
Ein Mann, der weiß, dass er bald sterben muss, überlegt, dass er gerne eine Sache mitnehmen möchte. So packt er einen großen Goldbarren in eine Tasche.
Als er an der Himmelspforte ankommt, bittet Petrus ihn, die Tasche zu öffnen. Das tut er auch. Petrus schaut hinein und ist etwas irritiert. „Du nimmst Straßenpflaster mit?“
Wer an den Herrn Jesus glaubt, kommt in den Himmel. Allerdings kann man nichts mitnehmen, zumindest keine materiellen Dinge.
Darum sollten wir vielmehr darüber nachdenken, welchen Menschen wir als Nächstes auf die Straßen aus Gold mitnehmen wollen.
Paulus bereitet sich und seine Freunde um das Jahr 61 auf seinen Tod vor. Er sitzt nicht nur im Gefängnis, sondern befindet sich sozusagen auch auf gepackten Koffern. Eigentlich müsste man sagen, er sitzt auf leeren Koffern, denn er ist sich bewusst: „Nichts habe ich zu bringen, alles, Herr, bist du!“
Als Vermächtnis schreibt Paulus den Philippern im Philippabrief 1,10: „Prüft, worauf es ankommt, damit ihr lauter und unanstößig seid auf den Tag Christi.“ Wer von dem großen Ziel her denkt, besitzt einen Reichtum, der mit Gold nicht zu bezahlen ist.
Ich möchte uns aus dem Philippabrief jetzt einen Abschnitt aus Kapitel 1, Vers 12 vorlesen, der uns heute Morgen zur geistlichen Zurüstung dienen soll:
Philipper 1,12: „Ich will, sagt Paulus, dass ihr wisst, Brüder, dass meine Umstände mehr zur Förderung des Evangeliums ausgeschlagen sind, so dass meine Fesseln in Christus im ganzen Prätorium und bei allen anderen offenbar geworden sind. Und dass die meisten der Brüder im Herrn Vertrauen gewonnen haben durch meine Fesseln und vielmehr wagen, das Wort Gottes ohne Furcht zu reden.“
Wenn wir sagen: „Denn ihr sollt in Freuden ausziehen“, müssen wir an Paulus denken, der den Philippabrief geschrieben hat. Er ermutigt mit großer Freude, Selbstverständlichkeit und großem Einsatz dazu, das Evangelium zu verkünden.
In Vers 15 sagt er: Einige predigen Christus aus Neid und Streit, andere aber aus gutem Willen. Die einen aus Liebe, weil sie wissen, dass ich zur Verteidigung des Evangeliums eingesetzt bin, die anderen aus Eigennutz. Sie verkünden Christus nicht aufrichtig, weil sie mir in meinen Fesseln Bedrängnis bereiten wollen. Was macht das schon? Christus wird auf jede Weise verkündigt, sei es als Vorwand oder in Wahrheit. Darüber freue ich mich.
Es gibt Dinge, die wichtiger sind als Gold, und das sollte man im Leben erkannt haben, bevor das Haar silber wird. Was ist mehr wert als Gold? Das kostbare Evangelium ist viel mehr wert als alles Geld dieser Welt – die gute Nachricht von Jesus Christus. Genau diese Nachricht schreibt Paulus.
Wir sind heute oft schnell beim Verfassen von Nachrichten; es wird rasch etwas hin und her geschickt. Paulus schreibt jedoch eine wesentliche Nachricht, eine gute Nachricht: das Evangelium. Wenn er es hier nicht mitteilen würde, würden wir es kaum glauben. Der Schreibtisch, von dem er schreibt, steht in einer Gefängniszelle.
Wir sitzen hier an Tischen bei einer Konferenz in einer wunderbaren Atmosphäre. Paulus dagegen sitzt im Gefängnis. Das Licht ist schummrig, die Luft stickig, die Lebensqualität erbärmlich. Er richtet das Schreiben an Freunde in Philippi. Dort ist Lydia, die erste europäische Christin, der Kerkermeister und andere. Die ersten elf Verse des Philippabriefes widmet er der Gemeinde dort.
In Vers 3 sagt er: „Ich danke für euch“, in Vers 3: „Ich erinnere mich gern an euch“, in Vers 4: „Ich bete für euch“ und in Vers 8: „Ich sehne mich nach euch“. Es geht ihm um die Empfänger, um die Geschwister in der Gemeinde in Philippi. Erst in Vers 12 spricht er zum ersten Mal über sich und seine Umstände.
