Ich hoffe, ihr hattet einen guten Morgen und seid gut hierher gekommen. Herzlich willkommen auch von meiner Seite.
Bitte betet für ein Wunder – so stand es in einem Instagram-Post vor etwa fünf Wochen. Es ging um einen jungen Menschen, der im Koma lag. Er lag im Koma, weil eine Kugel ihn getroffen hatte. Diese Kugel hatte ihn getroffen, weil er eigentlich helfen wollte.
Seine Eltern sind Mitarbeiter bei einem Werk, das Holocaust-Überlebenden hilft. Dieses Werk möchte den Überlebenden ihren Lebensabend so schön wie möglich machen. Dabei setzen sie gerade als Deutsche ein Zeichen. Denn unser deutsches Volk hat dem jüdischen Volk in der Geschichte unendlich viel und unsagbares Leid zugefügt. Die Eltern dieses jungen Mannes haben sich dem Anliegen verschrieben, als Deutsche diesen Menschen, die das erlebt haben, oder auch deren Eltern, zu unterstützen, für sie da zu sein und ihnen zu dienen.
Der junge Mann, der im Koma lag, war als Deutscher in Israel aufgewachsen. Er hatte sich freiwillig zur Armee gemeldet. Er hätte nicht dienen müssen, keinen Wehrdienst leisten müssen, aber er tat es trotzdem. Er wollte sich in den Dienst dieses Volkes stellen und dazu beitragen, Bürger, Zivilisten und Familien zu beschützen.
Und dann ist er gestorben. Er sei den Verletzungen erlegen. Fünf Tage vor Heiligabend wurde er beerdigt. Es hatte kein Wunder gegeben.
Die Herausforderung des Leidens für den Glauben
Wenn es einen Gott gibt und wenn dieser Gott so ist, wie Christen es immer behaupten – wie wir es hier immer wieder sagen und wie es in der Bibel steht –, dass er gut und gerecht ist, dann fragt man sich natürlich: Wie kann das sein? Das passt doch nicht zusammen, oder?
Diese Frage ist eine von Millionen Geschichten, in denen wir uns wundern, wie das möglich ist angesichts all der Ungerechtigkeit auf dieser Erde, der schrecklichen Katastrophen, der Kriege und all dem, was allein in den letzten hundert Jahren über die Welt hereingebrochen ist. Das passt einfach nicht zusammen.
Ich habe in einem Artikel gelesen, dass das traditionelle Bild des gütigen, allmächtigen und allweisen Gottes „in den Feueröfen von Auschwitz verbrennt, auf den Schlachtfeldern zweier Weltkriege krepiert und im atomaren Inferno von Hiroshima und Nagasaki verdampft“. Ich kann nachvollziehen, wenn Menschen so etwas schreiben. Vor allem, wenn Leid uns persönlich betrifft, empfinden wir das oft sehr ähnlich. Dann sagen wir: Das kann doch nicht sein, das passt doch nicht zusammen. Ihr sagt, Gott ist gut, aber es fühlt sich ganz anders an.
Wenn ich unter Schmerzen leide, unter kaputten Beziehungen, unter Einsamkeit, wenn andere mich verachten, wenn ich erlebe, wie Angehörige erkranken oder sterben, wenn ich Angst habe – dann fühlt es sich ganz anders an.
Dichter und Denker haben sich über Jahrzehnte, Jahrhunderte und Jahrtausende den Kopf zerbrochen und gefragt, wie das zusammenpasst: auf der einen Seite das Leid und auf der anderen Seite die Behauptung, es gibt einen guten Gott. Schlaue Menschen haben daraus eine Lehre entwickelt, die sie Theodizee genannt haben. Das Wort bedeutet wörtlich „Rechtfertigung Gottes“. Es ist letztendlich die Frage, die sie umtreibt, und der Versuch, eine Lösung zu finden: Wie will Gott sich eigentlich herausreden, wenn er einerseits behauptet, gut und allmächtig zu sein, aber auf der anderen Seite so viel Leid existiert?
Eines ist klar – das haben wir auch durch die Beispiele im Vorspann schon gehört und ich denke, das ist jedem von uns bewusst: Es gibt Leid. Das lässt sich nicht wegdiskutieren. Für den einen im eigenen Leben mehr, für den anderen etwas weniger. Aber in Bezug auf den Planeten ist uns klar: Es gibt unsagbares Leid.
Die menschlichen Schlussfolgerungen sind dann folgende: Wenn Gott gut ist und das Leid beseitigen will, es aber nicht kann, dann ist er nicht allmächtig. Wenn er es aber könnte, also alles Leid und den Schmerz auf dieser Erde aufhören lassen kann, es aber nicht will, dann ist er bösartig. Denn wenn du helfen kannst, es aber nicht tust, bist du bösartig.
Wenn Gott nicht könnte und nicht will, dann muss man sagen, dass Hopfen und Malz verloren sind, dass er schwach und neidisch ist. Das bringt Menschen dazu zu sagen: Es gibt eigentlich keine vernünftige Antwort auf diese Frage, außer dass, falls es einen Gott gibt, er nicht viel taugt.
Das sind theoretische, auch philosophische Überlegungen von Menschen, die Leid erleben oder sich theoretisch damit auseinandersetzen. Aber wenn wir es persönlich im Leben erleben, dann wird es nicht mehr theoretisch. Dann sind solche Fragen nach Gott nicht mehr bloß philosophische Gedankengebäude, sondern der Schrei unserer Seele.
„Mensch, Gott, warum lässt du meinen Partner sterben? Warum muss mein Kind das alles erleiden? Warum muss der mit dem Flugzeug abstürzen? Warum muss ein Soldat, der sich und seine Familie für andere einsetzt, sterben? Warum heilst du meine Eltern nicht, obwohl in der Bibel steht, dass du allmächtig bist? Warum lässt du Hunger zu? Warum passieren Naturkatastrophen?“
Da wird es plötzlich existenziell.
Umgang mit Leid und Zweifel
Es gibt viele mögliche Antworten darauf, wie Menschen mit Leid umgehen. Auch in der Bibel finden sich zahlreiche interessante Gedanken zu diesem Thema. Heute möchte ich jedoch einige unangenehme Gedanken mit euch teilen.
