Dennoch wurde er zum elementarsten Stein, auf den alles aufgebaut werden sollte.
Jesus möchte im Prinzip den Leuten, die gerade vor ihm stehen, erklären: An mir scheidet sich alles. Ich bin der Dreh- und Angelpunkt echten Glaubens. An mir kommt ihr nicht vorbei. Ihr könnt mich zwar verwerfen, aber das ändert nichts daran, dass Gott mich auserkoren hat, das zu tun, was ich tun soll.
Entweder bin ich für dich der Segen für alle Ewigkeit oder dein schlimmster Albtraum für alle Ewigkeit. Es ist nicht so, dass wenn ihr den Sohn tötet, der Stein auf einmal keinen Zweck mehr hätte. Dieser Stein ist aktiv und er ist im Gericht aktiv.
Ihr denkt, ihr habt das Ganze schon irgendwie gelöst, euer Problemchen, dass ihr von eurer Stellung nicht absehen müsst und von eurem Status. Aber den, den ihr töten werdet, der wird derjenige sein, der euch richten wird.
Die Geschichte ist nicht vorbei, wenn ihr denkt, mit mir fertig zu sein. Entweder entscheidet ihr euch gegen mich oder für mich. Da gibt es kein „Wir wissen es nicht“, entweder oder, schwarz oder weiß.
Es gibt manche Fragen im Leben, die sind schwarz oder weiß. Viele Fragen kann man so oder so sehen in unserem Alltag, aber es gibt einige Fragen, da gibt es keine Graubereiche. Da gibt es entweder oder.
Und wenn es um Jesus geht und seine Stellung, die er in unserem Leben haben will, da gibt es nur entweder oder. Diese Frage fordert uns hier extrem heraus: Wer ist Jesus für mich? Ist er der Stein, auf dem alles aufgebaut wird, wo wahrer Glaube entsteht und Frucht gebracht wird? Oder wird Jesus am Ende der Tage derjenige sein, der mich zerschlagen und zermalmen wird?
Diese zwei Möglichkeiten zeigt Jesus. Etwas dazwischen ist nicht vorgesehen. Er zeigt diesen Religiösen: „Wenn ihr hart bleibt, sollt ihr wissen, dass das Reich Gottes, das ich euch anbiete, einer anderen Nation gegeben wird. Einer Nation aus umkehrbereiten Zöllnern und Huren, denn sie werden die Frucht bringen, die ihr nicht bringen wolltet.“
Und die Geschichte zeigt, dass es wahr geworden ist. Petrus wird das später so sagen, dass wir eine heilige Nation sind. Eine heilige Nation, die nicht aus selbstgerechten Priestern besteht, sondern aus Zöllnern und Huren – so wie wir es alle sind.
Jesus spricht diese Warnung aus. Ich möchte mit folgendem schließen: Man kann sich fast keine härtere Warnung von Jesus vorstellen. Trotzdem bedeutet das nicht, dass harte Herzen dann weich werden und umkehren.
Jesus zeichnet ihnen vor, was mit den Leuten passiert, die den Sohn töten wollen. Hartherzige Menschen hören das und sagen: „Und noch mehr werde ich meinen Hass gegen diesen Sohn entwickeln.“ Die Schlussfolgerung, die diese Menschen aus dieser Geschichte ziehen, ist: „Lasst uns ihn umbringen!“
Wie kaputt und krank kann das sein? Das ist das Allerletzte, was die Moral der Geschichte ist. Das ist so, als wenn du sagst: „Das solltest du nicht tun, ansonsten gehst du drauf.“ Und sie sagen: „Lasst es uns tun und draufgehen.“ So dämlich ist das!
Diese Geschichte warnt uns: Achte auf dein Herz! Verhärte dein Herz nicht, wenn du Gottes Stimme hörst. Verhärte dein Herz nicht.
Wenn wir mit einem harten Herzen das Wort von Jesus hören, dann werden wir noch härter. Und die Bestrafung wird uns sicher sein.
Stattdessen sollten wir aus dieser Geschichte Folgendes hören: Egal wie weit weg du bist, egal was für ein verlogener Zöllner du bist oder was für eine Hure – ich benutze bewusst diese Sprache nicht, weil ich sie gern habe, sondern damit wir die Dramatik der Sprache Jesu hören und zulassen – egal, was für ein verlogener Zöllner du bist oder was für eine Hure du auch sein magst: Wir sind nicht zu weit von Gott entfernt.
Jesus verspricht hier nämlich etwas: „Ich will das Reich Gottes denen geben.“ Das bedeutet, du kannst es nicht verdienen.
Jesus sagt nicht: „Wenn sie sich erst einmal richtig bewähren und ein paar Punkte im Himmel gesammelt haben, dann werden sie es sich irgendwann verdienen.“ Nein, ich gebe es ihnen.
Die Vergebung bei Gott und der Frieden mit Gott sind ein Geschenk, das wir uns nicht erarbeiten können. Sondern so, wie wir hier und heute sind, mit allem Dreck, den wir haben, dürfen wir das Reich Gottes in Empfang nehmen. Wir dürfen die Segnungen Gottes in Empfang nehmen. Wir dürfen Frieden von Gott in Empfang nehmen.
Wenn wir bereit sind, diese Dinge beim Namen zu nennen, sie zu bereuen und zu sagen: „Es war falsch, ich gebe es dir, ich kehre davon um, hier bin ich, bitte beschenke mich“ – daran ist nichts falsch. Daran ist auch nichts Dreistes im Reich Gottes.
Denn so funktioniert das: Wir sollen wie Kinder kommen. Und Kinder kommen auch dreist zu ihren Eltern und sagen: „Diese Forderung habe ich, weil du es in Aussicht gestellt hast. Du hast das Versprechen gegeben. Deswegen komme ich jetzt und möchte es gerne einfordern. Bitte beschenke mich, Vater im Himmel.“
Amen, Amen.