Man könnte erwarten, dass er jetzt schreibt: „Mir geht es schlecht. Ich liege hier auf Brettern, habe keine Matratze, es ist ein kaltes Loch. Wenn ich Besuch bekomme, dann von Ratten. Mein Husten ist in den letzten Wochen schlimmer geworden, und ich schlafe nachts kaum noch.“ Das wäre zu erwarten gewesen, doch kein Wort davon.
Stattdessen beginnt er angesichts seiner Situation direkt über das Evangelium zu sprechen: „Ihr sollt wissen, liebe Geschwister, dass alles, was mir hier zugestoßen ist, die Verbreitung des Evangeliums gefördert hat.“ Wie geht es dir, Paulus? Dem Evangelium geht es gut, danke, ist seine Antwort.
Er spricht nicht von seinen Haftbedingungen, sondern von den Folgen seiner Haft. Dabei nennt er drei positive Ergebnisse, die alle mit der Verbreitung des Evangeliums zu tun haben:
Erstens, in Vers 13, „Verschiedenste Leute haben das Evangelium gehört.“
Zweitens, in Vers 14, „Die Christen vor Ort wurden zu einem unerschrockenen Bekenntnis ermutigt.“
Und drittens, in Vers 15: „Auch wenn manche Prediger zweifelhafte Motive haben, das Evangelium zu verkündigen, breitet sich doch die Botschaft von Jesus aus.“
Wer wie Paulus den Wert des Evangeliums erkannt hat, der bringt zur dumpfen Melodie des Leides den lieblichen Sopran der Freude und der Hoffnung zum Klingen.
Ich möchte den Text folgendermaßen gliedern:
Erstens: Ich habe neue Gelegenheiten. Geschwister, lasst uns immer über neue Gelegenheiten nachdenken. Paulus hat neue Gelegenheiten wahrgenommen.
Zweitens: Ich habe Nachahmer – wie schön!
Drittens: Ich habe Neider – wollen wir auch mal darüber nachdenken?
Zunächst einmal: Ich habe neue Gelegenheiten. Paulus hatte das kostbare Evangelium weitergegeben. Andere kommen ins Gefängnis, weil sie wertvolle Dinge stehlen. Paulus hingegen kam ins Gefängnis, weil er wertvolle Dinge großzügig verteilt hat, weitergegeben hat – so wie ihr, die ihr ständig verteilt.
Wir werden manchmal angefeindet, obwohl wir Großzügigkeit zeigen und das Wertvollste, was es gibt, unter die Leute bringen. Ihr könnt ruhig mal als Antwort sagen, wenn ihr angefeindet werdet: Das Evangelium macht Menschen reich. Aber das wollte man damals im Römischen Reich nicht hören. Rom fühlte sich bedroht, weil Paulus unter den Juden missionierte. Das hat man toleriert, denn die Juden erkannten den Kaiser sowieso nicht als Gottheit an.
Aber jetzt fingen die Christen auch noch an, unter den Heiden zu missionieren – und das war verboten. Das ging einfach zu weit. Deshalb hatte man den Apostel hinter Schloss und Riegel gesetzt.
Das Praetorium, von dem Paulus hier schreibt, bestand aus einer kaiserlichen Elitetruppe. Kaiser Augustus hatte zehntausend handverlesene Soldaten zur Verfügung. Sie erhielten höheren Sold, bei ihrer Pensionierung die römische Bürgerschaft und eine Menge Geld.
An solche Leute, an diese Soldaten, war Paulus acht Stunden täglich angekettet wie ein Hund. So konnte Paulus nicht weg. Aber diese Edelsoldaten konnten ebenfalls nicht weg. Merkt ihr was? Paulus hat das sofort gemerkt. Er erkannte eine einmalige Chance.
Hier im Gefängnis sind seine Zuhörer festgebunden. Wo hat man das schon mal? Gestern hatten wir aus den USA Beispiele, wo im Flugzeug gerne missioniert wird – die können auch nicht weg. Aber hier ist es noch besser: Die sind festgebunden, sie müssen zuhören.
Und so fesselt Paulus sie mit seinen Worten. So dreht man den Spieß um. Seid klug! Sie hatten Paulus gefesselt, aber nicht geknebelt. Hätten sie vielleicht machen sollen. So können sie ihn nicht daran hindern, weiterhin das Evangelium zu verkünden.