Der erste vielleicht etwas unangenehme Gedanke ist, dass viele Menschen das Leid anderer nutzen, um ihren persönlichen Unglauben zu rechtfertigen. Ob dir das schon einmal aufgefallen ist? Hier möchte ich eine Herausforderung aussprechen: Nutze niemals das Leid anderer Menschen als Entschuldigung für deinen eigenen Unglauben oder um dein Bild von Gott zu rechtfertigen.
Mir ist nämlich etwas Interessantes aufgefallen, eine Beobachtung, die ich für unlogisch halte. Die Menschheitsgeschichte ist voll von Menschen, die unsagbares, wirklich extremes Leid erfahren haben und trotzdem an Gott festgehalten haben. Sie blieben dabei und sagten: „Gott ist gut.“
Ein Beispiel dafür findet sich auf der Internetseite eines Werkes, bei dem die Eltern eines gefallenen Soldaten in Israel arbeiten. Dort steht: „Die Trauerfeier war bei allem Leid ein Siegeszug.“ In die Traueranzeige haben die Angehörigen einen Bibelvers aus Jeremia 29 aufgenommen. Dort heißt es: „Ich weiß, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der Herr, Gedanken des Friedens und nicht des Unheils, dass ich euch Zukunft und Hoffnung gebe.“
Das schreiben Menschen in die Todesanzeige, die gerade eben ihren Sohn verloren haben. Ist das nicht interessant?
Mich hat auch die Geschichte von der Holländerin Corrie ten Boom beeindruckt. Während des Dritten Reichs versteckte sie mit ihrer Familie Juden in ihrem Haus. Dann wurden sie verraten, verhaftet und schließlich zusammen mit ihrer Schwester ins KZ Ravensbrück deportiert. Dort kam ihre Schwester ums Leben.
Die unsäglichen Qualen, Schikanen, Krankheiten und Folter im Lager hat sie nicht überlebt. Aber Corrie selbst überlebte. Sie schrieb verschiedene Bücher, eines davon trägt den Titel „Gott meint es gut.“
Verstehst du das? Sie hat all das erlebt und durchgemacht – am eigenen Leib – und schreibt ein Buch mit diesem Titel. Kannst du dir das vorstellen?
Deshalb ist das für mich eine interessante Beobachtung. Das Leid anderer Leute zu nutzen, um den eigenen Zweifel und Unglauben zu rechtfertigen, ist keine zwangsläufige Schlussfolgerung, wie es auf den ersten Blick scheint. Man könnte denken: „Das ist ja logisch, ich kann gar nicht anders, wenn ich das sehe.“ Doch anscheinend ist es anders möglich.
Nicht einmal das eigene Leid führt zwangsläufig dazu, dass man an einem guten Gott zweifeln muss. Millionen von Gläubigen über Jahrtausende haben bewiesen, dass man auch auf dem Krankenbett, Sterbebett, bis hin zum Galgen oder Scheiterhaufen an einem guten, allmächtigen Gott festhalten kann – selbst wenn es ganz anders aussieht.
Trotz unsäglichem Leid und Schmerzen haben sie daran festgehalten, dass Gott es gut meint. Das müssen wir einfach so hinnehmen und beobachten: Leid führt nicht zwingend dazu, Gott für nicht existent oder böse zu halten.
Natürlich fragen wir uns, wenn wir darüber nachdenken, wie das zusammenpasst: Wie kann es sein, dass Gott es anscheinend gut meint mit den Menschen, obwohl es so viel Terror, Entbehrung, Katastrophen, Schmerzen und qualvolle Tode gibt? Wie kann es sein, dass Menschen, die so viel Leid erfahren, trotzdem zutiefst davon überzeugt sind: Ja, Gott meint es gut?
Die Unbegreiflichkeit des Leids am Beispiel Hiobs
Die Bibel zeigt uns interessante Aspekte zu diesem Thema. Heute möchte ich drei davon herausgreifen. Der erste Punkt trägt die Überschrift: „Leid ist unbegreiflich“.
Leid ist unbegreiflich – das ist eine Aussage, die die Bibel uns macht und uns in diese Erfahrung mit hineinnimmt. Bereits im wahrscheinlich ältesten Buch der Bibel werden wir mit der Frage konfrontiert, die uns heute beschäftigt: Wie kann es sein, dass guten Dingen schlechte Dinge widerfahren?
Dieses Buch erzählt von einem Mann, der wohlhabend war. Hiob war ein sehr reicher, angesehener und ehrenhafter Mann. Er war nicht nur reich, sondern auch ein Philanthrop, wie man heute sagen würde. Er stellte seinen Reichtum anderen zur Verfügung, tat den Armen Gutes, war gerecht und fromm. Doch dann rollt eine Welle von Problemen über ihn hinweg, ein Leid, das ihn einholt und fertig macht.
Hiob verliert sein Hab und Gut, seine Kinder sterben, und am Ende verliert er auch noch seine Gesundheit. Er wird sehr krank, hat Schmerzen und kratzt sich die ganze Zeit. Seine besten Freunde kommen zu ihm und überhäufen ihn mit Vorwürfen. Seine Frau ist ihm keine Stütze, sondern macht ihn zusätzlich fertig. Manche sagen sogar, dass Hiobs Frau nicht gestorben ist – das wäre ein weiterer Teil seines Leids.
Als seine drei Freunde von seinem Unglück hören, beschließen sie, ihn zu besuchen. Im Originalbericht heißt es in Hiob 2,12: „Und als sie von ferne ihre Augen erhoben, erkannten sie ihn nicht mehr. Da erhoben sie ihre Stimme und weinten, und jeder zerriss sein Gewand, und sie warfen Staub über ihre Häupter zum Himmel, als Zeichen ihres Entsetzens, ihrer Trauer. Und dann setzten sie sich zu ihm auf den Erdboden sieben Tage und sieben Nächte lang, und keiner redete ein Wort mit ihm, denn sie sahen, dass sein Schmerz sehr groß war.“
Hiob fragt sich: Warum lässt Gott so etwas zu? Was habe ich falsch gemacht? Er ist sich keiner Schuld bewusst. Hiob klagt Gott an und sagt: Wie kannst du das mit mir machen? Er stellt Gott viele Fragen.
Irgendwann, wenn man das Buch Hiob durchliest, kommt man an den Punkt, an dem Gott persönlich zu Hiob spricht. Das mag heute Vormittag vielleicht schwer zu akzeptieren sein, aber wir müssen da jetzt durch, denn es geht nicht um schöne Geschichten, sondern um die Realität.
Hiob stellt viele Fragen an Gott, doch Gott beantwortet keine einzige davon. Stattdessen stellt Gott Hiob viele Gegenfragen. Er fragt: „Wo warst du, als ich das Fundament der Erde gelegt habe? Sag mir, wenn du es weißt. Wer hat ihre Abmessungen festgelegt? Weißt du das? Wer hat das Maßband über der Erde ausgespannt, ihre Grundpfeiler eingeschlagen, ihr Fundament gelegt?“ Solche Fragen stellt Gott dem Hiob.
Der Gott der Bibel macht dem leidenden und klagenden Hiob eine Sache deutlich: Ja, du darfst Fragen stellen und dich beklagen. Aber wenn du glaubst, dass du als Mensch mit begrenztem Horizont die tiefen Zusammenhänge von Leben und Leid vollständig verstehen kannst, dann irrst du dich.
Bilde dir nicht ein, dass du als kleiner Mensch mit sehr begrenztem Wissen alle Zusammenhänge erfassen kannst. Gott ist viel größer. Wer Gott auf die Anklagebank setzt und sagt: „Rechtfertige dich mal! Warum lässt du das alles zu? Warum handelst du so und nicht anders?“, der zeigt damit nur, wie begrenzt sein eigener Horizont ist.
Er beweist damit, was er von Gott denkt: Dass Gott nicht größer sein kann als das, was in seinen eigenen Kopf passt. „So weit ich denken kann, so weit kannst du auch denken, mehr geht nicht.“ Das ist eine Haltung, die sich oft in der sogenannten Theodizee-Frage zeigt: Wenn Gott gut und allmächtig ist, dann kann es kein Leid geben oder es ist unerklärlich. Weil es aber Leid gibt, so die Schlussfolgerung, kann es diesen Gott nicht geben.
Diese These vertreten oft Menschen, die sich selbst als Nabel der Welt sehen und meinen, genug Wissen zu besitzen, um alle Dinge zu durchschauen. Dabei haben sich selbst die klügsten Köpfe der Welt an dieser Frage die Zähne ausgebissen und sind gescheitert.
Eine Begebenheit aus dem Leben von Wilhelm Busch ist mir in diesem Zusammenhang besonders im Gedächtnis geblieben. Dabei handelt es sich nicht um den bekannten Zeichner von Max und Moritz, sondern um einen Jugendpfarrer aus Essen, der zur Zeit des Zweiten Weltkriegs lebte.
Als junger Pfarrer ging er durch Essen, wo gerade ein großer Bergarbeiterstreik stattfand. Ein Mann stand auf einer Seifenkiste und hielt eine leidenschaftliche Rede. Er sah Wilhelm Busch, erkannte ihn und rief: „Da kommt ja der Pfaffe, komm mal her!“ Dann legte er los. Ich lese euch aus diesem Bericht vor, was Wilhelm Busch erzählt, was der Mann ihm entgegenschrie:
„Hör mal, Pfaffe, wenn es einen Gott gibt – was ich nicht weiß, aber es kann ja einen geben –, dann will ich, wenn ich gestorben bin, vor ihm treten und zu ihm sagen“ – und dann schrie er – „Warum hast du zugelassen, dass Menschen auf Schlachtfeldern zerfetzt wurden? Warum hast du zugelassen, dass Kinder verhungert sind und andere das Essen wegschütten, weil sie zu viel hatten? Warum hast du zugelassen, dass Menschen an Krebselend dahingesiegt sind? Warum, warum?“ Und dann will ich zu ihm sagen: „Du Gott, tritt ab, weg mit dir, hau ab!“
So schrie der Mann voller Wut. Und Wilhelm Busch begann plötzlich mitzuschreien: „Ganz richtig! Weg mit diesem Gott, weg mit diesem Gott!“ Dann wurde es plötzlich ganz still. Der Redner schaute erstaunt und sagte: „Moment, Moment mal, Sie sind doch Pfarrer, da dürfen Sie doch nicht schreien: ‚Weg mit diesem Gott!‘“ Wilhelm Busch antwortete: „Hör mal zu, den Gott, vor dem du trittst, vor dem du deinen Mund aufreißen kannst, der sich so zur Rechenschaft ziehen lässt, dass du als Richter vor ihm stehst und der dein Angeklagter ist, den gibt es nur in deiner Einbildung. Zudem kann auch ich nur sagen: Hinweg mit diesem Gott, hinweg mit diesem albernen Gott, den unsere Zeit sich selbst gemacht hat, den wir anklagen und beiseite schieben oder zurückholen können, je nach Bedarf. Den Gott gibt es nicht.“
Diese Geschichte hat mich beeindruckt, weil ich glaube, dass an diesem Tag Wilhelm Busch eine sehr wichtige Wahrheit vermittelt hat. Wir müssen ehrlich sein, auch beim Thema Leid. Bei der Frage nach der Herkunft des Bösen, warum es überhaupt existiert, scheitern alle Menschen. Niemand kann es letztlich erklären.
Spätestens wenn wir selbst vom Leid betroffen sind, wird uns bewusst, wie kläglich und unzulänglich alle hochtrabenden Erklärungsversuche sind. Doch wenn wir die Bibel lesen, sehen wir darin einen Gott, der sagt: Genau so ist es. Leid ist unerklärlich.
Wer es letztlich erklären will, scheitert. Das passt uns Menschen nicht, weil wir eigentlich alles erklären, erforschen, beweisen und begreifen wollen. Aber Gott sagt: „Geht nicht, geht nicht. Ihr Menschen seid nicht die, die alles wissen. Ihr werdet nie alles wissen und begreifen können.“
Deshalb ist die Frage für dich und mich heute: Halte ich an meinem Stolz fest? Nach dem Motto: „Ich lasse mich nicht von Tatsachen beirren, ich will alles erklären können. Gott kann es nicht geben oder er kann nicht gut sein, solange es Leid gibt.“
Ich möchte dich heute einladen, deinen Stolz einmal beiseitezulegen und tief in dir die Möglichkeit zuzulassen, einzugestehen, dass du eventuell nicht alles verstehen und erklären kannst. Erlaube dir den Gedanken, dass kein Mensch das kann.