Den Soldaten hat er es gesagt, den Mitgefangenen hat er es gesagt, wenn es sein muss auch den Ratten – er hat es einfach überall weitererzählt.
So spricht sich schnell herum, warum jener eigenartige Insasse seine Strafe verbüßt. Paulus schreibt: „Meine Fesseln in Christus sind im ganzen Praetorium und bei allen anderen offenbar geworden.“
Der Fall Paulus geht durch die Presse. Überall wird davon gesprochen, überall ist es offenbar geworden. Er ist Tagesgespräch, und irgendwie scheint man ihn auch für seine Unerschrockenheit zu bewundern.
Ist es nicht erstaunlich, wie souverän Zeugen Jesu oft gerade in Bedrängnis auftreten? Dietrich Bonhoeffer war ebenfalls im Gefängnis schriftstellerisch tätig. Die Nazis hatten ihn damals eingesperrt. Seine Haft endete, wie bei Paulus, mit seiner Hinrichtung im April 1945.
Aus dieser Zeit stammt folgendes Gedicht von Bonhoeffer:
Wer bin ich?
Sie sagen oft, ich trete aus meiner Zelle gelassen und heiter und fest wie ein Gutsherr aus seinem Schloss.
Wer bin ich?
Sie sagen mir oft, ich spreche mit meinen Bewachern frei, freundlich und klar, als hätte ich zu gebieten.
Wer bin ich?
Sie sagen mir auch, ich trüge die Tage des Unglücks gleichmütig, lächelnd und stolz, wie einer, der Siegen gewohnt ist.
Vertrauensvolle Christen ermöglicht ihr Glaube, die Albträume zu überstehen. Dieses große Ziel, diese Zuversicht in Gott, hilft ihnen, alle Widerstände zu überwinden. Jesusgläubige Menschen haben eine Hoffnung, die ihnen niemand rauben kann.
Und wir? Wir sind froh, dass es nicht unsere Situation ist. Noch haben wir in Deutschland sehr viele gute Gelegenheiten, das Wort Gottes weiterzugeben. Deshalb haben wir nicht weniger Grund, mutig und entschlossen zu evangelisieren, sondern sogar noch sehr viel mehr.
Es geht uns gut, und wir haben zahlreiche Möglichkeiten. Haben wir vielleicht angesichts der Flüchtlingssituation Angst um unsere Kultur? Es ist kein gutes Kennzeichen eines Christen, Angst zu haben.
Warum haben wir Angst um unsere Kultur, liebe Geschwister? Ist es nicht so, dass wir vielleicht auch ein bisschen Angst um unseren Wohlstand und um unsere Freiheit haben? Vergessen wir manchmal viel zu oft, dass wir hier sowieso keine bleibende Stadt haben?
Geht es darum, irgendeine europäische Kultur zu erhalten, oder geht es darum, neue Gelegenheiten zu sehen – gerade wenn die Flüchtlinge kommen? Lasst uns Jesus bekennen.
Ich habe neue Gelegenheiten, sagt Paulus. Es ist eine neue Situation, aber er macht das Beste daraus.
Zweiter Punkt: Ich habe Nachahmer. Einen Botschafter kann man an eine Kette legen, die Botschaft selbst jedoch nicht. Das haben wir hier gesehen.
Paulus ist nicht der einzige Verkündiger. In Vers 14 sagt er: „Die meisten der Brüder haben im Herrn Vertrauen gewonnen durch meine Fesseln und wagen vielmehr, das Wort Gottes ohne Furcht zu reden.“ So wie Hannover 96 am Samstag für Niklas Feierabend spielt – er kam in der Nacht zum letzten Sonntag bei einem Verkehrsunfall aus der U19-Mannschaft ums Leben – spielen wir für Niklas.
Genauso sagten damals die elf anderen Apostel und viele weitere Brüder: Wir predigen für Paulus, wir predigen jetzt für Paulus. Die Gemeindemitglieder in Rom sagten nicht: „Halten wir mal lieber die Klappe, sonst geht es uns auch schlecht, nachher werden wir eingesperrt oder so.“
Im Kirchenkampf im Dritten Reich oder auch heute in China ist es genauso: Je mehr führende Prediger verhaftet werden, desto kühner stehen andere plötzlich auf, die vorher noch den Mund gehalten haben. Lest mal das Magazin von Open Doors – für mich immer eines der beeindruckendsten Zeitschriften. Ich bekomme viele Briefe, aber das lese ich schon immer mit großem Interesse. Da wird einer weggenommen und fünf andere kommen nach. Das ermutigt oft eine Gemeinde.