Die Bibel malt kein verklärtes Bild einer heilen Welt. Sie zeigt uns diesen Planeten mit seinen verdorbenen, bösartigen Menschen schonungslos. Aber vielleicht ist es klüger, auf die Worte zu hören, die das eingestehen, als auf die Worte der Menschen, die meinen, alles erklären zu können – obwohl jeden Tag aufs Neue frühere Erklärungsversuche über den Haufen geworfen werden.
Aber was machen wir jetzt? Was mache ich, was machst du mit dem Leid in dieser Welt, mit dem Leid in deinem Leben? Führt es dich dazu zu sagen: „Na ja, ich erlebe das halt so, es kann keinen Gott geben“?
Das kannst du tun. Diese Schlussfolgerung kannst du ziehen. Aber du musst wissen, dass es keine zwingende Schlussfolgerung ist. Es ist deine bewusste und absichtliche Entscheidung.
Wenn du diese Entscheidung triffst und sagst: „Für mich gibt es diesen Gott nicht, ich will nichts mit so jemandem zu tun haben“, dann musst du auch mit den Folgen deiner Entscheidung leben.
Manche Menschen entscheiden sich so und sagen: „Ja, für mich ist das Thema abgeschlossen.“ Sie werden verbittert und wütend. Andere gewöhnen sich daran, Dinge zu ignorieren und möglichst viel Spaß und Party in ihr Leben zu holen, um ja nicht über wesentliche Dinge nachdenken zu müssen.
Es ist deine Entscheidung, welche Schlussfolgerung du aus der Tatsache ziehst, dass es Leid gibt.
Gottes Gegenwart im Leid durch Jesus Christus
Der Gott der Bibel lädt dich ein, demütig zu werden und einzugestehen, dass wir als Menschen das Leid dieser Welt nicht vollständig erklären können. Gleichzeitig lädt er uns ein, ihm trotzdem zuzuschreiben, gut und allmächtig zu sein.
Er fordert uns auf, noch ein Stück weiter zu denken und vielleicht zu erkennen, dass er nicht nur gut und allmächtig ist, sondern auch allwissend. Nicht nur gut und allmächtig, sondern auch allwissend – etwas, das kein Mensch je sein wird. Gott hat einen höheren Plan, und seine Gedanken sind höher als unsere. So formuliert es der Prophet Jesaja in Jesaja 55,9.
Er sagt auch, wie viel höher Gottes Gedanken und Wege sind als unsere menschlichen Wege. Weißt du, wie viel höher? Jesaja beschreibt es so: Gottes Gedanken sind so viel höher, wie der Himmel über der Erde. So viel höher sind Gottes Gedanken als unsere. Wo hört der Himmel auf? Wo endet er? Eigentlich ist er so gut wie unendlich, oder? Jesaja würde sagen: Genau. Gottes Gedanken sind unendlich viel höher, weiser, besser, gütiger und barmherziger, als wir uns vorstellen können.
Wenn wir die Bibel lesen, zeigt sich Gott darin als ein guter Vater, der sich um seine Kinder kümmert. Das ist ein Bild, das ich persönlich sehr liebe – bestimmt auch, weil ich selbst Vater bin. Aber weißt du, meine Kinder nehmen meine Liebe nicht immer als Liebe wahr. Ich meine, welches Kind versteht schon Zähneputzen oder das Anschnallen im Auto als Ausdruck von Liebe? Das sind nicht unbedingt Situationen, in denen ein Kind sagt: „Oh ja, ich spüre deine Liebe so.“
Ich tue es aus Liebe. Ich gehe dabei manchmal Konfrontationen ein und lasse nicht einfach locker, sondern sage nicht einfach „Na gut, dann eben nicht“. Nein, ich handle so, weil ich nicht möchte, dass mein Kind unter schlechten Zähnen leidet oder bei einem Unfall durchs Fenster fliegt. Das will ich nicht. Ich liebe mein Kind.
Stell dir vor, du wärst Kind und bekommst mit, dass deine Eltern dich „ans Messer liefern“ wollen. Versuch dich mal in diese Lage zu versetzen. Würdest du das gut finden? Wahrscheinlich nicht. Ich glaube, kein Kind dieser Welt würde das gut finden. Vielleicht denkt es dann: „Meine Eltern sind grausam. Sie beschützen mich nicht.“
Aber weißt du, ältere Kinder fangen irgendwann an zu begreifen: „Ach so, die Leute mit den weißen Kitteln wollen mir helfen. Mein Papa und meine Mama haben mich ins Krankenhaus gebracht, damit es mir besser geht. Diese Operation ist notwendig.“ Ein kleines Kind mit seinem begrenzten Horizont kann das nicht unbedingt verstehen. Es kann vieles nicht begreifen.
Gott sagt: „Ich will dir ein Vater sein, und du darfst mein Kind sein.“ Ein Kind, das nicht deswegen glücklich ist, weil es alles versteht oder alles gut und angenehm empfindet, sondern weil es sich von einem allmächtigen Vater geliebt weiß – gerade auch dann, wenn es vieles nicht versteht, nicht gut findet oder nicht einordnen kann. Ja, auch dann, wenn es leidet.
Die Bibel konfrontiert uns mit einem Gott, der die Menschen trotz des vielen Leides auf der Welt extrem liebt. Und sie liefert uns dafür auch einen Beweis. Viele Beweise sogar, aber einen ganz besonderen.
Gottes Mit-Leiden durch Jesus Christus
Weil der Gott der Bibel uns nicht einfach nur dastehen lässt, um zu sagen: Ja, okay, jetzt ist es halt so – Vogel friss oder stirb, find dich damit ab, versuch damit zu leben oder krepier halt.
Weißt du, was der Gott der Bibel tut? Das ist mein zweiter wesentlicher Punkt heute Vormittag: Gott geht selbst mitten ins Leid. Er, der allmächtige, allwissende und unendlich gute Gott, begibt sich selbst mitten in dieses Leid.
Die Bibel zeigt uns, dass Gott nicht derjenige ist, der die Welt erschafft, dann anschubst und einfach mal schaut, wie sich das Ganze entwickelt. Und wenn die Menschen den Planeten runterwirtschaften, dann ist es halt ihr Problem. Nein, wir lernen einen Gott in der Bibel kennen, der sagt: Ich mache euer Problem zu meinem – inklusive Leid und Schmerzen.