„Durch meine Fesseln wagen sie es“, sagt Paulus. Wir sollten uns von Geschichten von Menschen anspornen lassen, die den Glauben in Ländern verbreiten, in denen Christen verfolgt werden. Uns geht es gut, aber lasst uns immer auch mal einen Blick über die Landesgrenzen werfen.
Gut, dass ihr hier auch internationale Mitarbeiter mit dabei habt. Schaut auch in die Länder, wo Christenverfolgung herrscht. Bei einer Konferenz wie hier sprach ein chinesischer Pastor namens Zhang, ein gebildeter christlicher Leiter. Er hat achtzehn Jahre im Arbeitslager verbracht, weil er die gute Nachricht verbreitet hat.
Im Gefängnis musste er die Latrine reinigen. Diese war so tief, dass er hineinstiegen musste, um sie zu entleeren. Es stank derart entsetzlich, dass andere Mitgefangene und auch seine Bewacher immer einen großen Bogen um diese Latrine machten.
Pastor Zhang sagte: „Ich genoss die Einsamkeit. Ich konnte zu meinem Herrn beten, so laut ich wollte. In China müssen Sie das ja immer flüstern oder nur mit Lippenbewegung tun, damit niemand Verdacht schöpft oder die Gemeinde auffliegt. Ich konnte laut singen, ich konnte laut Bibelverse zitieren, Psalmen aufsagen und aus vollem Halse Choräle schmettern.“
Dann berichtete er, dass er eine wunderbare Gemeinschaft mit seinem Herrn erlebt hat. Wahrscheinlich, sagt er, hatte niemand sonst im Lager solche Freude. „Die Klärgrube wurde mein privater Garten.“
Ich glaube, dass alle, die ihn sprechen hören, neu Mut bekommen haben, das Wort Gottes entschlossener weiterzusagen. Paulus sagt: „Durch meine Fesseln sind andere ermutigt worden.“ Lasst uns ermutigt sein, gerade in Zeiten der Verfolgung heute.
Und der dritte Punkt: Ich habe Neider. Die Jesusjünger sind ein recht bunter Haufen. Das merkt man besonders, wenn aus unterschiedlichsten Gemeindehintergründen Mitarbeiter zusammenkommen. Es gibt sehr unterschiedliche Priester, Prediger, Pastoren und Paulusse. Der Garten Gottes ist sehr, sehr bunt.
Die einen machen ihren Job, die anderen wollen sich vielleicht sogar ein bisschen profilieren. Manche interessieren sich mehr für Zahlen als für Menschen. Das Spektrum der Verkündiger ist groß. Von Gerhard Meyer bis Joyce Meyer ist alles dabei – also sehr unterschiedliche Christen.
Paulus sagt, einige predigen Christus auch aus Neid und Streit, einige aber aus gutem Willen. Die Motive sind ganz unterschiedlich. Hier bringt Paulus mit großer Offenheit ein Tabuthema ans Licht: Neid. Es ist halb erschreckend und auf der anderen Seite auch halb traurig, dass es schon damals solche Hintergedanken und zweifelhafte Motive gab.
Neid ist die einzige der Todsünden, die nicht zu einer unmittelbaren Befriedigung führt. Oft ist Neid ganz hartnäckig in unseren Herzen festgesetzt und kann manchmal tiefer verwurzelt sein als manche andere Sünde. Auch mit einer echten Bekehrung wird Neid nicht einfach ausgejätet.
Neid regt sich auch bei Männern und Frauen, die ernsthaft und vorbildlich Gott dienen. Warum wird der hier zum Gruppenvorstandsmitglied gewählt und ich nicht? So etwas kann ganz schnell passieren, dass Neid auch unter den Gideons entsteht.
Vielleicht redet Paulus hier von Männern, die sonst im Gemeindeleben zu Rom im Vordergrund standen und auf die man besonders gehört hat. Jetzt war auf einmal der Einfluss des großen Paulus in Rom zu spüren. Die Leiter fühlten sich wegen Paulus ein Stück zurückgesetzt. Plötzlich hörten alle nur noch auf den Apostel, und sie hatten irgendwie keine Bedeutung mehr. Da kam ihnen mit dem Neid auch noch die Galle hoch.