Er begibt sich mitten hinein, in Form seines Sohnes Jesus Christus, der in eine Flüchtlingsfamilie geboren wird. Vom ersten Lebenstag an ist er vom Tod bedroht. Der damalige Diktator lässt Killertruppen ausrücken, die alle Jungs in seinem Alter umbringen. Das erlebt schon Jesus, der Sohn Gottes, als Baby.
Als Erwachsener wird er dann von einem seiner Freunde auf übelste Weise verraten. Aufgrund falscher Anschuldigungen und Lügen wird er grausam hingerichtet. Obwohl er sich für Arme, Unterdrückte, Kranke und Behinderte einsetzt, wird er von der – das muss man sich mal vorstellen – theologischen Elite angeklagt. Von den Würdenträgern, von den Frommen, von denen mit der Bibel in der Hand, von denen, die auf der Kanzel stehen und anderen predigen, wie sie sich verhalten sollen.
Von genau solchen Menschen wird er ans Messer geliefert. Sie fordern seinen Tod und setzen die Politik, die römische Besatzungsmacht, unter Druck, damit diese ihn in einem verlogenen Schauprozess zum Tod verurteilt. Schließlich wird er grausam gefoltert und hingerichtet.
Gott gibt uns keine letztendliche Erklärung für Leid. Er sagt: Finde dich mit der Tatsache ab, dass meine Gedanken höher sind als deine. Du kannst nicht alles verstehen. Aber Gott ist kein weit entfernter Gott. Er begibt sich in unser Leid hinein, mittenrein und tiefer und konkreter, als wir uns das vorstellen können.
Er leidet mit unter der Boshaftigkeit, unter der Verlogenheit, unter der Krankheit, unter den Schmerzen, unter den Katastrophen, unter den zerrütteten Beziehungen.
Als wir hier mal eine Veranstaltung hatten, so ähnlich wie heute Morgen, schrieb uns ein Mann eine erboste E-Mail. Es war ein ehemaliger Lehrer von mir, wie sich später herausstellte. Ich habe ihn danach auch noch ein paar Mal besucht und mit ihm geschrieben. Ein sehr, sehr liebenswerter Mann, ehrlich, der sich sozial sehr engagiert und mit 75 Jahren noch ehrenamtlich tätig war.
Aber für ihn war diese Tatsache, dass Gott seinen Sohn schickt und dann tatenlos zusieht, wie er am Kreuz stirbt und leidet, unerträglich. Ich lese euch mal ein paar Sätze aus seinem Brief vor.
Er zitierte aus der Einladung, die wir verschickt hatten. Darauf stand ein Bibelfest und er zitierte: „Gott hat dich so sehr lieb, dass er seinen eigenen Sohn nicht verschont hat. Er hat ihn für dich hinrichten lassen, damit du leben kannst. Wenn du an ihn glaubst, wirst du nicht verloren gehen, sondern ewiges Leben haben.“ So haben wir das formuliert in dieser Einladung.
Das ist eigentlich nur eine Umformulierung eines Bibelverses, Johannes 3,16, in dem diese Tatsache, die ich gerade geschildert habe – dass Gott sich in unser Leid begibt, auch um uns zu retten – betont und erklärt wird. Dies zitiert er hier in seinem Brief.
Und jetzt kommt sein Kommentar dazu: „Diese Argumentation ist so schräg, so entsetzlich, dass mir dabei das Blut in den Adern stockt. Wie kann ein Vater seinen Sohn hinrichten lassen? Was hat das mit Liebe zu tun? Warum hat er ihm denn nicht geholfen, wenn er es hätte können? Er war doch angeblich allmächtig. Was ist das für eine Entschuldigung? Ein Drecksack, der seinem eigenen Sohn nicht in der Not hilft.“ So hat er es geschrieben.
Und jetzt weiter, passt auf: „Wir haben zwei erwachsene Kinder, eine Tochter und einen Sohn. Ich habe sie immer beschützt und bin ihnen immer beigestanden, wenn sie es gebraucht haben. Von Gott habe ich nie etwas gesehen, und er hat meine Kinder auch in ihren Nöten, die sie zum Beispiel durch Mobbing oder Ähnliches in der Schule hatten, nie beschützt.“
Kannst du nachvollziehen, was der Mann empfindet? Ja, vielleicht ein Stück weit schon, oder? Irgendwie können wir ihn schon verstehen. Dieses Verständnis dafür entwickeln, dass er in so einer Situation sagt: „Ich habe nie was von Gott erlebt, nie was gesehen, schweres Durchmachen müssen, meine Kinder auch.“
Aber ich weiß nicht, ob es dir aufgefallen ist: Dieser Lehrer schreibt, „Ich habe meine Kinder immer beschützt.“ Und kurz darauf schreibt er, dass seine Kinder Nöte hatten, sogar in der Schule gemobbt wurden.
Und ich denke mal: Moment mal, wenn du sie immer beschützt, warum haben sie da Nöte? Warum werden deine Kinder in der Schule gemobbt? Ich meine, kannst du als Lehrer nichts dagegen unternehmen? Also, wenn Reden nichts bringt, dann musst du halt wegziehen, oder? Dann musst du sie halt auf eine andere Schule schicken.
Hm, das hat mir zu denken gegeben.
Nun, jeder von uns, der Kinder hat, weiß, man kann seine Kinder nicht vor allem bewahren. Manche Dinge lassen wir als Eltern sogar zu, weil wir wissen, dass unsere Kinder genau dadurch stark werden. Es ist wichtig für sie.
Wir bewahren sie nicht vor allem, aber wir wollen als gute Eltern ihnen helfen, durch die schweren Situationen des Lebens hindurchzugehen.
Meine Tochter, da sitzt sie, als sie noch kleiner war und in die Schule musste, da hat sie manchmal geweint. Nicht unbedingt, weil sie gemobbt wurde, sondern weil sie sich einfach schwer tat mit Neuem und weil die Pflichten der Schule für sie eine Last waren. Das war für sie schwer.
Weißt du, meine liebe Tochter, ich habe dich ja lieb, ich nehme dich aus der Schule, dann lassen wir das halt mal, ja? Habe ich nicht gemacht. Warum?
Nun, zum einen, weil Homeschooling in Deutschland nicht erlaubt ist, und weil ich denke: Okay, wenn ich im Gefängnis bin, dann kann ich meine Tochter schlechter unterstützen, als ich das von Hause aus kann.
Zum anderen, weil wir sagen: Das ist es wert. Deine Bildung ist wichtig, deinen Charakter zu prägen ist extrem wertvoll. Zu lernen, mit Widrigkeiten, mit Nöten, mit Leid umzugehen – das wollen wir ihnen nicht ersparen, weil es ja auch gerade Leid und Nöte immer geben wird.
Deswegen ist es sehr wichtig, zu lernen, damit umzugehen. Manche Dinge sind es einfach wert, dass man etwas dafür investiert, oder? Dass man gewisses Leid dafür in Kauf nimmt.
Je höher der Preis von etwas ist, desto wertvoller ist es, oder? Je mehr ich bereit bin, für etwas zu leiden, desto wichtiger ist es mir doch, oder?
Ein ganz profanes Beispiel: Wenn mir der Olympiasieg sehr wichtig ist, dann bin ich bereit, sehr viel dafür zu leiden, oder? Oder wenn eine Krankheit schlimm ist, dann ist eine große, teure Operation inklusive Reha wert, sie loszuwerden, oder? Weil unser Leben und unsere Gesundheit kostbar sind.
Könnte es nicht sein, dass die Tatsache, dass Gott seinen Sohn hat leiden lassen, überhaupt kein Beleg dafür ist, dass er ein grausamer Vater wäre, der seinem Sohn nicht helfen will?
Überhaupt kein Beleg dafür, dass er Leid irgendwie nicht aus der Welt schaffen möchte, sondern dass es damit zu tun hat, wie wertvoll Menschen für ihn sind – wie wertvoll du, wie wertvoll ich für ihn sind?
Und vielleicht ist es auch ein Beleg dafür, wie groß das Problem, die Krankheit, die Schwierigkeiten sind, in denen wir stecken.
Die Bibel nennt dieses Problem, in dem wir stecken, Sünde – unsere Rebellion gegen Gott.
Die eigene Schuld am Leid und die Notwendigkeit der Rettung
Kann es sein, dass das Leid so ein großes Problem ist, dass es ein ebenso großes Opfer dafür braucht? Aber da fragen wir uns natürlich: Warum sollte das so ein großes Problem sein? Warum sollte ich Rettung brauchen? Was sollte denn das große Problem sein, für das ein Mensch oder vielleicht sogar Gott sein Leben opfern sollte?
Um das zu verstehen, konfrontiert uns die Bibel mit einer weiteren Tatsache, die uns Menschen überhaupt nicht schmeckt.
Mein erster Punkt heute Morgen war, dass wir unseren Stolz ablegen sollten – unser Eingenommensein von uns selbst und die überhebliche Einstellung, dass wir mit unserem geringen Horizont die tiefsten Geheimnisse des Universums begreifen können. Wenn ich es mal so sagen möchte: Dass sich Leid letztendlich erklären lässt.
Dann war mir wichtig, dass wir sehen, dass Gott mitten in das Leid hineingeht. Auch wenn er sagt, wir können es nicht verstehen, begibt er sich dennoch mitten hinein.
Mein dritter Punkt heute Vormittag lautet: Ich bin mitschuld an dem Leid auf dieser Welt – und du auch.
Weißt du, wenn du so tickst wie die meisten Leute, dann sagst du: Okay, es gibt Leid, es gibt auch viele Menschen, die Leid verursachen, das stimmt. Es gibt Menschen, die sind schuld daran, dass andere leiden. Aber dazu gehöre ich nicht. So ticken eigentlich fast alle.
Okay, es gibt halt die bösen Menschen: Es gibt Hitler und Stalin, Milosevic und Putin, es gibt die Hamas-Kämpfer, die Frauen vergewaltigen, irgendwelche Extremisten. Und es gibt vielleicht auch meinen miesen Nachbarn. Ja, der ist echt unausstehlich. Der will es anderen immer schwer machen und so weiter.
Aber tief im Inneren sind die meisten Menschen überzeugt: Ich gehöre zu den Guten. Ist halt so. Ich bringe niemanden um, ich schicke keinen in den Krieg, ich hätte auch Jesus damals echt nicht umgebracht. Ich bin nicht schlecht zu anderen. Ich bin dieser Vater, diese Mutter, die ihren Kindern hilft in Nöten. Ich spende vielleicht sogar manchmal. Und wenn alle so wären wie ich, dann wäre diese Welt ein besserer Ort, dann gäbe es weniger Leid.
So denken die meisten Menschen.
Aber es gibt da einen Psalm aus dem ersten Teil der Bibel, den möchte ich euch mal vorlesen, um zu zeigen, wie Gott das Ganze beurteilt. Es ist Psalm 14.
Da heißt es in Psalm 14, Vers 1: Der Narr – oder in anderen Übersetzungen „Dummköpfe“ – denken oder reden sich ein in ihrem Herzen: „Es gibt keinen Gott.“
Interessant. Die Bibel bezeichnet Menschen, die behaupten, dass es Gott nicht gibt, als Narren.
Es geht weiter: Diese Narren richten Unheil an und tun abscheuliche Dinge. Keiner ist da, der Gutes tut.
Gott, der Herr, blickt vom Himmel auf die Menschen herab, will sehen, ob einer dort verständig ist, nur einer, der Gott wirklich sucht. Doch alle haben sich von ihm entfernt, sie sind alle verdorben, es gibt keinen einzigen, der Gutes tut – nicht einen.
Jetzt denkst du vielleicht: Na ja, das ist jetzt grob übertrieben. Ich meine, es gibt doch Menschen, die Gutes tun. Es gibt Menschen, die ihre Wohnung für Menschen aus der Ukraine bereitstellen. Es gibt Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren. Es gibt Menschen, die auf die Straße gehen gegen Ungerechtigkeit. Es gibt Menschen, die ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen, um anderen zu helfen.
Ja, und es stimmt, solche Leute gibt es.
Trotzdem steht hier Gottes Urteil: Es gibt keinen einzigen, der wirklich gut ist.
Könnte es vielleicht sein, dass das, was wir als gut empfinden, die Menschen, von denen wir denken, das ist jetzt aber ein guter, einfach Ergebnis von Erbanlage, Prägung und äußeren Umständen ist? Dass wir als Menschen im tiefsten Inneren so gut wie alle davon überzeugt sind, eigentlich gut zu sein?
Wenn wir etwas tun, von dem wir wissen, dass es nicht gut ist, dann haben wir tausend Entschuldigungen und Erklärungen, warum wir gar nicht anders konnten und warum das schon irgendwie okay ist.