Wenn es Neid gibt, dann gibt es ganz schnell Eifersucht, und dann kommt es sehr leicht zu Streit. Einige der römischen Brüder sind vielleicht froh, dass Paulus im Kittchen sitzt. Jetzt steht er ihnen nicht mehr im Weg, und sie können ihre alte Stellung wieder einnehmen. Paulus ist erst mal weg, und jetzt umso mehr.
Dann sind sie auf einmal sehr eifrig aus Eigennutz. Sie entwickeln Ehrgeiz, um Paulus zu zeigen, was sie können.
Wie geht Paulus damit um? Sein Statement ist oft zitiert worden: Hauptsache, Christus wird verkündigt. Es ist doch egal, wer es tut. Nun heißt das nicht, dass man um jeden Preis Christus verkündigen soll. Wir dürfen das kostbare Evangelium nicht zu jedem Preis verkaufen.
Es geht nicht darum, sich gegenseitig zu profilieren oder einen Wettbewerb zu veranstalten, wer am besten predigen, verteilen oder evangelisieren kann. Wenn Paulus sagt, dass doch nur Christus verkündigt werde, dann meint er: Die Motivation ist ihm egal, nicht der Inhalt.
Paulus ist hier sicher schon ein bisschen älter, aber er hat nicht unter Demenz gelitten. Er hat sich nie über Irrlehren gefreut. Er hat nicht gesagt: „Jetzt ist mir alles egal.“ Den Galatern schrieb er: Wenn jemand euch etwas als Evangelium verkündigt, das dem widerspricht, was ihr empfangen habt, der sei verflucht. Paulus hatte seine festen Prinzipien, ganz ohne Frage.
Nur weil es das wirkliche Evangelium ist, das jene Männer verkündigen, kann Paulus über ihre Motive hinwegsehen. Was macht es denn, sagt er, wenn Christus auf jede Weise verkündigt wird, sei es aus Vorwand oder in Wahrheit? Darüber freut er sich.
Mögen andere ihm persönlich wehtun – was soll's? Leider ist es so: Je erfolgreicher man ist, desto mehr Kritiker treten auf. Auf negatives Feedback ist keiner von uns scharf. Wenn wir uns angegriffen fühlen, dann sind wir ganz schnell persönlich verletzt und gekränkt.
Wenn du denkst: Wenn mich jemand kritisiert, heißt das mit anderen Worten, ich bin nichts wert, dann übertreibst du das Feedback manchmal unglaublich. Du beziehst es auf dich, und es ist für dich ganz groß, obwohl es vielleicht gar nicht so gemeint war und viele andere es gar nicht so mitbekommen haben.
Dann willst du immer nur geliebt und anerkannt sein, und sonst bist du unglücklich. Das ist eine Art Fehleinschätzung, die allenfalls Depressionen verursachen kann.
Denk an das Evangelium und sage im Blick auf dich selbst: Was soll's, was soll's? Herr, wenn sie dich nur annehmen – es geht nicht um mich und mein Ansehen. Sie müssen sich nicht für mich entscheiden, sie sollen sich für dich entscheiden.
Herr Apostel Paulus hat nicht gesagt, als er hinter Gittern saß: „Im Augenblick kann ich gar nichts tun.“ Ich fasse noch einmal zusammen, was ich aus diesem Text für uns ableiten möchte.
Er hat nicht gesagt: „Leider kann ich gerade nichts tun, ich muss jetzt warten, bis ich wieder draußen bin.“ Stattdessen machte er das Beste aus dieser Gelegenheit. Er sprach mit denen, mit denen er sprechen konnte, und an andere schrieb er Briefe. Diese Briefe wurden, ohne dass er es wusste, ein Teil des Neuen Testaments und veränderten dadurch den Verlauf der Geschichte. Unglaublich!
Er saß fest und schrieb den Philipperbrief, an dem wir uns bis heute erfreuen. Welch eine Gelegenheit! Paulus hat nicht einfach Trübsal geblasen oder die Hände in den Schoß gelegt.