Dass wir uns alle schwer tun mit diesem Urteil von Gott, der sagt: Ist keiner gut. Du bist nicht gut, ich bin nicht gut. Im tiefsten Inneren bist du und ich zu allem fähig, wenn wir anders geprägt worden wären.
Große Teile vom zweiten Teil der Bibel wurden von Paulus geschrieben. Und als er mal von seinem früheren Leben erzählt, sagt er von sich: Ich war so einer, ich war einer von den Guten, ich habe alles richtig gemacht.
Wissen Sie, ich habe mich ans Gesetz gehalten, mehr als alle anderen. Ich habe für das Gute gekämpft und ich habe die bekämpft, die dagegen waren.
Wenn du ihn gefragt hättest, hätte er gesagt: Nimm mich zum Vorbild, mit mir wäre die Welt ein besserer Ort, keine Frage.
Weißt du, was er getan hat? Er hat Leute ins Gefängnis gebracht, die er für böse und gefährlich hielt. Er hat sogar zugestimmt, dass Hinrichtungen stattfanden.
Wenn wir ihn damals gefragt hätten: Mensch Paulus, sag mal, warum bringst du unschuldige Menschen hinter Gitter? Du bist mitverantwortlich für den Tod von Zivilisten. Warum bringst du so viel Leid über die Menschheit? Dann hätte er wahrscheinlich geantwortet: Wegen Leuten wie dir und wie euch, die das alles nicht verstehen, geht die Welt den Bach runter. Ich habe es gecheckt, was zählt, ich befreie die Welt vom Unrat. Wenn alle so wären wie ich, dann wäre die Welt ein besserer Ort, dann könnte viel Leid verhindert werden.
Er war sich sicher: Ich bin einer von den Guten. Ich habe es gecheckt, ich bin gebildet – und er war tatsächlich ein sehr gebildeter Mensch. Ich weiß mehr als die anderen.
Und weißt du, dann gab es im Leben von diesem gebildeten Paulus einen Moment, einen Punkt, wo alles anders wurde. Wo seine Sichtweise auf die Welt und vor allem auf sich selbst sich um 180 Grad drehte.
Da gab es diesen einen Moment, wo er knallhart mit der Realität konfrontiert wurde.
Er war gerade unterwegs – übrigens war er unterwegs, um wieder einige Menschen, die er für gesellschaftsschädlich und gottlos hielt, hinter Gitter zu bringen. Und da begegnet ihm ein helles Licht, so kann man es in der Bibel nachlesen, und er hört eine Stimme: „Warum verfolgst du mich?“
Und er fragt nach: „Wer bist du?“
Die Antwort lautet: „Ich bin Jesus von Nazaret, den du verfolgst.“
Moment – er hatte doch die Bösen verfolgt, oder? Aber Jesus konfrontiert ihn mit der Realität. Er hilft ihm, seine Maske der Verdrängung abzunehmen und zu begreifen: Nein, ich bin keiner von den Guten. Ich gehöre zu den Verbrechern.
Es gab bei Paulus diese Konfrontation mit der Realität.
Wenn wir diese Geschichte nachlesen, merken wir: Zum Glück hat Paulus tatsächlich seinen Kopf aus dem Sand gezogen und sich dieser Realität gestellt.
Dann können wir nachlesen, was das mit ihm gemacht hat.
So schreibt er zum Beispiel Briefe an andere Gemeinden. In einem dieser Briefe schreibt er, was er früher für Gewinn gehalten hat – also was ihm wertvoll war, was ihm wichtig war, wofür er sein Leben eingesetzt und gekämpft hat, was für ihn früher der Jackpot war.
All das ist für mich heute Verlust.
„Ja wirklich, alles andere erscheint mir wertlos, sogar schädlich, ich halte es für Dreck“, so schreibt er selbst.
Seine Wahrnehmung hat sich um 180 Grad gedreht. Er hat sich in einem ganz neuen Licht gesehen, weil er mit der Realität, mit Gott selbst, mit Jesus konfrontiert wurde.
Die Begegnung mit Jesus hat alles verändert. Sie hat ihm spüren lassen und bewusst gemacht: Ich bin der, der Rettung braucht.
Egal wie religiös ich bin, ich und meine Meinung, meine Sicht der Dinge – die sind lückenhaft, oft sogar falsch.
Ich bin nicht allwissend, ich kann nicht alles erklären.
Egal wie gut ich es gemeint habe, egal wie fromm ich war, mein Herz ist tief innen drin egoistisch. Nur auf sich selbst bezogen.
Mit diesem egoistischen Herzen werde ich weiterhin anderen Menschen Leid zufügen.
Und ich werde irgendwann für meine Entscheidungen geradestehen müssen.
Vor einem gerechten Gott kann ich als einer, der nicht zu den Guten gehört – so wie alle anderen, wie wir es in Psalm 14 gelesen haben –, kein einziger Mensch gehört zu den Guten –, als so einer kann ich von einem gerechten Gott nur erwarten, dass er mich verurteilt und ich die Ewigkeit jenseits von Gott, jenseits von allem Guten und Schönen verbringen muss.
Von diesem Zustand sagt die Bibel, dass es die Hölle ist.
Das hat Paulus begriffen. Er hat begriffen: Ich brauche Rettung von diesem Zustand.
Die Begegnung mit Jesus hat nicht dazu geführt, dass er jetzt alles erklären konnte und alles verstand und sagte: Ach so, na klar, dann ist alles logisch, passt wie ein Puzzleteil zusammen.
Sie hat nicht dazu geführt, dass er die Frage nach dem Leid letztendlich erklären konnte.
Aber sie hat dazu geführt, dass er für sich persönlich eine Kehrtwende hingelegt hat.
Erstmal im Kopf, vom Verständnis her, weil er begriffen hat, dass er Rettung braucht.
Dann im Herzen und letztendlich in der Tat, weil er wirklich umgekehrt ist – weil er von Herzen seinen Stolz, seine Überheblichkeit und seinen Egoismus bereut hat.
Und weil er dann tatsächlich Jesus nachgefolgt ist.
Die Kehrtwende hat dazu geführt, dass er anderen Menschen im Leid geholfen hat, dass er anderen gedient hat.
Und wer seine Briefe liest, den nimmt er mit hinein – auch da hinein, dass er selbst viel Leid ertragen hat, weil er anderen geholfen hat.
Damit ist er zu einem Vorbild für Millionen von Gläubigen weltweit bis zum heutigen Tag geworden.
Und weißt du, zu so einer Kehrtwende wollen wir dich einladen – zu so einer Begegnung mit Gott persönlich, wie es Paulus hatte.
Wir wollen dich motivieren, nachzudenken, nachzufragen und persönlich eine ganz bewusste Entscheidung zu treffen.
Konkrete Schritte zu gehen, auch in Bezug auf die Frage nach dem Leid.
Es war mir wichtig, uns heute Morgen deutlich zu machen: Es ist nicht zwingend so, dass ich sage, es gibt so viel Leid, deswegen kann es keinen Gott geben oder deswegen ist er nicht gut.
Es war mir wichtig zu betonen: Es ist eine Entscheidung, wohin mich meine Beobachtungen bringen.
Und die Verantwortung für diese Entscheidung liegt bei jedem persönlich.
Mir ist sehr wohl bewusst, dass es noch viele Fragen gibt, die man zu diesem Thema stellen kann.
Vielleicht hast du Fragen, vielleicht denkst du: Mensch, okay, manches kann ich nachvollziehen, was der Typ da vorne heute Morgen gesagt hat, manches ist für mich noch sehr unlogisch und komisch.
Wie genau soll das funktionieren mit einer Rettung durch Jesus? Was habe ich davon, wenn ein Wohltäter vor zweitausend Jahren ans Kreuz genagelt wurde?
Oder vielleicht willst du wissen: Mensch, ihr erzählt das jetzt alle so, aber warum soll es genau Jesus sein? Es gibt doch noch so viele andere Religionen, so viele andere Wege nach Rom, zum Glück und in den Himmel.
Und vielleicht denkst du: Mensch, ich warte lieber noch ein bisschen mit allzu religiös und fromm zu werden. Das mit Jesus ist nämlich nicht so ganz geheuer, weil dann ist doch der Spaß im Leben vorbei.
Wenn das Gedanken sind, die dich umtreiben, dann lade ich dich ganz herzlich ein: Sprich mit den Leuten hier, sprich mit denen, die dich hergebracht haben, sprich mit Christen, die du kennst.
Wenn du jetzt auch am Livestream dabei bist oder das Video nachträglich siehst, dann hol dir Leute, geh auf sie zu, von denen du weißt, dass sie an die Bibel glauben und Jesus nachfolgen.
Rede mit ihnen über deine Fragen.
Stell ihnen ganz persönliche Fragen: Warum machst du das so? Wie gehst du persönlich mit dem Leid um?
Auch heute Morgen sind wir gerne für dich da – ich und das Mitarbeiterteam, die Leute, die dich hergebracht haben vielleicht.
Nur der kann gute Entscheidungen treffen, der gute Fragen stellt.
Und wenn wir schon eine ordentliche Internetrecherche machen, um das beste Smartphone oder einen Staubsauger zu kaufen, dann sollten wir uns erst recht Zeit nehmen, um herauszufinden, wie wir unser Leben so leben können, dass es letztendlich Sinn macht und dort endet, wo wir tatsächlich hinwollen.
Weißt du, ich bin überzeugt, es ist kein Zufall, dass du heute Morgen hier sitzt oder beim Livestream dabei bist oder gerade dieses Video anschaust.
Gott möchte dir helfen, dich selbst zu erkennen, deinen Stolz abzugeben.
Er möchte dich einladen, sein Kind zu werden.
Ein Kind, das nicht immer alles versteht, nicht alles kapiert in Bezug auf das Leid dieser Welt, vielleicht auch nicht alles in Bezug auf die eigenen Schmerzen am Körper oder in der Seele.
Aber ein Kind zu werden, das sich immer geliebt weiß.
Er wünscht sich, dich an der Hand nehmen zu dürfen und dir ein Leben zu schenken, das nicht unbedingt immer frei ist von Leid, aber frei von Bitterkeit, Ignoranz und Egoismus.
Ein Leben, frei, um anderen zu helfen und denen zu dienen, die gerade Leid erfahren.
Denn das ist ein Leben, das ihn feiert und ehrt – und das wünscht er sich.
Vielleicht kannst du es nur ahnen, aber immer mehr selbst erleben, dass Gottes Gedanken tatsächlich viel höher sind als die eigenen.
Dazu lädt er uns ein: Immer mehr zu entdecken, dass es tatsächlich Gedanken des Friedens und nicht des Unheils sind.
Dass er uns eine ewige Zukunft und eine Hoffnung geben will, über dieses Leben hinaus.
Amen.
Schlussgebet
Ich möchte noch mit uns beten, und ihr dürft gerne dazu aufstehen.
Lieber Vater im Himmel, es gibt unendliches Leid auf dieser Erde. Manchmal werden wir nur von ein bisschen Leid gestreift und können es schon überhaupt nicht verstehen. Vielleicht klagen wir dich an oder zweifeln und wollen weglaufen.
Herr, du siehst, wo jeder Einzelne steht, und du siehst auch, welches Leid noch auf uns zukommt. Heiland, für jeden von uns ist anzunehmen, dass das Leben noch ziemlich viel Leid bereithält – Dinge, die wir nicht verstehen, Dinge, die uns wehtun. Beziehungen, unter denen wir leiden, Herr, und die wir letztendlich nicht erklären können. Du sagst uns, wir müssen es auch nicht erklären, und ich danke dir dafür, dass wir es nicht müssen.
Aber Herr, hilf du uns, demütig zu werden, den Stolz abzulegen und dir zuzugestehen, dass deine Gedanken höher sind als unsere. Dass du viel besser bist, als wir uns je vorstellen können, auch wenn wir vieles nicht erklären können, obwohl wir es gerne wollten. Heiland, hilf uns dabei.
Hilf denjenigen, die jetzt gerade hier sind und sich Gedanken machen, was sie über das Ganze denken sollen, wie sie von dir denken sollen und wie sie mit dem Leid in ihrem Leben umgehen sollen – mit dem Leid, das auf der Erde ist.
Herr, wir wollen dir vertrauen als lebendiger Gott, der ganz konkret zu uns redet. Du hast damals zu Paulus geredet, und die Begegnung mit dir hat alles verändert. Begegne heute Menschen, die diese Botschaft hören, und verändere ihr Leben für immer.