Wie geht es dir gerade? Sehnst du dich manchmal danach, freigestellt zu sein, um ein bisschen mehr Gelegenheit zu haben, dem Herrn zu dienen? Möchtest du mehr Zeit haben, die gute Nachricht von Jesus Christus weitergeben zu können? Sehnst du dich nach besseren Gelegenheiten als denen, die du gegenwärtig vorfindest?
Fühlst du dich vielleicht in deinem Job eingesperrt? Hast du dort nicht viel Bewegungsfreiheit, wird so viel von dir gefordert, und jetzt sollt ihr noch mehr Überstunden machen? Fühlst du dich zu Hause zu sehr eingespannt? Oder nimmst du gerade Elternzeit, und nun steht die Erziehung der Kinder im Vordergrund? Du kannst nicht mehr so viel tun wie früher, als die Kinder noch nicht da waren?
Freust du dich darauf, irgendwann Zeit zu haben, um endlich Jesus dienen zu können? Aber die Zeit dafür ist nicht irgendwann, sondern jetzt. Die Chancen sind da, wo du gerade bist. Wir müssen sie nur sehen.
Wenn du Seite an Seite mit Nichtchristen wohnst, dann ist das die Chance für das Evangelium. Wenn du Seite an Seite mit Nichtchristen zusammenarbeitest, dann ist das die Chance für das Evangelium. Wenn du gerade deine Kinder erziehst, dann ist das die Chance, ihnen das Evangelium auf ihren Lebensweg mitzugeben.
Das ist keine unnötige Aufgabe, ganz im Gegenteil: Du kannst einen Menschen prägen. In hundert Jahren wird man nicht danach fragen, was du auf dem Konto hattest oder welches Auto du gefahren bist. Aber man wird vielleicht, wenn Gott noch Zeit schenkt bis Jesus wiederkommt, in anderen Menschen merken, dass du Einfluss auf sie genommen hast, dass du sie zu Christus oder zu Christus hin geführt hast. So kannst du wirklich etwas hinterlassen.
Es sind große Gelegenheiten, die wir haben. Wir blicken oft so lange und so bedauernd auf die verschlossenen Türen, dass wir die Türen gar nicht mehr sehen, die sich uns öffnen. Oder?
Du denkst, heute wird alles schwieriger, und so siehst du die Gefahr. Wir müssen unseren Blick manchmal ändern. Es gibt so viele offene Türen, nach wie vor, und es gibt neue offene Türen. Gehen wir doch hindurch!
Schön, dass ihr angefangen habt, arabische Bibeln oder zweisprachige Bibeln herauszugeben. Macht weiter so, werdet kreativ. Wie reagieren wir auf die Zeit, in die Gott uns gestellt hat?
Paulus nahm seine Aufgabe wahr, das kostbare Evangelium weiterzugeben, wo immer er sich gerade aufhielt. Und das hatte ungeheure Auswirkungen.
Lasst uns aufstehen und gemeinsam beten.
Herr Jesus Christus, vielen, vielen Dank für die zahlreichen guten Gelegenheiten, die wir haben. Danke auch für die Vorbilder, die wir in der Bibel finden. Danke für Paulus, der die Gegebenheiten so angenommen hat, wie sie waren, und der von dir gesprochen hat. Sein Mund war ihm nicht zu verbieten, und das wollen wir auch.
Wir wollen liebevoll und entschlossen weiterhin auf Menschen zugehen in diesem Jahr, solange du uns noch Zeit und Gelegenheit dazu gibst. Wir beten auch um Nachahmer, dass aus welchen Motiven auch immer andere auf ähnliche Ideen kommen. Wir beten, Herr, dass es Menschen gibt, die aufstehen und dich bezeugen – in unserem Land, hier in Europa, aber auch weltweit. Dass dein Reich weitergebaut wird und viele zum Glauben kommen und mit dieser herrlichen Botschaft erreicht werden.
Selbst wenn es Neider gibt, Herr, wollen wir nicht persönlich gekränkt sein. Selbst wenn schlechte Presse über uns gemacht wird, wollen wir uns davon nicht abhalten lassen. Wir wollen uns in der Tradition der Apostel und vieler anderer sehen, die um deines Namens willen gelitten haben. Diese wollen wir uns zum Vorbild nehmen und uns durch dein Wort, aber auch gegenseitig, ermutigen lassen.
Danke für die schönen Begegnungen, die wir hier auf dieser Konferenz erleben, zur Ermutigung.
Amen!